Feinde rettet man nicht... von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Feinde rettet man nicht...4 ~~~~~ Omi lag wütend in seinem Bett. Er war nicht nur auf Aya wütend. An seiner Stelle würde er wahrscheinlich genauso denken. Er war hauptsächlich auf sich wütend. Weil er keinen anderen vernünftigen Grund gefunden hatte, weshalb man Schuldig nicht umbringen sollte. Und das er Schuldig mochte, konnte er Aya nicht sagen. Der würde dann wahrscheinlich total ausflippen. "Omi? Kann ich hereinkommen?" "Hai." Ken würde ihn von der ganzen Problematik ablenken. Oder sie würden die ganze Nacht darüber reden und Omi würde froh sein, sich endlich ausgeredet zu haben. Aber wieder war da die Frage, ob Ken ihn verstehen würde. Eigentlich war das auch egal. Ken würde dichthalten. "Wie geht es dir?" "Beschissen. Ich habe ihn nicht gefunden." "Wen?" "Den Grund, weshalb er leben soll." "Doch, ich glaube du hast. Aber du willst es dir nicht eingestehen oder ihn nicht sagen." "Warum weißt du das nur immer?" "Ich fühle es. Sag ihn mir. Sag mir den Grund. Du weißt, ich werde dich nicht verraten. Sag ihn mir. Ich weiß nicht, ob ich dich verstehen kann, aber ich will es versuchen. Aber bitte sag ihn. Wir sind doch das, was man 'Beste Freunde' nennt." "Der Grund ist... also, ich... Nein. Ich muss anders anfangen. Ich habe mich heute mit Schuldig getroffen. Wir haben geredet. Das heißt, eigentlich hat er die meiste Zeit geredet. Ich habe dagesessen, zugehört, eingeworfen. Und ich glaube, Schuldig hat mir dabei ein Teil seines Inneren gezeigt. Ich habe angefangen, ihn als Schuldig, den Menschen zu sehen und nicht als Schuldig, unser Feind. Ich habe abgefangen ihn... zu..." "Zu was?" "Ich weiß nicht genau. Zu mögen vielleicht. Aber nicht so, wie ich dich, Yohji und sogar Aya mag. Nein, irgendwie anders. Ich weiß nicht so recht." "Denkst du an ihn, wenn er nicht da ist? Nicht nur heute. Vorher auch." "Ja. Seit ich... seit ich mich wieder..." "Red nur weiter. Ich höre zu." "Vor einiger Zeit habe ich etwas getan, was ich euch nicht erzählt habe. Erst konnte ich es euch nicht sagen, weil ich vergessen hatte. Aber nachdem ich mich wieder erinnert hatte, hab ich es auch nicht gesagt. Es scheint der Anfang der Sache zu sein." "Ich verstehe nicht." "Ich habe Schuldig gerettet." "Du hast was?" "Es war an einer Klippe. Wir haben gekämpft und plötzlich hing er am Abgrund und ich habe ihn wieder hochgezogen. Und als Gegenleistung hat er meine Erinnerung daran ausgelöscht. Aber es hatte nicht geklappt. In meinen Träumen kamen die Szenen immer wieder, bis ich mich wieder erinnert habe. Seitdem habe ich an ihn immer nur im Guten gedacht. Und gestern wollte er sich für mich opfern." "Schuldig wollte was?" "Ich muss einen Moment unachtsam gewesen sein. Farfarello war plötzlich da und wollte mich umbringen, da kam Schuldig und wollte ihn ablenken, damit ich abhauen konnte. Aya hatte übrigens Recht. Farfarello hasst Schuldig. Er wollte ihn auch umbringen. Und sollte die Situation irgendwann eskalieren, wird er es auch tun. Auf jeden Fall wollte ich erst nicht abhauen, aber da Schuldig versprochen hatte am Leben zu bleiben, hab ich es dann doch getan. Oh Gott, Ken! Ich habe Angst! Angst um Schuldig! Was ist, wenn Farfarello ihn umbringt? Ich glaube, das würde ich nicht aushalten. Ich... ich hab ihn doch gern..." Jetzt konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten. Schon eine ganze Weile waren seine Augen feucht gewesen und nun sah sich Ken mit der Situation konfrontiert, einen tränenüberströmten Omi vor sich zu haben. Er tat das einzigste, was in dieser Situation wirksam war. Er nahm ihn in die Arme und hielt ihn ganz fest. Langsam wiegte er sich und ihn hin und her. "Ich bin müde. Ich möchte jetzt gern schlafen." "Okay, dann geh ich wohl besser." "Nein. Bleib hier. Ich will nicht allein bleiben. Nicht heute. Du bist warm. So schön warm... Wenn du gehst, wird es wieder kalt. Bitte, bleib hier." "Na gut. Aber wenn du mich aus dem Bett schmeißt, weil du zuviel Platz brauchst, bin ich ganz schnell weg." "Danke." Sie legten sich nebeneinander auf das Bett. Omi umschlang den auf dem Rücken liegenden Ken wie einen großen Teddybären und war auf der Stelle eingeschlafen. ~Wie ein kleines Kind. So unschuldig und niedlich.~ ~Hai. So ist er.~ Ken erschrak. Hatte er eben Schuldig gehört? ~Hai. Ich bin es. Schuldig.~ ~Was machst du in meinen Gedanken?~ ~Aufpassen, dass dem Kleinen nichts passiert.~ ~Dir scheint wirklich etwas an ihm zu liegen.~ ~Ja. Schließlich ist er mein kleiner Engel.~ ~Dein kleiner Engel...~ ~Er hält mich am Leben. Aber...~ ~Aber was?~ ~Wenn mir nun doch etwas zustößt, dann will ich, dass du dich um ihn kümmerst.~ ~Ich?~ ~Ja. Dir liegt er mindestens genauso viel am Herzen wie mir.~ ~Er ist mein bester Freund. Mein einzigster...~ ~Ja.~ ~Schuldig?~ ~Ja?~ ~Was...~ ~Was mir zustoßen könnte? Ich könnte sterben. Einfach so.~ ~In unserem Beruf stirbt man nicht einfach so.~ ~Stimmt. Aber es ist doch so: Sowohl ich als auch du und er wissen, dass ich ein Mensch bin und irgendwann sterbe. Und das wahrscheinlich bald. Farfarello schleicht in seinem Zimmer herum wie der Tiger im Käfig. Aya hasst mich aufs Unermessliche. Beide wolle mich tot sehen. Je eher, desto besser. Und ich spüre, dass es immer weiter und schneller auf mein Ende zugeht.~ ~Du klingst wie ein alter Mann, der an einer unheilbaren Krankheit leidet.~ ~Alt... nein, alt werde ich nie. Das wusste ich schon immer. Als dreijähriger habe ich zu jeden in meiner Umgebung gesagt: Ich werde nicht alt. Ich werde jung sterben. Sie fragten mich warum. Wieso ich auf diese Idee käme. Da habe ich gelacht und gesagt, das wäre mein Geheimnis. Aber ich habe es ihnen dann doch verraten. Ich konnte nichts für mich behalten~ ~Und warum wirst du nie...?~ ~'Ich werde Berufskiller, weil ich dann jung sterbe. Dann kann ich ohne Falten und schön sterben.' Sagte ich immer. Sie sagten, wenn ich Berufskiller würde und jung sterbe, hätte ich meinen Beruf verfehlt. Wenn Berufskiller jung sterben, wären sie nicht gut.~ ~Du bist aber gut. Wieso glaubst du trotzdem, dass du bald stirbst?~ ~Ich glaube nicht. Ich weiß. Also tu mir bitte den Gefallen! Wenn ich sterbe, kümmer du dich um ihn und sag Omi, dass ich ihn gerne weiter beschützt hätte, aber es lag nicht in meiner Macht. Und sag ihm, dass... dass... ich ihn gern habe.~ ~Das sag ihm bitte vorher selbst.~ ~Ich werde sehen, ob...~ ~Nein. Du wirst nicht sehen. Du wirst es ihm so bald wie nur möglich sagen. Sonst werde ich gar nichts von dem sagen, was du...~ ~Okay, ich werde es ihm sagen. Aber nun muss ich fort. Auf bald, Ken.~ ~Ein seltsamer Kerl, dieser Schuldig.~ ~~~ "Crawford? Hast du Zeit?" "Eigentlich nicht. Aber für dich mach ich eine Ausnahme." "Danke. Ähm, ich mache mir Sorgen. Wegen Schuldig und Farfarello." "Aha. Und weiter?" "Ich wollt fragen, ob du vielleicht weißt, was dahinter steckt." "Schuldig hat es in der Vergangenheit nicht unterlassen können Farfarello zu reizen. Und der hat inzwischen genug davon. Das ist alles." "Aber warum reizt Schuldig Farfarello? Ich meine, das hat er vorher doch nicht getan. Jedenfalls nicht in solchem Maße." "Du hast einen Verdacht." "Ich denke, Schuldig will sterben." "Das wäre eine Möglichkeit. Vielleicht haben ihn die Drogen auch einfach nur komplett den Verstand vernebelt. Wäre ja nichts Neues." "Dir scheint es egal zu sein, was aus ihm wird. Dir scheint alles egal zu sein. Nur du bist dir wichtig. Du verdammter Egoist. Wie können wir dir nur egal sein?" "..." Wütend verließ Nagi den Raum und ließ Crawford allein zurück. "Ihr seid mir nicht egal. Du nicht und Schuldig auch nicht." ~Nur Schuldig lässt sich ja nicht belehren. Wie oft habe ich ihm gesagt, dass er Farfarello nicht reizen soll und er hat nicht auf mich gehört. Jetzt hasst ihn Farfarello dermaßen, das nicht einmal mehr ich etwas für ihn tun kann. Aber irgendwie scheint Schuldig wirklich sterben zu wollen. Ich glaube, ich muss dem auf den Grund gehen.~ ~~~ An der Wand hing ein Bild von Schuldig. Messer durchbohrten ihn zu Dutzenden. Wie Farfarello ihn doch verabscheute. Und endlich hatte er den wunden Punkt gefunden. Das es Omi sein würde, hätte er nicht gedacht. Dieser blonde Milchbubi. Andererseits musste es jemand sein, der so anders ist als Schuldig. Aber das half dem auch nicht vor dem Tod. Er musste sterben. Damit er selbst Schuldig leiden sehen konnte. Das war sein einzigster Gedanke, der ihn beschäftigte. Tag und Nacht konnte er an nichts anderes mehr denken. Omi umbringen, damit Schuldig litt. Und letzten Endes auch Schuldig umbringen. Oder beide gleichzeitig. Damit sie zusammen litten. ~~~ ~Wie kann er nur versuchen, Schuldig zu schützen? Schuldig hat meine Familie umgebracht und er sagt: Er ist ein Mensch.~ Aya verstand die Welt nicht mehr. Omi hatte sich noch nie gegen ihn gestellt und auf einmal, wenn es um seinen ärgsten Feind, dem Grund, weshalb er zu Weiß gekommen war, geht, spinnt der Kleine so rum. Was wäre, wenn es zu der Situation käme, in der er die Chance hätte, Schuldig umzubringen und Omi sich dazwischen dränge? Würde er nachgeben oder ohne Angst vor Verlusten, Schuldig umbringen? Was wäre, wenn er dabei Omi verletze? Vielleicht sogar tödlich? Das würde er sich nie verzeihen können. Auf seine Art war Omi ganz in Ordnung. Und das er sich jetzt widersetzte, kam doch nur, weil Schuldig ihn verfolgt hat und ihm so einen Scheiß erzählt, von wegen, er fände ihn attraktiv. Das konnte doch nie im Leben stimmen. Bestimmt hatte er ihn verfolgt, um mehr über Weiß herauszufinden. Schwachstellen aufdecken etc. Und als er entdeckt wurde, musste er sich halt schnell etwas ausdenken. So wird es gewesen sein und nicht anders. Er wusste, dass er so Omi verunsichern würde. ~Und dann gegen mich aufhetzen. Aber damit kommt er nicht weit. Ich habe ihn durchschaut. Jetzt habe ich noch einen Grund mehr, ihn zu hassen.~ ~~~ Der Bildschirm erhellte das Zimmer in einem sterilen Blau. Nagi saß vor seinem Computer und starrte die Zeichen an, ohne wirklich zu registrieren, was er da eigentlich vor sich hatte. Schuldig machte ihm immer noch Sorgen. Er hatte sich erhofft, durch ein Gespräch mit Crawford würde etwas Licht ins Dunkle kommen, aber dem war nicht so. Es schien sogar noch dunkler geworden zu sein. Wenn er nur wüsste, was der Grund für Schuldigs Verhalten war. Er machte sich wirklich Sorgen. Irgendwie mochte Nagi Schuldigs Art alles lockerer zu sehen und nicht ganz so streng zu sein wie Crawford und doch alles richtig zu machen. ~~~ Obwohl neben ihn eine attraktive junge Frau schöne Augen machte, rührte Yohji gedankenverloren in seinem Drink. Die Meinungsverschiedenheit zwischen Omi und Aya ging ihm nicht aus den Kopf. Ayas Standpunkt und Motive waren ja klar, aber Omi... Irgendetwas musste vorgefallen sein, dass der Kleine Partei für Schuldig ergriff. Vielleicht empfand Omi auch etwas für Schuldig. Anders als Aya war Yohji der Meinung, dass Schuldig die Wahrheit gesprochen hatte. Und wer weiß, was er Omi noch erzählt hatte. Wahrscheinlich war irgendwann der Punkt gekommen, an dem Omi sich in Schuldig... ~...verliebt hat. Ja, so etwas muss es sein. Auch wenn lieben vielleicht zu stark ausgedrückt ist. Aber in die Richtung muss es gehen.~ ~~~~~ OWARI Teil 4 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)