Forgotten Memories von Ryoken_ ================================================================================ Kapitel 3: The nightmare continues ---------------------------------- Kapitel 2 - The nightmare continues Seufzend stand Miku in der Küche. Sie machte sich Sorgen um Rei, immerhin hatte sie sie schon lange nicht mehr so niedergeschlagen erlebt. Auch das erneute Auftauchen des Stechpalmen-Tattoos gefiel dem Mädchen gar nicht. Kopfschüttelnd versuchte sie, sich keine Gedanken zu machen, zumindest jetzt noch nicht. Das Knarren der Treppe lies Miku aufsehen. Während sie zusah, wie Rei sich nun den am Tisch liegenden Briefen zuwandte, achtete sie nicht auf ihre Katze, welche in genau diesem Moment einige Gläser von der Abtropfplatte neben der Spüle herunterwarf. Erschrocken fuhren Rei und Miku zusammen, während sie nach der Ursache dieses Lärms suchten. „Ruri!“, bemerkte Miku schließlich das Tier, welches nun auf der Arbeitsplatte saß. Während das Mädchen ihre Katze schimpfend in den Vorraum beförderte, wandte sich Rei wieder den Briefen zu. Sie stellte fest, dass es sich um einen Auftrag und mehrere Rechnungen handelte. Schnell überflog sie den Auftrag, sie war freiberufliche Fotografin, und sah dann zu Miku, welche gerade wieder zur Tür hereinkam. Fragend sah die Jüngere Rei an, welche gezwungen lächelte. „Wir sollen ein altes Haus fotografieren. Die Fotos dienen dann zur Vorlage für einen Horror-Thriller. Dem Brief liegt eine Karte zu dem Haus bei, also machen wir uns besser gleich auf den Weg.“, erklärte sie. Einige Zeit später waren die beiden bereits auf dem Weg zu dem Haus, von welchem Rei Fotos machen sollte. Von Zeit zu Zeit sah Miku besorgt zu der Frau. Noch immer hatte sie ein äußerst ungutes Gefühl, denn was war, wenn die ganze Geschichte von neuem beginnen würde? Würden sie dem Fluch ein weiteres Mal entrinnen oder gab es diesmal vielleicht erst gar keinen Ausweg? „Miku? Ist alles in Ordnung?“, fragte Rei das Mädchen. Die Angesprochene schüttelte nur den Kopf und lächelte. Die junge Hinasaki war bemüht, Rei nichts von ihren Sorgen merken zu lassen. Weiterhin stumm durch die Frontscheibe des Wagens starrend, kamen Erinnerungen in ihr hoch. „Guten Morgen, Miku!“, rief ihr Bruder Mafuyu und grinste sie an, „Wenn du unbedingt über deinem Frühstücksmüsli einschlafen willst, dann bitte, tu es, aber ich glaube nicht, dass das eine sonderlich gute Idee wäre.“ Schlaftrunken sah seine Schwester ihn an und murmelte: „Und warum nicht?“ Erneut musste Mafuyu grinsen und merkte dann an, dass es vielleicht einfach besser wäre, es nicht zu tun. Kopfschüttelnd, und sich fragend wie man um diese Uhrzeit schon so fröhlich sein konnte, aß Miku weiter. „Ich fahre heute zu dem Haus, in dem Herr Takamine für seinen neuen Roman recherchiert.“, sagte Mafuyu. Auf die Frage seiner Schwester, wann er denn wieder zurückkommen würde, erwiderte er schulterzuckend: „Keine Ahnung!“ Angsterfüllt rannte Miku durch das Haus. Sie lief von Raum zu Raum, suchte einen Ausweg aus diesem Alptraum. Vergeblich rüttelte das Mädchen an manchen Türen, vergeblich suchte sie einen Weg hinaus. Immer wieder warf sie panische Blicke über die Schulter, um nachzusehen ob der Geist ihr folgte. Erschöpft lehnte sie sich schlussendlich an eine Wand. Das Mädchen rutschte zu Boden, schreckte jedoch sofort wieder hoch. Vor ihren Augen war ein junges Mädchen aufgetaucht. Jenes Mädchen war ein Geist und diese Tatsache bewegte Miku dazu, schnellstmöglich zu verschwinden. „Dein Bruder … er ging in diese Richtung.“ Die Stimme des kleinen Geistermädchens war kaum mehr als ein Flüstern, doch Miku verstand jedes Wort. Schnell fuhr sie herum, und sah gerade noch, in welche Richtung der Geist gezeigte hatte, ehe er verschwand. „Mafuyu …“ Das Mädchen bewegte sich langsam in die Richtung, in welcher sich ihr Bruder befinden sollte. Der Boden knarrte laut unter Mikus Füßen und die junge Hinasaki hatte ihre Kamera Obscura griffbereit. Vorsichtig öffnete sie eine Tür, hinter der sie Geräusche vernahm und daher das Geistermädchen dahinter vermutete. Zögernd trat Miku in den Raum, der größtenteils von einer Blende eingenommen wurde. Hinter dieser Blende hörte sie jemanden, sie vermutete das Mädchen von vorhin, weinen. Links von sich sah Miku Hinasaki eine Treppe, welche in das Obergeschoss des Zimmers führte. Sie wollte schon hochgehen, als sie das Geistermädchen erneut sah. Unweit neben der hochführenden Treppe befand sich ein kleiner Treppenabgang. Das geisterhafte Kind bedeutete Miku, ihr zu folgen. Langsam tat Miku wie geheißen und stieg die Treppen hinab. Knarrend öffnete sich die Tür und das Mädchen sah sich um. Von dem Geist war keine Spur mehr zu entdecken, genauso wenig wie von Mafuyu, Mikus Bruder. Vor der Hinasaki baute sich etwas wie ein Altar auf. Miku trat näher heran, um gleich darauf zurückzuschrecken. Sie hatte ein Geräusch vernommen, welches anscheinend von über ihr gekommen war. Zitternd vor Schreck blickte sie nach oben und stieß einen kleinen Schrei aus. Einen knappen Meter über ihr hing ein großer Käfig, in welchem eine junge Frau gefangen war. Teilnahmslos saß sie da, nahm keine Notiz von Miku oder dem Knarren ihres Gefängnisses. Der Hinasaki war, als könnte sie ein leises Murmeln vernehmen, dennoch sicher war sie sich nicht. Angsterfüllt aufblickend ging Miku Schritt für Schritt zurück, aus diesem unheimlichen Raum heraus. Kaum war die Tür hinter dem Mädchen zugefallen rannte sie so schnell sie konnte. Ihr Ziel klar vor Augen, wollte sie nur noch einen Ausgang finden. Dies war leichter gesagt als getan, den Miku verirrte sich immer mehr in den Gängen des Hauses. Mehr als einmal schien es ihr, als würde sie jemand verfolgen. Sooft sie jedoch einen Blick zurück riskierte konnte sie niemanden entdecken, auch nicht mithilfe der Kamera Obscura. Verzweifelt schritt das Mädchen energischer aus. Es musste doch einen Ausweg geben, es musste einfach einen geben! „Aaaah!“ Ein Aufschrei gellte durch das Haus. Zitternd saß Miku auf dem Boden, sah zu den Balken über ihr. Gerade eben war eines der daran befestigten Seile heruntergefallen. Es hatte das Mädchen nur gestreift und doch war es so plötzlich gekommen, dass Miku für eine kurze Dauer einfach sitzen blieb und versuchte, diesen kleinen Schock einigermaßen zu verarbeiten. Miku befand sich in einem langen Gang, dessen Decke voller Balken war, an welchen unzählbar viele Seile hingen. Hinter ihr befand sich ein großer Spiegel, dem sich das Mädchen jetzt vorsichtig näherte. Schritt für Schritt trat sie vor, dem Spiegel immer näher kommend. Sie hob ihre Hand, berührte leicht das Glas jenes Spiegels und atmete erleichtert aus. Da war nichts weiter als ihr eigenes Spiegelbild zu sehen. Sie wollte sich schon abwenden, doch dann sah sie etwas, dass ihr das Blut in den Adern gefrieren lies. Plötzlich aufgetaucht war ein ganz anderes Bild. Aus dem Spiegel heraus kam eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren auf sie zu. Sie trug einen weißen Kimono und hielt den Blick gesenkt. Langsam näher kommend, verließ sie den Spiegel. Ohne einen Laut bewegte sie sich auf Miku zu, welche sich starr vor Schreck nicht zu bewegen vermochte. Geräuschlos verstrichen Sekunden über Sekunden, bis Miku die leise Stimme des Geistes vernahm: „ The ropes … the ropes …“ Mit einem Schrei wachte das Mädchen auf. Sofort bremste Rei und sah Miku erschrocken an. „Was ist denn los?“ , fragte die Ältere besorgt. Tief durchatmend realisierte Miku, das sie nur geträumt hatte. Es war ein Traum jener Art, die ihr nicht unbekannt waren. Vor geraumer Zeit waren ihre Nächte durchzogen von all dem Horror, welcher ihr in diesen Träumen widerfahren war. Nächtelang war sie durch dieses Haus gegangen, das Haus des Schlafes, und doch erinnerte sich nichts mehr an die Himuro-Villa, als dieses Traumgebäude. Jene Träume waren allerdings seit langem verschwunden. Keine geisterhaften Wanderungen durch ein nichtexistentes Haus, keine schmerzhaften, Tattoo - ähnlichen Blutergüsse mehr, alles hatte aufgehört. Bis jetzt. Es sah ganz danach aus, als würden diese nächtlichen Horror-Visionen wiedergekehrt sein. Stunden zuvor sorgte sich Miku um Rei, nun war auch bei ihr selbst die Stechpalmentätowierung wieder aufgetaucht. Zitternd besah Miku ihre Arme, welche die dunkelblauen Zeichnungen aufwiesen. Schließlich sah sie zu Rei auf, der die Sorge ins Gesicht geschrieben stand. „So … Sollen wir umkehren?“, fragte die Erwachsene mit brüchiger Stimme. Unentschlossen blickte die Jüngere durch die Frontscheibe des Wagens. „Nein …“. Mikus Stimme war kaum ein Flüstern, sie zitterte vor Angst, doch als sie zu Rei aufblickte lag etwas Entschlossenes in ihren Augen. Rei verstand. Sie kannte Miku mittlerweile lang genug um zu wissen, dass das Mädchen sich von diesen Träumen nicht einschüchtern ließ. Verhindern konnten sie sie ohnehin nicht, was bedeutete sich damit abfinden zu müssen. Weiterhin besorgt fuhr Rei erneut los. Zu ihrem Glück befanden sie sich zurzeit auf einer alten, kaum befahrenen Landstraße irgendwo mitten im Nirgendwo. So gab es keine Probleme, da Rei Kurosawa immerhin gerade eben mitten auf jener Straße geparkt hatte. Miku saß nachdenklich neben ihr, die besorgten Blicke, die die Ältere ihr immer wieder zuwarf kaum beachtend. Verzweifelt rüttelte Mio Amakura an dem großen Tor, welches sie von ihrer Schwester trennte. Vor kurzem war sie noch einem purpurfarbenen Schmetterling folgend durch diese gelaufen, doch aus unerfindlichen Gründen fand Mio dieses Tor nur verschlossen vor. „Verdammt …!“ Das Mädchen lehnte sich mit dem Kopf an das aus Holz bestehende Tor. Verwirrt und verärgert. Was sollte sie jetzt nur machen? Die Tür, welche sie von ihrer Schwester trennte war verschlossen, daran bestand kein Zweifel. Ohne auch nur im Entferntesten nachzudenken war Mayu Amakura losgerannt. Sie hatte ihre Zwillingsschwester Mio rufen gehört, nicht aber den Inhalt verstanden. Nur lose Worte die sie nicht interessierten. Alles was im Augenblick wichtig war, war diesem Schmetterling zu folgen. Sie fühlte eine intensive Verbundenheit, die so stark war, dass es fast schon wehtat. Die Schmerzen in ihrem Bein ignorierte Mayu, auch wenn es nicht ganz so einfach war. So schnell sie konnte kam sie dem Schmetterling hinterher. Das Mädchen hatte nur noch Augen für diesen. Sie bewegte sich direkt auf ein großes, hölzernes Tor zu. Als der Purpur-Schmetterling darüber hinwegflog überlegte Mayu nicht lange und schritt durch das Tor. Die verzweifelten Rufe ihrer Schwester hinter ihr nahm sie nicht mehr wahr. Leicht zuckte Mayu zusammen, als das schwere Tor hinter ihrem Rücken zufiel. Beunruhigt blickte sie die lange Brücke vor ihr entlang. Erst zögernd, dann doch etwas zügiger schritt das Mädchen auf das Haus hinter der Brücke zu. Die Brücke, alt und morsch wie sie war, knarrte unter Mayus Füßen und die Zwillingsschwester Mios beeilte sich, das andere Ende jener zu erreichen. Erleichtert atmete die junge Japanerin aus und besah sich das Haus nun von nahem. Es wirkte alt und alles andere als vertrauenserweckend und doch so altbekannt, was sich Mayu nicht erklären konnte. Aber es war nicht das Bekannte, das sie in dies Gebäude lockte, es war etwas anderes, unerklärliches. „Masumi … Masumi wo bist du?“ Jemand schluchzte in der Dunkelheit. „Masumi … Masumi wo bist du?“ Immer und immer dieselben Worte. „Ich vermisse dich … komm zurück …“ Die langen, schwarzen Haare bedeckten das Gesicht der Person. „Warum, Masumi?“ Es schien eine zierliche Frau zu sein, allein gelassen von jenem, den sie liebte. Zitternd presste sie ein Notizbuch an sich und murmelte vor sich hin. Murmelte in die Dunkelheit, von niemandem gehört. Tränen rannen ihr Gesicht hinab, von niemandem gesehen. Das Wimmern, welches sie zeitweise von sich gegeben hatte verstummte nun ganz. Stille, nur noch Stille. Alles war ruhig, kein Geräusch war mehr zu hören. Kein Laut störte diese Stille. Nichts. Weder Treppen, die unter niemandes Schritten knarrten, noch Luftzüge die eventuell ein Geräusch verursachen könnten. Keine Geräusche, die offenbarten, dass die Frau nun wieder in ihr Notizbuch schrieb. Das Kratzen des Schreibgerätes war seit langem verstummt. Ein Schrei gellte durch die ewig anhaltende Nacht: „MASUMI WO BIST DU?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)