Abschied von abgemeldet (Entscheidung) ================================================================================ Kapitel 1: Abschied ------------------- Abschied Es begann langsam, zögernd und mit einer solch brutalen Unaufhaltsamkeit, dass selbst er, der No-Life-King, sich ihr nicht entziehen konnte. Die Wahrheit... Er hatte viel erlebt in den fast sechs Jahrhunderten, in denen er nun schon auf der Welt existierte. Das Wort „leben“ empfand er persönlich als zu banal als dass er es benützt hätte. Sechs Jahrhunderte, sechzig Jahrzehnte oder einfach sechshundert Jahre und er hatte nur wenig von dem, was er bisher gesehen hatte, soweit an sein Innerstes herankommen lassen, dass es ihn berührte. Es gab eine Person, einen schwachen Menschen, für den er alles getan hätte. Für den er selbstlos einen Kampf gegen den Paladin verloren hätte, forderte sie ihn dazu auf. Und nun, mitten in einer eiskalten Dezembernacht, befand sich diese Frau in einem ungewinnbaren Kampf, den er niemals für sie bestreiten könnte, bestreiten durfte. Es war der Todeskampf der mittlerweile fast 94 Jahre alten Integral Fairbrook Wingates Hellsing. Seiner Herrin. Hin zu meiner Liebe durch verbotene Gärten streng wird sie bewacht, doch bleib ich unbemerkt Es war einfach zu schwer für ihn sich mit der Tatsache abzufinden, dass sie ihn verlassen wollte. Verlassen musste. Ohne Rücksicht auf das Drängen seines Meisters, auf das Flehen der Wachen oder den Befehl der Queen, ohne sich einer einzigen Macht im Universum unterzuordnen, manifestierte er sich direkt im Eingangsbereich der wieder aufgebauten Londoner Towers. Tief unter sich spürte er, wie die Kerze ihres Lebens langsam starb. „Hey! Sie da! Unbefugten ist der Aufenthalt in diesem Bereich verbot..“ Alucard ließ den Mann nicht zuende sprechen. Bevor er wusste, wie ihm geschah, hatte ihn die Kugel seiner Jackal seines Lebens beraubt. Stellte sich ihm eine Wache in den Weg, so musste unweigerlich mit ihrem Leben abschließen. Alucard nahm keine Rücksicht, weder auf das Flehen seines Meisters tief in seinem Kopf, auf das Flehen der noch Lebenden oder dem überaus beunruhigten Geist der Queen, weit weit weg von seinem Scharmützel, die wahrscheinlich gerade davon erfuhr. Hin zu ihr durch Tür und Tor, das Schloss versperrt, der Riegel vor doch schreit ich weiter vorwärts unverwehrt Der Weg war nicht weit. Obwohl er sich durchaus einen Dimensionstunnel zu ihrer Zelle hätte erschaffen können, bevorzugte er es, die Treppen und Gänge entlang zuschlendern. Er brauchte mehr Zeit um sich mit dem Gedanken bekannt zu machen, sie zu verlieren. Tief in seinem Innern wollte er diesen Gedanken erschießen, ihn auslöschen und einfach ignorieren, doch er konnte nicht. Es wäre ein Frevel der Frau gegenüber, der er geschworen hatte, sie zu schützen. Auf Treppen steig ich vor, durch dunkle Gänge schleichend noch unentdeckt mein Tun das Licht scheint zurück zu weichen vor mir Unmittelbar stand der hochgewachsene, rotgewandte Mann vor der Zellentür, die er nun schon so oft betrachtet hatte. Es waren nur wenige Zentimeter Stahl, die seiner Herrin ihre Jugend und ihren Lebensmut genommen hatten. So wenig konnte so viel bewirken, überlegte er. Türen sperrten Menschen ein, die sich befreien hätten können, die befreit hätten werden können. Kugeln zerstörten Leben, löschten sie unbarmherzig aus und sorgten meist für Trauer und Schmerz. Einen muttrunkenen Atemzug nehmend, den er nicht einmal benötigte, trat er über die Schwelle zwischen Freiheit und Kerker. Ich find sie schlafend in der Kammer ein süßes Kind, die holde Mein sie scheint zu frieren, sie zittert ich schleich mich in den Traum hinein Integral lag unter eine dicken Daunendecke, doch trotzdem konnte er das Zittern in ihrem Körper sehen; spüren; riechen. Der unverkennbare Geruch von Angst lag in der Luft. Seine Herrin hatte also Angst vor dem Tod. Leise trat er neben das Kopfende ihres Bettes. „Servant?“ Ihre Stimme klang gebrochen und von Schmerzen gepeinigt. „My Master...“, verklang seine Antwortformel fast ungehört in dem Raum, schallte ein wenig und taumelte von der Wand zurück an sein Ohr. Er hatte das Gefühl dass ebenfalls seine Stimme zitterte. Ein wenig, nicht zu sehr für den No-Life-King. „Was wirst du tun, wenn...“ Er strich unaufgefordert mit seinen Fingerspitzen über ihre Lippen, sondierte den feinen Stoff seiner Handschuhe als Störfaktor und zog sie auf. Dem weißen Stoff folgte ein roter Hut und eine getönte Sonnenbrille, die in der Dunkelheit einer Kellerecke das Licht der Deckenlampe unscheinbar brach. Ich muss jetzt gehn nur die Erinnerung bleibt hier Ich verspreche dir die Ewigkeit auf der andern Seite tief in mir ich muss gehen „Du hast niemanden hinterlassen, der mich kontrolliert.“ „Deine Knechtschaft ist beendet.“ Ein Husten schüttelte ihren schwächelnden Körper. Sie war so alt geworden, doch noch immer so bezaubernd als immer. Der Raum war erfüllt von ihrem Geist, ihrer Persönlichkeit und die altgewohnte, unbändige Stärke ging von ihr aus; gepaart mit der Weisheit des Alters, schien sie unumgänglich. „Ist sie das?“, fragte er unnötigerweise sadistisch grinsend. Auch im Angesicht ihres Todes konnte er seine Verhaltensweisen nicht ablegen. „Ich bin alt, Servant, so unerträglich alt. Und so schwach, wie ich niemals sein wollte. Es gibt niemanden, an den du gebunden bist, niemanden an den du dich je wieder binden wirst. Das weiß ich und damit werde ich sterben.“ Sie war sich durchaus der Doppeldeutigkeit ihrer letzten beiden Sätze bewusst und sie genoss es, endlich einmal das Lächeln aus seinen Zügen verbannen zu können. Abschied nehmn ein letztes Mal denn ich steh hier in Todesqual ich gebe ihr 'nen Hauch von Kuss und flüster dass ich gehen muss „Wenn“, flüsterte er kaum hörbar und ließ seinen Blick über ihren Körper gleiten, den er anziehend fand wie einst in ihrer Jugend. „Wenn meine Knechtschaft beendet ist, wenn es niemanden mehr gibt, der mir Einhalt gebietet, wird es niemals mehr jemanden geben, der mir Einhalt gebieten kann.“ Besonnen neigte Sir Integral ihr Haupt, deutete kaum noch fähig ein Nicken an. „Und wenn es“, sinnierte er weiter, „niemanden mehr geben wird, der mir Einhalt gebietet, werde ich das zerstören, was du so liebst.“ Es war durchaus überraschend ihn so reden zu hören, ihn, den schweigsamen Diener, der niemals mit offenen Karten spielte und so niemals verlor. „Und“, fügte er hinzu, „es gibt niemanden, der mich straft, für Dinge, die mir verboten sind.“ Ein Weile schwieg er, zog dann unvermittelt Walters Erbe aus seinen Taschen und lud beide durch. Die Casull richtete er auf das Haupt seiner ehemaligen Herrin, Jackall auf sein eigenes. „Es gibt niemand, der mich töten kann, denn niemand ist dazu fähig. Niemand außer mir selbst. Wähle, ich werde dir folgen.“ Berechnend zogen sich seine Mundwinkel nach oben und entblößten so den zweiten Weg, den sie gehen konnte. „Wähle, my Master.“ Eingefügter Songtext von Schandmaul - Abschied Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)