Summer Wine von abgemeldet ================================================================================ Teil 4 ------ kurz nach zehn Uhr morgens, mir war zwar nicht großartig nach was unternehmen heute, aber eigentlich musste ich mich fast selbst zur Tür raustreten, denn wer wusste wann ich wieder hierher kommen konnte? „Marie?“ – „Hm?“ Orli befand sich im Wohnzimmer und ich in der Küche – holte mir grade was zu Knabbern… „Wie wär's, fahrn wir heut in die Stadt? Ich müsst eh noch paar Besorgungen machen.“ Ich kam mit einer kleinen Schüssel Cornflakes um die Ecke. „Wieso nicht, bevor ich hier alles verpass... ich zieh mir nur noch eben was Gescheites an.“ Ich lief nach wie vor nur im Hausanzug rum. Orli konnte so bleiben von mir aus. Jeans und so ein figurbetonter weißer Pulli... „Du brauchst dich doch nicht umziehen...“ Orli war gerade ins Schlafzimmer gekommen und öffnete grade die Schranktür. Er wendete sich zur Seite und grinste mich an. „Hoffen wir dass wir nicht erkannt werden, dann kann ich den Fummel anbehalten.“ So schlimm fand ich den „Fummel“ auch nicht. „Soll ich dir mal zeigen was ein Fummel ist?“ Grinste ich. Ich hatte noch irgendwo unter meinen Sachen ein langes einfarbiges Kleid. Ich glaube, das hätte ihm sogar gepasst. Orli im Kleid. Ich bog mich innerlich vor Lachen bei der Vorstellung. Dazu noch eine schöne Perücke und ein bisschen Schminke und er könnte glatt bei To Wong Foo mitspielen und Chi Chi ersetzen. Er blieb also in seiner heißen Montur und zog sich nur einen Mantel über. *grins* Und mein weißes Käppi. Sei nicht ganz so auffällig wie das Armycap, meinte er. Wie Sie meinen, Sir... Die Stadt war knallvoll, an jeder Ecke standen Autos und wir hatten Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden. „Genau deshalb fahr ich lieber mit der Ubahn...“ bemerkte Orli. Ich musste ihm Recht geben, ich würde auch den Führerschein nicht machen, solang ich Jazzy hatte und in München wohnte. Ich könnte, wenn ich wollte, denn ich war ja schon 18, aber ich hatte einfach keinen Bock und außerdem kein Geld für so was. Schließlich fanden wir doch noch einen Stellplatz. Erst jetzt fiel mir was Erschreckendes ein... ich hatte ja immer noch meine Euros in der Tasche... In England gab es immer noch keinen Euro... „Orli?“ – „Hm?“ – „Ich hab ein Problem...“ Ich zeigte ihm mein Münzfach voller Euros. Aber er grinste nur. „Da vorne is ne Bank, da kannst wechseln lassen. Ich helf dir mit der Verständigung. Man, hoffentlich sitzen da keine Damen am Schalter, sonst bin ich geliefert...“ Ich grinste nun auch. Ob ganz England wusste, wer Orlando Bloom ist? Ich wollte es ehrlich gesagt gar nicht wissen. Glücklicherweise saß da nur ein komischer Typ am Schalter, der meine Euros ganz schnell zu Pfunden werden ließ. Interessiert betrachtete ich die Geldstücke. „Für mich is das Spielgeld, ich kann mit ausländischem Geld nichts anfangen...“ Ich war einmal mit meiner Mom in der Schweiz gewesen und hatte auch viel zu viel Geld ausgegeben, weil ich keine Ahnung von der Umrechnung hatte. Für mich war das ganz einfach Spielgeld, alles was kein Euro war. Wir drängten uns durchs Gedränge (*g*) bei Harrods. Das unterste Stockwerk war ziemlich überfüllt, aber je weiter man raufkam, desto lichter wurden die Menschenmassen. Feinkost, Seidenstrümpfe, Elektrogeräte... Ich kam mir vor wie bei Hertie am Hauptbahnhof. Nach geschätzten drei Stunden und mit einigen Tüten unterm Arm – Orli hatte sich Schuhe gekauft – Ohne Worte – kamen wir wieder zum Ausgang. Wisst ihr eigentlich schon dass Orli einen Schuhtick hat? Hätt ich selber nicht geglaubt, aber als ich mich einmal in der Tür geirrt hab und aus Versehen im Gästezimmer landete traute ich meinen Augen nicht – drei Regale voller Chucks und andrer Kostbarkeiten. Ich hatte aber lieber nichts gesagt. Eigentlich konnte ich Leute mit Schuhticks nicht ausstehen, aber Orli... dem konnte man einfach nicht böse sein, er war praktisch fehlerlos. Flawless, makellos. Bis auf seine Lieblingsfarbe gelb, mit der konnte ich mich nie anfreunden und werd ich auch nie. Ich war sonst ein recht fröhlicher Mensch, aber fröhliche Farben konnte ich nicht leiden, ich mochte eher rot oder schwarz, beizeiten auch schon mal grün, aber gelb? Wäh. Eine Zeitlang stand ich auch auf blau. Zu Hause wurden die Einkäufe erst mal säuberlich verstaut, ich hatte mir ein paar schicke Oberteile zugelegt, die ich stolz nächste Woche in der Schule präsentieren würde. Ein paar Lebensmittel hatte ich mitgenommen für Orli, damit er mal was Vernünftiges zu Essen bekam, denn den Vorrat von Montag hatte er schon fast verputzt – so komisch das klingt, aber seit ich da war, entwickelte er irgendwie einen Heißhunger. Ich hoffte, ich hatte ihn nicht zum Frustfressen angestiftet... aber vielleicht schmeckte ihm mein Gekoche auch einfach nur. Ich hoffte nur, er würde nicht allzu sehr zulegen... na ja, aber spätestens wenn er wieder hier war nach dem Urlaub bei mir würde er eh wieder in sein veganes Leben zurückfallen. Vielleicht war er auch einer dieser Typen, die essen konnten, was sie wollten, und nicht zunahmen... ich weiß es nicht. Da heute wieder die Sonne schien und es noch mal sehr warm wurde, fuhren wir noch mal raus aufs Land und führten Sidi aus. „Wer kümmert sich eigentlich um Sidi, wenn du bei mir bist?“ Fragte ich mich und dann auch Orli, denn da wo wir wohnten durften wir keine Haustiere haben. „Macht meine Mom, geht schon klar. Gell Sidi, schön brav sein wenn ich weg bin!“ Sidi sah ihn an, als wollte sie sagen „Ey Alter, was willst du, ich komm schon klar!“ „Ich werd nie Hundisch können...“ schlussfolgerte Orli dann und kratzte sich am Kopf. Ich grinste. „Hundisch... is das verwandt mit Ungarisch?“ – „Weiß net.“ Wir lachten uns noch ein paar Mal einen Ast, während wir Sidi wieder zurückbrachten. Orlis Mom schien mich inzwischen recht gern zu mögen, denn sie war immer bekümmert darum, dass es mir auch gut ging, genauso wie sie Orli umsorgte. Vielleicht hatte sie festgestellt, dass ich keine doofe Blondine war. (Anm.d.A.: Sorry an alle Blondinen hier – ich hab echt nix gegen Blonde! Auch nur eine Haarfarbe die nichts über den Charakter eines Menschen aussagt.) „Was hast eigentlich morgen vor?“ Fragte mich Orli, nachdem wir wieder zu Hause angekommen waren. Ich zuckte nur die Schultern. „Frag mich nicht, du bist hier zu Hause, du kennst dich hier aus.“ Er grinste. „Wie wär's wenn wir die letzten Tage woanders verbringen?“ – „Woanders? Wo denn anders?“ – „Weiß nicht, was interessiert dich denn an Großbritannien noch außer London?“ Ich überlegte, da gab es schon einiges, ich hatte zum Beispiel die Nebel von Avalon gesehen und wollte mal nach Glastonbury... Stonehenge... „Glastonbury, Stonehenge, Schottland...“ Ey nee oder, Orli grinste noch breiter als eh schon. Was hatte der vor? „Wir können auch von Glasgow wieder zurückfliegen, ein paar Tage in den Highlands verbringen wenn du magst.“ – „Das is doch viel zu weit zu fahren...“ Ich hatte zu Hause schon mal ausgerechnet. Von Southampton bis Glasgow brauchst du zehn Stunden. Das wollte ich Orli nicht antun. „Das sind zehn Stunden Fahrt, ich glaub nicht dass du dir das antun willst...“ Orli winkte ab. „Glaub nicht ich nehm mein Auto nur, um zu meiner Mom zu fahren! Ich fahr auch gern in die Highlands.. außerdem braucht man nur acht Stunden. Da oben isses so wunderbar abgeschieden und es erinnert mich irgendwie an die Drehzeit in Neuseeland zu Herr der Ringe...“ – „Na ja, wenn du meinst... ich will dir bloß nicht zuviel aufhalsen...“ – „Ich will dir nicht zuviel zumuten, acht Stunden sind ganz schön lang.“ – „Na ja, aber es gibt ja auch viel zu sehen auf der Fahrt... ich werd ganz sicher nicht pennen.“ Und so kam es, dass wir unsere Köfferchen erneut packten und bis Sonntag nach Schottland fuhren. Wir fuhren natürlich nicht durch, das musste ja auch nicht sein. Kurz hinter Liverpool legten wir eine ausgiebige Pause ein. Orli konnte es nicht lassen und entführte mich noch einmal ans Meer, an die raue Küste der Irischen See. Hier blies uns der Wind ganz schön um die Ohren und ich hatte meine liebe Not, mein Gesicht von meiner Frisur zu befreien... Orli half mir dabei, und sobald er mein Gesicht wieder frei hatte, wurde sich geküsst. Eigentlich hätten wir ja hier schon kampieren können, ich musste gar nicht unbedingt weiterfahren... Aber nach einer guten Stunde Pause und einiger Landschaftsbesichtigungen fuhren wir weiter. Jetzt begannen die Pennines und die Landschaft wurde immer bergiger, genau wie bei mir zu Hause. Carlisle... und über eine riesige Brücke über den Solway Firth... Erinnerte mich so ein bisschen an die Lechbrücke bei Schongau. (Anm.d.A.: So ganz detailliert kann ich da net vorgehen, hab hier nur einen Schulatlas... ^^) „Macht’s dir was aus wenn wir den Samstag in Glasgow verbringen? Ich würd gern veranlassen dass die mein Auto nach Deutschland einschiffen, ich brauch ja schließlich einen fahrbaren Untersatz wenn ich bei dir bin...“ Na wenn er sogar sein Auto rüberschiffen ließ... „Überhaupt kein Problem.“ Wir ließen uns dann in Paisley nieder, unweit von Glasgow. Strategisch geschickter Schachzug, Orli... Er war noch voller Energie und wollte gleich noch irgend ein Loch besuchen, aber für mich war's heut genug. Wir waren erst spät losgekommen, Nachmittag und jetzt war es kurz vor Mitternacht. Ich konnte ja verstehen, dass so ein See bei Nacht was Schönes war, aber dazu war ich heute echt zu müde. Ich kuschelte mich an Orli und schlief ein. Am nächsten Morgen klingelte kein Wecker, den hatten wir glatt vergessen. Aber stattdessen knallte mir die Sonne ins Gesicht. Und ich bemerkte, dass ich zuerst aufgewacht war, denn Orli schlief noch seelenruhig wie ein Baby. Oh ich hätte ihn stundenlang beobachten können, er war so schön wenn er schlief... wie eine Porzellanpuppe. So zart und zerbrechlich... jeder seiner Gesichtszüge entspannt... Ich gab ihm einen kleinen Kuss und stand dann auf, um aus dem Fenster zu sehen. Der Ausblick war atemberaubend, ich hatte – außer Orli natürlich – noch nie etwas Schöneres gesehen als einen Sonnenaufgang in den Highlands. Wie sich die Sonnenstrahlen langsam über die vielen Hügel und Täler tasteten... hinter mir seufzte jemand. Orli schien aufgewacht zu sein. „Komm doch wieder rein, es ist doch noch viel zu früh...“ Gähnte er und bat mich wieder zurück ins Bett. Ich folgte ihm dann auch und kuschelte mich wieder eng an ihn. Im Bett war es auch viel wärmer als draußen. Wenn ich vor 6 Uhr aufstand, konnte ich sicher sein, dass ich mir erst mal einen abfror, wieso weiß ich nicht, es konnte noch so warm sein im Zimmer. Aber bei Orli unter der Bettdecke war es wohlig warum und so schlief ich auch bald wieder ein. Um Mittag dann gingen wir ein bisschen durch den Ort, sahen uns ein paar Denkmäler an und taten uns gütlich an der schottischen Kultur. Ich hatte die Schotten schon immer gemocht, für ihren Urigkeit. Und man sagte den Schotten nach, sie hätten einen Deutschen Akzent... wenn ich manch schottisches Lied höre, glaub ich das fast. Die sprechen’s dann glatt so wie sie’s schreiben. Aber ganz amüsant. Nachmittags wurde es ganz schön warm und wir beschlossen, in die Highlands zu fahren, durch die Grampian Mountains hoch nach Inverness, wo der gute Whiskey herkam. Susi’s Mann – ebenfalls ein Freund meiner Mom – war Whiskeykenner, und ich wollte es nicht versäumen, ihm eine Flasche mitzubringen. Und Orli war auch nicht grade uninformiert was Whiskey anging, er probierte ein bisschen hier, ein bisschen da... und drückte mir schließlich eine Flasche des – wie er meinte – besten Whiskeys in die Hand, den er je getrunken hatte. Na ja, wenn ich ihm das glauben sollte... nach den vielen Schlucken war er schon ein bisschen angeheitert... was hieß – er hatte einen knallroten Kopf auf, aber sonst war er noch bei Verstand. Trotzdem hatte ich Angst im Auto... Ich wollte nicht, dass es mir erging wie Torrie in Dolphin’s Cry (Hatte ich natürlich gelesen, das ist Pflichtlektüre für einen Fan! *grins*) und Orli mich gegen den nächsten Laternenmast fuhr... obwohl hier ja weit und breit keiner zu sehen war. Hier ein paar Lochs, da ein paar Lochs... Fand ich schon komisch, dass die ein deutsches Wort für See hatten. Na ja, aber wenn man mal nachdachte war so ein See ja eigentlich auch nicht viel mehr als ein Loch voller Wasser... *g* Ich bettelte Orli an, noch nach Skye rüberzufahren, die Insel wollte ich unbedingt einmal sehen, aber er meinte, dafür sei es jetzt schon zu spät. In den Sommerferien wollte er mit mir da hin hat er dann gesagt. Schade. Eines Tages komm ich sicher noch rüber. Zum krönenden Abschluss entführte mich Orli noch ans vielbesungene Loch Lomond. Das Wasser war stahlblau und glitzerte in der Sonne und der See war umwachsen von dichtem, dunkelgrünem Nadelwald. Wir ließen uns kurz in einer Wirtschaft nieder und aßen etwas. Den ganzen Tag hatte es noch nicht wirklich was gegeben. Mein Magen knurrte schon vor Hunger. Und trotzdem hatte ich wiederum keinen Hunger, denn sobald ich Orli nur sah war der Hunger wie verflogen. Von Luft und Liebe leben... *grins* Wenn es nicht zwanghaft überlebensnotwendig wäre, bräuchte ich grade wirklich nichts zu Essen! Vielleicht war das seinen letzten Freundinnen zum Verhängnis geworden, sie lebten nur noch von Luft und Liebe und vergaßen dabei ganz das Essen... *kicher* Wieder zurück in Paisley – es war später Nachmittag, etwa um fünf oder so – griff Orli erst mal zum Telefon. Am Flughafen anrufen, hat er gemeint, damit er alles für morgen klarmachen kann, damit sein Auto in Deutschland ankommt... Morgen um acht sollte er’s hinbringen. Der Stellplatz in München wurde ihm auch noch genauest deklariert, so konnte eigentlich nix mehr schief gehen. „Wehe die machen mir auch nur eine Beule rein...“ grummelte Orli, während er noch unsere Habseligkeiten aus dem Auto kramte, damit wir auf dem Flug nichts missen mussten. Der Samstag war schneller da als gedacht – wir mussten schon um halb sieben raus, uns fertig machen, denn das Auto musste pünktlich da sein. Am Flughafen sah ich Orli schon an, dass es ihm ein bisschen schwer fiel, sein Auto mal eben so auf Reise zu schicken. Er klopfte auf die Motorhaube und murmelte etwas wie „Das schaffst du schon.“ Männer und Autos... Ich hatte immer gedacht, Orli hätte ziemlich unmännliche Eigenschaften wie Schuhtick, sein ganzes Gepflegtsein... aber nein, er guckte auch Fußball und liebte sein Auto... *grins* Das wollt ich ihm auch gar nicht nehmen, das gehörte einfach zu ihm. So ist Orli. Und dafür liebe ich ihn, für jede kleine Eigenschaft die er besitzt, für jede seiner kleinen Ecken und Macken und für all das was ihn so perfekt macht. Und nicht zuletzt kommt ganz nebenbei noch dazu dass er umwerfend aussieht. Es würde zwar lange dauern, bis ich jede kleine Ecke seiner Denkweise kennen würde, aber ich hatte ja Zeit... Momentan war mir eh alles egal, Hauptsache er war bei mir. Wir verabschiedeten uns von Orlis Auto und machten uns noch einen schönen Tag in Glasgow. Noch ein bisschen Sightseeing, viele Küsse... Wir schafften es am Ende sogar zu Fuß wieder zurück nach Paisley, denn das war ein Vorort von Glasgow. (Anm.d.A.: Danke, Routenplaner! *grins*) Am Abend saßen wir dann auf einer Bank auf irgendeiner Anhöhe, nicht weit von unsrer Unterkunft, und sahen uns den Sonnenuntergang an. Das hätte das Motiv für ein romantisches Foto werden können, ein Pärchen auf einer Bank vor dem Sonnenuntergang... Am nächsten Tag bestellte Orli uns ein Taxi zum Flughafen, unser Flug ging um elf Vormittags, so hatten wir zu Hause noch genug Zeit zu relaxen. Ich hatte vorhin Jazzy schon angerufen, sie würde uns bei mir zu Hause begrüßen und meine Mom schon mal vorbereiten. Holen musste sie uns ja nicht, wir hatten ja Orlis Auto. Oje, der Arme, er musste sich durch den Stadtverkehr schlängeln... Ich wohnte in der Nähe des Hauptbahnhofs, genauer gesagt Königsplatz, zur Schule ging ich in Laim. Und da war immer Chaos pur auf den Straßen. Meine Mom war unablässig am Fluchen, wenn sie mit dem Auto unterwegs war. Deshalb fuhr ich auch nicht allzu gerne mit ihr, weil mir danach immer die Ohren klingelten. Einmal waren wir beinah einem Crash entgangen. Das war verdammt knapp, beim Einscheren auf die linke Spur wäre uns fast einer reingefahren. Aber zum Glück erwischten wir noch rechtzeitig die Lücke. Meine Mom fuhr ungefähr so gefährlich wie Orli. Na ja, aber Orli war zehn Jahre jünger als meine Mom. Die war jetzt vierzig. Ich erinnerte mich noch gut an ihre Geburtstagsfeier Ende Februar, ihr ganzer Freundeskreis war da und sie haben ganze 14 Flaschen Prosecco weggekippt, die Piccolos und Cocktails die nebenbei noch flossen nicht mitgezählt. Und wer konnte die Sauerei wegmachen? Ich natürlich. Arm in Arm schlenderten wir Richtung Terminal, ein Wunder dass uns keiner erkannte. Obwohl er heut ziemlich eindeutig nach Orli aussah. Na ja, die Schotten standen wohl eher auf was Andres, echte Highlander oder so *grins* Susis Mann war ja auch so einer, wenn man ihn so sah konnte man sich glatt denken, er käme aus Schottland, topfit wie ein junger Hüpfer, obwohl schon über 40, lange blonde Haare und ein wandelndes Whiskey – Lexikon. Aber ich fand, Susi hatte einen guten Geschmack. Wir hatten schon oft etwas miteinander unternommen, wenn meine Mom mich mal nicht im Haus haben wollte wenn sie einen ihrer „Freunde“ zu Besuch hatte. Ich war mit den beiden sogar schon in Kroatien gewesen, wo mir beim Frühstück glatt ein Gecko in meinen Kaffee gefallen ist, der an der Decke gesessen hatte. Martin (so hieß er - also nicht der Gecko sondern Susi’s Mann ^^) war natürlich sofort zur Stelle und fischte ihn aus der Suppe, die ich natürlich jetzt nicht mehr trinken wollte. Vielleicht würde ich denen Orli auch mal vorstellen, immerhin waren sie fast so was wie Onkel und Tante für mich. Sie würden es eines Tages sowieso rauskriegen, dass ich nun die Freundin eines Filmschauspielers war... und Susi würden die Augen rausfallen bei seinem Anblick *grins* Sie hatte ein Faible für gutaussehende Kerle, genau wie ich. Wahrscheinlich müsste ich Orli in Stacheldraht einwickeln um ihre Finger von ihm fern zu halten. Aber da war mir in Watte packen dann doch lieber... Erst Watte und dann Stacheldraht drum *grins* Damit der wertvolle Inhalt nicht beschädigt wird... Inzwischen war Orli wirklich wertvoll für mich, ja, wertvoller als alle Diamant- und Goldvorkommen auf diesem Planeten und – wie ich fand – wertvoller als ich selbst. In seiner Gegenwart fühlte ich mich wie ein Kieselstein im Vergleich mit einem Diamanten. Unscheinbar und unattraktiv, aber er versuchte immer wieder, mir das auszureden, sagte mir, er fände sich auch nicht sonderlich hübsch... Oh Orli, hast du eine Ahnung! Schaust du morgens nie in den Spiegel? Na gut, morgens sah er nicht ganz fit aus, aber sobald er ganz aufgewacht war, strahlte er wieder wie die Sonne und erhellte mir meinen Tag. Im Flugzeug war es still, heute flogen nicht viele nach Deutschland, wie es schien. Außer Orli und mir saßen nur ganz vorne noch zwei Leute. „Find ich großartig von dir, dass du mit zu mir kommst.“ Orli grinste und winkte ab. „Ich würd’s ohne dich auch nicht aushalten zu Hause, glaub mir. Meine Empfindung ist nicht so kalt, wie sie nach außen hin wirkt.“ – „Ich weiß, Männer können schlecht Gefühle zeigen...“ Grinste ich Orli an. „Hm.“ Gab er zurück, nahm mich in den Arm und küsste mich. Leider nicht lange, denn da ertönte die Durchsage, wir sollten uns anschnallen, weil wir bald abheben würden... in eineinhalb Stunden waren wir wieder zu Hause, was hieß, ich war zu Hause, aber Orli war sozusagen im Urlaub. Diese eineinhalb Stunden lehnte ich in Orlis Armen. Es gab nichts Schöneres, diese Geborgenheit... wo würde das noch hinführen? Am Flughafen wurden wir (leider) erst mal von einer Gruppe kreischender Mädchen verfolgt, denn wir hatten ganz vergessen, noch eine Verkleidung für Orli ins Handgepäck zu nehmen, weil uns in Glasgow keiner erkannt hatte und das hatte uns leichtsinnig gemacht... *blitz* ach du Scheiße, das war’s mit der Heimlichtuerei... Wo würde das morgen stehen, Bildzeitung? Bravo, Yam...? Oje, tausende Mädchen würden eifersüchtig sein auf mich, ja, die wollten mich vielleicht sogar killen, nur weil sie Orli für sich haben wollten.. Hilfe. Half nichts, wenn du mit einem Hollywoodstar zusammen bist, musst du da durch. Ich zeigte dem Paparazzo ganz frech meinen Finger, damit er wusste, was ich von ihm hielt. Oh nein, ich war kein braves Mädchen das sich immer gesittet verhält, glaubt das ja nicht! Ich machte zwar nach außen den Anschein, eine Barbie zu sein... na ja nicht ganz, aber der Schein trog.. ich war schon einmal mit einer Clique aus meiner Klasse an einer Brücke am Hauptbahnhof und hab diese mit Graffiti besprüht... aber keinem verraten, ja? (Anm.d.A.: Frei erfunden, ich könnt so was gar net ^^) Keiner hatte uns erwischt und unser Kunstwerk prangt dort noch heute. Bis vor einem Jahr hatte ich auch noch blau – grüne Haare. Aber das musste Orli ja nicht mitkriegen dass ich es faustdick hinter den Ohren hatte. Ich hatte damals Jazzy angesteckt mit Haare färben und sie war dabei geblieben. Gut dass sie noch kein Wort verloren hatte darüber. Und ich würde ihr auch einhämmern, dass sie zu schweigen hatte. Endlich bei mir zu Hause angekommen (die Mädels hatten die Tiefgaragenausfahrt blockiert, und wir mussten ein Schreck – Manöver veranstalten indem Orli die Reifen quietschen ließ beim Losfahren, was ihnen einen Schreck einjagte und sie zur Seite sprangen, aus Angst, überfahren zu werden) erwartete uns schon Jazzy in der Küche, zusammen mit meiner Mom. Ich hatte Jazzys Golf schon vor dem Haus stehen gesehen, was mich gleich ein wenig erleichterte, mich nicht gleich wieder mit meiner Mom rumschlagen zu müssen. Die Koffer hinter uns herziehend, betraten wir das Haus. Jazzy stand schon im Türbogen zur Küche und grinste. „Hey ihr Turteltauben, wieder da?“ Ich musste auch grinsen. Jazzy. Mehr konnte man dazu nicht sagen. „Jep.“ Gab ich nur zurück und stellte meinen Trolly an die Wand. „Hast ja ne ganz schön bullige Kiste.. hab euch vorhin herfahren sehen.“ Bemerkte Jazzy über Orlis Auto, das er direkt hinter Jazzy geparkt hatte. „Na ja, damit kann man die andern Verkehrsteilnehmer besser aus dem Weg schieben...“ Grinste Orli und stellte seine Koffer neben meinen. Arm in Arm gingen wir in die Küche, wo meine Mom wieder mal über der Zeitung saß. „Hey, auch wieder da?“ dem Strahlen in ihrem Gesicht nach zu urteilen, freute sie sich wie ein Schnürsenkel, mich wiederzusehen. „Besonders braun bist du ja nicht geworden...“ bemerkte sie dann. „Mooom, ich war in England, nicht auf Hawaii.“ In England konnte man nicht sonderlich braun werden, außer man verbrachte den ganzen Tag auf irgend ner verlassenen Ebene in den Highlands und ließ sich die Sonne ins Gesicht grinsen. Uff, Jazzy grinste auch schon die ganze Zeit, sie konnte den Blick nicht von Orli wenden. Ob sie mir ansah, dass wir es getan hatten? Ich kannte Jazzy seit dem Kindergarten, und ich glaube sie sieht mir so was schon an. Ihr hatte ich auch angesehen, als sie zum ersten Mal mit einem Jungen im Bett gewesen war. Sie setzte sich neben mich und flüsterte mir zu: „Du musst mir nachher alles erzählen...“ Ich verdrehte die Augen. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Da fiel mir ein, ich hatte ja die Fotos noch im Koffer, die Basti geschossen hatte... Sollte ich ihr die zeigen oder besser lassen und warten bis sie mal in mein Zimmer kam und die Wand voll mit den Bildern sah? Ich würde Orli nachher gleich noch raufschleppen und die Fotos aufhängen. Am besten ich spannte mir so eine Leine mit lauter kleinen Wäscheklammern dran, da konnte ich die Bilder dranhängen und es sah aus wie in einem Fotolabor... Mom hatte sicher noch irgendwo Bindfaden rumliegen. Auch ich konnte meinem Blick nicht von Orli lassen, im Flugzeug war es wieder richtig in mich gefahren, oh ich liebte ihn direkt abgöttisch, betete ihn an. „Achso, deine Post hab ich dir rauf gelegt.“ Kam es dann von meiner Mom, um die Stille zu durchbrechen. Das machte sie immer so – mit der Post, wenn ich Briefe bekam, legte sie mir die rauf in mein Zimmer auf meinen Schreibtisch – praktisch eigentlich, aber jedes Mal musste ich rauflatschen... „Gehn wir rauf, Koffer auspacken?“ Fragte ich Orli. Der nickte. Jazzy folgte uns. Oben dann ließen wir die Bombe platzen. Ich holte meine Fotos aus dem Koffer. „Verdammte Scheiße, ihr habt es wirklich getan. Wow...“ Jazzy fiel fast in Ohnmacht, als sie unsere in – Aktion – Bilder sah. Hehe, ich weiß dass er einfach scharf wie Chili ist, das musst du mir nicht auch noch sagen. Jazzy half mir beim Aufhängen der Leine, die ich mit Pinnnadeln von einem Ende des Zimmers ins andere spannte. Und Orli packte dann mit an, als es ums Fotos aufhängen ging. Ich sah ihm an, dass er die Bilder genauso heiß fand wie ich... und dass es ihn an den Tag zurückversetzte, an dem sie entstanden waren... scheiße dass Jazzy hier war, sonst wär gleich was passiert. Armer Orli... Jazzy schien schon zu merken, dass Orli sich nur schwer zurückhalten konnte... „Hey, ich lass euch dann mal wieder allein... hab noch eine Verabredung mit Jenny heut. Wir sehn uns morgen in der Schule!“ Ich umarmte sie zum Abschied. „Bis morgen dann!“ Jazzy verschwand grinsend in der Tür. Da standen wir jetzt... ich hatte ja irgendwie Schiss, meine Mom könnte gleich ins Zimmer kommen. Aber dafür hatte ich eine ganz einfache Lösung – ich sperrte einfach ab und zog die Vorhänge zu, hehe. Noch ein paar Kerzen... Orli, wie er dasaß mit einem Blick den man nicht beschreiben kann... Einem, der dir durch Mark und Bein geht, einen so schwach macht dass man Mühe hat, sich auf den Beinen zu halten. Langsam kroch ich zu ihm hin... Schon irgendwie komisch... ich weiß, das sag ich immer wieder, aber es kommt mir immer noch so unreal vor, ich kleines Stadtkind und dieses lebende Wunder... konnte mein Glück immer noch nicht fassen. Tausende, wenn nicht Millionen Mädchen träumen von ihm... und ich hab ihn ganz für mich alleine. Langsam schwand auch die Angst, er könnte mich von heute auf morgen sitzen lassen. Ich sah ihm an dass er genauso verknallt war wie ich, und wenn man sich einmal in diesem Stadium befindet, dann kann man nur schwer wieder loslassen. Da müsste er schon einen sehr guten Grund haben, um mich zu verlassen. Wir verbrachten den Nachmittag noch mit Mensch – ärger – dich - nicht spielen, meine Mom gewann vier mal, vier mal von fünf Spielen, das fünfte gewann Orli und ich musste mich als kläglicher Verlierer geschlagen geben. Na ja, aber ich bin ja kein schlechter Verlierer. He. Und meine Mom schien Orlis Gesellschaft langsam auch zu mögen.. oje, ich musste aufpassen dass da nix schief ging! Na ja, sagen wir mal, ich glaub sie fand ihn nett. Aber dass sie ihn richtig gemocht hätte... ich glaube da hätten wir ihn erst blondieren müssen. *grins* die alte Legolas – Perücke wieder aufsetzen. Morgen, wenn ich in der Schule war wollte er sich im Olympiapark die Beine vertreten hatte er gemeint, Sealife würde ihn mal interessieren. Wäre zwar lieber mit ihm hingegangen, aber er konnte ja nicht die ganze Zeit alleine hier sitzen und darauf warten dass ich aus der Schule zurückkam, um mit ihm was zu unternehmen. Nein, einsperren wollte ich ihn nicht. Ich wollte ihn nur hüten wie einen Goldschatz. Mein Eigen, mein Liebes, mein Eigen, mein Schaatzssss.... *grins* Langsam fragte ich mich schon, ob ich noch ganz dicht war, noch alle Tassen im Schrank hatte, so sehr wie ich Orli liebte. Ich war regelrecht verrückt nach ihm. Ich glaube, mehr kann man einen Menschen nicht mehr lieben als ich es tat. Wenn das hier je vorbeigehen sollte, dann würde ich wahrscheinlich eine Therapie anfangen müssen um ihn aus meinem Kopf zu kriegen. Und selbst dann würde mich meine Umgebung, alles, an ihn erinnern, die schönen Tage die wir hier verbracht hatten... was quassel ich hier eigentlich, wir sind doch noch zusammen wie Pech und Schwefel! Sei vorsichtig mit dem was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen! Also nur nichts Schlechtes wünschen. Nur ewiges Glück für Orli und mich... Am nächsten Tag griff ich auf dem Küchentisch gleich nach der Tageszeitung, um zu sehen, ob man uns schon abgedruckt hatte, aber nichts. Nur in der Bildzeitung würde wahrscheinlich die Hölle los sein... konnte nur hoffen, dass die bei uns in der Schule keiner las. „Pass auf dich auf, ja?“ Sagte ich zu Orli, als ich das Haus verließ, nicht ohne ihm vorher einen laaaangen Kuss verpasst zu haben. Er lächelte mich an. „Keine Sorge, heut Nachmittag bin ich wieder bei dir.“ Na das wollte ich doch mal schwer hoffen... „Hey Süße!“ Begrüßte mich Jazzy in der Schule. Ich warf meine Schultasche unter den Tisch neben die von Mandy und setzte mich zu den beiden. „Also erzähl mal, wie war der Urlaub. Muss ja ganz schön heiß hergegangen sein, nachdem was ich gestern schon bei dir gesehen hab...“ Ich grinste. Es war in der Tat nicht gerade kühl hergegangen. „Na ja, du hast’s ja gesehen... da hatte er ein Fotoshooting bei diesem berühmten Copeland und der meinte dann, wir solln mal so tun als wär er nicht da... und Orli is beiweitem nicht so prüde wie ich dachte...“ – „Wie wohnt er denn? Du warst doch sicher bei ihm zu Hause..“ Fragte Mandy und baute ihre Stifte zu einer Pyramide auf. „Du wirsts nicht glauben, der Kerl hat sich glatt eins dieser Öko – Häuser bauen lassen... total gemütlich, wirklich. Und eine riesengroße Küche. Schönes großes Bett...“ Wir mussten alle drei grinsen. „Ich muss ja nicht fragen um zu wissen, was da passiert ist.“ Hehe, genau. Ich erinnerte mich nur zu gern an den Tag, an dem wir aus der Dusche gleich in die Federn waren... „Das müsst ihr ja nicht wissen.“ Gab ich dann frech zurück. Klar, ich würde hier mein Liebesleben ausplaudern, ging’s noch?? Die kleinen Details gingen nur mich und Orli was an. Sie waren zwar meine besten Freundinnen, aber alles mussten sie auch nicht wissen. „Von Donnerstag bis Sonntag sind wir dann nach Schottland gefahren... oh ihr müsst mal in die Highlands, es is himmlisch dort!“ Jazzy warf einen träumerischen Blick an die Decke. „An einem himmlischen Ort mit einem himmlischen Kerl....“ *grins* „Du kriegst ihn nicht, kannste vergessen...“ – „Ich hätt doch eh keine Chance, weil ich nicht blond bin...“ Fing das wieder an. „Er hat mir zu verstehen gegeben, dass er gar nicht mehr auf blond fixiert is, is ihm inzwischen egal...“ Jazzy schluckte, als sie das hörte. „Scheiße..“ murmelte sie dann. „Am besten du verhältst dich möglichst unauffällig...“ Grinste ich sie an. Na ja, aber Orli hatte momentan eh nur Augen für mich *frins* Jazzy hätte also keine Chance. Und ob Orli auf rothaarige stand wie Mandy eine war, wusste ich nicht. Wollte es auch gar nicht wissen. Aber wahrscheinlich eher nicht. Für den Nachmittag hatte ich Orli noch angeboten, ein bisschen mit ihm shoppen zu gehen, ich wusste ja, dass er das liebt, genauso wie ich. In der Kaufingerstraße befand sich ein Footlocker, da konnte sich Orli neue Chucks kaufen wenn ihm danach war. Oder wir fuhren hinaus in die Riem-Arcaden. Ich war dort schon ein paar Mal und fand es einfach klasse. Vor allem der Saturn, wo man fast jede DVD bekam. Würden wir schon sehen was er tat. Ich stand noch keine fünf Minuten unten an der Ubahnstation, als mich etwas von hinten begrapschte. Ich wollte schon ausholen, denn ich vermutete, es könnte wieder Martin aus meiner Klasse sein, der was an mir fand, fragt mich nicht was! Grade eben als ich ausholen wollte, drehte ich mich um, um dem vermeintlichen Unhold noch so ein richtig fieses Grinsen zu schenken, und wen sah ich als ich mich um 180 Grad gedreht hatte?? „Orli!!! Was zum Teufel tust du hier, man könnte dich erkennen!!“ Ich bemühte mich, so leise wie möglich zu sprechen. Er grinste nur vor Freude und knutschte mich fast nieder. „Na, was is denn in dich gefahren?“ Fragte ich, überrascht von seinem stürmischen Angriff. „Ich hab dich halt vermisst... das erste Mal getrennt seit fast einer Woche!“ Oh Orli, du bist so lieb... Ich nahm ihn also am Arm und wir stiegen in die Ubahn, immer darauf bedacht, dass uns keiner erkannte. Am Hauptbahnhof mussten wir dann auf die U2 umsteigen um zu mir nach Hause zu kommen, das wurde ein schwieriges Unterfangen, denn Orli verwirrte mich so, dass ich glatt vergaß, wo es zur Ubahn ging. (Den Weg kannte ich sonst auswendig!) Und so kam es dann, dass wir statt mit der U2 Richtung Feldmoching mit der U1 Richtung Mangfallplatz fuhren. Danke Orli! Am Sendlinger Tor schubste ich ihn aus der U1 rüber in die U2 nach Hause. „Laber mir nicht noch mal in meinen Fahrplan, ich weiß wo ich hin muss!“ Stutzte ich ihn dann zu Hause zurecht. Orli hatte grade einen MVV – Netzplan in der Hand und versuchte, ihn zu verstehen. Ich klopfte ihm schließlich auf die Schulter. „Mach dir nix draus, ich hab mich anfangs auch kein bisschen ausgekannt mit der Scheiße hier...“ Wir lebten ja noch nicht allzu lang in München, meine Mom und ich waren vor acht Jahren in die Stadt gezogen, als ich aufs Gymi sollte. Ursprünglich stammen wir aus der Nähe von Rosenheim. Jazzy und Mandy war es komischerweise genauso ergangen, unsre Mütter waren Freundinnen und gründeten so was wie eine Umzugs – Karawane, sodass wir schließlich alle in München landeten. Anfangs fiel es mir nicht leicht, mich in der Stadt zurechtzufinden – so viele Ecken wo man sich verlaufen konnte! Aber jetzt, nach acht Jahren, ging es einigermaßen und inzwischen war ich meiner Mom sogar dankbar, dass wir umgezogen waren, sonst hätte ich sicher Orli niemals getroffen... Wir lehnten in einer Ecke des Wohnzimmersofas beieinander, ich selig in Orlis Armen. Meine Mom war ausgeflogen, wohin wusste keiner. Ich vermutete, sie war wieder auf Arbeit, denn mir sagte sie ja nie, wann sie arbeiten musste und wann nicht. Aber so hatten Orli und ich wenigstens sturmfrei *grins* Als hätt ich ihn in den letzten Tagen nicht oft genug haben können, wollte ich ihn doch für immer... Nie wieder zur Schule, nur noch in seinen Armen liegen und schweben... ein Traum, der leider nicht möglich war, aber ich hatte ihn ja eh oft genug um mich. Sein lachen, das mir den Tag erhellte, seine Art, einem die Sinne zu vernebeln... Wir entschieden uns dann doch noch, außer Haus zu gehen, Orli wollte unbedingt dass ich ihm die Riem-Arcaden zeigte. Unser kleiner Shopping – Tiger... *grins* Wir fuhren also nach Messestadt West. Eines schönen Tages war ich mal eine Station zu weit gefahren und in Messestadt Ost ausgestiegen, und hatte mich gewundert, wo plötzlich die ganzen Gebäude geblieben waren die ich kannte.. dann erst fiel mir ein, ich war ja eine Station zu weit! *grins* (Anm.d.A.: is mir neulich wirklich passiert! Da stand ich dann und schaute recht belämmert ^^) Diesmal aber stiegen wir richtig aus, ich hatte mir’s inzwischen gemerkt, Orli hielt sich vornehm zurück, wollte mir nicht wieder die Orientierung verwirren wie er meinte. Von der Ubahnstation hinauf zum Gebäude machten wir ein Wettrennen, wer schneller die Treppe oben war. Hinauf führte nämlich eine flache Treppe mit vielen Stufen, über die man prima Wettrennen veranstalten konnte. Daneben führte zwar eine Rolltreppe hoch, aber das wäre ja gemogelt. Außerdem wäre Orli dann schneller oben gewesen als ich. Und gewinnen lassen wollte ich ihn sicher nicht *hehe* Völlig außer Puste kamen wir oben an und lachten uns erst mal halb tot über unsere Kindereien. Er hatte natürlich gewonnen, denn er hatte ja auch die bessere Kondition von uns beiden und konnte schneller laufen. Ich als ultra-Unsportliche konnte da nicht mithalten... Ich legte den Arm um ihn und verpasste ihm erst mal einen Kuss. Scheißegal was die Leute dachten. In der Ubahn hatte uns eh keiner erkannt, je weiter wir gen Osten der Stadt kamen, desto leerer wurde das Abteil, bis zum Schluss nur noch wir beide übrig waren und zwei Stationen lang unanständige Sachen machen konnten... *grins* Nein, nicht so was, aber sobald wir nach der Kreillerstraße im Tunnel verschwunden war hatte Orli mich umgenietet und niedergeknutscht... Wie gesagt, er war heut ganz schön stürmisch drauf... Stürmisch wie der Wind der uns bei Liverpool um die Nase geblasen hatte. Jetzt kam der wahre Orli zum Vorschein, der nicht davor zurückschreckte, mich auch mal umzunieten und nicht immer nur ich ihn. Und das gefiel mir irgendwie, dass er jetzt aus sich rauskam. „Pass auf dass du nicht zulegst...“ Grinste ich und prüfte mit der freien Hand Orlis Speckröllchen, die nicht vorhanden waren. Wir hatten uns in den Schlemmer-Arcaden jeder eine Portion Pommes besorgt und futterten jetzt vor uns hin. Ein Pommes zu zweit essen war was ganz Neues für mich, aber nicht schlecht, da es immer in einem Kuss endete... der nur leider nach Pommes schmeckte. Aber wir machten es immer und immer wieder, solang bis keine Pommes mehr da waren. Und die, die noch übrig waren, waren schon fast kalt, weil wir jedes Pommes einzeln genüsslich verspeisten... aber es machte einfach zu viel Spaß. Als unsre Tüten schließlich leer waren, wurden sie entsorgt und wir machten uns auf ins oberste Stockwerk um die Arcaden von oben bis unten zu durchkämmen. Ich musste natürlich erst mal in den Müllermarkt ganz am Ende... ich brauchte noch einen Block und einen neuen Radiergummi für die Schule. Orli war vorhin schon mit dem Blick am Footlocker hängen geblieben und so schleppte er mich leider da mit hinein... ich weiß nicht, ich mag diese amerikanischen Schuhgeschäfte nicht, in denen du bedient wirst. Ich mag es nicht, die Leute zu fragen ob sie das und das und das haben und mir bitte bringen... Orli schien damit keine Probleme zu haben. Na ja, er hatte ja auch tagtäglich mit solchen Leuten zu tun... Ich war eigentlich froh wenn ich mit niemandem reden musste, mochte es eher zurückgezogen. Der einzige der Zugang zu mir hatte war Orli... und meine beiden besten Freundinnen, aber selbst die wollte ich manchmal nicht sehen. Ich war einer dieser – wie man so schön sagt – Einzelgänger, Querdenker... genau deshalb hatten sie mich damals aufs Gymi geschickt, weil sie dachten, ich wär eine dieser Überintelligenten... der Test mochte ja irgendwas über 100 rausgebracht haben, aber ich fühlte mich nicht danach irgendwie... ich wollte das nicht sein, solche Leute waren eben genau wie ich, Querdenker, Rebellen... und Ausgestoßene. Ich hatte Glück, zwei so gute Freundinnen zu haben, die mich verstanden. Woanders eckte ich dauernd an, weil keiner meine Kommentare verstand. Das nervte. Aber jetzt hatte ich ja Orli... der mich inzwischen weiterschleppte, zwei Tüten a 2 Schuhschachteln in den Händen. „Dir is klar dass du das nachher alles fünfzehn Ubahnstationen weit schleppen musst?“ Aber Orli zuckte nur mit den Schultern. Schien ihm egal zu sein. Na ja, er hatte ja auch Muckis. *grins* Wir schlurften weiter durch ein paar Dekogeschäfte hinein in den C&A. Orli brachte mir ein Kleid, von dem er überzeugt war, ich solle es gleich mal anprobieren.. na gut, ich folgte ihm, fand das Ding auch gar nicht sooo schlecht, aber das war doch eher was für besondere Anlässe. So ein langes Schwarzes Teil mit Glaskristallen an den Trägern. Ich hängte es wieder zurück, denn ich fand, dass ich nie Gelegenheit haben würde, so was zu tragen. Außer auf einer Filmpremiere zusammen mit Orlando, aber der hatte ja jetzt erst mal eine Auszeit. Ich konnte mir also mit den Gedanken um ein passendes Kleid noch Zeit lassen. Orli war nur schwer von seiner Meinung abzubringen, dass ich dieses Kleid unbedingt haben musste, aber schließlich konnte ich ihn doch noch überzeugen. Im Saturn kauften wir uns noch ein paar DVDs und CDs, Orli musste noch eben das aktuelle Digicam – Angebot durchstöbern – er war ja Hobbyfotograf... aber er befand alles für Schrott und wir verließen den Markt. Na ja, er musste es ja wissen. Im Edeka – Markt gleich nebenan besorgten wir noch eben ein paar vegetarische Sachen für Orli, denn bei mir sollte er ja schließlich nicht verhungern. Beladen mit fünf Tüten, zwei aus dem Schuhladen, eine kleine mit meinen Müller – Sachen, der Saturntüte und der Edeka – Tüte machten wir uns auf den Heimweg. Oh ich liebe es wenn die Ubahn so leer ist und man sich einen Platz aussuchen kann... wir suchten uns eine der hintersten Ecken aus und machten es uns gemütlich. Und wieder war außer uns niemand im Abteil, das blieb auch bis zum Kolumbusplatz so und Orli konnte seinen Blick nicht von mir wenden. Ich den meinen auch nicht von ihm...*g* (Anm.d.A.: inzwischen hab ich gemerkt, dass ich mich sauber verkalkuliert hab... die Ferien dauern doch bis 9. Juni und ich hab sie nun schon am 2. beendet... ^.^“ Egal, dann sind die Ferien halt bissle früher aus.) Inzwischen war es fast acht Uhr abends und stockfinster. Vor unsrer Haustür brannte schon sie Straßenlaterne. Ich setzte meine Tüten vor der Tür ab und sperrte auf. „Hey Mom, wir sind zu Hause...“ rief ich vorsichtig ins Haus. In der Küche brannte Licht. „Hey Marie... bin auch grade nach Hause gekommen. Ihr habt ja ordentlich zugelangt...“ Grinste meine Mom und schloss die Tür des Küchenschranks. „Nanu, du hast ja heute ganz schön gute Laune, was is los?“ Irgendwas war da im Busch. „Ich hab ne Gehaltserhöhung gekriegt, is doch klasse oder?“ Schön für sie. Dann würde für mich vielleicht auch ein bisschen mehr Taschengeld abfallen. „Achso, Susi hat angerufen, sie hat morgen einen Termin beim Zahnarzt, ob du nicht eben auf ihren Hund aufpassen könntest...“ Oh ja, dann würde Orli die kleine Ginny mal kennen lernen. „Wieso nicht, dann lernt Orli gleich mal Ginny kennen...“ Meine Mom grinste weiter. „Ich hab ihr schon erzählt was du für einen Fisch an Land gezogen hast und sie war erst mal sprachlos. Sie will erst fahren, wenn du den Hund geholt hast, weil sie Orlando noch kennen lernen will.“ Ach du Scheiße. „Na gut, ich nehm ihn mit, aber dass sie ihm ja nicht an die Wäsche geht, ich kenn Susi doch.“ Die begrapschte jeden Typen der ihr gefiel. Aber wenn Martin nur eine Frau ansah, wurde sie schon fast gelb vor Eifersucht. Bei ihr war alles egal, aber Martin wenn sich für's andere Geschlecht interessierte... Die Frau war irgendwie nicht ganz sauber. Aber ich mochte sie trotzdem unheimlich gerne. „Ich kann aber erst morgen Nachmittag, ich hab doch Schule!“ Gab ich dann zurück, ich würde erst ab halb zwei können. Mit der Ubahn brauchte ich zehn Minuten bis Moosach, wo Susi und Martin wohnten. „Komm halt nach der Schule einfach vorbei oder wart wieder unten am Ubahnhof. So wie du’s heute auch schon getan hast, dann können wir gleich weiterfahren nach Moosach und ich muss nicht wieder zurück nach Hause und dich noch eben holen.“ Orli sah mich zwar fragend an, stimmte aber dann zu. „Wir haben hier eh einen Hundeexperten.“ – „So?“ – „Er hat zu Hause eine Labrador – Hündin, Sidi. Total lieb, ich hab sie auch schon geführt.“ – „Na, dann wirst du mit Ginny ja locker fertig, sie is ein Yorkshire – Terrier.“ Orli lachte. „Diese kleinen Viecher, die dir die Schuhe zerfressen wenn du nicht aufpasst?“ Ich lachte mit. „Jep, genau so einer.“ Ginny war wirklich ein kleiner Wirbelwind. Sie hatte schon einmal Susis Sandalen angeknabbert, das stimmte. Und ihr einmal morgens den Cappuccino ausgeschlürft, den ich ihr mit so viel Sorgfalt gemacht hatte... dann kam der Hund und weg war das Zeug. Anfangs waren wir stocksauer auf die kleine Hundedame, aber dann haben wir uns halbtot gelacht. Leider musste sich Orli nun wieder mit meinem schmalen Bett begnügen, ich hatte leider keine so schöne große Bettstatt wie Orli zu Hause. Aber dafür konnte er auch nicht groß ausweichen wenn mich an ihn schmiegte... und wieso sollte er auch ausweichen. Eng umschlungen schliefen wir ein. Nach einem anstrengenden Schultag wollte ich grade, gut gelaunt, das Gebäude verlassen – doch wer lehnte da am Eingang? Verdammt man, du bist so leichtsinnig!! „Orli! Was zum Teufel tust du hier?! Du bist verdammt leichtsinnig, hier wimmelt es nur so von Fans!“ Doch er grinste nur. „Ich weiß nicht, die scheinen mich alle für n Double zu halten, so wie du damals. Gucken mich nur mal komisch an und gehen dann weiter...“ Da war ich selber verwundert. „Na ja, mit dem Haarschnitt erkennt dich ja auch keiner. Und das wird gut sein so. Und jetzt komm, sonst verpasst Susi ihren Termin.“ Wir schnappten uns die S1 und fuhren nach Moosach. Und an der Haustür erwartete uns Susi schon. Ihr fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie Orli sah. „Dann hatte deine Mom also recht. Mein Gott, Glückwunsch!“ – „Danke... na ja, ich brauch ihn dir ja nicht vorzustellen, Orli, das is Susi, Susi, Orli...“ Sie schüttelten sich die Hände. „Freut mich. Kommt rein, Ginny wartet schon ganz ungeduldig.“ Wir betraten die Wohnung. „Wo steckt denn Martin?“ Der wuselte hier um die Zeit sonst immer herum. „Is auf Arbeit, die ham ihn heut gebraucht.“ Ich vergaß ganz, Martin war ja für diverse künstlerische Sachen zuständig. Unter anderem für eine Kunstschmiede am Rande der Stadt, und da hatte er wohl heute hingemusst. Und es dauerte keine fünf Sekunden, da kam mir schon Ginny entgegengesprungen, laut bellend und schwanzwedelnd. „Ich freu mich auch, dich zu sehen, kleiner Wollfrosch!“ Ich nahm sie auf den Arm und wurde von ihr abgeleckt. „Bäh. Hör auf, das is ja unhygienisch.“ Lachte ich. „Also Orli, das is Ginny Weasley. Schön brav sein ja?” Orli versuchte, die kleine am Kopf zu kraulen, aber die knurrte ihn nur an. „Ach so ich vergaß ganz, lass sie mal an deiner Hand schnuppern, sie kennt dich noch nicht.“ Kam es von Susi. Orli hielt Ginny die Hand hin, jederzeit bereit, sie wieder zurückzuziehen wenn sie zuschnappen sollte. Aber Ginny leckte ihn nur kurz ab und ließ sich dann auch von ihm streicheln. „Die is ja zuckersüß, süßer als ich sie mir vorgestellt hab.“ Grinste er und ich gab ihm die Kleine auf den Arm. „Wollt ihr noch was trinken, n Kaffee oder so was? Ich hätt noch bissel Zeit.“ Wir winkten ab. „Nein danke, geht schon klar. Schau dass du zum Zahndoktor kommst.“ Ich wollte Susi eigentlich so schnell wie möglich loswerden, denn sie war die ganze Zeit Orli am Mustern. „Wie lang wirst du denn aus sein?“ Fragte ich Susi dann. „Könnte bis vier dauern, wenn der bohren sollte... was ich nicht hoffe, sollte nix sein komm ich so um drei, halb vier wieder.“ – „Okay, wir passen solang auf dein Säbelzahnmeerschweinchen auf.“ Orli musste lachen bei dem Begriff. „Was denn, die Bezeichnung hat Martin erfunden, find sie nur allzu passend...“ Kicherte ich und schnallte Ginny die Leine um. „Okay Süße, let’s take a walk!“ Wie auf Kommando watschelte sie los, hinaus zur Tür. „Bis später dann!“ Winkte uns Susi hinterher. Wir gingen mit Ginny in den nächstgelegenen Park und ließen sie ein bisschen herumtollen. „Hast du keine Angst dass sie abhaut?“ Fragte mich Orli misstrauisch. „Nein, die kennt mich schon, die kommt immer wieder zu mir zurück.“ Zum Beweis lockte ich sie her. „Komm Ginny, komm zu Marie!“ schon kam sie angeflitzt. „Hast du mal ein Stöckchen?“ Fragte ich Orli, der sah sich am Boden um und hob einen kleinen Ast auf. Den warf ich und Ginny rannte hinterher. „Hab ich ihr beigebracht. Da war sie noch kein Jahr alt.“ Ginny brachte mir das Stöckchen wieder. Und ich warf es wieder weg. So ging das eine ganze Weile. Ab und zu musste Ginny aber warten, weil ich mich wieder in Orlis Augen verlor, immer wenn sich unsere Blicke zufällig trafen... ich weiß nicht warum, aber ich fand, er hatte so ein unergründliches Leuchten in den Augen, das einen gefangennahm und nicht mehr freiließ... Um drei rief mich Susi dann auf dem Handy an, wo wir wären und dass sie wieder zu Hause wäre und ihre Ginny wiederhaben wollte. Wir brachten den Hund also zurück zu Susi. „Hier, kauft euch nen Cappuccino oder geht fein essen...“ Ich starrte mit offenem Mund auf den zwanziger runter, den sie mir grade gegeben hatte. „Aber Susi, das is doch nicht der Rede wert, komm, nimm dein Geld!“ Aber sie wollte es nicht wiederhaben. Na gut... Wir umarmten uns zum Abschied. Susi wollte unbedingt auch eine Umarmung von Orli, na ja, der gab dann nach, was sollte er auch machen. „Diesen Pulli werd ich nie wieder waschen...“ seufzte Susi und grinste mich an. „Du bist n verdammter Glückspilz, Marie.“ Tja Susi, aber Martin war ja auch ein ganz Ordentlicher. Wäre er 20 Jahre jünger gewesen – er war jetzt 46 – hätts vielleicht gefährlich werden können, aber alles was über 33 war, war bei mir unten durch. Orli war eh schon hart an der Grenze. Meine Gedanken wurden jäh von einem klingelnden Handy durchbrochen. Orlis Handy hatte gescheppert. „Ja? Was? Verdammt, ich dachte du hättest mir Urlaub gegeben und ich hätte keine Termine mehr! Na super. Na wenigstens etwas, aber danach lässt du mir meinen Frieden, ja? Ja, dir auch, tschüss.“ Orli sah wütend auf sein Mobiltelefon. „Scheiße. Marie, du musst jetzt stark sein.“ Was, sag nicht er trennte sich von mir! Bitte nicht, dann weiß ich nicht mehr was ich tun soll!! „Meine Agentin hat grad angerufen, die hat glatt vergessen, zwei Interviews abzusagen... ich muss noch mal nach England...“ Ich fiel ihm um den Hals. Na wenn es nur das war! Und trotzdem würde er mir fehlen, so sehr... „Wann kommst du wieder?“ Fragte ich ihn dann. „Wenn ich jetzt gleich noch einen Flieger nehme, am Freitag... hey, es sind doch nur zwei Tage, die kriegst du schon rum. Ich werd dich auch vermissen wie die Hölle, glaub mir das. Können diese Augen lügen?“ Nein konnten sie nicht, ich glaubte diesen Augen alles. Aber es fiel mir trotzdem furchtbar schwer, ihn für ein paar Tage gehen zu lassen. Er umarmte mich ganz fest. „Du schaffst das. Ich bin bald wieder zurück.“ Remember, after the fire, after all the rain, I will be the flame... na ja, wollte ich hoffen, dass seine Flamme immer noch für mich loderte, wenn er wiederkam. Zu Hause packte er noch schnell ein paar Sachen ein und fuhr dann mit der S-Bahn hinaus zum Flughafen, ich konnte ihn nicht begleiten, weil der Schmerz einfach zu tief saß. Auch wenn er wiederkam, dieser Abschied war wie eine Trennung. Ich liebte diesen Kerl verdammt noch mal schon fast mehr als mein Leben. Er bedeutete alles für mich, füllte meinen Alltag aus, der nun grau und leer sein würde, die paar Tage. Na ja, ich würde solange bei Jazzy und Mandy Trost suchen. „Machs gut und pass auf dich auf!“ Ich umarmte ihn noch einmal innig zum Abschied. „Werd ich machen, sei dir da sicher.“ Er lächelte mich lieb an und küsste mich noch einmal. Er war schon an der Straßenlaterne, als mir noch was einfiel: „Orli?“ – „Hm?“ – „Ich wollte noch dass du was weißt..“ – „Was denn?“ – „Ich liebe dich!“ Diese drei Worte hatte ich schon lange nicht mehr ausgesprochen, doch hier war es mehr als angebracht. „Ich dich auch, mehr als du denkst! Grüß deine Mom noch von mir, wir sehen uns am Freitag in alter Frische! Vielleicht schmeiß ich dich aus dem Bett oder hol dich aus der Schule, mal sehen!“ Grinste er und verschwand dann die Straße hinunter. Mit Tränen in den Augen sah ich ihm nach wie er da seinen Trollykoffer hinter sich herzog. Nun stand ich da, der kalte Wind blies mir um die Nase und ich fühlte mich einsam und verlassen. Ich würde die nächsten Tage sicher kein Lachen herausbringen. Dazu war ich grade zu niedergeschlagen über den Verlust des Kerls den ich so sehr liebte... die zwei Tage ohne ihn würden die Hölle werden. „Hey, was ist denn mit dir los?“ Fragte mich Jazzy am nächsten Tag in der Schule, als ich auf meinen Armen auf dem Tisch lag und an die Wand starrte. „Ihr habt euch doch nicht getrennt.“ Ich schüttelte den Kopf. „Er hat zwei Termine in London, seine Agentin hat gestern noch angerufen die dumme Kuh. Am Freitag kommt er erst zurück. Ihr habt keine Ahnung, ich sterbe ohne ihn.“ Ich vergrub mein Gesicht und versuchte nicht zu heulen anzufangen, so elend war mir zumute. Jazzy strich mir über den Rücken. „Hey, es sind doch nur zwei Tage, die schaffst du schon! Du hast vorher auch fast sechs Jahre ohne ihn überlebt!“ – „Aber da hab ich ihn noch nicht so sehr geliebt... da war ich doch nur verknallt!“ protestierte ich. Richtig verliebt in ihn war ich erst seit ... na ja, seit dem Abend, an dem wir hier den Artikel noch bearbeitet hatten und ich ihn dann so im Licht der Laterne gesehen hatte, da hat der Blitz so richtig eingeschlagen. Wer schon einmal richtig verliebt war kennt den Unterschied zwischen oberflächlicher Verknalltheit und richtiger Liebe. An jenem Abend wurde die Verknalltheit bei mir zu echter Liebe und ist seitdem geblieben. Oh Gott ich würde den Tag nie rumbringen! You were the first, you’ll be the last, Wherever you go, I’ll be with you, whatever you want, I’ll give it to you… oh was würde ich darum geben, bei ihm zu sein. Dass er wieder da wäre. Hier direkt neben mir. Dass ich mich nur umdrehen müsste und in diese wunderschönen Augen sah... Aber alles was ich sah wenn ich mich umdrehte war eine weitere Schulbank. Jazzy, Mandy und ich hatten es durchgebracht, dass wir uns einen Vierertisch hatten bauen dürfen, Freunde – Tisch sozusagen. Ich fand das viel gemütlicher als sich ständig umdrehen zu müssen wenn man was miteinander zu besprechen hatte. Die Mathestunde war fast nicht auszuhalten, ich sah dauernd auf die Uhr, die Minuten kamen mir vor wie Stunden und konzentrieren konnte ich mich schon gleich gar nicht. Ich würde sicher krank werden wenn das so weiterging. Ich hatte jetzt schon Kopfschmerzen. Jazzy hatte mir in der Pause eine Aspirin besorgt, aber die wirkte irgendwie nicht. Nicht mal die zwei in der Mathearbeit, die wir zurückbekommen hatten, bereitete mir Freude. Alles war so sinnlos ohne Orli. Wie hatte ich nur all die Jahre ohne ihn überlebt? Ich weiß es bis heute nicht. Zu Hause haute ich mich vor die Glotze und sah mir den Fluch der Karibik auf DVD an, ich musste Orli einfach irgendwie vor Augen haben, scheißegal wie. Danach noch Troja und Elizabethtown. Irgendwann musste ich dann eingeschlafen sein, weil mich meine Mom aufweckte und auf ihre Armbanduhr deutete. „Schatz, du musst zur Schule!!“ Verwirrt sah ich mich um. „Was, schon Donnerstag? Morgen kommt Orli wieder!“ Schon ging es mir besser, da ich wusste dass ich nur noch einen Tag ohne ihn überleben musste. Ich zog mir noch schnell was anderes an, frischte mein MakeUp ein bisschen auf und machte mich dann auf den Weg zur Schule. Dort angekommen ging ich zur Sicherheit lieber noch mal aufs Mädchenklo und fand dort Mandy vor, die vor dem Spiegel noch mal ihr Äußeres überprüfte. Ich sah auch in den Spiegel und musste feststellen, dass ich grauenhaft aussah, so, als hätte ich ein paar Tage nicht geschlafen. Wie ein Vampir mit Augenringen, die man trotz MakeUp sah. „Du siehst ja schrecklich aus...“ Bemerkte Mandy. „Ach ja? Ich frag mich warum...“ witzelte ich. „Hey, morgen kommt er doch eh wieder, also lass dich nicht so gehen, den Tag kriegst du auch noch rum! Alles hat ein Ende!“ – „Nur die Wurst hat zwei, ich weiß, ich weiß! Und trotzdem ist es verdammt noch mal die Hölle!“ Dann sagte sie nichts mehr und wir verließen das Klo, um uns ins Klassenzimmer zu begeben. Na toll, Donnerstag erste Stunde Englisch, das hatte mir grade noch gefehlt. Das würde mir das Leben noch mehr zur Hölle machen. I’m going crazy, I’m loosing sleep, I can’t believe you’re gone.. verdammt Orli, ich will dich zurück!! Meine Hände fingen schon an, zu zittern, wie bei Drogenabhängigen auf Entzug. Für Außenstehende musste ich aussehen wie eine lebende Leiche. Und das nach nur einem Tag ohne Orli... ich musste sehen dass ich wieder auf den Damm kam, sonst würde er ja einen Herzinfarkt kriegen wenn er mich so sah! Ich neigte einfach dazu, äußerlich ein bisschen zu verfallen wenn ich Kummer hatte... insbesondere wenn es sich um Liebeskummer handelte. Wobei ich ja eigentlich keinen Grund dazu hatte, denn mein Schatz kam ja wieder... Folglich ließ ich mir zu Hause erst mal ein schönes heißes Bad ein, um für eine Weile abschalten zu können. Das tat gut, danach fühlte ich mich wie neu geboren und freute mich schon auf Morgen, wo ich Orli wieder in die Arme schließen konnte. Und diesmal würde er mir sicher nicht mehr so leicht entwischen! Am nächsten Morgen klingelte mich der Wecker aus dem Schlaf. Ich sah mich um, aber Orli war noch nicht da. Na ja, er wollte sicher meine Mom nicht wecken um sechs Uhr morgens. So kroch ich erst mal hinunter in die Küche und machte mir einen Tee. Mit dieser Sucht hatte mich Orli auch angesteckt, ich trank nun jeden Morgen Tee. Doch der Tee blieb mir fast im Halse stecken, als ich in die Tageszeitung sah. Flugzeug in London kurz nach dem Start abgestürzt stand da. Oh Gott, ich musste sofort Orli anrufen! Hoffentlich war er nicht in der Maschine. Ich wählte die Nummer und es klingelte verdammt lange. „Ja?“ Meldete sich eine etwas verschlafen klingende Stimme am andern Ende. „Orli?“ Der andere Gesprächsteilnehmer holte erst mal Luft. “Marie?“ – „Verdammt, wo steckst du? Ich les grade Zeitung und seh dass in London ein Flieger abgestürzt ist... ich bin fast gestorben vor Angst!“ Ich konnte seinen besorgten Blick förmlich sehen. „Hey Süße, mach dir keine Sorgen, ich kreise grade irgendwo über München, müsste bald da sein.“ Ich atmete erleichtert auf. „Man bin ich froh... dann bis ... heut Nachmittag oder schaffst du’s noch bevor ich in der Schule bin?“ Ich sah auf die Uhr, zehn nach sechs, von Erding brauchte man eine gute halbe Stunde bis hier. Dazu noch eine halbe Stunde durch den Flughafen irren.. zehn nach sieben, nein, das würde er nicht mehr schaffen. „Ich würd eher sagen heut Nachmittag. Ich leg dir einen Hausschlüssel unter den Fußabstreifer damit du reinkannst. Bis später, ich liebe dich.“ Ich gab ihm durchs Telefon einen Kuss. „Ich dich auch. Und mach dir keine Sorgen, du klingst eh schon so fertig...“ Hörte man das wirklich? „Bis später...“ sagte ich und legte auf. Nun war mir ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Orli war wohlauf. Ja verdammt, und er würde heute Nachmittag wieder vor mir stehen, so schön und strahlend wie eh und je. Zur Feier des Tages zog ich mein Premierenkleid wieder aus dem Schrank. Draußen roch die Luft so richtig schön frisch und langsam wurde es hell. In der Ubahn war nicht viel los, aus meinem Viertel kamen nicht viele Schüler, drei andere standen da noch, sonst niemand. Am Nachmittag nach der Schule konnte ich es gar nicht erwarten, wieder heim zu kommen und Orli endlich wieder in meine Arme schließen zu können. Ich war die letzten Stufen zur Ubahn noch nicht ganz unten, da wurde mir schon unwohl. Ich hatte die letzten zwei Tage kaum was gegessen, bis auf meinen Tee heute Morgen. Ich musterte die Leute, die hier standen. Das tat ich immer. Warum weiß ich nicht. Auch die, die auf den Bänken saßen und warteten. Und der da hinten, der kam mir irgendwie bekannt vor, ein brauner Lockenschopf mit einigen Ketten um den Hals. Den Kopf auf die Hände gestützt, starrte er auf die Werbetafel die über den Gleisen hing. Nein oder? Oh Gott, wie lang war es her, es kam mir vor wie Jahre, wo es doch nur zwei Tage waren. Freudestrahlend lief ich auf den Lockenkopf zu. Der registrierte mich erst mal gar nicht, sah sich nur wieder um und musterte die Menge, genau wie ich das immer tat. Dann war er in meinem Winkel angelangt und auf seinem Gesicht bildete sich ein Lächeln. So ein richtig verliebtes Lächeln. (ungefähr so wie auf dem Bild, das beige Hemd hatte er auch an) Er stand auf und rannte auf mich zu. „Orli!!“ Ich fiel ihm um den Hals und er hob mich erst mal hoch. “Marie! Verdammt tut das gut, dich wiederzusehen. Diese blöden Pressetussis haben mich so was von genervt, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Alle starren dich an von oben bis unten...“ Ich sagte nichts, küsste ihn einfach. „Schön dich wiederzuhaben, die letzten Tage waren die Hölle...“ Er betrachtete mich genauer. „Du siehst auch nicht unbedingt gesund aus...“ – „Ich war ja auch auf Entzug...“ Seufzte ich und kuschelte mich an ihn. Scheißegal was die Leute um uns dachten. Dann fuhr die Ubahn ein und wir mussten uns für einen Moment voneinander lösen. Aber unsere Hände ließen einander nicht los. Keine Sekunde, bis wir vor der Haustür standen. Diesmal hatten wir sogar auf Anhieb durch den Hauptbahnhof gefunden, denn meine Sinne waren nun wieder so scharf wie vorher. Ich konnte wieder klar denken. Es war wieder Leben in mir. Meine triste graue Welt bekam wieder Farbe. Take my breath away ... Oh ja, er raubte mir wieder mal den Atem, Wunder dass die Mädchen nicht Schlange gestanden hatten unten in der Ubahn, so hammermäßig wie er sich heute zurechtgeputzt hatte... mir kam es wirklich nicht aufs Äußere an, aber er sah eben einmal wahnsinnig gut aus... irgendwie hatte er Glück, dass seine Mutter damals einen Seitensprung gewagt hat... und dass dabei etwas so Wunderschönes herausgekommen ist... (Anm.d.A.: Mal ehrlich, wer wüsste, was rausgekommen wäre, wenn Harry Bloom sein Vater wäre? Er ist eine (verdammt gut gelungene) Fügung des Schicksals...) Meine Mom war mal wieder auf Arbeit, als wir nach Hause kamen. Ich pulte den Haustürschlüssel unter dem Fußabstreifer hervor, denn das war meiner. Ich hatte ihn extra für Orli dagelassen, aber das hatte sich ja schon erledigt. Wir konnten keine zwei Sekunden die Finger voneinander lassen, küssten uns immer wieder. Wie hatte ich das vermisst, dieses ständig auf der Wolke schweben. Endlich wieder jemanden in meiner Nähe haben... „Willst du was essen? Du musst doch hungrig sein!“ Fragte ich ihn, nach der langen Reise musste der doch einen Bärenhunger haben... Irgendwie sah ich es schon in seinem Blick, was er wollte. „Habt ihr ne Küchenmaschine? Natürlich nur wenn’s dir nicht zu viel Arbeit macht, ich will hier nicht von hinten bis vorne verhätschelt werden...“ So, Reiberdatschi, ja? „Ich geh mal kurz in Keller und schau ob noch Kartoffeln da sind.“ Normalerweise müsste meine Mom erst vorige Woche einen neuen Sack Kartoffeln mit nach Hause gebracht haben. Den fand ich dann auch und nahm eine Schüssel voll mit nach oben. „Du, dir geht’s aber schon gut oder?“ – „Wieso?“ – „Na ja, die Eier in den Dingern... dachte du bist Veganer?“ – „Ich kann mich ja auch mal auf Eier und Milchprodukte umstellen... mal so mal so. Mach dir keinen Kopf deswegen. Nur mit einem Wurstbrot wirst du mich hier nie sehen.“ Wir lachten. „Soll ich die Kartoffeln schälen?“ Fragte Orli dann. „Würd ich schon gerne selber machen... lehn du dich zurück und genieß das Leben.“ Er war jetzt lange unterwegs gewesen und sicher hundemüde, also wollte ich ihm nicht auch noch lästige Pflichten auferlegen. Ich stand noch gar nicht lange über meiner Schüssel mit den Kartoffeln, das spürte ich schon wieder etwas hinter mir... und eine Hand, die nach dem Schäler griff. „Ich hab doch gesagt, du sollst da sitzen bleiben und nix tun... aber so kannst du ruhig stehen bleiben...“ Ich legte den Kartoffelschäler beiseite und schmiegte mich an Orli. Und diese Nähe, die hatte mir auch gefehlt. Seine kleinen Zärtlichkeiten, die einem fast den Verstand raubten. Er war einer von denen, die das einfach konnten, fragt mich nicht warum. Aber die Kartoffelpuffer sollten schließlich auch mal fertig werden, also entwand ich mich einer Umarmung. Aber Orli dachte gar nicht daran, zu verschwinden, bis ich die Kartoffeln fertig geschält hatte. „Hey... hör auf, sonst schneid ich mir am Ende noch in den Finger!“ Lachte ich, als er anfing, mich von hinten zu küssen. Das war verständlich genug, er hörte auf. Schade eigentlich... Nachher verspeisten wir genüsslich die Kartoffelpuffer, und es dauerte auch nicht lange, bis wir wieder Appetit aufeinander bekamen... Nach zwei Tagen Abstinenz eigentlich nur zu verständlich... ich hatte mich vorher wirklich nur schwer zurückhalten können. Jeder Blick, jeder Hauch von ihm, den ich spürte war schon fast zu viel. Man weiß erst was man hat wenn man es nicht mehr hat... soviel war mir jetzt klar. Küssend stolperten wir die Treppe hinauf in mein Zimmer... Bis spätabends ließen wir nicht mehr voneinander. Bis ich unten eine Tür aufgehen hörte, das musste meine Mom sein. Uns immer noch küssend, stolperten wir die Treppe wieder hinunter. „Ach, da is er ja wieder... Marie wäre fast gestorben ohne dich.“ Kam es als allererstes. Ich sah meine Mom finster an. Das musste Orli nicht wissen. Aber er konnte es wohl erahnen, weil ich ja immer noch ein bisschen fertig aussah. „Ich hab euch was von Mac Donalds mitgebracht, wollt ihr was?“ – „Pommes ja, aber alles andre, nein danke...“ – „Ach sorry Mom, ich vergaß ganz, dir zu sagen dass er Vegetarier ist...“ Mom sah Orli daraufhin erst mal schief an. „So, ein Öko – Bruder, ja? Na ja, du hast auch die Figur eines solchen.“ Ich gab meiner Mom mit einem Blick zu verstehen, dass sie Orli in Ruhe lassen solle. Es war schließlich seine Sache, was er mit sich machte. „Das hat mit Öko gar nichts zu tun, auch wenn der CO² - Ausstoß durch Verminderung der Viehbestände drastisch gesenkt werden könnte... ich find es einfach nur ethisch und moralisch nicht vertretbar, Tiere zu essen.“ Wow Orli, der hatte gesessen. Zeig’s meiner Mom, lass dich nicht unterkriegen. Ich hängte mich an seinen Arm und kuschelte mich an ihn. „Na ja, wenn es das ist was dir gefällt...“ Gab meine Mom schließlich gleichgültig zurück, was bedeutete, sie hatte aufgegeben, Sieg für Orli. „Okay, dann kriegst du die ganzen Pommes und ich ess den Rest.“ Der Rest bestand aus zwei Schachteln Chicken Mac Nuggets a 6 Stück und einer Schachtel Emmentalerherzen a vier Stück. „Aber die Käseherzen magst du doch.“ Orli sah mich ein bisschen skeptisch an. „Na gut, für dich ess ich sie.“ – „Ich zwei, du zwei.“ – „Pass auf, das machen wir so...“ Er nahm ein Emmentalerherz, nahm es in den Mund und deutete mir, die andere Hälfte zu nehmen. Meine Mom sah grinsend zu. Die Herzen waren leider ein bisschen zu umständlich zum gemeinsam essen, aber mit den Pommes klappte das perfekt, wie schon beim Shopping vor ein paar Tagen. Und meine Mom amüsierte sich köstlich. Hatte sie das denn früher nicht gemacht? Nachdem die Pommes alle waren, überlegten wir, was wir noch anfangen könnten, aber es war schon fast 23 Uhr, hieß wir konnten eigentlich schlafen gehen. Morgen war Samstag und ich überlegte, wohin ich Orli ausführen konnte. Vielleicht in den Zoo oder den englischen Garten... Deutsches Museum... Imax... doch es kam völlig anders... „Hey Süße, aufwachen...“ Ich gähnte und streckte mich. Dann sah ich auf den Wecker. Sieben Uhr. Ich hatte heute keine Schule. Trotzig drehte ich mich wieder um. „Hey, aufstehen...“ Oh hör auf mich zu küssen, dann kann ich erst recht nicht mehr schlafen... hinter mir klimperte ein Schlüssel. „Es ist sieben Uhr, spinnst du? Ich hab heut keine Schule also lass mich schlafen...“ Gähnte ich. „Ich hab aber ne Überraschung für dich...“ Nicht das auch noch. Irgendwas warnte mich vor dass das keinen Spaß machen würde... Na gut, ich drehte mich um. Und dann stand Orli vor mir, schon in voller Montur mit Jacke und seinem Autoschlüssel in der Hand. „Was hastn du vor...“ Ich setzte mich auf und rieb mir den Schlaf aus den Augen. „Ich dachte, ich geh mal Gleitschirmfliegen heut... hab da schon angerufen, um elf sollen wir da sein...“ – „Wo.“ – „Sag ich dir nicht.“ – „Ich mach da nicht mit, ich hab Höhenangst.“ – „Ooch... was glaubst du was ich hab?“ Orli, Höhenangst? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Dann erfuhr ich dass er mit mir ins südlichste Österreich wollte, ab in die Dolomiten... Oje, da würde er ohne Navi nie hinfinden. Ich grinste. „Mich kriegst du auf so n Teil nicht drauf, das kannst du vergessen.“ Polterte ich weiter. Orli grinste nur noch mehr. „Pass auf, nächstes Mal darfst du Bungeejumpen...“ Sollte das ne Drohung sein? „Willst du mir drohen oder was.“ Sagte ich und setzte mich auf. „Vielleicht...“ sagte Orli und gab mir einen Kuss. „Na gut, aber ganz allein lass ich dich da sicher nicht runterfliegen... wenn dann will ich schon mit dir abstürzen... da muss ich wohl durch.“ – „Jep. Und jetz zieh dir was an, wir haben drei Stunden Fahrt vor uns.“ Ich wurde stutzig. Woher kannte der sich hier so gut aus?! „Sag mal, woher besitzt du so gute Ortskenntnis?“ Orli zuckte mit den Schultern. „Ich war schön öfter Snowboarden in der Ecke... ich kenn den Fallschirm – Veranstalter... “ Honey I’m home ich brauchte erst mal was Gescheites in den CD – Player um wach zu werden. Draußen war es noch relativ dunkel und wenn es dunkel war, bekam man mich nur schwer aus dem Bett. Na ja, half nichts. Ich zog mir vorsichtshalber mal einen dicken Rollkragenpulli an, falls es da oben saukalt werden würde. Orli war auch nicht grade dünn angezogen. Er kannte das Bergklima wohl schon recht gut... Na ja, was soll's, ich beugte mich seinem Willen. So früh morgens war die Autobahn wie leergefegt. Im Nu waren wir auf der Brenner – Autobahn. Ein paar Stunden später kamen wir dann in Südtirol an, ich hatte zwei Stunden von drei verschlafen und Orli weckte mich mit ein paar Küssen. Ich aber schlug nach ihm wie nach einer Mücke, wollte ihn verscheuchen und weiterschlafen. Ihr wisst schon, wie ein Hund, der sich kratzt mit einem Bein und dann wieder weiterschläft. Genauso war das bei mir grade. Plötzlich merkte ich, wie ich hochgehoben wurde. „Hey!!“ Orli grinste auf mich runter und verschloss seinen Wagen per Fernbedienung. Wir befanden uns auf einem ziemlich hohen Berg wie mir schien, denn es war nicht nur saukalt – lag vielleicht auch daran dass mein Kreislauf total am Boden war weil ich geschlafen hatte – sondern die Luft schien auch ganz schön dünn zu sein, weil ich nicht gescheit denken konnte. Wir betraten eine rustikale Holzhütte. Drinnen empfing uns ein bärtiger Typ, musste um die 40 gewesen sein und schüttelte Orli erst mal erfreut die Hand. „Hey, lang nicht mehr gesehen, was treibst du so die ganze Zeit? Oha, ein Anhängsel...“ Er sah rechts an Orli vorbei und erblickte mich, wie ich mich müde dahinschleppte. „Ach so, das is Marie... noch ein bisschen müde, sie hat auf der Fahrt geschlafen...“ Der Fallschirmverleih – Typ grinste. „Die kriegen wir schon wach, spätestens wenn ihr in der Luft seid. Das erste Mal?“ Er sah mich an. Ich verzog das Gesicht und nickte. „Zwangsweise mitgeschleppt, ich will ihn nicht alleine abstürzen lassen.“ Der Typ grinste. „Okay, dann kriegt ihr nen Tandem – Schirm. Orlando, du zeigst ihr ja alles oder?“ Orli nickte. Ich nannte ihn Orli, fand das passender als das viel zu förmliche und steife Orlando... Oder OB wie er gerne genannt werden wollte, ich wollte ihn aber nicht nennen wie einen Tampon. *g* Obie Wan Kenobi... Fehlte nur noch der Mantel und das Laserschwert. Ich musste kichern bei den Gedanken. Orli erklärte mir lang und breit was ich wie machen sollte, woraus ich am Ende nur den Schluss zog, ich solle mich einfach an ihn klammern und ihn machen lassen. Man! I feel like a woman! Na ja, ich fühlte mich aber eher wie ein Angsthase, als wir da oben auf der Klippe standen, von der wir gleich runterrennen würden... Oh mein Gott ich sag euch, ich hatte die Hosen voll! Ein Wunder dass Orli nichts roch *grins* Mit dem Helm sah er ja zum Schießen aus. Aber Sicherheit ging vor. Ich bekam auch einen Helm auf und so nen Anzug... Und dann standen wir da, Auge in Auge mit dem Tod. Ich schloss beim Runterrennen einfach die Augen. Und dann hatte ich plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen. „Du kannst die Augen wieder aufmachen, wir fliegen...“ Grinste Orli. Ich machte ein Auge auf und gleich wieder zu, denn unter uns ging es mindestens fünfhundert Meter in die Tiefe. „Du, wenn mir schlecht wird sag ich dir bescheid...“ – „Lass einfach fallen...“ Grinste Orli. Ha ha, voll witzig. Wenn da unten einer stand würde der sich freuen. *g* Aber je weiter wir flogen und je länger desto mehr gewöhnte ich mich eigentlich daran und am Ende wollte ich sogar noch mal. Na ja, das war auch sicher nicht das letzte Mal, dass er mich da mitgeschleppt hatte. Wir schnallten uns ab und Orli faltete den Schirm gekonnt wieder zusammen. Na ja, er war ja auch schon Profi in so was. „Sag mal weißt du wo hier in der Nähe noch ein Skigebiet Betrieb hat?“ Fragte Orli dann den Fallschirmfuzzi. „Da müsst ihr schon in die Schweiz fahren... hier is alles weggetaut, erst nächsten Winter wieder...“ Orli machte ein enttäuschtes Gesicht. „Schade, ich wär gern noch Snowboarden gegangen...“ Er grinste mich an. Das war ja wohl nicht sein Ernst. Man, der hatte ja Energie endlos wie eine Duracell – Batterie... Er war immer so brav und eher ruhig was Unternehmungen anging, aber jetzt drehte er voll auf... Ich war gespannt, was als nächstes kam. Skydiving? Ich würde mit einem Sprungtuch unterm Gebäude stehen und Orli auffangen. Selber würde ich mit Sicherheit nicht von einem Hochhaus springen. Niemals. Nicht für alles Geld der Welt. Nicht mal für Orli, sorry Süßer, aber da is bei mir Sense. Kann ich mich genauso gut gleich ohne Fallschirm runterschmeißen. Auf dem Heimweg kehrten wir noch in einer urig – Österreichischen Wirtschaft ein und aßen etwas. Für Orli wurde das schwierig, weil fast alle Gerichte Fleisch enthielten. Aber schließlich kam man ihm entgegen und zauberte ihm doch noch was vegetarisches, das nicht auf der Karte stand. Orli hatte Glück, dass der zweite Koch Vegetarier war und sich auskannte. So spachtelte er eine schöne Gemüsepfanne. Sah gar nicht mal so schlecht aus, ich klaute ihm ein paar Stückchen aus der Pfanne. Von meinem Schnitzel konnte er mir ja nichts klauen. Hehe. Endlich wieder zu Hause. Es war inzwischen schon 18 Uhr, und wir hatten den Tag damit ziemlich totgeschlagen. Na ja, wie man Tage rum bekam, wusste Orli auf jeden Fall. Aber morgen konnte er nicht allzu viel machen, denn morgen war Sonntag. Und Sonntags hat kein Geschäft offen. Außer Tankstellen. *grins* Den Sonntag durfte ich dann auch im Bett verbringen, so lange schlafen wie ich wollte. Irgendwann kam dann Orli auch wieder reingekrochen und machte ein Sonntagsnickerchen, wie meine Mom das auch immer zu tun pflegte. Sonntagnachmittag war bei ihr Ruhe. Ich war eigentlich ganz froh, dass ich heute lange schlafen konnte, denn mir taten von gestern alle Knochen weh. Komisch dass einem vom Gleitschirmfliegen die Knochen wehtun können, aber es war wirklich so. Orli hatte da keine Probleme, der war ja trainiert. Und weil er nicht fies sein wollte, wie er sagte, verpasste er mir glatt eine Massage. Oh das könnte er immer und immer wieder machen... wenn er das jedes Mal machte, dann ging ich öfter Fallschirmspringen... ich war schließlich so entspannt, dass ich mich kaum mehr bewegen traute. Orli hatte die ganze Zeit nie die Hand von mir gelassen, strich immer noch meinen Rücken rauf und runter... oh ich dachte ich würde gleich sterben vor Schmetterlingen... Mir war schwindelig und ich dachte, ich würde jeden Moment in Ohnmacht fallen. Da hatte er mich nun wieder, sein willenloses Opfer. Aber momentan war ich das gerne... das tat einfach zu gut. Irgendwann konnte ich aber nicht mehr, er musste aufhören. „Bitte hör auf, ich kollabier gleich...“ hauchte ich mit dem letzten bisschen Kraft das ich aufbringen konnte. Er ließ sich neben mich in die Kissen fallen, sodass ich ihm genau in die Augen sah. „Ich sagte doch ich kollabier gleich...“ Er sagte nichts, küsste mich einfach. Mir wurde immer nur noch schwindliger. Wenn ich kurz meine Hand hochhob, konnte ich sehen, wie sie zitterte... Oh Orli was hast du nur mit mir angestellt... Schade dass irgendwann Montag war und ich wieder zur Schule musste... jedoch nicht, ohne mich mit einem langen Kuss von Orli zu verabschieden. Hmm, war das schön wieder den ganzen Tag zu schweben. Jetzt war ich wieder richtig glücklich, nicht mehr so einsam und verlassen ohne die Liebe meines Lebens... oh ja, er würde in meinem Leben sicher eine große Spur hinterlassen. Aber eigentlich wollte ich keine Spur, ich wollte mit Orli alt werden... je älter der wurde desto geiler sah er wohl aus... ich weiß es nicht, mal sehen was die Jahre bringen würden. „Mein Gott du strahlst ja wie die Sonne..“ Grinste Jazzy, als sie mich kommen sah. Ja, ich fand heute morgen auch, dass ich vor Kraft nur so strotzte. „Man sieht dass Orlando wieder bei dir ist.“ Hehe, sah man mir das jetzt schon an? Ich packte meinen Bücherstapel auf den Tisch. „Oh man, vorgestern hat er mich zum Gleitschirmfliegen mitgeschleppt... das müsst ihr euch mal vorstellen, kein Boden unter den Füßen und unter euch geht’s fünfhundert Meter in die Tiefe...“ – „Oje, scheiße...“ – „Jap, hab ich mir auch gedacht. War aber dann gar nicht mehr so schlimm, je länger du in der Luft bist.“ – „Ach so, hast du jetzt ein neues Hobby, was?“ Grinste Mandy. „Nein, ganz sicher nicht. Ich bin gespannt mit was er als nächstes ankommt. Skydiving oder Bungeejumpen... Hilfe.“ Wir mussten lachen. Na ja, grad so angenehm war der Gedanke immer noch nicht, sich irgendwo runterzuhauen... Gleitschirmfliegen war ja noch okay, aber bei so was hörte bei mir der Spaß auf. Heute hatte ich gleich doppelten Grund zu Freude: die letzte Stunde fiel aus, weil unser Biolehrer eine Abiklasse in der Prüfung hatte. Hieß ich konnte schon früher wieder nach Hause zu meinem Schnuckel... Fragte mich nur, ob er schon zu Hause war, denn er würde sicher nicht den ganzen Tag nur daheimsitzen und auf mich warten... Na ja, dann wär ich halt zu Hause und würde auf ihn warten... Und ihn sogleich wieder umnieten, sobald er mir in die Finger kam... Ich grinste schelmisch. Ja ich gebe zu versaut zu sein, am liebsten seh ich Orli ohne alles. Er hat einfach die Figur.. diese schönen, starken Schultern, an die man sich anlehnen kann... Ich seufzte, den Kopf auf eine Hand gestützt und sah träumerisch zur Decke. Noch war der Schultag nicht vorüber. Wir hatten noch zwei Stunden vor uns, davon gerade Geschichte und gleich darauf Latein. Ich hasste Latein. Ich kannte niemanden, der das Fach mochte. Nicht mal Tobi. Und der hatte wirklich überall einsen. Und eigentlich brauchte er gar nicht damit angeben, dass er Latein hasste, denn er schwafelte uns dauernd lateinische Sätze vor wenn wir in der Redaktion beisammensaßen. Insgeheim liebte er das Fach, das wusste ich. Hehe. Nach der Schule beschlossen Mandy, Jazzy und ich dann, eben zu mir nach Hause zu gondeln und uns dann Orli zu krallen und ihn ins OEZ, Olympia Einkaufszentrum zu schleppen. Dafür dass er mich neulich in die Berge geschleppt hatte. Auch wenn sich das für mich im nachhinein gelohnt hatte, er hatte eine Rache verdient. Als wir zu mir nach Hause kamen, war noch keine Menschenseele da. Orli vermutete wohl, ich würde bis eins Schule haben und war noch unterwegs. So vertrieben wir uns die Zeit mit DVDs schauen. Was Jazzy natürlich sehr gefiel... vor allem Troja, oh ich hätte sterben können, ich wär am liebsten vor den Bildschirm gesprungen und hätte ihn verdeckt, damit auch ja niemand außer mir diesen Kerl zu Gesicht bekam wie er, wie Gott ihn geschaffen hatte, am Bett von Helena stand... oder hieß die anders? Ich hatte immer noch keine Ahnung. Aber Jazzy kam und schob mich zur Seite. „Wenn wir ihn schon nicht in real so bewundern dürfen, dann wenigstens auf Plastik!“ Plastik? Na ja okay, DVDs bestanden ja eigentlich aus nichts anderem. Aber die Mattscheibe war aus Glas... Dann hörte ich etwas zur Tür hereinkommen und schlich mich leise hinaus. Auf dem Flur knutschte ich Orli erst mal nieder. „Hey Engel... dachte du bist noch in der Schule...“ Hauchte er und knutschte mich seinerseits nieder. „Ich hab dir glaub ich schon mal gesagt was für ein Glückspilz du bist, oder?“ Jazzy stand im Türbogen und grinste uns beide an. Ich konnte nichts sagen, nur glücklich zurückstrahlen, während ich mich an Orli kuschelte. Er war wie ein großes, gemütliches Kopfkissen, man wollte den ganzen Tag drauf liegen bleiben... *g* Ja, und irgendwo hatte Jazzy schon Recht, ich konnte mein Glück selbst immer noch nicht fassen, nicht mal nach über zwei Wochen. Ich fragte mich immer noch, womit ich das eigentlich verdient hatte. Vielleicht wollte mir Fortuna auch nur einmal ein bisschen Glück schenken nach all der Scheiße die ich mit den Männern durchgemacht hatte... Now I need you more than ever… ich hatte noch Bruchstücke von Total Eclipse im Kopf, das ich heute irgendwo gehört hatte. Inzwischen war es soweit, man hatte es ja gesehen die zwei Tage die er nicht hier war, ich brauchte ihn schon wie die Luft zum Atmen. Ohne ihn erstickte ich. Aber ich dachte zu lange nach, da hatten sich Mandy und Jazzy schon ihre Jacken geschnappt und deuteten mir zum Aufbruch. „Du kannst gleich so bleiben, wir gehen ins Olympia Einkaufszentrum, gehst mit?“ Orli sah mich ein bisschen schief an. Hatte wohl schon ein bisschen im Hinterkopf dass das die Rache für seinen Feldzug vom Samstag war. Er hob eine Tüte hoch. „Da war ich heut schon... aber ich komm gern noch mal mit wenn ihr wollt. Dann scheuch ich euch durchs Gebäude...“ Er machte einen auf HuiBuh, das Schreckgespenst. Ich verpasste ihm einen Kuss und er war wieder brav. Na ja, nicht ganz. Seine Hand auf meinem Rücken.. oh er wusste dass mich das ganz kirre machte. „Wenn du nicht willst dass ich dir in der Ubahn umkippe, dann hör auf damit...“ Aber er nahm die Hand nicht weg. Zugegeben, es war verdammt angenehm, aber ich konnte nicht mehr klar denken, und so konnte es sein dass wir vielleicht am Ende das Umsteigen vergaßen und in Feldmoching landeten... na ja, aber dafür hatte ich ja Mandy und Jazzy. Die würden für mich solang das Denken übernehmen. Jazzy grinste nur weiter. Ich wusste, sie wäre gerne an meiner Stelle gewesen... Und Mandy... bei der wundert’s mich eigentlich, dass die noch keine größeren Gefühle gezeigt hat, ich wusste sie stand auch auf Orli. Wir hatten damals im Kino zusammen Troja angesehen – hab ich ja schon erzählt – und ich sah nur mal kur zu ihr rüber, Blicke sagen alles... sie war total in ihn verknallt. Ach Mädels, es tut mir doch auch leid! Glaubt ihr für mich is das leicht? Ich hab ja den geilsten Kerl der Welt für mich, aber ihr müsst daneben sitzen und bekommt allenfalls mal eine Umarmung... ich weiß wie schlimm das ist. Sollte es einmal nicht mehr funktionieren, könnt ihr ihn haben. Das versprech ich euch. Aber momentan war ja noch alles in bester Butter und ich schwebte nach wie vor auf Wolke sieben. Ich konnte es wirklich nicht fassen, dass er mein war... Orli war für mich all die Jahre lang so was wie eine Art Gott gewesen, ich sah zu ihm auf und betete ihn an... auf meine Art, bis der Blitz dann richtig einschlug. Nun stand da ein lebender Halbgott neben mir am Ticketautomaten. Wenn er den Arm nicht um meine Taille gelegt hätte, hätt ich gesagt, ich hab Halluzinationen. Allein der England – Trip war wie ein Traum, wie eine Halluzination für mich gewesen. Ich schüttelte den Kopf um meine Gedanken wieder in Ordnung zu bekommen und in die Realität zurückzukehren. Inzwischen saßen wir in der ziemlich leeren Ubahn. Das wunderte mich, denn normal war sie um die Zeit gesteckt voll. Na ja, Glück für Orli, so wurde er von niemandem erkannt. Wir ergatterten einige Raritäten, darunter auch ein neues Paar Schuhe für Orli, als ob er nicht schon genug hatte... zu Hause musste ich dann erst mal Mandy und Jazzy nach Hause schicken, leider, denn mich fraß das Verlangen fast auf. Orli hatte sich beim Shopping dermaßen lasziv bewegt, jeder Schritt den er tat machte mich halb wahnsinnig... so schleppte ich ihn rauf zu mir und stillte mein Verlangen... Das hat er mit Absicht gemacht, da wett ich was drauf. Später lag ich dann wieder in seinen Armen und genoss das Leben einfach nur. Ich konnte nicht mehr. Schöner konnte es nicht mehr werden. Mein größter Traum war in Erfüllung gegangen, besser konnte es nicht mehr werden. Außer dass ich in Harvard aufgenommen wurde. Oder wie das heißt. *g* Aber dafür waren meine Noten nicht gut genug. Und Harvard war zu weit von Orli weg. Ich könnte sicher nicht in so einer Studentenbude leben ohne ihn. Ich brauchte Orli. Wie die Luft zum Atmen, meine Fanta zu Trinken... oh Gott, könnte ich nur in Worte fassen wie sehr ich ihn liebe! Wirklich wahr. Ich war auf dem Tollwood – Festival (das war so ein internationaler Markt, der zweimal im Jahr hier stattfand) aus Jux zu einer Wahrsagerin gegangen, und die hatte mir die große Liebe prophezeit... und es war Wirklichkeit geworden... verdammte Scheiße, sie hatte Recht behalten. Und wenn dies mein Schicksal war, dann würde ich es gerne annehmen. Vielleicht würde ich auch später gar nicht studieren, sondern gleich arbeiten gehen. Orli hatte mir schon mal angeboten, eine Komparsenrolle oder ähnliches in einem seiner Filme zu übernehmen, aber Schauspielern kam für mich überhaupt nicht in Frage. Das war eines dieser Dinge die ich überhaupt nicht konnte, noch nie. Schon in der Grundschule war ich zu blöd dafür. Und dabei wollte ich es auch belassen. Nein ich weiß nicht, ich hätte auch die Hausfrau für ihn gemacht. Aber ich wollte ihm nicht auf der Tasche liegen wie die kleinen Mädchen die immer davon träumen, einen Millionär zu heiraten. Auf sein Geld war ich sicher nicht aus. Mein voller Ernst. Nichts, nicht mal alles Geld der Welt, war so wertvoll wie Orli. Er hätte zehn Yachten und fünf Karibikinseln haben können... allein der Mann interessierte mich, und nicht sein Besitztum. Am nächsten Tag nach der Schule wollte Orli mit mir an den Starnberger See, ein bisschen schwimmen gehen. Ich fand die Brühe noch zu kalt im Juni, aber muss er ja wissen. Ich legte ihm nahe, mal eine gescheite Badehose anzuziehen, denn diese Surferhosen konnte ich nicht ausstehen, die ihm bis zum Knie gingen und nichts sehen ließen. (Anm.d.A.: Wirklich wahr, die Dinger sehen doch schrecklich aus...) Aber das scheiterte daran, dass er nichts anderes dabei hatte. Würden wir wohl die nächsten Tage noch mal shopping gehen müssen *Grins* Wider Erwarten war es am See gar nicht soo kalt wie ich gedacht hatte. Heute hatte es den ganzen Tag schon fast 30 Grad gehabt und ich freute mich eigentlich über Orlis Einfall, denn ich konnte mich mal schön in die Sonne legen und ein bisschen Farbe kriegen. Und so lag ich da dann auch auf meinem Strandtuch, während Orli planschte. „Komm rein, es ist nicht kalt!“ Nein danke, ich ging lieber im sauberen Schwimmbad baden. Ich weiß nicht, aber im See hab ich immer Angst, dass mir was in die Zehen beißt ^^ Außerdem is das da ekelhaft glitschig auf den Steinen. Ich war gerade am vor mich hin – dösen, da wurde es auf einmal nass... Ich machte die Augen auf und durfte feststellen, dass Orli sich den kleinen Plastikeimer geschnappt hatte, der hier rumgelegen hatte, und dessen Inhalt nun über mich schüttete.. Und dabei grinste er auch noch. Ich sprang ihm nach und brachte ihn im Wasser zu Fall. Das war also seine Strategie, ja? Orli du kleiner Schelm. Ich nahm ihn in die Arme und küsste ihn. Nass... das hatten wir seit London nicht mehr gehabt. Und jetzt erst merkte ich, wie ich das vermisst hatte. Und dann fiel es mir plötzlich ein: „Orli, die Sonnencreme...“ Ich hatte glatt verpennt, mich einzucremen. Er natürlich auch. Wir wateten zum „Strand“ zurück, der ja eigentlich mehr aus Kies bestand, und machten es uns gemütlich. Genüsslich cremte ich Orli den Rücken ein... er schnurrte wie ein kleines Kätzchen. *g* Danach legte ich mich auf mein Handtuch... mh, das war fast wie in meinem Traum auf Hawaii. Nur noch viel besser... Fix und fertig lag ich dann da, ich hatte eigentlich vorgehabt, noch mal ins Wasser zu gehen, jetzt wo ich festgestellt hatte, dass es doch gar nicht soo glitschig war, aber Orlis Cremerei hatte das nun unmöglich gemacht, weil ich mich nicht mehr aufstehen traute. „Kannst du mal bitte deine Hand da wegnehmen? Ich will gleich noch ins Wasser...“ Wie vor ein paar Tagen schon befanden sich immer mindestens zwei Finger in Kontakt mit mir... Er hörte auf, nahm mich aber in die Arme und ich schmiegte mich an ihn... Küssend und knutschend kamen wir wieder zu Hause an. Meine Mom war wiedermal nicht zu Hause, wieder arbeiten. So hatten wir sturmfrei und weil es heute so warm war, ging ich mal eben in den Keller, nachsehen ob wir noch Eis im Gefrierschrank hatten. Normalerweise hätte von der Geburtstagsfeier noch was übrig sein sollen... Ich fand eine halbe Dose Vanille und noch einen Rest Erdbeer. Oben hatte Mom sicher noch irgendwo Erdbeersoße stehen. Und dann würde ich Orli genüsslich mit dem Löffel füttern... solange bis das Eis zerlaufen war... So vergingen die Tage, und ehe wir uns versahen war es schon der 28. Juli, wir saßen draußen vor dem Haus und ließen uns die Sonne aufs Haupt scheinen. Es hatte heute fast 35 Grad im Schatten und ich schwitzte gehörig. Ja, inzwischen war ich schon über zwei Monate mit Orli zusammen, und unsere Gefühle füreinander waren kein Bisschen schwächer geworden. Inzwischen hatte er mich leider mit seinem Schuhtick angesteckt. Ich hatte nun schon mehr Paare im Regal stehen als ich eigentlich brauchte. Bei Deichmann hatte es neulich ein Sonderangebot gegeben, da musste ich einfach zuschlagen. Danke Orli... nein, böse war ich ihm nicht. Ihm konnte man nicht böse sein. Ich erst recht nicht, dazu liebte ich ihn zu sehr. Meine Mom hatte Urlaub und versuchte, uns einen möglichst schönen Lenz zu gestalten indem sie uns hier draußen bemutterte... Mütter. „Wollt ihr noch Limo? Noch ein Eis, Kekse...“ Ich winkte ab und hielt mir den Bauch. Für heute hatte ich genug gefuttert. Orli neben mir ging es genauso. Ich hatte ihn dazu gekriegt, seine Haare wieder wachsen zu lassen, und nun hatte er wieder diese schönen Locken... Ich hatte oft meine Finger in seinen Haaren, weil sich das einfach toll anfühlte. Er sah richtig glücklich und zufrieden aus. Fand ich jedenfalls, denn er blendete mich fast mit seiner Schönheit. Wie Katzen, die sind zu Weihnachten immer besonders schön... Bald war ja Ferienbeginn und wir überlegten schon lange, wo es hingehen sollte, denn Orli hatte mich eingeladen. Irgendwo hin in den Urlaub. Ich durfte aussuchen. Er wollte natürlich am liebsten nach Hawaii zum Surfen, das war mir klar. Ich knabberte ein paar Kartoffelchips und ließ mir die Sache noch mal durch den Kopf gehen. Noch mal England, zu ihm nach Hause... aber da war ich ja schon. Auf Skye wollte ich eigentlich noch mal, aber das konnten wir ja auch noch erledigen. Orli hatte gemeint vielleicht Neuseeland, dann würde er mir die ganzen Drehplätze aus Herr der Ringe zeigen und wir würden vielleicht sogar Elijah oder Viggo dort antreffen, die dort ebenfalls gerne Urlaub machten. Aber so große Lust hatte ich eigentlich nicht, noch mehr von seiner Sippe kennen zu lernen. Anfang Juli hatte Johnny vorbeigeschaut, da waren wir dann bis fast vier Uhr morgens mit Lachen beschäftigt. Ihr könnt euch ja vorstellen dass ich den nächsten Tag glatt verpennt hab. Orli auch. Wir dachten und dachten, und raus kam nichts. Also ließen wir es für heute gut sein und gingen rein, nachdem die Sonne verschwunden war und es langsam kalt wurde. Achso, bei Ikea waren wir auch gewesen, und hatten ein Doppelbett für mich besorgt, jetzt wo Orli länger da war. Eines Morgens meinte er, er hätte jeden Morgen Kreuzschmerzen weil er aufpassen müsse dass ich ihn nicht aus dem Bett schiebe nachts. So gingen wir los und besorgten ein größeres Bett. Das aber nicht halb so bequem war wie das bei Orli zu Hause... Trotzdem ließ sich mit dem Ding wesentlich mehr anfangen als mit meinem Teenagerbett... „Wie wär's eigentlich mal mit Karibik.“ Überraschte mich Orli am nächsten Morgen mit der Zahnbürste im Mund in der Küche. Hm. Mal einen auf Piratenbraut machen, wieso nicht... Johnny hatte doch da irgendwo eine Insel wenn ich mich nicht irrte. Oje, das würde heißen jeden Tag bis vier Uhr Nachts saufen... „Aber nicht zu Johnny auf die Insel.“ – „Na gut. Dir zuliebe.“ Er nahm die Zahnbürste aus dem Mund und grinste mich an. „Es is ja nicht so dass ich Johnny nicht auch mögen würde, aber ihr seid mir einfach zu lange wach... hast ja gesehen was letztes Mal rausgekommen is.“ – „Jep...“ Orli war wieder im Bad verschwunden. Mittlerweile ging das morgens ganz von alleine. Ich machte Frühstück und er verschwand seine halbe Stunde im Bad, um nachher glänzend wie ein frischpolierter Diamant wieder in die Küche zu kommen. Und da heute Sonntag war, war meine Mom auch zu Hause. Sie saß mit ihren Pantoffeln und im Morgenmantel am Tisch und ließ sich meine Spiegeleier schmecken. „Ein Gutes hat dein neuer Freund... er animiert dich zum Kochen.“ Hatte sie vor ein paar Tagen bemerkt. Stimmt, seit ich Orli kannte, kochte ich mehr. Vorher hatte ich das schön meiner Mom überlassen weil ich keine Lust auf spritzendes Fett aus der Pfanne hatte. Ich ging lieber zu Mac Donalds und holte mir da was. Nach dem Essen wollte ich mit Orli die Koffer packen, damit wir morgen oder übermorgen los konnten. Ab ins warme. Nicht dass es hier nicht auch warm gewesen war, aber Karibik war halt das schönere Warme ^^ Da konnte Orli schön surfen gehen und ich konnte mir das Antlitz bräunen. So war das schön. Wir waren inzwischen schon fast wie Eheleute. Der eine machte das, der andere das und alles passte. Und dazwischen wurde immer wieder übereinander hergefallen. *grins* Er hatte inzwischen gut rausbekommen, wie er mich auf Wolke sieben und höher befördern konnte. Er war ein wahrer Künstler was solche Dinge anbelangte. Und die in meiner Schule? Irgendwie mussten sie rausbekommen haben, dass ich was mit Orli habe, auf jeden Fall kam irgendwann der Tag, an dem mir alle Mädels an unserer Schule neidische Blicke zuwarfen, einige kamen sogar mit blöden Sprüchen daher wie Und, wie is er im Bett? Lauter solche Sachen. Ich hab nur gegrinst und die Mädels innerlich ausgelacht. Die hatten doch keine Ahnung wer Orli wirklich war, die sahen in ihm doch nur das Sexsymbol oder den geil aussehenden Schauspieler. War er für mich ja eigentlich auch *grins* Aber ich hatte festgestellt, er hatte eigentlich so gut wie keine Macken, wirklich. Er umsorgte mich als wäre ich etwas besonderes, ich fand bis jetzt keinen Grund, mich bei ihm über irgendwas zu beschweren. Er war einfach perfekt... schön dass es doch noch solche Männer gab, auch wenn er vielleicht der einzige von dieser Sorte war. Ich holte Luft, denn mir war grade eine grandiose Idee für unseren Urlaub gekommen. „Das isses!“ Orli sah mich verwundert an. „Was isses?“ – „Mauritius!“ Er grinste. Ich hatte schon im Fernsehen einmal Bilder von dieser Insel gesehen und fand, dass das das Paradies schlechthin war. Palmen, Strand, Sonne, Meer, Kokosnüsse, Papayas, Mangos... ^^ „Dann eben dorthin, ich hab dir ja gesagt, du darfst aussuchen. War dort auch schon mal, es ist wunderschön da.“ So war es also beschlossen, es ging nach Mauritius. „Wir können auch eine Weltreise machen wenn du willst...“ Äh wie bitte? Der Herr belieben zu scherzen. Sicher wollte ich einiges sehen, aber gleich eine Weltreise? Das war mir zu viel Stress. Lachend winkte ich ab. „Nein danke, das is mir zu stressig. Lass uns lieber einen schönen gemütlichen Urlaub in den Tropen verbringen, ja?“ Ich legte meine Arme um ihn und küsste ihn im Nacken. Selbst nach zwei Monaten musste ich ihn immer noch ständig in meinen Fingern spüren um zu glauben dass er auch real war. Er drehte sich um und fing ebenfalls an, mich zu küssen. Meine Mom hate sich inzwischen schon daran gewöhnt, ein Pärchen um sich zu haben. Seit neuestem war sie nun auch wieder öfter mit ihren Freundinnen unterwegs und klapperte die Discos ab auf der Suche nach einem passenden „Gegenstück“ wie sie sagte. Bis jetzt war aber noch nichts Vernünftiges dabei rausgekommen. Lauter so blonde Sunnyboys. Auch Mom hatte ihr Ideal... *grins* wie es bei mir Orli war, so war es bei ihr Hansi *würg* Nicht auszudenken was passieren würde, wenn sie dem eines Tages wirklich über den Weg lief. Ich würde sofort die Koffer packen und zu Orli ziehen. Apropos Koffer packen. Wir gingen gleich nach dem Frühstück nach oben und packten unsere Koffer. Ich hatte Orli inzwischen eine Ecke freigemacht im Schrank für seine diversen Kleidungsstücke - er war Ende Juni noch mal schnell zu Hause gewesen und hatte was geholt – Wo er jetzt feinsäuberlich seine besten Sachen heraussuchte. „Weißt du was?“ Ich sah zu ihm rüber. „Hm?“ – „Wir können ja nach zwei Wochen Mauritius oder drei noch einen Abstecher zu mir nach Hause machen, dann kannst du dir Skye auch noch ansehen.“ Ich war sprachlos, fiel ihm um den Hals. „Oh Orli, du denkst aber auch an alles!“ From this moment, as long as I live, I will love you, I promise you this... ich hatte gerade Shania Twain im CD – Player und fand die Zeile irgendwie passend zu meinem momentanen Gedanken. „There is nothing, I wouldn’t give..“ sangen wir beide mit und lachten uns hinterher einen Ast. Ihr werdet es nicht glauben, aber Orli kann singen! *g* Auch wenn er das nur sehr selten tat. Ich hatte ihn schon einmal angespornt, bei der nächsten DSDS – Staffel anzutreten, aber als wir unter den Anmeldebedingungen das Höchstalter sahen, war's leider vorbei. Schade. Aber dann würde ich ihn ja noch seltener sehen, und das wollte ich nicht. Ich war eh überglücklich dass jetzt Sommerferien waren und ich ihn fast fünf Wochen nur für mich alleine hatte. Jazzy war mit ihren Eltern nach Ibiza geflogen und Mandy nach Italien. In den Sommerferien trennten sich unsere Wege immer, ich war normalerweise immer die, die zu Hause bleiben musste weil wir uns keinen Urlaub leisten konnten. Aber seit ich Orli kannte war das ganz anders. Er zwang mich fast dazu, mit ihm zu verreisen, auch wenn ich schon gesagt hatte, dass er sich wegen mir nicht in Unkosten stürzen muss. Ich war all die Jahre immer nur bis Österreich gekommen und das konnte ja auch so bleiben. Wenn’s nach mir ginge, müsste ich in den Sommerferien nicht durch die Welt tingeln. Ich hatte gelernt, da sehr genügsam zu sein. Am Montagmorgen dann standen wir wieder mal am Flughafen Schlange. Die ganze Stadt wollte offensichtlich verreisen und es dauerte fast eine Stunde bis Orli die Tickets hatte. Ich meinte ja, ich würde mich anstellen und er solle warten, aber er konnte es nicht lassen. Ich fühlte mich wie eine Schwangere, die sich nicht anstrengen darf. Er nahm mir Bewegung ab wo er nur konnte. Bald würde ich nur noch im Fernsehsessel hocken und dick und fett werden. *grins* Eigentlich wollte ja ich ihn verhätscheln, aber jetzt hatte er glatt den Spieß umgedreht. Nach fünf Stunden Flug – mein bisher längster Flug – kamen wir am Flughafen bei Camp Carol an. Hier war es zwei Stunden später als zu Hause, wir waren um acht Uhr losgeflogen, plus fünf Stunden machte 13 Uhr plus noch mal zwei machte 15 Uhr war es hier jetzt. Die Sonne schien vom Himmel, keine einzige Wolke war zu sehen und draußen vor dem Flughafen standen Palmen in einer langen Reihe. Das war wirklich ein tropisches Paradies hier. Mit dem Auto ging es weiter bis Baie du Cap, wo wir uns in einem wahrhaft luxuriösen Hotel einmieteten. Man Orli, du brauchst doch nicht so viel Kohle für ein Zimmer ausgeben in dem wir eh tagsüber nicht sind! Na ja, aber es war sein Geld. Am Abend dann saßen wir draußen im „Biergarten“ und genehmigten uns ein paar Cocktails, um nachher noch in den Pool zu springen. Morgen wollte Orli in Macondé, auf der anderen Seite der Bucht, surfen gehen. Und mir selbiges beibringen, hatte er gesagt. Na das mochte ja was werden. In meinem Traum hatte ich ja auf Hawaii das Surfen gelernt. Na ja, das würd schon gut gehen. Oder Wasserski fahren, das wollte ich auch mal ausprobieren. Kitesurfen vielleicht? Irgendwie hatte Orli mich angesteckt. Um neun gingen wir raus ins Wasser. Es war schon dunkel und alles schön beleuchtet. Es war fast niemand mehr hier, fast alle schliefen schon. So hatten Orli und ich genug Platz.. wir schwammen ein paar Bahnen um immer wieder im flachen Wasser stehen zu bleiben und uns zu küssen. Ich kam mir fast vor wie in meinen Flitterwochen *grins* Obwohl ich eigentlich nicht vor hatte, Orli zu heiraten. Auch wenn das mit uns noch so fest war, ich hatte immer Angst es könnte eines Tages zerbrechen und dann stünde mir eine schön teure Scheidung vor der Tür. Darauf hatte ich echt keine Lust. Am nächsten Tag herrschte wieder strahlender Sonnenschein und wir standen früh auf um noch eine Ecke am Strand zu erwischen. Mauritius ist ein beliebtes Touristenziel und ich konnte nur hoffen, dass das nicht auch ein beliebter Orli – Fan – Treffpunkt war. Bis jetzt hatte ihn noch keine erkannt. Na ja, waren ja auch alles Einheimische, die selten übers Ufer hinausblickten was in der Welt um sie geschah. Orli hatte sich ein Auto gemietet und hievte nun sein Surfbrett auf den Dachträger um es dort festzuschnallen. Seine Surfermontur hatte er sich schon angezogen, dieses enge Oberteil mit der knielangen Hose, ihr wisst schon. Ich hatte da keine Lust drauf, ich ging im Bikini. Schließlich wollte ich ja etwas Farbe abkriegen und nicht kreidebleich wieder nach Hause zurückkommen. Am Strand angekommen, suchten wir uns ein stilles Plätzchen, wo uns nicht jeder gleich begaffen konnte. Ich wusste ja wie die Leute waren, immer neugierig wenn es was zu sehen gab... Ich holte die Sonnencreme aus meiner Stofftasche und wir cremten uns erst mal gegenseitig ein... das dauerte eine gute halbe Stunde – für jeden von uns wohlgemerkt. Orli konnte ich sogar dazu überreden, dieses blöde Shirt wegzulassen und oben ohne zu gehen... tat er nur mir zuliebe *g* Nachdem er ein paar Stunden auf den Wellen geritten war, kam er, klatschnass, zu mir und drückte mir das Surfbrett in die Hand. „So, und jetz bist du dran.“ Grinste er. „Was?“ Hehe, du bist echt witzig. Kannst du’s mir nicht vorher erklären wenigstens?? Ich stand auf und schleppte das Brett bis zur Brandung. So leicht war das gar nicht wie es aussah. Im Traum wog es weniger... Ich legte es in den Sand und machte erst mal ein paar Gleichgewichtsübungen. Orli sah mir grinsend zu. „Sag mal du bist mir ja auch so einer, kannst du mir nicht ein bisschen Unterricht geben?“ Argh... das hatte ich jetzt davon, er stieg hinter mir aufs Brett und nahm mich in seine Arme. Dabei war es ihm egal, ob ich in dem Moment noch klar denken konnte. „So musst du dich draufstellen und immer auf der Welle bleiben... kannst eigentlich nicht viel falsch machen.“ Aha. Oh nimm deine Arme von mir, du machst mich wahnsinnig... Das war pure Absicht, ich schwör’s euch. Ich schnappte mir also das Brett und paddelte hinaus aufs Wasser, um mich vorsichtig draufzustellen – und gleich wieder runterzufallen. Orli lachte sich am Strand einen Ast und kam zu mir ins Wasser gewatet. Er hielt das Brett fest, während ich versuchte, draufzusteigen. Dann stand ich endlich oben, aber es war keine Welle in Sicht... „Jetzt üb erst mal Gleichgewicht und dann such ich dir mal eine Welle mit der du anfangen kannst.“ Meinte Orli dann. „Musst heute nicht gleich mit einer Welle anfangen, denk dran, wir haben zwei Wochen Zeit...“ Hehe, gut dass du mir das jetzt sagst. Ich balancierte noch eine Weile auf dem Brett, sprang dann runter und versuchte, irgendwo eine Welle auszumachen. Dauerte auch gar nicht lang bis die erste kam, aber die war mir zu hoch. Die nächste war besser, auf der versuchte ich es. Spontanes Aufsteigen war aber nicht so mein Ding und so schwappte die Welle über mich hinweg, das Brett trieb über mir und Orli kam angehastet, weil er dachte, ich sei ertrunken. Ach Orli.... Ich nahm ihn in meine Arme. Im Wasser. Klar dass wieder eine Welle kam und nun über uns beide hinwegspülte. Spuckend und keuchend kamen wir wieder an Land. Ich das Brett an der Fangleine hinter mir herziehend. „Okay, für heut war's das, ich bin ein Amateur...“ Grinste ich. Wir ließen und auf unsren Strandtüchern nieder und genossen noch ein bisschen die Sonne bis es dunkel wurde. Abends gab es ein großes kaltes Büffet im Hotel, wo wir kräftig zulangten, nach einem so anstrengenden Tag... *grins* Für Orli gab es nur Salat, weil er immer noch Vegetarier war, ich hatte ihn nicht davon abbringen können. Ich haute kräftig rein, probierte sogar mal Shrimps, mit denen ich sonst überhaupt nichts zu tun haben wollte und befand sie für essbar. Essen tu ich sie, aber kaufen würd ich sie mir nicht *grins* Nächster Tag am Strand verlief genauso sonnig wie der letzte. Heute schaffte ich es sogar, aufs Brett zu springen, als eine Welle kam und Orli applaudierte. So langsam wurde das schon! Im Hotel wurden Wasserskikurse angeboten, und ich hatte Orli gefragt ob wir das nicht mal versuchen wollten. Gleich würde es soweit sein. Wir standen am Steg und warteten auf den Bootskapitän. Nachdem man mir alles erzählt und erklärt hatte, schnallte ich mir die Ski an die Füße und machte mich bereit zur Abfahrt. Die Leine in der Hand, sah ich Orli nun doch ein bisschen zweifelnd an. Er wollte später auch noch fahren. Aber er war ja auch der Profi hier... Mit einem Ruck war ich im Wasser, zuerst unter Wasser, aber dann zog es an der Leine und ich fuhr auf dem Wasser. Ein komisches Gefühl ^^ Aber es macht Spaß, mit fast 80 Sachen durchs Wasser zu fetzen ohne auf Gegenverkehr achten zu müssen. Danach war Orli dran, und der war natürlich erste Sahne, der machte sogar schon Kunststücke, stieg durch die Leine und all solche Scherze. Selbst der Käptn staunte über Orlis Leistung. Na ja, was seine sportlichen Leistungen anging wunderte mich inzwischen überhaupt nichts mehr. Orli konnte halt einfach alles! Am nächsten Tag hatte Orli sich was besonderes überlegt – eine Safari quer durch dem Black River Gorges Nationalpark. Hieß, wir würden zwei Nächte im Zelt pennen. Kreuzschmerzen jetzt schon inbegriffen. Es war Donnerstag, sechs Uhr morgens und wir standen in schwüler Dunkelheit vor dem Hotel mit unserer Safarigruppe. Orli und ich hatten jeweils einen riesigen Rucksack bekommen, in dem sich Zelt und Ausrüstung befanden. Um viertel nach würden wir losmarschieren. Ich hatte jetzt schon Angst vor den ganzen Hu – hu’s, die mir im Nacken saßen. Hier gab es anscheinend irgendwelche Eulenviecher, die seltsame Geräusche fabrizierten... Und menschenfressende Krokodile... brr. Aber eines konnte ich auch im fahlen Morgenlicht erkennen – Orlis Dschungeloutfit. Zum Schießen sah er aus in dieser beigen Kluft. Ich musste zugeben, ich sah mindestens genauso witzig aus, aber man hatte uns das Zeug halt angedreht, was anderes durften wir nicht tragen... Und doch sah er irgendwie verdammt sexy aus, denn die Hose ging ausnahmsweise mal ein bisschen oberhalb des Knies zu Ende, also konnte er nicht verbergen was er hatte. Er sah aus wie Dr. Livingston oder wie der geheißen hatte dieser Anthropologe. (Schreibt man das so?!) Mir war jetzt schon hundeelend, aber da musste ich wohl durch. Wir konnten unser Zelt ja ein bisschen abseits stellen damit keiner unsre nächtlichen Machenschaften zu hören bekam. *Grins* Aber besser bei der Gruppe bleiben und auf ein paar Kleinigkeiten verzichten, als von wilden Bären gefressen zu werden. Meinst du nicht auch, Orli? Orli? Ich sah mich um, wo war er? Dann sah ich ihn unter mir hocken und zu mir heraufgrinsen. Er war noch ziemlich müde, so wie er aussah. Wie konnte man so müde noch grinsen?? Na ja, aber Orli verfügte ja eh über Endlos – Energie. Langsam setzte sich der Trupp in Bewegung, immer geradeaus, am Hotel vorbei. Bald kamen wir an eine Straße, die wir in aller Seelenruhe überquerten, denn um sechs Uhr morgens war hier noch nicht allzu viel los. Die Mauritianer oder Mauren oder wie man sie nannte schienen gemächliche Leute zu sein. Alles schön ruhig, nichts drängte... Aber so richtig Safari konnte man das nicht nennen, denn wir folgen einer scheinbar nicht sehr viel befahrenen Straße. Und da Orli französisch sprach übersetzte er für mich die Ansage unseres Expeditionsführers, demnach ging es erst mal hinauf nach Chamarel Coloured Earth... was auch immer das sein mochte. Doch ich würde bald den Grund erfahren, wieso wir so früh losmarschiert waren. Nach zwei Stunden (eine halbe Stunde Pause inbegriffen) kamen wir am Chamarel an, genau zur rechten Zeit als die Sonne aufging. Wir hatten es uns am Fuße eines Hügels bequem gemacht und rasteten nun ein wenig. Dann spitzten die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont und wir glaubten nicht was wir da sahen – der Hügel – gut, es war ein Hügel, aber er sah aus wie die zerknitterte Haut einer Bulldogge oder so was ähnliches. Und die Erde schillerte in allen Farben... (Siehe Bild, Anm.d.A.: ist das nicht unglaublich!? Ich muss euch das Bild beipacken weil ihr’s mir sonst nicht glauben würdet... da schreibt man von Mauritius und so was kommt dabei raus...) Ich bekam meinen Mund nicht mehr zu, weil ich einfach nicht glauben konnte, was ich da sah. Echt, ich dachte ich hab Halluzinationen! Ich glaubte an Lichtreflexe, oder dass jemand das Areal mit der Sprühdose angemalt hatte, aber ich konnte es nicht lassen, ging hinauf, nahm eine Handvoll Erde und das Resultat war dasselbe – die Erde war lila – rosa! „Orli, ich glaub ich hab Drogen genommen oder so, ich glaub nicht was ich hier sehe.“ Er grinste mich nur wieder an, was er in letzter Zeit ja öfter tat, fragt mich nicht warum. „Ich konnte das erste Mal auch nicht glauben dass das echt ist, aber inzwischen geht’s... es ist trotzdem immer noch total faszinierend.“ Ich nickte nur zustimmend. Ich war einfach zu baff in dem Moment. Ich hätte alles erwartet, aber nicht so was. War doch gut dass wir nicht nach Hawaii geflogen sind *grins* (Anm.d.A.: sicherlich auch für den Autor, denn der kriegt die Kinnlade jetzt auch nicht mehr hoch... ^^) Inzwischen erklärte uns der Führer dieses Phänomen. Laut ihm fanden die Wissenschaftler keine Erklärung für das bunte Schillern. Man vermutete mineralreiches Vulkangestein, das die Farben verursachte, wie Edelsteine, die schillern ja auch in allen Farben. Nachdem wir eine Zeit geruht und etwas gegessen hatten, wanderten wir weiter nach Chamarel und von dort aus in den Dschungel des Nationalparks hinein. Ich hatte mich vorsichtshalber schon mal dick mit Mückencreme eingeschmiert und Orli auch, man konnte ja nie wissen was hier auf einen lauerte. Aber alles was wir zu sehen bekamen waren Affen, Vögel und hier und da ein Schmetterling. Aber die Mückenbiester merkte man ja meistens erst, wenn sie einen schon gestochen hatten. Gen Abend dann schlugen wir unser Lager auf, irgendwo mitten in der Wildnis und machten ein gemütliches Lagerfeuer an dem wir uns alle wärmten als es kälter wurde. Wir waren alle müde und geschafft von den Erlebnissen dieses Tages und ich musste mich nun erst einmal von dem Farben – Schock von heute Vormittag erholen. So ganz konnte ich das immer noch nicht glauben. Ich hatte mir ein bisschen was mitgenommen in einem kleinen Plastikröhrchen, das sich komischerweise im Rucksack befand und das man mit einem Stöpsel verschließen konnte. War wohl so geplant dass die Touris sich hier ein Häufchen Erde mitnehmen durften. Wenn das so weiterging mit so großen Gruppen wie wir eine waren, würde der Hügel bald verschwunden sein, fürchtete ich. „Ich hab schon so eins daheim stehen.“ Bemerkte Orli, als ich die seltsame Materie noch mal genauer betrachtete. Ich hatte das Teil aber nicht bei ihm gesehen. „Und wo bunkerst du das? Ich hab's nirgendwo entdeckt, als ich bei dir war...“ – „Doch doch, das steht im Wohnzimmer auf der Fensterbank, damit die Sonne morgens draufscheint und das Ding schön schillert...“ Ach das da... „Ach das, das hab ich für so ein Schau – Dingens gehalten, weißt schon, diese Sandspiele, die sie immer auf dem Basar verkaufen, oder Kerzensand... aber so was...“ Ich betrachtete immer noch fasziniert mein Röhrchen. Das würde mir Mom nie glauben zu Hause, die würde sagen, ich hätt da Kerzensand hineingeschüttet. Ein bisschen was davon würde ich Tobi geben, der konnte das mal chemisch untersuchen und mir sagen um was es sich hier handelte. Fünf Körnchen von jeder Farbe *g* Jetzt war meine Neugier geweckt. Die Nacht schlief ich sehr unruhig auf dem harten Boden in meinem Schlafsack. Ich kuschelte mich schließlich an Orli und fand doch noch ein bisschen Schlaf. Jetzt war ich wieder ein Steinzeitmensch und Orli der Mann, der seine Frau vor den wilden Tieren schützt... *grins* Der Gedanke gefiel mir irgendwie. Am nächsten Tag hallte um halb sieben ein Weckruf durch die Zeltkolonie und ich sah mich verwirrt um. Alles um mich war dunkel, es roch ein bisschen seltsam und es war verdammt kalt. Orli neben mir schlief noch, aber ich weckte ihn mit ein paar sanften Küssen auf. „Was ist, wo bin ich...“ Auch er war erst einmal ein bisschen verwirrt. Aber als er mich sah, war sofort wieder alles da. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und lächelte mich an. „Und, wie hast du geschlafen?“ Fragte er mich. Gute Frage nächste Frage. „Na ja, geht so. Aber du warst ja da.“ – „Ja, hab ich gemerkt, du hast mich dann als Wärmflasche benutzt.“ Grinste er und zog den Reißverschluss unsres Zeltes auf. Draußen war es noch ein bisschen dämmrig, aber in der Mitte unsres Zeltkreises brannte schon ein Lagerfeuer und es roch nach Eiern und Speck. „Tja Orli, scheint als müsstest du deine Gewohnheiten mal für ein paar Tage aufgeben...“ Eier waren tierischer Herkunft und Speck erst recht, aber Orli wollte sicherlich nicht verhungern und ließ sich dazu bewegen, mit uns gemeinsam zu frühstücken, auch wenn ihm jeder Bissen zuwider war, das sah ich ihm an. „Hey, übermorgen hast du’s überstanden, dann brauchst du kein totes Tier mehr essen.“ Er sah mich nur mit diesem Das-hier-war-ne-saublöde-Idee – Blick an, verdrehte die Augen und sah auf sein Toastbrot, auf dem ein paar Speckstreifen lagen. Er sah da sicher keine Speckstreifen, sondern ein lebendiges, quietschfideles Schweinchen. Zugegeben, mir taten die Tiere langsam auch leid, ich überlegte schon ob ich nicht doch noch seinem Beispiel folgte. Denn manchmal hatte er so Tage, wo er mir wieder vorpredigte, was man mit den Tieren alles anstellte und so weiter... Ich hatte schon mal eine Sendung über Geflügelmast im Fernsehen gesehen, und da hatte es mir schon den Appetit verdorben, aber damals hatte mir meine Mutter einen Strich durch die Rechnung gemacht, ja, sie wurde ganz hysterisch, meinte der Mensch kann ohne Fleisch nicht leben, und ich würde ja magersüchtig werden und all solche Sachen. Also gab ich es für's erste auf. Immer noch angewidert sah Orli auf sein Speckbrot, biss schließlich aber doch hinein. Ich konnte sehen wie er kaum schlucken konnte, weil ihm das Ganze im Halse stecken blieb. Ihr wisst schon, wie jemand, der etwas von Haus aus ablehnt weil es ihm nicht schmeckt, dann wird einem schon vorher schlecht, bevor man es überhaupt gegessen hat. Armer Orli. Ich biss zeitgleich mit ihm in mein Toastbrot, sodass er es nicht ganz so schwer hatte. Ehrlich gesagt war ich auch froh wenn dieses Abenteuer vorüber war, denn mir taten alle Knochen weh von dem harten Dschungelboden, auf den wir geschlafen hatten. Auch wenn ich Orli mit im Zelt hatte, der war ja nur Wärmflasche und nicht Schlafunterlage ^^ Als wir dann weitermarschierten, dauerte es nicht lange, dann überquerte eine Horde Affen unseren Weg. Jeder den Schwanz in der Höhe und ein paar blieben kurz stehen um die seltsamen Besucher zu begutachten, die wir doch für sie waren. Einer traute sich sogar zu uns her, Orli hatte eine Banane dabei, und ihr wisst ja dass Affen die Dinger zum Fressen gern haben... jedenfalls kam der Affe dahergesprungen und hüpfte wie ein kleines Kind vor Orli herum, der die Banane über dem Kopf des Affen hielt, damit dieser sie nicht bekam. Aber ein kleines Stückchen gab er ihm dann doch und die Reisegruppe applaudierte. Orli und ich lachten uns nur halb tot über den lustigen Affen. Wir kamen an diesem Tag bis in die Nähe von Chemin Grenier, wo wir noch mal für eine Nacht kampierten, um am Samstag wieder nach Baie du Cap zurückzukehren. „Ah is das schön, wieder eine weiche Schlafunterlage zu haben...“ Orli ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer und einem seligen Grinsen in unser Hotelbett fallen. Ich kroch zu ihm hinauf und legte mich ganz knapp neben ihn. „Du sagst es. Aber die Tour war schon spannend...“ Ich hatte mein Plastikröhrchen in der Hand und hielt es nun vor meinem Gesicht hoch. „Das Beste war ja dein Gesicht als du die Farbige Erde gesehen hast, glaub mir.“ Lachte Orli . „Ha ha, ich möchte dich mal gesehen haben als du das zum ersten Mal gesehen hast.“ He, jetzt hab ich dich. Er sagte nichts mehr. Na ja, vielleicht auch, weil ich ihn nun küsste. Küssen und sprechen geht schlecht in einem. ^^ Langsam zog es kalt herein und Orli stand auf, um die Balkontür zuzumachen. Wir waren relativ spät zurückgekommen, es war jetzt fast 21 Uhr. Am Himmel draußen war keine Wolke zu sehen und die Sterne funkelten auf uns herab. War das schön. Ich kam mir wirklich vor wie im Paradies, auch wenn mir von der anstrengenden Safari wieder alle Knochen schmerzten. Ich hatte nun einmal keine Kondition. In der Schule stand ich in Sport auf einer 4. Das war das einzige Fach in dem ich nichts auf die Reihe brachte. Ich weiß nicht, war ich zu fett oder einfach nur zu faul? Ich schaffte nicht mal ein Rad. Ich ging hinaus zu Orli und umarmte ihn von hinten, hängte mich an ihn, wollte einfach nur das Gefühl genießen, dass er da war. Nächster Tag war Sonntag und wir gingen runter zum Strand, um uns ein bisschen von den Strapazen der letzten beiden Tage zu erholen. Komisch dass sogar Urlaub stressig sein kann. Na ja, aber das war ja gewollter Stress, wir hatten es ja nicht anders gewollt *grins* Nun lag ich unten am Strand und Orli cremte mir den Rücken ein... ich dämmerte fast weg, so gut tat das. Orli hätte kein Berufs – Masseur werden dürfen, denn dann wären ihm die Damen unter den Händen weggeschmolzen... und er hätte nachher immer Arbeit mit Hände waschen gehabt weil er dann das ganze geschmolzene Zeug in den Händen hatte ^^ Leider musste ich mich dann aber erheben und Orli auch noch eincremen. Nachher gingen wir ein bisschen surfen. Ich hatte es inzwischen schon ein bisschen drauf, fiel nicht mehr so oft vom Brett und Orli schien richtig stolz auf seinen Erfolg als Lehrer zu sein. Schließlich lieh er mir ein eigenes Brett aus, weil er keine Lust hatte, dauernd am Strand zu stehen und zuzusehen während ich draußen vor mich hinsurfte. Zusammen machten wir uns dann ans Wellenreiten. Wobei Orli aber immer noch eine bessere Figur abgab als ich auf dem Surfbrett. Vielleicht würde ich ja doch irgendwann so was wie Kondition aufbauen wenn ich ständig mit Orli unterwegs war... schön wär's... Ich erwachte aus meinen Gedanken und sah Orli wie er mich zum Strand winkte. „Was is los?“ Ich packet mein Brett und lief zu ihm hin. „Willst mal Kiteboarden? Die bieten grade einen Kurs an. Ich würds gern mal ausprobieren, machst mit?“ Kiteboarden, was war denn das schon wieder. Ein paar Meter vor uns starteten schon die ersten Teilnehmer. Sie bekamen einen Schirm ummontiert, der sie hinaus aufs Wasser zog, wie beim Gleitschirmfliegen, bloß dass man hier nicht abhob. „Mach du zuerst, du bist hier der Profi.“ Orli grinste mich an, ich konnte ihm nicht ganz glauben dass er das noch nie gemacht hatte. Der konnte doch alles von Abflusstauchen bis Zwiebelwettschneiden... *g* Da stand Orli dann, der Gurt mit dem Schirm wurde ihm umgeschallt und er glitt hinaus aufs Wasser auf seinem Brett. Sah schon irgendwie lustig aus, aber er machte das, als ob er nie etwas anderes getan hatte. He, ich hatte es doch gewusst, dass er Vollprofi war. Aber Orli und lügen? Ich weiß nicht. „Hey, du hast mir erzählt das sei dein erstes Mal.“ Haute ich ihn dann an als er wieder am Ufer zurück war. Er machte den Gürtel auf und sah mich an. „War es.“ – „Ganz ehrlich? Du hast das gemeistert als hättest du nie was anderes gemacht....“ – „Is ähnlich wie Windsurfen, kannst nicht viel verkehrt machen.“ Grinste er dann und machte die letzte Gürtelschnalle auf. Danach war ich fällig. Orli legte mir die Montur an. Natürlich nicht ohne unauffällige Berührungen... „Pass auf, wenn ich wieder da bin, bist du fällig..“ flüsterte ich ihm zu. Ich zitterte bis auf die Knochen, nicht nur vor Angst... ganz langsam zog der Wind den Schirm hinaus aufs Wasser. Hoffentlich würde ich nicht abheben... aber das verhinderten ja ein paar Gewichte, die ich als Gürtel trug. Eher schlecht wenn ich unterging.. dann konnte ich als Taucher weitermachen. Aber dafür hatte das Teil ja nen Haken, um es abzuschnallen wenn ich sank. Am Ende stellte sich das Kiteboarden als gar nicht so schlimm heraus und ich fand, wie schon beim Gleitschirmfliegen, langsam Gefallen daran, als ich erst mal rausgefunden hatte wie man das Ding steuert. Ich wollte gar nicht mehr aufhören ^^ Leider musste ich den Schirm dann aber an den nächsten Kursteilnehmer abgeben und Orli und ich verzogen uns wieder in unsre sonnige Ecke vom Strand. Und dann war er fällig – ich knutschte ihn nieder, als niemand hinsah. *hehe* Gen Abend leerte sich der Strand langsam, wir waren die letzten und hatten es nicht eilig, denn heute waren wir nicht auf der anderen Seite der Bucht. Hier war auch ein Strand, nicht weit vom Hotel, der nicht gar so überlaufen war wie der in Macondé. Eine leichte Brise blies uns um die Nase, wir lagen im noch warmen Sand und sahen uns den Sonnenuntergang an. Nach dem in den Highlands war das der schönte Sonnenuntergang. Oder war der in den Highlands ein Aufgang gewesen? Ich erinnerte mich nicht mehr so ganz. Die Dämmerung ließ Orli wieder einmal funkeln wie einen frisch geschliffenen Diamanten... ich hätte ihn die ganze Zeit nur betrachten können, so schön war er. Aber betrachten reichte mir dann doch nicht. Wir küssten uns... Und es ist ja wohl klar, was man macht wenn am Strand keiner mehr ist... *g* Das war sogar noch schöner als in England am Strand, weil hier der Sand warm war und etwas besser nachgab. So wurde es mir warm von allen Seiten.... Es muss irgendwas nach vier Uhr morgens gewesen sein, als wir uns ins Hotel hinaufschlichen und dort in unserem bequemen Bett einschliefen... Am nächsten Tag wachte ich auf. Aufwachen schön und okay, aber so langsam hatte ich die Schnauze voll... ich sah mich um und war wieder mal zu Hause. „Verdammte scheiße, was hab ich nur verbrochen?!“ Schrie ich und schlug mit der Faust gegen die Wand. Wieder so ein verdammter Traum. Verflixte Südseeinsel. Verdammte Sehnsucht... ich legte mich wieder hin und starrte das Poster an meiner Decke an. Wie im Traum war ich auch in real ein riesengroßer Orli – Fan. Und das war ich noch gar nicht lange, erst Anfang des Jahres hatte ich mich in ihn verliebt. Aber das würde wohl immer ein Traum bleiben... Wir schrieben heute den 30. April, 6 Uhr früh. Draußen war es noch stockfinster, aber ich stand trotzdem auf weil ich nicht mehr schlafen konnte. Wie kann man nur einen Traum im Traum und das auch noch in derselben Nacht haben?? Oh Orli... ich konnte meine Augen nicht von dem Bild wenden, er fesselte mich. Ich hatte schon so viel über ihn gelesen und wusste, das ist er. Der oder keiner. Nur dass der ein bisschen weit weg war... aber das machte mir eigentlich nichts, ich war mir sicher, ich würde ihm eines Tages über den Weg laufen. Sag niemals nie. Ich machte ein bisschen schlampig das Bett und zog mir meine Pantoffeln an, die sich jetzt auch real anfühlten. Hoffentlich war das jetzt nicht auch so ein beschissener Traum, denn dann hatte ich wirklich die Nase voll, immer und immer wieder aufzuwachen ohne Orli in den Armen. Unten machte ich mir meinen Tee – damit hatte er mich allerdings wirklich angesteckt, als ich gehört hatte, dass er gerne Chai – Tee mit Sojamilch trinkt, hab ich das natürlich sofort probiert und für äußerst lecker befunden. Zu meiner Mom... na ja, die war eigentlich halbwegs normal, stand nicht auf Hansi, sondern eher auf Abba und Co. Ich hasste Abba. Die waren mir echt zu fröhlich und die Lieder konnte ich auch nicht mehr hören. Ich schlug die Zeitung auf und las ein paar Zeilen. Darunter auch mal wieder Schlagzeilen von Orlando. Orlando und Penelope haben sich getrennt. Waren die jemals zusammen gewesen? Ich wusste es nicht. Ihr fragt euch jetzt sicher was ich tun werde, wenn er mir heute doch noch über die Füße fällt? Oh man, ich weiß es nicht. Einerseits die Flatter kriegen, andererseits entnervt denken, wann der Traum diesmal zu Ende ist. Ich hab langsam keine Lust mehr, wisst ihr? Ich stellte meine Tasse ins Spülbecken und ging wieder nach oben, um mich anzuziehen. Eine zweimalige Enttäuschung, das war nicht so leicht zu verkraften. Brauchten bloß noch Jazzy oder wer anders daherkommen und mir erzählen, sie wollten zur Premiere. Aber wohl kaum, denn hier war nirgends was zu sehen von einer Filmpremiere. Das Leben ging seinen gewohnten Gang und keinen interessierte es, wo wann welche Premiere stattfand. Hier in München hatte ich so was noch nie erlebt, also war es sehr unwahrscheinlich, dass man das mal anfangen würde. Hoffte ich auch schwer, denn noch mal würde ich das nicht durchmachen. Ganz sicher nicht. Da konnten Jazzy und Mandy schön alleine hingehen wenn es wirklich so weit kam. Oh wie ich diesen Tag jetzt schon hasste, obwohl er noch nicht mal angefangen hatte. Ich steckte mitten in den Abiprüfungen, war also 18 Jahre alt. Da hatten wir Schüler Wichtigeres zu tun als was für die Zeitung zu machen. Ich musste sehen dass ich die Prüfung in Chemie schaffte, denn darin war ich eine absolute Niete. Der Schiefer hatte Glück, dass ich ihm noch nie das Labor in die Luft gejagt hab... *g* Langsam kehrte meine gute Laune zurück, die ich hatte, wenn ich verliebt war. He, verliebt in einen Hollywoodstar, ja ja ich weiß was ihr denkt. Die spinnt doch, verstrickt sich in Fantasien. Nein, tu ich nicht, ich steh fest am Boden. Ich weiß nicht, von Orli geht einfach irgendwas Magisches aus. Er zieht mich in seinen Bann, so wie das noch keiner zuvor getan hat. Und ein bisschen glaube ich auch ans Schicksal. Ich hatte sogar die Gabe, morgens ein Lied im Kopf zu haben, das eine viertelstunde drauf im Radio lief. Komisch, was? Ich putzte mir die Zähne und machte mich ein bisschen zurecht. Ein bisschen besser als sonst, denn man konnte ja nie wissen. *g* Inzwischen war es zehn nach sieben und ich ging runter zur Ubahnstation. Auch das stimmte, hier war es morgens immer relativ leer, weil in unserem Eck nicht viele Kinder wohnten. Die Geburtenrate hier war nicht sonderlich hoch wie mir schien. Die Bahn fuhr ein und ich suchte mir einen Platz drinnen. Und es war leer, kein Orli – Double in Sicht. War ich schon mal erleichtert. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, also immer die Augen offen halten. Holzauge sei wachsam *g* Ich liebte solche Piratensprüche. Am Hauptbahnhof musste ich raus, rüber in die S4. Eigentlich war es egal, mit welcher S – Bahn ich fuhr, die fuhren alle in die selbe Richtung. Ich hatte also jeden Morgen von neuem die Qual der Wahl. Aber meistens nahm ich die S4 weil ich mich da schon auskannte. Vom Hauptbahnhof weg war es schon ein bisschen voller. Aber auch hier nur Blondschöpfe und Türken, kein Orli. In Laim stieg ich aus und verließ die Ubahnstation. Bis zur Schule waren es nur ein paar hundert Meter, immer praktisch, so fror ich mir im Winter nicht alles ab. Langsam wurde es hell und die Straßenlaternen gingen aus. In der Aula herrschte großer Trubel, wie immer morgens. In einer hinteren Ecke sah ich Mandy und Jazzy hocken, jede mit ihrem Ordner auf den Knien. Ich schlich mich zu ihnen hin. „Morgen ihr zwei!“ Gähnte ich. „Morgen Marie! Was hast du heute für Prüfungen?“ Ich zählte alles an drei Fingern runter. „Chemie Theorie, Englisch mündlich und Mathe...“ Mathe, das kotzte mich jetzt schon an, das war auch was, was ich überhaupt nicht hinkriegte... ich war eins dieser Sprachgenies – in Englisch eine eins und in Mathe dafür eine fünf. Jazzy klopfte mir ermunternd auf die Schulter. „Hey, das packst du schon.“ Ich sah sie unsicher an. „Keine verborgenen Schülerzeitungs – Aktionen?“ Stocherte ich nach. Jazzy sah mich schief an. „Wie.“ – „Na ja, ich hatte heut so nen blöden Traum, das is alles. Na ja, eher ein Traum im Traum...“ Jetzt grinste sie. „Erzähl.“ – „Lieber nicht, damit versau ich mir den ganzen Tag. Orli kam drin vor.“ Sie grinste noch breiter. Im Traum war das noch untertrieben, Jazzy vergötterte Orli, genau wie ich. Sie hatte sich die Haare vorgestern sogar blond gefärbt, wenn auch mit einigen Lücken dazwischen, die erkennen ließen dass sie normal braunes Haar hatte. Aber blond musste es sein. Hatte ich auch vor, aber irgendwie sträubte ich mich innerlich dagegen, mich nur wegen diesem Dussel zu verbiegen. Ich wollte so bleiben wie ich war. Eine kleine Rebellin. Die Feuerroten Haare aus dem Traum stimmten schon. Normal war ich naturrot, aber ich hatte nachgeholfen und das naturrot in ein Feuerlöscher – Rot verwandelt. Gefiel mir wesentlich besser. ^^ „Du musst mir nachher alles erzählen, bitte...“ Bettelte Jazzy und stand auf, um in die Prüfung zu gehen. Mandy und ich mussten wohl auch. Die Zeit in der Turnhalle schien nicht enden zu wollen heute, ich sah jede halbe Minute auf die Uhr und wünschte mir nur, der Tag wäre endlich vorbei. Was er nach vier endlosen, quälenden Stunden auch endlich war. Wir setzten uns in der Aula zusammen und aßen unsere mitgebrachten Brote. Hmpf. „So, und jetz raus mit der Sprache. Erst den ersten, dann den zweiten.“ He, erster dann zweiter, die waren doch alle beiden relativ gleich abgelaufen, nur dass ich am Ende auf Mauritius gelandet bin und nicht auf Hawaii. Das mit den bunten Steinen war mir gleich schon komisch vorgekommen. Ich schilderte Jazzy und Mandy also die Erlebnisse. Jazzy bekam mit jedem Wort glasigere Augen. „Ich wünschte ich hätte solche Träume, ich träum immer nur von Monstern.“ – „Hast du ein Glück.“ Seufzte ich. Ich wollte eigentlich auch von allem anderen träumen aber nicht von Orli. Es war ja schon ein geiler Traum gewesen, aber er hatte so einen bitteren Nachgeschmack... Wir verließen das Schulgebäude und gingen runter ins Café, noch einen Latte Macchiato trinken. (Oder wie man das schreibt) You’re the one, I put all my trust in your hands … Ich stocherte lustlos in meinem Glas herum. Jetzt kam alles wieder hoch. Ich wusste nicht dass mich ein Traum je so mitgenommen hatte, aber ich hatte ja, wen man’s genau nahm, noch nie einen mit Orli gehabt, und dann gleich zwei wenn man so will. I guess, loneliness found a new friend … Nun fühlte ich mich wieder einsam und verlassen, wie immer. Ich wusste nicht was ich falsch machte, seit ich auf dieser Schule war, hatte sich kein einziger Typ für mich interessiert. Offenbar war ich das hässlichste Entlein, das auf dieser Welt rumlief. Also würde Orli schon gleich dreimal nichts an mir finden und das machte mich noch trauriger. In diesen Tagen fiel ich wieder in meinen Pessimismus zurück, der mich all die Jahre geprägt hatte. Denn ich war mir nun wieder sicher, dass ich Orli sowieso nie treffen würde und eh alles für die Katz sei. I wish I could fly.. over this town, following you… Oh Orli, wenn du doch nur einen Schimmer hättest wie verdammt noch mal ich dich liebe! Und selbst dann wüsste ich nicht ob das was bringen würde. Wir begaben uns langsam zur Ubahn, Mandy und Jazzy wohnten im selben Viertel wie ich, wir hatten die gleiche Endstation. Das machte die Sache auch praktischer, wenn mal wieder Gleisbauarbeiten angesagt sind und die Strecke dicht ist. Dann mussten sie keinen Umweg fahren... ich verlor mich in wirren Gedanken. Ich würde erst mal eine Nacht drüber schlafen und dann würde sich die Sache schon wieder einrenken. Verdammt, der Traum war so real gewesen... Orlis Hände, seine Stimme, seine Küsse... aber im Traum kommt einem immer alles real vor. Anyone who had a love close to this knows what I’m saying… Ich war so gedankenverloren, dass ich glatt gegen irgendjemanden knallte, der mir entgegenkam. „Oh, T’schuldigung... hab nicht aufgepasst..“ sagte ich und ging weiter. Nur um mich gleich noch mal umzudrehen. Oh nein, das verdammte Schicksal nahm seinen verdammten Lauf. Ich hasste mich jetzt schon dafür, diesen Traum jemals gehabt zu haben, geschweige denn ihn jemandem erzählt zu haben! Das da musste ein verdammtes Double sein, die liefen hier zuhauf herum. Jazzy hatte neulich sogar schon mal eins abgeschleppt... Der Typ mit dem ich zusammengeknallt war, kam zu uns zurück. Grinsend blieb er vor uns stehen. „Entschuldigt, wisst ihr wie ich zum Hauptbahnhof komme?“ Fragte er uns in gebrochenem Deutsch. Verdammte Scheiße. „Sag mal, du heißt nicht zufällig Orlando oder?“ Fragte Jazzy mit ihrem 1a – Englisch. „Was wenn?“ Grinste der Typ. „Zeig uns das Tattoo an deinem Handgelenk, dann wissen wir’s sicher.“ Ich stieß Jazzy in die Rippen. „Ich hab's schon gesehen, er is es.“ Sie rieb sich die Seite. „Aua! Verdammte Scheiße, du bist es wirklich.“ Orli amüsierte sich natürlich über unsre Unschlüssigkeit. „Is eigentlich ganz einfach, du nimmst irgendeine S-Bahn die nicht bis Freising, Petershausen, Altomünster, Mammendorf, Geltendorf, Herrsching oder Tutzing fährt sondern in die andere Richtung.“ Orli kratzte sich grinsend am Kopf. „Toll erklärt. Komm doch einfach mit, wir müssen auch zum HbF. Was suchst du denn dort?“ Sag jetzt nicht Kino. „Ein Kino, in dem nächsten Monat die Premiere stattfinden soll...“ Ich stieß einen spitzen Schrei aus und fuhr zurück. „Jazzy, bewahre mich vor ihm...“ Orli sah uns ein bisschen verwirrt an. „Hab ich dich erschreckt?“ Fragte er dann besorgt. Oh bitte, fang nicht damit an! „Na ja, es is so, ich hab heut Nacht ziemlich wirr von dir geträumt, und das steckt mir immer noch in den Knochen... hat auch alles auf ner Premiere angefangen...“ Er grinste. „Ein schöner oder ein schrecklicher Traum?“ – „Schön weil er mit dir war, aber schrecklich weil das jetzt wahr zu werden scheint...“ Orli sah sich ein bisschen hilflos um. „Hm.“ – „Ich schlag vor wir bringen dich erst mal zum Mathäser und dann kannst du entscheiden was du mit uns anstellst, ja?“ Grinste Jazzy, um die Situation zu entschärfen. Oh man ich kann euch gar nicht sagen wie voll ich die Hosen hatte *g* Ich wette, zum Mathäser hätte er eh nie alleine gefunden, hatte ich ja schon Schwierigkeiten mich an der Oberfläche zu orientieren wenn ich am Hauptbahnhof war. Hier gab es so viele Hotels und Bars, man konnte sie gar nicht alle zählen. Wir brachten ihn also zum Kino, wo er kurz hineinging, offenbar um was zu besprechen, nach einer viertelstunde kam er wieder zum Vorschein. Mandy, Jazzy und ich hatten es uns am Geländer zur Straße bequem gemacht und auf ihn gewartet. Ein bisschen verblüfft war er schon, dass wir immer noch da waren. „Hey, immer noch da?“ Grinste er. „Kommst noch mit auf nen Kaffee? Wir laden dich ein!“ Platzte Jazzy dann raus. Er zuckte die Schultern. „Wieso nicht, ich hab Zeit. Muss erst morgen wieder nach Hause.“ „Wieso schicken die eigentlich einen berühmten Hollywoodschauspieler los um ihre Angelegenheiten zu regeln, können die das nicht selber?“ Fragte Mandy dann, als wir im Café saßen. Orli hatte sich einen Latte Macchiato bestellt mit ordentlich Sahne drauf. (Sahne? Wohl eher Soja – Sahne.. er hatte der Bedienung vorher irgendwas geflüstert...) „Das is ne Sache unter uns, Johnny, Keira und mir. Die ham mich geschickt. Keira is da ein bissel pingelig und ich sollte sehen ob das Kino auch picobello ist, ihren Ansprüchen genügt und so... Also mir würds ein langweiliges Hinterhof – Kino auch tun.“ Kicherte er. Keira... ich weiß nicht, aber ich hatte sie eigentlich noch nie so richtig gemocht. Ich hasste sie nicht, aber ich mochte sie auch nicht. Also neutral. Ich war nur furchtbar neidisch, als sie am Ende vom ersten Teil Orli küsste. „Und ihr, was macht ihr eigentlich, ich weiß weder eure Namen noch was ihr macht. Also sagt mal.“ Neugierig bist du ja gar nicht, was? „Also, ich bin Jazzy, das zu meiner linken ist Marie und zu meiner rechten Mandy. Wir gehen alle drei aufs Gymi in Laim und stecken grade mitten in den Abiprüfungen.“ – „Dann müsst ihr irgendwas um die 18 sein wenn mich nicht alles täuscht.“ Wow, der kannte sich mit dem deutschen Schulsystem ja gut aus. Ich hatte ja keinen Schimmer wie das in England ablief, aber hier kannte der sich echt gut aus. Aber 18 war ihm sicher zu jung... „Und, was treibst du heute noch? Ich mein, es is ja schon bissel spät und das Nachtleben erwacht...“ Orli grinste. „Ich bin kein Partygänger.. war ich früher mal ein bisschen, aber das gibt mir nicht mehr wirklich was. Ich seh mir schon mal ein gutes Konzert an, ja, aber das war's dann auch.“ – „Och schade, ich kenn da eine echt coole Disco..“ Orli schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Lieb, danke, aber für heute hatte ich genug Stress. Ihr glaubt gar nicht wie viele Fans es hier gibt...“ – „Uns eingeschlossen.“ Grinste ich. So, das hatte ich jetzt davon, er sah mir direkt in die Augen. „Na ja, ihr seid welche von der angenehmeren Sorte, die einem nicht so auf die Pelle rücken wenn ihr versteht was ich meine.“ Was heißt hier auf die Pelle rücken?? Der rückte mir doch schon die ganze Zeit auf die Pelle! Vorhin war er (natürlich völlig unbeabsichtigt) mit seinem Fuß an meinen gekommen. Und hatte mich dabei auch noch unauffällig angegrinst... na ja ihr wisst scho, so geheimnistuerisch halt. Aber dass mir das Herz dabei fast stehen geblieben wäre, das musste er ja nicht wissen. Er sah schon wieder so zu mir herüber. Argwöhnisch schaute ich zurück. Wir schlürften unsere Sachen fertig und machten uns dann auf den Nachhauseweg. Orli in sein Hotel hier irgendwo in der Nähe, glaub er residierte im Hilton wenn mich nicht alles täuschte. „Wir sehn uns ja dann auf der Premiere nehm ich an oder?“ Hä? „Äh was?“ – „Premiere..“ Oh bitte hör doch auf. Ich hab die Nase voll, das hab ich schon mal gesagt! „Ja, aber mich wirst du da nicht finden. Der Traum is mir echt ein bissel zu sehr an die Nieren gegangen als dass ich das jetz einfach so geschehen lassen kann.“ Traurig sah mich Orli an. „Na dann mach’s gut, schade dass wir uns nicht wiedersehen. Aber ihr zwei kommt ja oder?“ – „Mal sehen.“ Ein klein wenig geknickt war er schon, unser kleiner Orli. Für jeden gab es zum Abschied noch eine Umarmung. Ich stand nachher mindestens noch fünf Minuten da und war kurz vorm Umfallen, wirklich. „Man, wir haben ihn einfach so gehen lassen!!“ Ärgerte sich Jazzy jetzt. Nun half es auch nix mehr! „Wenn ihr das Interview auf der Premiere macht, seht ihr ihn ja wieder.“ – „He, du glaubst du kannst dich drücken, was? Entweder wir gehen alle oder keiner geht.“ Das könnt ihr mir nicht antun, bitte! Klar wäre es der Himmel auf Erden gewesen wenn ich dann mit Orli zusammen wäre, aber das war mir viel zu unreal. Oh nein, nicht mit mir. Dann könnt ihr eben auch nicht hingehen, tut mir leid. Aber mich kriegen da keine zehn Pferde hin. Hmpf. Wider meinem Willen wurde ich am Dienstagmorgen in der Schule eines besseren belehrt, als wir mit Tobi zusammen in der Redaktion saßen und die anstehende Ausgabe besprachen. Hier die Schnappschüsse der Lehrer, da der übliche Klamauk. „Und, das beste kommt erst noch.“ Grinste Tobi. Ich mimte die Nachdenkende wie im Film, ihr wisst schon, Hand vor die Stirn halten und Augen zukneifen. „Sag nichts, sag nichts, wir sollen wen interviewen, hab ich recht?“ Jetzt fiel Tobi förmlich das Gesicht runter. „Woher...“ – „Frag nicht, ich hatte heute Nacht einen echt merkwürdigen Traum. Wir haben sogar schon jemanden, mit dem bin ich gestern in der Ubahn zusammengeknallt.“ Jetzt grinste Tobi wieder und verwies mit einem Kopfdeuten auf das Fluch der Karibik – Poster das neben seinem Tisch an der Wand hing. Ich verdrehte die Augen und nickte nur. „Jenny hat euch gestern gesehen, sie kam von Pasing und saß im Wagen, hat sich aber nicht aussteigen getraut, geschweige denn ihn ansprechen, ihr kennt ja Jenny.“ Ich grinste. Jenny, oh ja, auch eine gute Freundin von mir, die ganz hysterisch wurde, wenn ein neuer Film ins Kino kam oder irgendwo ein neues Poster erschien... Und dann sah sie Orli in Real. Ich verstand gar nicht, wieso sie nicht aufgesprungen und kreischend zu uns hergerannt war... „Die arme Jenny, heute schimpft sie sich selber alle möglichen Dummköpfe dass sie gestern sitzen geblieben ist.“ – „Hey, is doch super, dann muss ich nicht mit...“ Das war’s, er schickte Jenny statt mich und ich war den Fluch los. „Da gibt’s nur einen Haken.“ Nein, bitte. „Auf dem Presseausweis steht dein Name.“ Ja und?? „Ja und, dann lass ihn halt auf Jenny überschreiben.“ – „Die Teile sind sauteuer... sei froh dass euch der Direx überhaupt welche spendiert! Außerdem ist Jenny ein ziemlich hysterischer Fan, na ja, gestern hat sie wohl der Schock gelähmt, aber ich weiß nicht wie sie reagieren würde wenn sie mitdürfte.. liegt mir eh schon die ganze Woche damit in den Ohren.“ Yar... ich wollte da aber verdammt noch mal nicht hin!!!!!!! Dass er wieder anfing mich anzubaggern, ja, das hätte mir gerade noch gefehlt, meine Gedanken noch mehr verwirren, jetz wo ich eh mitten im Abi steckte und schauen musste dass ich nen gescheiten Abschluss schaffte! Oooooh nein! Bezeichnet mich ruhig als einen Überstreber, aber mir ist nun mal die Schule wichtiger als irgend so ein dahergelaufener Orlando. Auch wenn ich total in ihn verknallt war. Shit happens... Falsche Zeit, falscher Ort. Scheiß drauf ob er der begehrteste Typ der Welt war!! Wirklich scheiß drauf? Oh man, und dann fraß sie das Gewissen... Ich saß draußen vor der Tür am Boden und grübelte. Nach Jenny war ich abgehauen, weil ich's nicht mehr ertrug. Ich wollte ihn, und gleichzeitig wollte ich ihn nicht, weil mir schwante, dass wenn ich mich wieder auf ihn einließ, irgendwann der Moment kam wo ich wieder aufwachen würde. Aber dieser Traum erschien mir als ein bisschen zu kompliziert, um ein Traum zu sein. Jetzt prasselten die negativen Emotionen nur so auf mich herunter, was sie in meinen Träumen nicht getan hatten, da fühlte ich nur das Positive. Ich schüttelte den Kopf. Es war einfach zu verwirrend. Jazzy kam raus und setzte sich neben mich. „Hey...“ – „Es ist alles so kompliziert... woher weiß ich dass ich nicht wieder im schönsten Moment aufwache und die gleiche Scheiße wieder von vorne anfängt?? Ich fühl mich wie in einer Zeitschleife gefangen.“ – „Wenn das so wäre dann würdest du jetzt nicht fast heulen. In Träumen erlebt man meistens nur schöne Sachen. Klar is auch im Traum alles möglich, aber...“ – „Jazzy, ich halt das nicht mehr aus, ich zerbreche daran! Nur wegen diesem scheiß Traum! Schon allein dass die Premiere im Mathäser stattfindet ist für mich ein einziger Witz! Eine Filmpremiere in München, also hör mal!! Die großen Dinger feiern doch höchstens in London Premiere, aber doch nicht hier! Ich wünsch mir einfach nur, aufzuwachen und ein ganz normales Leben weiterzuführen, vielleicht sogar ohne zu wissen, wer Orli überhaupt ist! Seit ich weiß wer er ist hab ich nichts als Ärger.“ – „Marie..“ Jazzy legte den Arm um meine Schultern. Ich fühlte mich so klein, nutzlos, ein Werkzeug des Schicksals, nichts weiter. Nun kamen auch Mandy und Tobi. „Hey, wie geht’s dir? Du hör mal, wenn du das wirklich nicht packst, dann frag ich den Direx was er machen kann. So schlimm...?“ Ich sah verunsichert zu Tobi auf. „Wie würdest du reagieren wenn du zweimal einen Traum mit der schönsten Frau der Welt gehabt hättest und sich dieser Traum nun in allen Details bewahrheitet?“ – „Ich würd mir sicher denken, ich wach gleich auf, das kann nicht sein..“ – „Siehst du, so geht’s mir auch grade. Ich hab Angst, dass das noch mal losgeht. Dass mir das Schicksal lediglich einen streich spielt. Einen verdammt beschissenen Streich...“ – „Hey, wenn das ein Traum wäre...“ – „Ich weiß, dann würd ich sicher nicht hier sitzen und heulen. Hat mir Jazzy alles schon erklärt.“ – „Na ja also was du dann tust is deine Sache, sag mir zwei Wochen vorher bescheid. Aber das packst du schon. Hey, welches Mädchen würde dich nicht darum beneiden, allein dass du ihn schon getroffen hast! Schau mich an, ich bin auch ein bisschen neidisch.“ Heh, das war ein Witz. „Du bistn Kerl, Tobi...“ – „Ja und, darf man keine berühmten Vorbilder haben?“ Ich knuffte ihm in die Seite. Er verstand es immer wieder, mir die Laune zu erheitern. „Außerdem ist dein Vorbild eher Albert Einstein, aber doch nicht Orli...“ Tobi zeigte auf sein Kinn. „Da, aber in Sachen Bart...“ Wir mussten lachen. Die paar Stoppeln die er hatte nannte der Bart? Ich kriegte mich fast nicht mehr ein. „Okay is ja gut, ich geh mit, aber eins sag ich euch, wenn das noch mal ein Traum sein sollte, dann dürft ihr mich erschießen wenn ich erneut aufwache. Ich will so ein Drama nicht noch einmal miterleben. Das verkrafte ich nicht.“ Okay das mit dem erschießen war übertrieben, aber ich konnte mir kein ordentliches Leben mehr vorstellen, sollte ich wieder aufwachen. Ein Leben ohne Orli? Undenkbar!! Wir verbrachten den Nachmittag bei Jazzy zu Hause mit Fragen ausdenken für's Interview, auch wenn noch ein guter Monat hin war, man wusste ja nie. Außerdem überlegten wir natürlich fieberhaft wie alle weiblichen Lebewesen, was wir anziehen sollten. Denn mit Fransenjeans ließen die uns bestimmt nicht rein. Während wir die Reste von Jazzys Geburtstagskuchen (Sie war vor drei Tagen 18 geworden) verspeisten, schauten wir Fluch der Karibik 2 auf DVD. Pech für den Kuchen, denn der blieb lange liegen, weil wir alle gebannt auf die Mattscheibe starrten, jedes Mal wenn Orli auftauchte... Den Presseausweis hatte ich mir zu Hause an die Pinnwand gepinnt. Der durfte ja nicht verloren gehen, der war mein Ticket zum eventuellen Glück... Mich plagten immer noch meine Gewissensbisse. Ich hatte riesen Schiss vor Orli und wusste eigentlich gar nicht warum, außer der Tatsache dass er versucht hatte, sich an mich ranzumachen, ja. Aber das konnte genauso harmlos gewesen sein. Jungs flirten eben mal gerne. Musste ich schon oft feststellen. In der Schule wenn ich war, interessierte sich kein einziger Typ für mich, aber wenn ich mal shoppen ging, wargh ich hasse es wenn einem diese Weiberhelden nachgeifern und einen schon in Gedanken ausziehen. Ekelhaft. Am nächsten Schultag stand Chemie praktisch an. Ich hatte noch so viele andere Dinge im Kopf, dass ich leider die falsche Substanz ins richtige Reagenzglas goss und das Labor in die Luft jagte... *g* Na ja so schlimm auch nicht, aber zwei Meter um mich war alles voller schwarzem Niederschlag... mich inklusive. Wir hielten uns die Nasen zu und die Luft an und verließen fluchtartig den Raum bis die Feuerwehr kam und das Zeug beseitigte. Klar dass heute keine Prüfung mehr stattfinden würde. Und für mich ging’s erst mal ins Klo, mir das schwarze Zeug abwaschen. War ja zum Glück nicht klebrig, so brauchte ich mir nur meinen Kittel abklopfen und die Haare ein bisschen ausschütteln. Jazzy, Mandy und ich saßen draußen vorm Gebäude und ließen uns die Sonne ins Gesicht scheinen während wir unsere Pausenbrote verspeisten, die eigentlich erst in ein paar Stunden dran gewesen wären. Aber durch mein Ungeschick hatten wir jetzt früher Schluss. Das wollten wir nutzen und in die Riem Arcaden hinaus fahren, um uns was passendes für die Premiere zu kaufen. Glaubt nicht ich hätte den Schrank nicht voller Klamotten gehabt, aber es war halt einfach nichts dabei, was so richtig passte.. zu aufreizend durfte es auch nicht sein, denn sonst würde Orli gleich wieder loslegen... Am späten Abend kamen wir dann wieder nach Hause und begutachteten unsere Einkäufe. War gar nicht schlecht ausgefallen. Jazzy wollte wie immer gehen, nur ohne Löchern in der Jeans und mit so einem rot – schwarz – gestreiften Piratenoberteil. Mandy ganz brav im weißen Rollkragenpulli. Ich fragte mich schon ein bisschen ob es ihr beim Anblick der Jungs nicht heiß wird... Ich für meinen Teil hatte mir auch ein Piraten – T-Shirt besorgt und dazu einen karierten Mini... ja, ich hatte es leider geschafft, mir das geilste Teil rauszusuchen und würde jetzt wohl auf die Rache Orlis warten müssen... das würde sicher nicht unbemerkt bleiben. Ich sah ihn jetzt schon sabbernd im Kinosessel hocken. ^^ Die Klamotten wurden sorgfältig in einer staubfreien Ecke verstaut, bis zum Tag X. Danach warf ich mich noch ein bisschen vor den Fernseher, vor dem ich dann einschlief. Leider war am nächsten Tag das Labor wieder gebrauchsfertig, und so mussten wir die Chemieprüfung wiederholen, zusammen mit Deutsch und Physik. Toll. Ich hatte zwar wieder nur Orli im Kopf, versuchte letzteren aber klar zu behalten damit ich nicht wieder eine Sauerei anrichtete. Das klappte an diesem Tag dann auch ganz gut. Ich war erleichtert, als ich nach Hause kam, meine Mom ausgeflogen und alle still. So konnte man richtig schön die Gedanken kreisen lassen. Man, ich hatte eine Heidenangst vor unserem Termin in drei Wochen. Ich war ja immer noch unsterblich in Orli verliebt... Mandy und ich hatten das Thema verliebt und verschossen mal diskutiert und waren zu dem Schluss gekommen, dass man nur verliebt sagen darf wenn es einen wirklich erwischt hat und es keine kurze Spinnerei ist. So konnte ich getrost sagen, dass ich in Orli verliebt war. Er hatte die schönsten Augen, die ich je gesehen hatte, eine atemberaubende Figur... aber nicht nur das Äußere fand ich anziehend. Orli war so ein Mensch, der trotz des Ruhmes noch auf dem Boden stand, und das fand ich großartig. Ich hasste nichts mehr als Leute mit Allüren. Oben warf ich mich auf mein Bett und starrte das Poster über meinem Kopf an. „Da hast du mir ja was schönes beschert, weißt du das?“ Sagte ich zum imaginären Orli auf Papier. Ich rang immer noch mit mir, ob ich es zulassen sollte, den Gefühlen freien lauf lassen sollte und dass er mich dann womöglich flachlegte... nein, so einer war er nicht. Aber trotzdem, er war ein Megastar und ich nur das kleine Landei... das konnte nicht gut gehen. Ich stand zwar irgendwie auf nicht alltägliche Beziehungen – mein letzter war Gitarrist in einer Coverband gewesen – aber Orli schien mir irgendwie eine Nummer zu groß. Something’s gotten hold of my heart... Dabei gehörte ihm eh schon mein ganzes Herz. Bis jetzt war er immer nur der unerreichbare Star gewesen, von dem viele Teenies träumen und ich schämte mich irgendwie, mit 18 immer noch einem nachzueifern den ich eh nie kriegen würde... Und auf einmal trat er in mein Leben. Erst im Traum und dann in real. Inzwischen hatte ich mich damit abgefunden, dass dies kein Traum war, sondern vollkommene Realität. Wenn Fortuna es so wollte, dann würde ich mich eben meinem Schicksal stellen. Ich würde sehen was kam. Schon geil wenn das die ganz große Liebe für's Leben wär... aber das glaubte ich nicht. An so was glaubte ich sowieso nicht. Und bei Orli schon gleich dreimal nicht. Er hatte es eh schon schwer genug, eine passende zu finden, die nicht nur auf sein Äußeres achtete oder nur auf sein Geld aus war. Na ja, ich geb ja zu, so eine war ich eigentlich nicht. Klar, er sah umwerfend aus und hatte sicher ein paar Milliönchen auf dem Konto, aber war er deshalb interessanter? Für mich nicht. Ich hätt mich auch in ihn verliebt wenn er der Barkeeper in der nächsten Disko gewesen wäre. Er hatte eine gewisse Ausstrahlung, die mich wie magisch anzog. Das war mir schon damals aufgefallen, als ich Herr der Ringe zum ersten Mal gesehen hatte. Irgendwas umgab ihn das ihn unwiderstehlich wirken ließ. Ich zappte durch die Radiosender, die ich auf meiner Anlage gespeichert hatte, fand nichts passendes und machte das Teil wieder aus. Dann schnappte ich mir ein Buch und setzte mich auf die Bank vor der Haustür, wo mir die Sonne ins Gesicht schien und mich wärmte. Drinnen war es ziemlich kalt gewesen, das Haus war gut isoliert. So vergingen die drei Wochen fast wie im Fluge und ehe ich mich versah, war der 23. Mai, einen Tag vor Tag X. Wir saßen zusammen in der Redaktion und besprachen die letzten Einzelheiten. So easy to begin and then impossible to end... So, nun war es soweit. Ich würde ins lidlose Auge blicken müssen, mich dem Grauen stellen das jetzt in mir hochkam. Ich hatte auf heute schon fast nichts geschlafen, so aufgekratzt war ich. Ich ging im Kopf jede Möglichkeit durch, die sich ergeben könnte, bis zu dem Punkt dass er mich ins Hotel abschleppte. „Seid pünktlich, die Parkplätze werden knapp, wenn viele Fans kommen... Die arme Jenny, sie hat mir gesagt, sie wird sich unter die Leute mischen und euch zusehen. Schaut mal ob ihr sie in der Menge entdeckt. Und winkt ihr wenigstens nett zu.“ – „Was macht sie heute?“ Fragte ich Tobi. Wir hatten heute keine Schule mehr, ich würde im September anfangen zu studieren, wusste aber noch nicht was. Außer uns war heute niemand hier. „Sie sitzt zu Hause und überlegt was sie anziehen soll...“ Ich musste lachen. „So ging’s uns vor nem Monat auch, aber das Problem ist gelöst.“ Ich bekam langsam Zweifel, ob ich den Minirock wirklich anziehen sollte. „Na gut, dann entlass ich euch für heute, und macht euch nicht so viele Gedanken, wird schon schief gehen!“ He, das sagte der so leicht. Klar, wir hatten Orli schon getroffen und waren bekannt, aber die Tatsache dass er wieder anfangen könnte zu baggern nagte immer noch an meiner Moral. Wir verließen das Schulgebäude und Tobi sperrte hinter uns zu. Zu Hause legte ich feinsäuberlich alle Kleidungsstücke auf meinem Bett aus, um die Kombination noch mal durchzugehen. Draußen ging die Sonne unter und warf ein dämmriges Licht in den Raum, das das Ganze irgendwie unwirklich werden ließ. Ich hatte ein Gefühl, als ob da was ganz großes kommen würde. Wie vor einer Reise, die man zum ersten Mal alleine macht, sich gleichzeitig freut und Angst hat. Ich hatte OMD - Maid of Orleans laufen, ließ den Blick noch mal über mein Outfit gleiten und packte es dann zufrieden weg. Würde schon schief gehen... Die Nacht kriegte ich wieder kein Auge zu, ich war einfach zu nervös. Ich war schon kurz davor, um vier Uhr früh Frühstück zu machen weil ich wirklich nicht schlafen konnte, egal was ich versuchte, selbst heiße Milch mit Honig half nichts. Irgendwie musste ich aber dann doch eingeschlafen sein und wachte gegen acht Uhr morgens auf. Ich zwang mich dazu, aufzustehen, weil ich mich innerlich gegen das sträubte, was mir nun bevorstand. Aber es half nichts, da musste ich jetzt durch. Ich ging runter in die Küche, wo meine Mom saß und Zeitung las. „Hey, schon wach? Dachte du schläfst mindestens bis Mittag...“ Ha ha, sehr witzig. Die Premiere fing um 13 Uhr an. Ich ging hinter und machte mir meinen allmorgendlichen Tee. Ich versuchte auch, ein Brot mit Erdbeermarmelade hinunterzubekommen, aber irgendwas klemmte mir die Speiseröhre ab... „An deiner Stelle wär ich auch nervös. Aber lass dir einfach nichts anmerken, sei ganz du selbst...“ – „Mom! Das sind nicht irgendwelche albernen Schuljungs, das sind Hollywoodstars von denen einer versucht, sich an mich ranzumachen!“ Mom wusste, wie sehr ich in Orli verschossen war. Schon seit sie das erste Poster in meinem Zimmer gesehen hatte. Immer wenn es bei ihr auf Arbeit (sie war Verkäuferin in einem Supermarkt um die Ecke) irgendwas vom Fluch der Karibik oder Orli gab, sei es auch nur ein Schnipsel, brachte sie mir den ganzen Kram mit nach Hause. Meine Mom war die Größte. Um neun ging ich wieder hoch in mein Zimmer, schnappte mir mein Handy und rief Jazzy an. Es dauerte lange bis jemand abhob. „Guten Morgen...“ hörte ich eine verschlafene Stimme antworten. „Oh Jazzy, sorry wenn ich dich aufgeweckt hab!“ – „Was? Nein nein, ich muss wohl kurz eingenickt sein, ich sitz hier vor der Glotze und zieh mir den zweiten Fluch noch mal rein um auf dem Laufenden zu sein...“ Sie kicherte. Jazzy. Ich konnte mir schon vorstellen dass sie jetzt im Pyjama vor dem Fernseher sah und Orli nachsabberte. „Bis wann willstn du fahren?“ Fragte ich sie dann. „Nun, ich glaub es is gescheiter wenn wir mit der Ubahn fahren, das is nicht so nervig mit der ganzen Parkplatzsucherei. Ich hasse das.“ Jep, Jazzy hatte ein Auto. Einen Marienkäfer. Letztes Jahr im Sommer hatten wir ihn aus Spaß umlackiert. Das Ding war eh schon rot, also bekam es noch schwarze Punkte. Sah gar nicht mal schlecht aus. „Wir treffen uns dann unten an der Station?“ – „Wie viel Uhr?“ – „Wir brauchen grad mal fünf Minuten bis zum Bahnhof... Treppe rauf... sagen wir zwölf. Dann eilt die ganze Sache nicht so.“ – „Okay, zwölf unten an der Station. Bist du nervös?“ – „Hörst du meine Hände zittern?“ Lachte Jazzy. Ich hob meine linke Hand hoch, die zitterte auch wie die Hand einer alten Frau. „Ich zittere wie eine alte Oma...“ Gab ich zu. „Hey, freu dich doch, du siehst deinen Schatz wieder!“ – „Haha.“ – „Nein ehrlich, ich würd was drum geben, wenn er sich an mich ranmachen würde statt an dich. Obwohl ich blond bin, zeigt er kein Interesse...“ Das fand ich allerdings schon ein bisschen seltsam. Im Hintergrund hörte ich Geschirr klirren. „Du, ich muss noch eben meinen Teller abspülen.. wir treffen uns dann um zwölf an der Ubahnstation.“ – „Jap. Ich nehm noch eben meine Baldrian...“ Lachte ich. „Ich auch. Valium.“ Jetzt lachten wir beide. “Also bis später dann.” – „Jop, bis Späder...“ Ich legte auf und trabte wieder die Treppe hinauf in mein Zimmer, wo ich gestern schon mein Outfit über den Schreibtischstuhl gehängt hatte, sodass ich es nur noch anziehen musste. Gott war ich aufgeregt!!!! Ich würde Orlando Bloom leibhaftig und in Person wiedersehen... den Traum meiner schlaflosen Nächte... dieses Wunder auf zwei Beinen... und doch der größte Horror, der mich an diesem Tag ereilen konnte... Immer noch den Kopf in den Wolken, zog ich mich langsam an. Ich musste sehen dass ich wieder am Boden war, bis die ganze Sache anfing, sonst würde ich nachher ein Problem haben, weil ich mich nicht beherrschen konnte... wenn ich richtig verliebt war, war ich zu allen Schandtaten fähig. Ich würde es sogar fertig bringen, mit Orli anzubandeln, genau. Der Rock saß perfekt und ging zum Glück bis ungefähr fünf Zentimeter über meinen Knien, war also nicht ganz sooo kurz wie ich zuerst befürchtet hatte. Dann noch mein Piraten – Oberteil.. jetz noch ne Kette um den Rock und ich wär glatt als Punk durchgegangen *grins* Die Schminke musste auch perfekt werden. Leider haute ich immer wieder daneben, weil meine Hände so zitterten. So kam es dass ich allein für die Augen eine halbe Stunde brauchte. Man Orli, was hast du bloß mit mir angestellt... überhaupt, ich glaub der würde überrascht sein, hatte er doch damit gerechnet dass statt mir eine andere kommen würde... dem würden sicher die Augen fast aus dem Kopf fallen. Der Gedanke gefiel mir, Orli zu überrumpeln ^^ Langsam fing die Sache doch an, Spaß zu machen. Ich nahm noch eine Magnesiumtablette um das Zittern endlich zu beruhigen... ich hatte keine Ahnung ob man gegen so was Magnesium nahm, war nur mein erstbester Einfall... Ich sah auf die Uhr. Elf. Eigentlich sollte ich noch was essen, aber ich hatte absolut keinen Hunger, der war wie weggeblasen. Trotzdem zwang ich mich noch zu einer Portion Spaghetti. Meine Henkersmahlzeit sozusagen. Ich hatte die Angewohnheit, während des Essens Zeitung oder was anderes zu lesen, und so tat ich das auch jetzt. Allerdings überflog ich die Seiten nur, immer im Kopf ob ich auch ja nichts vergessen hatte. Jazzy hatte ihr Diktiergerät dabei, ich braucht eigentlich nichts weiter machen. Aber ich hatte meine Digicam und mein Autogrammbüchlein eingepackt, nur für den Notfall. Sicher würden wir auch Johnny und Keira begegnen, nach all dem was Orli uns da so erzählt hatte. Tell me now what you see... Ich hatte grade dieses Lied aus dem King Arthur – Soundtrack im Kopf, der mir komischerweise immer bei Großereignissen im Hirn rumspukte. Passte halt irgendwie zur feierlichen Stimmung. Wie viele Mädels würden alles dafür geben, an meiner Stelle zu sein... Und trotzdem hatte ich verdammt noch mal immer noch einen riesen Schiss vor der ganzen Angelegenheit. Ich hatte gestern Abend das Poster über meinem Bett wieder zu lange angestarrt und mich schon wieder Hals über Kopf in Orli verliebt. Ich spürte den Kloß in meinem Hals. Viertel vor Zwölf. Wurde Zeit dass ich zur Ubahn runterging. Ich wollte schließlich nicht zu spät sein. Okay, Tasche, Foto, Stift... alles dabei. Ich öffnete die Utensilienschublade in der Küche und fand dort noch einen Pariser von meiner Mom... ob der noch haltbar war? Scheißegal. Wenn was passierte wollte ich sicher kein Kind von Orli. Aber der hatte für solche Situationen sicher vorgesorgt. Trotzdem steckte ich das Ding ein. Man konnte ja nie wissen. Leise schloss ich die Haustür und sperrte ab. Warum leise? Ich weiß nicht, machte vielleicht die Nervosität. Draußen knallte die Sonne vom Himmel, es war ein herrlicher Tag, um Orli wiederzusehen. Langsam wurde ich ganz hibbelig vor Freude. „Hey, man, du hast dich ja rausgeputzt...“ Empfing mich Jazzy in der Ubahnstation, die wieder mal gähnend leer war. Wie Messestadt Ost spätabends, so sah das hier aus, keine Sau da. „Oh Gott ich kann dir gar nicht sagen wie aufgeregt ich bin. Seid ihr gar nicht nervös??“ Ich ließ meinen Blick zwischen Jazzy und Mandy hin und her wandern. Jazzy hob ihre Hände, die ebenfalls zitterten wie Espenlaub. Mandy schien ganz ruhig. „Sag mal du hast ja die Ruhe weg oder?“ Grinste ich sie an. „Das scheint nur so. Ich bin nur einfach nicht der Typ für Händezittern weißt du...“ Aber man merkte ihr schon eine gewisse Unruhe an, wenn man ihre Mimik beobachtete. So als ob sie jeden Moment schreiend davonlaufen wollte. „Das packen wir schon. Was glaubst du was Orli für Augen machen wird, wenn du wieder dabei bist ...“ Grinste Jazzy. „Gaaaaanz große wahrscheinlich.“ Grinste ich. „Groß wie Suppentassen oder eher wie Unterteller?“ Grinste Jazzy zurück. Ich zuckte mit den Schultern. Wusste ich doch nicht! Die Ubahn fuhr ein. Ich musste meine Haare festhalten, weil mir der Fahrtwind sonst die Frisur ruiniert hätte... ja, ich hatte mich extra für Orli herausgeputzt. Ich fragte mich grad wirklich, ob ich ein bisschen spinne vielleicht. Jede mit dem Herz in der Hosentasche bzw. der Rocktasche stiegen wir ein und fuhren zum Hauptbahnhof. Dort sah man uns ein bisschen schief an. Was denn, habt ihr noch nie drei weibliche Wesen gesehen?? Na ja, vielleicht strahlten wir was aus... ach keine Ahnung. Mich nervten die Gaffer auf jeden Fall nur. Wir verließen das Gebäude und gingen die Bayerstraße hinunter. Es waren vielleicht grade mal hundert Meter bis zum Mathäser. Wie ein riesiger Glasblock hing es zwischen zwei altertümlich wirkenden Häusern. Vor dem Gebäude war schon ein roter Teppich ausgerollt und daneben Absperrungen aufgestellt worden. Ich schluckte. Noch war keiner zu sehen, keine Stretch – Limo, kein Star in Sicht. Nur eine Menge Fans standen da hinter den Absperrungen... ich zog schon mal meinen Presseausweis aus der Handtasche, Mandy und Jazzy auch. Wir wollten ja schließlich reinkommen. Vorm Eingang hielt man uns erst mal auf, kontrollierte die Ausweise. Aber dann machten sie uns den Weg frei und wir stiegen ein paar Stufen hinauf zum Foyer des Riesenkinos. Meine Beine waren Pudding, meine Hände zitterten als hätte ich ein vibrierendes Handy in der Hand, mein Kopf schwirrte und ich wusste nicht, ob ich im nächsten Moment vielleicht ohnmächtig wurde. Scheißegal, jetzt gab es kein Zurück mehr. Aber für's erste wurden wir entwarnt, drinnen war keine Sau zu sehen, außer dem Typen, der immer Popcorn verkauft und ein paar Damen an der Kasse, die anscheinend Feierabend hatten... Na ja, das Kino war ja auch für den normalen Betrieb gesperrt worden für diesen besonderen Anlass... Wir setzten uns in eine Ecke auf ein gemütlich wirkendes rotes Sofa und warteten ab... So gegen viertel vor eins trudelten dann mal die ersten Leute ein, Gore Verbinski erkannte ich, den kleinen Dicken... Hinter ihm drein schlurfte Naomi ... ihren Nachnamen wusste ich nicht mehr, Tia halt. Dann kam wieder lange nichts. Irgendwann hörte man von draußen lautes Gekreische. Ach du scheiße, es war so weit. Orlando, Johnny und Keira würden jeden Moment das Kino betreten. Wieder warteten wir gute zwanzig Minuten. Na ja, die gaben sicher noch Autogramme draußen und machten Fotos... Dann ging die schwere Glastür auf und Keira schlurfte herein, besser gesagt, wackelte, denn sie schien auf ihren Pfennigabsätzen nicht ganz gerade stehen zu können, so wie das für mich aussah. Hintendrein, Johnny. Er grinste uns an und zwinkerte zu uns herüber. Und dann – mein Herz blieb fast stehen, man sah der heute GEIL aus!! – Orlando... Ich wurde schwach, meine Knie zitterten, ja, ich zitterte komplett. Fragend sah er sich um, offenbar auf der Suche nach uns. Als er dann den Haufen zitternder Mädchen erblickte, grinste er uns lieb zu, drehte ab und kam herüber. Oh man, hab ich schon erwähnt dass dieser Kerl ein absoluter Gott ist? Die Art allein wie er sich bewegt macht mich schon ganz duselig. „Hey, du bist ja doch gekommen...“ Lächelte er mich dann an und umarmte mich... Bewusstsein ade... nein, ich blieb wach, aber nahe am ohnmächtig werden. „Na ja, wir ham keine andere mehr gefunden... und ohne mich wollten sie nicht gehen...“ Orli setzte sich glatt neben mich, sehr, sehr nahe.. „Das war ein hartes Stück Arbeit, Marie dazu zu kriegen, doch noch mitzugehen.“ Kommentierte Jazzy. „Ich hab jetzt noch die Hosen voll.“ Grinste ich. „Hey, brauchst keine Angst haben, ich bin’s doch nur, Orlando...“ Hast du eine Ahnung... murmelte ich durch meine zusammengebissenen Zähne, als er mir über den Rücken strich... oh man bitte hör auf, ich kann jetzt schon nicht mehr! Das ist zu viel!! Jazzy sah nur zu mir herüber und schien sich unglaublich für mich zu freuen. Sie hatte diesen man, wie gern wär ich jetzt an deiner Stelle – Blick... Mandy saß zwischen Jazzy und mir und sagte nichts. Aber ich wusste dass es in ihr brodelte. „Wolln wir in den Saal gehen? Der Film fängt gleich an.“ Fragte Orli dann. „Klar... ich kann’s gar nicht mehr erwarten...“ Freute sich Jazzy. Ich konnte es auch nicht mehr erwarten, endlich den dritten Fluch zu sehen, wo die Poster aus der Bravo doch schon viel versprachen, dass Orli geiler denn je aussehen würde.. Wie schade dass die Haare jetzt so kurz waren... länger warn sie schöner. Drinnen war es schon zappenduster, der Rest der Meute hatte sich ziemlich weit vorne einen Platz gesucht, weit ab von uns. Wir machten es uns in der oberen Hälfte der vielen Sesselreihen bequem, Orli ganz außen, dann (fatalerweise hatte ich mich da hingesetzt) ich, neben mir Mandy und dann Jazzy. (von der Leinwand aus gesehen jetz) Und wie das bei mir immer so war, hatte ich grad den passenden Song im Ohr... Can’t fight the moonlight… You can try to resist… sollte ich widerstehen und mir die Chance vermasseln? Ich glaub ich war mir in dem Moment nicht klar darüber, wer hier wirklich neben mir saß. Ich drehte mich nach rechts und sah mir Orli noch mal an, der gerade mit auf-die-Leinwand-starren beschäftigt war, mich also nicht bemerkte. Wenn er nur nicht sooo perfekt wäre!! Ich hielt sonst wirklich nichts von Schönlingen wie er einer war, aber das war nicht irgendeiner, das war verdammt noch mal Orli! Der Traum meiner schlaflosen Nächste saß leibhaftig neben mir. Im grellen Licht des Vorspanns leuchteten seine Augen einfach zu schön... warum eigentlich nicht, er war ja auch nur ein Kerl wie jeder andere, er hatte nur einen anderen Beruf... Please remember... Ach was soll’s, du hältst es ja doch nicht aus, wenn du nachher alleine wieder zu Hause sitzt und Trübsal bläst... Grade liefen die ersten Minuten des Films und ich lehnte mich an Orli. Dann sollte es halt passieren, was soll's. Er sah kurz ein bisschen verwundert zu mir herunter, das merkte ich, aber ich wendete meinen Blick nicht von der Leinwand ab. Er nahm einfach meine Hand... so, der Beginn einer neuen Romanze.. ich musste kichern bei dem Gedanken und schmiegte mich noch ein bisschen enger an Orli. Ich weiß nicht warum, aber hier fühlte ich mich irgendwie geborgen, als könne mir nichts mehr passieren... Irgendwann kam dann diese Szene mit Keira wo er sie küsste.. ich realisierte gar nicht, dass er mir in Real auch näher kam... Moment mal, das ging mir viel zu schnell!!!! Und trotzdem konnte ich nicht widerstehen, wollte auch gar nicht... ich sah nur noch kurz die verblüfften Gesichter von Mandy und Jazzy bevor Orli mich ins vorübergehende Nirvana beförderte... scheiße, das hatte mir den Rest gegeben, es hatte mich tatsächlich umgehauen. Lovin you isn’t really something I sould do… „Marie? Hallo? Sag doch was!“ Wir saßen draußen auf dem roten Sofa, besser, ich lag, den Kopf auf irgendjemandes Beinen, wessen wollte ich gar nicht wissen. „Is okay, mir geht’s gut. War wohl ein bisschen zu viel...“ Ich erhob mich, mir war schwindlig. Ich sah mich um, wo war Orli? „Wo steckt Orli?“ – „Er wollte vor dem Interview noch schnell aufs Klo... hat sich voll Sorgen gemacht um dich und sich die Schuld gegeben, du hättest n Herzinfarkt gekriegt oder so was... er war kreidebleich, sag ich dir... da kommt er wieder.“ Von ziemlich weit hinten kam ein kleiner Orli immer näher. Ich konnte sehen, wie sich seine Gesichtszüge erhellten, als er mich da wieder sitzend sah. Am Sofa angekommen setzte er sich wieder neben mich und nahm mich ganz fest in den Arm. „Bin ich froh dass ich dich nicht ganz ausgeknockt hab, sorry, das wollt ich wirklich nicht.“ Ich winkte ab. War doch ganz angenehm gewesen, von einer Welle Schmetterlingen in einen Traum hinüberzugleiten... unsere Blicke trafen sich. „Tu’s einfach noch mal...“ forderte ich dann und küsste ihn noch einmal. Diesmal blieb ich bei Bewusstsein und konnte es voll genießen... unglaublich, so was hatte ich noch nie erlebt. Niemand küsste so wie Orli. Keiner. Von dem Moment wusste ich, ich würde ihn nie wieder gehen lassen können, und wenn, würde es mir Herz und Seele zugleich brechen. Nachher erfuhren wir, dass er sich tatsächlich im City Hilton eingenistet hatte und er fragte uns, ob wir nicht dort das Interview machen wollten, das Kino sei doch völlig ungeeignet. Wir würden uns ein paar Cocktails kommen lassen und über Gott und die Welt tratschen... „Keine Sorge, ich hatte schon einige Reporter auf dem Zimmer. Da hat man seine Ruhe und wird von niemandem belästigt. Ich beiße nicht.“ Grinste Orli. Aber ich würde beißen wenn ihm auch nur eine meiner Gefährtinnen zu nahe kam... Jazzy zuckte mit den Schultern „Meinetwegen. Aber pass auf dass uns in der Ubahn keiner erkennt...“ – „Ich werd nicht mit der Ubahn fahren, ihr müsst auch nicht wenn ihr wollt.“ Hä. „Hä?“ – „Da draußen steht ne Limo...“ Grinste Orli. „Ohja klar, ihr Stars seid es ja gewohnt, in so was rumkutschiert zu werden...“ Für uns war das was Besonderes... wir sollten wirklich da mitfahren? Ich sah durch die Glastür ein Stück vom Heck der Limo unten an der Straße. Krass fand ich das schon ein bisschen. Auf der Rückbank Sekt und Schampus konsumieren... *grins* Na ja, aber wenn man schon einmal die Gelegenheit hatte... Im Hotelfoyer war niemand zu sehen, anscheinend alle ausgeflogen. Wir fuhren mit dem Lift hoch in den dritten Stock. Orli hatte vorhin beim Rezeptions – Menschen noch ein paar Cocktails für nachher aufs Zimmer bestellt um es uns gemütlich zu machen. Na ja, die Zimmerausstattung kannte ich schon ein bisschen aus meinen Träumen, Luxus halt, goldene Wasserhähne und all so Schnickschnack. Mandy und Jazzy waren platt, ich war's schon gewohnt und sie fragten mich wieso ich so cool blieb. Cool? Also hört mal Leute, wen hat Orli vorhin umgenietet, he? Wir setzten uns an einen Tisch, der im Raum stand und schlürften genüsslich die Cocktails, die der Zimmermensch vorhin gebracht hatte. Jazzy legte mit dem Interview los, während Orli und ich uns immer wieder Blicke zuwarfen, die nichts gutes verhießen... *grins* Ich hatte mich vorsichtshalber ihm gegenüber gesetzt, nicht dass wir plötzlich übereinander herfielen und die andern damit verscheuchten und der Direx dann sauer war, weil wir kein Interview hatten, mir einen Verweis gab weil ich schuld war... Und trotzdem haftete mein Blick immer noch auf ihm... wir hatten uns zwar vorhin geküsst, aber ich war mir trotzdem noch nicht ganz schlüssig was ich tun sollte. Er lebte in England, das war fast 1000 Kilometer weit weg, wie kam ich da rüber? Ihr werdet jetzt sagen, flieg doch! Aber womit? Ich hatte kein Geld für mal eben nach England fliegen. Außerdem war die letzte Fernbeziehung mit dem Gitarrenzupfer kläglich an der Distanz gescheitert. Aber mein Herz schrie nach Orli... seine ebenmäßigen Gesichtszüge, die ruhige Ausstrahlung... so zerbrechlich wie er wirkte, als er da saß... oh Marie, entscheide dich! Du hast nur noch vielleicht eine Stunde! Oh do you care... bedeutete er mir ernsthaft was oder war das wieder nur eine Spinnerei weil ich schon ewig ein Fan war und nun endlich meinem Idol begegnete? Irgendwie war es beides. Ich sah zu Orli auf, und liebte ihn gleichzeitig wie niemand anders. Außerdem hätten wir morgen die letzte Prüfung und dann würde man uns in die Ferien entlassen bis die Ergebnisse da waren... I still feel for you… seit .. wann war der erste Herr der Ringe raus? 2001? Seit sechs Jahren war ich schon in Orli verliebt und hatte die Hoffnung schon aufgegeben, ihn jemals zu treffen... und so hatten auch meine Gefühle nachgelassen, ich fand ihn eigentlich nur noch einen klasse Schauspieler der unheimlich geil aussah, mehr nicht. Dann knall ich in der Ubahn mit ihm zusammen... „Marie?“ Ich wachte aus meinen Träumen auf. „Hm?“ – „Wir sind fertig, kommst du?“ Ich sah panisch zwischen Orli und den beiden Mädels hin und her. Das war's? Hier würde alles enden? „Scheiße, ich hab ja vergessen dass es gefunkt hat bei euch... du kannst natürlich bleiben wenn du willst.“ Wollte ich das? Orli sah mich mit sehnsüchtigem Blick an, als wollte er sagen, bitte geh nicht. Wenn ich jetzt ginge, würde ich ihn vielleicht nie wieder sehen... Morgen waren Prüfungen... „Bis wann bist du noch in der Stadt?“ Fragte ich Orli dann. „Morgen Mittag flieg ich zurück, wieso?“ Scheiße. „Scheiße... morgen haben wir die letzten Prüfungen und danach Ferien... kannst du nicht noch ein bisschen warten? Ich würd gern mal nach England in die Ferien... außerdem könnten wir uns dann bissel besser kennen lernen, ich weiß ja kaum was über dich!“ Er stützte den Kopf auf die gefalteten Hände und sah mich schmunzelnd an. „Ich hab keine Ahnung wie viel du über mich weißt... vielleicht viel, vielleicht wenig, aber komm mit wenn du willst, ich hab ein schönes gemütliches Häuschen in Notting Hill, da lässt es sich aushalten.“ PENG – der nächste Schock – auch das Haus war real. Hieß nackt durch die Bude laufen... ich musste grinsen bei dem Gedanken. Ob er wirklich so geil aussah wie in meinem Traum....? Man, schlag dir solche Gedanken aus dem Kopf bis es soweit ist!! „Na ja, aber das musst du wissen, ich will dich zu nichts zwingen.“ Sagte er weiter. „Na ja, ich muss meine Mom erst mal überreden... aber ich glaub nicht dass sie da was gegen hat. Die wird sicher sagen, das tut meinem Englisch ganz gut wenn ich mal rüberfahr...“ Wir mussten lachen. „Na ja, ihr könnt ja noch bissel quatschen, du findest doch alleine zurück, oder Marie? Aber wenn du morgen nicht in der Schule erscheinst hol ich die Polizei, klar?“ Grinste mich Jazzy an. „Is okay, wir sehen uns morgen, ich muss sehen wie ich das hier hinkriege ohne die Flatter zu kriegen...“ – „Na denn, aber seid anständig, ja?“ Waren Jazzys letzte Worte bevor sie in der Tür verschwand und Orli und mich alleine zurückließ. Verdammt, ich war das arme Opfer das alleine mit der Spinne auf dem Hotelzimmer gelandet war und nun darauf wartete, verspeist zu werden... Orli sah mich immer noch interessiert an. „Und, was gedenkst du nun zu tun?“ Fragte er mich. Ich zog mein Handy aus der Tasche, ich würde jetzt zu Hause anrufen und Mom versuchen zu überreden. „Ich telefonier erst mal nach Hause und versuche meine Mom rumzukriegen...“ – „Okay, tu das...“ Er stand auf und nahm mit einer Bewegung, die mir die Nackenhaare zu Berge stehen ließ und mir einen Schauer über den Rücken jagte, seine Hand von meiner. Dann bewegte er sich nach vorne, setzte sich aufs Bett und schaltete den Fernseher ein. Es klingelte eine Weile bis jemand abhob. „Mom?“ – „Marie? Wo steckst du? Seid ihr noch im Kino?“ Oje... „Nein, wir sind ins Hotel gefahren für das Interview, du, ich hätte eine Bitte, na ja, ein Anliegen...“ – „Das bedeutet nix gutes wenn du so anfängst. Aber schieß einfach los.“ – „Na ja, du weißt sicher dass ich Orli kennen gelernt hab, schon vor einer Weile... kurzum, wir sind dabei, mehr als nur ein bissel Freundschaft zu entwickeln...“ – „Ja und? Man, ich würde sterben, um an deiner Stelle zu sein!“ – „Ach was, Orli ist ... fünfzehn Jahre jünger als du??“ Meine Mom war jetzt 45... „Aber weshalb ich anrufe, damit wir morgen keinen großen Tamtam mehr haben und ich gleich abhaun kann...“ – „Wie, abhaun?“ – „Na ja, ich würd gern über die Ferien zu Orli nach England....“ – „Na ja, wird deinem Englisch sicher nicht schaden... wann fliegt ihr?“ Ich wusste dass der Satz mit dem Englisch kommen würde! Ha! Ich hielt den Hörer zu und wandte mich zu Orli um. „Du, wann fliegen wir dann?“ Er sah auf seine Uhr. „Entweder morgen Nacht noch oder am Samstag, ganz wie’s dir beliebt, aber ich glaub Samstag is besser, dann hast du mehr Zeit zum Packen.“ Ich nahm die Hand wieder vom Hörer. „Samstag...“ – „Na gut, bringst ihn morgen noch mit?“ Ich deckte abermals den Hörer mit meiner Hand ab. „Kommst zu morgen mit zu mir?“ Fragte ich Orli. „Na ja, wenn ich nicht wieder mit drei Fans in der Ubahn zusammenknalle... warum nicht?“ – „Jap, er kommt mit.“ – „Oh coool!!!“ Ach Mom... sie hätte – wenn auch ein wenig jung – Orlis Mutter sein können! He, Orli mein Bruder... am Ende hätte das aufgehört wie in Angel Sanctuary... da wollte ich besser gar nicht daran denken. „Vergiss es, du kriegst ihn nicht.“ Gab ich zurück. „Is ja schon gut, ich will ihn ja gar nicht, der is ja noch grün hinter den Ohren.“ – „MOM??“ Langsam wurde ich giftig. Niemand beleidigt Orli in meiner Gegenwart. Auch nicht am Telefon. „Sorry. Das hast du doch von den Jungs in der Klasse unter dir auch immer gesagt...“ – „Scheißegal, wir kommen dann morgen vorbei, ich fahr nach der Schule noch schnell ins Hotel und hol Orli ab.“ – „Okay, dann bis morgen, und seid anständig ihr zwei, ja?“ – „Jahaa...“ Langsam nervte die Sache, Jazzy vorhin schon und jetz auch noch meine Mom. Nein danke. Ich lunste zu Orli rüber wie er so gebannt auf die Mattscheibe starrte. Ob Mom hätte widerstehen können, wenn sie einen so sexy Kerl vor sich hatte... Ich legte auf und packte mein Handy wieder ein. Ich stand auf und setzte mich zu Orli aufs Bett. Der sah sich grade die Simpsons an. „Du guckst Simpsons? Hätt ich jetzt nicht gedacht.“ – „Gell da schaust ...“ grinste er mich an und legte einen Arm um mich... oh bitte hör auf... Na ja, scheiß drauf. Ich legte meinen Kopf an seine Schulter und fühlte mich wieder total geborgen. Er knipste den Fernseher aus und wir ließen uns rücklings aufs Bett fallen. He Romeo, mach mal langsam! Gleich nach nicht mal einem Tag in die Kiste steigen, wie ham wir’s denn da?? (Anm.d.A.: Bayrischer Ausspruch für „Was soll denn das?“ Für alle nicht – Bayern ^^) Aber küssen, das mochte ich jetzt schon... oh ich konnte gar nicht genug kriegen davon... er schmeckte immer noch nach den Cocktail von vorhin... Dann hielt ich aber seine Hand davon ab, den Gürtel meines Minis aufzumachen. Verdammt, wieso hatte ich das Ding angezogen?? Ich entfernte mich ein bisschen von ihm. „Sorry, aber so was is nicht bei mir. Wart bis wir uns besser kennen, ja?“ Orli sah mich erst ein bisschen zerknirscht an, fand meine Entscheidung dann aber okay. „Wir haben jetzt ganze zwei Wochen für uns, da kannst du mich in und auswendig kennen lernen wenn du willst.“ Grinste er dann. „Für so was lern ich liebend gerne...“ Ich nahm ihn in die Arme und wir küssten uns weiter... „Und, was lief gestern noch so?“ Fragte Jazzy mich am nächsten Tag in der Pause. „Nicht viel, ewig geknutscht aber sonst nix mehr... der wollte mich glatt schon in die Kiste kriegen...“ Jazzy klappte die Kinnlade herunter. „So, so einer is der also. Na ja, du hattest ja auch dein reizvollstes Teil angezogen, da wird normal jeder Typ schwach...“ Ich knuffte Jazzy in die Seite. „Ha ha. Nö, ich hab's ihm dann verboten und gesagt er soll warten bis er mich besser kennt. Was er sicher nach den zwei Wochen wird...“ Oje, wenn Orli erst mal meine ganzen Macken kannte... ich war manchmal zickig, sehr leicht reizbar und furchtbar faul... Aber für Orli würde ich versuchen, die ganze Scheiße abzustellen. Orli... ich sah an die Decke. Irgendwie war ich schon verknallt in ihn, ja... niemand konnte so küssen, keiner war so zärtlich... jedenfalls keiner den ich bisher kannte. Er hatte mich glatt auf meine Wolke befördert. Your poison’s running through my veins... er hatte mir sein Gift eingeflößt, das mich jetzt langsam abhängig machte... der berühmte Orli – Virus über den so viel gemunkelt wurde... *grins* Ich hatte mir das Teil wohl oder übel eingefangen und musste jetzt damit leben... aufgeregt wie vor dem Kinobesuch gestern bestieg ich die Ubahn Richtung Rosenheimer Platz, dort wo das Hilton stand in dem Orli sich wohl grade befand... merkte man mir meine Nervosität an? Alle um mich herum starrten mich mehr oder minder an. Na ja, da stand ich drüber, denn die brauchten ja nicht wissen dass ich Orli persönlich kannte... was mir immer noch als zu große Ehre erschien eigentlich... scheiße, wieso war die Ubahn um Mittag immer so voll??? Was wenn Orli jemand erkannte. Dann hatten wir einen Haufen Groupies hinter uns und müssten irgendwo anders hin, denn wenn die einmal bei mir zu Hause angelangt waren, würden die glauben, Orli wohnte hier und meine Mom hätte keine Ruhe mehr.. ich dachte zu viel nach. Am Hauptbahnhof wurde der Wagon halb leer. Sah schon besser aus. Je weiter ich nach Osten kam, desto weniger wurden die Leute. Gut so. Dann kam der Moment an dem ich wieder vor seiner Zimmertür stand, die genauso aussah wie in meinem Traum. Noch eine Realität. Vorsichtig klopfte ich an, jederzeit bereit umzukippen wenn mir danach war... Ich hörte das Türschloss schnappen und jemanden „Komm rein“ sagen. Leise öffnete ich die Tür. Drinnen war es fast blendend hell, denn Orli hatte wohl ein Zimmer in Südlage, sodass die Sonne direkt hereinknallte. Als Schatten am Fenster zeichnete sich eine große Gestalt ab, die wie Orli aussah... Ich umarmte ihn von hinten, er drehte sich um und wir küssten uns erst einmal. „Na, wie war dein Tag?“ Fragte er mich dann. „Och geht so, die letzte Matheprüfung und Englisch.. na ja, das war ja kein Problem, hab mich wegen dir immer besonders angestrengt...“ Er lächelte mich lieb an, seine Augen funkelten im Sonnenlicht, so schön dass mir fast schwindelig wurde davon. Er nahm mich in die Arme und ließ erst mal nicht mehr los. „Und deiner? Muss langweilig sein, immer nur auf dem Zimmer rumzuhocken und fern zu sehen...“ Orli grinste und setzte sich aufs Bett. „Ich war heute schon in der Fußgängerzone shoppen, paar neue Chucks...“ Erst jetzt sah ich das Paar Schuhe und eine Schachtel hinten auf dem Tisch stehen. „He...“ Grinste ich. „Hast du deine Koffer gar nicht gepackt? Du könntest die Nacht auch bei mir bleiben, dann können wir gleich gemeinsam los morgen früh...“ Orli schien einen Moment zu überlegen und zog dann einen Koffer unterm Bett hervor. „Na gut, dann verlass ich die Nobelsuite hier..“ – „Na also hör mal, bei mir isses nicht staubig und voller Kakerlaken, falls du das damit meinst.“ Gab ich zu bemerken dass mir seine Ansprüche ein bisschen zu hoch waren. „Du, bei mir sieht’s auch nicht anders aus...“ Grinste er und schichtete ein paar Pullover in seinen Koffer. „Soll ich dir was helfen?“ Fragte ich schließlich, denn ich fühlte mich hier ein bisschen überflüssig, während Orli die ganze Arbeit alleine machte...“ Er wehrte mit einer Handbewegung ab. „Nein, geht schon, danke, aber du könntest mir mal eben die Schuhe samt Schachtel rüberbringen wenn du magst.“ Ich griff mir die Schuhe samt Schachtel und reichte sie Orli. Der nahm sie mir mit einem „Danke“ ab und küsste mich. Ich setzte mich wieder aufs Bett und beobachtete ihn. Mir wurde heiß und kalt wenn ich ihn so sah, jede Bewegung die er machte... Schade dass der Koffer nun voll und Orli fertig war... „Können wir?“ Fragte er mich dann, während er seine Jacke schulterte. „Willst du dich nicht irgendwie tarnen?“ Fragte ich ihn. Es war eigentlich zu offensichtlich dass Orli er selbst war, hieß, jeder würde ihn erkennen... tu mir das nicht an, meine Mom bringt mich um! Orli zog ein weißes Käppi aus einer Tasche und zog es sich tief ins Gesicht. „So besser?“ Ich machte den Daumen hoch. „Viel besser.“ So getarnt, was heißt getarnt, ich war ohne alles und offen einsehbar... verließen wir das City Hilton und gingen runter zur Ubahnstation. Am Hauptbahnhof lotste ich Orli zur U2 Richtung Olympiapark, obwohl wir die eine Station eigentlich auch hätten gehen können, doch das Risiko, dass er erkannt wurde und wir nach Hause verfolgt wurden, war mir zu groß, also schnappten wir uns die Untergrundbahn. Zu Hause musste ich erst mal klingeln, denn meine Mom hatte zugesperrt und ich keinen Schlüssel dabei. „Mom, mach auf, wir sind’s!“ Rief ich hinein, denn nichts rührte sich. Frustriert setzte ich mich auf den Treppenabsatz. Hatte die uns glatt vergessen? Ausgesperrt? Dann hörte ich das Türschloss klicken hinter uns. „Sorry, ich war grad oben und hab Wäsche aufgehängt.. kommt rein!“ Mir entging nicht, dass Mom Orli hinterherlunste. Ich warf ihr einen giftigen Blick zu. „Komm, ich zeig dir gleich mein Gemach, da kannst deinen Koffer derweil abstellen. Ich nehm an du pennst bei mir im Bett oder?“ Orli grinste mich an. Schön dass ich ein etwas breiteres Bett hatte, da passten auch zwei rein. Hoffentlich passierte nichts unvorhergesehenes... denn der Lattenrost war schon ziemlich marode und ich musste eigentlich jede Nacht aufpassen dass ich nicht durchbrach. Armer Orli, wo er’s doch eh schon im Kreuz hatte... Na ja, aber eine Nacht würde er sicher aushalten. „Wow...“ Kam es von Orli, als er vor mir mein Zimmer betrat. Ach du heilige Scheiße, ich hatte die Wände ja immer noch mit Postern voll gepflastert... „Oh mein Gott, sorry!! Ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass du diesen Raum mal betreten würdest, also hab ich sie nicht abgenommen...“ Orli sah sich interessiert um. „Man, die sind ja noch von ganz früher, die haben ja schon Sammlerwert...“ Meinte er, als er ein paar meiner Herr der Ringe – Poster sah, die ich neben der Tür hängen hatte. „Was, ehrlich? Wusste gar nicht dass Poster Sammlerwert kriegen können...“ – „Oh doch... genauso wie Münzen, Briefmarken, Schallplatten...“ Uff. „Wo darf ich meinen Koffer hinpacken?“ Fragte Orli mich dann. „Hau ihn einfach in irgendeine Ecke, is eh egal. Bei mir sieht’s immer aus wie sau, da kommt’s auf das eine Teil auch nimmer an.“ *grins* Ach, ganz zu vergessen, von der Wand gegenüber kam ein nagendes Geräusch... „Was war denn das...“ Meinte Orli, sich ängstlich umsehend. „Ach, hab ich ganz vergessen, meine beiden Jungs...“ Ich führte ihn zum Käfig und zeigte ihm meine beiden Mäuse. „Niedlich... besser als Spinnen.“ Grinste Orli und ich konnte ihn lange nicht von Käfig wegeisen. „Wer versorgt die eigentlich während du weg bist?“ Fragte er schließlich. „Meine Mom macht das, sie kümmert sich eh immer drum, obwohl ich ihr dauernd einhämmere, dass das meine Mäuse sind, und nicht ihre. Na ja, in dem Fall isses sogar von Vorteil.“ Orli näherte sich mir immer weiter, bis sich unsere Knie berührten und er mich rücklings auf dem Bett festnagelte... eigentlich musste ich ihn nicht mal küssen, es reichte schon, wenn ich seine Nähe spüren konnte, um mich selig zu machen. So lagen wir eine ganze Weile eng umschlungen da... Nur das Kratzgeräusch meiner Mäuse im Käfig störte ein bisschen... Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle, ich schlief allerdings nicht wirklich viel, wollte einfach nur Orli bei mir fühlen... Wie oft hatte ich mir so was eigentlich vorgestellt? Die Matratze mit Orli teilen? Ich wusste es nicht, es mussten tausende Male gewesen sein. Mein größter Traum war wahr geworden, was konnte noch kommen? Besser konnte es nicht werden. Nach den Jahren voller Pein und Gram schien sich das Blatt jetzt zum Guten zu wenden... Irgendwann schlief ich dann doch ein, wurde aber nicht viel später von ein paar Küssen geweckt, die mich erschauern ließen.... Ich drehte mich um und schnappte mir Orli, um ihn niederzuknutschen. Es war sechs Uhr früh, um neun ging unser Flieger, wir hatten also drei Stunden Zeit, um unsre Koffer herzurichten, uns fertig zu machen und mit der SBahn hinaus zum Flughafen zu fahren. Ganz schön knapp, wenn man bedachte, dass wir uns ungefähr eineinhalb Stunden davon küssten... Ja ich weiß, nur küssen hört sich furchtbar langweilig an, aber mit Orli war das was anderes, das war besser als Sex... seine kleinen Berührungen... das reichte schon aus. In der SBahn suchten wir uns ein stilles Plätzchen wo wir ungestört weiterknutschen konnten. *grins* Oh Orli... wieso hab ich mich nur gegen dich gesträubt, du bist der Himmel… und das jetzt schon, ich kannte ihn doch grade mal vielleicht zwei Tage? Mit unserm Zusammenprall vielleicht fast nen Monat, aber trotzdem... Endstation, leider mussten wir hier mal kurz voneinander lassen, um nicht hinzufallen beim Aussteigen. Man, das ging ja schon gut los... Oh ich hoffte ja sooo sehr, dass uns niemand erkannte. Kreischende Mädels, darauf hatte ich jetzt echt keine Lust, morgens schon gleich gar nicht, denn morgens war ich meistens mieser Laune und froh, wenn ich kein Wort sagen musste. Wahrscheinlich würde ich im Flieger noch eine Runde schlafen. Orli sah ja auch nicht gerade wirklich fit aus, ich vermutete, er würde auch ein Nickerchen einlegen, während wir über den Ärmelkanal düsten. Frühmorgens war natürlich alles randvoll mit Berufsreisenden... Lauter Typen in Anzug und Schlips rannten hier herum.. na ja, besser als kreischende Teenies, die Orli hinterher jagten. Ich hatte mich ein bissel zurechtgemacht so a la Hollywoodstar – Braut... Streifenschal und Puck die Stubenfliege – Brille... ^^ Musste das einfach haben, auch wenn Orli mich ein bisschen seltsam anguckte. Ich wusste dass ich ein bisschen aussah wie Nicole Richie. Nur dass die im Gegensatz zu mir blond war, also keine Gefahr einer Verwechslung bestand. Natürlich waren wir viel zu früh dran, was uns den Vorteil verschaffte, uns noch eben wo hinzusetzen und etwas zu uns zu nehmen. Ich einen schönen heißen grünen Tee und Orli auch einen. Seit ich Orli „kannte“ war ich ein ziemlich guter Teetrinker geworden, jeden Tag eine Tasse, wenn’s hart kam auch schon mal zwei. War ein gutes Aufputschmittel das nicht nach Kaffee schmeckte und trotzdem Koffein enthielt (Fälschlicherweise auch als Teein bezeichnet) Bla bla bla... ich nippte an meiner Tasse und sah Orli tief in die Augen, was mich ganz zittrig machte, ich merkte, wie die Tasse in meiner Hand zu schaukeln begann. Ich musste sie hinstellen, sonst hatte mein Schal bald braune Teeflecken. Orli wendete den Blick nicht von mir, er fixierte ihn, ich stellte meine Tasse endgültig hin. „Man hör auf bevor ich den Tee noch verschütte...“ sagte ich leise. Er grinste nur und sah dann eben zur Seite wo dieses komische Rollband vorbeiging, auf dem sich wieder ein paar Kofferträger befanden. Jetzt konnte ich ihn beobachten. Ich war zwar hundemüde, weil ich ja kaum was geschlafen hatte, aber trotzdem hellwach irgendwie... und es genügte mir schon, ihn einfach nur zu beobachten, ich hatte schon im Film seine Bewegungen geliebt, wie er als Legolas in Lothlorien so sexy dahinspazierte, aber die Realität übertraf alles beiweitem. Sein Kurzhaarschnitt machte ihn zwar nicht mehr ganz soooo süß wie er immer war, aber der Rest war ja noch beim Alten, und der haute mich bei jedem Blick erneut vom Hocker, soweit ich auf einem Saß, sonst halt von den Socken ^^ Und wie schön seine Augen funkelten... das brachte die neue Frisur wiederum sehr gut zur Geltung. Da hatte der Frisör ganze Arbeit geleistet. Wir zahlten und machten uns dann auf dem Weg zum Terminal. An diesem befand sich schon eine lange Schlange Schlipse und Anzüge. Ungefähr in der Mitte eine Frau mit Kleinkind, davor ein Typ mit ziemlich langen Haaren und einem SEHR großen Koffer... davor wieder Krawatten und Fliegen... war heute die ganze Agentenbrigade aus Matrix unterwegs oder was. Nach einer halben Stunde Schlange stehen kamen wir endlich im Flieger an, hier war es schön warm und gemütlich, doch mir war irgendwie nicht ganz wohl in so einem Teil. Ich konnte nicht ganz glauben dass so ein Ding aus Eisen fliegen kann, deshalb war ich auch noch nie geflogen, dies war mein erstes Mal. Fliegen versteht sich, nicht was ihr denkt ^^ Wir schlummerten dann tatsächlich irgendwann ein, ich den Kopf auf Orlis Schulter und er den seinen auf meiner. Aber nicht lange, denn der Flug nach Heathrow dauerte vielleicht eineinhalb Stunden. Das reichte aber, um meinen Geist wieder auf die Höhe zu bringen. Auch zu Hause schlief ich oft mal eine halbe Stunde um wieder klar denken zu können. Danach ging’s mir immer viel besser ^^ Gähnend und die Glieder zu allen Seiten streckend schleppten wir uns aus der Maschine um unsere Koffer an der Gepäckausgabe einzusammeln. Orlis und meine zwei. Ich hatte vorsichtshalber mal mehr mitgenommen, man konnte ja nie wissen... vielleicht würde ich mich ja an einem englischen College bewerben und gleich bei Orli bleiben... England faszinierte mich eh schon immer. Die Kultur, die Leute, die Landschaft... nicht so langweilig und mit Beton zugepflastert wie in Deutschland. Die Engländer hatten irgendwie noch einen Schuss „Grün“ intus. Manchmal waren sie aber auch blau... aber das gehört woanders hin ^^ Ich folgte Orli in die Tiefgarage, wo viele Autos standen, alle auf gut gekennzeichneten Parkplätzen. Vor einem Auberginefarbenen Geländefahrzeug blieben wir stehen. „So, schmeiß deinen Koffer einfach hinten rein, wir haben eh nicht weit.“ Bemerkte Orli und ich warf meine Taschen einfach auf den Rücksitz oder vielmehr, die zurückgeklappte Rückbank, die in den Kofferraum überging, in dem sich allerlei Zeug befand, Plastiktüten und all so Kram. „Sorry, hier sieht’s aus wie in ner Müllhalde, ich hatte am Mittwoch keine Zeit mehr, aufzuräumen...“ Grinste Orli und gab mir ein Küsschen. Ich seufzte und rutschte im Sitz ein Stück nach unten. Überhaupt, das Auto kannte ich woher... ich hatte da mal so ein Bild gesehen, am Strand, mit Surfbrett... nach langem recherchieren hatte ich rausgefunden, dass das Vehikel von Toyota war und Landcruiser hieß. Na ja, eigentlich hatte ich es rausgefunden, als sich auf der Autobahn mal so ein Ding vor uns befand... (Anm.d.A.: so hab ich jedenfalls rausgefunden wie das Ding heißt...) Orli war ein ein bisschen gefährlicher Fahrer, ich hielt mich am Türgriff fest, aber es ging schon. So sind halt die jungen Hüpfer mit ihren PS – Protzen.. auch nicht viel anders wie die bei uns zu Hause. Irgendwann hielten wir vor einem Haus, das so gar nicht aussah wie die Holzhütte, die ich geträumt hatte, aber trotzdem irgendwie heimelig aussah. Orli stellte den Motor aus, grapschte sich seinen Koffer von der Rückbank, ich mir meine zwei und wir schlenderten hinauf zur Haustür. Drinnen roch es noch ziemlich neu, kein Wunder, das Ding stand ja auch noch nicht lange. Ich stellte meine Tasche im Flur ab und folgte Orli in die Küche. Die entsprach allerdings meinen Träumen, denn genau wie in ebenjenem befand sich in dem Raum eine riesige Küche, mit so einem Mittel – Einbau Ding, um das man komplett herumgehen konnte und das jede Menge Arbeitsfläche bot, ein riesiger Kühlschrank – der – wie ich vermutete – leer war, ein schöner großer Tisch in schwarzer Marmoroptik – ich klopfte darauf und durfte feststellen, dass es echter Stein war.... „Aaaalso...“ Begann Orli, und seine Stimme hallte durchs ganze Haus. „Das hier is meine Küche, dachte der Raum hier soll was besonderes werden, also hab ich alles ein bissel auf edel machen lassen – nicht dass du denkst ich will protzen, nein! Das hier is der Kühlschrank – hol dir was raus wenn dir danach ist, wer lange fragt geht lang irr...“ Ich grinste, der Kühlschrank war tatsächlich fast leer, eine Gurke, ein Salatkopf und eine Tüte Sojamilch befanden sich darin. „Du kannst dir auch im Supermarkt Eier und Zeug besorgen, wegen mir musst du nicht vegetarisch leben.“ Ich winkte ab. „Das is das wenigste, hab ich schon mal ausprobiert, schmeckt gar nicht so schlecht.“ Er führte mich weiter in einen noch größeren Raum in dem sich ein paar antike Möbelstücke und Deko – Sachen aus Hawaii und Neuseeland befanden. „Das hier is mein Wohnzimmer, hier stehen meine ganzen Mitbringsel aus Urlaub und vom Herr der Ringe – Dreh...“ – „Gemütlich... hier könnt ich's wirklich länger aushalten...“ Wir marschierten weiter. „Das is mein schönes Königsgemach... nein Schmarrn, Schlafzimmer. Such dir eine Seite aus, ich schlaf immer links oder rechts wie ich grad Lust hab.“ Ich setzt mich mal zur Probe aufs Bett, oh war das weiiiiich.... der lebte hier ja wie Gott in Frankreich... „Du, das is so weich, ich mag gar nimmer aufstehen..“ Orli grinste mich lieb an. „Du musst dir aber noch das Bad ansehen...“, nahm meine Hand und zog mich aus dem Bett. Während wir rübergingen ließ ich seine Hand nicht los, das fühlte sich einfach zu gut an. „Sooo, und hier die Nasszelle...“ Auch hier blieb mir der Mund offen stehen, denn es war wieder nahezu wie in meinem Traum, ebenerdige, sehr geräumige Dusche, wirkte ein bisschen orientalisch irgendwie mit den blauen Muster – Fliesen, aber es gefiel mir. „Du hast Geschmack, das muss man dir lassen...“ Meinte ich, als wir wieder nach vorn in die Küche spazierten. Mit einem „Danke.“ Nahm Orli mich in den Arm und wir küssten uns laaaange... „Willst noch schnell in den Supermarkt, was besorgen? Wir ham ja kaum was hier, ich will nicht dass du mir verhungerst...“ Kam es irgendwann von Orli hinter der Ecke, denn ich stand grad im Bad und möbelte mich ein bisschen auf, während er irgendwas im Wohnzimmer herumkramte, was einen riesigen Lärm veranstaltete. „Meinetwegen, aber ich will nicht dass du von einer Horde Teenies erkannt wirst... den Stress musst du dir wegen mir nicht auftun, ich kann auch mal einen Tag ohne was zu essen aushalten.“ – „Hör bloß auf und werd nicht so wie Kate.“ – „Nur keine Sorge, dafür schmeckt das Essen einfach zu gut...“ – „Dann is ja gut...“ Die Stimme befand sich nun direkt hinter mir, und jetzt umarmte er mich von hinten... „Mh.. jetz gehst du wohl zur Sache, nun da wir alleine sind...“ Grinste ich und küsste ihn. „Könnte schon sein...“ – „Jetzt hast du mich wie die Spinne in ihrem Netz gefangen... ich komm nicht mehr raus weil ich mich in diesem Land nicht auskenne...“ Ich schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn abermals. Scheißegal ob er die Spinne und ich die Fliege war, alles was hier zählte war die Liebe, und die war bei mir grade fast am Siedepunkt angekommen, fehlte nur noch dass wir ins Bett stiegen... aber dazu würde er mich vorerst nicht kriegen, ooooh nein! So leicht war ich nicht zu haben, da musste er schon schwerere Geschütze auffahren... Orli was tust du da... „He, ich hab dir schon mal gesagt, ich kenn dich noch nicht so gut...“ Er hatte grade sein Hemd aufgeknöpft, gaaaanz langsam... nun kam er wie ein Tiger zu mir aufs Bett gekrochen. „Warte nur, du wirst nicht anders können...“ hauchte er und machte sich über mich her. Ich konnte wirklich nicht mehr anders, mein Herz schlug mir bis zum Hals, mir war heiß als wenn mir die Sonne in der Sahara aufs Fell knallte... Orli verstand schon, was er da tat... er war ein Meister seines Fachs. Nachher lagen wir ziemlich erschöpft nebeneinander. Orli drehte sich zu mir und gab mir einen Kuss. „Na, war das jetz so schlimm?“ Fragte er mit einem kleinen Grinsen im Gesicht. „Du bist ein Schelm. Die Damen gleich am ersten gemeinsamen Tag schon zu vernaschen...“ Er grinste weiter, während ich seinen so perfekten Körper betrachtete... nicht ein Makel, keiner. Wie konnte jemand nur so perfekt sein? Er kam wieder zu mir herüber und wir küssten uns noch eine Weile. Heute brauchten wir sicher nicht mehr in den Supermarkt zu gehen, denn keiner von uns beiden hatte auch nur ein bisschen Appetit.. wie man so schön sagt, von Luft und Liebe leben... Er ließ mich den ganzen Tag nicht mehr los, ich berührte immer ein Stück von ihm. Es war so warm im Haus, dass er glatt oben ohne herumlief.... oh mein Gott, wie konnte mich jemand nur so schwach machen. Orli war nicht einfach nur ein Mann, er war verdammt noch mal ein Gott... Hatte ich schon erwähnt dass er mitten in der Großstadt einen Garten besaß? Nicht zu glauben aber wahr, denn am Nachmittag lagen wir draußen und ließen uns von der Sonne den Pelz bräunen. Orli hatte sich eingecremt und lag nun da wie eins dieser Playboy – Models... er hatte zwar nicht soooooo viele Muckis, aber es reichte, um ihn unheimlich geil aussehen zu lassen. Und am liebsten mochte ich ihn wenn er schön braun war. Das betonte seinen Typ besser, als wenn er so käsebleich war wie ein gewöhnlicher Engländer. Eine blasse Leiche mit braunen Augen? Neee danke! ^^ Irgendwann verschwand die Sonne aber dann hinter den Häusern und es wurde ziemlich kalt. So packten wir unsere Decken und gingen wieder ins Haus, wo es jetzt richtig schön warm und gemütlich war. Wir machten uns jeder noch eine Tasse Tee und sahen uns auf dem noch einen Film an. King Arthur mit Keira. Da konnte ich mich so richtig schön in Orlis Arme kuscheln, der Tee wärmte mich von innen, Orli von außen. So ging mein erster Tag in England friedlich zu Ende... Am Sonntag ließen wir’s ganz gemütlich angehen, schliefen bis kurz nach Mittag und Orli weckte mich mit ein paar Küssen auf... „Hey Süße, aufstehen... Frühstück...“ Ich merkte schon, dass ein Duft nach Brötchen in der Luft lag, aber in dem Moment erinnerte ich mich nicht an den Duft von Brötchen ^^ Ich roch einfach was, fand es gut, aber ich wusste nicht was es war, dann sah ich erst mal hoch und Orli direkt in diese wunderschönen großen braunen Augen... ich fiel gleich wieder zurück in mein Kissen, denn dieser Anblick haute mich um. Ich hatte eine Tonne Schmetterlinge in meinem Bauch, um mich drehte sich alles... hatte ich mich übernacht wieder in ihn verknallt?? Sah ganz so aus. Das würden wohl die wundervollsten zwei Wochen werden die ich je erlebt hatte. Ich nahm Orlis Hand, die er neben mir auf der Bettdecke liegen hatte. „Ich kann nicht aufstehen, sonst haut’s mich wieder um wenn du mich so ansiehst.“ Grinste ich ihn an und mir wurde schon wieder schummrig. Was er dann tat? Ganz einfach, er hob mich hoch und trug mich in die Küche.. nicht zu fassen oder? *grins* Mit einem langen Kuss bedankte ich mich für seine Abschleppaktion und goss mir dann Tee in meine Riesen –Tasse. „Hast du auch gern so große Tassen wie ich zu Hause?“ Grinste ich ihn an. Auch zu Hause trank ich am liebsten aus großen Humpen, das war ergiebiger als so ein kleines, normales Tässchen. Nur große Dimensionen machten bei mir großen Eindruck. Natürlich nur wenn’s um Tassen ging. Andere Details werden hier nicht ausgeplaudert ^^ Nach dem Frühstück saßen wir wieder draußen im Grünen, es war heute wieder so schön warm wie gestern. „Du, was hältst du davon, wenn wir zu mir nach Hause nach (Gott wie hieß das gleich wieder... ahja) Canterbury fahren? Dann lernst gleich mal meine Familie kennen, netter, bissel chaotischer Haufen, Sidi und Maude...“ – „Deine beiden Wauwaus, ich weiß. Du wohnst ja da gar net weit vom Strand, gehn wir uns noch das Meer ansehen? Ich war noch nie am Meer...“ Er legte den Arm um mich. „Können wir gerne machen, bissel am Strand relaxen, vielleicht sogar ins Wasser springen...“ – „Brrr... das is doch saukalt hier in der nördlichen Hemisphäre... ich geh da net rein, es sei denn du willst mich die nächsten zwei Wochen wieder gesund päppeln...“ Grinste ich und verpasste ihm einen Kuss. Ich bekam einfach nicht genug von ihm, er schmeckte so gut nach Tee... So gut, dass ich nicht mehr von ihm loskam, ich knutschte ihn mal wieder nieder. Er war wie Schweizer Schokolade, von der konnte man auch nie genug bekommen, man brauchte immer mehr, und mehr und mehr... irgendwann musste man dann feststellen, dass man zu viel gefuttert hatte und einem dann entweder schlecht war oder man sehr zugenommen hatte. Aber das konnte mir mit Orli ja nicht passieren, von dem würde mir mit Sicherheit nicht schlecht werden, und zunehmen, dafür würde ich schon sorgen dass das nicht passierte. *g* Wenn wir in zehn Jahren noch zusammen waren, würd ich’s mir vielleicht überlegen, aber jetzt noch nicht. Wieso hatte ich eigentlich solche Gedanken. Ich saß ihm immer noch gegenüber und wir sahen uns in die Augen. Wenn das nun wirklich ein Traum war, dann lass mich bitte nie wieder aufwachen!! Und ganz langsam näherten wir uns wieder... Bis wir mal loskamen war es fast 16 Uhr abends, oder Nachmittag, oder... ach egal, hieß auf jeden Fall, wir würden in Kent pennen. Als wir vor die Tür traten war es superwarm draußen, die Sonne brannte uns aufs Haupt, es hätte nicht schöner sein können. Wir mussten auch nicht weit laufen, weil Orli sein Auto direkt vor dem Haus stehen hatte... so gefällt mir das *g* In Canterbury selbst schien auch die Sonne, beinahe so als befände sich über ganz Europa ein Hochdruckgebiet das alle Wolken zur Seite schob... Ich streckte mich erst mal in alle Richtungen, sah mich um und hakte mich dann bei Orli unter, während wir zusammen auf sein Elternhaus zumarschierten. Dann kam plötzlich etwas Schwarzes um die rechte Hausecke geschossen und stürmte auf uns zu. Orli ließ mich los und ging in die Hocke, um das Schwarze Etwas zu empfangen. „Sidi! Ja, is ja gut, ich bin ja wieder da! Komm hör auf...“ Lachte er. Jetz fiel es mir wieder ein, er hatte ja zwei Hunde... und das hier musste wohl Sidi sein. „Is das eigentlich ein er oder eine sie?“ Fragte ich Orli und kniete mich auch zu dem Hund runter, der versuchte, mir das Gesicht zu lecken. Komisch, so ein freudiger Empfang obwohl er mich gar nicht kannte? „Sidi is ein Rüde... viele meinen fälschlicherweise, er wär ein Weibchen, weil sich Sidi so nach weiblich anhört...“ Grinste mir Orli zu und wuschelte gleichzeitig auf dem Kopf des Hundes herum. „Warum knurrt er mich eigentlich nicht an, er kennt mich doch gar nicht!“ Orli sah Sidi fragend an. „Ich weiß nicht, vielleicht riechst du schon wie ich...“ Na ja, oft genug in den Armen hatte er mich ja inzwischen... ein bisschen hing der Duft seines Parfüms noch in meinem Oberteil. He, das würde ich sicher nie wieder waschen! *Grins* Aber daran durfte ich jetzt nicht denken, denn wer wusste ob nach den zwei Wochen nicht Schluss war? Ach, egal. Sidi folgte uns dann zur Haustür, die Orli ganz vorsichtig öffnete. „Mom, bist du zu Hause?“ rief er ins Haus. „Ich bin hier drüben!“ Hörte man eine Frauenstimme, kurz darauf kam eine Frau um die Ecke, die ich etwa auf Mitte sechzig schätzte. „Orlando! Schön dass du mal wieder vorbeischaust! Sidi hatte schon Sehnsucht nach dir, sie ist letzte Woche schon mal fast ausgebüchst, gut dass die Nachbarin ihn noch halten konnte!“ Wir lachten. „Wer ist denn die junge Dame an deiner Seite?“ Ich sah verlegen zu Boden. Schwiegereltern waren immer so ne Sache, man musste sich gleich gut benehmen, sonst hatte man verspielt und zwei Feinde mehr... Orli grinste. „Das ist Marie, Marie, meine Mom Sonia.“ Wir gaben uns die Hand. „Freut mich. Du kommst nicht aus England hab ich so das Gefühl, oder?“ Ich packte mein bestes Schul – Englisch aus. „Nein, ich komme aus München, wir sind zufällig in der U-Bahn zusammengeprallt...“ Jetzt grinste sie. „Er hatte schon immer eine Vorliebe, Mädels aus der Ubahn gleich nach Hause zu schleppen, gell Orlando?“ Er tat ein bisschen verlegen. „Mom!“ – „Was denn, ich sag doch nur die Wahrheit...“ – „Wo sind Sam und Colin?“ – „Sam ist geschäftlich in Amerika, Colin müsste irgendwo hinterm Haus am Holzstapel zugange sein, der ist letzte Nacht mal wieder umgefallen... kennst ja seine Stapelkünste. Aber kommt rein, kommt rein, ich hab leckeren Kuchen gebacken!“ Stimmte, drinnen duftete es herrlich nach Kuchen. „Wollt ihr Kaffee oder Tee? Heiße Schokolade?“ Sie warf dabei einen Blick auf mich. „Nur Tee, danke!“ Wir setzten uns in die ein bisschen rustikal wirkende Küche und sahen Orlis Mom zu, wie sie einen Kuchen anschnitt. Sah aus wie Marmorkuchen, schmeckte auch so, nämlich vorzüglich. Da konnte sich meine Mom echt eine Scheibe von abschneiden! Nachdem wir gegessen hatten, wollte mir Orli sein Zimmer zeigen, sein ehemaliges. Jetzt stapelt sich die Fanpost drin, erzählte er mir, während wir eine Marmortreppe mit Eisengeländer hinaufstiegen. Auch hier war nicht viel anders als in meinem Traum. Die Treppe, das Haus... nun auch noch die Tür voller Reißnägel. Quietschend öffnete sie sich und wir betraten einen Raum, der nach abgestandener Luft roch und aussah wie eines dieser typischen Jugendzimmer. Schreibtisch, recht wacklig aussehendes Bett, ein großer Kleiderschrank... Und in einer Ecke stapelweise Umschläge und Zettel. „Oh mein Gott, da hast du ja ganz schön was zu tun...“ Grinste ich und setzte mich auf das knarrende Bett, während Orli die Tür seines Kleiderschranks öffnete und etwas zu suchen schien. „Du warst lange nicht mehr hier, der Luft in diesem Raum nach zu urteilen...“ bemerkte ich und überflog kurz ein paar herumliegende Briefe. „Ohgott, wann war ich das letzte Mal hier... letzten November?“ Grinste Orli und legte einen Stapel T-Shirts neben mich auf die Bettdecke. „Du willst was mitnehmen?“ – „Na ja, drüben hab ich nur meine Lieblingsshirts.. wird Zeit dass ich mal wieder was normales trage.“ – „Du kannst sowieso tragen, was du willst – du siehst immer gut aus.“ Er beugte sich zu mir herunter – das Bett war ziemlich nah am Boden – und küsste mich. „Danke...“ Super, jetz war es eh schon so heiß hier drin, jetzt war mir gleich auch wieder heiß... egal. „Die können wir ja derweil hier liegen lassen. Komm, lass uns runter gehen und nach Colin sehen. Vielleicht kann ich ihm beim Holzstapel helfen...“ Unten im Garten stand dann tatsächlich ein stämmiger alter Mann, vermutlich irgendwas gegen Ende sechzig und mühte sich an einem Stapel Holzscheite ab. Orli hob eines auf, und noch eines, bis Colin merkte, dass da jemand war. „Herrje, Orlando! Du hier?“ – „Hey Dad!“ Orli umarmte ihn erst einmal. Dann schaute Colin über Orlis Schultern hinweg und sah mich. „Na, wer ist denn die junge Maid die du bei dir hast? Ne neue Freundin, he?“ Er knuffte Orli in die Seite. „Au! Das ist Marie, wir ham uns in München kennen gelernt...“ – „Hallo, freut mich!“ Ich schüttelte auch Colin die Hand. „Und, wie lang?“ Fragte Colin dann. Orli sah in die Luft und schien nachzudenken. Was heißt, er dachte nach... „Vier Tage...“ – „Oha, na dann schau mal dass das auch so bleibt, die scheint mir ziemlich in Ordnung! Und ausnahmsweise mal keine Blonde...“ Er zwinkerte mir zu. Hatte der ne Ahnung dass ich ebenfalls blond war, es nur keiner wusste... Wir halfen Colin noch eben den Holzstapel mit aufbauen bis der wieder einigermaßen stabil stand und gingen dann wieder rein. (Anm.d.A.: verdammt, wieso zuckt mein Bildschirm so??) Es war inzwischen ziemlich dunkel geworden, na ja, sagen wir, es dämmerte stetig dahin. „Wo willst du heut überhaupt pennen?“ Fragte ich Orli dann. Das Zimmer schien mir nicht grade geeignet, denn das Bett war alt und reparaturbedürftig und sonst im Haus wusste ich nichts. „Unten am Strand haben wir eine kleine Hütte, dahin werd ich dich heute entführen wenn du magst... sonst können wir auch im Zimmer meiner Schwester übernachten, mach ich meistens wenn sie nicht da ist, denn ich hab Angst dass mein Bett zusammenbricht...“ Grinste Orli und stopfte ein paar Sachen in eine Stofftasche. „Es ist nicht weit, nur ein paar Kilometer. Ich pack dir ein paar warme Decken ein, drinnen können wir den Kamin anmachen oder draußen ein Lagerfeuer anzünden...“ Lagerfeuer, au ja, das war was, wofür man mich immer haben konnte. Das letzte war einfach schon zu lange her, damals war ich mit Jazzy, Mandy und ein paar anderen Leuten am Chiemsee Zelten. Wir haben Kartoffeln gegrillt und uns köstlich amüsiert. Etwas stubste mich. „Marie?“ Ich sah nach rechts. „Hm?“ – „Komm, wir fahren...“ Ich schulterte meine Tasche und folgte Orli hinunter zum Auto. Die Fahrt im Dunkeln kam mir ein wenig unheimlich vor, Nebel, Moos... als ob hier jederzeit an der Straße Zombies auftauchen würden... ich verdrängte den Gedanken und legte meine Hand auf die von Orli, die sich grade auf dem Ganghebel befand. Das gab mir schon ein besseres Gefühl. Mein edler Beschützer, der mich verteidigt... ich musste kichern bei dem Gedanken. Als wie wenn plötzlich ein Legolas aus dem Auto springt dann und den Zombie mit Pfeil und Bogen attackiert ^^ Außer einem beinahe – Zusammenstoß mit einem Bambi fiel aber nichts mehr vor auf der Fahrt zum Strand. So packten wir – schon ziemlich müde – unsere Sachen aus und stapften durch den Sand zu der kleinen Holzhütte am andern Ende des Strands. Orli sperrte die Tür auf, die sich knarzend und quietschend öffnete. Drinnen roch es nach Meer und Sand. Fühlte sich auch so an, denn unter meinen Füßen knirschten Sandkörner. „Hat Colin wieder nicht ausgefegt, als er letzte Woche hier war...“ ärgerte sich Orli und knipste das Licht an. „Ich schmeiß dich morgen raus, dann kannst du dir den Sonnenaufgang ansehen...“ Grinste er dann zu mir herüber, während er seine Tasche auf einen der Stühle warf, die an einem hölzernen Tisch standen und anscheinend aus den 70ern übrig geblieben waren. Der Bezugsstoff war mit Karos bedruckt... schrecklich. „Also, sollen wir noch Lagerfeuer machen? Ich hab noch ein bisschen Holz hier...“ Fragte er mich und warf einen Blick in die Ecke neben dem Kamin. „Oh ja, bitte... aber wenn du zu müde bist will ich dir das net auftun.“ Orli winkte ab und nahm mich von hinten in den Arm. „Für dich ist mir keine Arbeit zu viel.“ Ich neigte meinen Kopf nach hinten und gab ihm einen Kuss. „Du kleiner Charmeur...“ Zusammen trugen wir die Holzscheite vor die Hütte und Orli versuchte mit etwas trockenem Gras und Sägespänen, die hier rumlagen, ein Feuerchen zu entfachen. Das schließlich lichterloh brannte und uns mit wohliger Wärme versorgte. Orli hatte noch ein paar Kartoffeln aus Mama’s Küche mitgehen lassen, die wir jetzt – auf kleinen Ästen aufgespießt – über dem Feuer grillten und sie uns danach schmecken ließen. Irgendwie musste es dann gekommen sein, dass wir am Feuer einschliefen. Es war in der Nacht so warm, dass man es bequem auch ohne Decke aushalten konnte. Ich wachte allerdings irgendwann auf, weil ich etwas in den Büschen rascheln hörte, die den Strand einsäumten. Ein bisschen ängstlich sah ich mich um und griff mir den nächsten Stein, der neben mir lag. Zwei leuchtende Augen kamen auf mich zu und mich ergriff die Panik. Sollte ich Orli wecken? Hilfesuchend sah ich mich um, hatte aber nicht mehr als den Stein in meiner Hand und Orli in die Hütte zerren konnte ich alleine nicht schaffen. Ich musste ihn aufwecken. Sorry Orli!! „Wach auf Orli, da ist was!“ Flüsterte ich, schon fast gelähmt vor Angst. Ich hasste es normal, draußen im Dunkeln zu schlafen, weil ich Schiss vor wilden Tieren hatte... „Was ist denn..?“ Er drehte sich um und rieb sich die Augen. Ich deutete auf die Augen. „Mach dir wegen dem keine Sorgen...“ Gab er schließlich zu verstehen. „Katze...“ Grinste Orli. Ich ließ mich zurück in den Sand fallen und fühlte mich wie ein Idiot. „Sorry dass ich dich deswegen aufgeweckt hab...“ Orli zog mich zu sich hin und küsste mich. „Hey, lieber einmal zu viel als zu wenig. Und wenn Not am Mann beziehungsweise der Frau ist, zieh ich mein Elbenschwert und hack dem Monster den Kopf ab.“ Ich musste lachen. Dass er so spät Nachts noch solchen Humor hatte, das fand ich einfach klasse. Der ganze Kerl war klasse. Nun kam das „Monster“ immer näher und wir konnten tatsächlich entdecken, dass es sich um eine getigerte Katze handelte, die auf leisen Pfoten durch den Sand schlich. Orli lockte sie zu uns her. „Das muss die Katze vom Bauern oben sein, die schleicht hier öfter rum...“ Meinte er und kraulte die Mieze am Kopf, worauf sie zu schnurren anfing. „Jap, das ist sie, ich erkenn die Narbe am Ohr.“ Ich sah näher hin, das Kätzchen hatte einen Schlitz im Ohr, was auf eine wilde Rauferei schließen ließ, die sie nicht als Gewinner verlassen hatte. Ich streichelte das Tier ebenfalls, sie schien gar nicht mehr gehen zu wollen. Alles endete damit, dass wir wieder einschliefen, die Katze zwischen Orli und mir. Also wie weit kam es denn schon dass mir eine Katze meinen Kerl wegnahm? *g* Am nächsten Morgen stubste mich schon wieder etwas. „Man, hör auf mit deiner Stubserei...“ Gähnte ich und setzte mich auf. Das Lagerfeuer brannte wieder und über dem Meer stieg ein roter Feuerball empor. „Ah ist das schön...“ – „Sonnenaufgang über der Ostsee... war schon die Ostsee oder?“ Orli kratzte sich am Kopf. „Keine Ahnung, nennen wir es einfach Meer.“ Lächelte ich Orli an und kuschelte mich an ihn, um mich aufzuwärmen. Es war noch ziemlich kalt so früh morgens. Gemeinsam tranken wir erst mal eine schöne Tasse Tee, für die Orli in einem alten Topf über dem Feuer Wasser erhitzt hatte. Nein, kein Wasser aus dem Meer, so viel stand fest, denn sonst würde der Tee jetzt salzig schmecken. „Was ist eigentlich mit dir, hast du Urlaub oder wieso musst du heute nicht arbeiten?“ Fragte ich Orli. Der zuckte mit den Schultern. „Sieht so aus als hätte man kein Interesse mehr an mir...“ stand auf und klopfte sich den Sand von der Hose. „Das ist aber nicht gut. Was hast du eigentlich als nächstes vor?“ Fragte ich Orli, während ich unsere Tassen zusammenpackte und ihm in die Holzhütte folgte. „Mal sehen, ich hab da ein Angebot für einen very British Movie... wenn du verstehst was ich meine.“ Grinste er. Hatte ich schon gesagt dass ich den britischen Humor echt geil fand? „So in etwa, ja... ich bin gespannt. Wann geht’s los?“ – „Vorerst mal noch nicht, frühestens nächstes Jahr. Dieses Jahr sehen wir uns erst mal Drehbücher und lauter so Zeug an. Ich glaub nicht dass dich so was interessiert, ich sitz da nur da und lese...“ – „Na und, allein dich beobachten ist schon spannend genug...“ – „So, findest du?“ Kam es von unter dem Tisch. „Was suchst du da eigentlich.“ – „Hab nur die Mausefalle nachgesehen... das Biest will einfach nicht reingehen...“ – „Du Tiermörder...“ – „Na ja, ich hab sie ja nicht aufgestellt, das war Colin, und ich hab es längst aufgegeben, die immer wieder wegzumachen weil jedes Mal wenn ich wiederkomme eine neue dasteht...“ – „Trotzdem. Die arme Maus.“ – „Na ja, bevor ... eigentlich hast du Recht, komm, wir verstecken das Teil, bzw. entschärfen sie.“ Orli sah mich mit hinterlistigem Blick an. Was wohl Colin dazu sagen würde... Aber der musste es ja nicht erfahren. Orli nahm das Stück Mausköder aus der Falle und legte es daneben. Sollte sich das Mäuschen ruhig gütlich tun am Futter... wir packten unsre Taschen und machten uns auf den Rückweg nach Canterbury. Jetzt wo die Sonne schien, kam mir die Gegend nicht mehr ganz so unheimlich vor, obwohl sich trotzdem noch hie und da ein paar Nebelfetzen befanden. Leise öffneten wir die Tür von Orlis Elternhaus. Drinnen war alles totenstill, schliefen wohl noch alle. Sollte uns recht sein, so konnten wir ungestört abhauen. Orli hinterließ seinen Eltern noch einen Zettel auf dem Küchentisch, dass wir gefahren waren, holte noch seine Sachen von oben und packte sie ins Auto. Die Autobahn zurück nach London war gesteckt voll, irgendwann blieben wir im Stau stehen, weil vorne irgendwo ein Unfall passiert war... nicht lange drauf klingelte Orlis Handy. „Ja? Was? Ja, wir befinden uns grad im Stau... nicht dein Ernst.... oh mein Gott!“ Ich sah Orli besorgt an. „Was ist los?“ – „Sam, auf dem Weg nach Hause... der Wagen da vorne ist ihrer... und sie drin!“ Orli geriet in Panik. Zum Glück befanden wir uns auf der ganz rechten Spur, so konnte Orli rausfahren und den Wagen neben der Autobahn im Grün parken. Wir steigen aus und rannten nach vorne zur Unfallstelle. Vorne waren schon Feuerwehr, Polizei und Krankenwagen versammelt um ein zerquetschtes Auto. Orli drängte sich durch eine Menschentraube ganz nach vorne. „Was ist passiert?“ Schrie er voller Verzweiflung. „Ich vermute Sekundenschlaf, sie ist gegen die Leitplanke gefahren und hat sich überschlagen...“ Gab der Polizist zu verstehen, der neben Orli stand. „Es grenzt an ein Wunder dass sie überlebt hat...“ – „Lasst mich zu ihr, ich bin ihr Bruder!“ Gab Orli dann zu verstehen, keine Sekunde meine Hand loslassend. „Und wer ist das?“ Der Sanitäter deutete auf mich. „Meine Freundin, sie kommt mit wenn Sie nichts dagegen haben. Ich muss zu Sam!“ – „Orli, das Auto...“ – „Um das kümmre ich mich später, das is da erst mal sicher. Ich muss zu Sam!“ Orli rannte zu den Sanitätern nach vorne, die soeben eine ziemlich schwer verletzt aussehende Person auf einer Trage in den Krankenwagen beförderten. „Wo bringen Sie sie hin?“ – „London City Hospital...“ (Anm.d.A.: Angenommen es gibt so eins jetz einfach mal...) „Ich komme mit!“ – „Ja aber...“ – „Nichts aber.“ Gab Orli ein bisschen giftig zurück, sprang in den Krankenwagen und zog mich mit hinein. Die Fahrt schien ewig zu dauern, vorbei an den stehenden Autos voll mit Gaffern auf dem Standstreifen mit Blaulicht... „Sorry dass du das miterleben musst... ich hätt dir bessere Ferien gewünscht...“ Flüsterte Orli, der Verzweiflung nahe. Ich nahm ihn tröstend in die Arme. „Hey, das wird schon wieder. Und mach dir um mich keine Sorgen, ich hab schon schlimmere Sachen gesehen. Ich hab mal zwei Wochen Praktikum in einem Unfallkrankenhaus gemacht.“ Sam sah wirklich schlimm aus, eine große Platzwunde am Kopf, das Bein schien irgendwie gebrochen... na ja, ich erspar euch die Details. Aber die würden das sicher wieder richten und danach wäre sie so gut wie neu. Oh Orli... ich wünschte ich könnte was für dich tun!! Ich konnte nicht zusehen wie er da so mit gesenktem Kopf saß, todtraurig...Wir alle müssen Schicksalsschläge hinnehmen, aber warum traf es ausgerechnet Orli? Den bis jetzt liebsten Menschen den ich kannte?? Das war nicht fair. Ich kuschelte mich noch enger an Orli, um ihn wissen zu lassen, dass er nicht alleine war. Er nahm das offensichtlich wahr und hielt mich im Arm wie ein kleines Kind einen Stoffteddy, den es furchtbar gern hatte... ich fürchtete fast, er würde gleich zu weinen anfangen. Dann würde ich auch weinen müssen, denn Orli so traurig zu sehen stimmte mich auch traurig. Ich hatte damals schon fast geheult, wollte ihn in den Arm nehmen, als er in Elizabethtown da so halb heulend im Auto saß. Das hier war viel schlimmer. Nach einer schier endlos wirkenden Fahrt kamen wir am Krankenhaus an, die Sanitäter rissen die Tür auf und rannten mit der Trage in die Notaufnahme, wir hinterher. Drinnen herrsche helle Aufregung, sofort waren die Ärzte zur Stelle und untersuchten Samantha. Orli und ich saßen bang draußen vor der Tür und fanden keine Ruhe. Ich strich Orli immer wieder über den Rücken um ihn zu beruhigen. „Hey, die kriegen sie wieder hin. So schlimm sah das nicht aus. Glaub mir, ich weiß was ich da rede.“ Oje... Oh Orli... er sah mich mit tränennassen Augen an. „Marie, das ist meine Schwester... ich will nicht dass sie stirbt!“ Ich nahm ihn in den Arm, konnte nicht anders in dem Moment. „Du musst die Sache ganz nüchtern angehen, auch wenn der Schmerz noch so groß ist, ich weiß du bist ein Angehöriger, dir geht das näher als mir weil ich sie noch nicht kenne...“ In dem Moment öffnete sich die Tür des Behandlungszimmers und ein Arzt kam heraus. Seinem Gesicht nach zu Urteilen war alles weder gut noch schlecht. „Herr Bloom?“ Orli sah hoffnungsvoll zu dem Weißkittel auf. „Wie steht es um Sam?“ Fragte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Nun... Gehirnerschütterung, Platzwunde am Kopf, rechter Arm gebrochen und eine Oberschenkelhalsfraktur... alles in allem hat sie verdammtes Glück gehabt, keine inneren Verletzungen, keine Risse...“ Orli sprang auf und fiel dem Arzt um den Hals. „Danke!!“ Der Arzt konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Sie wird wieder in Ordnung kommen, doch wird sie ein paar Wochen hier verbringen und nachher zur Reha müssen, der Oberschenkelhals braucht seine Zeit...“ Dann fuhren sie das Bett mit Sam aus dem Raum und Orli blickte auf sie hinunter. Da lag sie, bleich und leblos, wie tot. Aber wir wussten, sie schläft nur. Wir folgten den Pflegern noch aufs Zimmer und merkten uns die Stations- und Zimmernummer. „Wann wird sie wieder zu sich kommen?“ Fragte Orli. „Nun, wir haben ihr erst mal ein Schlafmittel gegeben, damit der Schock sie nicht so trifft und Schmerzmittel... ich denke heute Abend, aber schauen Sie am besten morgen wieder vorbei, da wird sie wieder munter sein.“ – „Danke Doktor.“ – „Nichts zu danken, das ist mein Job... machen Sie sich nicht so viele Gedanken, sie wird wieder gesund.“ Er klopfte Orli ermunternd auf die Schulter und verließ dann den Raum. Wir betrachteten Sam noch einmal wie sie so dalag, an all die Maschinen angeschlossen und gingen dann. Ich ertrug den Anblick nun auch nicht mehr. „Wer hat dich da eigentlich vorhin auf dem Handy angerufen?“ Fragte ich Orli, als wir wieder in Notting Hill waren. „Ihr Mann... den haben sie wohl als erstes benachrichtigt... gut dass ich grade in der Nähe war...“ ganz zu vergessen, jemand war noch so nett und hat uns wieder zu Orlis Auto rausgefahren, das immer noch neben der Autobahn in der Böschung parkte. Orli holte nun erst mal das Telefon und rief Sonia und Colin an. Die waren natürlich alles andere als begeistert von den schlimmen Neuigkeiten. Wir würden morgen alle gemeinsam Sam besuchen kommen. Es war noch nicht wirklich spät, aber wir waren ziemlich geschafft von dem anstrengenden Vormittag. Immer noch ein wenig verloren dreinblickend saß Orli mit dem Rücken zu mir auf der Bettkante, den Kopf in die Hände gestützt. Ich kroch zu ihm hinüber und begann, ihm die Schultern ein bisschen zu massieren damit er sich entspannte. Er griff nach meiner rechten, drehte sich um und küsste mich. „Schön dass du da bist, alleine wär ich sicher verzweifelt.“ Ich strich ihm durchs Haar. „Hey, ICH bin froh dass DU da bist... zu Hause wär ich sicher gestorben vor Sehnsucht. Meistens passierts mir ein, zwei Tage nachdem ich einen Kerl getroffen hab dass ich mich total in ihn verknall... na gut, bei dir is das ja scho bissel länger...“ Grinste ich, was redete ich da! Orli deutete mir, nichts mehr zu sagen und küsste mich weiter. Mach weiter... es wunderte mich ja schon ein bisschen, dass er von einem Moment auf den anderen die Sorgen einfach so abwerfen konnte... vielleicht brauchte er jetzt einfach Zuneigung. Ging mir damals genauso als ich einen Riesenkrach mit meiner Mom hatte, ich weiß das hört sich für damalige zeiten skurril und völlig bescheuert an, aber ich hab mich damals wirklich an Orli „geklammert“, mir einfach vorgestellt, die Poster wären echt und geben mir die Nähe die ich brauche... so musste es Orli wohl grade auch gehen. Ich wär sicher auch nicht besonders erfreut darüber wenn meine Schwester einen Autounfall bauen würde... wobei ich nicht mal eine Schwester hatte. Ich zwang mich einfach, nicht mehr nachzudenken und nur noch die Küsse zu genießen... Am Dienstag fuhren wir mit Orlis Familie ins Krankenhaus, Sam besuchen. Sie war schon wach und sah schon ein bisschen besser aus, auch wenn ihr alle Knochen weh taten so wie sie uns das schilderte. Orli ließ mich keine Sekunde aus seinen Armen, weshalb Sam ein klein wenig grinsen musste als sie uns beide da so neben sich stehen sah. „Wir gehen zusammen aus wenn ich wieder fit bin, ja?“ Zwinkerte sie mir zu. Wir hatten uns in den zwei Stunden, in denen wir bei ihr im Zimmer waren, ziemlich gut angefreundet, Sam hatte es faustdick hinter den Ohren, was man ihr so gar nicht ansah. Sie war zwar bedeutend älter als Orli, aber im Geiste noch so etwa in seinem Alter, fand ich jetzt. Draußen rannte Orli auf einmal los und riss mich hinter sich her. Es war schon Richtung Abend und die Sonne ging langsam unter. „Komm, wir fahren noch eben auf den nächsten Hügel und sehen uns den Sonnenuntergang an...“ In der Tat hatte ich bemerkt dass hier die Sonnenuntergänge wunderschön waren, die hatten irgendwas magisches an sich. Leuchteten, als hätte man sie mit dem Textmarker gemalt. (Ihr wisst schon, diese Neonfarben) Irgendwie kam ich mir dann vor wie Claire Coleburn oder wie die hieß... wir saßen auf einer kleinen Bank hoch oben auf einem Huckel der den Blick nach Westen frei gab. Langsam sank die Sonne unter den Horizont, ich in Orlis Armen... das Leben könnte nicht schöner sein! Und ich konnte nicht aufhören, in diese Augen zu sehen, komisch warum mir das erst jetzt so auffiel, aber sein Blick fesselte mich einfach. Obwohl ich ja damals schon die Szene geliebt hatte im zweiten Fluch der Karibik, wo er nach dem K.O. auf dem Deck der Black Pearl liegt und die Augen wieder aufschlägt...Schade dass es irgendwann dunkel war und ich nichts mehr erkennen konnte außer Schatten. Wir tasteten und im Dunkel noch mal zueinander vor und küssten uns noch mal bevor wir, ein bisschen fröstelnd, wieder zurück zum Auto marschierten. Orli stellte die Heizung an, und so wurde es ganz schnell wieder gemütlich warm. Zu Hause knabberten wir noch ein paar Salzstangen und tranken noch eine Tasse Tee bevor wir uns in die Federn hauten. Was Orli morgen vor hatte? Ich weiß es nicht. Ich kuschelte mich in seine Arme und schlief selig wie ein Baby ein. Am nächsten Tag riefen wir Sam im Krankenhaus an um uns nach ihrem Zustand zu erkundigen. Sie meinte, der Gips juckt furchtbar, sie würde ihn am liebsten runterhauen. Außerdem fand sie das Krankenhausessen eklig. War mir damals nicht anders gegangen, ich hatte ja in der Kantine das selbe Essen vertilgen müssen wie die Patienten oben bekamen, von dem Kartoffelbrei bekam ich schließlich sogar Dünnpfiff. Ich hasste Krankenhausessen auch. Sonst ginge es ihr gut, ließ Sam noch verlauten und fragte nach wie es bei uns beiden so läuft *grins* Die Sam... Das wird spaßig wenn die erst mal raus aus dem Hospital ist. Aber das kann noch ein paar Monate dauern, dann muss sie erst mal zur Reha... na ja, ich wär ja sicher noch länger mit Orli zusammen. Was der grade macht? Ich weiß nicht... Ich lunste um die Ecke hinaus in den Flur, aber da war niemand zu sehen. „Orli?“ Mehr bekam ich nicht mehr raus, denn er hatte sich von hinten angeschlichen... „Irgendwann krieg ich noch einen Herzinfarkt...“ keuchte ich. Ich war echt ein bisschen nah am Kreislaufkollaps... wenn einem jemand von hinten kommt in den man unsterblich verknallt ist dann bringen die Schmetterlinge alles zum kollabieren... Ich reichte ihm schließlich den Hörer. „Dein Schwesterlein will noch eben mit dir telefonieren.“ Er nahm mir das Teil ab und ich löste mich aus seiner Umarmung um eben dahin zu gehen wo der Kaiser zu fuß hingeht (Danke Seren für diesen Spruch ^^) Als ich wiederkam hörte ich schon den Wasserkocher. Schon wieder Tee... na ja, es war fünf Uhr, und um die Uhrzeit pflegte der zivilisierte Engländer seinen Tee zu sich zu nehmen... Und diesmal kam ICH von hinten... ganz leise schlich ich mich an Orli an, der konzentriert den Wasserkocher anstarrte und sonst nichts bemerkte. Ganz vorsichtig schob ich meine Arme unter seine und kuschelte mich dann an ihn. Er fuhr erschrocken zusammen. *grins* „Hey, willst du dass ich n Herzinfarkt krieg oder was...“ Grinste er mich an. „Das selbe hast du bei mir vorhin auch fast fertiggebracht, Rache ist süß mein Lieber...“ Grinste ich zurück und küsste ihn. Orli nahm den Wasserkocher vom Aufsatz und goss die heiße Brühe in zwei Tassen in denen Teebeutel hingen. (Wie logisch, heißes Wasser mit Sojamilch schmeckt scheiße.) Und während der Tee zog, zog Orli mich an sich und wir küssten uns eine halbe Ewigkeit, so schien es... bis es mir irgendwann einschoss dass der Tee inzwischen wohl viel zu stark war... Ich probierte einen Schluck, ließ aber Orlis Hand dabei nicht los. Ich weiß nicht, aber ich brauchte immer Kontakt zu ihm, musste ihn fühlen um zu wissen dass er da war. Und außerdem verursachte das so ein richtig schönes Kribbeln in meinem Bauch. Hm... so schlecht war der Tee noch gar nicht, wir hatten uns wohl gar nicht so lange von ihm abgewendet wie wir dachten... Orli holte die Sojamilch aus dem Kühlschrank und füllte die Tassen damit auf. Natürlich nicht, ohne vorher die Teebeutel zu entfernen ;o) Wir setzten uns dicht nebeneinander an den Küchentisch und schlürften unsren fünf Uhr – Tee. „Was hast du morgen eigentlich vor?“ Fragte ich Orli und schmiegte mich an ihn. Der zuckte nur die Schultern. „Naja, Sam ist erst mal sicher aufgehoben, das dauert noch eine Zeit. Weiß nicht, ich hab grad keine Pressetermine... und hier isses ganz schön kalt..“ – „Hä. Hör auf um den heißen Brei zu reden, du brütest doch was aus, das seh ich dir an.“ Was hatte er vor. Ich hatte ja gehört dass er in L.A. noch ein Haus hatte und auf den Bahamas... wer hat, der hat... „Was is dir lieber, shopping in L.A. oder Südseeurlaub auf den Bahamas.“ Shopping wäre schon geil, aber 1. hatte ich kein Geld momentan und zweitens konnte ich es somit auch nicht in Dollars umwechseln. „Dann würd ich sagen Bahamas, ich mag Amerika nicht. Klimaschutz – Muffel die und Müllberge – Produzierer...“ Orli grinste mich zuckersüß an nachdem ich den Satz beendet hatte. „Ich weiß dass du n riesen Umweltschützer bist, keine Sorge. Wieso hast du ein Haus in Amiland wenn du eh so für die Umwelt bist, Amerika is doch der größte Luftverpester den es gibt...“ Orli sah mich fragend an, wohl eher fragte er sich selbst. „Ich weiß nicht. Is ganz praktisch wenn du mal Termine hast oder so, dann muss ich net dauernd ins Hotel, das nervt mit der Zeit auch wenn dir dauernd die Paparazzis nachrennen, so hast du ein Fleckchen wo du dich zurückziehen kannst und deine Ruhe hast...“ Ich kuschelte mich noch enger an ihn, weil ich grad so schön schwebte... Und Orli legte seine Arme um mich. „Na gut, dann werd ich nachher Tickets organisieren, dann fliegen wir morgen rüber.“ – „Denk dran, ich hab nur zwei Wochen Ferien... danach kriegen wir die Abi – Ergebnisse.“ – „Hey, und danach bist du frei...“ – „Ich weiß worauf du hinauswillst.“ – „Nein weiß ich nicht, sag.“ – „Dass ich mein Leben da drüben erst mal aufgeb und zu dir zieh...“ – „Keine schlechte Idee, aber du musst nicht wenn du nicht willst.“ – „Naja, ich werd halt erst mal meine Mom fragen... die wird sicher erst mal nicht begeistert sein, mir aber dann einen Arschtritt geben und sagen geh und leb dein eigenes Leben... ich kenn meine Mom schon zu gut. Und in dem Punkt muss ich dir irgendwie recht geben, mich hat England ja schon immer fasziniert irgendwie... coole Mentalität hier.“ Grinste ich. Bis auf den verdrehten Geschmack waren die Englishmen eigentlich voll okay. Und manchmal auch so wunderschön wie der in dessen Armen ich grade lag.. „Sollten wir nicht noch ein paar Sachen packen?“ Fragte ich, nachdem wir uns lange in die Augen gesehen hatten und ich fast ohnmächtig war. Orli streckte sich erst mal und überlegte dann. „Naja, ich hab mein Zeug eigentlich drüben, aber du solltest vielleicht schon deinen Koffer mitnehmen...“ Irgendwie war ich aber grade zu faul zum Aufstehen und küsste ihn, statt mich von der Bank zu erheben. Ich bekam einfach nicht genug von ihm... er war wie eine Droge, die abhängig macht und wegen der du immer wieder Rückfälle erleidest... doch von erleiden war hier nicht die Rede, ich weiß keinen Moment in meinem Leben, in dem ich mich je wohler gefühlt hätte als hier in Orlis Armen, keiner störte uns, nur die Küchenuhr tickte aber sonst war es totenstill im Haus. Ich hätte jetzt glatt einschlafen können, so friedlich war es hier. „Ham die Razzis noch nicht rausgefunden wo du wohnst?“ Kam mir so in den Sinn. „Komischerweise nein, aber es dauert sicher nicht mehr lang, so ein Haus wie meins übersieht man nicht so leicht... scheiße dass die Dinger so auffällig sind, aber was tut man nicht alles für Mutter Erde...“ Ich grinste. Innerlich wie äußerlich ^^ Zu Anfangszeiten war mir sein Umweltengagement ein bisschen auf den Geist gegangen, aber inzwischen war ich schon selbst fast so eine, und konnte verstehen wie er dachte. Dafür liebte ich ihn ebenfalls, für seine Bodenständigkeit, dass er anderen half und sich für Dinge einsetzte die sonst keinen interessierten. Orli war halt einfach... perfekt, mehr konnte man nicht sagen. Ich wusste nichts, was ich an ihm bemängeln hätte können. Wie kann man nur so verdammt perfekt sein... Doch es half alles nichts, ich löste mich aus seiner Umarmung und machte mich auf den Weg ins Schlafzimmer, um meine Utensilien zusammenzusuchen. Weit kam ich nicht, denn gerade als ich mich runterbeugte um meinen rosa Flauschpulli aufzuheben, der vor dem Schrank am Boden gelegen hatte, umarmte mich Orli schon wieder von hinten. „Lass mich doch mal in Ruhe einpacken...“ Doch daraus wurde nichts, ich klammerte mich an ihn und ließ mich aufs Bett schleppen. Widerstand zwecklos. „Hey nicht so hastig, wir haben Zeit...“ verlangsamte ich seinen Versuch, meinen Pulli auszuziehen, der daran scheiterte, dass der Knopf oben am Kragen noch zu war und ich das Ding somit nicht über den Kopf bekam. Tja, und mit Geduld kriegt man auch den schlimmsten Knoten auf... Dann wusste ich was mir die letzten Tage gefehlt hatte... mir hatte diese Nähe gefehlt, die man nur bekommt wenn man miteinander schläft... nicht als ich in der Küche in seinen Armen lag, das war auch schon zu unglaublich um wahr zu sein, aber das hier raubte mir den letzten Atem. Die Lästermäuler hatten nicht ganz unrecht gehabt mit ihren Gerüchten über den Sexgott... (Anm.d.A.: he, ich kann frei schreiben, is das wahr?! Keine Blockade! Supaaaa!!!) Und Orli vernaschte einen wirklich nach allen Regeln der Kunst. „Süßer, du hast echt was drauf...“ hauchte ich nachher, als wir ziemlich erledigt nebeneinander lagen. Orli grinste nur zufrieden. Ich drehte mich zu ihm hinüber und wir küssten uns noch einmal lange. Sehr lange. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)