Der Schwur der 'Göttersöhne' von Sonna-Eraseus (Seth x Atemu) ================================================================================ Kapitel 13: Chapter 13 ---------------------- Chapter 13 Aufgeregtes Stimmengewirr überschwemmte das Zeltlager wie eine Flut. Immer mehr Stimmen wurden laut. Aufregung, Überraschung und Erstaunen. Man hörte das Zurückschlagen von Zeltplanen, hier und da das Gähnen von aus dem Schlaf gerissenen Tiefschläfern, Stimmen, die sich über den Lärm am frühen Morgen beschwerten. „Man, was ist das da draußen denn für ein Krach?“ durchdrang die nuschelnde Stimme Kenzos das Zelt. Die meisten der Jungs gähnten ausgiebig, streckten sich und fuhren sich übers Gesicht. Schon Zeit zum Aufstehen? Sie hatten das Gefühl, gerade erst eingeschlafen zu sein. Sie waren müde, ihnen taten die Beine und Arme weh vom Muskelkater und überhaupt! Keiner hatte wirklich Lust, aufzustehen. „Takuya, mach mal das Zelt auf“ brummte Joey aus der Mitte des Zeltes. Neben ihm saß Seth bereits aufrecht unter der leichten Decke und hatten einen etwas abwesenden Blick drauf. Scheinbar versuchte er, etwas von dem Geschrei draußen zu verstehen. Der Angesprochene knurrte zwar, aber da er nun mal ganz vorne lag ... Mit einem Aufstöhnen schälte er sich aus der Decke, schob eine Haarsträhne hinters Ohr zurück und ließ dann das Licht herein. Die Sonne stand bereits am Himmel, nach ihrem Stand konnte der Sonnenaufgang allerdings noch nicht allzu lange her sein. Draußen konnte man einige der Arbeiter aufgeregt hin und her rennen sehen. Von einem Zelt zum anderen. Scheinbar erstatteten sie den Professoren Bericht. Gegenüber streckte Professor Bern seinen Kopf aus dem Zelt und lauschte ganz verschlafen den Ausführungen des Arbeiters vor ihm. Aufgeregt gestikulierte dieser mit den Armen und redete schnell auf Arabisch auf den Professor ein. Hinter diesem wurde Meyer sichtbar, der nicht gerade begeistert von der Störung zu sein schien. Die Jugendlichen sahen, wie der Schlaf aus den beiden Gesichtern wich, je länger der Mann erzählte. Erstaunen, Verwunderung und Verblüffung konnten sie erkennen. Dann wurde die Plane ohne ein Wort geschlossen. Der Professor und Meyer standen nach nicht mal einer Minute fertig angezogen draußen in der Sonne und eilten im Laufschritt durch die Zeltreihen. Diejenigen Schüler, die einen Blick durch den Eingang werfen konnten, sahen, wie sie kurz hinter dem letzten Zelt mit Professor Junyo und Professorin Turner zusammenstießen. Zusammen setzten sie ihren Weg Richtung Ausgrabungsstelle fort ... Was da wohl geschehen war? „Man, müssen die so viel Lärm machen?“ kam es wütend aus der hintersten Ecke des Zeltes. Josh saß aufrecht da, neben ihm seine drei Kumpanen. Die vier sahen auch nicht besser aus als der Rest der Klasse. „Kannst sie ja fragen“ gab Kenzo fies zurück. Seine Schlagfertigkeit war anscheinend schon mal zurückgekehrt. „Machs doch selber“ antwortete Mika für Josh mit einem abschätzigen Blick. „Würde ich glatt machen, wenn Meyer nicht schon weg wäre.“ Kenzo stemmte sich auf seine Füße hoch und stand wenige Sekunden später im Gang, der einmal längs durch das Zelt führte und den sie mit ihrem Matten freigelassen hatten. „Ich werd denen mal hinterher gehen“ schnappte sich der Junge seine Hose, gleich darauf sein T-Shirt und machte sich daran, aus dem Zelt zu verschwinden. „Du wirst nirgendwo hingehen.“ Erstaunt drehte sich Kenzo um. „Wieso nicht, Kaiba? Ich wüsste nicht, dass du uns Vorschriften machen kannst.“ Mit fast herausforderndem Blick sah er den Firmenchef an. Soweit kam es noch, dass er sich von diesem was befehlen ließ. Schließlich waren sie hier nicht in der Kaiba-Corporation. Statt einer Antwort schob der Braunhaarige die Decke nur vollständig zur Seite und griff nach seinen Klamotten. „Nun sitz da nicht wie angewurzelt rum, Jono. Mach hinne.“ Der wusste gar nicht, wie ihm geschah, als er von Seth seine Klamotten zugeschmissen bekam. Am liebsten würde er Seth jetzt anschnauzen, was das denn soll. Aber ein Blick in diese blauen Augen sagte ihm, dass Seth nicht ohne Grund so eine Hektik veranstaltete. Also zog er sich ohne Widerworte an und zermaterte sich sein Hirn darüber, was Seth so aufgebracht hatte. „Hey Kaiba. Was soll das denn werden, wenn’s fertig ist?“ fragte Josh aus seiner Ecke. „Du willst doch wohl nicht etwa hinterher, oder? Hat dir der Ärger gestern von Junyo noch nicht gereicht?“ Ein verachtender Blick aus den blauen Augen war alles, was der Sprecher als Antwort bekam. Auf dieses Niveau ließ sich Seth doch gar nicht erst hinab. Und eine Antwort war für Josh wirklich zuviel Mühe. „Wir können“ standen Atemu und Jono keine halbe Minute später neben Seth im Mittelgang. Der Pharao hatte keine weitere Aufforderung Seths benötigt. Er hatte an dessen Gesichtsausdruck erkannt, dass irgendwas passiert war. Etwas, was mit ihnen zu tun hatte. Leider hatte er von dem, was die Arbeiter gesagt hatten, kein Wort verstanden. Zu durcheinander war das Geschrei draußen gewesen und die ärgerlichen Rufe der Klassenkameraden hatten ihr übriges getan. Aber Seth musste es irgendwie geschafft haben, aus dem Durcheinander etwas Vernünftiges herauszuhören. Wortlos ging der Hohepriester an Kenzo vorbei, gefolgt von den anderen beiden Kriegern. Kenzo sah ihnen nur ungläubig hinterher. Wie jetzt? Verschwanden die ohne eine vernünftige Erklärung einfach. Das war so was von ungerecht. Aber was hinderte ihn eigentlich daran, ebenfalls zu gehen? Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als er sich wieder in Bewegung setzte. Ein paar Schritte hatte er bereits hinter sich gebracht, als er ein weiteres Mal aufgehalten wurde. „Bleib hier, Kenzo. Glaub mir, das ist besser für dich.“ Alle sahen Tristan an. Der Braunhaarige starrte nach draußen, wo bis eben noch ihre Klassenkameraden zu sehen gewesen waren. „Seit wann hörst du denn auf das, was Kaiba sagt, Tristan?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, sprach Kenzo weiter. „Na, ist ja auch egal. Ich werde mir auf jeden Fall ansehen, was da los ist.“ Und nun trat er endgültig aus dem Zelt heraus. Verschwand zwischen den Zeltreihen und eilte auf das Grab zu. Im Zelt blickten die anderen durcheinander von Tristan zum Zeltausgang und wieder zurück. Zu gerne würden sie Kenzo folgen und herausfinden, was hier eigentlich los war. Aber Tristan hatte eben so ... warnend ... gesprochen, dass einigen ganz mulmig wurde. Schließlich siegte doch die Neugier. Sie folgten Kenzo. Kopfschüttelnd blieb Tristan noch einige Augenblicke sitzen, als der letzte nach draußen getreten war. Er konnte es ihnen noch nicht einmal verübeln, dass sie nicht auf ihn oder Kaiba gehört hatten. Er hätte ja selber nicht auf sich gehört, wenn er nicht gewusst hätte, was hier eigentlich los war. Joeys warnender Blick, den dieser ihn vorhin nach Kaibas Anfuhr zugeworfen hatte, hatte ihm richtig Angst gemacht. Angst vor dem, was nun passieren würde. Eigentlich wollte er es gar nicht wissen. Wollte nicht wissen, ob sich nun gerade vielleicht das Schicksal dieser Welt entschied. Kaiba hatte so ernst ausgesehen, als ob etwas Schreckliches geschehen wäre. Das Schlimmste, was Tristan sich momentan vorstellen konnte, war, dass das Grab und somit auch die übrigen Millenniums-Gegenstände für immer verloren waren. In diesem Fall wäre die Zukunft der Erde besiegelt. Mit einem frustrierten Stöhnen warf er den Kopf in den Nacken, fuhr sich mit den Händen einmal durch das Gesicht und stand schließlich auf. Alleine hier im Zelt zu hocken war ja auch Blödsinn. Da konnte er genauso gut zum Grab gehen. Auf dem Weg dorthin begegnete er den Mädchen. Aufgeregt miteinander schnatternd, bahnten sie sich ihren Weg durch die Zeltflut. Anscheinend wusste von ihnen auch keine, was hier passiert war. Kaum eine schenkte ihm Beachtung, als er zwischen sie trat und nach Tea Ausschau hielt. Nach einem Rundumblick entdeckte er sie etwas am Ende der Gruppe, wo sie still einen Fuß vor den anderen setzte und zu grübeln schien. Scheinbar ahnte sie irgendetwas ... Tristan blieb stehen und wartete ab, bis seine Freundin auf gleicher Höhe war. „Hey Tea“ sprach er das Mädchen an und riss sie so aus ihren Gedanken. Ihr Kopf fuhr überrascht hoch und der Blick, mit dem sie Tristan maß, war etwas in die Ferne gerückt. „Tristan“ murmelte sie schließlich. „Hast du eine Ahnung, was hier los ist?“ Als sie sein Kopfschütteln sah, wurde ihr Blick leicht betrübt. „Ich hab ein ganz komisches Gefühl bei der Sache ...“ „Nicht nur du. Kaiba hat sich ganz komisch verhalten und der Blick, den Joey mir zugeworfen hat, war auch ganz komisch. So als ob er mich vor irgendetwas warnen wollte.“ Während sie sich unterhalten hatten, waren sie am Sandloch angekommen. Die Jungs standen bereits an dessen Rand und unterhielten sich flüsternd. Die Mädchen verteilten sich zwischen diesen. Als Tristan und Tea einen Blick nach unten warfen, verstanden sie, warum die anderen so leise waren. Das Grab war freigelegt! Die Grube hatte einige Meter an Tiefe gewonnen. Das Gebäude war vollkommen vom Sand befreit. Die Sonnenstrahlen wurden vom Gestein reflektiert, das über die Jahrhunderte vom Sand glatt poliert worden war. Vor dem Gebäude tummelten sich einige Gestalten. Die Professoren, Meyer, einige der Arbeiter ... und auch die drei Auserwählten. Durch die Reflektionen konnte man allerdings nicht erkennen, was sie dort unten taten. Außer wagen Schatten konnte man im Allgemeinen nicht sehr viel erkennen. So sahen die Jugendlichen weder die Hieroglyphen, die um den Eingang herum eingemeißelt waren und eine eindringliche Warnung darstellten, noch die Abbildungen der drei Schattenmonster, die den Eingang bewachten. „Das ist einfach unglaublich“ kommentierte Professorin Turner dieses Phänomen. Als der Arbeiter ihr vor wenigen Minuten berichtet hatte, dass das Gebäude vollständig freigelegt sei, hatte sie ihm nicht glauben wollen. Wie hätte das auch gehen sollen? Niemand konnte so ein Wunder vollbringen! Dazu war das Grab einfach noch zu tief unter den Sandmassen vergraben gewesen. Und doch stand sie nun zusammen mit ihren beiden Kollegen vor eben diesem Wunder. „Da stimme ich Ihnen zu, Kollegin. Aber ich finde, wir können über dieses Phänomen später diskutieren. Momentan interessiert es mich mehr, was IN diesem Grab ist. Was wir dort vorfinden werden.“ Professor Junyo sah mit glänzenden Augen den Eingang an. Die Hieroglyphen konnte er nicht wirklich entziffern. Sie waren in genau demselben etwas merkwürdigen Schriftbild gehalten wie auch schon das Stück, was sie gestern gefunden hatten. Was stand dort bloß geschrieben? Vielleicht konnte es ihnen Aufschluss über den geben, der in diesem Grab beigesetzt worden war. Hinter ihm entstand Stimmengemurmel. „Was wollt ihr hier?“ hörte er einen der Arbeiter auf Arabisch fragen. „Ihr habt hier momentan keinen Zutritt.“ Doch eine Erwiderung vernahm der Professor nicht. Hätte ihn auch gewundert. Die einzigen Leute, die Arabisch verstanden und momentan im Lager waren, standen hier vor dem Eingang. Also würde sich wohl einer von ihnen dieses Eindringlings annehmen müssen. Verärgert drehte sich Professor Junyo synchron mit seinen Kollegen um. Wer wagte es da, sie zu stören? Verblüfft sahen sie auf die drei Jugendlichen, die sich ihren Weg durch die Arbeiter bahnten. Die kannten sie doch? Das waren doch genau dieselben, die gestern auch vor der Steintafel gehockt hatten. >Na wartet< dachte Junyo leicht wütend. Er hatte absolut nichts dagegen, wenn er einigen interessierten Schülern Einblick in diesen Beruf gewähren sollte. Aber wenn diese Schüler unerlaubt an Ausgrabungsgegenständen herumfummelten, hörte sein Verständnis auf. „Was soll das werden?“ fuhr er nun die drei Jugendlichen an. „Ihr habt hier nichts zu suchen!“ Doch auch auf ihn reagierten sie nicht. Seth warf ihm lediglich einen düsteren Blick zu, während Atemu stumm auf die Warnungen starrte. „Ihr, die Ihr nicht eingeladen wurdet, dieses Grab zu betreten, bleibt vor den Türen dieses Grabes zurück. Nur die Auserwählten dürfen eintreten. Nur Sie werden lebend an den Wächtern vorbeikommen, um das zu erhalten, wonach Sie suchen. Die ewigen Wächter, in Stein gefangen, schlafend, sind Sie doch nicht machtlos, beschützen Sie Ihre Herren. Ein jeder, der es doch wagen sollte, hier einzudringen, nehme sich vor der Strafe der Wächter in Acht“ wiederholte der Pharao einen Teil der Warnung. Die Warnung, die Unbeteiligte, sollten sie es wie auch immer geschafft haben, dieses Grab freizulegen, bevor es Zeit dazu war, davon abbringen sollte, dieses zu betreten. Die Blicke, die daraufhin auf ihn gerichtet wurden, bemerkte er gar nicht. Die verwunderten Blicke der Wissenschaftler, die nicht damit gerechnet hatten, einen der japanischen Schüler Arabisch sprechen zu hören. Und der scheinbar auch noch diese Hieroglyphen lesen konnte, wo sie kläglich gescheitert waren. „Alt und weise, mächtig und gütig, – Göttersöhne. Treu und freundlich, rein und stark, – ihr Begleiter. Beschützer dieser Welt. Bestritten Sie den Kampf, für die Zukunft aller.“ Atemus Hand hatte die Schriftzeichen nachgezeichnet, während er die Worte aussprach. Worte, die so viel Wahrheit und Schmerz enthielten. Doch nach Außen zeigte er keine Regung. Würde es hier um persönliche Gefühle gehen, hätte er die Welt schon längst ihrem Schicksal überlassen. Wieso sollte er sein Leben einem Kampf widmen, von dem er im Grunde nichts hatte? Dieser Kampf brachte ihm nur Leid und Schmerz. Wieder würde er von seinem Geliebten getrennt werden. Viel zu kurz war die Zeit, die sie miteinander verbringen durften. Zeit, die sie damit zubringen mussten, eine Welt zu retten, die scheinbar nicht gerettet werden wollte. Wie sonst war es zu erklären, dass Fawe zurückkehren konnte? Doch nur, weil die Menschen verlernt hatten, was es bedeutete zu leben. Der Blick aus violetten Augen suchte den Kontakt zu eisblauen Augen. In diesem Blick lagen der gleiche Schmerz und der gleiche Verlust wie in seinen. Doch nicht nur das. Sie beiden waren Göttersöhne. Hatten es sich nicht ausgesucht, als solche geboren zu werden. Mit dem Wissen ausgestattet zu sein, dass diesen Wesen eigen war – Wesen, die auf einmal einfach auf der Erde aufgetaucht waren. Eine Laune der Natur? Nun, davon hatte die Natur schließlich viele. Sie war es, die alles Leben hervorgebracht hatte. Menschen, Tiere, Pflanzen ... einfach alles. Und aus welchen Grund? Das wusste niemand. Welchen Sinn hatte ein Leben eigentlich? Man wurde geboren, lebte und starb. Hatte dies irgendeinen Zweck? Gab es irgendeine logische Erklärung dafür, dass die Menschen über diese Erde wandelten, sie mal zerstörten, dann wieder retteten? Bis jetzt hatte kein Mensch diesen Grund herausfinden können. Kein Gott hatte darauf eine Antwort geben können. Ebenso wenig wie das Schicksal. Nun, wenn es einen Zweck, einen Grund für ihr Hier sein gab, würde diesen wohl nur die Natur selber wissen. Ihnen blieb nur die Hoffnung. Hoffnung darauf, dass die Menschheit lange genug überlegte, um diesen Grund herauszufinden. Aber dafür durfte die Menschheit sich nicht selber auslöschen. Sie zettelten Kriege an, zerstörten die Erde immer weiter ... bald würde das Leben auf ihr unmöglich sein. Das musste aufgehalten werden. Und aus diesem Grund waren sie erschienen. Die Natur hatten den Menschen Wegweiser zur Seite gestellt. Sie sollten die Menschheit vor sich selber retten. Das war der Grund ihres Hier seins. [irgendwie hab ich dafür also doch noch eine halbwegs logische Erklärung aus dem Hut zaubern können ^^ Die hat mich einfach so überkommen] Das ironische war nur: auch wenn sie, die Göttersöhne, den Grund ihrer Existenz kannten, so waren sie im Grunde doch auch nur eine Laune der Natur. Ja, sie hatten Hoffnung. Neben all dem Schmerz und der Verzweiflung, dass sie schon wieder getrennt werden würden, hatten sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Menschheit irgendwann den Grund ihrer Existenz erkannte. Dass sie einfach nur ‚leben’ sollte. Denn erst wenn dem so war, würde Fawe keine Chance mehr haben, zurückkehren zu können und sie selber mussten nicht mehr kämpfen, konnten ebenfalls anfangen zu leben. Sich eine Zukunft aufbauen. Dafür kämpften sie. Und würden auch noch ewig kämpfen. Solange bis die Menschheit endlich aufwachte. So oft waren sie schon kurz davor gewesen, diese Wahrheit zu erkennen. Seitdem die Göttersöhne auf Erden aufgetaucht waren, hatten sie die Menschen immer wieder auf den richtigen Weg geführt, hatten ihre Gedanken in die richtige Richtung gewiesen – und doch ... Wieder und wieder hatte es Menschen gegeben, die davon nichts hören wollten. Die nur ihre eigenen Interessen verfolgten und es irgendwie geschafft hatten, diesen Anflug von ‚leben’ zu ersticken. Die Göttersöhne hatten über die Äonen von Jahren ihre Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Menschheit irgendwann stark genug sein würde. Stark genug, um sich von keinen selbst auferlegten Fesseln ihrer so genannten ‚Zivilisation’ mehr festhalten zu lassen. Dass sie diese Fesseln abstreiften und anfingen zu leben. Diese Hoffnung trugen sie alle in sich. Sie, einzigartige Wesen, eine Laune der Natur. Diese Hoffnung, die sie daran hinderte, zu verzweifeln. Viele gab es nicht von ihnen. Starben sie, so kehrten sie irgendwann wieder zurück. Manche mit dem Wissen um ihre Art, manche ohne dieses Wissen. Alle angetrieben von dieser Hoffnung, die sie in sich trugen und spürten. Aufgeben kam für sie nicht in Frage. Niemals. Nur wenn sie diese ‚Aufgabe’ erfüllten, konnten sie selber leben. Wenn die Menschheit anfing, ihre Existenz bewusst wahrzunehmen, würden sie, die Göttersöhne, nicht mehr gebraucht werden. Dann könnten auch sie endlich anfangen zu leben. Dann erst hätten sie eine eigene Zukunft ... „Weißer Drache. Herr der Flammen. Meister der Magie. Sie schützen, bewachen, über die Kräfte, zukunftsentscheidend. Ewige Wächter, treue Wächter. Hütet euch, die ihr nicht hierher gehört, vor ihrem Zorn.“ Atemu hatte den letzten Teil der Warnung vorgelesen. Stille hatte sich mit jedem Wort, das er ausgesprochen hatte, weiter ausgebreitet. Keiner wollte so recht glauben, was er da hörte. Zu unglaublich klangen diese Worte. Keiner konnte sich der Macht dieser Worte entziehen. So neutral Atemu auch gesprochen hatte, die Worte besaßen ihre eigene Magie. Ganz tief in sich drinnen spürten sie, dass sie eine tiefere Bedeutung hatten. Eine Bedeutung, die über ihre Zukunft entschied ... Von den Anwesenden rührte sich niemand, als Atemu sich dem Eingang zuwandte. Mit jeder Menge Steine und Geröll war dieser zugeschüttet. Die Wüste hatte zwar ihren Sand zur Seite räumen können, aber die riesigen Steine waren auch für sie zu schwer. „Hohepriester.“ Der Pharao hatte seinen undeutbaren Blick weiterhin auf den Eingang gerichtet. Der Angesprochene hob lediglich leicht seine Hände, konzentrierte sich und rezitierte im Geiste immer wieder dieselben Wörter herunter. Nur Sekunden vergingen, bis etwas geschah. Die Steine fingen an zu wackeln, das Geröll löste sich aus den Ritzen und rieselte gen Boden. Immer stärker bewegten sich die Steine. Bis sich der erste von seinem Platz löste. Wie von Geisterhand schoss er in die Luft und blieb in einigen Metern Entfernung liegen. Ein Fels nach dem anderen folgte ihm, kam mit einem leisen Knall auf dem Sandboden auf, wirbelte diesen auf. Mit Staunen beobachteten die Anwesenden dieses Schauspiel. Die Schüler und Schülerinnen oben am Rand der Sandgrube kreischten erschrocken auf, hoben reflexartig die Hände über den Kopf und duckten sich. Allen sagte der Verstand, dass das, was sie gerade sahen, physikalisch unmöglich war. Die ägyptischen Arbeiter murmelten leise vor sich hin, die Augen schreckgeweitet. Diese fliegenden Steine machten ihnen Angst. Und gleichzeitig spürten sie, dass sie ihnen nicht gefährlich werden würden. Unbewusst erinnerte sie dies alles hier an die Geschichte, die sie als Kinder immer von ihren Müttern erzählt bekommen hatten. Die Geschichte um den Kampf der Zukunft Ägyptens. Diese Geschichte, die sie mit ihrem Verstand für Unsinn erklärt hatten, die sie tief im Herzen aber glaubten. Weil sie zu ihrer Vergangenheit gehörte, zur Geschichte ihrer Heimat. Tief verwurzelt war dieser Glaube in ihrem Volk seit Jahrtausenden gewachsen, hatte Fuß gefasst und ließ sich auch nicht so leicht vertreiben. Ohne es zu merken, hatten die Göttersöhne so etwas wie ein Vermächtnis hinterlassen. Der Eingang war vom Geröll befreit, die Sonnenstrahlen fielen in den dunklen Gang, erhellten die ersten paar Meter von diesem. Doch außer ganz normalen Wänden war nichts zu erkennen. „Das ... das ist ...“ murmelte Professor Junyo fassungslos. Er konnte nicht glauben, was er gerade gesehen hatte. Das ging über seinen Verstand. Er war Wissenschaftler mit Leib und Seele. Realist, stand mit beiden Beinen im Leben. So etwas wie ... Magie – anders konnte er das hier gerade nicht beschreiben – existierte für sein Verständnis nicht. Für Magie gab es keine Beweise, keine logischen Erklärungen. Ebenso gab es keine logische Erklärung für das, was hier geschah. „Was geht hier vor?“ fuhr er die drei Jugendlichen ärgerlich an. Sie waren es, die gerade sein Weltbild gehörig auf den Kopf stellten. Erst die wundersame Freilegung des Grabes und jetzt durch die Luft fliegende Steine. Doch eine Antwort bekam er nicht. Professor Bern sah die ganze Sache etwas praktischer. Auch wenn er nicht an Magie und diesen ganzen Hokuspokus glaubte, so schloss er doch nicht von vornherein die Möglichkeit aus, dass etwas, wofür es keinerlei Beweise gab, auch nicht existierte. Schließlich glaubten auch genügend Menschen an Gott, ohne einen Beweis zu verlangen. Mit einem fast mitleidigen Lächeln quittierte er Junyos Reaktion. Das war meistens so. Die Menschen, die allzu sehr Realist waren, konnte man mit so einer kleinen Begegnung aus der Bahn werfen. „Hey“ drehte er sich zu den Arbeitern um. „Holt Fackeln her.“ Einige Sekunden vergingen, dann lösten sich zwei der Arbeiter und verschwanden Richtung Lager. Bern drehte sich wieder zu seinen Kollegen um. „Wir sollten das ganze praktisch sehen. Das Grab ist freigelegt und begehbar. Das sollten wir ausnutzen. Meinen Sie nicht auch?“ wandte er sich fragend an seine Kollegin. Die musterte ihn kurz, nickte schließlich. Die Sonne hatte ihren Lauf am Himmel nicht unterbrochen, stand inzwischen recht hoch. Ihre Strahlen reichten immer weiter in das Innere des Grabes. Ohne eine Erklärung in Richtung der Professoren betrat der Pharao das Grab. Gefolgt von seinem Hohepriester und dem Tempeldiener. Die Macht, die dieser Ort ausstrahlte, wurde immer spürbarer. Greifbarer. Breitete sich in ihren Körpern aus, Wärme breitete sich aus, Sicherheit. Nun war es zur Gewissheit geworden. Ihre Kräfte befanden sich in diesem Grab. Ihrem Grab! Die Auserwählten hatten das gefunden, was über die Zukunft der Menschheit entscheiden würde. Erschrocken sahen die Wissenschaftler mit an, wie die drei Jugendlichen das Grab betraten. Einfach so. „Nicht, ihr dürft da nicht einfach rein. Und auch noch ohne Licht“ wurde ihnen hinterher gerufen. Dies und noch andere Warnungen. Von weiter her erscholl eine weitere aufgeregte Stimme. „Mister Kaiba, Mister Muto. Kommen Sie sofort zurück! Mister Wheeler!“ Miss Hame kletterte in Begleitung von Mister Kano die Leiter herunter und versuchte, ihre Schüler aufzuhalten. Doch das hörten diese schon gar nicht mehr. Einen Fuß vor den anderen setzend, waren sie kurz davor, in die Dunkelheit einzutreten. Ihre Sinne waren ganz auf das konzentriert, was sie sahen, spürten. Und doch vernachlässigten Hohepriester und Tempeldiener ihre Pflichten nicht. Als Schritte vom Eingang her zu hören waren, blieben die beiden stehen und drehten sich um. Sahen mit unbeweglichem Blick zu den drei Wissenschaftler, die gerade im Begriff standen, ihnen zu folgen. Die Fackeln, die sie in den Händen hielten, brannten bereits und warfen Schatten an die Wände. „Bleibt wo Ihr seid“ hallte Seths tiefe Stimme durch den Gang. Brach sich an den Wänden und kehrte als leises Echo zurück. Die Wissenschaftler blieben stehen. Wie erstarrt. „Ihr habt die Warnung der Wächter gehört. Nehmt sie lieber ernst. Sonst könnte es Euch das Leben kosten.“ Warnend sah er die drei Menschen noch einmal an, dann drehte er sich um und wurde mit dem nächsten Schritt von der Dunkelheit verschluckt. Jono setzte sich rückwärts in Bewegung. „Bleibt von diesem Grab lieber fern“ flüsterte er, bevor auch ihn die Dunkelheit verschluckte. Am Eingang standen die vier Menschen und wussten nicht, wie ihnen geschah. Sie wollten einen Schritt nach vorne machen, doch irgendetwas hinderte sie daran. Eine undurchsichtige Mauer aus Glas schien sich vor ihnen aufgebaut zu haben und ließ sie nicht durch. Ihnen blieb also nur der Weg zurück. Raus aus dem Grab. Dort blickten die ägyptischen Arbeiter mit seltsamen Blicken das Grab an. Etwas in ihnen sagte ihnen, dass sie diese Warnung ernst nehmen sollten. Dafür hätten sie die Warnung des großen braunhaarigen Jugendlichen gar nicht gebraucht. Keiner von ihnen würde auch nur einen Schritt in dieses Grab setzen. Das bekamen auch die Wissenschaftler zu spüren, als keiner der Arbeiter auf ihren Befehl hin versuchen wollte, in das Grab zu gehen und diese Mauer einzureißen. Trotz der Dunkelheit um sie herum konnten sie alles wahrnehmen. Die Wände links und rechts, die Decke über sich. Der Gang, der immer weiter nach unten führte, kein Ende zu nehmen schien. Die Frage, wie dies möglich war, stellten sie sich erst gar nicht. Wenn das Grab von den Schattenmonstern erschaffen worden war, war hier praktisch alles möglich. Wie lange sie dem Gang folgten, wussten sie nicht. Die beinah gespenstische Stille um sie herum wurde nur von ihren Schritten durchbrochen, die sich an den Wänden brachen und als leise Echos verhallten. Je weiter sie vordrangen, desto tiefer schien die Dunkelheit zu werden und doch konnten sie alles erkennen. Niemals stießen sie irgendwo gegen. Der Gang führte immer nur geradeaus. Bis in der Dunkelheit etwas auszumachen war. Drei Paar hell glühender Augen starrten sie an. Die drei Auserwählten blieben stehen. Auch wenn sie keine Angst vor den Wächtern zu haben brauchten, mussten sie diese ja nicht herausfordern. Schließlich fand die ‚Prüfung’, ob sie die Auserwählten waren, erst jetzt statt. Jetzt, wo sie den Wächtern gegenüberstanden. Bis hierher hätte jeder vordringen können, ohne in Gefahr zu geraten. Wer aber an den Wächtern vorbei wollte ... Sie konnten die Risse erkennen, die in der Gegend um die Augenpaare in der Wand vorhanden waren. Risse, die sich immer weiter öffneten, so weit, das Stücke polternd zu Boden krachten. Immer mehr, bis schließlich die Wächter befreit waren. Staub wurde aufgewirbelt, erschwerte die Sicht etwas. Als sich der Staub wieder gelegt hatte, schwebten im Raum drei Gestalten. „Seid willkommen.“ Die drei Gestalten musterten die Eindringlinge genau. Erkennen machte sich in ihrem Blick breit. Der Flammenschwertkämpfer kniete sich auf den Boden, das Schwert mit der Spitze nach unten auf den Stein gestemmt. Der Magier kniete neben ihm, den Stab quer über den Knien liegend, den Kopf gesenkt. Der weiße Drache zog seine Schwingen an, senkte ebenfalls den Kopf. „Willkommen zurück, Herr“ sprach ein jeder von ihnen. Der Schwarze Magier hob als erstes seinen Kopf. „Ich muss gestehen, etwas überrascht bin ich schon, Euch wieder zu sehen. Es geschieht eher selten, dass sich Menschen aus einem früheren Leben wieder begegnen.“ „Nun, so wie es aussieht, haben wir unsere Aufgabe beim letzten Mal so gut gemacht, dass wir sie wieder übernehmen dürfen“ meinte Atemu leicht sarkastisch. „Auch wenn ich noch nicht weiß, ob ich darüber erfreut oder ärgerlich sein soll.“ Der Magier sah ihn fragend an. Erhielt aber außer einem traurigen Lächeln keine Antwort. „Führt Ihr uns zu den Millenniums-Gegenständen?“ Seth war neben seinen Pharao getreten und stellte die Frage, wegen der sie hier waren. Der Hohepriester spürte, dass Atemu momentan dazu nicht in der Lage war. „Aber sicher doch“ bejahte der weiße Drache die Frage seines Herrn. „Folgt uns.“ Die Schattenmonster setzten sich in Bewegung, weiter den Gang hinab. Die Auserwählten folgten ihnen, stiegen über Gesteinsbrocken und Staub hinweg. Weitere Minuten vergingen, in denen niemand ein Wort sprach. Je weiter sie den Gang entlang schritten, desto mehr breitete sich das goldene Licht aus. Es kam ihnen entgegen, wurde mit jedem Schritt kräftiger und machtvoller. Mit jeder Faser ihrer Körper spürten die Krieger, dass sie ihren Kräften näher kamen. Bald würden sie im Vollbesitz ihrer Macht sein. Dann könnte sie niemand mehr aufhalten. Die Elemente würden sich in ihrem Gefängnissen wieder finden und Fawe in seinem Käfig aus Nichts! Schließlich traten sie in einen großen Raum. Das Strahlen des goldenen Lichtes war hier besonders stark und hell. Es schien aus den drei Sarkophagen zu dringen, die hier aufgebart waren. Für den Bruchteil einer Sekunde mussten die Krieger ihren Augen schließen, so blendend wurde das Licht. Dann erlosch es fast ganz, nur noch ein Schimmer von Licht blieb im Raum zurück. Die drei Jugendlichen traten auf die Sarkophage zu. Zwei standen etwas näher an der Tür, der letzte in der Mitte hinter ihnen. Sie traten zwischen alle drei und wollten ihren Augen kaum trauen. In die Sarkophagdeckel waren ihre Gesichtszüge gemeißelt worden. Jeder war zu ‚seinem’ Grab getreten, betrachtete es mit gemischten Gefühlen. Ihre ehemaligen Körper konnten dort nicht mehr drinnen liegen. Nach fünftausend Jahren konnten sie nur noch aus Staub bestehen. Aber alleine das Wissen, dass diese Körper hier einmal gelegen hatten, trieb ihnen Schauer über den Rücken. Etwas unterhalb der gekreuzten Arme nahmen sie etwas wahr, was hier eigentlich nicht hingehörte. Ihre Hände wurden magisch dorthin gezogen und als sie mit den Fingerspitzen den kalten Stein berührten, erstrahlte das goldene Licht wieder. Die Sarkophagdeckel bekamen Risse, sprangen auf und in der Luft schwebten vier Gegenstände. Vor Atemus Augen befanden sich ein Puzzle und eine Kette in der Luft. Seths Hand hielt kurz vor einem Ring inne. Vor Joeys Nasenspitze drehte sich ein Schlüssel immer im Kreise. Nur hauchzart berührten sie die Gegenstände, trotzdem lösten sie sich in Luft auf. Ein leiser Knall ertönte, dann krümmten sich alle drei Körper wie unter einem Stromschlag zusammen. Die Bindung an die Schattenmonster war zurückgekehrt. Sie spürten die vertraute Präsenz alter Freunde. Sie mussten sich nicht mehr umdrehen und mit den Augen nach den anwesenden Schattenmonstern suchen. Sie konnten sie spüren. Spürten, dass die drei nahe dem Eingang standen und stumm dabei zusahen, wie sie ihre Kräfte zurückbekamen. Mit einem erleichterten Aufseufzen erhoben sich die drei Krieger wieder. Sie fühlten sich fantastisch. Synchron drehten sie sich um, blickten sich gegenseitig in die Augen. Alle wussten, was nun geschehen würde. „Möge der Kampf ein weiteres Mal beginnen!“ ~ Außerhalb der Pyramide hatten sich die restlichen Schüler und Schülerinnen in der Zwischenzeit ebenfalls in die Grube begeben. Standen vor dem Grab, in das sich keiner hineintraute und warteten darauf, das die Jugendlichen zurückkehrten. „Na wartet, wenn Ihr da wieder rauskommt, könnt Ihr was erleben“ murmelte Miss Hame vor sich hin. Sie war als Klassenlehrerin für ihre Schüler verantwortlich. Nicht auszudenken, sollte denen in diesem Grab etwas passieren! Mister Kano stand neben ihr und versuchte vergeblich, die aufgebrachte Lehrerin zu beruhigen. Ein paar Schritte weiter standen die drei Wissenschaftler und Meyer zusammen und redeten sich die Köpfe heiß. Alle waren sie empört darüber, das diese drei Halbwüchsigen es gewagt hatten, ihnen Vorschriften zu machen. Sie sollten nicht in das Grab gehen? Pah! Wo käme man denn hin, wenn man sich von Jugendlichen Befehle erteilen ließ? Aber um ins Grab zu gelangen, mussten sie diese komische Glaswand erstmal einreißen. Wie das aber anstellen? Und so komisch das jetzt auch klingen mochte: sie alle hatten Angst, wieder in dieses Grab zu treten. Keiner würde diese Angst zwar zugeben, aber sie war da. Ganz tief in jedem. Deswegen redeten sie ja auch, anstatt zu handeln. Die Schüler und Schülerinnen hatten sich in kleinen Gruppen um das Grab verteilt. Einige schwiegen, andere redeten sich die Köpfe heiß. Schimpften auf Wheeler, der sowieso immer nur Unsinn im Kopf hatte, Kaiba, den sie wegen seiner Arroganz noch nie gemocht hatten und Muto, den eigentlich noch keiner von ihnen richtig wahrgenommen hatte. Wüteten auf diese drei, wegen denen diese Reise bestimmt abgebrochen werden würde. Nicht dass sie das Arbeiten vermissen würden, aber die Woche Freizeit danach. Außerdem würden sie dann früher zurück in der Schule sein! Zwischen ihnen standen Tristan und Tea, die schweigend und sorgenvoll den Eingang des Grabes betrachteten. Sie hatten Angst, dass ihre Freunde nicht wiederkommen würden. Dass, sobald sie ihre letzten Kräfte hatten, Fawe hier auftauchen würde und der Kampf begann. Das würde das Ende ihrer drei Freunde bedeuten. Die einzige Frage, die blieb, war, ob sie es vor ihrem Ende schafften, Fawe einzusperren – oder nicht. Auch wenn keiner der drei dies jemals ausgesprochen hatte, so war ihnen beiden doch klar, dass es nicht anders sein konnte. Dieser Kampf würde alles andere als leicht und einfach werden. Sieger werden entweder Fawe oder die Menschheit sein. Aber die Auserwählten in jedem Fall die Verlierer. Das war so verdammt ungerecht! Wieso sollten die, die kämpften, für die Zukunft anderer kämpften, die Verlierer sein? Tea blickte ihren Freund an. „Was meinst du? Schaffen sie es?“ Tristan schwieg. Sah weiterhin nur den Eingang an. Tea wartete ab, ihr Blick wanderte über das Grab. „Sicher schaffen sie es, Tea.“ Seine Stimme hörte sich fest an. Und doch ... „Sie müssen es einfach schaffen“ murmelte er fast unhörbar hinterher. Es steckte mehr hinter diesem Kampf als die drei ihnen erzählt hatten. In diesem Kampf ging es um mehr als nur darum, die Welt vor Chaos und Angst zu schützen. Um viel mehr. Das spürten sie. Aber diesem Etwas einen Namen geben, das konnten sie nicht. Tea und Tristan hofften, dass sie diesen Grund irgendwann herausfinden würden. Dann würde der Kampf Fawe gegen Göttersöhne hoffentlich für ewig aufhören und die Göttersöhne konnten sich daran machen, ihre eigene Zukunft aufzubauen und nicht nur die der Menschheit zu retten. ~ Seit fast einem Monat saß er nun schon in diesem Versteck. Seit er befreit worden war, verbreiteten seine Elemente Angst und Schrecken auf der Erde. Er spürte die sich ausbreitende Pein, genoss sie regelrecht. Diese Höhle tief in den Bergen war oft von boshaftem Lachen erfüllt. Brach sich an den Wänden, hallte durch die kilometerweiten Gänge. Ein Mensch, der sich hierher verirrt hätte, würde denken, der Teufel höchstpersönlich sei anwesend. Kurz nach seiner ‚Wiederauferstehung’ hatte sich das Gefühl in ihm breit gemacht, dass ihm Gefahr drohte. Das auf Erden jemand war, der ihm gefährlich werden konnte. So hatte er seine Elemente auf die Suche nach diesem jemand geschickt. Und sie hatten ihn – oder vielmehr sie – gefunden. Fawe hatte ihnen aufgetragen, sie auszulöschen. Noch waren sie nicht stark genug, um eine wirkliche Bedrohung darzustellen. Lange würde es allerdings bestimmt nicht mehr dauern. Um dies von vornherein zu unterbinden, wollte er sie vernichten. Incendius und Stagnus schienen ihm dafür angemessen. Die beiden Elemente hatten die Kämpfer aufgesucht. Auch wenn sie der Ursprung aller Elemente waren, so waren sie doch in gewisser Weise auch von ihren schwächeren ‚Nachkommen’ abhängig. Hier, in dieser Zeit, waren die Elemente nicht gerade sehr reichhaltig vertreten, dementsprechend lange dauerte es auch, bis die Urelemente ihre ganze Kraft entfalten konnten. Deshalb hatten sie sich Marionetten geschaffen, wollten so die Krieger vernichten, wurden aber geschlagen. Und als ob das noch nicht genug wäre: diese drei Krieger waren genau dieselben, die ihn, den Herrn der Elemente, vor fünftausend Jahren besiegt hatten. Wie sehr er sie doch für das hasste, was sie ihm angetan hatten. Ihn wieder in diesen schrecklichen Käfig aus Nichts zu sperren, war schon schlimm genug. Er hatte bereits Ewigkeiten in diesem Teil verbracht und hatte kurz davor gestanden, wahnsinnig zu werden. Er hatte sich geschworen, es nie wieder so weit kommen zu lassen. Und was war passiert? Sie hatten es geschafft, ihn wieder einzusperren! Wenn es doch nur dabei geblieben wäre. Nein, sie mussten ja noch eine zusätzliche Sicherheitsvorkehrung anbringen. Diese vier Steine, ohne die sein Gefängnis nicht aufgebrochen werden konnte. Fawe hatte gespürt, dass die Krieger zwar nicht über alle ihre Kräfte verfügten, aber dennoch stark genug waren, um Incendius und Stagnus einzusperren. Um das zu verhindern, hatte er die beiden zurückgerufen. Ein Plan musste her. Ein Plan, wie er ihnen alles zurückzahlen konnte. Ein drittes Mal würde er sich garantiert nicht in den Käfig sperren lassen! Während seine Elemente auf Erden wütenden und Naturkatastrophen herbeiführten, brütete er hier vor sich hin. Hatte immer wieder nach den drei Kriegern gesucht, wie es mit ihren Kräften stand. Er musste einen Plan haben, bevor sie auf dem Höhepunkt ihrer Macht waren. Denn dann würde der Kampf ungleich schwieriger werden. Mit der Zeit nahm sein Plan Gestalt an. Immer klarer und klarer wurde, was er tun wollte, tun musste, um endlich über die Erde zu herrschen. Unheimliches Lachen scholl durch die Berge, breitete sich in dem Höhlensystem aus, wurde so durchdringend, dass es sogar die Felswände durchdrang und vom Wind weggetragen wurde. Urplötzlich spürte Fawe etwas. Eine starke Macht hatte sich in den Bereich seiner Wahrnehmung geschlichen. Sein Blick wurde starr. >Nein! Das kann nicht sein!< Der Schrei, der seine Kehle verließ, war noch durchdringender als sein Lachen vorher. Der Schrei wurde vom Wind getragen, war noch meilenweit zu hören. „Incendius! Stagnus! Terrenus! Caelus! Kommt her! SOFORT!“ Sogleich erschienen die vier genannten in der großen Höhle, knieten vor ihrem Meister. „Ihr habt uns gerufen, Meister“ drang Incendius Stimme durch den Nebel aus Wut und Hass, der sich über Fawes Geist gelegt hatte. Der Blick seiner roten Augen glühte vollkommen vor unterdrücktem Hass. „Sie haben ihre Macht zurück“ knurrte er ungehalten. „Sucht sie, sucht sie und bringt sie her. Wie ihr das macht, ist mir egal! Nur holt sie her!“ „Jawohl“ verschwanden die vier Elemente wieder und zurück blieb ein wütender Fawe. ~ Das Grab bewegte sich. Wackelte. Schien einzustürzen. Die erschrockenen Schreie der Anwesenden waren meilenweit in der Wüste zu hören. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)