Yami ni magirete von abgemeldet (Im Schutze der Dunkelheit) ================================================================================ Kapitel 1: Vertrauen -------------------- Wenn die ersten Rosen blühen 1. Kapitel: Vertrauen Langsam quälte sich Saga aus seinem Bett. Er konnte so viel murren wie er wollte, sein Wecker war unerbittlich. Er streckte sich noch einmal genüsslich bevor er aus seinem warmen Nest kroch und ins Bad schlich. Das Erste, was ihm an diesem Morgen auffiel war sein Spiegelbild, welches ihn verschlafen anblickte. „Na toll“, murmelte er entnervt, als er die dunklen Augenringe betrachtete, die sich in sein Gesicht gelegt hatten. Wann hatte er eigentlich das letzte Mal richtig ausgeschlafen? Er konnte sich daran nicht erinnern. Der Brünette spritzte sich noch etwas Wasser ins Gesicht und putzte sich rasch die Zähne. Er hatte nicht sonderlich Lust zu duschen, also schlurfte er, nachdem er genug Zahnpflege praktiziert hatte, zurück in sein Zimmer. Motzend quälte er sich in seine Schuluniform, schnappte sich seine Tasche und ging die Treppe hinunter in die Küche. Den Zettel, den seine Mutter für ihn geschrieben hatte, übersah er gekonnt. Soll die Schlampe doch bleiben wo der Pfeffer wächst. Schnell griff er nach einem Apfel, seinen Haustürschlüssel und verließ die Wohnung. Es war Anfang Frühling. Die Luft wurde wärmer und es blühten schon die ersten Blumen. Doch all dies bemerkte Saga gar nicht. Er nahm alles nur durch einen dichten Schleier war. Ihm war es egal ob die Vögel sangen oder ob der Rosenbusch schon die ersten Knospen trug. Er hatte durchaus andere Probleme zu bewältigen und träumend in der Weltgeschichte herumzulaufen würde ihm auch nicht dabei helfen. Nein, solch unwichtigen Sachen interessierten ihn nicht und seine kostbaren Minuten würde er nicht damit verschwenden, um daran zu denken. „Hey Saga!“ Der Angesprochene hob seine Hand zur Begrüßung. Shou, ein ziemlich quirliger, junger Mann und so ziemlich der einzige richtige Freund von Saga, reichte ihm seine Hand. Er saß auf dem Boden vor dem Schultor und war mal wieder sehr darin vertieft gewesen sich im Spiegel zu betrachten. Ja, so war Shou nun mal. Ihm war sein Aussehen sehr wichtig und das musste er natürlich auch in jeder freien Minute kontrollieren. Doch sobald Saga in seine Sichtweite gerückt war, packte er seinen kleinen Spiegel weg und wandte sich seinem besten Freund zu. Da konnte man sagen was man wollte, auf Shou war immer Verlass. Etwas weiter entfernt lehnten Nao und Hiroto an der Schulmauer und begrüßten ihn ebenfalls. „Was geht?“, fragte Nao, trat einen Schritt auf seinen Kumpel zu und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Nao war zwar nicht der Größte, jedoch hatte er eine sehr starke Ausstrahlung, die die Menschen jedes Mal aufs Neue überraschte. Er war ruhig und ernst, was ihm etwas sehr Beruhigendes verlieh. „Nichts, außer, dass meine Mutter nur am Trinken ist und das das Arschloch, was sich mein Vater nennt schon seit Wochen nicht mehr zu Hause aufgetaucht ist“, antwortete der Braunhaarige sarkastisch und ließ seine Tasche zu Boden fallen. Genervt pflanzte er sich neben Shou, der ihn besorgt betrachtete. Seit Sagas Eltern nicht mehr zusammenlebten, ging es bei seinem Kumpel nur noch bergab. Erst hatte sein Vater ihn und seine Mutter verlassen. Dadurch begann seine Mutter zu Trinken und zu allem Überfluss machte auch noch seine Freundin aus heiterem Himmel Schluss. Seitdem hatte er eine starke Verwandlung durchgemacht. Der sonst so fröhliche und laute Junge, wurde mit einem Mal ruhiger, bis er schließlich ganz verstummte und die Probleme in sich hineinfraß. Früher lachte er bei den kleinen Neckereien mit doch jetzt rastete er bei jeder Kleinigkeit aus. Selbst seinen besten Freunden fiel es von Mal zu Mal schwerer damit umzugehen. Während Nao ihn ernst aus seinen dunklen Augen anblickte, wuschelte ihm Hiroto durch das aufgehellte Haar. Hiroto war der Jüngste der kleinen Gruppe und auch sogleich der Lebendigste von ihnen. Er hatte immer etwas zu erzählen und ging den Anderen mit seinen vielen Geschichten, manchmal ziemlich auf die Nerven. Jedoch wusste er immer etwas, wie er seine besten Freunde aufheitern konnte, wenn es ihnen mal schlecht ging. „Komm Saga. Lass uns hineingehen“, sagte der Jüngere und zog den Größeren ächzend hoch. Entnervt blickte der Brünette in die fröhlich glänzenden Augen seiner Kumpels und seufzte auf. Egal was er jetzt sagen würde, es hätte keinerlei Wirkung. Hiroto hätte ihn so oder so mit sich gezerrt. Rasch konnte er noch nach seiner Tasche greifen als schon der Kleinere schnell die Hand der Älteren schnappte und ihn hinter sich her zog. Sofort begann er auch einer seiner Geschichten zu erzählen und grade als Saga ihn wütend unterbrechen wollte, tippte ihm Shou auf die Schulter und setzte ein verschmitztes Lächeln auf. „Keine Chance. Der hört nicht auf zu labern auch wenn du auf ihn einprügelst“, sagte der blonde Schönling grinsend und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ja ja, Shou hatte allen Grund eitel zu sein. Nicht nur das er auch so verdammt gut aussah, nein. Alle Mädchen der Schule standen auf den groß gewachsenen, schlanken Jungen der mit seinem frechen Lächeln ihnen den Atem raubte. Nao folgte ihnen schweigend und starrte Löcher in die Luft. Auch wenn der Älteste nach außen hin nicht so wirkte, er war dennoch sehr beliebt bei seinen Klassenkameraden. Nao war sehr hilfsbereit und verteidigte die Schwächeren. Jeder hatte Respekt vor ihm, denn jeder wusste, wer es sich mit Nao verscherzt, der hat die gesamte Schule gegen sich. Auch bei den Lehrern war Nao sehr beliebt, im Gegensatz zu Shou. Ihm war alles Andere wichtiger, als die Schule. Nur zu oft betonte er, dass er in der Schule nichts fürs Leben lerne, also müsse er wo anders etwas für seine Bildung tun. Und diese Bildung beschaffte er sich, indem er jedes Wochenende ein anderes Mädchen mit zu sich nach Hause nahm. Seufzend ließ sich Saga auf seinen Platz nieder, während Hiroto immer noch auf ihn einlaberte. Er wusste, dass der kleine Blondschopf es nur gut meinte, doch nun war endgültig Schluss. „Halt bitte endlich den Mund Hiroto!“, sagte der Brünette energisch, verschränkte seine Hände auf dem Tisch und bettete seinen Kopf darauf. Ja, er war sehr müde und den fehlenden Schlaf würde er sich jetzt in einen dieser ätzenden Schulstunden holen. „O…okay“, antwortete der Kleinere leise, setzte sich auf seinen Platz und schaute ab und zu traurig zu Saga. Es kam nicht oft vor, dass einer seiner Freunde ihn so anfuhr, wenn er mal wieder zu viel redete, doch wenn es soweit war, dann verkroch er sich lieber ganz schnell und starrte niedergeschlagen Löcher in die Luft. „Wird schon“, sagte Nao ruhig und wuschelte dem Jüngeren durch die Haare. Er schenkte seinen Freund noch ein ermutigendes Lächeln und begab sich auch sogleich auf seinen Platz. Ein neuer Schultag konnte beginnen. Rasch sprang Saga auf, nachdem die Schulglocke ertönte, packte seine Sachen zusammen und stürmte als Erster aus der Klasse. Er wollte bloß schnell raus aus dem stickigen Zimmer. Raus aus dem Käfig, wo er nicht der sein konnte, wer er wirklich war. Erst draußen vor dem Schultor, hielt er inne und rang nach Luft. Sachte massierte er mit seinen Fingern seine schmerzenden Schläfen. „Son Scheiß!“, fluchte er leise vor sich hin, als der Schmerz nicht nachzulassen schien. Nur wenige Sekunden später tauchten seine Freunde neben ihm auf und blickten ihn besorgt an. „Was ist los Saga? Schon wieder Kopfschmerzen?“, fragte Shou und blickte ihn ernst an. „Ja. Diesmal ist es sogar noch schlimmer“, presste er zwischen seinen Zähnen hervor. Besser konnte der Tag gar nicht mehr werden. Er sah beschissen aus und diese quälenden Kopfschmerzen würden auch nicht so schnell nachlassen. „Ich hab hier ne Tablette. Hilft gegen jegliche Schmerzen. Willst du?“, fragte Nao ruhig und hielt dem Jüngeren eine kleine Packung hin, die er grade aus seiner Tasche gekramt hatte. Dankend nahm der Braunhaarige sie an. Er konnte sich sehr glücklich schätzen, dass er solch gute Freunde hatte. Mit zitternden Händen friemelte er eine der kleinen Tabletten aus der Packung, schob sie sich in den Mund und nahm einen großen Schluck Wasser aus Shou’s Flasche, die er ihm hingehalten hatte, damit er das Medikament überhaupt runter bekam. „Danke“, sagte Saga und zwang sich zu einem Lächeln auch wenn es ihm durch die hämmernden Schmerzen in seinem Kopf schwer fiel. Dies bemerkten auch seine Freunde und Nao legte sogleich seine Stirn in Falten. „Sollen wir dich nach Hause bringen Saga? Du bist sehr blass“, stellte der Ältere fest und fuhr seinem Freund über die Stirn. „N… nein, geht schon. Ich schaff das“, antwortete ihm der Brünette und blickte seinen Kumpel lächelnd an. Er wollte seine Freunde nicht mehr unnötig belasten, den kurzen Weg würde er schon selbst schaffen. „Meinst du?“, harkte Shou noch einmal nach und wuschelte seinem Freund durch die Haare. „Jaaa. Wenn ich es euch doch sage. Mir geht’s schon besser“, versuchte der Braunhaarige seinen hübschen Freund zu beruhigen. Um diese Wirkung zu verstärken schenkte er ihm noch ein breites Lächeln. Anscheinend glaubte er ihm dies, denn er warf sich seine Tasche über die Schulter und setzte ein Lächeln auf. „Wenn du meinst. Naja, ich geh dann mal. Sehen wir uns morgen Saga?“, fragte der Blondschopf grinsend und knuffte seinem Kumpel in die Seite. „Ja, können wir machen. Ist ja schließlich Wochenende“, antwortete ihm sein Freund. Saga versetzte Shou noch einmal einen Schlag in die Seite. „Ich ruf dich noch mal an“, rief ihm der Schönling noch zu, nachdem sich der Brünette von seinen Freunden verabschiedet hatte und den Nachhauseweg einschlug. „Geht klar!“, rief Saga und bog auch schon bei der nächsten Kreuzung ab. Die Kopfschmerzen verschwanden langsam, doch dafür verstärkte sich das Schwindelgefühl und er verfluchte den heutigen Tag. Warum lief gerade bei ihm alles schief? Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und seufzte innerlich auf. Seine Mutter war um diese Uhrzeit immer zu Hause und vernebelte sich die Sinne mit Alk. Darauf konnte er jetzt getrost verzichten. Lieber zog er bis in die Nacht durch die Straßen, anstatt sich ihr Geheul anhören zu müssen. Es war ja schließlich ihre Schuld, dass ihr Vater sie verlassen hatte. Wäre sie nicht so krankhaft eifersüchtig gewesen, wäre ihr Ehemann auch nicht verschwunden. Langsam schleppte sich Saga durch die Straßen. Sein Magen knurrte, ihm war schwindelig und er wusste nicht wohin er gehen sollte. Blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als sich unter seine Brücke zu setzen und den Tag an sich vorbeiziehen zu lassen. Gemächlich machte er sich auf den Weg. Zu seinen Freunden wollte er nicht. Die machten sich dann nur unnötig Sorgen. Auf seinem Weg, zu seinem Platz kaufte er sich noch schnell etwas zu essen. Die Schmerzen waren schon längst vergessen. Langsam ließ er sich auf dem dreckigen Kissenpolster nieder, dass dort schon immer unter der Brücke lag, seit dem Tag, an dem er diesen Ort für sich entdeckt hatte. Seine Tasche und sein Mittagessen packte er neben sich. Saga schloss die Augen, lehnte sich gegen die kalte Backsteinwand und atmete tief ein. Jetzt musste er wohl oder übel darauf warten, bis seine Mutter gegen elf Uhr abends verschwindet um sich in irgendeiner Kneipe betrinken zu gehen. Sein Appetit war plötzlich verflogen, stattdessen nahm er lieber einen Schluck Wasser aus seiner Flasche. Die kühle Flüssigkeit rann seine Kehle hinunter und er fühlte, dass ein Gefühl der Frische ihn durchfuhr. Soll doch seine Mutter das ganze Geld versaufen, er konnte auch gut alleine leben. Der Braunhaarige stellte sein Getränk neben sich ab und kugelte sich auf dem dreckigen Polster zusammen. Sofort wurden ihm die Augenlider schwer und er fiel in einen unruhigen Schlaf. Saga schreckte plötzlich hoch. Es war bereits schon stockdunkel und ihm war unsäglich kalt. Zitternd sah er sich um. Er lag immer noch unter seiner Brücke, seine Habseligkeiten waren noch bei ihm und es goss wie aus Kübeln. „Na toll“, murmelte er entnervt, griff nach seinen Sachen und erhob sich ächzend. Rasch warf er einen Blick auf seine Uhr. Das Zifferblatt, welches durch das spärliche Licht einer Straßenlampe erleuchtet wurde, sagte ihm, dass es bereits nach 12 Uhr war. Hatte er wirklich so lange geschlafen? Schnell machte er sich auf den Weg nach Hause. Ihn schüttelte es als das kalte Wasser auf ihn niederprasselte. Ja, besser ging es nicht. Mit dem Blick zu Boden gerichtet, schlich er durch die kleinen Gassen. Zwischendurch kamen ihm ein paar zwielichtige Gestalten entgegen, doch sie schenkten ihm nicht mehr als einen abwertenden Blick. Er bog rechts in eine dunkle Straße ein, als ihm plötzlich etwas am Boden auffiel. Dort, unmittelbar in seiner Nähe, bewegte sich etwas und das war ganz bestimmt keine Ratte, wie er nach der Größe beurteilen konnte. Es war wesentlich größer und es bewegte sich geradewegs auf ihn zu! Nachdem er sich aus seiner Schreckensstarre lösen konnte, wich er schnell ein paar Schritte zurück. Was war das verdammt!? Saga war bereits bis auf die Haut durchnässt, doch er merkte schon gar nicht mehr, wie das eisige Wasser an seinem Gesicht runter lief. Er wollte nur noch eins wissen: Was war das dort am Boden? Er konnte bereits ein Keuchen wahrnehmen, so nah war ihm schon das „Etwas“. Ängstlich stolperte der Brünette zurück und fiel dabei rücklings auf einen Haufen von Kartons. Jetzt saß er nun endgültig in der Falle. Das Keuchen kam immer näher und Saga wimmerte ängstlich. Als ihn dann plötzlich etwas am Bein packte schrie er laut auf und versuchte das „Etwas“ von sich zu schlagen. „VERSCHWINDE!!!“, brüllte er angsterfüllt doch anstatt das es verschwand zog es sich an ihm hoch und sackte plötzlich auf ihm zusammen. Das Herz des Brünetten raste und er schrie immer noch, doch plötzlich erkannte er, dass das „Etwas“ ein Mensch war. Abrupt hörte er auf mit dem Gekreische. Er konnte grade noch so in der Dunkelheit erkennen, dass die Klamotten des Fremden blutgetränkt waren. „Ach du sch…!“, stieß Saga hervor. Der Typ schien schwer verletzt! »Was ist denn mit dem passiert!? « „H…hilf mir…“, keuchte plötzlich der Fremde auf und blickte dem überraschten Jungen direkt in die dunklen Augen. Schwach klammerte sich der Andere an die Jacke des Braunhaarigen. Eine Gänsehaut breitete sich auf der Haut von Saga aus, als er in die glanzlosen Augen des Verletzten blickte. Ohne groß darüber nachzudenken, was er da eigentlich tat, packte er den Fremden und zog ihn ächzend hoch. Er war größer als er und auch schwerer. Keuchend harkte er sich bei dem Anderen unter, dann legte den Arm des Größeren um seine Schultern und schleppte ihn keuchend zu sich nach Hause. Vorsichtig legte Saga den vor Schmerzen stöhnenden Fremden auf sein Bett. Erschöpft zog er sich seine blutbefleckten Klamotten aus und zog sich schnell seinen Trainingsanzug an. Er fühlte sich völlig ausgelaugt, nachdem er noch den Anderen 10 Minuten bis zu sich nach Hause schleppen musste. Warum hatte er das überhaupt getan? Er kannte den Jungen doch gar nicht. Doch egal was ihn dazu veranlasst hatte, er musste ihm jetzt auch helfen, wenn er ihn schon zu sich nach Hause gebracht hat. Stumm ging er auf sein Bett zu und setzte sich an die Kante. Schweigend betrachtete er den Jungen. Er war vielleicht etwas älter als er. Seine schwarzen Haare klebten an seinem Gesicht und seine Klamotten waren zerschlissen und blutig. Er schien sehr mager zu sein und sein Gesicht war rot und verschwitzt; anscheinend hatte er hohes Fieber. „Ich werde dir helfen“, flüsterte Saga, stand auf und begab sich rasch in die Küche. Dort füllte er eine Schüssel mit heißem Wasser und nahm sich noch einen Waschlappen mit. Danach ging er schnell ins Bad und durchwühlte alle Schubladen. Er fluchte leise, als er ihm die gesamte Schminke seiner Mutter entgegen kam, doch nur wenige Sekunden später schnappte er sich den Verbandskasten, der ganz hinten im Schrank versteckt lag und hastete zurück in sein Zimmer. Der Fremde lag immer noch auf dem Rücken, stöhnte leise und warf seinen Kopf hin und her. Langsam setzte sich der Brünette zu ihm aufs Bett und begann vorsichtig ihm die Klamotten auszuziehen. Ab und zu keuchte der Junge heiser auf, doch nicht ein Schmerzensschrei verließ seine Lippen. Schweigend wusch Saga ihm das angetrocknete Blut vom Körper und reinigte vorsichtig die Wunden. „Hast Glück gehabt. So tief sind die Wunden nicht“, sagte er und legte den Lappen beiseite. Als er dann nach dem Handgelenk des Fremden griff, zuckte dieser stark zusammen und zog es rasch weg. Etwas überrascht blickte ihn der Braunhaarige an. „Ich will dir nichts tun. Ich will dir helfen“, sagte er ruhig als ihn der Andere immer noch ängstlich anschaute. Irgendetwas in seinen Augen sagte Saga, dass dieser Junge sehr viele schlechte Sachen erlebt haben musste. Mit rasselndem Atem starrte ihn der Schwarzhaarige an. Nur zögernd hielt er ihm seinen Arm hin und schloss die Augen. Ganz sachte nahm der Brünette die Hand des Fremden. Vorsichtig verband Saga ihm den Arm und verarztete die kleineren Wunden mit Pflastern. Danach stand er auf, ging zu seinem Schrank und nahm sich eine Hose und ein T-Shirt raus. „Willst du das selbst anziehen oder soll ich dir helfen?“, fragte er den Fremden, nachdem er die Sachen auf das Bett geschmissen hatte. Schweigend betrachtete ihn der Junge aus seinen dunklen Augen heraus. Anscheinend wollte er nicht reden oder er konnte es nicht. Saga seufzte entnervt. „Reden willste auch nicht. Na gut. Deine Sache“, sagte er dann letztendlich, schnappte sich das Shirt und zog es dem Schwarzhaarigen über. Dieser steckte vorsichtig die Arme durch die Ärmel und starrte den Brünetten immer noch mit seinen ernsten Augen an. „Was guckst du denn so?“, fragte ihn Saga, als ihm die Blicke langsam nervten. Hatte er irgendwas im Gesicht oder warum glubschte ihn der Junge so an? Überrascht zuckte der Fremde zusammen und schaute schnell in eine andere Richtung. Er schluckte hörbar und ließ sich, ohne zu murren, weiter von Saga anziehen. „Willst du was essen?“, fragte ihn der Braunhaarige, nachdem er es geschafft hatte, dem Anderen die Hose überzustreifen. Ein Kopfschütteln folgte auf diese Frage und ein erneutes Seufzen auf der Seite Sagas. Konnte der Junge nicht endlich mit ihm reden? Einen Mund hatte er ja anscheinend. Etwas vor sich hinmurmelnd durchwühlte er den Verbandskasten und fand schließlich die Tabletten, die er gesucht hatte. Misstrauisch beäugte ihn der Andere als er nun aus dem Zimmer hastete und ein Glas mit Wasser holte. „Hier“, sagte Saga und hielt dem Schwarzhaarigen die Tabletten und das Glas unter die Nase. „Das musst du schlucken, dann geht dein Fieber weg.“ Tiefe Falten waren auf der Stirn des Größeren zu erkennen, während er immer noch misstrauisch auf die Tabletten schaute und letztendlich nur seinen Kopf schüttelte. „Sag ma! Bist du komplett bescheuert? Nimm die Tabletten! Das sind keine Drogen! Ich will dir nichts Böses und wenn ich es wollte, dann hätt ich dich auf der Straße sterben lassen und hätte dir noch mal zum Abschluss in die Fresse getreten du Idiot!“, motzte der Brünette aufgebracht wodurch der Fremde vor Schreck zusammenzuckte. Nur zögernd nahm er das Glas entgegen, doch anscheinend hatte er nicht einmal mehr genügend Kraft es zu halten, denn seine Hand zitterte so stark, dass Saga es ihm dann lieber schnell wieder aus der Hand nahm. „Kannst anscheinend nicht mal das“, murmelte er genervt und schaute den Jungen kopfschüttelnd an. Was war nur mit ihm passiert, dass er nicht einmal mehr ein Glas halten kann? Beschämt senkte der Andere den Kopf. Er zitterte am ganzen Leib und sein rasselnder Atem wurde schlimmer. Plötzlich hob Saga seinen Kopf an und zwang ihn in sein Gesicht zu sehen. „Mund auf“, befahl der Brünette und der Fremde tat wie geheißen. Artig öffnete er ihn und Saga schob ihm die Tablette in den Mund. Danach setzte er das Glas an den Lippen des Schwarzhaarigen an und flößte ihm etwas Wasser ein, damit er die Pille runterspülen konnte. Langsam stellte der Kleinere das Glas ab und schaute den kränklichen Jungen noch einmal an. Er wusste nicht warum, aber irgendwas war an ihm, was ihn schwer faszinierte. „Naja, am Besten ist es, wenn du jetzt schläfst. Falls was ist, dann ruf nach mir. Ich schlaf direkt neben dir auf dem Boden“, sagte er, richtete sich auf, nahm die Decke von seinem Bett und legte sie über den Schwarzhaarigen. „Mein Name ist übrigens Saga“, fügte er noch beiläufig hinzu und fuhr sich durch das bereits trockene Haar. Danach drehte er sich um, öffnete seinen Schrank, kramte einen Futon, eine Decke und ein Kissen hervor und breitete all das auf dem Boden aus. Er knipste noch schnell seine Nachttischlampe an, bevor er das große Licht ausschaltete und um zu seinem Schlaflager zurückzukehren. Laut gähnend legte er sich hin, warf die Decke über sich und streckte sich noch mal um die kleine Lampe auszuschalten. „Gut Nacht Fremder“, sagte Saga brummend und kuschelte sich in sein Kissen. „I… ich heiße Tora“, kam es plötzlich von dem Schwarzhaarigen schüchtern und so derart leise, sodass es sogar für den Braunhaarigen schwer war es zu verstehen. „Na nu? Kannst ja doch reden“, sagte er und lachte leise. Ein warmes Gefühl in seiner Magengegend breitete sich plötzlich aus und seine schlechte Laune war verflogen. Warum wusste er nicht. Er war einfach nur froh, dass ihm der Andere endlich seinen Namen genannt hatte. „Nun ja, dann gute Nacht Tora.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)