Caught in a Timeless Trap von Saedy (Neu: Variante 2) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Disclaimer: Yu-Gi-Oh! gehört nicht mir sondern Kazuki Takahashi und ich verdiene auch kein Geld hiermit. Als er diesmal auf dem Schulhof an mir vorbeilief - ich hätte schwören können, dass sein funkelnder Blick, der mich wie jeden Tag, als eine absonderliche Form der morgendlichen Begrüßung, streifte - irgendwie anders wirkte, als sonst. Dieser Blick schien etwas von dem herausfordernden Funkeln verloren und einem Touch von Traurigkeit Platz gemacht zu haben. Bildete ich mir das nur ein, oder war dem wirklich so? Auf jeden Fall hatte ich es satt, ich hatte es satt, dass er jeden Morgen an mir vorbeilief und mir nur diesen einen, zwar sehr intensiven, aber dennoch viel zu kurzen, Blick schenkte. Es machte mich wütend, verdammt wütend, dass er mich nur bei den viel zu selten stattfindenden Duel-Monsters Turnieren länger als eine Sekunde beachtete. Was bildete er sich eigentlich ein? Ich kniff die Augen zusammen, als ich ihm hinterher blickte, wie er gerade durch die Tür des Schulgebäudes schritt, die hinter ihm zufiel. "Na komm schon, Alter! Beachte den Arsch doch gar nicht!", legte mir jetzt Jonouchi eine Hand auf die Schulter. "Der ist es doch gar nicht wert!" "Hm", machte ich nur. Wahrscheinlich hatte mein blonder Freund Recht, aber irgendwie ließ mich der Gedanke an Kaibas Missachtung mir gegenüber nicht mehr los. Gut, er missachtete alle Leute um sich herum, mit Ausnahme seines kleinen Bruders. Und ich hatte es auch schon geschafft, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Zu meinem Bedauern galt dies aber nur, wenn ich ihm Mal wieder bei dem Versuch in die Quere kam, seinen Titel als Duel-Monsters Weltmeister wieder zu ergattern. Und dies ging mir gewaltig gegen den Strich. Verdiente ich nicht auch so seine Aufmerksamkeit? War ich sie als Mensch nicht würdig, sondern nur als sein Rivale? Nun, wir werden ja sehen! Ruckartig riss ich mich von Jonouchis Hand los und marschierte auf die Schultür zu, als wäre sie der Rachen eines Monsters, das besiegt werden musste. Eine herrliche Idee, dass ich hier nun sitzen musste und wieder zur Schule ging. Wirklich herrlich. Zum Glück hatte ich durch die lange Zeit, die ich mit Yugi einen Körper geteilt hatte, wenigstens Japanisch gelernt, sonst wäre ich jetzt wohl völlig verloren. Konzentrieren konnte ich mich heute nicht so wirklich und seufzte leicht, während ich einen Bleistift zwischen meinen Fingern drehte und mein Kinn auf die Hand stützte. Nachdenklich blickte ich aus dem Fenster, vorbei an Yugis Kopf, der sich fleißig auf die Matheaufgabe konzentrierte, die wir erledigen sollten. Der Wind zog sanft durch die Blätter und Zweige des Baumes, der auf dem Schulhof stand und während ich so vor mich hin träumte, wurde ich doch ein wenig müde, wie ich zugeben muss. Dabei kam mir unwillkürlich wieder Kaibas allmorgendlicher "Begrüßungsblick" in den Sinn, den man auch mit einem blauen Dolch hätte vergleichen können. Als ob er mich jeden Tag aufs neue daran erinnern wollte, dass er mich bald besiegen würde. Dabei war ich mir allmählich gar nicht mehr so sicher, ob es ihm nur noch um Duel-Monsters und seine Ehre ging. Er schien fast besessen, ließ einfach nicht locker. Es war dieses Feuer in seinen Augen, das mich irritierte, so, als wollte er mir noch etwas ganz anderes sagen. Doch immer, wenn ich ihn darauf ansprach, leugnete er und tat, als wäre nichts und ich hätte eine zu wilde Fantasie. Aber ich wusste ganz genau, dass er mich anlog, ich sah es in seinen Augen. Da gab es etwas, das er mir um keinen Preis erzählen wollte. Diese Tatsache aber, machte mich nur noch neugieriger. Ich musste einfach herausfinden, was mit ihm los war. Jedes Mal, wenn er mir diesen Blick zuwarf, fühlte ich ein Kribbeln in meinem Körper, das mir ganz deutlich mitteilte, dass es ein Geheimnis hinter diesen blauen Augen zu entdecken gab. Und ich würde es lüften! Nach dem Unterricht schritt ich langsam an einer Steinmauer, an der Efeu rankte und hinter der sich Bäume in die Höhe reckten, entlang. Yugi war schon längst voraus gelaufen und auf dem Weg nach Hause zu seinem Großvater. Auch meine anderen Freunde waren schon viel weiter von der Schule entfernt als ich. Ich hatte zu Yugi gesagt, ich wolle noch ein wenig durch die Stadt und den Park spazieren, um nachzudenken und frische Luft zu schnappen. Kaiba war mir in der Schule mal wieder aus dem Weg gegangen und ich hatte keine Chance gehabt, ihn zur Rede zu stellen. Diese Sache ärgerte mich mit jedem Tag mehr. Mit energischen Schritten lief ich weiter an der hellen Steinmauer entlang Richtung Park, die Hände in den Hosentaschen der Schuluniform. Als ich im Park ankam, lief ich weiter, auf den kleinen, klaren See zu, in dem sich Enten und Schwäne räkelten und sonnten und nach etwas Essbarem Ausschau hielten. Langsam ließ ich mich am Ufer nieder und setzte mich auf den Boden, ganz nah am Wasserrand, ohne darauf zu achten, dass meine Hose sicher schmutzig werden würde. Ich verdrängte den Gedanken, dass Yugis Großvater sicher einen Aufstand deswegen machen würde und legte meinen Kopf in meine Hände, während ich meine Ellenbogen auf den Knien abstützte. Eine warme Brise fuhr mir durch die Haare und ich seufzte leicht. Ein seltsames Gefühl der Sehnsucht erfasste mich, das ich mir nicht so recht erklären konnte. Das Wasser schwappte in gleichmäßigem Rhythmus ans Ufer und das Geräusch, sowie diese Atmosphäre ließen mich schläfrig werden. Ich döste vor mich hin, als mir wieder diese stechend blauen Augen in den Sinn kamen. Was wollte Kaiba mir nur damit sagen? Wollte er überhaupt etwas sagen? Oh, ja, da war ich mir ganz sicher. Ich schreckte aus meinen Träumereien hoch, als ich ein leises Flüstern vernahm. Ich blinzelte und wischte mir den Schlaf aus den Augen. Wer flüsterte da? Es schien aus Richtung des Sees zu kommen, doch dort war niemand zu sehen, so sehr ich die andere Seite auch absuchte. Deshalb drehte ich mich herum, um festzustellen, ob mir meine Ohren einen Streich spielten. Doch auch hinter mir war niemand zu entdecken. Komisch, jetzt wo ich daran dachte, der Park war außergewöhnlich leer. Ich wandte mich wieder dem Wasser zu und immer noch drang das leise Flüstern, fast einer Melodie gleich, an meine Ohren. Ich legte die Hand ans Wasser und schauderte, denn es war außergewöhnlich kalt. Eine kleine Welle schwappte mir entgegen und benässte auch meinen Ärmel. Plötzlich schlang sich etwas um mein Handgelenk und zog mich ruckartig ins Wasser. Mir wurde eiskalt und ich prustete, versuchte verzweifelt, der Umklammerung zu entkommen. Stattdessen wurde ich immer tiefer gezogen, tief unter Wasser. Ich schnappte in Panik nach Luft und erstaunlicherweise stellte ich fest, dass ich atmen konnte. Wie war das möglich? Ich blickte mich um und betrachtete die lange grüne Ranke, die meinen Körper fest umschlungen hielt. Ich kämpfte gegen das Ding an, doch je mehr ich mich wehrte, desto fester schlang sie sich um mich und wickelte sich weiter um meinen Körper, bis ich mich gar nicht mehr rühren konnte. Panisch blickte ich mich um und fragte mich, was mich jetzt noch retten könnte. In diesem Moment fühlte ich zwei Arme, die sich um mich schlangen und die Ranken von mir streiften, als wäre es ganz einfach. Ich drehte mich in diesen Armen um, doch bevor ich meinem Retter ins Gesicht sehen und ihm danken konnte, schreckte ich hoch und blickte mich irritiert um, bevor ich registrierte, dass ich nur geträumt hatte und nach wie vor friedlich am Ufer des Sees saß. Nun gut, ich lag vielmehr, wie ich zugeben muss. Außerdem hatte der Wind zugenommen und dafür gesorgt, das nicht nur meine Füße, sondern auch meine gesamte Hose, samt Hintern durchnässt waren. Schöne Bescherung. Opa Mûto würde noch viel begeisterter sein. Es dämmerte bereits und würde bald dunkel sein. Ich klopfte und schüttelte die Hose, aber es half nicht viel. Schließlich machte ich mich auf den Weg nach Hause zu Yugi. Jedenfalls hatte ich es vor, als ich hinter mir ein spöttisches Lachen vernahm, welches mir nur allzu bekannt vorkam und ich im Moment wirklich nicht gebrauchen konnte. Grimmig drehte ich mich um und erblickte einen Seto Kaiba, der sich köstlich über mein Missgeschick amüsierte. "Tja, baden will gelernt sein! Außerdem wundere ich mich, dass du dich neuerdings auf das Niveau deines Schoßhundes Jonouchi begibst und wie alle anderen Hündchen im See badest." Grimmig ballte ich die Hände zu Fäusten und verstand für einen Moment, warum Jonouchi des Öfteren den Drang verspürte, Kaiba eine reinzuhauen. Doch ich konnte mich zum Glück beherrschen und entgegnete scheinbar unberührt: "Dir auch einen schönen Abend, Kaiba!" "Hm", machte er nur, als ich an ihm vorbeiging und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sich seine Blicke an mir festhefteten. Als ich schon fast meinte, ihn hinter mir gelassen zu haben, holte er mich ein und schritt nun neben mir. "Lust auf einen Ausflug?", warf er mir plötzlich entgegen, als wäre das etwas Alltägliches. Abrupt blieb ich stehen und starrte ihn an. "Bitte?", fragte ich halb grimmig, halb überrascht. "Ja", ein unergründliches Lächeln zierte nun seine Lippen. "Es gibt da etwas, das ich dir zeigen möchte." Nun war ich doch neugierig und fragte mich, was so wichtig wäre, dass er seinen ärgsten Rivalen dabei haben wollte. Nun, das wäre immer hin die Gelegenheit herauszufinden, was mit ihm los war. "Und das wäre?" "Eine Überraschung. Du wirst es erst erfahren, wenn du dort bist. Allerdings ist es ein etwas weiter Weg bis dahin und du tätest gut daran, dich erst mal umzuziehen. Deine Hose ist ja etwas, nun ja, feucht." Ein amüsierter Blick auf meine Hose folgte. Ich brummte leicht. "Was du nicht sagst." Ich wandte mich um. "Du kannst dich bei mir umziehen, etwas von Mokubas neuen Sachen dürfte dir passen, er ist in letzter Zeit nämlich ganz schön gewachsen, musst du wissen." Er lachte leicht. Ich war überrascht, weshalb war er auf einmal so freundlich und bot mir die Sachen seines Bruders an? "Danke, aber ich kann auch schnell zu mir nach Hause und mich umziehen." "Wie du meinst. Aber damit das schneller geht, nehme ich dich besser in meinem Wagen mit." "Danke", wiederholte ich verblüfft und blickte zu ihm hinüber, um herauszufinden, was dieses sonderbare Verhalten zu bedeuten hatte. Doch Kaibas Blick, den er stur geradeaus gerichtet hatte, während ich ihm folgte, verriet nichts. Wir kamen bei seinem Auto an und ließen uns von seinem Chauffeur zu Yugis und meinem Zuhause bringen, wobei ich den Sitz des Wagens leider ziemlich nasstriefte. Ohne ein weiteres Wort gewechselt zu haben, kamen wir vor dem Spieleladen zum stehen und ich machte mich daran, mir drinnen frische Sachen anzuziehen, während Kaiba draußen wartete, da er sich geweigert hatte, mit hinein zu kommen. Währenddessen überlegte ich zusammen mit Yugi laut, was Kaiba wohl von mir wollte, bevor ich wieder nach draußen ging und in den Wagen einstieg, was er mit einem "Na endlich!" quittierte. Ich schüttelte den Kopf. Wir fuhren eine Weile, bis wir zum Stadtrand kamen. Inzwischen war die Sonne ganz untergegangen und die Nacht wurde nur noch von einigen Laternen erleuchtet, da wir eine ziemlich einsame Landstraße erreicht hatten. Ich verkniff mir die Frage, wohin es ging, denn Kaiba wollte mich ja ausdrücklich überraschen und würde sicher nicht antworten. Allmählich wurde ich wirklich ziemlich neugierig. An einem verlassenen Wegesrand, neben uns nur weite Felder und einige Bäume, ließ er den Fahrer schließlich anhalten und stieg aus. Ich folgte ihm und sah mich um. Weit und breit war nichts besonderes zu entdecken. Ohne ein Wort schritt Kaiba los und es war klar, dass ich ihm folgen sollte. Er verschwand hinter einigen Büschen und Bäumen. Hier war es ziemlich finster und ich fragte mich immer mehr, was das alles sollte. Schließlich hörte ich etwas knarren und sah eine Lampe aufleuchten. Dort stand Kaiba mitten in der Tür einer alten Hütte und bedeutete mir, einzutreten. Drinnen sah dieser Schuppen auch nicht besser aus. Überall waren Spinnweben verteilt und Staub und Schmutz türmten sich geradezu in jedem Winkel. Mit auf der Brust verschränkten Armen blicke ich mich argwöhnisch um. Kaiba lächelte erwartungsfroh, als er, nachdem er eine Öllampe auf dem Tisch angezündet hatte, eine Falltür am Boden aufklappte, wo eine Leiter in den Keller führte. "Nach dir!", grinste er mich an, während er hinunter zeigte. "Kaiba, deine Wohnung hat schon mal besser ausgesehen", ließ ich vernehmen, machte aber keine Anstalten, dort hinunter zu gehen. "Was? Angst?", spöttelte er weiterhin grinsend. Ich zog eine Augenbraue hoch und zeigte ihm damit, wie lächerlich ich das ganze fand. "Kaiba. . ." "Nun, dann gehe ich eben zuerst", sprach' s und stieg die knarzenden hölzernen Stufen hinab. Das Loch war ziemlich eng, für einen großen Jungen wie ihn und er streifte dabei sämtliche Spinnweben und allen Staub von der Umgebung mit seinem blauen Mantel ab. Als er mit einem lauten Poltern unten angelangt war, wurde meine Neugier doch groß genug, dass ich ihm folgte. Langsam stieg ich die Stufen hinab und blickte mich im Schein der Taschenlampe, die Kaiba hielt, um. Hier standen einige alte Kisten herum, ein vollkommen zerlöchertes und verkommenes Sofa, dessen rote Farbe kaum noch zu erkennen war und ein ebenso alter Tisch mit zwei wackeligen Stühlen daneben. Nichts besonderes für eine alte, morsche Hütte, also. Ich blickte Kaiba wütend an. Was sollte das Ganze? Doch ehe ich dazu kam, die Frage laut auszusprechen, wandte er sich einer Kiste zu und klappte den Deckel auf. Er kramte kurz darin herum zog dann etwas heraus, das mir ganz nach einer goldenen Uhrkette aussah. Im Gegensatz zu den anderen Dingen sah sie gar nicht schmutzig aus, sondern funkelte und glänzte. Natürlich, er musste schon mal hier gewesen und diese Kette entdeckt haben. Mit einem Lächeln trat er jetzt auf mich zu und legte mir die Kette um den Hals. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah, deshalb rührte ich mich erst mal nicht und ließ ihn machen. "Schön, schön!", sprach' s schließlich und musterte mich kritisch. "Kaiba, was. . .?", brachte ich schließlich hervor. Diese Sache wurde mir langsam nun doch unheimlich. Am Unheimlichsten war dabei Kaibas Verhalten. Statt eine Antwort zu geben, umfasste er die goldene Uhr, die nun an meinem Hals hing und klappte sie auf. Das Zifferblatt fluoreszierte unnatürlich; die Uhr war natürlich stehen geblieben. Er drehte am Rad an der Seite und zog sie auf. Als er fertig war, drückte er einen anderen Knopf und lächelte. "So, fertig", erklärte er. Abermals setzte ich zu der Frage an, was das Ganze sollte, als sich plötzlich alles um mich herum zu drehen begann. Die Umrisse der Hütte wurden noch undeutlicher, als sie durch die Dunkelheit ohnehin schon waren und verschwammen fast gänzlich. Für einen Moment sah ich nur Schwärze und blinzelte. Im nächsten Augenblick wirkte alles wie neu. Das Sofa wies keine Löcher mehr auf, war kein bisschen mehr schmutzig, sondern glänzte geradezu, jeglicher Dreck und Staub, sowie alle Spinnweben, waren verschwunden. Auch die Holzstühle und der kleine Tisch wirkten, als hätte man sie gerade erst hergestellt. Ich schnappte ungläubig nach Luft. "Was sagst du nun?", erkundigte sich Kaiba, als handele es sich um eine ganz alltägliche Frage. "Ich. . . Was ist hier passiert?" "Da staunst du, was? Tja, ehrlich gesagt, habe ich auch keine Ahnung, wie das möglich ist. Ich habe diesen Trick erst vor kurzem entdeckt. Aber das Schärfste kommt erst noch. Lass uns mal rausgehen!" Mit diesen Worten machte er auch schon auf dem Absatz kehrt und kletterte die Treppe wieder rauf. Ich seufzte. Es sah mal wieder alles danach aus, dass Kaiba irgendeine übernatürliche, völlig unnormale Sache als harmlosen, vielleicht ganz interessanten Trick, betrachtete. Aber fragen kostete ja nichts. "Und du fragst dich nicht, was das alles zu bedeuten hat?" "Natürlich, ich habe auch meine Nachforschungen angestellt. Leider konnte ich nicht herausfinden, wie das hier funktioniert. Aber Tatsache ist, dass es funktioniert und das ist doch die Hauptsache, findest du nicht? Ich war schon öfter hier und habe mich umgesehen. Es ist wirklich erstaunlich." Mit diesen Worten riss er die Tür auf und helles Sonnenlicht flutete uns entgegen, so dass ich die Augen zukneifen musste. Dabei war es doch eben noch Nacht gewesen! Langsam überraschte mich nichts mehr. Einzig die Tatsache, wie gelassen Kaiba dies alles nahm, wunderte mich noch. Draußen war die Straße, samt Kaibas Auto, verschwunden. Die Felder waren noch da, allerdings vermochte ich nicht zu sagen, ob sie sich irgendwie verändert hatten, da es vorher zu dunkel gewesen war und ich auch nur einen flüchtigen Blick darauf hatte werfen können. Der Schuppen hinter uns, dies war nun um so deutlicher zu erkennen, hatte sich jedoch in eine hübsche, kleine Hütte verwandelt, die wirkte, als hätte man sie gerade erst gebaut. Mich fröstelte bei dieser Erkenntnis. "Sag mal, für was hältst du das Ganze eigentlich?", wandte ich mich an Kaiba. "Hm, ich denke mal, hier hat jemand ein ausgeklügeltes holografisches System entwickelt. Mich wundert nur, dass derjenige es einfach zurückgelassen hat und das in einem solch unversehrten Zustand. Das hier muss schließlich ein Vermögen wert sein." Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Hielt Kaiba dies wirklich für eine Illusion? Selbst wenn es eine war, handelte es sich sicher nicht um eine technisch hervorgerufene. Soviel musste ihm doch klar sein, oder nicht? Aber vielleicht wollte er die Wahrheit auch gar nicht wissen. Ich jedenfalls war mir sicher, dass es uns in eine andere Zeit, vielleicht sogar eine andere Welt, verschlagen hatte. Nun gut, jedenfalls würden wir sicher zurückkommen können, immerhin war Kaiba schon des Öfteren hier gewesen und jedes Mal unversehrt zurückgekehrt. Doch wie sich leider allzu bald herausstellte, hatte ich mich da getäuscht. Diese seltsame Uhr, die einen durch die Zeit reisen ließ, hatte ihre Funktion offenbar eingestellt und weigerte sich beharrlich, uns wieder zurück zu bringen. Dabei hatten wir wirklich alles versucht. Das Ganze ging so gar soweit, dass ich der Uhr mit meinem Milleniumspuzzle auf die Sprünge helfen wollte, was natürlich auch nicht funktionierte. Da wir in der Hütte und in der näheren Umgebung nichts Essbares fanden, beschlossen wir am nächsten Morgen, uns auf die Suche nach der nächsten Stadt oder dem nächsten Dorf zu machen. Zunächst bestand Kaiba darauf, den Weg entlang zu gehen, wo vorher die Straße gewesen war, um so wieder in die Stadt zurück zu gelangen. Irgendwie hatte ich gleich das Gefühl, dass das nichts werden würde, aber da ich keinen besseren Vorschlag hatte und wir immerhin sicher gehen mussten, protestierte ich nicht lange. Nach einem scheinbar endlosen Tag strapazierenden Fußmarsches, in dem wir die Stadt schon mindestens dreimal hätten erreichen müssen, gab schließlich auch Kaiba fluchend auf, da die Vegetation nur noch dichter und ungemütlicher wurde, statt irgendeinen Hinweis auf eine Zivilisation zu geben. Zum Glück fanden wir wenigstens ein paar Beeren und etwas Wasser in einem Bach, beinahe hatte ich schon geglaubt, wir müssten verdursten. Obwohl der Fluss, sofern wir nicht wirklich in einer anderen Welt gelandet, sondern nur in der Zeit gereist waren, nicht fern sein konnte. Nach diesem Tag konnte ich Kaiba dazu überreden, den Fluss zu suchen und in die entgegengesetzte Richtung daran entlang zu gehen. Das ersparte uns nicht nur die mühevolle Suche nach Wasser, sondern machte es auch wahrscheinlicher, dass wir irgendwo einer Menschenseele begegnen würden. Doch auch hier war uns kein Erfolg beschieden. Schon seit Tagen waren wir unterwegs, in der heißen Sonne und noch immer schien die Umgebung menschenleer. Langsam aber sicher waren wir nicht nur sehr erschöpft und ausgelaugt, sondern auch ziemlich frustriert. Nirgendwo fanden wir etwas ordentliches zu Essen, manchmal fingen wir einen Fisch, wenn wir Glück hatten. Nun, das hier würde Yugi wohl als echten Abenteuerurlaub bezeichnen, aber ich hätte gerne darauf verzichtet. Kaiba meinte schon spöttischerweise, dass dem "Ding" doch irgendwann mal die Energie ausgehen müsse. Mit dem "Ding" meinte er das holofgraphische System, von dem er sich immer noch einreden wollte, dass es diese Welt projizierte. Jedoch war ich mir inzwischen sicher, dass er das nicht mehr ernst meinte. Ansonsten hätte mein Glaube an Kaibas Verstand nämlich ernsthaften Schaden genommen. An einem besonders heißen Tag hielt ich es in der Mittagszeit nicht mehr aus und machte meinem unfreiwilligen Reisegefährten klar, dass ich eine Pause brauchte. Diesem schien es nur ebenso recht zu sein, da er sich mit einem Brummen sofort ins Gras fallen ließ. Manchmal entwickelte sich dabei so eine Art Wettstreit zwischen uns: Wer von uns beiden hielt es länger aus weiterzulaufen, ohne eine Pause zu machen? Und wer lief schneller? Nun, diesmal war es mir egal gewesen. Diese Hitze war einfach schrecklich. Ich schwitzte so sehr, dass mich nicht erst das Wasser des Flusses, in den ich nun stieg, klitschnass machte. Meine inzwischen schon sehr ramponierte Schuluniform - wohlgemerkt schon die zweite innerhalb kürzester Zeit (obwohl, wen interessierte das jetzt noch?) - hatte ich an einem Busch aufgehängt. Nun versuchte ich, meine Unterwäsche wenigstens halbwegs sauber zu bekommen, was gar nicht einfach war, so ganz ohne Seife. Irgendwann hatte ich es satt und hing sie auch an ein paar Ästen auf. Ich setzte mich an den Rand des kleinen Flusses, nur noch halb im Wasser und verschränkte meine Arme hinter dem Kopf. Das grüne Gras kitzelte an meinen Schultern, während ich kurz in die Sonne blinzelte und das sofort bereute. Seufzend schloss ich die Augen. Wenigstens spendeten ein paar Bäume ein wenig Schatten. Ja, so konnte man es sich gut gehen lassen. Kurz darauf hörte ich ein leises Rascheln und schielte durch die fast geschlossenen Augenlieder. Aha, anscheinend zog es noch jemanden zum Wasser hin. Ich lächelte still vor mich hin und schloss meine Augen wieder. Kurz darauf machte es leicht "platsch" und Kaiba war im Wasser. Ich konnte mir ein ordentliches Grinsen nicht verkneifen. War unser junger, arroganter Firmenchef doch tatsächlich in voller Montur ins Wasser gestiegen! "Keine besonders praktische Art, seine Klamotten zu waschen", bemerkte ich spöttisch. Kaiba ignorierte mich geflissentlich und kehrte mir den Rücken zu. Langsam fragte ich mich wirklich, wieso er so stur war und nicht mal beim Baden seine Kleidung auszog. Dieser Sache musste ich doch auf den Grund gehen. Also schlich ich mich vorsichtig von hinten an ihn heran und ehe er auch nur bemerkte, was ich vorhatte, hatte ihn schon ein Schwall Wasser mitten ins Gesicht getroffen. Ich lachte - Kaiba gab wirklich einen zu komischen Anblick ab, wie er angesäuert versuchte, mir tödliche Blicke zuzuwerfen. Er sah richtig muffelig aus, fast niedlich. "Yami!", zischte er und warf mir wieder einen dieser berühmt berüchtigten Blicke zu. Hatte er denn immer noch nicht begriffen, dass das mit dem Töten so nicht funktionierte? Ich stemmte die Hände in die Hüften und grinste ihn schelmisch an. "Na? Keine Lust auf eine Revanche?" Als ich schon dachte, er würde es vorziehen zu schmollen, grinste er plötzlich ebenfalls. Aber anstatt mich auch mit Wasser zu überschütten, kam er nun langsam auf mich zu. Da das Wasser ihm nur bis über die Hüfte reichte, konnte er nicht schwimmen und seine Kleidung musste unheimlich schwer sein, so voll gesaugt wie sie war. Jedenfalls kam er ziemlich langsam auf mich zu, behielt sein hinterlistiges Grinsen aber bei. Was hatte er vor? Direkt vor mir blieb er stehen und musterte mich auf mysteriöse Weise. Ich erwiderte den Blick belustigt, während ich darauf wartete, was er jetzt tun würde. "Yami, du bist ganz nackt", stellte er fest. Irritiert guckte ich zurück. "Ja und du bist in voller Montur ins Wasser gestiegen", gab ich zurück. "Normalerweise zieht man sich aus, wenn man badet." Sein Blick glitt von oben bis nach unten, wo er auf halber Höhe von der Wasseroberfläche aufgehalten wurde, an mir entlang. Er leckte sich über die Lippen und zupfte anschließend an seinem Kragen, der ihm jetzt anscheinend doch zu eng geworden war. Langsam misstrauisch werdend, schwand mein Grinsen dahin und ich kniff die Augen zusammen. "Sag mal, kann es sein, dass dir die Sonne zu sehr zugesetzt hat?" "Was? Nein!", machte er irritiert, gewann aber schnell seine Selbstsicherheit wieder und lachte spöttisch wie immer. "Was bildest du dir ein, du Zwerg?" "Ha!", ich schüttelte den Kopf und sah dann wieder zu ihm auf. Langsam ging ich einen Schritt auf ihn zu und fuhr mit meiner Hand zu seinem Kragen hoch. Ich zupfte kurz daran und stellte überrascht fest, wie er erschreckt zurück zuckte, sich dann jedoch wieder unter Kontrolle hatte. "Willst du das nicht ausziehen? Das stört doch nur." Er schlug meine Hand weg und stieß mich beinahe damit um. "Sag mal, wo denkst du eigentlich hin?", fuhr er mich an. Ich zog eine Augenbraue hoch. "Und wo denkst DU hin?", erwiderte ich gelassen. "Du solltest deine Sachen besser auch zum Trocknen aufhängen, denn falls du vorhast mit klitschnassen Klamotten durch die Gegend zu laufen und dich erkältest, hier", betonte ich und machte eine ausladende Geste, "wirst du bestimmt keinen Arzt finden. Außerdem", schmunzelte ich, "wird das mit dem Waschen so auch nichts." Er brummte und murmelte irgendetwas Unverständliches. "Hast du etwas gesagt? Ich konnte dich leider nicht verstehen." Offenbar hatte er nun beschlossen, mich vollends zu ignorieren, denn eine Antwort blieb er mir schuldig. Stattdessen schlurfte er an Land, während das Wasser in Sturzbächen an ihm herunterlief. Er verschwand hinter einem Busch und trat nach kurzer Zeit tatsächlich ohne seine blaue Schuluniform hervor. Seine Unterwäsche hatte er allerdings anbehalten. Hm, irgendwie. . . Er ignorierte mich weiterhin geflissentlich, während er sein Bad nahm. Irgendetwas stimmte hier nicht, das spürte ich genau. Wieso verhielt sich Kaiba so komisch, wieso sah er mich so an, als ob. . . Nein, der Gedankengang war doch zu absurd, mehr als nur absurd, ja. Ich lachte auf. Offenbar hatte mir die Sonne auch etwas zugesetzt. Wie auch immer, ich stieg wieder aus dem kleinen Fluss und setzte mich auf das warme Gras, wo ich wartete, dass meine Sachen trocken würden. Ich verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Für eine Weile fiel ich in einen sehr erholsamen Schlaf. Solange, bis ich eine sanfte Berührung an meinem Gesicht spürte. Es kitzelte und versuchte, mich aus meinem schönen Mittagsschläfchen zu wecken. Ja, ja, geh nur weg, du lästiges Insekt, dachte ich in diesem Moment noch, bevor ich registrierte, dass wahrscheinlich kein Insekt der Welt sich so anfühlte. Das, was ich da im Gesicht spürte, war doch nichts anderes als eine Hand. Und da der einzige Mensch weit und breit Kaiba war, konnte es nur seine sein. Ja, spann der Mann denn jetzt? Hatte er etwa vor, mein Gesicht zu bemalen, oder was? Nein, wie kindisch! Das er sich so an mir rächen musste, nur weil er bei Duel-Monsters nie gegen mich gewann? Wie erbärmlich! Kurze Zeit später musste ich meine Meinung allerdings revidieren, als mir unweigerlich klar wurde, dass Kaiba mich tatsächlich streichelte! Als ich dann noch ein geflüstertes, fast gehauchtes, "Du bist so schön, so wunderschön", vernahm, glaubte ich langsam aber sicher, immer noch zu träumen. Jawohl! Das konnte unmöglich wahr sein. Punkt. Ende. Aus. Seto Kaiba würde so etwas niemals machen, er doch nicht! Also ließ ich meine Augen zu, kniff sie sogar noch ein bisschen mehr zu, bis sich diese seltsame Einbildung verflüchtigte. Okay, ich gebe es ja zu, ich wusste ganz genau, dass es sich um keine Einbildung und auch keinen Traum gehandelt hatte. Aber irgendwie schien mir das Ganze zu absurd, um weiter darüber nachzudenken. Als ich später mit Kaiba zusammen weiter am Fluss entlang wanderte, musste ich aber unweigerlich doch darüber nachdenken. Wenigstens schien er jetzt wieder ganz normal zu sein, wie er so neben mir herlief. Würden wir irgendwann noch einmal auf eine Menschenseele treffen, geschweige denn auf einen Hort der Zivilisation? Während der ganzen restlichen Wanderung an diesem Tag, schwieg Kaiba beharrlich. Ich versuchte auch erst gar nicht, ihn aus seinem Schweigen herauszureißen. Irgendwie wollte ich das leidige Thema nicht ansprechen. Jedenfalls noch nicht. Am nächsten Morgen hatten wir einen ordentlichen Hunger, wie übrigens die ganzen Tage zuvor auch schon. Doch diesmal gab es auch nirgendwo Beeren oder etwas anderes Essbares zu sehen. In diesem Augenblick entdeckte ich plötzlich einen braunen Hasen, der friedlich unter einem Busch graste. Ich überlegte kurz, ob es überhaupt eine Möglichkeit gäbe, ihn zu fangen, so ohne Hilfsmittel. Aber einen Versuch war es immerhin wert. Also bedeutete ich Kaiba, leise zu sein und zu warten. Langsam schlich ich mich an das Tier heran, kam so leise wie möglich um den Busch herum. Leider hatte das kleine Viech ein erstaunlich gutes Gehör und war schon aufgesprungen, ehe ich es zu fassen bekam. Hastig rannte ich hinterher, obwohl mir schon jetzt klar war, dass ich es nicht kriegen würde. Aber vielleicht hätte ich ja Glück? Nach einem kurzen Sprint versperrten mir einige Büsche den Weg, die ich eilig beiseite schob und weiterrannte - etwas, was ich hätte lieber nicht tun sollen, denn ehe ich mich versah, hing ich schon an einem tiefen Abgrund, der direkt hinter diesen Büschen verborgen gewesen war. Verzweifelt klammerte ich mich mit einer Hand fest und versuchte, die andere ebenfalls an den Rand zu schieben. "Kaiba!", rief ich gepresst. Dieser tauchte glücklicherweise kurz darauf auf und zog mich unter einiger Mühe nach oben. Keuchend setzten wir uns erstmal an den Rand, bevor er grinsend meinte: "Tollpatsch!" Ich grummelte. "Wenigstens mache ich mir Gedanken um unser Essen", warf ich angefressen ein. Ich wurde zugegebenermaßen immer frustrierter, hier, in dieser Welt gefangen zu sein und nicht zurück zu können. "Keine Sorge, das wirst du bald nicht mehr müssen", bemerkte er rätselhaft und blickte mich ebenso an. Ein Stückchen rückte er näher an mich heran, nur um mich weiter anzustarren. Irgendwie hatte ich das Gefühl, von diesem Blick verschlungen zu werden. "Kaiba?", irritiert starrte ich zurück. "Seto! Verdammt, wann kapierst du es endlich? Ich heiße Seto!" "Ähm, gut, Seto", entgegnete ich immer verwirrter werdend. Irgendetwas stimmte hier eindeutig nicht. Das Kaiba plötzlich wollte, dass ich ihn beim Vornamen nannte, war doch sehr merkwürdig, da er bis vor kurzem doch immer noch betont hatte, wie wenig er mit mir zu tun haben wollte, geschweige denn, mich einen Freund zu nennen. Genau diese Frage stellte ich ihm dann auch. "Du willst also wissen, warum ich deine Freundschaft immer abgelehnt habe?" Ich nickte leicht. "Gut, ich verrate es dir. Der Grund ist eigentlich ganz einfach und dennoch so verdammt kompliziert." Er lachte leicht hysterisch auf und fuhr sich durch die braunen Haare. "Ich habe deine Freundschaft abgelehnt, weil ich niemals dein Freund sein konnte, jedenfalls", in diesem Augenblick warf er mir wieder einen dieser höchst intensiven Blicke zu, "nicht so ein Freund", betonte er. "Weißt du, es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie unser Verhältnis aussehen kann: Entweder ich hasse dich", bei diesen Worten wurde seine Stimme ganz kalt, "oder, ich liebe dich", nun war seine Stimme wieder ganz sanft geworden. Ich blickte ihn irritiert an. "Verstehst du jetzt, warum wir niemals normale Freunde sein können? Du musst dich entscheiden, Yami: Entweder, du bist mein Feind, oder du liebst mich!" Langsam rückte er näher an mich heran und intensivierte seinen Blick so sehr, als wolle er mich damit hypnotisieren. Kurz gelang ihm das auch, bis ich seine Hand an meiner Wange spürte und aufschreckte. Doch da war es schon zu spät und er hatte mir einen leidenschaftlichen Kuss aufgedrückt. Ich wollte Kaiba von mir schieben, doch er war so in Ekstase, dass er eine unheimliche Kraft entwickelte, als er mich auf den Boden drückte und sich auf mich legte. In meinem Kopf drehte sich alles und ich wusste nicht mehr, was ich fühlen, geschweige denn, denken sollte. Einerseits spürte ich, wie mich diese Situation doch ziemlich…erregte, aber andererseits wollte ich Kaiba nicht so nah an mich heranlassen, vertraute ihm einfach nicht genug, genauso wenig, wie ich meinen eigenen Gefühlen vertraute, die sich alle zu einem einzigen, merkwürdigen und verwirrenden Brei zusammenwürfelten. Etwas in mir drin regte sich jedoch, schaltete meinen Verstand aus, als ich den Kuss zu erwidern begann, zuerst vorsichtig, überwältigt von meinen Gefühlen, dann stärker, immer gieriger werdend. Mir wurde schwindelig, während Kaiba sich an mich presste und mir die Luft aus den Lungen zu saugen schien wie ein Ertrinkender. Ich krallte meine Hände in seine Haare und erwiderte die feste Umarmung, die man schon eher als Umklammerung bezeichnen konnte. Heiß und kalt durchflutete es mich, brachte meinen Körper zum Beben und dazu, mich noch mehr an Seto zu drücken. Leicht keuchend ließ er schließlich von mir ab, immer noch auf mir sitzend. Fuhr sich über den Mund, schien den Geschmack des Kusses noch im Nachhinein auskosten zu wollen. Was war das nur gewesen? Mir fahrig durch die Haare streichend, versuchte ich die auf mich einstürzenden Gefühle zu verarbeiten, die Verwirrtheit aus meinen Gedanken zu vertreiben. „Du hast das alles geplant?“, wurde mir plötzlich klar. „Ja“, lächelte er schelmisch, strahlte ein unheimliches Glück aus, welches gleich einer Welle auf mich übergriff. „Du!“, schlug ich ihn, halb spielerisch, halb ernsthaft sauer. Das heißt, ich wollte sauer auf ihn sein, wegen des üblen Scherzes, dieser Quasi-Entführung, die er sich erlaubt hatte, aber irgendwie wollte mir das nicht so recht gelingen. Eigentlich war ich ja auch glücklich, dass er das getan hatte, denn nun wurde mir klar, was mich die ganze Zeit umtrieben hatte, als ich wütend darüber gewesen war, dass Seto mir so wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte und weshalb ich immer dieses Kribbeln in meinem Bauch gespürt hatte, wenn er mir diese intensiven Blicke zugeworfen hatte. „Sag mal, warum konntest du mir nicht einfach, so wie ein ganz normaler Mensch, sagen, dass du mich liebst und musstest mich dafür erst hierher verschleppen?“ „Weil ich kein ganz normaler Mensch bin“, stellte er so selbstbewusst wie eh und je fest. „Außerdem hielt ich es für eine nette Überraschung und drittens sind wir hier ganz unter uns.“ „So? Sind wir das?“, zog ich eine Augenbraue hoch. „Ja, sind wir“, erklärte er schelmisch grinsend und warf sich erneut auf mich. „Na los, sag es schon!“, verlangte er, während er mir zärtlich über die Wange und den Hals strich. Ich lächelte glücklich zurück und erkundigte mich: „Was soll ich sagen?“ „Das du mich liebst.“ „Hm, ich weiß nicht, das kommt alles so überraschend.“ Das war es tatsächlich. Ich kam mir irgendwie so überrumpelt vor und obwohl ich von Glückshormonen nur so überschüttet schien, sorgte diese plötzliche Forderung doch für eine Ernüchterung, als hätte man mir einen Eimer kalten Wassers ins Gesicht geschüttet. „Yami!“ „Seto, ich mag dich…sehr. Sonst würde ich dich nicht küssen aber…“, meine Erklärung wurde von einem weiteren stürmischen Kuss seinerseits unterbrochen, der mich völlig überwältigte. „Sag es!“, glühten seine Augen und hatten dabei etwas fanatisches, während seine Hand sich um meinen Kragen legte. "Was, wenn ich dich nicht gehen lasse? Ich könnte dich ewig hier behalten, bis du es sagst.“ „Das ist nicht dein Ernst!“ „Doch, ich meine es vollkommen ernst. Ich liebe dich und ich möchte, dass du für immer bei mir bleibst“, erklärte er nun, mir ganz tief in die Augen blickend, mit einer Art Hundeblick, von dem ich dachte, dass ihn nur sein kleiner Bruder draufhatte. „Na gut. Wenn du schön brav bist und mich hier raus bringst, überlege ich es mir…ernsthaft“, fügte ich noch hinzu, da mein Satz doch etwas spöttisch geklungen hatte, aber ich meinte es wirklich so. Also stand Seto seufzend auf, zog etwas aus seiner Hosentasche und schaltete das holografische System ab, welches er gebraucht hatte, um mich in die Irre zu führen und diese Scheinwelt aufzubauen. Erstaunt stellte ich fest, dass wir wieder im Inneren der Hütte waren, die wir vor Tagen aufgesucht hatten. Als wir wieder draußen waren, war die Hütte auch keine Hütte mehr, sondern ein riesiges Firmengebäude, an eben jener Landstraße, auf der wir hergekommen waren. Kaiba grinste mich verliebt an und schickte mir damit eine Gänsehaut über den Rücken, denn ich ahnte, dass von seiner Seite noch einiges auf mich zukäme und ob mir das alles gefallen würde, war eine andere Frage. Und ich behielt Recht: Das erste, was passierte, einen Tag, nachdem ich wieder Zuhause angekommen war, war ein aufgeregter Yugi, der mir einen riesigen Strauß mit roten und blauweißen Rosen überreichte, in dem eine Karte steckte, auf der stand: "To remember our Timless Trip" Yugi löcherte mich danach noch Tage und Wochen, wer wohl die geheimnisvolle Verehrerin sei, die mir den Strauß geschickt hatte, jedoch schwieg ich beharrlich und machte Seto danach klar, dass er tot war, sollte er auch nur einer Menschenseele von unser Beziehung erzählen oder mir noch einmal so offensichtlich, dass es jeder mitbekam, Rosen schenken. Insgeheim freute ich mich aber doch, wie ich zugeben muss. Es war eine merkwürdige Beziehung, die sich zwischen uns beiden entwickelte. Einerseits konnte ich die Finger nicht von Seto lassen - und er schon gar nicht seine von mir - aber andererseits fasste ich nur langsam Vertrauen zu ihm und vor allem zu meinen eigenen Gefühlen, da es mir irgendwie so vorkam, als würden meine Gefühle mich beherrschen und nicht umgekehrt, so als wäre dies bloß eine rein körperliche Begierde und keine Liebe, weshalb ich Seto auch nicht sagen konnte, dass ich ihn liebte. Ich wäre mir wie ein Lügner vorgekommen. Und ich konnte Seto nicht anlügen, da ich ihm nicht wehtun wollte. Es war allerdings nicht so, dass ich gar nichts für ihn fühlte…wie ich es ihm bereits gesagt hatte, mochte ich ihn sehr. Und vielleicht war das ja Liebe und ich erkannte es nur nicht? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)