Wie es ist von AudreyBlanche (Wenn sterben einfach wäre, hätten wir keine Probleme mehr) ================================================================================ fallin' ------- Leise versuchst du dich an mich heranzuschleichen, doch ich habe dich schon längst bemerkt. Ich drehe mich auch nicht um, als du mich ansprichst. “Was machst du hier draußen?” Ich zeige nicht, ob ich dich gehört habe. Überlege, ob ich dir antworten soll. Doch warum sollte ich mich rechtfertigen? Hatte ich nicht genauso das Recht hier zu sein, wie du? Schon nach ein paar Sekunden nimmst du mir die Entscheidung ab. “Ja, ja, schon gut, geht mich nichts an. Schon verstanden.” Warum klingst du beleidigt? Hast du denn was anderes erwartet? Sachte setzt du dich neben mich, doch nicht so nah an den Rand. Ich spüre, dass dich die Schwärze der Tiefe nervös macht. Dann legst du deinen Kopf in den Nacken und seufzt. Ich weiß nicht, warum, aber ehrlich gesagt, ist es mir auch egal. Ich will nur meine Ruhe. Und die finde ich nun mal nur hier. Hier kommt niemand her. Den einen ist es zu hoch, den anderen zu zugig, und manche kannten nicht mal den Weg hier hoch. Ich bin gerne hier. Am liebsten, wenn der Wind so richtig heult und jede Böe mich ein Stück näher an den Abgrund treibt. Es ist so ein Gefühl von Freiheit, obwohl ich gar nicht weiß, wie sich Freiheit anfühlt. Zum Glück ist hier noch nie jemand hoch gestiegen, wenn gerade ein Sturm tobte. Ich kann sie schon hören, ihre ewige Leier: Komm da weg! Du wirst noch runterfallen! Sitz doch nicht so nah am Rand! Und so weiter und so fort. Ich frage mich oft, ob sie wissen, dass man so viel sicherer sitzt. Manchmal schaue ich hinab und frage mich, vor was die anderen Angst haben. Haben sie Angst zu fallen? Angst, dass etwas anderes mächtiger ist als sie? Angst, keine Kontrolle zu haben? Ich habe keine Angst. Ich kann den Wind auch nicht kontrollieren, aber ich fürchte mich nicht davor zu fallen. Fliegen befreit, warum fallen nicht auch? Viele würden mich lebensmüde nennen. Ist man lebensmüde, wenn man keine Angst mehr hat? “Die Sterne leuchten wunderschön hier oben. Ich kann verstehen, warum du hier oben sitzt.” Oh, ich hatte ganz vergessen, dass du noch neben mir sitzt… Du schaust in die Sterne und glaubst eine Antwort gefunden zu haben. Warum ich hier sitze. Wäre ich ein fröhlicherer Mensch, ich hätte laut gelacht. Hätte dich ausgelacht für deine Naivität. DU willst verstehen können, warum ich hier sitze, in dem du in die Sterne guckst? Nein, mein Lieber, da schaust du grade in die falsche Richtung. Wenn du mich verstehen willst, dann musst du hinab sehen. Hinab in die Schwärze, vor der du Angst hast. Du kannst mich gar nicht verstehen! Das war mir schon klar, als du dich einen Meter vom Rand entfernt hingesetzt hattest. Wenn du mich verstehen willst, dann musst du hier vorne sitzen. Musst in die Tiefe blicken, ohne dich zu fürchten. Erst wenn du so fühlst, wie ich, kannst du mich verstehen. Tja, Test nicht bestanden. Rigoros durchgefallen. Ich seufze tonlos. Langsam beginnt deine Gegenwart zu nerven. Du könntest mich nie verstehen, selbst wenn ich es dir lang und breit erklären würde, trotzdem sitzt du jetzt hier und tust so als ob. Ich möchte alleine sein, doch dazu musst du gehen, denn ich werde es nicht tun. Ich bin schließlich immer hier, wenn es mir schlecht geht und nicht du. Doch du machst keine Anstalten zu verschwinden. Ich muss wohl deutlicher werden. “Lass mich bitte allein.” Oh ja, ich sage bitte. Meine gute Erziehung ist schuld! UND ich habe gemerkt, dass die meisten besser darauf anspringen, wenn man sie bittet. Du rührst dich nicht. Bist du schwerhörig oder schwer von Begriff? “Nein. Ich möchte nicht, dass du alleine bist.” Häh, was soll das denn jetzt? Erst interessiere ich dich einen Scheißdreck und soll mich von dir fernhalten, und jetzt willst du, dass ich nicht alleine bin? Welchen Tassenschrank hast du denn zertrümmert? “Ich sagte: Geh!”, wiederhole ich etwas deutlicher. Immer noch reagierst du nicht. Was hab ich getan, dass ich so bestraft werde? Abermals beuge ich mich nach vorne und schaue ins Nichts. Ich muss mich irgendwie beruhigen, sonst raste ich aus, und das ist wahrlich nicht sehr angenehm. Eine harte Hand zieht mich zurück. Zum ersten Mal an diesem Abend sehe ich dir ins Gesicht. Du siehst leicht schockiert aus. Hattest du gedacht, ich würde mich fallen lassen? Anscheinend. Wieso hältst du das für möglich? Kannst du doch tiefer in mich blicken als ich dachte? Oder hattest du nur Angst, die Kontrolle zu verlieren? “Lass mich los!” Meine Stimme ist eiskalt. Ich mag es nicht, wenn andere Leute mich anfassen und ich mag es auch nicht, keine eigene Entscheidung treffen zu dürfen. Du hältst mich eisern fest und diesmal übernimmst du die Rolle des Schweigenden. Ich versuche mich aus deinem Griff zu winden, doch du vergräbst deine Finger nur noch tiefer in meiner Schulter. Mit einem Ruck versuche ich mich dir zu entreißen. In die falsche Richtung. Ich verliere den Halt und rutsche von der Kante. Ein kleiner Schrei entweicht meiner Kehle, doch ist er mehr Reflex denn ernst gemeint. Bei einem weiteren Ruck kurbeln sich mir fast die Gelenke raus. Blitzschnell - wie immer - hast du meine Hände ergriffen und mich festgehalten. Wieso kannst du nicht ein Mal etwas richtig machen?! Jetzt hängst du auch über dem Abgrund. Ich sehe, dass es dich mit herabzieht, je länger du mich festhältst. “Lass los.” Ich bin ganz sanft zu dir und hoffe, du reagierst darauf. Pustekuchen. Du bewegst dich kein Stück, doch dein Körper rutscht immer weiter über den Rand. Langsam steigt Panik in mir hoch. Ich will nicht, dass du stirbst. Du hast noch so viele Träume und Wünsche. Für die sollst du leben. “Verdammt, lass los!” Als du immer noch keine Anstalten machst, deinen Griff zu lockern, umfasse ich deine Gelenke. Fast erleichtert siehst du mich an. Leicht ziehe ich mich an dir hoch. “Ich will nicht, dass du stirbst!” Und mit diesen Worten grabe ich meine Fingernägel in deine Haut. Vor Schmerz lockerst du den Griff und ich kann ihm entkommen. Ich lächele nicht, als ich falle. Und dein Gesicht verschwindet schon nach einigen Augenblicken in der Dunkelheit. Endlich werde ich erfahren, wie es ist, zu fallen. Wie sich die Schwärze aus der Nähe anfühlt. Wie es ist zu sterben. --- Hier habe ich lange gerätselt, wer die zwei Hauptpersonen sind. Ich wusste, dass sie Charaktere aus Harry Potter waren. Aber ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, welche zwei ich beim Schreiben im Kopf hatte. Schließlich habe ich es vom Datum her in meine Harry x Draco Phase eingeordnet und aufgrund verschiedener Hinweise in der Geschichte behaupte ich jetzt einfach mal, dass es aus Dracos Sicht geschrieben ist. Aber ganz sicher bin ich mir nicht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)