Sterne funkeln immerfort von sherd (Georges Leben nach Freds Tod...) ================================================================================ Kapitel 14: ------------ George lief einfach los, wie von Sinnen und achtete gar nicht auf seine Schritte. Ihm war es eigentlich auch vollkommen egal – er wusste nur, dass diese kleine Begebenheit gerade eben einfach nicht wahr sein konnte. Nicht wahr sein durfte! Vielleicht gab es ja für alles eine ganz simple und einfache Erklärung, allerdings fiel im nur gerade keine ein. Erst jetzt realisierte er, dass er nie in Angelinas Haus gewesen war; vielleicht hatte das ja einen triftigen Grund? Und wieso zur Hölle war um diese Uhrzeit irgendein Typ bei ihr, während sie selbst nur mit einem Bademantel bekleidet durch die Gegend lief? Als sein Zorn sich gelegt hatte und nun allmählich Enttäuschung und Trauer Platz machte, blieb er stehen. Noch immer war er in der Winkelgasse… Was sollte er jetzt tun? Er konnte nicht zurück in den Laden; nicht jetzt. Heute war Sonntag, also konnte er sich nicht einmal damit ablenken, ein paar Dinge zu verkaufen… Kurz entschlossen apparierte er schließlich. Das erste, was er hörte, war das Tosen der Wellen, die gegen den Strand schlugen. Ein paar Mal atmete er tief ein und schmeckte die angenehme, frische Meeresluft. Schnell lief er den kleinen Weg entlang, der zu dem Häuschen auf der Klippe führte. Ohne groß darüber nachzudenken, wie spät es war und ob er irgendjemanden stören könnte, hämmerte er an die weiß gestrichene Haustür. Einige Augenblicke später öffnete ihm ein verschlafen aussehender Bill, der verwirrt zu sein schien. „George? Was tust du-“ „Bill, tut mir Leid, dass ich euch jetzt schon aus dem Bett werfe. Kann… kann ich hierbleiben? Nur bis heute Abend? Ich kann jetzt glaube ich gerade nicht zu Hause bleiben, sonst drehe ich glaub ich durch, wirklich.“ George wusste nicht, wie sein Gesicht gerade aussah, aber irgendetwas darin musste Bill dazu bewogen haben, ihm nicht zu widersprechen. Verwirrt öffnete er die Tür vollends und trat beiseite. „Klar, komm rein. Geh am besten erst mal ins Wohnzimmer.“ George trat an seinem Bruder vorbei, der noch immer ganz durcheinander war und nahm auf der gemütlichen Couch Platz. Er versuchte, an nichts zu denken – ganz besonders vermied er jeglichen Gedanken an Fred und Angelina – und starrte stattdessen nur aus dem Fenster hinaus aufs Meer. Wenige Minuten später kam Bill zurück, der seinen Morgenmantel gegen richtige Kleidung getauscht hatte und eine verschlafen wirkende Fleur im Arm hielt. „‘Allo George.“, sagte diese und umarmte ihren Schwager kurz, bevor die beiden ihm gegenüber Platz nahmen. „Was ist los?“, fragte Bill besorgt. George schüttelte den Kopf. „Ich… ich kann jetzt gerade nicht darüber reden, wirklich. Aber ich schulde euch doch noch einen Besuch… kann ich den jetzt einlösen?“ Fleur lächelte. „Aber natürlisch.“ Dann erhob sie sich. „Isch werde uns ein kleines Frühstück subereiten. ‘ast du ‘unger?“ Er war ihr so unendlich dankbar, dass sie seinen Wunsch berücksichtige und stand ebenfalls auf. „Ein wenig. Ich helfe dir.“, meinte George dann, folgte seiner Schwägerin in die Küche und lies einen verwirrt dreinblickenden Bill zurück. Bill hatte eigentlich für den Sonntag geplant, das Zimmer für seine Tochter vorzubereiten, die in zwei Monaten zur Welt kommen würde und George hatte begeistert seine Hilfe angeboten. Somit waren sie den gesamten Tag über mit Arbeiten beschäftigt, zudem bestand Bill darauf, alles in Handarbeit zu machen und keine Zauberstäbe zu benutzen, obwohl das natürlich um ein Vielfaches schneller gegangen wäre. Also strichen sie die Wände, bauten das kleine Kinderbettchen, den Wickeltisch und die Schränke auf und betrachteten am Abend zufrieden ihr Werk. Fleur hatte die beiden den gesamten Tag über mit kleinen Snacks versorgt und lobte sie am Abend in den höchsten Tönen. Als George mit den beiden beim Abendessen saß, fühlte er sich vollkommen erschöpft; seine Arme sowie der Rücken schmerzten und seine Kleidung war über und über mit Farbklecksen bedeckt. Den ganzen Tag über hatte er weder an Angelina, noch an Fred gedacht und auch jetzt konnte er jegliche Gedanken erfolgreich verscheuchen; zu Hause würde das allerdings wieder anders aussehen, das ließ sich nicht vermeiden. Nach dem Essen schlug er Fleurs Vorschlag ab, er könne doch hierbleiben und verabschiedete sich von den beiden mit einer Umarmung. Sie standen noch eine Weile da, nachdem George am Ende des Weges appariert war. Die Kälte des Abends schien das glückliche Paar nicht zu stören; gebannt beobachteten sie die tanzenden Schneeflocken. „Was meinst du, ist mit ihm?“, fragte Bill schließlich und legte zärtlich den Arm um seine Frau. Fleur, deren Hände auf ihrem runden Bauch ruhten, lachte leise. „Liebeskummer, vermute isch.“ „Sicher? Angelina hat gestern eigentlich einen sehr glücklichen Eindruck gemacht… ich kann mir das nicht so ganz vorstellen.“ „Aber er ‘at ‘eute gar nischt von ihr gesprochen, ist dir das nischt aufgefallen? Und er ‘at sie auch nischt mitgebracht. Für misch ist das sehr eindeutig.“ Bill nickte. „Ich hoffe, sein plötzlicher Besucht hat dich nicht gestört? Er war heute Morgen ganz schön von der Rolle, ich wollte ihn nicht wegschicken.“ Wieder lachte Fleur und warf ihrem Mann einen liebevollen Blick zu. „Als isch disch ge’eiratet ‘abe, ‘abe isch auch deine Familie ge’eiratet. Das war mir von Anfang an klar. Egal, su welcher Tages- oder Nachtseit jemand auf unserer Türschwelle steht, er wird ‘ier immer eine Suflucht und Trost finden.“ Als George schließlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, stand er vor Angelinas Haus, was ihm sofort wieder einen stechenden Schmerz in der Magengrube bescherte. In Shell Cottage war er noch entschlossen gewesen, zu ihr zu gehen und mit ihr zu sprechen, allerdings konnte er jetzt einfach nicht den Mut aufbringen, das kleine Gartentor zu durchschreiten und bei ihr zu klopfen. Außerdem konnte er hinter den Fenstern kein Licht erkennen; vielleicht schlief sie ja schon. Eine ganze Weile stand er da, während der Schnee unaufhörlich vom Himmel herab fiel und rang mit sich selbst, als er schließlich eine Stimme hinter sich vernahm. „George?“ Langsam wandte er sich um und sah Angelina vor sich. Der schwarze Mantel war von unzähligen weißen Flocken bedeckt, ihre Mütze ebenso. Die dunkelbraunen, langen Haare, die darunter hervor hingen, waren zu dicken Strähnen verklebt, die der Schnee wahrscheinlich erst durchnässt und dann gefroren hatten. Die Wangen und ihre Nase hatten einen unverkennbaren roten Schimmer, während die Lippen eine bläuliche Farbe angenommen hatten. Die Kälte ließ ihre Stimme zittern, als sie weitersprach. „I-ich habe v-vor d-deiner Tür gew-wartet.“, erklärte Angelina, ihr Körper bebte noch immer. Mit zwei schnellen Schritten war er bei ihr und schloss sie in die Arme. Er hatte nicht vergessen, was heute Morgen passiert war, allerdings konnte er sie nicht einfach tatenlos frieren lassen. „Und wie lange?“, fragte er tonlos und rieb mit den Händen über ihre Arme. Er spürte, wie durchnässt der Mantel war. „E-eine g-ganze W-weile.“, stammelte sie. George trat einen Schritt zurück und schaute sie, voller Sorge, an. „Können wir reden? Am besten im Warmen, bevor du erfrierst?“ Angelina löste sich von ihm und nickte, mit zitternden Händen suchte sie in der Jackentasche nach dem Zauberstab, der ihr allerdings aus der Hand glitt, als sie ihn herauszog. „Verdammt.“, flüsterte sie und wollte sich schon danach bücken, George kam ihr jedoch zuvor. Schnell hob er ihn auf und lies ihn wieder in Angelinas Tasche verschwinden. „Lass mich das besser machen.“, sagte er und bugsierte sie sanft vor sich her. Er zog seinen eigenen Zauberstab und öffnete damit zuerst Gartentor und dann Haustür. Angelina trat zuerst in den großzügigen Flur ein. George folgte ihr, schloss die Tür hinter sich und entzündete dann, mit einem erneuten Wink des Zauberstabs, die Lichter im Raum. Sie hatte sich zu ihm umgewandt, zitterte jedoch noch immer unablässig. „G-g-george, i-i-ich-“, mit einer Handbewegung schnitt er ihr das Wort ab. “Tu mir den Gefallen und zieh dir erst einmal etwas Trockenes an. Wenn du mir sagst, wo ich das Wohnzimmer finde, warte ich da.“ „A-aber g-geh b-bitte nicht w-weg.“, bat sie und Tränen glitzerten in ihren Augen. George musste sich beherrschen, um sie nicht erneut in die Arme zu schließen und ihr zu sagen, dass er nirgendwo hingehen und bei ihr bleiben würde, egal, was gewesen war. Allerdings konnte er ein solches Versprechen nicht über die Lippen bringen, bevor sie ihm nicht erklärt hatte, was das alles heute Morgen zu bedeuten gehabt hatte. „Ich werde nicht weggehen.“, sagte er schließlich. Sie schien zufrieden mit diesem Versprechen zu sein und zeigte dann auf eine Tür am anderen Ende des Raumes, bevor sie die Treppen nach oben ging. „B-bin g-gleich zurück.“, sagte sie und lief schnell die Stufen nach oben. Er hingegen hängte seinen Umhang an einen der Kleiderhaken an der Wand, drehte sich auf dem Absatz herum und schritt durch die Tür, die sie ihm gerade gewiesen hatte. Wieder entzündete er die Lichter im Raum mit seinem Zauberstab, um die Wohnküche besser in Augenschein nehmen zu können. Er trat zögernd in den Raum ein und schaute sich um. Linkerhand und vor ihm befand sich eine durchlaufende Küchenzeile, direkt darüber zwei große Fenster, die den Blick in den Garten freigaben. Auf der rechten Seite des Zimmers standen einige Kommoden an den Wänden und es gab einen großzügigen Kamin. Zwei gemütlich aussehende Sofas und ein farblich dazu passender Sessel standen um diesen herum. George trat näher, legte einige Holzscheite aus einem Eimer in der Zimmerecke in die Asche des erloschenen Feuers und entfachte gleich darauf ein Neues. Die Flammen züngelten in die Höhe und erfüllten ihn beinahe sofort mit einer angenehmen Wärme. Dann ging er zurück in die Küche und füllte den leeren Kessel, der auf dem Herd stand mit Wasser. Mit einem weiteren Wink seines Zauberstabs begann er damit, den Kessel zu erhitzen. Nach und nach öffnete er die Küchenschränke, bis er endlich Tassen und Teebeutel gefunden hatte – er wusste, dass es sich nicht gehört, in Schränken anderer zu wühlen, aber ein heiße Tee würde Angelina sicherlich helfen, sich aufzuwärmen. Er wartete, bis das Wasser heiß genug war, goss den Tee auf und trug die Tassen zu dem niedrigen Couchtisch. Dann nahm er auf dem Sofa Platz und wartete. Nach weiteren fünf Minuten hörte er, wie jemand den Raum betrat. Gleich darauf setzte sich Angelina neben ihn. Er hingegen hatte seinen Blick stur auf die Flammen gerichtet und wandte sich nicht zu ihr um. „Danke für den Tee.“, meinte sie schließlich. Ihre Stimme zitterte. Sicherlich weinte sie wieder… warum mussten Mädchen eigentlich immer weinen? Noch immer wandte er den Blick nicht ab weil George wusste, dass ihre Tränen ihn wieder zum Schmelzen bringen würden. Das konnte er sich jetzt nicht leisten… „Kein Problem. Ich dachte, er würde dir vielleicht helfen.“ Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie sie nach der Tasse griff, die Flammen im Kamin züngelten immer höher und das Holz knackte. „George, hör zu, das heute Morgen war nicht so, wie du denkst.“ Er lachte bitter. „Ach, nein?“ „Nein.“ Ihre Stimme zitterte. ‚Nicht hinsehen, George. Blos nicht hinsehen. ‘, dachte er und bemühte sich, keine Mine zu verziehen. „Dann erklär es mir.“, sagte er tonlos. Angelina schniefte, bevor sie weitersprach. „Es war wirklich jemand bei mir. Aber das war mein Bruder, George.“ Damit hatte er nicht gerechnet. Allerdings blieb er weiterhin eisern und blickte stur geradeaus. „Ich wusste nicht, dass du einen Bruder hast.“ „Ich auch nicht. Er… er hat mir vor einigen Tagen geschrieben… Sie haben ihm im St.Mungo gesagt, dass… wo ich wohne und dass er… eine Schwester hat. Wir wussten beide nichts davon und…“ Sie brach ab und schluchzte jetzt unaufhörlich. Nur zu hören, wie sie weinte, brach ihm beinahe das Herz. Nachdem er sich dazu gezwungen hatte, drei weitere Sekunden die Flammen im Kamin anzustarren, hielt er es schließlich nicht mehr aus und wandte sich zu ihr. Angelina hielt die Tasse noch immer in den Händen und ihr Inhalt schwankte bedrohlich, den Blick hatte sie nach unten geneigt und ohne Unterlass tropften dicke Tränen von ihrer Nasenspitze herab. George griff nach der Tasse, stellte diese auf dem Tisch ab und zog Angelina dann auf seinen Schoß. Diese schlang die Arme um seinen Hals und vergrub das Gesicht schluchzend an seiner Schulter. Er umarmte sie und lockerte seinen Griff nicht, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte. Anscheinend war sie duschen gewesen, denn ihr langes Haar roch nach ihrem süßen Shampoo. Er spürte, wie sein Widerstand brach – er würde ihr alles verzeihen, egal was und in jenem Moment, als er sich das eingestehen musste, hasste er sich dafür. Weil ihn dieser Umstand schwach und angreifbar machte, was er aber nicht sein wollte. Wegen irgendeines Mädchens wollte er nicht leiden, keinesfalls. Aber sie war eben nicht nur irgendein Mädchen… „Geht es wieder? Du musst ja langsam ausgetrocknet sein.“, sagte George sanft, als Angelina nur noch schniefte. Sie gab ein ersticktes Lachen von sich und atmete einmal tief durch. „Ja, es geht wieder.“, sagte sie dann mit heiserer Stimme. „Dann erzähl mir jetzt alles nacheinander. Und bitte fang nicht wieder an zu weinen.“ Angelina hob den Kopf ein wenig, sodass sie ihn anschauen konnte. „Damals… als… als die ganzen Todesser die Winkelgasse besetzte hatten, gab es eine Ausgangssperre, die dafür sorgen sollte, dass nach Einbruch der Dunkelheit niemand mehr nach draußen geht, aber ich glaube, das weißt du auch. Eines Abends… ich weiß nicht, warum, ist Mum nach draußen gegangen. Dieser fürchterliche Alarm ging los und dann waren da überall Schreie und… ich bin nach unten gegangen. Irgendeiner von diesen Todessern hat den Fluch schneller geschleudert, als er nachgedacht hat und meine Mum erwischt.“ Wieder rannen die Tränen ihre Wangen hinab. „Dad war schon bei ihr… und diese ganzen schrecklichen Leute sind in unser Haus gestürmt weil sie wohl dachten, dass wir irgendwen verstecken… und Mum… war tot. Sie haben sie einfach umgebracht, ohne sich zu vergewissern, wer sie überhaupt war… alles war so sinnlos. Dad saß einfach nur daneben und… er war nicht ansprechbar. Ich war da ganz allein und ich wusste nicht, was ich tun soll… es kam auch niemand, um zu helfen, weil die Nachbarn alle selbst schreckliche Angst hatten und…“ Jetzt begann Angelina wieder fürchterlich zu schluchzen und es dauerte eine ganze Weile, bis George sie beruhigt hatte. „Du musst nicht weiter sprechen, wenn du nicht willst.“, sagte er dann und versuchte vergebens, die Tränen von ihren Wangen zu trocknen. „Doch.“ Angelinas Stimme war schrecklich heiser, als sie weitersprach. „Ich hab die Wachen, welche sie bei uns abgestellt hatten, angefleht, dass ich Mum und Dad wegbringen kann, ins St.Mungo, dass sie doch sehen müssen, dass sie verletzt sind und… einer von ihnen meinte, wir können uns verziehen, wenn die anderen mit dem Haus fertig sind und dass man meiner Mum eh nicht mehr helfen kann. Es war schrecklich... Ich musste mit anhören, wie sie die komplette Einrichtung zerlegt haben und ich hatte solche Angst, dass sie irgendetwas finden, was sie veranlassen könnte, auch meinem Dad wehzutun oder uns einzusperren und meine Mum lag da und…“ Sie atmete zwei Mal tief durch, um nicht wieder in Tränen auszubrechen. „Als sie fertig waren, durften wir gehen. Ich hab meine Eltern ins St.Mungo gebracht und… für Mum konnten sie wirklich nichts mehr tun und sie sagten, Dad hätte nur einen Schock aber… seit dieser Nacht ist er dort. Der Anblick meiner toten Mum… er ist wohl irgendwie verrückt geworden. Er spricht nicht mehr und isst von selbst nicht und… es ist, als wäre er auch nicht mehr am Leben. Als würde er warten, dass alles bald vorbei ist… er ist nur noch eine Hülle, ohne Seele. Selbst mich erkennt er nicht mehr.“ Angelina schwieg für einen Moment und ihre Stimme war jetzt etwas ruhiger, als sie weitersprach. „Am Montag bekam ich eine Eule, von Derek, meinem Bruder. Dad war vor meiner Mum schon einmal verheiratet gewesen, aber sie hatte sich von ihm getrennt und den Sohn mitgenommen. Er hat ihn nie wieder gesehen und deswegen haben sie mir wohl auch nicht gesagt, dass ich einen Halbbruder habe. Er schrieb, dass er im St.Mungo arbeiten würde und aufgrund irgendwelcher Aufzeichnungen herausbekommen hat, dass sein richtiger Vater – mein Dad – seit einigen Monaten da einquartiert ist. Er wollte mich gerne sehen und ich hab ihm geantwortet, er kann kommen, wann immer er will… anscheinend schieben sie im St.Mungo richtig harte Doppelschichten seit… seit die Todesser überall gewütete haben und er meinte, er könne Samstagnacht vorbeikommen. Wir haben uns ein wenig unterhalten, uns über unser bisheriges Leben ausgetauscht, bis… bis er mir erzählt hast, dass Dad gestorben ist, vor ein paar Tagen. Eigentlich verschickt das St.Mungo dann immer Eulen aber er meinte, er wäre es mir schuldig gewesen, mir alles persönlich zu sagen.“ „Wieso hast du mir nichts von all dem gesagt?“, fragte er und strich ein paar der nassen Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. „Ich… ich weiß nicht. Ich meine, ich wollte dich nach deinem… Verlust nicht auch damit belasten.“ „Also hast du mir lieber etwas vorgespielt?“, fragte er bitter und strich über die samtene Haut ihrer rechten Wange. Verwirrt zog sie die Augenbrauen in die Höhe. „Ich verstehe nicht, was du meinst.“ „Angelina, sieh dich doch an. Du bist total fertig… und mir gegenüber hast du dich immer so gegeben, als wärst du glücklich, als ginge es dir gut. Ich kann das nicht so richtig glauben. Woher weiß ich, dass nicht alles nur gespielt war?“ In diesem Moment hegte er wirklich Zweifel an ihren Gefühlen, obwohl er es nicht richtig wahrhaben wollte. Er glaubte nicht, dass er es ertragen würde, sie zu verlieren. „Glaubst du das wirklich? Dass ich dir nur etwas vorgemacht habe?“ Wieder quollen Tränen aus ihren großen dunklen Augen. Wieso mussten Mädchen eigentlich immer weinen? Das waren mehr als einfach nur unfaire Mittel! „Ich weiß nicht, was ich glauben soll, Angelina. Ich weiß nur, dass du mir anscheinend nicht richtig vertraust.“ Sie senkte den Blick und schüttelte leicht den Kopf. „Ich habe dir nichts vorgespielt, George. Bevor ich dich wiedergesehen habe… war ich ein Wrack, wirklich. Jeden Tag habe ich mich aus dem Bett gequält und zur Arbeit geschleppt, weil es ja irgendwie weitergehen musste. So sagt man das doch immer, richtig? Ich wollte mich nicht so furchtbar unnütz fühlen, so wenig wie möglich allein in diesem schrecklichen Haus sein. Aber als ich dich dann an dem einen Abend im Laden gesehen habe… du hast so unendlich traurig ausgesehen. So, wie ich mich gefühlt habe. Und die letzten Wochen waren unbeschreiblich schön. Ich habe mich schon lange nicht mehr so lebendig gefühlt… Ich glaube, ich habe nur nichts gesagt, weil ich Angst hatte, auch nur daran zu denken. Weil ich wusste, dass es dann wieder so fürchterlich weh tun würde, wie am Anfang. Ich wollte alles einfach nur vergessen.“ Georges Wut war nun vollends verraucht. Angelina hatte ihm nicht weh tun wollen, das wusste er nun und er glaubte ihr jedes Wort. Sie hatte einfach nur, genau wie er, schreckliche Angst gehabt, weiter leiden zu müssen und wollte lediglich die glückliche Zeit mit ihm genießen und dabei nicht an morgen denken. „Und wann erklärst du mir, warum du eine halbe Ewigkeit draußen in der Kälte gestanden hast?“, fragte er schließlich und erwiderte ihr zaghaftes Lächeln. „Nachdem Derek gegangen war, wollte ich zu dir um mit dir zu reden. Du warst nicht da, aber… ich konnte nicht einfach wieder gehen und… naja, als ich dann irgendwann beschlossen hatte, doch nach Hause zu gehen, hast du da plötzlich gestanden…“ Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und schaute ihm tief in die Augen, bevor sie weitersprach. „Ich hatte so eine wahnsinnige Angst, dass ich dich verlieren würde, dass du einfach wieder verschwunden bist, wie damals. Dass du mich hier alleine zurück lässt. Ich würde so etwas nicht ertragen, George.“ „Wie kannst du so etwas nur denken… Ich werd dich nie mehr alleine lassen, Angelina.“, flüsterte er und küsste sie. Nicht so zärtlich und zurückhaltend wie gestern, sondern drängender und leidenschaftlicher. Als wollte er seine Worte damit untermalen. Schwer atmend lösten sie sich nach einer Weile voneinander. George blickte in Angelinas große, braune Augen und ihm war klar, dass sie die Einzige für ihn war und es immer sein würde. „Ich liebe dich, Angelina Johnson…“, sagte er schließlich und las in ihren Augen, dass sie ebenso für ihn empfand… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)