Ride the Rockers 4 - Love Education von raphael_asdrai (3. Sequel zu Ride the Rockers; direkte Fortsetzung zu Sex Education. Man sollte Sex Education dazu unbedingt gelesen haben ^^ adult in späteren Kapiteln) ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Titel: Ride the Rockers - Love Education Teil: 9/10 Autorin: Raphaèl Asdrai Rating: MA (kommt aufs Kapitel drauf an) Fandom: the GazettE (Gazette), Alice Nine, J-Rock, Visual Kei Warning: Comedy, Lemon, Lime, Drama (evtl. noch andere) Disclaimer: Nix meins. Leider ... So viel Realitätssinn ist mir gerade noch geblieben. Aber ich will trotzdem Uruha und Saga! Gebt sie mir!! *puppy doggy eyes* Inhalt: also, INZWISCHEN sollte eigentlich jeder wissen, worum es geht *********************** Widmung: für Shiye als kleine Entschuldigung. Sie weiß schon warum ^^ Special Thanks to: Anika fürs Beta-Lesen. Sonst macht es immer Corina (hiermit Dank für alle vorigen Kapitel ^^) *********************** Kapitel 9 »Aoi ...« Der Name verhallte an den hohen Wänden, bevor Kai nach Luft rang und aufsprang, die Augen starr auf die schlanke Gestalt im Türrahmen gerichtet, deren Finger sich in das dunkle Holz verkrampft hatten, während zwei Augen wie Feuer brannten. Aoi konnte nur mühsam den Zorn kontrollieren, der in ihm brodelte, ein stechender Schmerz, der jeden Augenblick wie ein Feuerwerk in ihm explodieren und sich auf die beiden Männer entladen würde, die er nur Momente zuvor in einer Situation erwischt hatte, welche eindeutiger nicht sein könnte. »Was zur Hölle geht hier vor?«, zischte er leise und trat einen Schritt nach vorn, die Hände zu Fäusten ballend und die Stirn in tiefe Falten gezogen, dass Kai erschrocken einen Schritt zur Seite wich, während sich Uruha langsam an der Zimmerwand hinaufschob und dann wie paralysiert stehen blieb, als habe er die Situation noch gar nicht richtig verarbeiten können. Aoi kümmerte sich nicht darum, dass er in diesem Augenblick wie eine eifersüchtige Ehefrau wirken musste, die ihren Mann mit der Geliebten erwischte. Er konnte nicht fassen, was er sah. Nachdem er Uruhas Apartment verlassen hatte, war er so schnell wie möglich in die U-Bahn gesprungen, um Uruha und Shou beim Suchen nach dem Video zu helfen, doch anstatt beide anzutreffen, hatte er nur Uruha vorgefunden – mit Kai. Und obwohl er sich in den letzten Monaten daran gewöhnt hatte, immer wieder in alle möglichen grenzwertigen Aktivitäten seiner Bandmitglieder zu stolpern, war dies eine Szene, die er nicht erwartet hatte – und die er auch nicht sehen wollte. Denn trotz der Tatsache, dass es in der PS Company schon beinahe zum guten Ton gehörte, sich miteinander zu vergnügen und sich dabei nicht nur auf ›einen‹ Spielgefährten festzulegen, schmerzte es Aoi gerade bei Uruha und Kai mehr, als er selbst für gut empfand. Und etwas tief in ihm schrie laut und deutlich: Betrug! »Aoi, ich ...«, begann Kai und hob abwehrend die Hände, doch obwohl er lange nicht so vor den Kopf gestoßen schien wie Uruha, schien er tatsächlich die Fassung verloren zu haben. Seine Lippen öffneten und schlossen sich unkoordiniert, konnten keinen klaren Satz formulieren und auf seinem Gesicht hatte sich ein leichter Rotschimmer ausgebreitet, als wäre ihm erst in diesem Moment klar geworden, wie falsch das war, was er getan hatte. »Aoi, wir haben nicht ... und wir hatten auch nicht vor ...«, stammelte er weiter, bevor er sich auf die Unterlippe biss und den Kopf senkte, als er sah, dass seine Worte den Gitarristen nur noch mehr erzürnten. Dessen Blick huschte zwischen Kai und Uruha hin und her, während seine Hände zitterten und sich seine Fingernägel in seine Handflächen gruben, doch anstatt zu versuchen, sich zu entspannen, ballte er die Fäuste nur noch stärker. Ihm war klar, wenn er sich jetzt nicht zügelte, würde er auf beide losgehen und ihnen ein für alle Mal klar machen, dass sie so etwas nicht zu tun hatten. Weder vor seinen Augen noch hinter seinem Rücken. Er wusste noch nicht einmal, was genau ihn so erzürnte: Die Tatsache, dass sich Uruha schon wieder jemanden zum Verühren gesucht hatte, oder dass es ausgerechnet Kai war. Oder noch schlimmer: dass sich Kai so leicht in Uruhas Bann ziehen ließ und keine Scham hatte, ihn zu betrügen, obwohl er eigentlich ihm, Aoi, gehören sollte. Und in diesem Moment wurde Aoi klar, welches Gefühl ihn so stark aus der Bahn geworfen hatte, dass es ihn fast zu Boden drückte. Es war keine Eifersucht. Es war Hilflosigkeit. Hilflosigkeit darüber, dass er Kai verloren hatte. Und dieses Gefühl, das alle Mimik aus seinem Gesicht weichen ließ, war beinahe mehr, als er ertragen konnte. »Aoi, es ist wirklich nichts zwischen uns passiert!«, unterbrach Kai mit einem Mal seinen Gedankengang und wollte zu ihm eilen, doch eine abwehrende Bewegung von Aoi ließ ihn auf der Hälfte des Weges stutzen. Kai schien sich wieder halbwegs gefangen zu haben und begriff, was er angerichtet hatte, auch wenn Aois Verhalten einen kleinen Funken Verwirrung in seinem Blick erscheinen ließ. »Wir machen so was doch immer! Das ist doch normal!«, verteidigte er sich weiter, doch ein Blick in Aois Augen verriet ihm deutlich, dass ihm dieser die Entschuldigung nicht abkaufte. Er hatte deutlich gesehen, was zwischen ihnen vorgefallen war, und so viel Zuneigung, so viel Zärtlichkeit in einem einzigen, unschuldigen Kuss war nicht normal. Kais Arme sanken nach unten und er wischte sich resignierend über die Augen, Aois emotionsloses Gesicht eingehend betrachtend, ehe er kurz zu Uruha sah und dann mit den Schultern zuckte. »Wir waren vor ewigen Zeiten mal zusammen, das war es aber auch schon«, erklärte er mit leiser Stimme und aus der Art und Weise, wie sein Blick beschämt auf seine Fußspitzen gerichtet war, konnte Aoi erkennen, dass es die Wahrheit war. Trotzdem brauchte er einen Moment, bis er die Information verarbeitet und ihre Bedeutung realisiert hatte. »Ihr ward was?!«, keuchte er fassungslos und wich einen Schritt zurück, die Augen weit aufgerissen und zuerst auf Kai gerichtet, dann auf Uruha, der bei Kais Worten aus seiner Starre aufgeschreckt war, im Gegensatz zu diesem aber den Blick nicht abwendete, sondern wie ein Kaninchen vor der Schlange auf Aoi starrte. Ein leichter Hauch von Panik lag in seinem Blick, doch der Schwarzhaarige war viel zu erschüttert, um diesen überhaupt wahrzunehmen. »Wann? Wie lange?«, purzelten die Fragen aus seinem Mund, während sich in seinem Kopf die Gedanken zu drehen begannen, bis nur noch wüstes Chaos bestand. Er wollte seine Faust in die Wand rammen, wollte die Wut von sich stoßen, die sich wie ein Ungetüm in seinem Körper aufbäumte, doch er stand nur wie versteinert da und biss die Zähne zusammen. »Vielleicht ein halbes Jahr«, meinte Uruha leise und strich sich über die Haare, so dass ihm sein Pony tief in die Stirn hing und seine Augen verdeckte. »Kurz nachdem Yune die Band verlassen hatte. Kai wurde unser neuer Drummer und irgendwie ... hat es gefunkt. – Aber wir sind nicht mehr zusammen! Wir sind nur noch Freunde, die manchmal gemeinsam mit anderen Sex haben! ... Aber nicht jetzt! Und wir hatten auch nicht vor ...« Er biss die vollen Lippen zusammen, als ihm die Kontrolle über seine Worte entglitt, und scharrte nervös mit dem Fuß auf dem Boden herum, hilflos den Blick zu Kai wendend, der stumm nickte und dann auf Aoi zutrat. »Wir hatten uns schon lange getrennt, bevor etwas zwischen dir und mir vorgefallen ist«, erklärte er und in seinem Blick lag so viel Ernsthaftigkeit, dass Aoi es ihm beinahe glaubte. Doch der Zweifel saß zu tief, um die Fakten zu ignorieren. Ihm war nie in den Sinn gekommen, dass er die beiden Menschen, die ihm am meisten bedeuteten, aneinander verlieren könnte. Er hatte gedacht, Uruha könnte niemanden lieben und Kai würde nur ihn, Aoi, wollen. Doch der zarte Kuss, den er beobachtet hatte, und die Art, wie Uruha ihn erwidert hatte, schien nur eine Interpretation übrig zu lassen. Die beiden empfanden noch etwas füreinander – ob sie es nun wahrhaben wollten oder nicht. »Warum?«, fragte er mit belegter Stimme und ließ sich gegen die Zimmerwand hinter ihm sinken, erleichtert, dass ihm diese den Halt zurückgab, der bei jedem Wort seiner beiden Bandkollegen aus seinen Beinen gewichen war. Kai zögerte einen Moment und sein Blick huschte zu Uruha, doch dann beantwortete er die Frage. »Das hatte keinen speziellen Grund. Es hat einfach nicht funktioniert. Wir haben beschlossen, es bei einer Freundschaft zu belassen.« »Friendship with benefits«, stellte Aoi trocken fest und schnaubte angewidert, auch wenn er wusste, dass er über diese Tatsache noch nicht einmal erstaunt, geschweige denn empört sein durfte. Nicht nur dass er wusste, dass Uruha und Kai die fleischlichen Gelüste keineswegs verachteten, er war auch schon dabei gewesen. Er befand sich nicht in der Position, dies zu verurteilen. Doch die Tatsache, dass die beiden einmal zusammen gewesen waren, ließ alles in einem vollkommen anderen Licht erscheinen. Und obwohl er nicht das Recht dazu hatte, fühlte sich Aoi hintergangen. »So wie fast alle in der PS Company eine friendship with benefits haben«, fügte Uruha hinzu und Aoi musste sich widerwillig eingestehen, dass dies zutraf. »Und nur gut, dass ich ihn rechtzeitig rausgeworfen habe. Immerhin durchwühlt er inzwischen meine Wohnung«, warf Kai grinsend ein und wandte sich zu dem brünetten Gitarristen. »Wer weiß, was alles passiert wäre, wenn wir noch zusammen wären. So ist es mir sehr viel lieber. Wenn ich ihn nämlich nicht mehr will, kann ich ihn ganz einfach vor die Tür setzen und von innen abschließen. Dabei fällt mir ein ...« Er streckte die Hand aus und blickte Uruha erwartungsvoll an. »Meinen Wohnungsschlüssel bitte. Nicht sehr freundlich, ihn mir zu stehlen. Hätte ich keinen Zweitschlüssel in der PSC, wäre ich nicht mal in den Flur gekommen.« »Versuch nicht das Thema zu wechseln!«, empörte sich Aoi, doch weder Kai noch Uruha achteten auf ihn. Der Gitarrist verzog die Lippen zu einer Schnute, dann zog er den Schlüssel aus seiner Hosentasche und drückte ihn dem anderen in die Hand. »Den Rest bitte auch!«, fuhr dieser fort, und erst in diesem Moment wurde Aoi klar, dass er Uruha nur einen Schlüssel gegeben und selbst den kompletten Bund eingesteckt hatte. Missmutig zog er diesen aus seiner Hosentasche hielt ihn Kai hin, der ihn verwirrt anblickte, bevor er den kleinen Schlüssel zurück an den Bund hängte und damit im Flur verschwand. Aoi hatte gesehen, dass Kai nicht verstand, warum er den Bund hatte, doch er sah sich nicht dazu verpflichtet, es ihm zu erklären. Dass er in Uruhas Wohnung gewesen war, würde sein Geheimnis bleiben. Zudem war er nicht derjenige, der sich zu rechtfertigen hatte. »Willst du mir irgendwas sagen?«, fragte er in die Richtung des brünetten Gitarristen, der noch immer verunsichert an der anderen Wand lehnte und leicht aufschreckte, als Aoi so unerwartet das Wort an ihn richtete. Stumm schüttelte er den Kopf, einen Ausdruck der Furcht in den Augen, die Aoi nicht wirklich zuordnen konnte, bis ihm mit einem Mal ein Gedanke kam. »Willst du Kai etwa noch?«, hauchte er angsterfüllt und spürte ein unangenehmes Ziehen in seinem Magen, als Uruha einige Sekunden zögerte, ehe er schließlich den Kopf schüttelte. Aoi schluckte trocken und trat langsam auf den anderen zu, unschlüssig, was er als nächstes tun sollte. Wenn Uruha noch immer in Kai verliebt war, war er machtlos. Gegen den schönen Gitarristen mit den sündigen Lippen und dem verführerischen Blick, der mit Kai viel mehr teilte als er, konnte er absolut nichts ausrichten. Vor allem, da er selbst sehr gut nachvollziehen konnte, wie leicht man ihm verfiel. »Hör zu, Aoi, es gibt einen Grund, warum ich nicht mehr mit Kai zusammen bin«, begann der andere abwehrend und wich einen weiteren Schritt zur Seite, als Aoi ihm zu nah kam. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich versuche, ihn dir wegzunehmen. Das will ich nicht!« »Denkst du, das glaube ich dir?« Aoi lächelte kühl und biss die Zähne zusammen, als er spürte, wie sich ein Klos in seinem Hals bildete. »Nach so einem Kuss?! Ich hab doch Augen im Kopf!« »Wir mögen uns mehr als normale Freunde, aber ja, du kannst mir ruhig glauben!« Eine steile Falte bildete sich auf Uruhas Stirn, wie sie es immer tat, wenn er sich ungerechtfertigt in die Enge getrieben fühlte, und seine Lippen verzogen sich zu einem kindlichen Schmollmund, als er aufgebracht weitersprach: »Ich kann dich nicht zwingen, aber denkst du wirklich, ich habe es so nötig, dass ich mich in deine Beziehung dränge und die Band kaputt mache, wegen einer alten Verliebtheit, die sowieso keine Zukunft hat?« »Du gibst also zu, dass du immer noch in ihn verliebt bist?!«, keuchte Aoi schockiert und erzitterte, als ein kalter Schauer über seinen Rücken sauste. Ein Gefühl der Übelkeit stieg in ihm auf, und es war ihm vollkommen egal, was Uruha von ihm denken musste, als er ihn am Kragen packte und nach hinten drückte, so dass der Kopf des Gitarristen mit einem dumpfen Laut gegen die Wand schlug. Dieser zischte leise vor Schmerz und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Aoi schnitt ihm das Wort im Mund ab. »Willst du ihn mir wegnehmen?«, rief er aufgebracht und schüttelte den anderen, vollkommen blind für die Tatsache, dass seine Beziehung mit Kai nur ein Spiel gewesen war und er sich in diesem Moment so verhielt, als wäre sie real. »Er hat dich abserviert und du rennst ihm noch Jahre später hinterher, weil du ihn nicht vergessen kannst? Oder geht es dir nur um den Sex? Hast du Angst, dass du plötzlich einen Partner weniger im Bett hast oder war der Sex mit Kai tatsächlich etwas ›Besonderes‹?!« Seine letzten Worte waren so verächtlich gewesen, dass Aoi sie bereute, sobald er sie ausgesprochen hatte, doch die Bestürzung in Uruhas Augen konnte er nicht mehr rückgängig machen. Und langsam wandelte sich dessen Ausdruck in Trotz. »Hast du jemals gesehen, dass ich Sex mit Kai hatte?!«, fragte er grimmig und riss sich aus Aois Griff los, bevor er diesen von sich schubste. »Du warst doch oft genug dabei und du hast sicher schon das ein oder andere Video gesehen. Hast du jemals irgendwo die Aufschrift ›Uruha x Kai‹ oder ›Kai x Uruha‹ entdeckt? Wohl kaum! Das kann es nicht geben, weil ich noch nie mit Kai Sex hatte!« Er verschränkte die Arme vor der Bust und pustete sich eine Strähne aus dem geröteten Gesicht, während Aoi, der noch vor wenigen Augenblicken am liebsten auf den anderen losgegangen wäre, so plötzlich erstarrte, als hätte man ihn mit Eiswasser übergossen. Ungläubig blickte er den anderen an, dessen Gesicht noch an Farbe gewann, als ihm klar wurde, was er soeben gesagt hatte. »Aber ihr hattet doch Sex!«, widersprach Aoi, während sein Kopf zu arbeiten und nach Szenen zu suchen begann, die die Lüge des Brünetten aufdecken würden. »Blowjobs und einen runterholen – das kann man ja kaum als Sex bezeichnen!«, erwiderte Uruha mit glühenden Wangen und blickte hilfesuchend zu Kai, der unbemerkt zurück ins Zimmer gekommen war und die Situation still verfolgt hatte. »Wir hatten auch früher keinen Sex«, sagte der Drummer leise, so dass Aoi, der tief in Gedanken versunken war, hochschreckte. »Daran ist es auch gescheitert. Zum Teil ...« Er warf Uruha einen bedeutungsvollen Blick zu, doch dieser war viel zu aufgeregt, um etwas davon zu bemerken. »Und selbst wenn, ich würde niemals mit Kai ins Bett gehen, wenn du das nicht wollen würdest!«, verteidigte sich der Gitarrist weiter, inzwischen wild gestikulierend. »Und auch wenn ich es wollen würde, könnte ich es überhaupt nicht, weil ... weil ...« Er stockte und biss sich auf die Unterlippe, bevor sich sein Körper verspannte, als er die Erkenntnis in Aois Augen sah, der mit einem Mal zu verstehen begann. Der Blick des Schwarzhaarigen huschte zu Kai und als er sah, wie sich dieser verlegen den Nacken rieb und Uruha einen halb bedauernden, halb mitleidigen Blick schenkte, wusste er, dass auch dieser das Geheimnis des Gitarristen kannte. »Ich gehe!«, presste Uruha zwischen zusammengebissenen Zähne hervor und noch bevor Aoi reagieren konnte, hatte ihn der andere zur Seite gestoßen und war in den Flur geflüchtet, doch die Wohnungstür ließ sich nicht öffnen, so sehr er auch an der Klinke zerrte und rüttelte. Ein panischer Ausdruck erschien auf Uruhas Gesicht, als er sich nach dem Schlüssel umblickte, und die Farbe wich von seinen Wangen, als er ihn schließlich an Kais Finger baumeln sah, bevor ihn der Drummer wieder in seiner Hosentasche verschwinden ließ. »Du wirst nicht gehen, bevor wir nicht endlich alles geklärt haben!«, meinte er ruhig aber bestimmt und hob mahnend den Finger, als Uruha widersprechen wollte. »Du kannst mit Kai keinen Sex haben wegen der Kiste unter deinem Bett?«, fragte Aoi leise und versuchte das unangenehme Kribbeln in seinem Bauch zu unterdrücken, das er in dieser Form sonst nur kurz vor Konzerten spürte. »Wegen deinem großen Geheimnis, das niemand wissen soll, weil du sonst deinen Ruf als größter Macker der PS Company verlieren könntest?« Er sah Uruha fragend an, doch seine Worte waren eher eine Feststellung gewesen. Die Miene des anderen Gitarristen war versteinert. Keine Regung zeigte an, welche Wirkung Aois Aussage in ihm ausgelöst hatte, aber die Art und Weise, in der seine Hand noch immer die Türklinke umklammerte, sprach für sich. »Du weißt es?«, meldete sich Kai überrascht zu Wort, doch als er die unangenehme Spannung bemerkte, die sich zwischen den beiden anderen Männern gebildete hatte, verstummte er. »Wage es nicht, das gegen mich auszuspielen!«, flüsterte Uruha kaum hörbar die selben Worte, mit denen er noch nicht einmal eine halbe Stunde zuvor Kai in seine Schranken verwiesen hatte, doch diesmal lag eine drohende Warnung in ihnen, die nicht zu unterschätzen war. Aoi jedoch hob nur unbeeindruckt eine schmale Braue und trat auf den anderen zu, der so weit an der Wand entlangrutschte, wie Kais Wohnung es zuließ, doch als sein Rücken gegen die Ecke des Flures stieß, war seine Flucht vorbei. Dennoch drückte er sich so weit hinein, wie es nur irgendwie möglich war, die Augen weit aufgerissen und die Hände abwehrend erhoben, aber Aoi ließ sich nicht zurückdrängen. Stattdessen kam er so nah, bis sein Körper Uruhas beinahe berührte und er sich nur leicht vorzuneigen brauchte, um ihm die nächsten Worte ins Ohr zu flüstern. »Ich habe gesagt, ich halte mein Wort und verrate dich nicht«, wisperte er so leise er konnte, deutlich spürend, wie Uruha bei jeder Silbe leicht erzitterte. Aoi wünschte sich, seinen Blick sehen zu können, doch er war sich sicher, selbst wenn er es versucht hätte, hätte ihm der andere diesen Wunsch verwehrt. Uruha so zu erleben, war beängstigend, doch in Anbetracht der Tragweite des Geheimnisses konnte er nur allzu gut nachvollziehen, wie schlimm es für den anderen sein musste, es ausgesprochen zu hören. »Ich habe das Spielzeug unter deinem Bett gefunden und ich weiß, was es bedeutet«, fuhr er fort, »und wenn du nicht langsam aufhörst, alle anzulügen, wir das irgendwann ein böses Ende nehmen!« »Ich weiß nicht, wovon du redest!«, zischte Uruha leise, doch Aoi lachte nur zynisch auf. Dachte der andere tatsächlich, es würde etwas bringen, wenn er sich jetzt dumm stellte? »Dann ist das Buch über Selbsttherapie bei Entspannungsproblemen also nur zufällig in dein Schlafzimmer gekommen? Du hast die Stellen über Muskelverkrampfungen beim Sex sogar rot angestrichen! Und was tust du mit den Dildos? Üben?!« Er biss sich auf die Unterlippe, als er spürte, wie ein Zittern durch Uruha ging, bevor ihn der Gitarrist von sich stieß und mit der flachen Hand ausholte. Ein kurzes Brennen, mehr war es nicht, was Aoi spürte, bevor er sich plötzlich auf dem Boden wiederfand. Seine Finger tasteten nach der zwirbelnden Stelle auf seiner Wange, an der das Blut gegen seine Haut pulsierte, während sich seine Augen erschrocken weiteten, als er Uruhas verzerrtes Gesicht erblickte. Die Lippen des anderen waren zu zwei blutleeren Strichen zusammengepresst, sämtliche Farbe schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein und in seinen Augen brannte so viel Zorn und Enttäuschung, dass sich Aoi am liebsten in den Hintern getreten hätte. Sein Blick schnellte zu Kai und er brauchte nur eine Sekunde, um in dessen verblüfften Gesichtsausdruck zu erkennen, dass seine letzten Worte zu laut gewesen waren. Der Blick des Drummers wanderte zwischen ihm und Uruha hin und her, dessen Hände sich zu Fäusten verkrampft hatte, bevor er wackligen Schrittes auf Kais Minibar zusteuerte und ein paar hastige Schlucke aus einer der halb geöffneten Flaschen mit Hochprozentigem nahm, die von der letzten Bandparty übrigen geblieben waren. »Uruha ...«, begann Aoi und hob die Hände, doch der andere ließ ihn seine Entschuldigung noch nicht einmal beginnen. »Na und, dann hab ich eben ein Problem!«, rief er aufgebracht und stellte die Flasche mit einem Knall ab, die Brauen grimmig zusammengezogen und mit so viel Entschlossenheit im Blick, wie sie nur jemand zeigte, der nichts mehr zu verlieren hatte. »Ich kann mich beim Sex nicht entspannen, also ficke ich lieber andere, als dass sie es bei mir tun! Denkst du, ich will, dass sie mich auslachen, nur weil ich eine halbe Stunde Vorbereitung brauche, bis sie einen Finger in mich reinkriegen, geschweige denn mehr? Es tut mir scheiß weh, alles zieht sich zusammen und ich kann nicht mehr atmen – und das wegen etwas, das alle anderen beinahe jeden Tag ohne Probleme mit sich machen lassen! Was denkst du, wie bescheuert ich mich dabei fühle?!« Er rang schwer nach Luft, die Stirn inzwischen hochrot angelaufen und von einer feinen Schweißschicht überzogen, während seine Schultern zitterten wie nach einer Runde richtig heftigem Sex, doch Aoi sah deutlich, dass ihm noch nicht einmal ansatzweise Verlangen danach im Blick stand. Er wusste nicht, ob es der Alkohol war, der aus Uruha sprach, denn so viel wie sonst hatte der andere bei weitem nicht getrunken, aber er schien zumindest seine Zunge zu lösen. »Es ist viel leichter zu behaupten, ich würde es nicht wollen, als mit der Demütigung zu leben, wenn es noch mal jemand versucht und daran scheitert!«, fuhr Uruha mit verbitterter Stimme fort und hob die geballten Fäuste, bevor sein Blick kurz zu Kai huschte, der die Situation mit ernster Miene verfolgte, dann zurück zu Aoi, der den ersten Schrecken überwunden hatte und sich langsam aufrichtete. In dessen Kopf fügten sich die widersprüchlichen Informationen auf einmal mit erschreckender Schnelligkeit zu einem Gesamtbild zusammen: Uruhas Macho-Gehabe; die Art und Weise, wie er seinen Hintern verteidigte; die Panik, die in ihm aufgestiegen war, als Aoi bei ihrem ersten Sex in Reitas Hotelzimmer seinen Finger in ihn eingeführt hatte und nicht zuletzt der Grund, warum Uruha und Kai sich getrennt hatten, auch wenn sie noch etwas füreinander empfanden. Uruha hasste es, Schwäche zu zeigen. Und wenn die Scham und der Hass auf sich selbst so groß waren wie bei dem hübschen Brünetten, dann brach er lieber alle Brücken hinter sich ab, als sich diese Schwäche einzugestehen. Und noch ein Bild erschien in Aois Kopf, eine Erinnerung, die überhaupt nicht zu den Informationen passen wollte, die er soeben erhalten hatte. Er konnte es so deutlich sehen, als wäre es direkt vor ihm. Nur wenige Stunden nach den Geschehnissen im Keller: Uruhas nackter Rücken, die Hände flach an der Wand, das Gesicht gesenkt und die Beine bereitwillig geöffnet, um Aois Rache über sich ergehen zu lassen. Er hatte sich in diesem Moment opfern wollen, hätte alles auf sich genommen, um Aois Freundschaft nicht zu verlieren, doch dieser hatte abgelehnt und ihn vor die Tür gesetzt. Und in diesem Augenblick war er so froh wie nie zuvor, der Versuchung nicht nachgegeben zu haben. »Und, willst du es jetzt auch noch dem Rest der PS Company erzählen, damit sie über mich lachen können?«, riss ihn Uruhas Stimme aus seinen Gedanken, und als er den Kopf hob und den aufgelösten Gitarristen sah, wurde ihm erst richtig klar, was für eine große Wunde er Uruhas Ego zugefügt hatte. »Am besten du fängst bei Saga an, denn wenn er es erst weiß, dann vergeht höchstens eine halbe Stunde, bis sich selbst das Management über mich lustig macht! Oder du lässt es über die Lautsprecher ausrufen. Oder noch besser, du gibst eine offizielle Meldung über die Homepage heraus, so dass auch alle ...« »Hör auf!« Uruhas Augen weiteten sich erschrocken, doch er klappte den Mund anstandslos zu, während sein Körper erschlaffte. Aoi atmete tief durch, unangenehm berührt über die Tatsache, dass seine Stimme etwas schroffer geklungen hatte als beabsichtigt, doch er hätte keine Sekunde länger mit anhören können, wie sich Uruha in eine Absurdität nach der anderen hineinsteigerte. »Denkst du wirklich, ich würde das machen?«, fragte er, mühsam die Aufregung in sich unterdrückend, denn es war keine gute Idee, Uruha noch weiter anzustacheln. »Ich habe dir versprochen, dass ich es niemandem sage! Kai wusste es schon, also habe ich mein Versprechen gehalten! Und wenn er es die ganzen Jahre für sich behalten konnte, kann ich das auch!« Er atmete tief durch und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und ins Wohnzimmer ging, um eines der Fenster aufzureißen. Erst als ihm die kühle Abendluft um die Nase wehte, wurde er wieder etwas klarer im Kopf. Es erstaunte ihn selbst, wie er es überhaupt fertig gebracht hatte, nicht zu verraten, dass er das Geheimnis erst vor kurzer Zeit entdeckt hatte, und nicht wie Uruha dachte schon vor mehreren Tagen. Was passiert wäre, wenn dieser erfahren hätte, dass er selbst es gewesen war, der ihn auf die entscheidende Spur gelenkt hatte, wollte er gar nicht wissen. »Kommt rein und setzt euch hin!«, forderte er die beiden anderen auf, und zu seinem Erstaunen dauerte es wirklich nur ein paar Augenblicke, bis er leise Schritte auf dem Laminatfußboden hörte und sich erst die Couch und dann einer der Sessel bewegte. Aoi hätte am liebsten gelacht, als er die betreten gesenkten Köpfe seiner Bandkollegen sah, doch er brachte noch nicht einmal ein Grinsen zustande. Die ganze Situation war zu ernst, obwohl er sie einfach nur lächerlich gefunden hätte, wäre er nicht selbst beteiligt gewesen. Denn noch immer wusste er nicht, was Kai oder Uruha wollten – auch wenn ihm immer klarer wurde, was er selbst begehrte. Langsam stieß er sich vom Fensterbrett ab und ließ sich auf die Couch neben Uruha sinken, der nur leicht zusammenzuckte, als er ihn bemerkte, jedoch ruhig sitzen blieb. Aoi wusste nicht, ob der andere sich lediglich nicht traute, ein Stück von ihm abzurücken, als er eine Hand auf seinen Oberschenkel legte, oder ob er diese stille Geste als die Unterstützung verstand, als die sie gemeint war, doch er war froh darüber, dass sich der andere zuminderst ein Stück abgeregt zu haben schien. »Du weißt schon, dass es Poppers gibt, die extra zur Muskelentspannung in solchen Situationen gedacht sind«, meinte er leise, auch wenn er sich ziemlich seltsam vorkam, dass ausgerechnet ›er‹ Uruha Aufklärungsunterricht in Sachen chemischer Hilfsmittel beim Geschlechtsverkehr gab. Eine leichte Röte legte sich auf die blassen Wangen des Gitarristen, bevor er nickte, dann jedoch den Kopf schüttelte. »Medikamente zu schlucken, wäre Schummeln«, erwiderte er zaghaft und vergrub das Gesicht in den Händen, ehe er humorlos lachte. »Ich fasse es nicht, dass wir tatsächlich über so was reden! Es wäre viel einfacher, wenn du mich auslachen würdest! Dann könnte ich dich verprügeln und es wäre gegessen! Hör auf, so nett zu mir zu sein!« Aois Mundwinkel hoben sich zu einem angedeuteten Lächeln, doch es erstarb sofort wieder, als sein Blick zu Kai wanderte. Der Blick des Drummers schien abwesend, unfokussiert auf Uruha und ihn gerichtet, doch Aoi konnte sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Kai in den letzten Minuten ungewohnt still gewesen war, aber als sich Uruhas Hand langsam auf die seine schob und der Gitarrist seinen Kopf an Aois Schulter bettete, verstand dieser, was in Kai vor sich ging. Er war dabei, seine Niederlage gegen Uruha zu akzeptieren. »Ich geh dann mal lieber«, meinte Kai, als habe er geahnt, an was Aoi dachte, und erhob sich aus seinem Sessel, ein freundliches Lächeln auf den Lippen, wie er es immer hatte, doch der Blick, mit dem er Aoi ansah, war leer und beinahe tot. »Ihr könnt hier bleiben; ich schlüpfe bei Nao unter. Sprecht euch aus ...« Seine Worte hatten leichtfertig geklungen, doch Aoi wurde beinahe schlecht bei ihnen. Wie konnte Kai auch nur daran denken, gegen Uruha zu resignieren?! Er wollte nicht, dass er ging! Seine Abweisung während der Probe hatte ihn hart genug getroffen, doch nun miterleben zu müssen, wie er seine eigene Wohnung verließ, um ihn mit Uruha zurückzulassen, war zu viel! Uruhas Hand drückte die seine und Aoi spürte mit einem leichten Schauder, wie die vollen Lippen des Gitarristen seinen Hals streiften, doch obwohl ihm klar war, dass er diese Gelegenheit vielleicht nie wieder bekommen würde, konnte er sich nicht daran erfreuen. Uruhas Ego war geschwächt, sein Geist leicht vom Alkohol vernebelt, aber noch wach genug, um für seine Entscheidungen verantwortlich zu sein. Er war ein leichtes Ziel, das um Zuneigung und Bestätigung förmlich bettelte, doch mit Kais Augen und der Gewissheit, einen seiner besten Freunde so schäbig zu benutzen, im Hinterkopf würde er die Nacht nie genießen können. »Wo willst du hin?«, fragte er mit belegter Stimme und hob die Hand, den warmen Schauer ignorierend, der ihm über den Rücken rieselte, als sich Uruhas Hand um seine Hüfte legte. Der Drummer blickte ihn verständnislos und leicht amüsiert an, bevor er den Kopf schüttelte und mit den Schultern zuckte. »Denkst du, ich war nicht dabei, als er sich dir hingeben wollte, Aoi?«, antwortete er leise. »Er vertraut dir mehr als mir, und es war nur eine Frage der Zeit, bis er verstehen würde, dass er dich will. Ich habe dir versprochen, ich gebe ihn dir, und ich habe vor, mein Versprechen zu halten. Denn du willst ihn und nicht mich. Also zwing mich bitte nicht, dabei zuzusehen, wie er sich das nimmt, was ich ...« Er lächelte wehmütig und schüttelte den Kopf, bevor er nach seiner Jacke griff und sich abwandte. Aoi schluckte trocken und biss die Zähne aufeinander, um das unangenehme Prickeln zurückzudrängen, das sich in seinem Körper ausbreitete, als würde ein Bienenstock in ihm explodieren, während im selben Moment alle Luft aus seiner Lunge gepresst wurde. Das Bedürfnis, aufzuspringen und seine Hand in die Wand zu rammen, wurde beinahe übermenschlich stark, und Uruhas Finger, die sich langsam unter sein Oberteil tasteten, als hätte der Brünette die letzten Worte noch nicht einmal registriert, machten es nur noch schlimmer. Und im selben Augenblick, in dem die weichen Fingerspitzen seine nackte Haut berührten und ein Feuerwerk von funkelnden Sinnesreizen durch seine Nervenbahnen jagten, brach etwas in Aoi. »Kai, bleib!« Die Worte purzelten aus ihm heraus, ohne dass er sie beeinflussen konnte, und erst, als sich der Drummer überrascht umdrehte, wurde ihm klar, was er soeben gesagt hatte. Uruha stockte in seiner Bewegung und hob ebenso erstaunt den Kopf, doch er regte sich nicht, als Aoi keine Anstalten machte, ihn von sich zu stoßen, stattdessen die Hand hob und Kai zu sich winkte. »Ist dir klar, was du gerade tust?«, fragte dieser, unsicher im Türrahmen verharrend, doch Aoi nickte nur nachdrücklich. Ihm war nicht nur klar, was er tat. Zum ersten Mal seit Wochen wusste er genau, was er wollte. Es war, als wäre ein Wind durch ihn hindurchgefegt und hätte all seine widersprüchlichen Gefühle mit einem Mal weggeblasen, so dass er plötzlich so klar sehen konnte, als würde er durch eine Glasscheibe blicken. Er würde nicht so dumm sein, es sich ein weiteres Mal durch die Finger gleiten zu lassen. Und als Kai nur wenige Sekunden später vor ihm auf den Fußboden sank, die Hand in seinem Nacken vergrub und seine Lippen auf die seinen presste, wusste er, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. tbc. ****** Ist das Ende nun schon klar oder kommt im letzten Kapitel doch noch einmal alles anders, als wir gedacht haben ... ? Wer weiß, wer weiß ... Stay tuned! Und by the way: Ride the Rockers ist ein Jahr alt geworden! Happy Birthday Ride the Rockers! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)