Theater des Lebens von abgemeldet (Never was and neber will be) ================================================================================ Kapitel 1: La course d'amour ---------------------------- Der Sommer hatte sich verabschiedet, der Herbst schon lange Einzug gehalten. Noch saßen die meisten Blätter an den dazugehörigen Bäumen, allerdings hatten sie schon ihre warmen Farben angenommen. Mitten im Meer der rot-gold-gelb-braunen Bäume stand ein altes Gebäude, ein Kloster, an dessen Südseite ein modernerer Anbau grenzte. Auf dem Kieshof gab es mehrere umzäunte Beete und die Straße, die vom Kloster wegführte, war völlig intakt. Alles in allem sah es sehr gepflegt aus. Zwei Mönche harkten das wenige Laub vom Gras, ein dritter jätete Unkraut, während ein kleiner Junge, ein seltener Anblick an einem Ort wie diesem, tatkräftig versuchte, ihm bei der Arbeit zu helfen. Er riss dabei eine der noch blühenden Pflanzen aus, doch der Mönch kommentierte dies nur mit einem Schmunzeln und strubbelte ihm durchs Haar. Er war ein aufgeweckter Junge, mit intelligentem Blick und schneller Auffassungsgabe. Bruder Tobias konnte nicht verstehen, wieso man ihn ausgesetzt hatte. Vor zwei Jahren, ungefähr zu dieser Jahreszeit, hatten sie ihn auf den Klosterstufen gefunden, weinend vor Einsamkeit oder Angst. Anstatt ihn ins Waisenheim zu geben, hatten die Mönche ihn aufgenommen. Ein Brief hatte neben dem Jungen gelegen, beschriftet mit einem einzelnen Wort. Alain. Da es im Kloster niemanden mit diesem Namen gab, hatten sie den Jungen so genannt. Der Brief lag nach wie vor ungeöffnet auf dessen Nachttisch. „Haben wir zuviel versucht? Warum konnten wir’s nicht ahnen? Es wird nicht leicht sein, das alles einzusehn...“ Einige Meter entfernt, saß unter einer Gruppe von Bäumen eine arabisch wirkende Frau, von den Mönchen unentdeckt. Sie mochte Mitte zwanzig sein und war auf fremdländisch orientalische Weise schön, aber in ihren Augen stand Trauer. Ihr Blick war auf den kleinen Jungen gerichtet, der dem Alten gerade freudestrahlend die Blume hinhielt. Er wirkte so unbeschwert, als könnte nichts auf dieser Welt ihm schaden. Er wusste nichts von der Wahrheit. Noch nicht. Irgendwann würde der Tag kommen, an dem er beginnen würde, Fragen zu stellen. Und dann? Was würden die Mönche tun? Und wie würde Alain damit klarkommen, ohne Eltern aufzuwachsen? Aber lieber das, als mit einer Lüge zu leben und keine Zukunft zu haben. Arisha hatte ihren Sohn ins Kloster gebracht, damit er dort leben konnte, fernab vom Orden der Prieuré und den Templern, dem ganzen Hass, Krieg und Tod. Denn für Alain hatte es nur zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder er starb oder er wuchs als Prieurésöldner auf. Beides hatte sie für ihn nicht gewollt, deshalb hatte sie ihn in Sicherheit gebracht. Somit war Alain schon der Zweite, von dem sie sich trennte, um sein Leben zu garantieren. Warum sie selbst noch am Leben war, wusste sie nicht. Eigentlich interessierte sie es auch nicht. Arisha wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sich jemand neben ihr niederließ. „Ich hab mir schon gedacht, dass du hier bist.“, sagte Shareef, ihr Bruder. Auch er sah zu Alain hinüber, seinem kleinen Neffen. Er war der Einzige, der von Arisha eingeweiht worden war. Und er wusste auch, dass Arisha nicht nur heute hier war, sondern immer wieder kam, um zu sehen, wie es Alain ging. „Er scheint sich gut eingelebt zu haben, was? Und von den Templern hat sich auch noch keiner blicken lassen.“ Arisha schwieg, spürte Shareefs Blick, der nun auf ihr ruhte. „Du vermisst ihn noch immer.“, stellte er fest. ‚Er’ war Constantin Avalon, seines Zeichens Templer. Eine Zeit lang waren er und Arisha trotz aller Widrigkeiten ein paar gewesen, bis sie beschlossen hatte, sich von ihm zu trennen, damit er nicht getötet wurde. „Ich will, dass er mich vergisst und glücklich wird mit jemandem, den er lieben darf.“, wollte sie antworten, doch es wäre Selbstbetrug gewesen. Sie wollte in Constantins Gedanken sein, bei ihm und jeder Tag, an dem sie das nicht sein konnte, brannte sich wie eine glühende Nadel in ihr Herz. „Ich habe ihn geliebt.“, meinte sie stattdessen schlicht. „Ich liebe ihn noch immer. Und ich war dumm genug, zu glauben, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben.“ Shareef seufzte und nahm seine Schwester in den Arm. „Scheint so, als hättest du dich geirrt.“ Arisha lehnte den Kopf gegen seine Schulter und schloss die Augen. „Scheint so.“ „Bist du wütend?“ „Nein.“ Dann verstummten beide, blieben einfach sitzen, bis sich Shareef irgendwann erhob und seine Schwester mitzog. „Willst du es nicht nochmal versuchen?“ Sie lachte bitter. „Wie stellst du dir das vor?“ Er zuckte mit den Schultern. „Du liebst ihn.“, was sein einziger Kommentar, bevor er ihr bedeutete, dass sie besser zur Devina zurückkehren sollten. Arisha sah zu ihrem Sohn und lächelte traurig. Dann folgte sie ihrem Bruder. „Denn wir stehen hier ihm Regen, haben uns nichts mehr zu geben und es ist besser wenn du gehst. Denn es ist Zeit sich einzugestehen, dass es nicht geht. Es gibt’s nichts mehr zu reden, denn wenn’s nur regnet, ist es besser aufzugeben.“ Drei Wochen waren seit dem Vorfall vergangen und weder Arisha noch Shareef hatten ein Wort darüber verloren. Während der letzten Tage hatten sich die Wolken immer mehr zusammengezogen, nun schwebten sie in drohendem Schwarz über der Burg der Templer, wie ein Schwarm Krähen, der sich über Aas hermachen will. Ein lautes Grollen durchzog die Stille, gefolgt von mehr oder weniger gleichmäßigem Rauschen, als der Regen auf Templer und Prieuré fiel, die sich gegenüberstanden. Ares hatte schon vor langer Zeit entschlossen, dass der Templerhaufen endlich vernichtet werden musste und den Rest des Ordens zusammengetrommelt, um die Burg anzugreifen. Arishas Augen huschten über die Reihen der Ritter, bis sie Constantin fand, der ihre Blick ausdruckslos erwiderte. Sie fragte sich, ob er sie hasste, weil sie ihm das Herz gebrochen hatte. Vielleicht war es auch besser. Immerhin konnte er ihr nicht ewig nachtrauern. Ein Blitz zuckte über den Himmel und der kurze Moment Helligkeit brach die Starre. Templer und Prieuré schienen sich plötzlich ihrer Feindschaft bewusst zu werden und griffen sich an. Und sowohl Arisha als auch Constantin waren gezwungen, zu kämpfen, um ihr Leben zu verteidigen. Aber da war noch mehr. Während sich ihre Klingen trafen, ließen sie sich nicht aus den Augen, beobachteten jedoch nicht die Angriffe des Gegenübers, sondern die Emotionen, die sich auf ihren Gesichtern zeigte. Was Arisha sah, überraschte sie. Wut, natürlich, aber nur gering. Enttäuschung und vor allem Liebe waren überwiegend. Er wollte gegen sie genauso wenig kämpfen wie sie gegen ihn. Shareef, der seine Schwester nicht aus den Augen ließ, schien es zu merken. „Such dir einen anderen Gegner!“, rief er zu ihr hinüber. Arisha und Constantin ließen ihrer Schwerter sinken. Der ganze Kampf um sie herum schien nicht zu existieren. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte, wo sie sich endlich wieder sahen und doch immer noch so weit voneinander entfernt. Waren es Tränen oder der Regen, der in dem Moment ihre Wange hinunterlief? Arisha reagierte spontan. Mit einem Schritt hatte sie den Abstand zwischen sich und Constantin überwunden, legte den Arm um ihn und küsste ihn kurzerhand. Was jetzt geschehen würde, war ihr egal, sie wollte nur, dass Constantin die Wahrheit kannte: Das sie sein Leben hatte retten wollen, dass sie jeden Tag an ihn dachte, dass sie ihn liebte...dass sie für ihn den Orden verlassen würde und wenn das ihren Tod bedeuten würde. Der leider sehr bald sein würde, wenn sie sich nicht zusammenriss. Verwirrt von sich selbst löste sie sich von ihm und wich einige Schritte zurück. In seinen Augen stand Verwirrung, gefolgt von Schrecken. In der nächsten Sekunde verstand sie, warum. Unerträglicher Schmerz machte sich in ihr breit, doch ihre Überraschung war zu groß, als das sie irgendeinen Laut von sich hätte geben können. Sie spürte nur noch, wie Raimund – sie wusste, dass es Raimund war, seine Stimme schien aus großer Entfernung zu ihr zu dringen- sein Schwert zurückzog und sie zu Boden fiel. Constantin war innerhalb eines Sekundenbruchteils bei ihr. ‚Sie hat Sangreal’, schoss es ihm durch den Kopf. ‚Sie kann nicht sterben.’ Aber ihm war klar, dass die Wunde selbst für Sangreal zu schwer war. „Bleib ja bei mir.“, sagte er mit leiser Stimme. „Geh nicht. Nicht jetzt.“ Ob sie ihn hörte? Er konnte es nicht sagen. Das Einzige, was er spürte, waren ihre verzweifelten Atemversuche, während er sie in den Armen hielt und an sein Herz drückte, damit sein eigener Herzschlag sie beruhigte. „Einfach weiteratmen.“, flüsterte er. „Ich bin hier.“ Constantin registrierte gar nicht, dass sämtliche Leute um ihn herum aufgehört hatten zu kämpfen. Er merkte auch nicht, dass er die Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Das alles war ihm egal. Das Einzige, was jetzt zählte, war, Arisha zu halten, selbst wenn es keinen Sinn mehr machte. „Irgendwo sind wir gescheitert und so wie’s ist, so geht’s nicht weiter. Das Ende ist schon lang geschrieben...“ „Shareef ist hier!“ Roberts Stimme drang nicht ganz zu Constantin durch. Er saß in der Templerburg und blickte aus dem Fenster. Erst, als der Tempelmeister ihm auf die Schulter klopfte, drehte sich Constantin zu ihm um. „Was?“ „Shareef ist hier. Er will mit dir reden.“ Shareef, Arishas Bruder...die Prieuré hatten sich kurz nach ihrem Tod zurückgezogen und Shareef hatte ihre Leiche an sich genommen. Seitdem saß Constantin sehr oft hier und sah einfach aus dem Fenster. „Worüber denn?“ „Das hat er nicht gesagt. Aber er ist unbewaffnet.“ Das war natürlich das wichtigste. Warum konnte dieser verdammte Krieg nicht einfach enden? Hatte es inzwischen nicht schon genug Opfer gegeben? Ohne ein weiters Wort stand Constantin auf und ging zum Eingang der Burg, wo Shareef wartete. Eine Weile standen die beiden sich schweigend gegenüber, dann drückte Shareef ihm einen Zettel in die Hand. Nachdem Constantin den Inhalt gelesen hatte, sah er erstaunt auf. „Ihr Grab. Die Adresse...aber wieso?“ Shareef lächelte traurig und zum ersten Mal wurde Constantin klar, dass auch Arishas Bruder sie vermisste. „Weil sie uns beide geliebt hat, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Und deshalb können wir auch beide um sie trauern.“ Lyrics von Silbermond Kapitel 2: Lips of an Angel --------------------------- Unruhig sah Constantin aus dem Fenster. Es war schon lange dunkel und eigentlich wollte er morgen ausgeruht sein, doch er konnte nicht schlafen. Immer wieder sah er auf sein Handy, dessen Display im Dunkeln schwach leuchtete. Die Nachricht sprang ihm geradezu ins Auge: Ich will dich sehen. Arisha Es überraschte ihn, dass ausgerechnet sie ihm eine solche SMS schrieb. Hatten sie sich nicht alles gesagt? Vor nahezu zwei Monaten hatte sie ihm erklärt, dass ihre Liebe nur vorgespielt gewesen war, damit sie an Informationen über die Templer kam. Seitdem hatte er sie nicht mehr gesehen. Warum jetzt diese Nachricht? Constantin spürte leichte Wut in sich aufsteigen. War das immer noch ein Teil ihres Spiels? Und trotzdem wollte er nichts mehr, als Arisha wiederzusehen, denn was er auch versuchte, er konnte sie nicht vergessen. Er besaß noch immer ihr Foto und nachts hielten ihn die Erinnerungen an ihr Lachen, ihren Blick und ihre Berührungen ihn wach. Das alles konnte doch nicht nur gespielt gewesen sein. „Constantin?“, kam eine verschlafene Stimme von Richtung Bett. „Wieso bist du noch wach?“ Hannah blickte mit verstrubbelten Haaren zu ihrem Freund. Sie war sehr hübsch, hatte große, grüne Augen und blonde, glatte Haare, wenn sie nicht gerade aus dem Schlaf gerissen wurde. Aber sie hatte keinen Ausdruck, ihr fehlte das, was er an Arisha immer so geliebt hatte. Außerdem war ihre gesamte Beziehung die reinste Show. Er hatte sie eingeladen, weil er versucht hatte, über Arisha hinwegzukommen und sie hatte angenommen, weil sie unbedingt einen Freund brauchte, wenn sie mit ihren Freundinnen mithalten wollte. Zu Hannahs großer Freude, war ihr Plan aufgegangen, ihre Freundinnen waren begeistert, da sie sich einen Kerl gegriffen hatte, der eine Klassenstufe höher war und bald sein ABI machen würde. Constantin hingegen hielt die Tarnung Hannah zuliebe aufrecht. Er hatte schon lange begriffen, dass eine neue Freundin ihn auch nicht über Arisha hinwegbrachte, aber er wollte Hannah nicht als Tröster ausgenutzt haben. Wenigstens bis zum Jahresende würde er versuchen, noch mit ihr zusammenzubleiben. Entschuldigend lächelte er Hannah zu. Es war ein falsches Lächeln, doch sie merkte es nichts. „Es ist alles in Ordnung. Ich bin einfach nicht müde.“ Auch das war gelogen, er wäre auf der Stelle eingeschlafen, wenn ihm nicht tausend Fragen durch den Kopf geschwirrt wären. Hannah verschränkte die Arme unter ihrem Kissen und sah zu ihm. „Willst du dich nicht langsam hinlegen?“ „Doch, doch, ich komme gleich.“ Schnell tippte er etwas auf seinem Handy, dann schaltete er es aus und ging zum Bett, wo er sich neben Hanna legte. Sie kuschelte sich an ihn und schloss wieder die Augen, doch Constantin, der einen Arm um sie gelegt hatte, blieb noch einige Zeit wach und dachte über seine Worte nach. Morgen, um 15 Uhr bei den Hügeln. Constantin Im Stillen verfluchte sich Constantin dafür, dass er nicht schon lange eine Klimaanlage hatte einbauen lassen. Die Luft in seinem Wagen war stickig und kochend heiß, noch dazu klemmte sein Fenster, sodass er es nicht einmal öffnen konnte. Hannah wusste nichts von seinem kleinen Ausflug, sie war heute Morgen nicht aufgestanden, mit der Begründung, sie habe Kopfschmerzen. Das hieß aber auch, dass er abends nicht zur Party musste, zu der sie ihn unbedingt hatte mitschleifen wollen. Seine Gedanken wechselten von Hannah zu Arisha. Endlich, nach zwei Monaten, würde er sie wiedersehen, aber er konnte sich nicht vorstellen, was sie ihm sagen wollte. Den Gedanken, dass sie ihn in eine Falle locken wollte, wies er vehement von sich. Wenn sie ihn hätte töten wollen, hätte sie das damals schon tun können, stattdessen hatte sie sich umgedreht und war ohne ein weiteres Wort gegangen. Er wollte nicht weiter darüber nachdenken, denn die Erinnerungen an diesen Tag schmerzten ihn noch immer. Er hätte sein Leben für sie gegeben, war bereit gewesen den Orden zu verlassen und mit ihr an einen Ort zu gehen, an dem man sie nicht finden würde und sie…er brach den Gedanken ab. Das alles würde sich jetzt noch klären, es machte also keinen Sinn, wenn er sich darüber den Kopf zerbrach. Seufzend spielte er an seinem Radio herum, bis er einen Sender gefunden hatte, der nicht die ganze Zeit von Rauschen unterbrochen wurde. Gedankenverloren lauschte er der zwanghaft fröhlichen Stimme des Moderators und den Liedern, die er alle bestimmt schon ein Dutzend Mal gehört hatte. Irgendwann konzentrierte er sich einfach auf die Straße und blendete die Musik aus. Erst als er etwas Unbekanntes hörte, horchte er auf. It's funny that you're calling me tonight And, yes, I've dreamt of you too And does he know you're talking to me? Will it start a fight? No I don't think she has a clue Hastig stellte er das Radio aus, doch das Lied hatte seinen Gedankengang bereits wieder angekurbelt. Wieso, zum Teufel, meldete sie sich jetzt wieder? Lag auch sie nachts wach und sah sein Gesicht vor sich, so wie er das ihre sah? Vermisste sie ihn? Und dann war da auch noch Shareef, ihr Bruder. Er würde niemals zulassen, dass seine Schwester sich in Gefahr begab. Also würde er alles tun, um zu verhindern, dass die Beiden sich trafen. Entweder hatte sie ihn also angelogen oder sich fortgeschlichen…oder sie kam gar nicht erst. Und was würde aus Hannah werden? Er hatte nicht vor, sie zu verletzten, aber er wusste nicht wie sie reagieren würde, sollte sie je von Arisha erfahren. Fast war er froh, dass sie krank im Bett lag. Nachdenklich hielt er das Auto an und stieg aus. Die Hügel waren für ihn mit Erinnerungen an die vergangene Zeit verbunden, die Zeit mit Arisha. Erwartungsvoll begann er die schmalen Steinstufen hinaufzusteigen. Seine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht. Sie saß oben im Gras -genauso zeitlos schön, wie er sie in Erinnerung hatte- hatte ihm den Rücken zugedreht und blickte über die Landschaft. Erst als er oben angekommen war, begann sie zu sprechen. „Du bist gekommen.“ Sie sah zu ihm. „Ich hätte es nicht erwartet.“ „Warum bist du dann hier?“ Sie blieb ihm die Antwort schuldig und sah wortlos zu, wie er sich neben ihr niederließ. „Was willst du?“ Fragend sah er sie an. „Mit dir reden.“ „Worüber?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich wollte dich wiedersehen.“, antwortete sie ausweichend. „Du hast gesagt, du hättest mich nie geliebt. Es war gelogen, oder?“ Keine Antwort. „Warum?“ „Ich kann es dir nicht sagen?“ „Kannst du es nicht oder willst du es nicht?“ Eine Weile blickte sie ihn schweigend an. „Sie wollten dich töten.“, sagte sie schließlich. „Wenn du noch einmal aufgetaucht wärst, hätte ich dir nicht mehr helfen können. Also musste ich das verhindern.“ Constantin starrte sie an. „Du wolltest was? Mein Leben retten?“ Arisha senkte den Kopf. „Ich kann verstehen, wenn du mir nicht glaubst. Ich würde es auch nicht tun. Aber wenn ich erfahren hätte, dass du getötet wurdest und ich es hätte verhindern können…“ Ihre Stimme verlor sich. „Nein, das ist es nicht.“ Er legte eine Hand an ihre Wange und drehte ihren Kopf zu ihm. „Nur…mein Leben bedeutet mir wenig, wenn ich dafür bei dir sein kann. Und wenn sie mich deswegen töten wollen, dann ist es eben so, das kann man nicht ändern. Aber ich sterbe lieber in der Gewissheit, dass du mich liebst als in dem Glauben, dass du nur mit mir gespielt hast.“ Sprachlos sah Arisha ihn an. Alle ihre Ängste und Zweifel schienen in diesem Moment lächerlich, ebenso wie die schlaflosen Nächte, die sie verbracht hatte mit der Sorge, ob er ihr je verzeihen konnte. Und seine gewohnte Nähe ließ ihr Herz wieder heftiger schlagen, wie immer, wenn sie bei ihm gewesen war. Wortlos zog er zu sich und presste seine Lippen auf ihre. Hannah, die Templer und die Prieuré waren ihm egal. Für ihn war nur wichtig, dass er Arishas Verhalten endlich verstand. Genau in diesem Moment begann sein Handy zu vibrieren. Entschuldigend löste er sich von ihr und zog das Plastikteil aus seiner Hosentasche. Hannah. Hastig drückte er den Anruf fort und wandte sich wieder an Arisha. „Heute Abend ist eine Feier. Willst du kommen?“ Da Hannah ja krank war, konnte er das ruhig machen. „Gut.“, sagte er erfreut, nachdem Arisha ihre Zustimmung gegeben hatte. „Da wäre allerdings noch etwas.“ Eine Weile überlegte er, wie er es ausdrücken sollte. „Als du damals einfach so gegangen bist…ich.“ Er brach ab, fand einfach nicht die richtigen Worte. „Ich bin mit einer anderen zusammen.“, sagte er schließlich. „Weil ich versucht habe, dich zu vergessen, aber das hat nicht geklappt. Und ich werde sie verlassen, aber du musst mir versprechen nie mehr so etwas zu tun. Und bitte gib mir Zeit, ich möchte sie nicht verletzen.“ Das er damit aber Arisha verletzte, war ihm auch klar, doch irgendwie musste er das jetzt wieder gerade biegen. Kurz schien eine Art Schatten über ihr Gesicht zu huschen, doch sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ich würde ewig auf dich warten.“, flüsterte sie und zog ihn zu sich. Glücklich küsste Constantin sie. All seine Vorsätze, von wegen, er würde bis Jahresende mit Hannah zusammenbleiben, schmolzen dahin. Eigentlich hatte er sich nur selbst etwas vorgemacht. Zu seinem Pech ging es Hannah gegen Abend wieder besser, sodass sie darauf bestand, ihn zur Party zu begleiten. Widerwillig fügte er sich und überlegte, wie er das Arisha erklären sollte. Anfangs konnte er sie nirgends entdecken, was vielleicht auch daran lag, dass Hannas ständiges Gequatsche ihn ablenkte. Schließlich löste sie sich von seiner Seite, um zu ihrer Clique zu gehen, die irgendwo weiter rechts stand und in eine wilde Diskussion vertieft war. Constantin suchte allein weiter, sehr zu seiner Erleichterung. Schließlich entdeckte er Arisha an einen Baum gelehnt. „Ich dachte, ich halte mich besser im Hintergrund, solange deine Freundin dabei ist.“, meinte sie und ließ dabei nicht erkennen, was sie dachte. „Tut mir Leid.“ Er stellte sich zu ihr, legte einen Arm um ihre Hüfte und genoss es, endlich wieder bei ihr zu sein. „Heute Morgen sah es noch so aus, als würde sie nicht mitkommen und ich hatte gehofft, mit dir allein zu sein.“ Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. „Das kannst du doch.“ Sie drehte sich zu ihm um und ging einen Schritt nach links, sodass sie im Schatten des Baumes nicht mehr zu sehen war. Spielerisch zog sie ihn zu sich und legte eine Hand in seinen Nacken. „Und jetzt?“ Statt einer Antwort küsste er sie verlangend. Er hatte viel zu lange auf sie verzichten müssen. Vorsichtig drückte er sie an den Baum und strich ihr durchs Haar. Arisha unternahm nichts dagegen, sondern erwiderte den Kuss. Sie schloss die Augen. Dieses Mädchen, dass die ganze Zeit an Constantins Seite gehangen hatte, war ihr egal, sie wusste, dass Constantins Liebe ihr galt. Ihr einziges Problem war, dass sie hier nicht allein waren. Sanft, aber bestimmt drückte sie ihn von sich. „Besser, wenn wir das nicht hier machen.“, sagte sie leise. „Mir ist egal, wer uns sieht.“, erwiderte er. „Von mir aus kann die ganze Welt wissen, dass wir zusammen sind.“ Sie lächelte traurig. „Dann würden wir Probleme kriegen.“ Sie spähte aus dem Schatten des Baumes heraus. „Ich glaube, deine Freundin sucht dich.“ Er wollte nicht fort. „Und wenn schon.“ Wieder gab er ihr einen kurzen Kuss. „Du weißt, dass sie mir nichts bedeutet. Ich ihr auch nicht, davon mal abgesehen.“ Hannahs Ohren waren besser, als er gedacht hatte, jedenfalls hatte sie die letzten Worte aufgeschnappt und stand nun vor Wut glühend neben ihnen. „Ich hab dich gesucht.“, jammerte sie vorwurfsvoll und ließ ihren Blick eifersüchtig über Arisha gleiten, die ihn ausdruckslos erwiderte. Wenn es darum ging, wer den stärkeren Charakter hatte, gewann Arisha zweifelsohne und das schien auch Hannah zu merken, denn sie drehte den Kopf abrupt zu Constantin. „Was soll das?“, fragte sie schneidend. Constantin bereute seine Worte trotz Hannahs offensichtlicher Wut nicht. Gut, er hatte gesagt, er wolle sie nicht verletzen, aber das war geradezu unmöglich. „Darf ich dir Arisha vorstellen?“, fragte er in möglichst gleichgültigem Ton. „Mir ist egal wie sie heißt.“, fauchte Hannah. „Machst du das immer, dass du hinter meinem Rücken mit einer anderen rum machst?“ Constantin schüttelte seufzend den Kopf. „Hannah, tut mir Leid, aber ich liebe sie.“ Die Blonde starrte ihn sprachlos an, während Arisha sich jeglichen Kommentars enthielt. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und stolzierte davon. Eine Weile sahen sich Arisha und Constantin schweigend an, dann fing Constantin an zu lachen. „Das ging einfach. Sie wird drüber hinwegkommen und rennt wahrscheinlich morgen schon mit dem Star der Schule herum.“ Auch Arisha lächelte nun, anscheinend erleichtert, dass Constantin das so schnell hinter sich gebracht hatte. „Hast du ihr die Treue geschworen?“, fragte sie scherzhaft. „Nein.“, beteurte er. “Nie. Aber bei dir tue ich es.” Er zögerte kurz. „Wann musst du zurück?” “Eigentlich jetzt.” Sie klang bedauernd. “Ich fahr dich.”, bot er an. Sie wollte schon etwas erwidern, doch er legte ihr den Finger auf die Lippen. „Wir hatten ausgemacht, nichts mehr über Gefahren wegen des Ordens zu sagen.“ Ohne auf ihre Antwort zu warten, zog er sie mit zu seinem Auto. Als er den Motor startete, drang ein, inzwischen bekanntes, Lied aus den Boxen. Lächelnd sah er zu Arisha, dann fuhr er los. It's really good to hear your voice say my name It sounds so sweet Coming from the lips of an angel Hearing those words it makes me weak And I never wanna say goodbye But girl you make it hard to be faithful With the lips of an angel ~~~ Lyrics von Hinder Kapitel 3: My Immortal ---------------------- „Du bist ein Idiot.“ Lächelnd nahm Jaque seine Freundin in den Arm. „Ich weiß doch.“ „Ein absoluter Idiot.“, versicherte Alecia und bemühte sich um einen ernsthaften Tonfall, der ihr aber misslang. Besänftigt schmiegte sie sich wieder an ihn, nachdem sie vorher Abstand zwischen sich und ihn gebracht hatte, als Jaque in tiefster Überzeugung behauptet hatte, er würde Selbstmord begehen, sollte sie ihn verlassen. Es kostete einige Beteuerungen, dass er es nicht tun würde, bis sie sich wieder beruhigt hatte. „Davon mal abgesehen, würde ich dich sowieso nicht verlassen.“, murmelte sie und schloss die Augen, um die Sonne und Jaques Nähe zu genießen. „Die schlafen nicht wirklich, oder?“, wandte sich in einiger Entfernung Johanna an ihren Verlobten René. Dieser zuckte mit den Schultern. „Irgendwann müssen sie es ja tun.“ Es war allgemein bekannt, dass im Leben eines Prieuré nicht viel Freizeit und somit wenig Entspannung gab. Freie Tage wie diese waren selten. Johanna blickte René einen Moment lang mit hochgezogener Augenbraue an, dann verließ sie den See, in den sie sich bisher aufgehalten hatte: „Hey, aufstehen!“, rief sie Jaque und Alecia zu. „Ihr könnt doch nicht den ganzen Tag verschlafen!“ Alecia bewegte sich nicht, Jaque reagierte wenigstens – er brummte etwas Unverständliches als Antwort – machte aber ebenfalls keine Anstalten aufzustehen. „Na gut, dann eben anders.“ Kurzerhand schnappte Johanna sich eine der mitgebrachten Wasserflaschen und leerte den Inhalt über dem dösenden Paar aus. Alecia war schneller auf den Beinen, als Johanna schauen konnte, während Jaque sich nur aufsetzte und von seinem Platz am Boden aus das Geschehen beobachtete. „Es ist immer wieder schön zu sehen, wie friedlich ihr Ungereimtheiten aus der Welt räumt.“, sagte er grinsend. Alecia ließ sich schmollend neben ihm nieder, was Jaques Grinsen nur noch verbreiterte. „Du has da was.“ Mit diesen Worten neigte er sich zu ihr und küsst die Wassertropfen von ihrem Hals. Johanna seufzte und wandte sich ab. „Dann eben nicht.“ Damit kehrte sie zu René ins Wasser zurück. „Immerhin sind sie jetzt wach.“ Gegen Ende des Tages waren auch Jaque und Alecia mal im Wasser gewesen, sehr zu Johannas Zufriedenheit. Schließlich hatten die beiden Paare sich getrennt und während Johanna mit René zur Devina zurückkehrte, gingen Alecia und Jaque zu ihm nach Hause. Als die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, legte Alecia die Arme um ihn. „Jetzt haben wir so viel Zeit...was machen wir jetzt?“ „Ich wüsste was.“, erwiderte er, bevor er sie küsste. Alecia schloss die Augen und überließ sich seiner Berührung. Zu schade, dass sie morgen wieder arbeiten mussten. Keinen Tag später hatte sich alles geändert. Zuvor hatte Alecia ihr Glück kaum fassen können, jetzt zweifelte sie an der Grausamkeit, mit der es ihr wieder genommen worden war. Sanft legte sie ihre Hand auf die von Jaque und wartete auf eine Reaktion. Sie blieb aus. Wieder musste Alecia gegen die Tränen kämpfen. Sie konnte noch immer nicht ganz verstehen, was passiert war, denn der einzige, der etwas mitgekriegt hatte, war Jaque, der jetzt im Krankenhaus lag. Alecia hatte das Gefühl, dass die Angst sie ersticken würde. Was geschah, wenn Jaque starb? Wie sollte es für sie dann weitergehen? Sie und Jaque hatten bereits begonnen Pläne für die Zukunft zu schmieden. Alecia konnte nicht glauben, dass ihr das alles genommen sein sollte. Sie beugte sich über Jaque und küsste ihn vorsichtig. Seine Haut war nicht mehr so wohltuend warm, wie sie sie in Erinnerung hatte. Er durfte hier nicht sterben, nicht so, nicht jetzt. „Bleib bei mir.“, flüsterte sie ihm zu. Bestimmt konnte er sie hören, aber er rührte sich noch immer nicht. Würde es vielleicht nie mehr tun. Erschrocken fuhr Alecia aus dem Schlaf. Warum verfolgte sie dieser Traum noch immer, Tage nach Jaques Entlassung aus dem Krankenhaus? Er hatte die Verletzungen dank Alecias Blutspende und Johannas Idee, dass Sangreal ihm helfen könnte, überlebt. Aber nicht nur Alecia schien trotzdem nicht wieder so glücklich wie zuvor, auch Jaque zog sich immer mehr zurück. Alecia blickte zur Seite, doch Jaque war nicht da. Es überraschte sie nicht. Langsam stand sie auf und zog sich an. Sie wusste, wo Jaque sich aufhielt. Als sie am See ankam, sah sie ihn am Ufer sitzen. Er drehte einen flachen Stein in der Hand, doch anstatt ihn übers Wasser zu werfen, ließ er ihn wieder ins Gras fallen. Wortlos setzte Alecia sich neben ihn und wartete darauf, dass er anfing zu reden. „Ich habe nachgedacht.“, sagte er leise. „Du hast jemanden verdient, der nicht bei irgendwelchen Angriffen jedes Mal in Lebensgefahr schwebt und das kann ich dir nicht bieten.“ Das war also mit ihm los, er hielt sich für zu schwach. Lächelnd kuschelte sie sich an ihn. „Erstens mal kannst du nichts dafür, zweitens liebe ich dich noch immer. Und drittens hast du das Problem jetzt nicht mehr.“ „Wie meinst du das?“ „Na ja, du lagst in diesem Krankenhaus und ich hatte fürchterliche Angst um dich. Da hat Johanna vorgeschlagen, ich solle es mal mit einer Blutspende probieren, vielleicht würde dir das helfen.“ Jaque sah sie erst entgeistert an, dann kehrte sein Lächeln zurück. „Es hat funktioniert.“ Alecia konnte die Erleichterung in seiner Stimme hören. Überglücklich küsste er sie. „Du bist ein Engel, Alecia.“ „Bedank dich bei Johanna.“, murmelte sie, während sie seine Zärtlichkeit genoss, doch dann sah sie ihn ernst an. „Es gibt noch einen Grund, warum du nicht einfach gehen kannst.“ Das war wieder ein Moment, vor dem sie sich fürchtete. Wie würde er reagieren? „Der da wäre?“ „Ich bin schwanger.“ Einen Moment lang herrschte Schweigen, doch dann umarmte Jaque sie lachend. „Wie lange schon?“ „Sechs Wochen.“ Beruhigt lehnte sie den Kopf an seine Schulter. „Freust du dich?“ „Freuen ist gar kein Ausdruck.“ Er streichelte ihr durchs Haar und sah sie liebevoll an. „Und was ist mit dir? Bist du glücklich?“ Sie sah über den See, in dem sich die Sterne spiegelten, während sie Jaques Nähe und den leichten Wind genoss. „Ja.“, antwortete sie und blickte ihn mit leuchtenden Augen an. „Ja sehr.“ Kapitel 4: Heal me ------------------ Fortsetzung zu „Lips of an Angel“ Zufrieden blickte Constantin auf die schlafende Araberin neben sich. Er hatte sie selten so friedlich gesehen. Vorsichtig beugte er sich zu ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen im Schlaf. Constantin konnte kaum glauben, dass er mit Arisha zusammen sein konnte, obwohl beide eigentlich Feine sein sollten. Trotz des Verbotes trafen sich die beiden regelmäßig. Das Risiko war es wert. Außerdem konnten sie nur so ihren Plan, das Land zu verlassen ausarbeiten. Wenn sie hier nicht miteinander leben durften, mussten sie das eben woanders tun. Arisha hatte sich anfangs gegen diesen Vorschlag gesträubt, da sie ihren Bruder nicht einfach so zurücklassen wollte, doch mit der Zeit hatte sie eingesehen, dass dies die einzige Möglichkeit war, die sie hatten. Es war auch die einzige Möglichkeit, offen als Familie zu leben, mit Alain, ihrem kleinen Sohn. Arisha öffnete verschlafen die Augen und sah Constantin an. Ohne ein Wort zu sagen, zog sie ihn sanft zu sich und küsste ihn. „So kannst du mich von mir aus jeden Morgen begrüßen“, grinste Constantin, nachdem sie sich wieder gelöst hatten. Dann setzte sie sich auf, um sich anzuziehen, doch Constantin hinderte sie daran. Er küsste sie in den Nacken, dann auf ihr linkes Schulterblatt, wo das Zeichen der Assassine eintätowiert war und schließlich auf den Rücken. Am liebsten hätte Arisha dagesessen und seine Küsse genossen, aber sie hatten keine Zeit. Daher drehte sie sich zu ihm um und legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Wir müssen langsam los.“ Er ließ seine Hände über ihre Seite gleiten. „Warte noch.“ „Ich kann nicht.“ Sie wusste, wenn sie wartete, würde ihr Verschwinden auffallen. „Ich dürfte gar nicht hier sein.“ „Das hast du das letzte Mal auch gesagt.“, erinnerte Constantin. „Und das Mal davor. Eigentlich immer.“ Behutsam drückte er sie ins Kissen zurück. „Constantin!“ Arisha lachte auf, als er begann, ihren Hals zu küssen, doch sie wehrte sich nicht. Das Glitzern in ihren Augen hatte dem Templer verraten, dass sie sich in ihr Schicksal fügte und so störte ihn auch der gespielt empörte Zwischenruf nicht. Einige Zeit später parkte Constantin seinen Wagen in der Nähe der Devina. Arishas heftige Proteste hatte er abgetan. Er hatte sie schon mehrmals hergebracht –gegen ihren Willen, wie sie immer wieder betonte- und es war nie etwas geschehen. Das Problem diesmal war die fehlende Zeit. Über Arishas häufiges Verschwinden wurde schon seit langem in der Devina gemutmaßt und als man es diesmal bemerkt hatte, wartete man auf ihre Rückkehr. „Ich ruf dich an.“, versprach Constantin, nachdem beide das Auto verlassen hatten. Sie umarmte ihn kurz und küsste ihn zum Abschied. Im nächsten Moment hatte sie auch schon ein Schwert an der Kehle, der kalte Stahl drückte sich bedrohlich gegen ihre Haut. „Ach Gott, wie niedlich.“, höhnte eine kalte Stimme hinter ihr. Drei weitere Söldner schlenderten bewusst ruhig in ihre Richtung, um Constantin, der seine Waffe gezogen hatte, in Schach zu halten. „Leg das Schwert weg, Junge.“, sagte der Sprecher. „Das ist es dir nicht wert.“ Einen Moment lang schien es, als würde Constantin angreifen, nur um ihm das Gegenteil zu beweisen, doch dann rammte er das Schwert in den Boden. „Lass sie los.“ Er klang resigniert. „Immer langsam.“ Das Schwert wurde gesenkt und Arisha grob zu Constantin gestoßen. Erst jetzt hatte sie die Gelegenheit, sich umzudrehen und den Angreifer zu betrachten, auch wenn sie bereits an der Stimme erkannt hatte, dass es sich um Kemal handelte. „Ich hätte dich für klüger gehalten.“, grinste er und man merkte, dass ihm die Situation durchaus gefiel. „Dich mit den Templern einzulassen, war das Dümmste, was du je getan hast. Du weißt doch, was mit Verrätern geschieht.“ Sein Ton klang schon fast mitleidig, aber auf eine hinterhältig gemeine Weise. „Das Gleiche wie mit Idioten.“, erwiderte Arisha. Ihren Sarkasmus ließ sie sich nicht nehmen. Statt einer Antwort erhielt sie einen wuchtigen Schlag ins Gesicht. Constantin wollte eingreifen, doch ohne Waffe wäre das Selbstmord gewesen. So sah er bloß mit vor Wut blitzenden Augen zu. „Das wollte ich schon immer mal machen.“, meinte Kemal zufrieden und wandte sich an den Templer. „Eigentlich müsste ich dich sofort töten, aber es geht ja auch anders. Du könntest uns etwas über deinen Orden erzählen.“ Aha, dahin lief also der Hase. „Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen.“ Constantin bemühte sich um einen möglichst ruhigen Ton, was schwer war angesichts der Tatsache, dass er das Drecksschwein am liebsten abgestochen hätte. Kemal hatte einen Dolch gezogen, den er jetzt lässig zwischen seinen Fingern drehte. „Nun, wir werden sehen.“ Das sadistische Grinsen ließ sowohl Constantin als auch Arisha unwohl erschauern, im Gegensatz zum Templer wusste die Araberin jedoch, wozu Kemal fähig war. „Bringt sie weg.“ Constantin hatte immer geglaubt, er wüsste, was Schmerz sei, aber nachdem Kemal das Zimmer wieder verlassen hatte, wusste er es besser. Der Kerl war im Mittelalter bestimmt Foltermeister gewesen. Constantin hatte noch nie Schlimmeres erlebt. Noch dazu ging die Tortur weiter, auch nachdem seine Wunden verheilt waren. Er wusste, was das hieß, hatte es schon mal erfahren. Arisha tat man in dem Moment das Gleiche an wie ihm kurz zuvor. Keuchend richtete er sich auf und begann gegen die Tür zu hämmern. Seine Rufe blieben unbeachtet, genauso wie die gequälten Schreie zuvor. Constantin interessierte das nicht, er machte weiter, bis seine Hände blutig waren und rote Abdrücke auf dem Holz hinterließen. Dann wartete er eine Weile, bis sie wieder geheilt waren und begann von Neuem. Nach einer scheinbaren Ewigkeit gab er auf, man konnte oder wollte ihn nicht hören. Verzweifelt ließ er sich auf den Boden sinken und sah seinen Händen beim Heilen zu. Er musste hier raus und er musste Arisha helfen. Leider hatte er keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Umso erstaunter war er, als sich die Tür erneut öffnete und die Söldner Arisha hereinbrachten. Kaum war die Tür wieder geschlossen, war Constantin auch schon bei ihr und nahm sie in den Arm. „Arisha.“, murmelte er erleichtert. Sie erwiderte die Umarmung und er bemerkte zahlreiche kleine Wunden an ihren Armen, die sich langsam schlossen. „Wieso sperren sie uns zusammen?“, flüsterte sie erschöpft, während sie sich von ihm löste und auf der Bettkante niedersank. „Ich weiß es nicht.“ Ehrlich gesagt, war es ihm auch egal. Die Hauptsache war, dass Arisha bei ihm war. Er legte sich aufs Bett und sie schmiegte sich an ihn, legte den Kopf auf seinen Oberkörper. „So würde ich sterben wollen.“, flüsterte sie mit geschlossenen Augen. Entsetzt blickte Constantin Arisha an. „Das meinst du jetzt nicht ernst, oder?“ Sie antwortete nicht. „Hör zu, wir werden beide nicht sterben.“, sagte er eine Spur zu heftig. „Was soll denn dann aus Alain werden? Aus unseren Plänen?“ Er legte einen Arm um sie und begann leise zu erzählen, von dem Leben, das sie führen würden, wenn all das ausgestanden war. Arisha hörte schweigend zu. Irgendwann schlief sie trotz der Angst ein, während Constantin sie betrachtete und über ihren Schlaf wachte. Seine Augen brannten vor Müdigkeit, aber er gab dem Verlangen nach Ruhe nicht nach. Wenn Kemal zurückkam, wollte er wach sein, auch wenn es nicht viel bringen würde. Er wollte zumindest versuchen, für seins und Arishas Leben zu kämpfen. Leider verlor er schon den Kampf gegen den Schlaf. Er konnte nicht verhindern, dass er wenig später an Arishas Seite eindöste. Constantin schlief nicht lange, aber es war lange genug. Als er die Augen wieder aufschlug, entdeckte er Kemal auf der anderen Seite des Zimmers, einen Dolch gezückt und Arisha in unmittelbarer Nähe. „Ah, der Siebenschläfer ist auch endlich wach.“ Constantin setzte sich ruckartig auf. Er hätte Kemal in diesem Moment alles gesagt, was dieser hören wollte, wenn der dafür Arisha losließ, aber der Ritter fragte nicht. „Na, mein Templerfreund, immer noch so aufmüpfig?“ Kemal grinste dreckig, schob mit einer Hand Arishas Shirt hoch und fuhr dann mit dem Dolch, den er in der anderen Hand hielt, an ihrem Bauch entlang. Arisha atmete automatisch flacher, um die Waffe nicht zu berühren, was Kemal mit einem amüsierten Lächeln quittierte. „Was sagst du jetzt, meine Hübsche?“, raunte er ihr ins Ohr, während er den Dolch etwas fester gegen sie drückte. Dass Constantin hilflos zusehen musste, machte das Ganze für ihn nur noch besser. „Das ich dich hätte töten sollen, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte.“, zischte Arisha zurück. Mit der Antwort hatte Kemal nicht gerechnet. Mit einem wütenden Ruck zog er den Dolch zurück, sodass er eine lange Wunde knapp über ihrer Hüfte hinterließ. Ein unterdrückter Schmerzenslaut kam von Arishas Lippen. Kemal blickte wieder zu Constantin. „So, mein Freund.“, sagte er gefährlich ruhig. „Dann wollen wir mal mit der Befragung beginnen.“ Constantin hatte sich geirrt, es konnte noch schlimmer kommen und Kemal gab sich alle Mühe, ihm das zu beweisen. Für jede der Fragen, die Constantin nicht beantworten konnte, weil es um Dinge ging, die der Tempelmeister und sein Vize unter sich klärten, bekam Arisha eine weitere Wunde hinzugefügt. Merkwürdigerweise war der einzig klare Gedanke, den er fassen konnte, während er vor Sorge um Arisha fast verrückt wurde: ‚Wie wollen die das ganze Blut jemals wegkriegen?’ Kemal stieß seinen Dolch in Arishas Rücken, als Constantin zu lange schwieg. Sie schrie vor Schmerz gequält auf. Constantin konnte das nicht länger mit ansehen. Genauso gut hätte Kemal ihn foltern können. Er spürte Arishas Schmerz wie seinen eigenen, aber zusehen zu müssen, wie ihr immer neue Verletzungen zugefügt wurden, war für ihn unerträglich. „Hör endlich auf damit!“ Kemal verzog abfällig das Gesicht. „Was denn, schon?“ Er ließ Arisha los, die halb besinnungslos vor Qual zu Boden sank. Constantin wollte zu ihr, doch Kemal versperrte ihm den Weg. „Wie wäre es, wenn wir uns noch mal unterhalten?“ Mit diesen Worten rammte er Constantin den Dolch ins Bein. Constantin biss sich so fest auf die Lippe, dass sämtliches Blut daraus wich, um nicht laut aufzuschreien. Die Genugtuung wollte er seinem Peiniger nicht geben. „Kemal!“ Eine weitere Stimme, aber keine unbekannte. Shareef stand in der Tür. Sein Blick streifte Arisha und kurz schien in seinen Augen etwas aufzuflackern, dann wandte er sich wieder dem Ritter zu. „Hör auf. Die beiden dürfen gehen.“ Kemal betrachtete ihn eine Weile, als überlegte er, Shareef einfach umzubringen und hier weiterzumachen – Constantin traute ihm zu, dass er das durchaus in Erwägung zog. Dann zog er jedoch den Dolch aus Constantins Bein und stapfte mit den Worten „Wie schade.“ An Shareef vorbei aus dem Raum. Der Araber schüttelte leicht den Kopf, ging schweigend zu seiner Schwester, die er vorsichtig hochhob und wandte sich an Constantin. „Kannst du aufstehen?“ Statt einer Antwort erhob sich der Angesprochene. Sein verwundetes Bein zitterte leicht, aber ansonsten hatte er keine Probleme. „Warum dürfen wir gehen?“ „Ich habe ein wenig Überzeugungsarbeit geleistet, als ich gehört habe, was sie vorhaben.“ Shareef verriet jedoch nicht, wie er die anderen überredet hatte. „Ich bringe euch zwei erstmal in ein Krankenhaus.“ „Wir müssen da nicht hin.“, protestierte Constantin. Im nächsten Moment klammerte er sich auch schon an Shareefs Arm, weil ihn die Kraft verließ. Shareef warf ihm einen strafenden Blick zu und schaffte es irgendwie, ihn zu stützen ohne Arisha herunterzulassen. „Hier gibt es doch bestimmt auch einen Arzt.“, meinte Constantin schwach. „Allerdings. Nur, hier ist es nicht sicher.“ „Ach, und im Krankenhaus ist es das?“ Der ironische Unterton ließ sich nicht aus seiner Stimme vertreiben. „Sicherer als hier.“ Das erste, was Arisha spürte, als sie erwachte, waren hämmernde Kopfschmerzen. Verzweifelt versuchte sie sich zu erinnern, woher sie diese hatte. Sie erinnerte sich an wirre Träume, verschwommene Personen und Schreie, aber es war alles unwirklich. Immer, wenn sie fast dabei war, ihre Erinnerungen zu entnebeln, tanzten schwarze Punkte vor ihren Augen. Schließlich gab sie es auf und setzte sich gerade hin, um sich umzusehen. Was tat sie im Krankenhaus? Frustriert sah sie zur Tür, als diese sich öffnete. Es war nur einer der Ärzte, der sie nach ihrem Namen fragte, was sie aus Reflex beantwortete. Auch der Arzt schien sich zu fragen, was sie hier tat. Sie hatte keinerlei Verletzungen oder sonstiges. Also schickte er sie heim. Was sie wusste, aber nicht ändern konnte, war die Tatsache, dass sie vierundzwanzig Jahre ihres Lebens und somit ihre gesamte Vergangenheit verloren hatte. Constantin schlief länger als Arisha. Als er aufwachte, bemerkte er, dass Shareef an der Tür lehnte. „Sieht so aus, als müsstet ihr eure Fluchtpläne absagen.“ Constantin stutzte. „Du weißt davon?“ Der Araber lächelte sacht. „Ich bin ihr Bruder, natürlich weiß ich davon. Ich habe ihr gesagt, dass sie mit dir gehen soll.“ Dass überraschte Constantin. Er hatte immer gedacht, Shareef hätte etwas dagegen, dass Arisha sich mit einem Europäer –noch dazu einem Templer- traf. Stattdessen hatte er sie ermutigt, den Plan umzusetzen. „Warum wird daraus nichts?“ „Sie ist fort.“ „Was?“ Ungläubig starrte Constantin ihn an. „Fort?“ „Ja.“ Shareef nickte bestätigend. Obwohl er sich nichts anmerken ließ, registrierte Constantin, dass auch er geschockt war. „Und wo ist sie jetzt?“ „Ich weiß es nicht.“ Constantin hatte sich aufgesetzt. „Sie kann nicht fort sein.“ Er hatte das nur dank ihr überstanden, hatte sich die ganze Zeit gesagt, dass sie danach als Familie leben konnten. Er würde Alain aufwachsen sehen, er würde sehen, wie das Lächeln auf Arishas schönes Gesicht zurückkehrte. Das alles sollte jetzt doch nicht sein? „Ist sie aber.“ Shareef sah ihn ernst an. „Und ich habe das Gefühl, dass sie es noch eine Weile sein wird.“ Kapitel 5: All I Need --------------------- Grübelnd ging Ashraf den Flur entlang, in die Richtung, in der das Zimmer von Morgan und ihm lag. Die Unruhe ließ ihn einfach nicht los, was mit seiner Rolle als werdender Vater zusammenhing. Gerne hätte er Morgan etwas von den Schmerzen abgenommen, doch er war zum Nichtstun verdammt und so unternahm er lange Rundgänge durch die Burg, wenn seine Frau am Schlafen war, um auf andere Gedanken zu kommen. Geschlafen hatte er schon seit langem nicht mehr, er bekam einfach kein Auge zu. Seufzend öffnete Ashraf die Tür zum Zimmer und stockte, als er merkte, dass noch jemand im Raum war. Die vom Schatten verdeckte Person kam ihm bekannt vor, doch konnte er ihr nicht sagen, woher. Mit einem kurzen Blick registrierte er, dass Morgan wach und offensichtlich verängstigt war. „Was wollt ihr?“, fragte Ashraf mit fester Stimme an die verdeckte Person gerichtet. „Ich denke, dass weißt du sehr gut, Ashraf.“, kam es ungerührt zurück und der Araber zuckte zusammen, als er die Stimme seines ehemaligen Befehlgebers Rashid erkannte. Rashid trat aus dem Schatten und grinste, als er Ashraf geschocktes Gesicht sah. „Überrascht? Du hättest wissen müssen, dass ich hier früher oder später auftauchen würde. Oder hast du gedacht, du könntest ungestraft davon kommen? Dasselbe gilt für deine hübsche Frau.“ Er strich mit einem Finger über ihre Wange und sein Grinsen wurde immer breiter. „Obwohl, vielleicht lasse ich sie noch eine Weile am Leben, alles andere wäre die reinste Verschwendung.“ „Lass die Hände von ihr.“, knurrte Ashraf und versuchte Rashids vorige Worte zu ignorieren. „Sie ist noch immer mein Eigentum.“, gab Rashid zurück, der seine Hand jetzt fest um ihre Haare geschlossen hatte und ihren Kopf nach hinten zog. Der ehemalige Assassine zog sein Schwert, zögerte aber noch anzugreifen, aus Angst, Morgan zu verletzen. „Ashraf...“, flüsterte Morgan, fast flehend. Sie kam nicht dazu, ihren Satz zuende zu bringen. Kurz blitzte Rashids Messer auf, dann sackte Morgan mit aufgeschlitzter Kehle zusammen. Das Schwert zitterte in Ashrafs Hand. Fassungslos blickte er auf Morgans toten Köper und brachte kein Wort hervor. „Tja, da muss mir wohl die Hand ausgerutscht sein.“, höhnte Rashid. In Ashraf stieg der flammende Wunsch nach Rache auf und verdrängte den Schmerz, die Trauer und die Gewissheit, dass all seine Träume und Hoffnungen, ebenso wie die von Morgan, zerschlagen waren. Er würde Rashid für das bezahlen lassen, was er Morgan angetan hatte. Er hatte sie verletzt, vergewaltigt...er hatte sie umgebracht, verdammt, sie und das Kind! Voller Zorn stürzte er sich auf Rashid, doch er hatte den Herrn der Assassinen unterschätzt. Er entwaffnete Ashraf schneller, als dieser reagieren konnte und stieß ihn gleichzeitig so nach hinten, dass er den Halt verlor und zu Boden ging. Mit einer Hand versuchte Ashraf, sich auf dem Bett abzustützen , was genauso sinn- wie wirkungslos war. Er spürte Morgans warmes Blut an seinen Fingern du tastete nach ihrer Hand, die er dann ergriff. Seltsamerweise gab ihm ihr lebloser Körper und die Erkenntnis, dass er ihr folgen würde, die nötige Kraft und als Rashid sein Schwert mit den Worten „Jetzt bist du an der Reihe, Verräter.“ Durch sein Herz rammte, war er bereit zu sterben. Ashraf fuhr aus dem Schlaf und setzte sich augenblicklich aufrecht hin. Er fuhr sich mit der zitternden Hand über die Augen. Schon wieder! Dieser Traum ließ ihn einfach nicht los, im Gegenteil, mit jedem Mal wurde er klarer und realistischer. Beinahe hätte Ashraf sich nicht getraut, zur Seite zu sehen und als er merkte, dass Morgan noch immer neben ihm lag, atmete er erleichtert aus. Aber was hatte er auch erwartet? Er wusste doch, dass es nur ein Traum war. Morgan und er hatten mit Robert das Land schon lange verlassen, es wäre ein Wunder gewesen, wenn sie hier noch auf einen Assassinen getroffen wären. Trotzdem ließ ihn die Angst, Morgan und das Kind zu verlieren, nicht los. Er betrachtete seine Frau, deren Haut im Mondlicht sanft schimmerte und streichelte ihr gedankenverloren über die Schulter. Wenn sie weite Kleider trug, konnte sie ihre Schwangerschaft noch verbergen, doch sie legte keinen Wert darauf. Sie freute sich so auf das Kind. „Schatz?“, murmelte Morgan schlaftrunken und griff nach seiner Hand. „Es ist alles in Ordnung.“, log Ashraf und küsste sie auf die Stirn. „Schlaf weiter.“ Sie schlug die Augen auf und Ashraf musste sofort wieder an ihren flehenden Blick denken, kurz bevor Rashid sie umbrachte. Er sah zur Seite. „Was ist los, Ashraf?“, wollte Morgan wissen. Auch sie setzte sich jetzt hin, einen Arm um ihn gelegt. Seit sie das heilige Land verlassen hatten, benahm er sich so merkwürdig. Der Ortswechsel hatte ihm nicht besonders gut getan und einige Tage lang hatte er mit hohem Fieber im Bett gelegen. Morgan war in dieser Zeit nicht von seiner Seite gewichen und hatte zugehört, wie Ashraf in seinen Fieberträumen wirres Zeug geredet. Einige Satzfetzen warn dabei immer wiedergekehrt, wie „Allah, vergib mir.“ und „Beschütze Morgan...das Kind.“ Morgan hatte nach seiner Genesung kein Wort mehr darüber verloren und Ashraf schien sich nicht zu erinnern, irgendetwas gesagt zu haben, deshalb hatten sie es darauf beruhen lassen. Was Morgan nicht wusste, war, dass Ashraf seit diesem Tag von dem Traum gequält wurde. Er wollte sie nicht beunruhigen, deswegen sagte er nichts. „Was ist?“, wiederholte Morgan ihre Frage. „Ashraf, du kannst mich nicht mehr ansehen, du unternimmst stundenlange Gänge allein, du redest nicht mehr mit mir. Ich möchte wissen, was los ist.“ Und er hatte gedacht, er könne das vor ihr verbergen. Seufzend wandte er sich Morgan zu, in seinen Augen stand tiefe Sorge und Selbstzweifel. „Ich möchte dich nicht verlieren, Morgan. Oder das Kind.“ Dabei strich er sanft mit der Hand über ihren gewölbten Bauch. „Ich will nur, dass es euch gut geht und dass ihr nicht verletzt werdet und ich weiß nicht, ob ich euch im Zweifelsfall beschützen könnte.“ Morgan lächelte und schmiegte sich an ihn, eine Hand auf seine gelegt. „Ich bin glücklich, solange ich bei dir sein kann.“, sagte sie ruhig. „Und wir sind jetzt weit fort von diesem ganzen Krieg.“ Ashraf spürte, wie ihre Worte ihn befreiten und so blieben die beiden lange so sitzen und rührten sich nicht. Langsam kehrte das Lächeln auf Ashrafs bedrücktes Gesicht zurück, als Morgan den Kopf hob und ihn küsste. „Du bist alles, was ich brauche.“ Kapitel 6: Frozen ----------------- Schwer atmend steckte Arisha ihr Schwert zurück. Ihr Körper zitterte vor Erschöpfung, der Schweiß glänzte auf ihrer Haut. Von fünf Uhr morgens bis spät in den Nachmittag hinein hatte sie abwechselnd mit Shareef, Ashraf, Tarik oder Yasif trainiert, je nachdem, wer gerade Zeit hatte und ohne sich selbst dabei eine Pause zu gönnen. Ashraf, ihr momentaner Kampfpartner, bedachte sie mit einem besorgten Blick. „Sollen wir aufhören?“ Arisha nickte kraftlos und ließ sich an einer Mauer niedersinken. Seit einiger Zeit trieb sie ihr tägliches Training immer an den Rande eines Zusammenbruchs, weil sie es verlängert hatte um nicht wegen Schwäche von den Assassinen verstoßen zu werden. Wäre das der Fall gewesen, hätte sie die einzigen Personen verlassen müssen, die ihr etwas bedeuteten: ihren Bruder Shareef und die drei anderen Araber, die ihr wie Geschwister ans Herz gewachsen waren. Noch dazu hatte sie mit ihren sechzehn Jahren kaum eine Chance, sich zurecht zu finden. Trotzdem fand Ashraf ihre Reaktion übertrieben. Sie war gut und das wusste sie, also hatte sie keinen Grund, sich so zu quälen. Arisha sah das anders. Ihrer Meinung nach würde Rashid sie nicht rauswerfen, solange sie gut genug war. Natürlich war ihr klar, dass Rashid keinen Grund brauchte, aber sie versuchte sich trotzdem vom Gegenteil zu überzeugen. Ein Schatten fiel auf die beiden und sie sahen auf. Vor ihnen stand Kune, einer der persönlichen Wache Rashids. Er hatte harte Züge, in denen Mitleid undenkbar war und war einer der besten Assassine auf der Burg. Aber Arisha und Ashraf wussten mehr über ihn als andere. Sie wussten, dass Kune sich gerne mit den Sklavinnen der Burg vergnügte und dass er eine von ihnen geschwängert hatte. Sie hatte einen Sohn zur Welt gebracht und war später von Kune dafür getötet worden. Den Jungen hatte man zum Assassinen erzogen. Arisha und Ashraf wussten das, weil eben dieser Junge, inzwischen seit einigen Jahren erwachsen, einer ihrer engsten Freunde war. Kune war Yasifs Vater. „Was willst du?“, fragte Ashraf hart, man spürte deutlich, dass er Kune nicht leiden konnte. Dieser zeigte sich davon unbeeindruckt und. „Rashid hat nach dir geschickt.“, wandte er sich stattdessen an Arisha. „Er will, dass du zu ihm kommst. Sofort.“ Arisha erhob sich und auch Ashraf setzte sich in Bewegung, doch Kune hielt ihn auf. „Allein.“ Irritiert blieb Ashraf stehen. Arisha war bis jetzt immer in Begleitung gewesen, eine Vorsichtsmaßnahme, um sie vor anderen Assassinen zu schützen. Doch dann sah er in Arishas Augen Furcht aufblitzen und an Kunes lüsternen Blick, mit dem er Arisha musterte, wie gerne dieser jetzt an Rashids Stelle wäre und er wusste, was Arisha erwartete. Das erklärte ihren fanatischen Eifer nach Verbesserung. Sie hatte gehofft, Rashid so zu entgehen. Aber was der Herr der Assassine zu seinem Eigentum erklärte, dass ließ er sich nicht mehr nehmen. Ohne einen weiteren Kommentar trat Ashraf einen Schritt zurück. In seinen Augen stand Bedauern, doch er konnte Arisha nicht helfen. Arisha bemerkte seinen Blick. „Ich werde es Shareef selbst erzählen.“, sagte sie so leise, dass Kune es nicht hören konnte, dann folgte sie ihm. Eigentlich hatte sie schon vorgehabt, Shareef Bescheid zu geben, nachdem Rashid sie vor die Wahl gestellt hatte. Entweder sie blieb und würde einige Nächste mit ihm verbringen, oder sie musste gehen. Aus Furcht, Shareef und die anderen zu verlieren, war sie darauf eingegangen. Aber immer, wenn sie es ihrem Bruder hatte sagen wollen, war etwas dazwischen gekommen und so hatte sie schließlich ganz geschwiegen. Wahrscheinlich würde Shareef sie für ihre Entscheidung sowieso verachten. Vor Rashids Tür zögerte Arisha. Kurz kreuzte ihr Blick den von Kune und sie meinte, Mitleid in ihnen zu sehen. Sie wusste es besser, nachdem Kune mit seiner dunklen Hand erst über ihren Hals und dann über ihr Schlüsselbein gestrichen hatte und knapp über ihrer Brust stehen geblieben war. Das einzige Mitleid, dass er empfand, galt sich selbst, weil Arisha einzig Rashid zur Verfügung stand. Sie wandte sich ruckartig ab und betrat Rashids Zimmer. Kune blieb allein vor der Tür stehen. Rashid stand über einen Tisch gebeugt und schien etwas zu lesen. Als Arisha hereinkam, blickte er zu ihr. „Da bist du ja endlich.“ Sein Blick schweifte missbilligend ihre schweißnasse, verdreckte Kleidung, aber was hatte er auch erwartet? Immerhin hatte sie sofort kommen sollen und für alles andere keine Zeit mehr gehabt. Rashid ließ seine Arbeit liegen und ging zu ihr. „Du weißt, weshalb ich dich gerufen habe?“ Arisha nickte. „Ja, Herr.“ „Gut.“ Er verschwendete nicht gerne Zeit mit unnützen Reden. Die Araberin blickte zu Boden, als Rashid eine Strähne ihres Haares um seinen Finger wickelte. Alles in ihr wehrte sich gegen die Berührung, aber sie schwieg. Sie unterdrückte den Drang aufzuschreien, als sie seine Lippen an ihrem Hals spürte. „Mandel und Honig.“, murmelte er, als er ihren duft einatmete, dann griff er nach ihren schmalen Handgelenken. Mit einer Hand hielt er sie auf ihrem Rücken zusammen, mit der anderen fuhr er unter ihr Oberteil und zog es ihr aus. Er betrachtete ihren schlanken Körper, der geschmeidig wirkte und sehr gelenkig. Arisha bebte vor Angst, aber Rashid ignorierte das und drückte sie auf sein Bett. Er war hart und schmerzhaft und fügte Arisha einige blaue Flecken zu, die sich zum Glück leicht verbergen ließen. Als er mit ihr fertig war, ließ er sie gehen. Arisha betrat ihr Zimmer schweigend und ihr Blick fiel auf Ashraf, der als einziger ebenfalls dasaß. „Shareef und die andere kümmern sich um die Pferde.“ Er hielt ihr einen Becher hin. „Das wird eine Schwangerschaft verhindern.“ Arisha nickte stumpf, sie empfand gar nichts mehr. Weder sie noch Ashraf verloren je ein Wort darüber, doch er zeigte ihr, wie sie das Getränk auch ohne seine Hilfe brauen konnte. Mit der Zeit veränderte Arisha sich. Sie wurde immer schweigsamer und aus ihrem Gesicht verschwand jede Regung. Sie verbarg ihre Empfindungen hinter einer Maske aus Gefühllosigkeit und entfernte sich immer weiter von den anderen. Dann kam der Auftrag, der sie erlöste: die Prieuré de Sion. Kapitel 7: Something to Believe in ---------------------------------- Das hier spielt einige Zeit nach Robert-deSaintclair's "Alone", der Vergangenheit von Alain. Fröstelnd schlang sich Alain den viel zu langen Schal enger um die Schultern, trotzdem stieg sein Atem weiter in Form kleiner Wölkchen auf. Wie konnte es nur so kalt sein? Und dabei war noch nicht einmal richtig Winter! Wie immer stand er abseits der Gruppe von Waisenkindern, die sich im Hof versammelt hatten. Manchmal sah er still und leise zu ihnen herüber, aber meistens bemühte er sich, in eine andere Richtung zu schauen. Er wollte mit ihnen nichts zu tun haben, auch wenn das ständige Alleinsein ihn immer wortkarger machte. „Hey, Milchkaffe!“, rief eines der Kinder zu ihm herüber und der Rest fing an zu lachen. Alain vergrub sich tiefer in Jacke und Schal und hoffte so, den größten Teil seiner dunkleren Hautfarbe verbergen zu können. Warum ließen sie ihn nicht einfach in Ruhe? Die Gruppe fuhr mit ihren Sticheleien fort, bis auf eine. Skayja. Sie hielt sich immer raus. „Hört auf damit.“, rief sie jetzt. „Er ist genauso gut wie ihr auch!“ Verblüfft wurde sie angestarrt. Zwar hatte Skayja nie an den ganzen Streichen und Beleidigungen beteiligt, aber sie hatte Alain auch nie offen verteidigt. Vor allem Martina, Skayjas Zimmergenossin, schien das nicht zu gefallen. „Was soll das, Ska?“ , fragte sie, ihre Stimme schwankte zwischen Empörung und Entsetzen. Auf dem Gesicht von Jeffrey breitete sich jedoch ein breites Grinsen aus. Er war zehn und damit der Älteste der Gruppe, allerdings auch derjenige, der den meisten Ärger machte. „Genauso gut wie wir? Das muss er beweisen.“ Sein Blick richtete sich auf Alain, der aus dunklen Augen ungerührt zurückschaute. „Das krieg ich hin!“, behauptete der arabische Junge und bereute es im nächsten Moment sofort. Was dachte er sich dabei? Er hatte etwas gesagt, bevor er darüber nachgedacht hatte. Doch bevor er seine Antwort zurückziehen konnte, klatschte Jeffrey in die Hände! „Sehr gut.“ ‚Gar nicht gut’, widersprach Alain in Gedanken. Wahrscheinlich ließen sie ihn jetzt heiße Kohle essen oder so etwas in der Art. Er spürte die steigende Panik und zwang sich dazu, langsamer zu atmen. So, wie er es nachts immer tat, wenn er aus seinen Alpträumen hochschreckte. „Was muss ich machen?“, fragte er mit vor Furcht trockener Kehle. Jeffrey zeigte auf die baufällige Kapelle, die neben dem Waisenhaus stand. „Siehst du das Kreuz oben auf dem Dach?“ Alain nickte zögernd. „Wenn du da hochkletterst und das Kreuz berührst, hast du bewiesen, dass du nicht schlechter bist, als wir anderen auch.“ „Aber das ist doch unfair!“, beschwerte sich Skayja. „Keiner von euch würde auch nur die Hälfte schaffen!“ Empört drehte sie sich zu Alain. „Tu’s nicht, du wirst dir alle Knochen brechen!“ Alain war erstaunlich ruhig geworden. Wenn er es schaffte, würden sie ihn hoffentlich in Ruhe lassen und wenn er es nicht schaffte und abstürzte, hatte er wenigstens seinen Frieden. „Gut, ich mach’s.“ Jeffrey konnte seinen erstaunten Gesichtsausdruck nicht verbergen, offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass Alain darauf einging. „Dann mal los, Kleiner.“, meinte er dann spöttisch. „Mal sehen, in wie vielen Stücken du wieder runterkommst.“ Ohne die Gruppe weiter zu beachten, ging Alain zur Kapelle und sah an ihr hoch. Die Außenwand war löchrig, das Hochklettern würde nicht das Problem sein. Aber das Holz schien nicht sehr stabil zu sein. Er spürte die Blicke der Anderen in seinem Rücken und gab sich einen Ruck. Wenn er jetzt kniff, würden sie ihn nie in Frieden lassen. Vorsichtig griff er nach oben und zog sich dann hoch, während er mit dem Fuß nach Halt tastete. Bis jetzt war es ja noch ganz leicht. Vielleicht würde er es doch schaffen. Die Gruppe sah verblüfft zu, wie Alain sich scheinbar ohne Probleme immer weiter nach oben hangelte. „Das schafft er niemals.“, murmelte Martina, andere Kinder waren sich da jedoch nicht so sicher. Weiter oben riskierte Alain einen Blick zum Boden und sah gleich wieder hoch. Das war doch tiefer, als er gedacht hatte. Er schluckte heftig und klammerte sich fester, obwohl seine Finger bereits schmerzten, durch die Belastung und den eisigen Wind. Der Weg nach oben schien ihm auf einmal unendlich lang. Erschöpft schloss er für einen Moment die Augen, darauf bedacht, sich weiter festzuhalten. Warum bloß hatten seine Eltern ihn hierher gebracht, fragte er sich zum wiederholten Male. Sein Leben hätte so anders verlaufen können, stattdessen riskierte er jetzt seinen Hals für ein wenig Ruhe. ‚Ich hätte den Brief lesen sollen’, dachte er sich bitter. ‚Und zwar, bevor ich hier hochgeklettert bin.’ Jetzt ging es nicht mehr, aber das Knistern des Papiers in seiner Tasche machte ihm Mut. Die Nonnen hatten ihn ihm vor einiger Zeit gegeben und behauptet, er wäre von seiner Mutter. Alain glaubte ihnen, hatte sich aber nicht getraut den Brief zu öffnen. Er wusste nicht viel von seiner Mutter. Vielleicht hatte sie ihn gar nicht gewollt? Er ging davon aus, dass sie die arabische Frau war, von der er oft träumte, diejenige, die das Kind auf dem Arm hielt, während sie vom schwarzen Ritter bedroht wurde. Wenn sie ihn beschützt hatte, musste sie ihn doch geliebt haben, oder? Wenn er schlief, sah er ihre verzweifelten Augen vor sich und hörte ihre flehende Stimme. Er war sich sicher, dass er sie unter sämtlichen Frauen der Welt wiedererkannt hätte, aber sie ließ sich nicht blicken. Lebte sie überhaupt noch? Auch bei seinem Vater war es so. Wer war er überhaupt? Von ihm wusste er noch weniger als von seiner Mutter. Eigentlich kannte er nur seine Stimme. Manchmal kam ihm eine Erinnerung an seinen Vater, aber sie war so flüchtig, dass er den Gedanken nicht festhalten konnte, bevor er wieder verschwand. Warum konnten sie ihn nicht einfach holen? Nun, sie würden es zumindest nicht tun, wenn er hier noch lange herumhing und erfror. Fröstelnd öffnete Alain die Augen wieder und bewegte die tauben Finger. Dann kletterte er entschlossen die letzten zwei Meter weiter und kroch schließlich aufs Dach. Erleichtert atmete er aus. Er hatte es tatsächlich geschafft! Auch Skayja war erleichtert. Alain war also nicht abgestürzt und noch dazu hatte er es Jeffrey und dessen Gruppe sogar richtig gezeigt. Wahrscheinlich war dieser jetzt sprachlos vor Erstaunen. Oben auf dem Dach bemerkte Alain, wie der Wind immer stärker wurde. Erneut hörte er das Knistern des Briefes, diesmal aber lauter als zuvor. „Verdammt, nein!“ Erschrocken streckte er die Hand nach dem davonfliegenden Papier aus, während er sich mit der anderen auf dem Dach abstützte und bekam den Brief gerade noch so zu fassen. Das raschelnde Geräusch wurde durch ein anderes ersetzt, wie er bestürzt feststellen musste: Das Knacken von morschem Holz. Bevor er reagieren konnte, brach die Stelle, auf der er sich abstütze und er stürzte kopfüber in das Loch. Der Fall erschien ihm wie eine Ewigkeit und er bemerkte den Aufprall kaum, als er mit einem dumpfen Laut auf dem Altar aufschlug. Zischend zog er die Luft ein. Sein ganzer Körper schmerzte und es fühlte sich an, als hätte er keine Knochen mehr im Leib. Von draußen drang gedämpft Geschrei an sein Ohr. Wenigstens hatten sie es bemerkt. Alain versuchte sich aufzusetzen und war überrascht, als er seine Hand bewegen konnte. Aber der Schmerz war so unerträglich, dass er den Versuch sofort wieder abbrach. Als eine der Nonnen entsetzt in die Kapelle stürmte und den unscheinbaren Jungen unverletzt und den Brief seiner unbekannten Mutter umklammernd vorfand, umfing ihn bereits gnädige Ohnmacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)