Wüstenblume von abgemeldet (Zwischen Glamour und Gosse) ================================================================================ Kapitel 4: Vergangenheit und Zukunft ------------------------------------ Als Sakura nach drei Stunden von ihrem Heimtrainer stieg schwankte alles. Die Umgebung um sie herum verschwamm und sie musste sich festhalten. Eine Hand fasste sich an den Kopf, die andere langte nach irgendetwas fest Verankertem. Doch sie erwischte nichts und fiel hin. Ihr Kopf schmerzte und etwas pochte gegen ihren Fuß. Beim kläglichen Versuch sich festzuhalten bekam sie nur den Heimtrainer zu fassen, so weit sie sich erinnern konnte. Anscheinend war sie bei ihrem Sturz mit so viel Schwung gefallen, dass sie das Gerät mit sich gezerrt hatte. Nun lag es schmerzhaft auf ihrem Fuß. „Verflucht!“, fluchte sie leise, sie hatte kaum Kraft. Vor zwei Tagen hatte sie das letzte Mal geschlafen und etwas Anständiges gegessen. Die Anstrengung durch das ständige trainieren hatte sie zusätzlich geschwächt. Kein Wunder, dass ihr Kreislauf schlapp gemacht hatte. Abermals verließen sie die Kräfte. Sie hatte die Anstrengung und die Aufregung der letzten Wochen gefährlich unterschätzt. Es wurde wieder schwarz vor ihren Augen. Der Schmerz ließ allmählich nach und versank dann in der unendlichen Dunkelheit, die Sakura überkam. „Nur noch zwei Minuten!“, rief einer der Manager der großen Modenschau. „Macht euch fertig, Girls!“ Sakura sah sich um. Was machte sie hier? Alles um sie herum war hektisch, viele wunderschöne Mädchen in ihrem Alter hechteten von einem Ende des Raumes zum anderen. Sie sah an sich selbst herunter, ihre vorher so bequemen Trainingsklamotten waren weg. Sie hatte ein hautenges, gelbes Kleid an. Es war kurz, gerade einmal das Nötigste wurde verdeckt. Eine knielange, knallenge schwarze Satinhose verdeckte den Rest. Sie ging zu einem der Spiegel und betrachtete ihr Gesicht. Ihr Gesicht war noch etwas rundlicher, sie war erst sechzehn oder höchstens kurz vor ihrem siebzehnten Geburtstag. Eine dicke Schicht von grellen sonnengelb wechselte am oberen Lied mit zartem rosengelb. Ihre Lippen waren in einem sanften rosè Ton angestrichen. „Wow“, säuselte sie und fuhr sich leicht über ihre Wangen. „Sakura, Schätzchen, hör doch auf! Du verschmierst ja alles!“ Einer der Stylisten nahm ihre Hand und führte sie weg von ihrem Gesicht. „Chèry! Du bist die nächste!“ Der Manager zerrte sie zum Ausgang des Backstagebereiches. Ein roter Vorhang verzierte den Ausgang. Eine Lautsprecherstimme ertönte und begrüßte die Zuschauer neben dem Laufsteg. „Und nun, verehrte Gäste, genießen Sie die Show!“Sakura war in ihrem Element. Auf den hochhackigen Schuhen bewegte sie sich besser als in Tennislatschen. Sie lief, auch wenn sie nicht wusste wieso und warum sie hier war. Das Publikum jubelte. Sie war wieder im Umkleideraum gleich hinter dem Laufsteg. Inzwischen war ihr egal was sie hier machte. Sie hatte Spaß, sie lief sorglos und wurde von Minute zu Minute fröhlicher. „Perfekt“, lobte sich eine Stylistin, als sie schnell das Make-up erneuerte und ihr in das neue Outfit half. Diesmal war es ein weites, grünes Kleid. Die Schminke war nun grün, die Lippen verführerisch pink. Das Kleid hatte fast dieselbe Farbe wie ihre Augen. Noch ein letztes Mal sah sie sich in den Spiegel. Der alte Glanz war wieder da.Sie war wieder fröhlich bei ihrer Arbeit, bei dem was sie tat. Ein letztes Mal wechselte Sakura ihr Outfit und ging auf den Laufsteg. Sie hatte den finalen Auftritt, durfte als große Sensation hinaus. Wegen ihr waren alle Leute gekommen, das spürte und wusste sie. Wie ein Engel oder eine Fee schwebte sie voller Eleganz über den Laufsteg, versprühte ihren Charme und lieferte den gierigen Fotografen eine volle Minute mit bezaubernden Posen. Die Gäste, die großteils reich oder berühmt oder beides waren, klatschten begeistert. Nur wegen ihr, nur wegen Sakura. Der Designer schritt im schnellen, festen Schritt über den Laufsteg und blieb ganz vorne stehen: „Meine Damen und Herren, verehrte Gäste! Das war meine neue Kollektion. Und ich weiß, dass es nie so ein großer Erfolg gewesen wäre, wenn meine bescheiden gearbeitete Kleidung nicht von diesen wunderschönen Models vorgeführt worden wäre. Und mein besonderer Dank geht an meinen Engel, meine Muse, meine Fee und meine Geheimwaffe! Sakura Haruno!“ Sie hörte ihren Namen und ging selbstsicher auf den Laufsteg. Immer noch hatte sie das wunderschöne rote Kleid an. Sie war stolz, dass sie es tragen durfte. Während sie zu diesem Designer vorging überfiel sie urplötzlich das Gefühl, als habe sie dieses ganze Szenario schon einmal erlebt. Immer mehr Erinnerungen überkam sie – es war wie ein Déjà-vus. Doch was würde nun passieren? Immer wieder riss ihr Faden ab diesem Zeitpunkt ab. Sie war bei Mirato, so hieß der Designer, wenn sie sich recht erinnerte, angelangt. Sie wusste auch wieder, wieso sie bei so einer großen Schau mitlief und gerade sie das Herzstück der Vorführung war. Mirato war der große Bruder von Koutas Freundin. Kouta war Sakuras großer Bruder. Er, ihr Bruder, hatte den Designer auf seine Schwester aufmerksam gemacht und Sakura hatte ihm von Anfang an sehr gefallen. Er traute ihr diese große Aufgabe zu und beide fanden sich auf Anhieb sympathisch. Mirato nahm Sakuras Hand und hielt sie hoch. Die Fotografen drängelten, um die besten Plätze zu bekommen, auch jetzt nach der großen Show. Ohne Vorwarnung riss er seine Perle, so nannte er Sakura immer, rum und umarmte sie. So dachte sie. Doch es wurde keine Umarmung, sondern ein tiefer, leidenschaftlicher Kuss. Sakura mochte ihn, aber sie liebte ihn nicht. auch er hatte immer beteuert, dass er nur an einer Freundschaft interessiert sei. Doch um der Publicity Willen ließ sie es geschehen und schlang ihren Arm um seinen Nacken. Er hatte vor der Show sogar Andeutungen gemacht, dass nach ihrem letzten Lauf eine Überraschung auf sie warte, die den Fotografen sicher gefallen würde. Sie genoss das Blitzlichtgewitter. Fast zehn Sekunden lang lieferten Mirato und Sakura den Fotografen und dem Publikum eine gewaltige Show, dann ging alles ganz schnell. Sakuras Augen waren geschlossen, sie konzentrierte sich auf ihren Gesichtsausdruck und den perfekten Fuß-Flip. Ein Mann in der vierten Reihe stand auf und zielte mit einer Waffe auf die beiden Küssenden. Das Publikum begann zu schreien, der Designer und das Model ließen voneinander ab. Sakura sah die Waffe, und auch wohin er zielte. Sie begann zu schreien, wollte Mirato mit sich wegzerren. Ein Schuss ertönte, Blut spritze auf ihre perfekte Haut, beschmutze ihr Kleid und ihre aufgesteckten Haare. Sakura hatte noch immer Miratos Arm gepackt, plötzlich wurde sein Körper schwer. Sie sah zu ihm und fing seinen leblosen Körper so gut es ging auf. Er war zu schwer für sie, deswegen sackte sie auf die Knie. Sakura umarmte seinen Körper und hoffe, dass sie jeden Moment wieder aufwachte. „Nein! Nein!“, kreischte sie mit zitternder aber lauter und verzweifelter Stimme. Wie eine Zauberformel wiederholte sie dieses Wort und hoffe, dass er sie fröhlich ansehen und einen seiner blöden Sprüche anbringen würde. Doch ein Lebenszeichen blieb aus. Ein Mann nahm ihre Schultern und wollte sie aufzerren, doch sie klammerte sich an Miratos leblosen Körper als wäre er eine Rettungsboje. Noch einmal drang ein verzweifelter Schrei durch die ebenfalls ängstlich schreiende Menge. „Nein! Mirato-san! Tu mir das nicht an! Bitte nicht!“ Dann sackte sie über seinem Körper zusammen und erlebte wie in Trance wie sie ein starker Mann aufzerrte und weg brachte. Der Bodyguard, der sie nach hinten brachte, legte Sakura seine Jacke um die freien Schultern. Ihre Modelkolleginnen sahen aufgelöst zu ihr und ihm. „Was ist denn passiert? Wir hörten Schreie!“, fragte ein braunhaariges Mädchen, während sie Sakura leicht tätschelte und besorgt betrachtete. Der Mann schüttelte den Kopf. „Mirato-sama wurde eben erschossen.“ Allen Mädchen war der Schock anzusehen, die meisten hatten Tränen in den Augen. „Sakura-san, ist mit dir alles in Ordnung? Du bist auch voll Blut!“ „E-Es“, sie schluckte und brach wieder in Tränen aus. „Es geht mir gut, keine Sorge,“ schluchzte sie und lehnte sich an die Schulter des braunhaarigen Mädchens an. „Was ist genau passiert?“, wollte das Mädchen wissen. Ihre Stimme war leicht zittrig und sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum. Der Bodyguard begann alles so harmlos wie möglich zu erklären. „Mirato-sama und Sakura-san standen vorne am Posiersteg und haben sich für den Beifall des Publikums bedankt. Plötzlich ist einer der Zuschauer in der mittleren Reihe aufgesprungen. Dann gab es einen Schuss und Mirato-sama ist zu Boden gegangen. Ich habe Sakura-san dann sofort hierher gebracht.“ „Aber wieso tut jemand so etwas?!“, rief die Braunhaarige, die einen Arm um Sakura gelegt hatte. Ein Mann betrat den Backstagebereich. „Mein Name ist Inspektor Wakashi. Ich bearbeite diesen Fall. Miss“ – er sah auf seinen Notizblock – „Haruno. Ich weiß, dass das sehr schwer für Sie ist, aber dürfte ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“ Sakura nickte kurz und führte den Inspektor in ihre Garderobe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)