Minoru von lightnik (Seltsame Krankheit) ================================================================================ Kapitel 1: Blutroter Morgengrauen --------------------------------- Hi Leute! Ich arbeite schon sehr lange an dieser Geschichte und ich wollte sie nun endlich mal aufschreiben. Es würde mich freuen, wenn ihr mir eure Meinung darüber in Form eines Kommis sagt ^^ Die Geschichte spielt übrigens vor rund 1000 Jahren in Japan und beinhaltet verschiedene kleine Teile der japanischen Mythologie. Ich habe versucht, dieser Fantasy-Geschichte dadurch etwas mehr Realistik zu verleihen. Ich hoffe, sie gefällt euch! Freue mich schon auf eure Kommis! *** Das Licht der aufgehenden Sonne tauchte den Wald in ein Meer aus Rottönen. Eine große Lichtung, auf der sich ein Dorf befand, bildete eine Insel zwischen den hohen Baumkronen. Der weinrote Schleier der Morgensonne erweckte den Anschein, als stünden die mit Steinen beschwerten Strohdächer der Häuser in Flammen. Die kleinen Häuser ordneten sich in Gruppen um ein größeres Haus, das im Zentrum der Lichtung auf einem Hügel gelegen war – der Wohnsitz des Dorfherrn. Ein verirrter Lichtstrahl viel durch das Fenster eines Hauses, das, abgeschottet von den anderen, am Rande der Lichtung stand. Minoru zog, geweckt von der plötzlichen Helligkeit in seinem Zimmer, die Decke über den Kopf und grummelte verschlafen ein paar Flüche vor sich hin. Durch die halb offenstehende Schiebetür drang Wärme. Er seufzte, kroch unter der Decke hervor und blinzelte aus dem Fenster. Gähnend erhob er sich, wankte im Halbschlaf zu einer Wasserschüssel auf dem Tisch neben dem Fenster und spritze sich ein paar Tropfen Wasser ins Gesicht. Erfrischt, aber immer noch nicht ganz wach, schlüpfte er in seine Kleidung, die er am Vorabend wie immer unachtsam über den Stuhl geworfen hatte, und versuchte einigermaßen seine schwarzen, schulterlangen Locken zu ordnen. Noch bevor er die Tür hinter sich ganz geschlossen hatte, wurde er von einer vertrauten Stimme begrüßt: „Guten Morgen, Schlafmütze!“ Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass es sein Bruder Kazuya war, der ihn mit rußverschmiertem Gesicht angrinste. Minoru drehte sich um und nickte ihm gähnend zu. Es wunderte ihn nicht, dass Kazuya bereits die Esse angeheizt hatte. Seid ihr Vater verstorben war, hatten die beiden Brüder die Schmiede, die ihnen gleichzeitig als Wohnhaus diente, übernommen und waren auf sich allein gestellt. Kazuya war schon immer ein Frühaufsteher gewesen und wann immer Minoru morgens verschlafen aus dem Zimmer wankte, war sein großer Bruder bereits seid mehreren Stunden wach, um die Esse anzufeuern. Es war nicht immer leicht, doch die beiden taten alles, um die Arbeit ihres Vaters bestmöglich fortzusetzen. An seine Mutter hatte Minoru kaum noch Erinnerungen, er war noch sehr jung, als sie verstorben war. Kazuya ging es nicht anders, obwohl er drei Jahre älter war. „Die Kohle geht uns bald aus, könntest du heute ins nächste Dorf gehen?“, fragte Kazuya, während Minoru sich in die kleine Kochnische begab, die nur durch eine Trennwand aus Bambus von dem großen Schmiederaum getrennt war. „Klar, ich gehe gleich, wenn ich vom Dorfherrn zurück bin.“, antwortete Minoru und nahm einen halben Laib Brot aus einem Krug. Er schnitt zwei breite Scheiben ab, legte das Brot zurück an seinen Platz und begann, den kleinen Tisch für sich und Kazuya zu decken. Er hörte, wie Kazuya den Blasebalg betätigte, um das Feuer in der Esse anzuschüren. Gerade, als sich auch Kazuya an den Frühstückstisch setzte, klopfte es. „Ich geh schon.“, murmelte Minoru und spülte hastig die letzten Bissen mit einem Becher Wasser hinunter. Rasch eilte er zur Tür, obwohl er schon wusste, wer es war. Wie erwartet stand ein junges, hübsches Mädchen vor der Tür: lange, ebenholzfarbene Haare, blaue, freundliche Augen, etwa 16 Jahre alt, genau wie Minoru. „Yumi!“, Minoru lächelte und trat zu Seite. Minoru und Yumi waren schon immer die besten Freunde gewesen. Sie lebte bei ihrer Großmutter, die Dorfheilerin. Sie hatte sich, besonders nach dem Tod von Minorus Mutter, oft um die beiden Brüder gekümmert hatte, wenn ihr Vater keine Zeit hatte. Jetzt waren die beiden Brüder Waisen, genau wie Yumi. Vielleicht war das auch ein Grund für die besondere Verbundenheit zwischen den dreien. Verwundert registrierte er ein nervöses Schimmern in ihren Augen, als sie sich vor dem Eintreten noch ein Mal umsah. „Was ist los?“, fragte Minoru stirnrunzelnd. „Guten Morgen Minoru. Störe ich?“, sie schien seine Frage überhört zu haben. „Nein, wir essen grad. Willst du auch was?“, erwiderte Minoru und ging zurück in die Kochnische. Yumi folgte ihm und lehnte dankend ab. „Ah, Yumi! Dachte schon, du kämst heut gar nicht mehr. Du bist spät dran, was ist los?“, wollte Kazuya wissen. Offensichtlich war auch ihm Yumis Nervosität nicht entgangen. Das Mädchen setzte sich und spielte unruhig an ihrer Halskette. „Es ist…etwas passiert!“, platze sie nach einer kurzen Weile des Schweigens, in der die beiden Brüder sie neugierig ansahen, heraus. In Minorus lindgrünen Augen funkelte es auf und Kazuya beugte sich interessiert über den Tisch. „Wie ihr wisst geht es dem Dorfherrn zurzeit nicht so gut. Da Großmutter zu viel zu tun hat, bringe ich ihm öfters Heilkräuter und Salben. Jedenfalls kriege ich da auch so einiges davon mit, was da in seinem Anwesen passiert…Heute Morgen war ich schon früh dort, und eigentlich wurde ich auch bereits erwartet. Aber sie wollten mich einfach nicht reinlassen! Bevor sie mich wieder weggeschickt haben, konnte ich jedoch einen Blick ins Haus erhaschen. Da war eine Leiche!!! Es war ein junger Mann mit einer weißen Robe, deshalb wird es sich wahrscheinlich um einen Priester des Dorfherrn handeln. Er lag mitten im Eingangsraum und er hatte ein Messer im Rücken! Es sah so aus, als wäre er auf die Tür zugelaufen, als er erstochen wurde! Die Diener des Dorfherrn waren glaube ich gerade dabei, das Chaos zu beseitigen. Es hat sich schon rumgesprochen. Ich habe jemanden sagen hören, dass der Tote versucht haben soll, den Dorfherrn zu bestehlen und die Wachen ihn deshalb an der Flucht hindern wollten…“, Yumi schauderte. „Irgendwie komisch, oder? Ich frage mich, wieso ein Priester den Herrn bestehlen sollte…“ Die beiden Jungs schwiegen. Kazuya legte nachdenklich die Stirn in Falten. „In letzter Zeit geht’s da doch eh nicht mit rechten Dingen zu…Von dem Dorfherrn selbst sieht und hört man kaum noch was, dafür scheint sein Bruder immer Dinge für ihn zu übernehmen. Geht es ihm denn wirklich so schlecht?“, fragte Minoru. Yumi zuckte mit den Schultern. „Großmutter weiß nicht, was er hat. Keine ihrer Salben oder Kräutermixturen hilft wirklich.“, entgegnete Yumi ratlos. „Zerbrecht euch mal nicht den Kopf darüber. Er kommt sicher wieder auf die Beine! Und was den Toten angeht…nun ja, sicher werden wir im Laufe des Tages mehr darüber erfahren.“, sagte Kazuya schließlich und lächelte Yumi aufmunternd zu. Sie lächelte ebenfalls, wandte dann aber abrupt den Blick von ihm ab. Plötzlich wechselte Minoru das Thema: „Yumi? Brauchst du zufällig neue Kräuter oder so? Ich muss heute zum Markt ins Nachbardorf, und ich habe keine Lust, alleine zu gehen. Willst du mit?“ Yumi war im ersten Moment verwirrt von dieser unerwarteten frage, aber sie nickte. Kapitel 2: Zu viele Fragen -------------------------- Als Minoru aus der Tür ging und den kleinen Stall neben dem Haus ansteuerte, bäumte sich bereits wieder eine grauschwarze Rauchsäule über dem Schornstein auf. Yumi war schon gegangen, um noch einige Sachen für die kleine Reise ins Nachbardorf zusammenzupacken und eine Liste von den Dingen zu erstellen, die sie benötigte. Kazuya hatte danach kein Wort über den Vorfall, von dem Yumi erzählt hatte, verloren und konzentrierte sich stattdessen voll und ganz auf seine Arbeit. Minoru wusste dennoch, dass er darüber nachdachte – Kazuya machte sich häufig Gedanken um andere. Inzwischen hatte er den Stall erreicht und schob die Tür auf. In der kleinen Hütte befanden sich zwei Pferde, die Minoru mit aufgestellten Ohren ansahen und freudig schnaubten, als er den Stall betrat. Offensichtlich waren beides Stuten, die sich jedoch zumindest vom Äußeren her komplett unterschieden: Eine hatte strahlendweißes, die andere nachtschwarzes Fell. „Guten Morgen ihr zwei!“, sagte er und streichelte den beiden Tieren, die sich gemeinsam einen etwas größeren Verschlag teilen, sanft über die Nüstern. „Ich glaube, wir müssen dich mal wieder waschen, Hikari!“, murmelte Minoru lächelnd und rieb über einen braunen Schmutzfleck am Hals der weißen Stute. Dann wand er sich um und ging zur anderen Seite des Stalls, wo sich allerlei Dinge befanden: ein großer Haufen Stroh auf der einen Seite, auf der anderen verschiedene Werkzeuge, die, trotz ihres offensichtlichen Alters sorgsam und ordentlich nebeneinander aufgereiht an der Wand hingen, Sättel, Zaumzeug und schließlich ein mittelgroßer, zweirädriger Holzwagen mit einer Anspannvorrichtung für Pferde. Nun drang von draußen das Geräusch eines Hammers, der mit großer Wucht auf ein Stück Metall trifft, an Minorus Ohr. Es war zweifellos Kazuya, der gerade ein rotglühendes Stück Metall bearbeitet, um es anschließend wieder in der Esse aufzuheizen und den Vorgang solange zu wiederholen, biss es die gewünschte Form hatte. Minoru umfasste die beiden Stangen des Wagens, an die die Pferde gespannt werden sollten, und zog daran, bis er sich ächzend und unendlich langsam in Bewegung setzte. Als er das Fuhrwerk an den Pferden vorbeizog, wieherten sie amüsiert. Minoru warf ihnen einen ärgerlichen Blick zu. „Ja, ja, das gefällt euch, wenn die Menschen eure Arbeit machen, hm?“ Es klang nicht halb so ärgerlich, wie er es beabsichtigt hatte, er musste im Gegenteil sogar noch lächeln. Als er den Wagen rausgezogen hatte, kehrte er zurück, um die Pferde zu holen. „Gut, meine Damen, wer möchte zuerst?“ Die beiden Stuten schnaubten und verscheuchten ein paar Fliegen mit dem Schweif, blieben ihm die Antwort aber schuldig. „Bloß nicht drängeln! Also, Yami, du hast heute die Ehre!“, grinste er und präsentierte dem schwarzen Tier das Zaumzeug. Beim Klang ihres Namens, stellte die Stute aufmerksam die Ohren auf und trottete schließlich mit zögerlichen Schritten an Minoru heran. Kurze Zeit später standen Yami und Hikari auch schon vor dem Holzkarren und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Just in diesem Moment kehrte auch Yumi zurück. Eine große Tasche hing über ihrer Schulter, als sie bei Minoru ankam. „Da bin ich wieder. Stell dir vor, der Mordfall wird schon überall diskutiert!“, eröffnete sie. „Ach ja?“, Minoru warf einen Blick zum Dorfplatz. Tatsächlich schienen sich mehrere Menschen zusammengefunden zu haben, die aufgeregt gestikulierten. „Gibt’s irgendwas Neues?“, wollte Minoru wissen. Yumi zuckte mit den Schultern. „Offensichtlich handelt es sich bei dem Toten wirklich um einen Priester. Es hat sich wohl auch der Verdacht bestätigt, dass er unsern Herrn Sasuke bestehlen wollte. Er soll nachts unter irgendeinem Vorwand in Sasuke-samas Schlafgemach gegangen sein, jedenfalls stellten die Wachen zunächst nichts Ungewöhnliches fest. Dort soll er dann einige wertvolle Gegenstände entwendet haben, die er unter seinem Kimono versteckte. Sasuke schlief ja, also bemerkte er nichts. Aber sein Bruder, Itachi, wollte wohl noch mal nach ihm sehen und bemerkte, dass etwas fehlte. Da das schon kurz nach dem Diebstahl geschah, konnten die Wachen den Priester noch fassen, ehe er das Haus verlassen konnte. Der jedoch wollte fliehen, deshalb griffen die Wachen zu ihren Waffen…Das ist jedenfalls die Version, die Itachi verbreitet hat.“, erklärte sie. Minoru sah sie verwundert an. „Was meinst du mit "die Version , die Itachi verbreitet hat"?“, fragte er und hob eine Augenbraue. Yumi schnaubte abfällig. „Also wirklich Minoru! Jetzt sag mir doch mal einen guten Grund, wieso ein Priester den Herrn Sasuke bestehlen sollte? Er bekam, wie jeder Priester, doch wohl eine angemessene Entlohnung für seine Dienste und außerdem hätte er ganz andere Möglichkeiten gehabt, ihn zu bestehlen, als sich nachts in sein Zimmer zu schleichen!“ Minoru zuckte mit den Schultern und legte den Kopf schräg. „Zum Beispiel?“ Yumi seufzte. „Wie du ja weißt, war ich in letzter Zeit wegen Sasuke-samas Erkrankung häufiger dort. Ich habe mitbekommen, dass die Priester regelmäßig Reinigungsrituale durchführten, um den Dämon, der seinen Geist gefangen hält und ihm alle Kräfte raubt, zu vertreiben. Dabei darf niemand sonst anwesend sein. Sasuke-sama befindet sich in einem Fieberschlaf, aus dem er nur selten und immer nur für kurze Zeit aufwacht. Es wäre doch wesentlich unauffälliger gewesen, bei einer solchen Zeremonie etwas mitgehen zu lassen, oder?“ Minoru nickte, fragte sich aber zugleich auch, warum es nicht so sein sollte, wie Itachi anscheinend verkündet hatte. „Ich glaube, er will irgendetwas vertuschen!“, antwortete Yumi, ohne dass er die Frage laut gestellt hatte. Im ersten Moment sah Minoru sie verwirrt an, erkannte jedoch, dass seine Gedanken wahrscheinlich wie so oft in seinen Augen zu lesen war, wie in einem offenen Buch. Vielleicht kannte Yumi ihn aber auch einfach zu gut. „Etwas…vertuschen?“, Minoru runzelte die Stirn. Yumi rollte mit den Augen. „Ist das nicht offensichtlich?! Ist doch seltsam, dass niemand weiß, woran Sasuke-sama überhaupt erkrankt ist. Und dass nun sein Bruder immer mehr in den Vordergrund tritt. Und dieser komische Mord, also wirklich!“ Minoru sagte nichts, irgendwie kam ihm das übertrieben vor. Ein paar Atemzüge lang sah Yumi ihn durchdringend an, als könnte sie die Antwort auf all ihre Frage jetzt wieder in seinem Gesicht ablesen, seufzte aber schließlich nur resigniert. „Na ja…Vielleicht ist das wirklich etwas weit hergeholt.“, wieder hatte Minoru seine Meinung nicht laut ausgesprochen, und doch hatte sie seine Gedanken gelesen. Minoru lächelte ihr aufmunternd zu. „Ach komm, Kazuya hat Recht, lass uns nicht weiter drüber nachdenken. Wir müssen ohnehin los.“, sagte er. Sein Blick schweifte für einen Augenblick hinauf zur Sonne, wie um seiner Aussage noch einmal Nachdruck zu verleihen. Yumi nickte, warf ihre Tasche auf den Wagen und ging voraus. Kapitel 3: Erinnerungen ----------------------- Hay, Hay, da bin ich wieder ^-^ Bevor ich zum 3. Kapitel komme, möchte ich mich noch einmal an meine fleißigen Leser wenden: Ich freue mich sehr, dass ihr Minorus Geschichte mitverfolgt und hoffe, dass ihr das auch weiterhin tut ;D Außerdem möchte ich mich für eure Kommis bedanken, ich freue mich jedes Mal, wenn ich den roten Balken auf der persönlichen Startseite sehe, der mir mitteilt, dass ich ein Fanart-Kommentar erhalten hab -^^- In den ersten beiden Kappis habt ihr nun ein bisschen über die Situation erfahren: Der Dorfherr Sasuke ist schwer erkrankt und seitdem er nicht mehr in der besten Verfassung ist, tritt sein Bruder Itachi immer mehr in den Vordergrund. Außerdem scheinen seltsame Dinge im Haus des Dorfherrn vor sich zu gehen. In diesem Kapitel möchte ich mich aber erstmal einigen „familiären“ Dingen zuwenden, um euch einen besseren Einblick in das Leben und die Vergangenheit von Minoru und Kazuya zu geben ^^ Bis dann erstmal! Und viel Spaß beim Lesen! ^^ Ps: In diesem Kapitel taucht die Einheit „Fuß“ auf, das sind etwa 30cm ^.~ *** Kazuya wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Nur kurz glitt sein Blick zum Fenster hinüber, während er gleichmäßig auf ein längliches, rotglühendes Stück Metall hämmerte. Als er innehielt, um das Eisen erneut in der Esse aufzuheizen, zogen Minoru und Yumi gerade los. Er zog das Metall behutsam wieder aus der Glut und begann erneut, es mit dem Hammer zu bearbeiten. Nach und nach nahm es die Form einer Schwertklinge an. Die Fertigung eines Katanas bedurfte besonders viel Geduld und Können, man musste es wiederholt erhitzen, abwechselnd längst und quer falten und dann wieder mit dem Hammer bearbeiten. Dies dauerte mehrere Stunden, doch weil Kazuya schon früh mit der Arbeit begonnen hatte, war es nun fast fertig. Schließlich tauchte er es in einen Eimer mit kaltem Wasser, wo es sich dampfend abkühlte. Anschließend begutachtete Kazuya sein Werk noch ein Mal, um sich dann zufrieden auf einen Stuhl in der Kochnische sinken zu lassen und eine kurze Pause einzulegen. Die Luft war hier dank des Schornsteins über der Esse nicht ganz so rauchig. Kazuya trank einen kühlenden Schluck Wasser, der rußige Qualm von der Esse hatte seine Kehle ausgetrocknet. Seine bernsteinfarbenen Augen wanderten durch den Raum, bis sie an der gegenüberliegenden Wand hängen blieben. Ein trauriges Seufzen entwich seiner Kehle, als er das Schwert ansah, das dort aufgehängt war. Die Schwertscheide war aus einem dunklen Leder und sah sehr edel aus. Der kunstvoll gearbeitete Griff ließ vermuten, dass es ein besonderes Schwert war. Das war es auch, doch für Kazuya war es weitaus mehr, als das bloße Auge eines Außenstehenden erfassen konnte: es war das letzte, was den geschickten Schmiedehänden seines Vaters entsprungen war, bevor dieser starb. Obwohl es schon viele Sommer her war, erinnerte sich Kazuya noch genau an den Tag, an dem sein Vater Masao mit der Arbeit begonnen hatte: An jenem Morgen betraten drei junge Männer in prächtigen Lederrüstungen die kleine Schmiede. Selbst ihm genügte ein Blick um zu wissen, dass sie der Garde des Dorfherrn angehörten. Masao begrüßte die drei Krieger sehr respektvoll. Einer von ihnen, der größte und muskulöseste von allen, trat hervor und beauftragte Masao mit der Anfertigung eines Schwertes. Wie Kazuya hinterher erfuhr, handelte es sich um den Hauptmann der Garde. Er schilderte Masao genau, welche Eigenschaften das Schwert haben sollte: es sollte etwa 2 ½ Fuß lang und 1/3 Fuß breit sein. Der Griff sollte gut in der Hand liegen und die Klinge sollte eine besondere Gravur bekommen, damit das Schwert eines Hauptmanns würdig sei. Kazuya erinnerte sich, dass sein Vater viele Tage daran gearbeitet hatte und sogar mehrmals Verbesserungen vornehmen musste, um es zu perfektionieren. Doch er sollte umsonst all die Mühe aufgebracht haben, denn als das Werk vollendet war, erfuhr Masao, dass sein Auftraggeber in einem Kampf gefallen war. Doch es war nur einer von vielen Kämpfen, die zur damaligen Zeit wüteten, Kämpfe zwischen Menschen und Dämonen. Die Dämonen fühlten sich von den Menschen, deren Dörfer mehr und mehr Wald verschlangen, verdrängt und gefährdet. Einzelne Klans griffen deshalb immer wieder Dörfer an, doch oft konnten sie gegen die Waffen der Menschen nur begrenzt etwas ausrichten. Viele Dämonen, aber auch Menschen, fielen den Schlachten zum Opfer – wie auch Kazuyas und Minorus Mutter. Sie war umgekommen, als eine Gruppe von Dämonen das Dorf überfiel. Die Garde des Dorfherrn konnte sie zurückdrängen, ehe sie das komplette Dorf verwüstet hatten, doch es gab viele Verletzte und Tote… Kazuya schüttelte den Kopf, um die grausamen Gedanken und den stechenden Schmerz, der sich in seiner Brust ausbreitete, zu verdrängen. Er, Minoru und Masao waren nur knapp entkommen…Bis heute fragte er sich, wieso die Götter ausgerechnet ihm seine Mutter genommen hatten. Wie dem auch sei, änderte sich mit dem Tod des Hauptmannes, der sein Schwert nie bekommen hatte, vieles. Der Dorfherr Sasuke, der schon damals für seine Friedfertigkeit bekannt war, konnte das sinnlose Töten nicht mehr mit ansehen und handelte deshalb einen Pakt mit den Dämonen aus, die in diesem Wald lebten: Beide Seiten würden die andere weder angreifen, noch in anderer Form einschränken. Die Menschen würden aufhören, auf die Dämonen Jagd zu machen und die Dämonen würden keine Dörfer oder Reisende mehr überfallen. Doch für Masao, Kazuya und Minoru kam dieser Vertrag zu spät... Der Stuhl fiel beinahe um, als Kazuya sich ruckartig erhob. Sein Zeige- und sein Mittelfinger wanderten zu dem roten Tuch, das seine Haare vor den Flammen schützte, wenn er arbeitete. Es war ein Geschenk seiner Mutter gewesen, denn als er seinem Vater im Alter von 8 Jahren wiedereinmal neugierig bei der Arbeit zugesehen hatte, war er den heißen Flammen der Esse zu nahe gekommen und hatte sich die schulterlangen, schwarzen Haare angesengt. Ein trauriges Lächeln huschte über seine Lippen. Dann setzte er die Arbeit fort… Kapitel 4: Unheimliche Begegnung -------------------------------- Leise quietschend bewegte sich der Wagen fort, während Minoru und Yumi einem breiten Pfad folgten. Rechts und links des Weges drängten sich große Bäume, die sich im Wind flüsternd zu einander hinüberlehnten. Weder Minoru, noch Yumi war sehr gesprächig, beide schienen in Gedanken vertieft zu sein. Allmählich wurden Stimmen und diverse andere Geräusche, wie das Wiehern von Pferden, lauter. Minoru schaute auf. „Wir sind gleich da!“, stellte er fest und beschleunigte seine Schritte etwas. Yumi zog wortlos mit den Zügeln der Pferde in der Hand nach. Schon von weitem konnte man die Magdschreier hören, die ihre Waren anpriesen. Minoru nahm Yumi die Zügel aus der Hand und reichte ihr ihre Tasche vom Wagen. „Ich schlage vor, dass wir uns trennen und später wieder hier treffen. Mit dem Wagen wird es schwierig, durch die Menschenmengen zu kommen, ich werde außen herum gehen. Der Köhler befindet sich eh am Rande des Marktplatzes.“, erklärte Minoru. Yumi nickte. „Einverstanden. Ich werde mich beeilen, aber Großmutter hat mir eine ziemlich lange Liste mit Kräutern mitgegeben, die ich besorgen soll. Es wird nicht leicht sein, die alle zu finden.“, sagte sie und fischte eine Rolle aus Bambuspapier aus der Tasche, die mit fast unleserlichen Zeichen beschrieben war. – „Gut, ich werde hier warten, falls du später kommst. Bis dann!“ Es dauerte nicht lang, bis Minoru Yumi in dem unübersichtlichen Gewimmel aus Menschen und Tieren verloren hatte. Da Markttag war, war es besonders voll. Die Pferde schnaubten leise und beobachteten das unruhige Treiben auf dem großen Platz, während Minoru sie an diversen Ständen und Häusern vorbeiführte. Es bedurfte schon ein wenig Geschick, um sich zwischen all den Leuten hindurchzuzwängen. Schnell huschte Yumi an den Stoffhändlern vorbei, vor deren Ständen sich eine große Traube von Frauen gebildet hatte, umging geschickt die Obst- und Gemüsehändler, die am lautesten für ihre Waren warben und ließ auch jene hinter sich, die Hühner, Esel und etliche andere Tiere zum Verkauf anboten. Doch gerade, als sie an den Tierhändlern vorbeigelaufen war, verhinderte ein Stau das weiterkommen. Yumi konnte nur einen kurzen Blick auf das Problem erhaschen: Der Wagen eines Reishändlers war beschädigt, offensichtlich war ein Rad unter der Last gebrochen. Sie verdrehte die Augen und hielt nach einem anderen Weg Ausschau. Da fielen ihr zum ersten Mal die drei Gestalten auf, deren Verkaufswagen neben den Tierhändlern stand. Alle drei waren von ausnahmslos unheimlichen Erscheinungsbild: blasse Gesichter mit dunklen Augenringen und Bartstoppeln, müde, unfreundliche Augen, ungekämmtes Haar und ein irgendwie gemeines Lächeln. Ein kalter Schauer lief Yumi den Rücken runter und wieder hinauf, als sie sah, dass sie Tierfelle verkauften. Ihr war klar, dass auf jedem Markt Tierfelle verkauft wurden, genau wie Obst oder Fleisch. Yumi war immer tierlieb gewesen, aber sie wusste natürlich, wie notwendig Felle waren, besonders im Winter. Jedoch konnte sie beim Anblick dieser Männer einen Ekelreiz nicht unterdrücken. Sie konnte regelrecht sehen, wie sie die armen Tiere zur Strecke brachten, um ihnen das Fell abzuziehen. Doch da war noch etwas anderes, das sie störte, doch sie wusste noch nicht genau, was es war. Plötzlich bemerkte sie, wie einer der Männer den Kopf in ihre Richtung drehte – wahrscheinlich war ihm ihr entsetzter Gesichtsausdruck aufgefallen. Schnell wandte sie den Blick ab und drängte sich weiter durch die Menge. Yumi seufzte erleichtert, als sie den Wagenstau – und vor allem auch die Fellhändler – hinter sich gelassen hatte und endlich das kleine Haus erreichte, in dem sie und ihre Großmutter immer ihre Einkäufe machten. Als sie die Tür öffnete, schlug ihr sofort der angenehme Geruch diverser Kräuter entgegen. Der Ladenbesitzer, ein alter, freundlicher Mann, lächelte sofort, als er Yumis Eintreten bemerkte. „Ah, Yumi! Wie schön, dass du mal wieder vorbeischaust!“, begrüßte er sie mit seiner rauen, freundlichen Stimme. Yumi erwiderte das Lächeln. „Ja, ich war lange nicht mehr hier.“ Der alte Mann nickte und trat näher an sie heran – er war fast einen ganzen Kopf kleiner als Yumi. „Was kann ich für dich tun?“, wollte er wissen. Yumi begann, ihm die Liste vorzulesen, wobei sie jedes Mal wartete, bis der Ladenbesitzer das Gewünschte auf einen großen Tisch stellte. Schließlich waren alle Wurzeln, Kräuter, Samen und andere Dinge zusammengetragen und Yumi verließ das kleine Haus wieder. Ihre große Tasche war mittlerweile ziemlich schwer geworden – kein Wunder, sie war ja auch randvoll gefüllt. Es hatte länger gedauert, als Yumi erwartet hatte und so eilte sie schnellen Schrittes zurück über den Marktplatz, um Minoru nicht allzu lange warten zu lassen. Sie ertappte sich dabei, wie sie nach den unheimlichen Fellhändlern Ausschau hielt. „Diese Kerle waren doch bestimmt keine gewöhnlichen Händlern…Aber immerhin scheinen sie jetzt weg zu sein…“, dachte sie, als sie das Ende des Platzes erreicht hatte. Kurz darauf entdeckte sie Minoru, der an einem kleinen Brunnen abseits des Marktplatzes die Pferde tränkte. Der Wagen war mittlerweile mit großen Säcken beladen, in denen sich die Kohle befinden musste. Als Minoru Yumi bemerkte, winkte er ihr zu. „Tut mir leid, es hat etwas länger gedauert. Es war so voll, gar nicht leicht, da durch zu kommen!“, entschuldigte sich Yumi. „Kein Problem, ich warte noch nicht so lange. Hast du alles bekommen?“, fragte er. Yumi nickte und lud ihre schwere Tasche auf der letzten freien Stelle des Wagens ab. Auf dem Rückweg erzählte Yumi von den unheimlichen Händlern, die ihr aufgefallen waren und auch davon, dass ihr an ihnen irgendetwas seltsam vorkam. „Was meinst du mit seltsam?“, wollte Minoru wissen und hob eine Augenbraue. Yumi zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht…Ich hab sie ja nur kurz gesehen, aber ich hätte schwören können, dass sie nicht nur Rehfelle verkauft haben…“, murmelte sie. Minoru runzelte nun noch verwirrter die Stirn, beließ es aber bei dieser Antwort und erzählte ihr stattdessen, wie sein Aufenthalt beim Köhler verlief. Alles in allem nichts Spektakuläres. Als sie wieder an der Scheune ankamen, von der sie aufgebrochen waren, stand die Sonne schon tief am Himmel. Häuser und Bäume warfen lange Schatten auf den Boden, während Yumi Minoru half, die Pferde abzuspannen. Als Kazuya bemerkte, dass die beiden wieder da waren, lief er nach draußen, um Minoru beim Abladen der schweren Kohlesäcke zu helfen. Nachdem die Pferde wieder in ihrem Stall und der Wagen und die Säcke wieder verstaut waren, bot Kazuya Yumi noch eine heiße Tasse Tee an, die sie nach diesem anstrengenden Tag dankend annahm. Yumi genoss es, die Unruhe des Tages mit dem gut schmeckenden Getränk hinunterzuspülen und endlich wieder zu sitzen. Während sie gedankenverloren aus dem Fenster blickte, zeigte Kazuya Minoru das noch unfertige Katana und erzählte ihm von einem neuen Auftrag. Plötzlich glaubte Yumi, drei verschwommene Gestalten am Waldrand im Zwielicht der untergehenden Sonne wahrzunehmen… Kapitel 5: Wilderer ------------------- Oje, Oje, da hab ich ja was angefangen x.x Bis jetzt war alles nur „Einleitung“, doch jetzt geht’s richtig los. Denn in diesem Kapitel bekommen Minoru und Co den ersten Anstoß, etwas zu unternehmen. Hoffentlich bleibt ihr mir auch weiterhin treu, denn bis jetzt war es immer ein besonderer Ansporn zum Schreiben, wenn ich eure tollen Kommis gelesen habe ^.~ Bye, Bye :D PS: Heute wurde ich per ENS darauf aufmerksam gemacht, dass es auch in der Serie Naruto einen Sasuke und einen Itachi gibt. Falls sich mehrere bereits gefragt haben, ob ich die Namen dreisterweise einfach daraus geklaut hab, möchte ich mich noch kurz dazu äußern: nein, das habe ich nicht, ich gucke die Serie nicht einmal ^^ Die Namen habe ich (wie alle Namen, die ich verwende) entweder aus irgendwelchen Namenslisten aus dem I-net oder aus den Vorschlägen von ein paar hilfsbereiten Freunden entnommen. Es ist also bloß ein lustiger Zufall ^.~ *** Ungläubig riss Yumi die Augen auf, stellte unsanft den Becher ab, sodass der heiße Tee auf den Tisch schwappte, und erhob sich geräuschvoll aus dem Stuhl. „Yumi?“, Kazuyas besorgte Stimme erklang aus einem Hinterzimmer, als er das Rumpeln des Stuhls und das Trampeln hastiger Schritte nach draußen hörte. Er bekam keine Antwort, denn Yumi hatte das Haus bereits verlassen und stürmte auf den Waldrand zu. Je näher sie kam, desto deutlicher hoben sich die Gestalten vom Grün des Waldes ab. Ihr blieb fast das Herz stehen, als sie die drei unheimlichen Männer vom Marktplatz erkannte und für einen Moment stockte ihr der Atem – dennoch rannte sie mit unvermindertem Tempo weiter. Beinahe wäre sie über ihren langen, weißen Kimono gestolpert. Als sie stehen blieb, waren die Männer, deren Gesichter zweifellos nicht ihr, sondern etwas anderem zugewandt waren, nur noch wenige Schritte entfernt. Yumi wunderte sich, dass sie sie nicht bemerkten, schließlich klopfte ihr Herz so laut wie Kazuyas Hammer auf einem Stück Metall. Aber vielleicht lag das daran, dass ihr hämisches Gelächter noch lauter war, als Yumis Herzklopfen, als einer von ihnen ein kleines, rotpelziges Wesen am Nackenfell in die Höhe riss. Das arme Tier jammerte und jaulte schrecklich, kein Wunder, wenn man die rostige Metallfalle betrachtete, die sich in dessen Vorderpfote gegraben hatte. Doch das Winseln des Fuchses schien die Männer eher noch zu amüsieren, als irgendein Gefühl von Mitleid in ihnen hervorzurufen. „Aufhören!“, schrie Yumi außer sich vor Wut. Erschrocken fuhren die Männer herum. Yumis Hände waren zu verkrampften Fäusten geballt und bebten vor Wut – und Angst. Einer der Männer, der, der sie auch auf dem Markt bemerkt hatte, trat einen Schritt auf sie zu, die anderen glotzen sie nur weiterhin verblüfft an. „Los, Kleine, hau ab! Das sind Angelegenheiten von Erwachsenen, davon verstehst du nichts!“, grollte er und kam langsam weiter auf sie zu. Yumi musste sich zusammenreißen, um nicht panisch wegzurennen, aber ihr Zorn besiegte die Angst. „Nenn mich nicht Kleine! Und was ihr da tut, verstehe ich sehr wohl! Was ihr dort tut ist gesetzeswidrig! Es ist verboten, Jagd auf einen Fuchs zu machen! Die Füchse stehen unter dem Schutz des Gottes Inari! Wenn ihr ihn verärgert, fallen wir in seine Ungnade und unsere kostbaren Reisfelder werden keine Ernten mehr hervorbringen!“, erklärte Yumi mit bebender Stimme. Für einen Moment schien der Mann tatsächlich innezuhalten und nachzudenken. „Und“, fügte Yumi nachdrücklich hinzu „Wenn ihr den Fuchs tötet, wird sein Klan ihn rächen! Ihr habt bereits jetzt gegen den Friedenspakt verstoßen, jedoch wird der Stamm der Fuchsdämonen uns vielleicht verschonen, wenn ihr das Tier jetzt gehen lasst!“ Der Fuchs wand sich unter dem groben Griff des anderen Mannes. Ein hämisches Grinsen stahl sich auf die Lippen des Mannes, der kurz vor Yumi stehen geblieben war, und entblößte seine gelben Zähne. „Na und? Was interessiert uns schon euer armseliges Dorf? Wir sind Reisende und nie lange an einem Ort! Außerdem hat uns doch euer Dorfherr…wie war doch gleich sein Name? Itachi oder so, der hat uns doch die Erlaubnis erteilt, diesen Biestern das Fell über die Ohren zu ziehen!“, behauptete er mit tiefer, bedrohlicher Stimme. Diese Worte lösten in Yumi eine regelrechte Paralyse aus. „Dorfherr? Itachi?“, keuchte sie verwirrt. Doch diesen Moment der Lähmung nutzte der Mann aus, um Yumi zu packen. Seine Hand schoss blitzschnell hervor, drehte Yumi an der Schulter herum und hielt sie in ihrem erbarmungslosen Griff gefangen. Yumi wollte aufschreien, doch er presste seine andere Hand auf ihren Mund. Verängstigt ruderte Yumi mit den Armen und schlug auf den Angreifer ein. Es schien Wirkung zu zeigen, denn dessen Griff löste sich und sie konnte sich befreien. Um Atem ringend stolperte Yumi ein paar Schritte vorwärts, bis sie schließlich Jemand mit sanfter Gewalt auffing – Minoru. Nur beiläufig registrierte Yumi den Bogen, der um Minorus Schulter hing, und den dazugehörigen Köcher. Als Yumi herumfuhr, erkannte sie auch, warum der Mann von ihr abgelassen hatte: Ohne dass sie es bemerkt hatte, scheinbar wie aus dem Nichts, war Kazuya aufgetaucht und hatte nun seinerseits den Mann in seinem stahlharten Griff. Es war ein absurder Anblick, der Mann war fast einen halben Kopf größer als Kazuya und doppelt so breit. Doch im Gegensatz zu ihm, setzte sich Kazuya nicht aus Fett-, sondern Muskelmasse zusammen. Dem Mann waren vor Verblüffung die Augen hervorgetreten. Ein Geräusch neben Yumi ließ sie erneut herumwirbeln und sie war kaum Verwundert, als Minoru gleich zwei Pfeile angelegt hatte und die Sehne mit ruhiger Hand weit spannte. Das hielt die beiden anderen Männer, die Minoru und Kazuya offenbar auch nicht hatten kommen sehen, davon ab, sich auf Kazuya zu stürzen. Jetzt ließ Kazuya seinen Gegner los, aber keinesfalls von ihm ab. Blitzschnell zog er ein Katana aus dem Gürtel – offenbar handelte es sich um das unfertige Katana, das er Minoru gezeigt hatte, und er musste das gute Stück kurzerhand mitgenommen haben, als er und Minoru Yumi zu Hilfe eilten. Aber nur, weil es noch nicht fertig war bedeutete das nicht, dass es keine tödliche Waffe war…Kazuya hielt dem Mann die noch rußgeschwärzte Klinge direkt an die Kehle. „Rühr dich nicht!“, warnte Kazuya bedrohlich. Dann sprang sein Blick für den Bruchteil einer Sekunde zu den beiden anderen. „Du da, befrei den Fuchs und lass ihn runter!“ Der Mann warf seinem Freund, dessen Hals nur eine Haaresbreite von Kazuyas Klinge entfernt war, zögernd einen hilfesuchenden Blick zu. Dieser nickte, woraufhin der andere tat, was Kazuya befohlen hatte. Das Tier hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten und bedachte die Männer noch mit einem bedrohlichen Knurren, ehe er humpelnd im Wald verschwand. „Und jetzt?“, der Mann schluckte, als die Spitze des Katanas seine Haut ankratzte, weil er ungefragt gesprochen hatte. Yumi hatte weder Kazuya, noch Minoru jemals so bitterernst gesehen. „Jetzt? Jetzt verschwindet hier und lasst euch hier nicht mehr blicken!“, gab Kazuya zurück. Er konnte dem Mann ansehen, dass ihm mindestens ein Dutzend bissige Bemerkungen und Widersprüche auf der Zunge lagen, doch er schien sie lieber für sich behalten zu wollen. Er ging langsam an Kazuya vorbei, seine zwei Freunde folgten ihm. Erst jetzt sah Yumi, dass der Dritte offensichtlich eine ganze Jagdausrüstung mit sich trug. Minorus Pfeile blieben auf die drei Wilderer gerichtet, bis sie in der entgegengesetzten Richtung wie der Fuchs verschwunden waren, jederzeit bereit zum Abschuss. Yumi atmete erleichtert auf. „Danke Jungs, das war echt knapp!“, keuchte sie. Minoru ließ den Bogen sinken und ließ die Pfeile zurück in den Köcher gleiten. „Knapp? Hast du sie noch alle? Diese Kerle hätten dich glatt umgebracht, wenn wir nur einen Wimpernschlag später gekommen wären! Solche Leute haben nicht gerne Zeugen bei ihren kriminellen Aktionen!“, fauchte er wütend. Yumi zog schuldbewusst den Kopf ein. „Tut mir ja leid…Aber ich…ich konnte doch nicht mit ansehen, wie sie den Fuchs töten! Wer weiß, was das noch für Folgen hat… Den Fuchsdämonen wird das nicht gefallen…“, rechtfertigte sie sich und betonte ihre letzten Worte sehr besorgt. Minoru wollte gerade erneut zu einer Schimpftirade ansetzen, doch Kazuya unterbrach ihn: „Ist gut jetzt! Es ist passiert und wir können daran nichts mehr ändern. Wir sollten allerdings in nächster Zeit vorsichtig sein, den Fang haben die sich bestimmt nicht umsonst entgehen lassen.“ Yumi war fast erstaunt, wie ruhig Kazuya war und welch ein versöhnlicher, nachsichtiger Ton in seiner sanften Stimme lag. Er wollte sich gerade zum gehen wenden, als Yumi plötzlich wieder die Worte des Mannes einfielen. „Warte! Da ist noch was!“, japste sie hastig. „Hm?“, Kazuya und Minoru hoben gespannt die Augenbrauen. „Der Mann, er hat gesagt, der Dorfherr Itachi habe ihnen die Erlaubnis für die Jagd auf Füchse erteilt!“, berichtete sie aufgewühlt. Die zwei Brüder wechselten einen vielsagenden Blick. „Bist du dir sicher, dass er das gesagt hat?“, vergewisserte sich Kazuya. Yumi nickte. „Wenn ich’s doch sage! Ich hab’s ja gewusst, irgendwas stimmt da ganz und gar nicht!“ Kapitel 6: Yumis Plan --------------------- „Was hältst du von der Sache…?“, fragte Minoru und brach damit als erster die Stille, die zwischen ihm und Kazuya geherrscht hatte, seit Yumi gegangen war. Die Brüder hatten ihr angeboten, dass sie heute bei ihnen übernachten könne; nur zur Sicherheit, falls die drei Wilderer zurückkommen würden. Aber Yumi hatte abgelehnt, sie wollte ihre Großmutter nicht allein lassen. „Außerdem“, beruhigte sie die beiden, „kann ich mich – meistens – ganz gut selber schützen. Wisst ihr, wir haben da so ein paar nette Pülverchen, die einen tierischen Juckreiz verursachen, oder wie Feuer brennen, kurzzeitig lähmen oder blind machen, oder…“ Also mussten Minoru und Kazuya sie wohl ziehen lassen. Seit dem saßen sie einfach nur da, starrten wachsam in die draußen herrschende Dunkelheit und zuckten manchmal zusammen, wenn sie glaubten, einen Schatten wahrzunehmen. Aber die drei Männer waren nicht zurückgekommen. Kazuya ließ einen unendlich langen Moment verstreichen, ehe er antwortete: „Was soll ich davon halten? Vielleicht war es ein Irrtum und der Mann hatte nur angenommen, Itachi sei der Dorfherr, weil er mit ihm gesprochen hat. Oder er hat schlichtweg gelogen.“ Minoru zog eine Augenbraue hoch. „Du hältst es aber nicht für möglich, dass Yumi Recht hat?“, stutzte er. Kazuya zuckte nachdenklich mit den Schultern. „Also so langsam erscheint mir das aber immer plausibler! Vor allem…selbst wenn es ein Irrtum war…wieso sollte Itachi ihm diese Erlaubnis erteilt haben? Aus Versehen bestimmt nicht! Und ich glaube irgendwie nicht, dass der Kerl vorhin gelogen hat…Ich meine…Wilderer würden doch dann bestimmt vorsichtiger vorgehen und sich nicht erwischen lassen, oder?“, vermutete Minoru und sah seinen Bruder erwartungsvoll an. Plötzlich registrierte Minoru, dass Kazuya seine Hände zu Fäusten geballt hatte. „Aber wir können nichts tun, egal wie es ist.“, sagte er ruhig. Seine Anspannung war offensichtlich auf das Gefühl der Wut und der Hilflosigkeit zurückzuführen. *** Als Yumi am darauffolgenden Morgen aufstand, fühlte sie sich, als hätte sie die ganze Nacht nicht geschlafen – was genaugenommen auch gar nicht so weit hergeholt war. Sie hatte noch sehr lange wachgelegen und nachgedacht, bis sie schließlich vom Schlaf überwältigt worden war. Grummelnd begab sie sich in die Küche, wo ihre Großmutter Chiyoko bereits mit dem Frühstück auf sie wartete. „Kind, du siehst ja furchtbar aus!“, stellte sie erschrocken fest, als sie die geröteten, müden Augen und das blasse Gesicht ihrer Enkelin sah. Gähnend ließ sich Yumi auf das Sitzkissen sinkend und schüttelte den Kopf. „Schon in Ordnung, Obaasan, mir geht’s gut.“, versicherte sie und goss sich ein bisschen Tee in ihren Becher. Chiyoko hob eine Augenbraue. Es war unschwer zu erkennen, dass Yumi ihre blauen Augen von ihr geerbt hatte, denn Chiyoko nutzte die volle Macht ihres Blickes, um eine ehrliche Antwort aus Yumi herauszulocken. Yumi sah ihre Großmutter ebenfalls an, und für einen Moment schien es, als trügen sie einen stummen Kampf aus. Doch Chiyokos Willenskraft war stärker und so gab Yumi schon nach kurzer Zeit seufzend nach. „Na gut, aber es wird dir nicht gefallen…“, warnte Yumi. Chiyoko strich sich eine Strähne ihres langen, grauen Haares zurück hinters Ohr und nippte an ihrem Becher. „Nur zu, ich bin auf alles gefasst.“, meinte sie mit sanfter Stimme. Yumi seufzte erneut und suchte einen Moment lang nach den richtigen Worten, ehe sie begann. Sie erzählte ihrer Großmutter die ganze Geschichte, angefangen bei der ersten Begegnung mit den Wilderern auf dem Marktplatz, bis hin zum vorherigen Abend, an dem Kazuya und Minoru ihr gerade noch zu Hilfe eilen konnten. Natürlich ließ sie dabei nicht aus, was einer der Männer über Itachi hatte verlauten lassen. Chiyoko hörte ihr aufmerksam zu und unterbrach Yumi nicht ein einziges Mal. Als Yumi fertig war, war Chiyokos nachdenklicher Blick auf irgendeinen Punkt hinter Yumi fixiert und ihre Augenbrauen waren besorgt zusammengezogen. „Du weißt, was du mir da gerade erzählt hast?“, fragte Chiyoko, obwohl sie die Antwort bereits kannte. Yumi nickte stumm. „Du glaubst also, Itachi führt etwas im Schilde?“, vergewisserte sich Chiyoko. Erneut antwortete Yumi mit einem Nicken. Chiyoko erhob sich langsam und setzte sich auf die andere Seite des kleinen Tisches zu ihrer Enkelin. Behutsam legte sie ihr den Arm um die Schultern und drückte sie sanft an sich. „Du brauchst keine Angst vor diesen Männern haben, die werden sicher nicht so schnell wiederkommen.“, sagte Chiyoko beruhigend. Yumi sah sie leicht verwirrt von dem plötzlichen Themenwechsel an. „Wir wohnen ja gleich am Fuße des Hügels. Die Hofwachen können von dort aus alles überblicken, was sich im Dorf abspielt. Sie würden sofort merken, wenn jemand bei uns einbrechen würde.“, fuhr Chiyoko fort. „Ach? Und wieso haben sie es dann nicht gestern Abend gemerkt?“, flüsterte Yumi, als befürchte sie, dass jemand anders sie belauschen könnte. „Du hast doch erzählt, es war am Waldrand. Sicher haben die Bäume ihnen die Sicht versperrt.“, entgegnete Chiyoko. „Und was ist mit dem, was der Mann gesagt hat?“, fragte Yumi immer noch im Flüsterton. Für eine unendlich lange Zeit schwieg Chiyoko und schien angestrengt nachzudenken. „Nun, ich denke, dass wir nichts tun können, zumal wir nicht wissen, ob der Mann die Wahrheit gesprochen hat.“, sagte sie schließlich. „Aber Obaasan…“, Mit einer knappen Geste wurde Yumi von ihrer Großmutter unterbrochen und Chiyoko fuhr fort: „Wenn wir allerdings mehr wüssten…und ich sage nur dann…können wir überlegen, ob wir überhaupt eine Möglichkeit haben, etwas zu tun. Wie du weiß war ich früher oft am Hof, als Sasuke-sama noch gesund war…Schon damals begegnete mir sein Bruder als ein sehr unangenehmer Mensch. Ich wüsste nicht was wäre, wenn er nun Sasuke-samas Platz einnehmen würde. Und mir kommt es so vor, als erginge es dir ebenso. Dennoch dürfen wir nicht voreilig urteilen. Wenn jedoch Itachi-sama wirklich Dorfherr werden sollte, so müssten wir dies wohl akzeptieren oder wegziehen. Das wären, in diesem Fall, die einzigen Möglichkeiten, die uns bleiben würden. Wir können nur darauf hoffen, dass es nicht so eintreten wird und Sasuke-sama bald wieder gesunden wird. Denn an wen sollten wir uns auch mit diesem vermeintlichen Wissen um Itachi-samas Pläne wenden? Sasuke-sama könnte uns in seinem Zustand nicht helfen! Was also gedenkst du zu unternehmen?“ Yumi überlegte einen Moment und zuckte dann mit den Schultern. „Hm…Dabei fällt mir ein, dass ich Sasuke-sama heute eigentlich einen Besuch abstatten wollte, um zu sehen, ob die Medizin, die ich ihm beim letzten Mal gegeben habe, geholfen hat. Aber ich habe hier noch so viel zu tun, könntest du das nicht für mich erledigen?“, fragte Chiyoko und stand auf. Yumi zog die Augenbrauen hoch. Natürlich, sie hatte schon öfter die Medizin für den Dorfherrn gebracht. Doch dieser plötzliche Themenwechsel machte sie stutzig. Chiyoko wollte ihrem fragenden Blick ausweichen, doch sie konnte ihre Enkelin nicht täuschen. Yumi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen als sie begriff, dass ihre Großmutter ihr damit nur eine Möglichkeit geben wollte, ihre Neugier zu stillen. „Selbstverständlich, Obaasan!“, antwortete Yumi, stand auf und wollte rausgehen. „Aber Yumi, bitte stell keinen Unsinn an und pass auf dich auf, ja?!“, rief Chiyoko ihr hinterher. „Natürlich!“, gab Yumi zurück und rannte in ihr Zimmer, um sich anzuziehen. So schnell es ging machte sie sich fertig und schlüpfte in ihren Kimono. „Na gut, Großmutter hat mir diese Gelegenheit verschafft und ich werde sie nutzen! Offensichtlich ist ihr klar, wie gefährlich es wäre, wenn Itachi die Macht an sich reißen würde…Diese drei Kerle von gestern sind ja das beste Beispiel dafür! Es würde mich nicht wundern, wenn er irgendwas mit der Krankheit seines Bruders zu tun hätte…Aber das werde ich schon noch alles rauskriegen!“ Kapitel 7: Krankenbesuch bei Sasuke ----------------------------------- Sooo, nach langer Zeit mal wieder ein neues Kapitel ^^ Leider fehlt mir momentan die Zeit zum Schreiben ~.~ Aber ich bemühe mich, nicht allzu große Lücken zwischen den Erscheinungsdaten der Kapitel zu lassen ^^ Übrigens handelt es sich bei den bereits hochgeladenen Kapiteln erst um eine Art Einleitung. Die Hauptstory wird aber bald richtig anfangen ^^ Also hoffe ich, dass ihr fleißig weiterlest :D *** Als Yumi vor die Tür trat, blies ihr ein kühler Morgenwind ins Gesicht und wehte ihr langes Haar auf. Die Sonne stieg gerade erst hinter den Baumkronen hervor und durchflutete den Wald mit einem sanften, warmen Morgenrot. Dünne Nebelschleier schwebten noch gespenstisch zwischen Häusern und Bäumen und hinterließen winzige, kühle Wassertröpfchen auf Yumis Haut. Yumi zupfte nervös an ihrem Kimono, als sie den flachen Hügel hinaufstieg, auf dessen höchstem Punkt das Anwesen des Dorfherrn lag. In der Morgensonne schimmerte es rötlich. „Seltsam“, dachte Yumi „die Morgensonne lässt es aussehen, als läge ein blutiger Schleier darüber…“ Sie schauderte, als sie sich an den Todesfall von vor wenigen Tagen erinnerte. Auf ihrem Weg nach oben beobachteten die Wachen sie aufmerksam. Schließlich musste Yumi zwei weiteren Wachposten direkt vor dem Eingang ein Schriftstück zeigen, das sie als Heilerin auswies und ihr den Eintritt genehmigte. Mit klopfendem Herzen betrat sie einen großen Raum, an dessen Ende eine Art Thron stand. Außerdem führten mehrere Türen in weitere Räume und Flure – wer sich hier nicht auskannte, konnte leicht die Orientierung verlieren. Sofort kam ihr ein Diener entgegen, um sie zu Sasuke zu führen. Yumi war zwar schon häufiger dort gewesen, doch sie bestaunte jedes Mal die edle Einrichtung des Anwesens: Der Fußboden bestand komplett aus einem hellen Holz, verschiedenste Figuren zierten jeden Raum, Schwerter schmückten die Wände und zeugten von der Zeit der Dämonenkriege. Schließlich hielt der Diener vor der letzten Tür im Gang, deren rechte und linke Seite von jeweils einem bewaffneten Wächter flankiert wurde. Er tauschte ein paar geflüsterte Worte mit den Wachposten aus, ehe er die Tür geräuschlos aufschob und Yumi zunickte. „Beeil dich, der Herr braucht Ruhe!“, zischte der Diener unfreundlich, als Yumi an ihm vorbei und in den Raum hineintrat. Hinter ihr wurde die Tür sofort wieder geschlossen. Das Zimmer, in dem sich Yumi nun befand, war zweifellos der schönste Raum des Anwesens. Rötliches Morgenlicht fiel durch zwei große Fenster auf der rechten Seite ins Zimmer. Auf dem darunter stehenden Tisch lagen einige Schriftrollen, daneben ein kleines, offenes Tintenfässchen, dessen Inhalt schon fast komplett ausgetrocknet war. Vermutlich war Sasuke nicht mehr dazu gekommen, seine Arbeit an den Schriftrollen zu beenden. Goldene Figuren thronten auf kleinen Säulen oder Anrichten. Yumi ging leise hinüber zu dem großen Bett auf der linken Seite des Raumes, in dem Sasuke lag. Es sah aus, als würde er Schlafen, doch Yumi wusste von ihren letzten Besuchen, dass es eher eine Art Bewusstlosigkeit war, aus der er nur selten aufwachte. Man brauchte kein Heiler sein, um zu erkennen, in welch schlechtem Zustand sich der Dorfherr befand: Die Krankheit hatte tiefe, schwarze Ringe unter seine Augen gegraben, seine Haut und seine Lippen waren so weiß wie Yumis Kimono. Er sah erschöpft und ausgezehrt aus, die Knochen traten schon sichtbar unter seiner blassen Haut hervor. Sein Atem ging schwer und rasselnd und auf seiner Stirn standen Schweißperlen – offensichtlich hatte er Fieber. Auch sein graues, schulterlanges Haar war schweißgenässt. Nur noch der edle, weiße Kimono, dessen Ärmelsaum mit einem goldfarbenen Faden bestickt war, zeugte von seiner hoheitlichen Macht, denn die Krankheit ließ ihn wie einen alten, gebrechlichen Mann aussehen. Dies stimmte Yumi irgendwie traurig, denn sie wusste, dass Sasuke vor seiner Erkrankung ein lebensfroher, gutmütiger Mensch voller Elan gewesen war. Yumi kniete sich neben das Bett und ließ den Beutel, in dem sich allerhand Utensilien zum Heilen befanden, von ihrer Schulter gleiten. Behutsam öffnete sie ihn und breitete den Inhalt auf dem Boden aus: Ein paar Kräuter, Wurzeln, Pulversäckchen und eine kleine Schale mit einem Mörser zum Mahlen von Kräutern. „Zuerst prüfe ich, ob die letzte Kräutermischung Wirkung gezeigt hat.“, murmelte sie leise. Sie nahm Sasukes Hand und tastete nach dem Puls am Handgelenk. Sie konnte ihn nur sehr schwach spüren. „Hm…Und das Atmen fällt ihm auch noch sehr schwer.“, stellte sie besorgt fest. Neben dem Bett hatte man eine Schale mit Wasser und einen Stofflappen deponiert. Yumi nahm den Lappen, tauchte ihn in die Schale, wrang ihn aus und tupfte behutsam den Schweiß auf Sasukes Stirn ab. Yumi seufzte. „Seltsam…wieso verbessert sich sein Zustand nicht?“, fragte sich Yumi ratlos und schüttelte den Kopf. Plötzlich ging die Tür wieder auf und der Diener kam herein. Er trug ein silbernes Tablett, auf dem etwas zu Essen stand. Wortlos stellte er es neben das Bett auf den Boden und nahm das Tablett, welches anscheinend vom vorherigen Abend stammte, wieder mit. Yumi bemerkte, dass das Essen vom Vortag nicht angerührt war und vermutete, dass Sasuke wohl länger nicht aufgewacht war. „Verzeihung?“, sagte sie leise an den Diener gewandt. Dieser wollte die Tür gerade wieder schließen und warf Yumi einen kühlen Blick zu. „Was willst du?“, wollte er wissen. Yumi ließ sich von seiner Unfreundlichkeit nicht beirren. „Ich würde gern wissen, wann Sasuke-sama das letzte Mal wach war.“, entgegnete sie. „Vor zwei Tagen. Aber nur kurz.“, antwortete der Diener. „Hat man ihm den Kräutertee gegeben, so wie es meine Großmutter letzte Mal gesagt hat?“, fragte Yumi weiter. Der Diener sog scharf die Luft ein, so als müsse er sich beherrschen, nicht einfach davonzugehen. „Ja, aber er hat nicht gewirkt. Genau wie alles andere, was ihr ihm bis jetzt gegeben habt!“, sagte der Diener herablassend. Yumi biss sich auf die Unterlippe – sie und ihre Oma taten ihr Bestes, es gab keinen Grund, so unhöflich zu sein! „Danke, das war alles, was ich wissen wollte.“, murmelte sie. „Beeil dich, Sasuke-sama braucht Ruhe!“, knurrte der Diener noch, ehe er die Tür hinter sich schloss und ging. „Ich glaube, ich kann besser beurteilen, was er braucht!“, dachte Yumi wütend. Während sie einige Kräuter in die Schale gab und sie mit dem Mörser zu einem Pulver verarbeitete, fragte sie sich, warum bis jetzt nichts gegen die Krankheit gewirkt hat. Plötzlich fiel Yumi ein seltsamer, süßlicher Geruch auf, der eindeutig nicht von ihren Kräutern stammte. Zuerst dachte sie, sie hätte sich geirrt, doch dann bemerkte sie, dass es von dem Tablett kam, das der Diener hereingetragen hatte. Stirnrunzelnd betrachtete sie es. Darauf standen eine große Schale mit Reis, eine weitere Schale mit einer Fleisch-Gemüse-Soße und ein Silberbecher mit Wasser – eigentlich nichts, was einen so süßen Geruch haben könnte. Misstrauisch roch Yumi zunächst an der Soßenschale und dann an dem Wasser. Beide Male konnte sie eindeutig den eigenartigen Geruch daran feststellen. „Seltsam…Was riecht da bloß so süß?“, fragte sie laut und hob verwundert die Augenbrauen. „Eine besondere Zutat, die der Hofkoch speziell für unseren Herrn hineingegeben hat – für den einzigartigen Geschmack.“, ertönte plötzlich die Stimme des Dieners hinter Yumi. Erschrocken fuhr Yumi herum und blickte in die düstere Miene des Dieners. „…Ach…ach so…“, stammelte sie verlegen. „Bist du fertig mit dem Rumschnüffeln?!“, zischte der Diener und maß Yumi mit einem abschätzenden Blick. „Ich…ich hab nicht rumgeschnüffelt! Aber ja, ich bin fertig.“, entgegnete Yumi und stand auf. Sie reichte dem Diener die Schale, in der sie die Kräuter zerrieben hatte. Dieser nahm die Schale entgegen und betrachtete das Pulver skeptisch. „Ich habe dieses Mal eine andere Zusammensetzung ausprobiert und noch ein weiteres Kraut dazugegeben. Dieses Pulver sollte besser wirken, als das letzte. Gebt es ihm wieder in Wasser gelöst, wenn er das nächste Mal wach ist.“, erklärte Yumi, während sie die übrigen Utensilien wieder zusammenpackte und den Beutel wieder zuschnürte. „Itachi-sama wünscht dich zu sprechen!“, sagte der Diener, als Yumi fertig war, und ging davon. Kapitel 8: Itachi ----------------- Yumi musste beinahe rennen, um mit den schnellen Schritten des Dieners mitzuhalten. Dieser nahm natürlich keine Rücksicht auf das Mädchen und eilte weiterhin voraus. Schließlich blieb er vor einer Tür stehen, die, genau wie die zu Sasukes Schlafgemach, von zwei Wachen flankiert wurde. Er öffnete die Tür und gab Yumi zu verstehen, ihm zu folgen. Mit demütig gesenktem Haupt trat der Diener ein und auch Yumi neigte den Kopf leicht nach unten und richtete den Blick auf den Boden – es war untersagt, einer so hochrangigen Person in die Augen zu sehen. Am anderen Ende des Raumes, der ähnlich eingerichtet war, wie der Sasukes, stand ein Mann in schwarzem Kimono – Itachi. Er war Yumi und dem Diener mit dem Rücken zugewandt und sah aus dem Fenster. „Herr, ich bringe Yumi, die Enkelin der Heilerin zu Euch, wie Ihr gewünscht habt.“, verkündete der Diener. Yumi verbeugte sich wortlos. Jetzt drehte sich Itachi um und musterte Yumi mit kühlem, distanziertem Blick. „Gut, Shouta, das wäre zunächst alles. Warte vor der Tür.“, befahl Itachi, ohne den Blick dabei von Yumi abzuwenden. „Ja, Herr.“, entgegnete der Diener, verneigte sich noch ein Mal und verließ dann den Raum. Dann war es still. Yumi wartete, dass Itachi etwas sagte. Endlich, nach endlos vielen Augenblicken, durchbrach Itachi das Schweigen. „So sieht man sich wieder! Du musst wissen, ich habe viel zu tun, seid mein verehrter Bruder erkrankt ist und hatte daher kaum Gelegenheit, dich oder deine Großmutter persönlich zu sprechen.“, sagte er und drehte sich wieder zum Fenster. Jetzt wagte es Yumi, den Blick kurz hinaufhuschen zu lassen. Itachi sah noch genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte: Lange, rabenschwarze Haare, die hier und da von einer grauen Strähne durchzogen wurden, blasse Haut, die ihn wie einen hochgewachsenen, schlanken Geist aussehen ließ. Schnell sah Yumi wieder nach unten, als Itachi sich erneut umdrehte. „Nun, was hast du mir über den Zustand meines Bruders zu berichten?“, wollte er wissen. Yumi spürte, wie der eisige Blick seiner dunklen, braunen Augen sie durchbohrte. „Ich fürchte, es geht ihm noch nicht besser, Herr. Sasuke-sama hat noch immer Fieber und Atemprobleme. So etwas habe ich noch nie gesehen und sogar meine Großmutter weiß nicht weiter. Wir hoffen, dass die neue Kräutermixtur wirkt.“, erklärte Yumi unsicher. „Verstehe. Mein armer Bruder…Ich hoffe so sehr, dass es ihm bald wieder besser geht! Meine eigene Gesundheit würde ich geben, wenn ich ihn dadurch retten könnte!“, sagte Itachi, doch für Yumis Geschmack klang das etwas zu betroffen. Sie wusste genau, dass Itachi niemand war, der sich so sehr um andere sorgte, schon gar nicht um seinen Bruder. Sie hatte schon oft gehört, wie jemand von den vielen Streitigkeiten der Brüder erzählt hatte. Einige, darunter auch Yumi selbst, vermuteten, dass Itachi seinem Bruder den Titel des Dorfherrn streitig machen wollte. Dennoch ließ sie sich ihr Misstrauen nicht anmerken. „Ja es ist…wirklich sehr schwierig für uns alle.“, stimmte Yumi zu. Wieder wandte Itachi den Blick ab, doch dieses Mal nur so weit, dass Yumi jetzt sein Profil sehen konnte. „Du sagtest, ihr hofft , dass euer neues Mittelchen wirkt. Soll das bedeuten, ihr wisst immer noch nichts Genaues?“, fragte Itachi. „Nein, Herr, ich fürchte nicht.“, antwortete Yumi. Huschte da etwa ein düsteres Lächeln über seine Lippen? „Ich wünsche, dass mein Bruder weiterhin die bestmögliche Behandlung bekommt! Doch ich ziehe es in Erwägung, einen Heiler aus einem anderen Dorf herzuholen, da ich befürchten muss, dass ihr keine Erfolge erzielen werdet. Falls du und deine Großmutter also nicht bald von einer Besserung berichten könnt, werde ich meinen Bruder in fähigere Hände geben müssen.“, meinte Itachi plötzlich. Yumi sah ihn erschrocken an. Ihre Großmutter war die beste Heilerin in diesem Teil des Waldes! „A…Aber Herr…“, begann Yumi, hielt aber inne, als Itachi ruckartig den Kopf zu ihr drehte und ihr einen wütenden Blick zuwarf. „Verzeihung…Natürlich, Herr, wir tun unser Bestes…“, korrigierte sie unsicher. „Das will ich hoffen! Du darfst nun gehen!“, sagte Itachi nun wieder ruhig, aber der herablassende Unterton in seiner Stimme entging Yumi nicht. Als hätte er nur auf sein Stichwort gewartet, öffnete der Diener Shouta die Tür, verneigte sich vor Itachi und nickte Yumi zu. Yumi verneigte sich ebenfalls noch ein Mal – eigentlich fand sie nicht, dass Itachi so viel Respekt verdient hätte, aber er war immer noch die Ranghöchste Person nach seinem Bruder – und verließ den Raum. Wortlos folgte sie Shouta zurück durch das Labyrinth aus Gängen und Türen. Gerade als sie am Eingang angelangt haben, und Yumi gehen wollte, packte Shouta sie an der Schulter und hielt sie zurück. „An deiner Stelle würde ich meine Nase in Zukunft nicht in fremde Angelegenheiten stecken!“, zischte er und maß sie mit einem eiskalten Blick. Yumi riss sich aus seinem Griff und versuchte, so ruhig und gelassen wie möglich zu klingen. „Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht! Guten Tag!“, sagte sie und schritt davon. Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust, doch sie ließ sich ihre Furcht nicht anmerken. Kapitel 9: Der süße Duft des Todes ---------------------------------- Hallu ^^/)) Na, was meint ihr, wie entwickelt sich die Geschichte? Nun ich denke ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass Yumi natürlich nicht so leicht locker lässt ^^ Übrigens ist mir aufgefallen, dass Yumi in diesem Teil der Geschichte ja eigentlich viel häufiger vorkommt, als der Namensgeber Minoru. Das liegt daran, weil Yumi anfangs mehr oder weniger die Schlüsselperson darstellt, aber Minoru wird sicherlich nicht zu kurz kommen ^-^ Tja, was soll ich noch viel sagen? Ich hoffe ihr lest weiter ^.~ *** Als Yumi den Hügel wieder hinabging, vorbei an all den Wachposten, die wie Statuen den Pfad säumten, stand die Sonne schon in voller Pracht über dem Wald und hatte den kühlen, windigen Morgen in einen warmen, wolkenlosen Vormittag verwandelt. Yumi wunderte sich, dass bereits so viel Zeit verstrichen war. Plötzlich kamen ihr die besorgten Ausdrücke in den Gesichtern von Minoru und Kazuya in den Sinn und sie beschloss, die beiden zu besuchen und ihnen von Sasuke und Itachi zu erzählen. Während sie die Häuser nach und nach hinter sich ließ, dachte sie noch ein Mal an den vorherigen Abend und an das unerwünschte Wiedersehen mit den drei seltsamen Männern zurück. Immer noch lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken, wenn sie an die drei dachte. Aber sie hatte nicht vergessen, was einer von ihnen gesagt hatte. Natürlich hatte sie Itachi nicht darauf ansprechen können, denn er würde ihr lediglich versichern, dass es sich wohl um ein Missverständnis gehandelt haben muss, dass er ihnen keineswegs die Erlaubnis zum Wildern gegeben und er sich selbstverständlich auch nicht als der Dorfherr ausgegeben habe. Er wäre nicht so leichtsinnig, ihren Verdacht absichtlich zu erhärten und aus diesem Grund hätte er Yumis Vorwürfe schlichtweg abgestritten. „Aber täuschen kann er mich trotzdem nicht! Als ob ihm jemand seine Besorgnis um Sasuke-sama abkaufen würde!“, dachte Yumi verärgert. Schließlich war Yumi vor dem kleinen Schmiedehäuschen angekommen und klopfte. Minoru öffnete die Tür und bat sie grinsend hinein. „Oh, du lebst, wie schön!“, witzelte er, als er die Tür wieder schloss. „Ha, ha, ha! Natürlich lebe ich, ich hab doch gesagt, ich kann auf mich aufpassen!“, gab Yumi mürrisch zurück. „He, Kazuya, sieh mal wer hier ist!“, rief Minoru und versuchte dabei, das laute Geräusch des Blasebalgs zu übertönen, mit dem Kazuya gerade die Esse neu anheizte. Er drehte sich kurz um, warf Yumi ein fröhliches lächeln zu und murmelte ein „Ich komme gleich!“. Minoru und Yumi setzten sich an den Tisch in der Kochnische. „Und, was hast du zu erzählen?“, wollte Minoru wissen und sah Yumi neugierig an. Jetzt stieß auch Kazuya zu ihnen und wischte sich die rußgeschwärzten Hände an einem Stofflappen ab. „Na ja…Also, ich war heute Morgen bei Sasuke und mir sind ein paar seltsame Dinge aufgefallen.“, begann Yumi. „Es geht ihm immer noch nicht besser – im Gegenteil, ich glaube sogar, sein Zustand hat sich verschlechtert. Das ist ziemlich eigenartig, denn egal was wir machen, es funktioniert nicht! Eigentlich müsste immerhin das Fieber runtergehen, aber das tut es nicht. Außerdem…na ja…es klingt vielleicht merkwürdig, aber irgendwas stimmt mit dem Essen dort nicht.“, setzte sie an. Minoru und Kazuya runzelten zeitgleich die Stirn. „Schmeckt es nicht oder was?“, fragte Minoru verwirrt. „Nein. Als ich da war, hat man Sasuke gerade etwas zu essen gebracht. Er hat geschlafen und hat es deshalb nicht mitbekommen. Aber das Essen hat ganz merkwürdig gerochen, so süß. Viel zu süß! Es hat gar nicht nach irgendeinem Gewürz gerochen, aber ich bin mir sicher, dass ich diesen Geruch kenne. Jedenfalls hat mich das ziemlich irritiert, denn ich weiß genau, dass dieser Geruch da nicht hätte sein dürfen. Der Diener hat behauptet, der Koch hätte eine besondere Zutat reingegeben, aber irgendwas ist daran doch faul!“, erklärte Yumi. „Vielleicht Gift?“, warf Minoru ein und zuckte mit den Schultern. Yumi sah ihn verwundert an. „Ja, das könnte sein. Du bringst mich da auf eine Idee. Ich werde mal Obaasan fragen!“, sagte Yumi und klang plötzlich leicht hysterisch. „Na ja, erzähl lieber erstmal weiter, bevor wir hier wieder mit irgendwelchen Theorien anfangen.“, schlug Kazuya vor. Zuerst wollte Yumi ihn mit einem kalten Blick strafen, weil er ihre Entdeckungen als irgendwelche Theorien abstempelte, doch aus irgendeinem Grund konnte sie ihm einfach nie böse sein. Also fuhr sie fort: „Als nächstes war da noch dieser Diener, Shouta. Der war total seltsam…Als mir der Geruch aufgefallen war, stand er plötzlich hinter mir. Ich habe ihn nichtmal reinkommen hören, das war echt unheimlich. Und dann hat er mir noch gedroht…“ „Gedroht?“, wiederholten Kazuya und Minoru gleichzeitig. „Ja. Er meinte, ich solle meine Nase nicht in fremde Angelegenheiten stecken und sein Blick war so kalt, als würde er keinen Augenblick zögern wollen, seiner Drohung auch Taten folgen zu lassen…“, antwortete Yumi. Die Brüder tauschten einen vielsagenden Blick miteinander. „Und Itachi?“, fragte Minoru. „Der hat mir den besorgten Bruder vorgespielt, aber als ich ihm erzählt habe, dass wir nicht wissen, ob unsere Kräuter Wirkung zeigen, hat er ganz seltsam gelächelt.“, berichtete Yumi. „Und was war nun mit den Männern?“, wollte Minoru wissen. „Als ob ich da einfach hätte reinspazieren können und fragen können Itachi-sama, habt Ihr vielleicht vor, den Platz Eures Bruders einzunehmen und habt ihr den Männern erlaubt, Füchse zu jagen, obwohl diese unter dem Schutz der Fuchsdämonen stehen? !“, sagte Yumi und rollte mit den Augen. Minoru plusterte beleidigt die Wangen auf. „Ja, ja, ist ja schon gut!“, brummte er. Yumi seufzte und fuhr fort: „Und er hat gesagt, wenn Großmutter und ich Sasuke nicht bald heilen können, will er einen anderen Heiler holen.“ „Was? Aber deine Großmutter ist die beste Heilerin hier weit und breit und du stehst ihr in nichts nach!“, protestierte Kazuya. „Ja ich weiß. Aber was soll ich schon dagegen machen?“, seufzte Yumi hilflos. „Hm…Sehr seltsam.“, murmelte Kazuya. Yumi nickte und stand auf. „So, ich muss jetzt leider wieder los. Ich wollte euch nur schnell die Neuigkeiten erzählen. Obaasan hat viel zu tun, ich muss ihr helfen. Dabei fällt mir ein: Wollt ihr nicht morgen Abend zu uns kommen? Obaasan macht wieder ihr berühmtes Reisgericht.“, fragte Yumi. Plötzlich wurde Minoru hellhörig und vergaß, dass er ja eigentlich beleidigt war. „Was? Natürlich kommen wir, was für eine Frage!“, antwortete er begeistert. Kazuya grinste. „Ja, wir kommen gern.“, stimmte er zu. „Obwohl du deiner Großmutter ausrichten solltest, dass unser kleiner Vielfraß hier bestimmt eine Extraportion braucht!“, fügte er hinzu und knuffte Minoru in die Seite. Dieser streckte seinem Bruder die Zunge raus und knuffte zurück. „Oh nein, nicht schon wieder! Wie die Kleinkinder!“, kicherte Yumi und verabschiedete sich von den Brüdern, die sich tatsächlich wie Kleinkinder balgten. „Ich bin dann mal weg!“, rief Yumi den beiden Jungs noch zu, doch wahrscheinlich hatten sie ihr Verschwinden erst mitbekommen, als die Haustür hinter Yumi zufiel. „Ich bin wieder daaaa!“, rief Yumi, als sie zu Hause ankam. Es kam keine Antwort. Nachdenklich legte sie ihre Kräutertasche beiseite und wollte sich gerade in der Küche einen Tee kochen, als sie ein lautes Rumpeln aus den Gedanken riss. Erschrocken fuhr sie herum – das Geräusch kam aus dem Lagerraum im hinteren Teil des Hauses. Sofort kamen Yumi die drei unheimlichen Männer in den Sinn. Waren sie etwa zurückgekommen, um sich für die verlorene Beute nun an Yumi zu rächen? Oder hatten sie doch keine Erlaubnis zum Wildern bekommen und wollten nun ihre Zeugin zum Schweigen bringen? „Oh nein, Großmutter!“, dachte Yumi Angst erfüllt, griff nach dem nächstbesten Messer und stürmte Richtung Lagerraum. Als sie nur noch wenige Schritte von der Tür zum Lagerraum entfernt war, ertönte ein erneutes, lautes Rumpeln und gleich darauf das gequälte Stöhnen von Yumis Großmutter. Yumis Atem ging schwer und sie fürchtete, ihr überlauter Herzschlag würde sie verraten. Sie nahm all ihren Mut zusammen, sprang hinein und erblickte…ihre Großmutter umgeben von einem riesigen Chaos aus Schriftrollen. Chiyoko drehte sich verwundert um, als ihre Nichte durch die Tür sprang. „Yumi? Was machst du denn da mit dem Messer?!“, wollte sie wissen und runzelte die Stirn. Yumis Blick glitt hinab zu der Klinge in ihrer Hand, wanderte dann weiter zu ihrer Großmutter und anschließend noch einmal durch den ganzen Raum. „Ich ähm…Ich wollte die…Wilderer davon abhalten, dich zu töten.“, entgegnete Yumi mehr kleinlaut als überzeugt. „Du wolltest was?“, Chiyoko lachte los. „Ha, ha! Ich finde das gar nicht lustig!“, grummelte Yumi. Chiyoko stand auf und bahnte sich ihren Weg durch ein Meer von Schriftrollen. „Ach Kind“, sagte sie und umarmte Yumi „du musst doch keine Angst um mich haben! Aber ich finde es lieb, dass du dir Sorgen um mich machst!“ Yumi seufzte und wechselte das Thema. „Was ist das überhaupt hier für ein Chaos?“, fragte sie und zog eine Augenbraue hoch. Chiyoko kratzte sich am Hinterkopf. „Ich habe doch gesagt, dass ich viel zu tun habe! Nun ja, ich wollte meine alten Schriftrollen sortieren. Du weißt ja, hier habe ich mein ganzes Wissen über Kräuter niedergeschrieben! Neulich habe ich nach meinen Aufzeichnungen über einen bestimmten Pilz gesucht und zwar fast den ganzen Vormittag!“, erklärte Chiyoko und schüttelte den Kopf. „Hm…Na gut, ich helfe dir.“, versprach Yumi und legte das Messer zur Seite. Plötzlich kam ihr ein Gedanke. „Sag mal, Obaasan, hast du hier auch irgendwas über Gifte?“, wollte sie wissen. Chiyoko runzelte die Stirn und strich sich eine lange, Graue Strähne hinters Ohr. – „Ja, wieso?“ „Ich will mal was nachgucken, aber ich bin mir auch noch nicht so ganz sicher, wonach ich suche.“, entgegnete Yumi. „Aha. Na ja, jede Schriftrolle enthält die Information über ein Kraut, einen Pilz oder was auch immer. Ich habe fast immer auch getrocknete Blüten oder ähnliches hineingelegt, siehst du?“, Chiyoko hob eine Schriftrolle auf und rollte sie auf. Darin lag eine getrocknete Blüte und daneben stand alles, was man über diese Pflanze wissen musste: Aussehen, Verbreitungsgebiete, Wirkung usw. Dann deutete sie auf ein kleines, gelbes Band an der rechten Seite der Schriftrolle. „Daran erkennst du, worum es sich handelt. Pilze haben ein grünes Band, Kräuter und Wurzeln ein gelbes, Gifte ein rotes.“, erklärte Chiyoko. „Oh, danke! Dann werd ich mich gleich mal an die Arbeit machen!“, sagte Yumi begeistert. Gesagt, getan. Zwar brauchte Yumi fast den ganzen Tag, um alle Schriftrollen nach gelben, grünen und roten Bändern zu sortieren, doch schließlich hatte sie es geschafft. Chiyoko entließ sie von der Arbeit und sortierte die Schriftrollen mit den gelben und grünen Bändern in die Regale ein. Die roten allerdings – ein recht beachtlicher Stapel – nahm Yumi vorerst mit in ihr Zimmer. Sie wollte Minorus Theorie nachgehen, denn je mehr sie über Sasukes Krankheit nachdachte und über all die Versuche, ihn zu heilen, erschien ihr diese Theorie nicht mehr ganz unwahrscheinlich. Es dauerte fast den ganzen Abend, um den riesigen Haufen an Schriftrollen durchzuarbeiten. Yumi las viele der Dokumente durch, um möglichst viel über die verschiedenen Gifte zu erfahren. Die Schriftrollen enthielten auch Informationen über Wirkung der Gifte und über die Anzeichen, an denen man die Vergiftung daran erkennen konnte. Was für Sasukes Erkrankung in Frage kam, legte Yumi zur Seite. Als es draußen bereits dunkel und Yumi schon ziemlich müde war, hatte Yumi nur noch fünf Schriftrollen vor sich. Erschöpft griff sie nach einer der letzten Schriftrollen. Als sie diese aufrollte, bemerkte sie sofort den einnehmenden, süßen Geruch, den die getrocknete Blüte darin verströmte. Der Duft war unverkennbar derselbe, der Yumi auch bei Sasuke aufgefallen war. Aufgeregt schnappte Yumi nach Luft und begann, Chiyokos Notizen zu Lesen: „Die Yámaiblume. Wächst am Fuße der nördlichen Gebirgskette. Der Blütenstaub ist giftig und kann in großen Mengen eingeatmet sofort zum Tod führen. In kleineren Mengen eingeatmet oder anders eingenommen, verursacht der Staub Ohnmacht, Fieber, Atemnot… Heilmittel: “ Yumi betrachtete die weiße Blüte, deren süßlicher, aber tödlicher Duft noch immer in der Luft hing. „Die Yámaiblume…Das muss es sein! Sasuke ist vergiftet worden!“, rief Yumi aus. Doch dann sah sie noch ein Mal auf die leere Zeile nach Heilmittel und musste erneut nach Luft schnappen. Gab es wirklich keine Möglichkeit, dieses Gift zu stoppen? Kapitel 10: Schwarzer Rauch und ein Funken Hoffnung --------------------------------------------------- Chiyoko, die gerade in der Küche saß, um sich für diesen Abend einen letzten Becher Tee zu gönnen, sah Yumi verwirrt an, als diese außer Atem von ihrem Sprint aus ihrem Zimmer in der Küche ankam. „Was ist denn in dich gefahren? Warum rennst du so?“, wollte die alte Dame wissen. Ihre Falten vertieften sich noch mehr, als sie die Stirn runzelte. „Gift!“, keuchte Yumi. Chiyoko sah sie nun noch verwirrter an und daraufhin sprudelte es nur so aus Yumi heraus, als sie ihrer Großmutter alles berichtete. Dabei ließ sie kein Detail aus, weder die merkwürdige Atmosphäre, noch die misstrauischen Blicke einiger Wachen und Diener und vor allem nicht den seltsamen Geruch. Sie erzählte natürlich auch von dem Diener, der auf sie einen höchst zwielichten Eindruck gemacht hatte, und von dem eigenartigen Gespräch mit Itachi. Schließlich breitete Yumi die Schriftrolle auf de Tisch aus und informierte Chiyoko über das, was sie soeben herausgefunden hatte. Stille. Niemand sagte etwas und Yumi wartete gebannt darauf, das Chiyoko irgendeine Reaktion auf das zeigte, was sie gerade erfahren hatte. Doch die alte Frau schwieg, schlürfte gelegentlich an ihrem Tee und starrte auf irgendeinen unsichtbaren Punkt hinter Yumi. Offensichtlich dache sie angestrengt nach, denn ihre Stirn war noch immer in tiefe Falten gelegt. Endlich, nachdem Yumi etliche Momente gewartet hatte, entspannte sich Chiyokos Stirn. Chiyoko sah Yumi nun mit einem undefinierbaren Blick an – vielleicht lag Sorge darin, vielleicht aber auch Ratlosigkeit. „Und was gedenkst du nun zu unternehmen?“, wollte Chiyoko wissen. Yumi stöhnte auf. „Ich hatte gehofft, du könntest mir das sagen!“ Chiyokos Blick wanderte wieder zu dem Punkt in der Leere und fast befürchtete Yumi, ihre Großmutter würde wieder in Gedanken versinken. Doch zu ihrer Erleichterung ergriff Chiyoko wieder das Wort: „Nun…Ich denke, ich muss nicht erwähnen, welch schwierige Situation das ist. Einerseits ist diese Information überaus wichtig, andererseits aber wohlmöglich auch todbringend.“ „Was meinst du mit todbringend?“, fragte Yumi und zupfte nervös am Ärmel ihres Kimonos. Ihre Großmutter seufzte und fuhr fort: „Du hast doch gelesen, dass diese Blume weit weg von hier wächst. Sie ist nicht durch Zufall hierher gekommen! Du hast doch selbst gesagt, dass Itachi-sama seinen Bruder wahrscheinlich vergiften will, um seinen Platz einzunehmen. Und ich muss sagen, nach dem, was du mir erzählt hast und nach dem, was ich selber erlebt habe, als ich dort war, liegt diese Vermutung gar nicht so fern. Aber wenn es stimmt, dass Itachi selbst der Missetäter ist und noch dazu die Bediensteten Sasuke-samas in diesen finsteren Plan involviert sind, dann wird es kaum eine Möglichkeit geben, Sasuke-sama zu retten. Denn von denen wird garantiert keiner zulassen, dass wir mit diesem Wissen eingreifen und Itachi-samas Pläne durchkreuzen. Ich bin mir sogar sicher, dass sie, sollten sie herausfinden, dass wir über dieses Wissen verfügen, uns mit allen Mitteln zum Schweigen bringen würden…“ „Dann müssen wir einen anderen Weg finden!“, warf Yumi ein. „Das sagst du so leicht! Was willst du denn tun, wenn du nicht mal mehr zu Sasuke-sama gehen darfst? Du hast mir doch selbst erzählt, dass unsere Hilfe dort nicht länger erwünscht ist! Wahrscheinlich fürchtet Itachi-sama, dass sein Bruder durch uns doch noch genesen könnte und lässt stattdessen lieber einen amateurhaften Heiler rufen, der seinen Zielen nicht im Weg steht. Aber sogar wenn du es auf dem Marktplatz herausschreien würdest, würde dir wohl kaum jemand Gehör schenken. Und selbst dann – wer sollte denn etwas dagegen unternehmen können, wenn Itachi an den Fäden zieht?“, Chiyoko klang jetzt sogar ein wenig verzweifelt. Yumi sah enttäuscht zu Boden. Doch plötzlich riss sie den Kopf wieder ruckartig hoch und sah ihre Großmutter verwirrt an. „Du kennst das Heilmittel!“, behauptete sie und musterte Chiyoko mit eindringlichem Blick. Chiyoko hob eine Augenbraue. „Unsinn, wie kommst du denn auf die Idee?“, entgegnete sie und wich Yumis Blick aus. „Du hast bis jetzt nur davon gesprochen, dass Itachi uns wahrscheinlich mit allen Mitteln aufhalten würde, wenn wir versuchen würden, seinen Bruder zu heilen! Das bedeutet, du glaubst, dass es für Sasuke noch Hoffnung gibt! Und du hast nicht ein Mal erwähnt, dass es ja ohnehin kein Heilmittel gibt! Gib es zu, Obaasan, du kennst das Heilmittel!“, meinte Yumi und verhärtete den Blick. Chiyoko seufzte. „Du bist genau wie deine Mutter! Vor ihr konnte ich auch nichts verbergen.“, murmelte Chiyoko resignierend. Mittlerweile wurde Yumi nicht mehr traurig, wenn jemand von ihren Eltern sprach. Im Gegenteil, sie freute sich immer, wenn jemand behauptete, sie sei ihrer Mutter oder ihrem Vater ähnlich. In diesem Fall war es sogar sehr vorteilhaft, einige Eigenschaften ihrer Mutter geerbt zu haben. Empört stemmte Yumi die Hände in die Hüfte. „Du wolltest mir das verheimlichen?!“, meckerte sie. Chiyoko wickelte eine ihrer langen, grauen Strähnen um den Zeigefinger. „Versteh doch…Ich wollte dich schützen. Schließlich ist es schon unwahrscheinlich genug, dass wir Sasuke-sama überhaupt helfen könnten, wenn wir das Heilmittel hätten. Doch dieses Heilmittel zu beschaffen, ist mindestens genauso riskant, wie der Versuch, sich Itachi-sama in den Weg zu stellen…Es besteht aus vielen, einzelnen Zutaten, die allesamt nicht leicht zu finden sind. Es ist gefährlich…Und ich kenne dich doch, Yumi! Sobald ich dir die benötigten Zutaten sage, bist du nicht mehr von der Idee abzubringen, sie zu beschaffen! Ich bin ja schließlich auch nicht mehr die Jüngste, ich könnte mich nicht mehr auf so eine Reise begeben.“, jetzt wurde Chiyoko von Yumi unterbrochen: „Aber Obaasan! Ich kann gehen! Wer sonst sollte das tun? Wer sonst hätte das Wissen über Kräuter und Heilmittel, dass man dafür benötigt?“ – „Genau das ist es ja! Außer dir gibt es niemandem, dem ich so etwas zutrauen würde…Und dennoch weiß ich, dass es verantwortungslos wäre, dir diese Aufgabe aufzubürden. Hinzu kommt, dass man nicht nur Kräuter oder Wurzeln für dieses Heilmittel braucht…“ Yumis Blick huschte noch ein Mal über die Schriftrolle, wo keinerlei Notizen über ein Heilmittel vorhanden waren. „Sondern?“, fragte Yumi schließlich. Chiyoko seufzte erneut und erhob sich. Langsam ging sie um den Tisch herum und nahm ihre Enkelin in die Arme. „Kind, du weißt nicht, auf was du dich da einlassen willst! Ich weiß, dass du dich nicht mehr davon abbringen lassen willst, wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast. Aber du musst von dieser Idee ablassen! Selbst wenn du lebend zurückkehren würdest, wäre es vielleicht zu spät oder Itachi-sama würde dich aufhalten. Du bist doch erst sechzehn und noch ein halbes Kind! Warum willst du Sasuke-sama denn unbedingt helfen?“, wollte Chiyoko wissen. „Obaasan“, sagte Yumi liebevoll, „würdest du nicht dasselbe tun, an meiner Stelle? Würdest du das Dorf nicht mit allen Mitteln vor Itachi und seinen Machenschaften schützen wollen? Und du weißt ebenso gut wie ich, dass es nie wieder wie früher sein würde, wenn Itachi die Herrschaft über uns übernehmen würde! Er hat bereits den ersten Stein geworfen, indem er den Wilderern erlaubt hat, Jagd auf die Füchse zu machen und indem er dadurch gegen den Friedenspakt mit den Fuchsdämonen verstoßen hat!“ In diesem Moment, als ob dies Yumis Worten Nachdruck verleihen sollte, erklangen mehrere Schreie von draußen. Erschrocken sahen sich Yumi und Chiyoko an und stürmten hinaus. Draußen kamen ihren sofort Minoru und Kazuya entgegen. „Ist euch etwas passiert?“, wollte Kazuya wissen und sah Yumi und Chiyoko besorgt an. Yumi schüttelte den Kopf. „Nein, aber was ist denn überhaupt los?“ Doch die Frage erübrigte sich, denn in dem Moment registrierte Yumi auch die schwarze Rauchsäule, die vom Marktplatz aufstieg. Menschen liefen panisch herum und versuchten, die Flammen zu löschen. „Ich glaube, die Vorratskammer brennt…Ihr bleibt hier, ich werde mal sehen, ob ich helfen kann!“, sagte Kazuya und rannte davon. „Man, Kazuya hat sich ganz schön Sorgen um dich…äh…euch gemacht!“, bemerkte Minoru an Yumi gewand. Yumi ignorierte ihn, denn sie versuchte, aus dem aufgeregten Stimmengewirr der anderen Leute etwas herauszuhören. „Ich sag es euch, es waren die Füchse! Diese verdammten Dämonen, halten sich nicht an den Pakt!“, meinte eine Frau vor dem Nachbarhaus zu zwei anderen. Scheinbar hatte auch Chiyoko es gehört, denn sie wechselte einige vielsagende Blicke mit Yumi. „Kommt ihr allein zurecht? Ich gehe auch helfen!“, unterbrach Minoru ihre stille Kommunikation. Chiyoko nickte und Minoru folgte seinem Bruder. Als er weg war seufzte Chiyoko ein weiteres Mal. „Wenn es wirklich die Fuchsdämonen waren, sieht es sehr schlecht für uns alle aus…Der Krieg könnte erneut entfachen…“, murmelte sie besorgt. „Bedeutet das, dass du mich gehen lässt? Was muss ich tun, um das zu verhindern?“, wollte Yumi wissen. „Wie es aussieht, haben wir ja keine andere Wahl...“, erwiderte Chiyoko mit ernster, aber auch trauriger Stimme. Kapitel 11: Aufbruchsstimmung ----------------------------- Gut, nun folgt mal wieder ein laaaanges Kappi ^^ Nun geht der Hauptteil der Geschichte endlich los :D Irgendwie freu ich mich ja schon richtig darauf, darüber zu schreiben. Aber andererseits wird es bestimmt auch kompliziert @.@ Falls in diesem Kappi übrigens ein paar Begriffe auftauchen, die euch nichts sagen (beispielsweise „Kappa“): Keine Sorge, ich kann euch versichern, dass die noch aufgeklärt werden ^^ Einige von euch hatten in ihren Kommis schon die Vermutung geäußert, dass sich da was zwischen Yumi und Minoru aufbauen könnte. Doch ich hoffe, dass ich euch mit diesem Kapitel aufzeigen kann, in wessen Herz sich Yumi in Wirklichkeit geschlichen hat ^.~ Auf jeden Fall kann ich euch versichern, dass es noch einige Überraschungen geben wird ^^ Und nun viel Spaß beim Lesen! *** Viele Dorfbewohner hatten die Nacht über durchgearbeitet, um den Brand zu löschen. Nun, am frühen Mittag des nächsten Tages, war nur noch etwa die Hälfte auf den Beinen, um die Trümmer aufzuräumen oder eventuell noch etwas daraus zu Bergen, was noch nicht völlig verbrannt war. Noch immer bäumten sich über dem Dorf schwarze Rauchwolken verheißungsvoll zu düsteren Bergen auf, doch immerhin hatten die Männer mittlerweile größtenteils das Feuer gelöscht. Glücklicherweise hatten sich die Flammen nicht weiter ausgebreitet, aber der Verlust des Vorratslagers war schwerwiegend genug. Das Strohdach des länglichen Hauses, in dem diverse Lebensmittel und andere Dinge lagerten, hatte sofort Feuer gefangen, als die Brennenden Pfeile der Dämonen eingeschlagen waren. Man war sich ganz sicher, dass es die Dämonen waren, denn die stromlinienförmigen Pfeilspitzen, die man noch aus der Asche bergen konnte, waren eindeutig das Werk des Fuchsstammes. Doch Kazuya und Minoru, die ebenfalls noch immer dabei waren, kleinere Flammen und Glutherde mit Erde zu ersticken oder mit Wasser zu löschen, waren die einzigen auf dem Marktplatz, die den Grund für diesen Anschlag kannten. „Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert!“, ächzte Minoru, als er den nächsten Eimer Wasser herbeihievte. „Das war nur eine Warnung! Es ist noch nicht vorbei…“, sagte Kazuya fast flüsternd. Seine Stimme klang mehr als nur trübsinnig. Minoru erwiderte nichts, denn er wusste, dass sein Bruder Recht hatte. Nur vereinzelt befanden sich Frauen unter jenen, die die Spuren des Brandes beseitigen wollten. Die meisten von ihnen waren zurück in ihre Häuser und Hütten gegangen, um ihre Kinder zu beruhigen oder den verlorenen Schlaf der vergangenen Nacht nachzuholen. Auch Chiyoko und Yumi waren verschwunden. Mehrmals sah sich Kazuya besorgt nach Yumi um – es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie sich, neugierig wie sie war, auf die Suche nach den Brandstiftern gemacht hätte. Doch als er genauer darüber nachdachte, befand er, dass es sogar für Yumi absurd wäre, sich in eine solche Gefahr zu begeben. Minoru unterbrach seine Gedanken: „Du siehst besorgt aus…Ich habe auch Angst. Hoffentlich ist Itachi nicht so dumm, um den Krieg mit dem Fuchsstamm erneut auflodern zu lassen…“ Kazuya schob einen zerbrochenen Holzbalken zur Seite und legte die Überreste eines Stapels verbrannter Felle frei. „Ich glaube, hier ist nichts mehr zu retten.“, sagte er, ohne auf Minorus Worte einzugehen. Minoru runzelte die Stirn und sah seinen Bruder besorgt an. Plötzlich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf: „Oh, verdammt! Wir sind doch heute bei Yumi zum Essen eingeladen.“ Kazuya sah zum rauchverhangenen Himmel und fuhr mit dem Handrücken über seine Stirn, um den Schweiß wegzuwischen. Zwischen den rußigen, schwarzen Wolken schimmerte ab und an das dämmrige Licht des Abendrots hindurch. „Na dann sollten wir gleich mal losgehen. Scheint so, als könnte man hier auch ein bisschen auf uns verzichten. Ich habe schon ziemlichen Hunger.“, meinte Kazuya und versuchte, sich nichts mehr von seiner Sorge anmerken zu lassen. Tatsächlich waren die meisten Männer und Frauen bereits erschöpft nach Hause gegangen, am heutigen Tage würden sie sowieso nicht mit den Aufräumarbeiten fertig werden. Minoru nickte. „Aber vorher sollten wir uns vielleicht waschen und umziehen.“, bemerkte Minoru und sah an sich hinunter. Sowohl er, als auch Kazuya waren von oben bis unten mit Dreck und Ruß befleckt. „Ja, du hast Recht.“, stimmte Kazuya zu. Schließlich, nach einem kurzen Bad im Zuber und mit frischer Kleidung, standen Kazuya und Minoru vor Yumis Haustür. Kurz nachdem Minoru geklopft hatte, näherten sich leise Schritte von innen. Als Chiyoko die Tür öffnete und die Brüder erblickte, wirkte sie erschrocken. „Oh, hallo Jungs! Was kann ich für euch tun?“, fragte sie freundlich, doch es lag ein nervöser Unterton in ihrer Stimme. Kazuya und Minoru runzelten beide die Stirn. „Ähm…Yumi hatte uns doch in deinem Auftrag zum Essen eingeladen!“, antwortete Minoru. Chiyoko sog scharf die Luft ein. „Das hatte ich ganz vergessen!“, entfuhr es ihr. „Sollen wir vielleicht lieber morgen wieder kommen? Wir können verstehen, wenn es nach dieser Nacht zu hektisch für euch war.“, fragte Kazuya. „Morgen? Nun ja…Um ehrlich zu sein…Yumi ist…nicht da. Aber ihr seid natürlich trotzdem herzlichst eingeladen!“, fügte Chiyoko noch schnell hinzu. Kazuya hob misstrauisch eine Augenbraue. Ihm waren weder Chiyokos merkwürdiges Verhalten, noch die Tatsache, dass sie die Tür bis jetzt nicht weiter, als eine Handbreite geöffnet hatte, entgangen. „Was meinst du mit nicht da?“, fragte Minoru, ehe es Kazuya tun konnte. Chiyoko seufzte und ließ sich für Kazuyas Geschmack zu viel Zeit mit der Antwort. „Ich habe sie gebeten, einige Kräuter aus den Nachbardörfern zu besorgen. Wegen der…vielen Verletzten. Etliche haben Brandwunden oder eine Rauchvergiftung erlitten.“, erklärte die alte Frau. Minoru schnappte nach Luft. Kazuyas Augen weiteten sich. „Du würdest sie niemals einer solchen Gefahr aussetzen! Die Wilderer könnten immer noch irgendwo in der Nähe sein! Und sie könnte auch den Dämonen geradewegs in die Hände laufen! Was ist wirklich los?“, wollte Kazuya wissen – er klang nun leicht aufgeregt und besorgt. „Es ist die Wahrheit! Ich habe nicht genug Kräuter hier, um…“, Chiyoko wurde von Kazuya unterbrochen: „Chiyoko-san, ich kenne dich, du würdest nicht nur wegen ein paar Kräutern zulassen, dass Yumi jetzt allein daraus geht! Ich habe die Leute gesehen, einige mag es vielleicht erwischt haben, aber die könntest du auch mit den Mitteln versorgen, die du da hast!“ Mit den Worten drückte Kazuya die Tür auf, schob Chiyoko sanft beiseite und ging ins Haus. Minoru folgte ihm sofort. Beide stürmten in Yumis Zimmer. Doch alles was sie vorfanden, waren ein paar Kleidungsstücke, die wüst im Raum verteilt lagen. Chiyoko, die hinter den Brüdern ins Zimmer trat, seufzte laut. „Na gut, nun kann ich es ja ohnehin nicht mehr ändern. Und auch wenn ich ahne, was ihr tut, wenn ich euch alles erzähle, ist es vielleicht auch besser so.“, murmelte sie. Kazuya und Minoru drehten sich um, warfen sich einen fragenden Blick zu und sahen Chiyoko erwartungsvoll an. „Kommt mit in die Küche, es ist besser, wenn ihr euch setzt und einen beruhigenden Tee trinkt.“, sagte sie und ging voraus. Dort angekommen, goss sie den gerade aufgesetzten Tee in drei Becher und alle drei setzten sich. Wortlos warteten Kazuya und Minoru auf eine Erklärung. „Yumi ist fort.“, begann Chiyoko. „Sie…hat herausgefunden, woran Sasuke-sama erkrankt ist. Es war eher zufällig, doch wir wissen nun, dass er vergiftet wird – offensichtlich von seinem eigenen Bruder.“ Minoru stockte der Atem. Kazuyas Blick schien immer ernster und sorgenvoller zu werden. Chiyoko fuhr fort: „Es ist ein sehr seltenes Gift, das man in dieser Gegend nicht findet. Die meisten Heiler kennen das Gift der sogenannten Yámaiblume nicht einmal, geschweige denn das Heilmittel! Selbst ich habe nur aus Erzählungen gehört, dass es existiert oder besser gesagt existieren soll. Es wird aus vier Zutaten gewonnen, deren Beschaffung jedoch äußerst schwierig und gefährlich ist. Doch“ Sie seufzte „ihr kennt ja Yumi. Ich konnte sie nicht aufhalten. Sie will diese Zutaten unbedingt bekommen, da sie weiß, was passiert, wenn sie versagt. Der Krieg mit den Dämonen würde erneut ausbrechen, doch dieses Mal könnte Sasuke-sama nicht einschreiten und uns den Frieden bringen. Dieses Mal würde Itachi seine Truppen bis aufs Erbittertste kämpfen lassen. Schon beim letzten Mal entsandte der Kaiser viele Männer zu unserer Unterstützung, da er wusste, dass nicht nur unser Dorf und die umliegenden Dörfer den Dämonen zum Opfer fallen würden. Doch dieses Mal würde sich der Krieg sicher auf das ganze Land ausbreiten…Es wäre schrecklich. Sicher würden die Dämonen keine neuen Friedensverhandlungen akzeptieren, da wir den Pakt schon ein Mal gebrochen haben. Sasuke-sama wäre der einzige, der eine Katastrophe verhindern könnte!“, Chiyokos raue Stimme wurde fast schrill, so aufgebracht und verzweifelt war sie über diese Situation. Minoru und Kazuya waren kaum fähig, etwas zu sagen. Sie hörten Chiyoko fassungslos weiter zu. „Jedenfalls ist Yumi losgezogen, als alle abgelenkt waren und sie unauffällig das Dorf verlassen konnte. Ich mache mir solche Vorwürfe, aber wir hatten keine andere Wahl! Und nun werdet auch ihr mit hineingezogen!“, Chiyoko war sichtlich am Ende ihrer nervlichen Kräfte. „Beruhig dich, Chiyoko-san! Wohin ist sie gegangen? Was sind das für Zutaten? Vielleicht können wir sie irgendwo einholen und abfangen!“, meinte Kazuya. „Ich glaube nicht, dass euch diese Zutaten etwas sagen würden. Man benötigt das magische Wasser vom Kopf eines Kappa, ein bestimmtes Heilkraut, das nur in den Gärten der Oni wächst, das Pulver von der Klaue eines Tengus und schließlich eine Frucht aus dem Pfirsichgarten der Göttin Seiobo…“, entgegnete Chiyoko. Minoru runzelte verwirrt die Stirn. „Moment…diese Oni…das sind doch die dreiäugigen Dämonen, von denen die Geschichtenerzähler immer berichten! Und einen Pfirsich aus Seiobos Garten? Ich dachte, das sei nur eine Legende!“, widersprach er. Chiyoko seufzte und schüttelte den Kopf. „Der Garten liegt weit im Norden…Doch bis jetzt ist noch niemand bis dorthin vorgedrungen.“, erklärte sie. Kazuya starrte Chiyoko fassungslos an. „Wie kannst du Yumi so etwas zumuten?!“, fuhr er sie ungewollt heftig an. „Zügle deinen Zorn, mein Junge! Yumi weiß, was sie tut. Sie wird sich nicht ganz allein auf die Reise begeben.“, sagte Chiyoko. – „Sondern?“ Chiyoko wich Kazuyas funkelndem Blick aus. „Sie wird den Stamm der Füchse um Hilfe bitten.“, entgegnete Chiyoko schließlich nach einer längeren Pause. „Was?!“, schrieen Minoru und Kazuya gleichzeitig auf. „Beruhigt euch!“, wies Chiyoko sie an. „Und brüllt hier nicht so herum! Oder wollt ihr, dass euch die Wachen hören und Itachi-sama von der Sache Wind bekommt?! Na also! Nun hört mir erstmal zu ende zu. Ich war damals bei den Verhandlungen mit den Dämonen dabei und stand Sasuke-sama als Beraterin bei.“ Die beiden Jungs sahen Chiyoko ungläubig und mit offenstehenden Mündern an, unterbrachen sie jedoch nicht. „Die Füchse kennen mich also. Ich habe Yumi etwas mitgegeben, das ihr Schutz bieten wird…Sie werden ihr nichts antun und ihr Gehör schenken. Wenn es ihr gelingt, dem Stammesführer der Füchse unsere Situation darzulegen, kann sie uns vielleicht etwas mehr Zeit verschaffen. Ich hoffe, dass die Füchse ihr um des Friedens Willen helfen werden. Aber…wenn ich so darüber nachdenke…würde ich mir wünschen, dass sie sich nicht ganz allein auf die Reise gemacht hätte…“ Kazuya nickte und stand auf. „Wir werden sie suchen!“, sagte er und in seinen Augen glühte die Entschlossenheit. „Was?!“, entfuhr es Minoru. „Bitte, ich weiß, dass ihr sie nie im Stich lassen würdet, aber tut nichts Überstürztes! Ich wollte damit nicht sagen, dass ihr sie suchen sollt.“, meinte Chiyoko. „Aber wir sind die einzigen, die sie finden können! Wir sind die einzigen, die von dieser ganzen Sache wissen. Bitte, Chiyoko-san, du hast uns das doch nicht alles umsonst erzählt!“, sagte Kazuya. Chiyoko seufzte ein weiteres Mal. „Ja, du hast Recht. Natürlich hatte ich irgendwie gehofft…Aber das ist unvernünftig! Ich kann nicht zulassen, dass ihr euch auch noch in Gefahr begebt.“, widersprach Chiyoko – scheinbar. Plötzlich lächelte Kazuya. „Keine Sorge, wir bringen sie wohlbehalten zurück. Du musst uns nur noch sagen, wo wir suchen müssen. Der Wald der Dämonen ist schließlich nicht ganz klein.“, bat er ruhig. Minoru stöhnte resigniert auf. „Warum muss sie sich eigentlich immer in Schwierigkeiten bringen?! Das mit den komischen Kerlen neulich hat mir schon gereicht. Aber was soll’s, irgendwer muss sich ja um sie kümmern.“, seufzte er. Chiyoko lächelte dankbar. „Ich werde es euch auf der Karte zeigen.“, sagte sie und verschwand kurz im Nebenraum, um anschließend mit einer Karte zurückzukehren. Sie breitete das Pergament auf dem Tisch aus. Die Karte zeigte einen riesigen Wald, der das Dorf und einige andere Dörfer komplett umschloss. Hier und da verbanden Wege die rund zwei Dutzend Dörfer und ein Großer Fluss wand sich mit seinen vielen Verästelungen durch die Bäume. Das Dorf, dessen Oberhaupt Sasuke war – noch – befand sich ganz in der Nähe von einem der zahlreichen Nebenarme des Flusses. „Hier ist der Mizurei.“, sagte Chiyoko und fuhr mit der Fingerspitze die Konturen des Flusses nach, bis hin zu seinem nahegelegenen Ausläufer. Dann deutete sie auf eine Stelle östlich des Dorfes auf der anderen Seite des Flusses. „Auf der anderen Uferseite beginnt das Gebiet der Kitsune – so nennen sich die Füchse selbst. Voraussichtlich haben sie ein kleines Lager in der Nähe, für ihre Spähposten. Dorthin wird Yumi gehen und dort solltet ihr mit eurer Suche beginnen. Falls ihr sie verpasst, solltet ihr weiter in Richtung Nordwesten gehen. Hierhin.“, Chiyoko deutete auf einen Punkt, der sich, wie sie gesagt hatte, nordöstlich befand. An dieser Stelle war der Wald häufiger von größeren Lichtungen unterbrochen und das Gebiet schien hügliger zu werden. Außerdem befanden sich dort zwei Dörfer, die recht nahe beieinander lagen. „Dort leben die Oni. Sie halten sich von den Dörfern fern, jedoch betreiben sie ab und an Handel mit den Menschen. Yumi würde sie als nächstes aufsuchen.“ Kazuya nickte. „Können wir die Karte mitnehmen?“, wollte Minoru wissen. „Sicher. Ich werde euch auch etwas Brot und Reis mitgeben. Wartet kurz.“, entgegnete Chiyoko und huschte in der Küche herum. „Aber das ist doch nicht nötig!“, wollte Kazuya widersprechen, doch Chiyoko duldete keine Widerrede. Minoru sah Kazuya fragend an. „Dann steht es also fest?“ Kazuya nickte. „Ja, wir brechen noch heute auf.“, entgegnete er. Kapitel 12: Spuren ------------------ „Hast du alles?“, fragte Minoru und schnürte den Reisebeutel zu, in den er in aller Eile das Nötigste an Kleidung, Lebensmitteln und anderen Dingen, die vielleicht von Nutzen sein konnten, hineingestopft hatte. Auch den vollen Köcher hatte er geschultert, den großen Bogen hielt er in der Hand. Kazuya nickte, sein Blick wanderte hinüber zu dem Schwert seines Vaters, das dort die Wand schmückte. „Du willst Vaters Schwert mitnehmen.“, es war keine Frage, sondern eine Feststellung Minorus. Kazuya nickte erneut. „Er schmiedete es zu jenen Zeiten des Krieges, doch er hoffte, dass es niemals in einer solch blutigen Schlacht zum Einsatz kommen würde. Nun brauchen wir es auf unserer Reise, um den Frieden zu wahren und zu verhindern, dass es jemals wieder einen Krieg wie damals geben wird. Vater hätte gewollt, dass wir es mitnehmen!“, entgegnete Kazuya und nahm das Schwert von der Wand. Seine Hand strich liebevoll über das dunkle Leder der Schwertscheide. „Ich will dich ja nur ungern stören, aber die Zeit wird knapp. Je eher wir loskommen, desto besser. Chiyoko hat gesagt, dass Yumi heut Morgen aufgebrochen ist, wir müssen sie so schnell es geht einholen.“, bemerkte Minoru. Wortlos befestigte Kazuya die Schwertscheide an seinem Gürtel, schob sein rotes Stirnband zurecht und eilte hinaus. „Hoffentlich klappt alles so, wie wir es mit Chiyoko besprochen haben!“, meinte Minoru, während sie so unauffällig wie möglich das Dorf Richtung Westen verließen. „Chiyoko wird das schon regeln. Wenn sich jemand wundert, dass wir weg sind, erzählt sie einfach, wir seien auf einer Lehrreise in ein anderes Dorf, um dort für einige Zeit bei einem andern Schmied zu lernen. Klingt doch glaubwürdig! Ansonsten können wir wohl nur hoffen, dass die Götter uns beistehen…“, murmelte Kazuya. Schließlich hatten sie das Dorf verlassen und schlugen sich nun durch das dichte Unterholz des Waldes. Zu hören war nur das Zwitschern der Vögel und ab und an das Knacken eines Zweiges, wenn ein Tier durch das Dickicht huschte. Kazuya und Minoru sahen sich aufmerksam um, doch sie konnten keine Spuren entdecken. Das war allerdings auch nicht verwunderlich, schließlich war es unwahrscheinlich, dass Yumi exakt denselben Weg genommen hatte. Minoru seufzte. „Hoffentlich finden wir sie bald.“, sagte er. Kazuya blieb zu Minorus Verwirrung stehen und gab ihm zu Verstehen, leise zu sein und zu lauschen. „Hörst du das?“, fragte er. Minoru horchte angestrengt auf die Geräusche des Waldes. „Oh, das muss der Fluss sein!“, entgegnete er und setzte den Weg fort. In der Tat waren sie kaum hundert Schritt vom Seitenarm des Mizureis entfernt. Der Fluss, vor dem Minoru und Kazuya nun standen, war viel breiter, als es auf der Karte den Anschein hatte. Doch das überraschte die Brüder nicht, schließlich waren sie nicht zum ersten Mal dort. Der etwa hundert Fuß breite Strom wand sich sprudelnd durch den Wald und schlug hier und da eine Kurve ein. Das Ufer war von Moosflechten und Farn gesäumt und der Boden war leicht feucht. Wachsam suchte Kazuya den Boden nach Spuren ab, Minoru tat es ihm gleich. „Hier drüben, komm mal her!“, rief Kazuya seinem Bruder zu und hockte sich hin. Minoru hob eine Augenbraue, als Minoru auf eine Reihe von Spuren deutete, die sich deutlich im feuchten Moos abzeichneten. „Ich glaub nicht, dass die von Yumi stammen. Das sind mindestens zwei oder drei Personen gewesen. Wahrscheinlich waren es Männer, sonst wären die Spuren nicht so tief.“, erklärte Kazuya nachdenklich. Minoru verfolgte die Richtung, in die die Spuren führten, mit den Augen – sie verliefen eine Weile parallel zum Ufer und verschwanden dann wieder im Wald. „Hm…Muss ja nichts heißen, ich glaub nicht, dass sie jemand gesehen oder gar verfolgt hat. Wer hätte denn schon Grund dazu?“, bemerkte Minoru und schien dabei Kazuyas Gedanken und Sorgen genau zu kennen. „Ja, wahrscheinlich hast du Recht. Ich sollte mir nicht immer so viele Sorgen machen.“, seufzte Kazuya und stand auf. „Komm, gehen wir weiter. Ich schlag vor, wir gehen nach rechts.“, bestimmte Kazuya. Kurze Zeit später entdeckten die Beiden weitere Spuren auf dem Boden – dieses Mal eindeutig von einer Frau beziehungsweise von einem Mädchen, denn die Abdrücke waren viel kleiner und auch nicht so tief wie die vorigen. „Scheint, als wäre sie hier gewesen.“, vermutete Minoru und wiegte nachdenklich mit dem Kopf hin und her, als er das verwirrende Muster der Spuren betrachtete. Nachdem Yumi den Wald verlassen hatte, war sie offensichtlich zunächst ein kleines Stück nach links gegangen, war anschließend wieder umgekehrt und schließlich hatte sie ihren Weg nach rechts fortgesetzt. „Sieht so als, als wüsste sie nicht, wo sie langgehen sollte.“, murmelte Minoru und musste aus irgendeinem Grund grinsen. „Wäre ja typisch für sie.“, fügte er hinzu. „Lass sie uns lieber weitersuchen, anstatt über ihr Orientiervermögen zu spekulieren.“, sagte Kazuya und warf seinem Bruder ein flüchtiges Lächeln zu. Plötzlich schallte ein schrilles „Ahhhh!“ durch den Wald und ließ Kazuya und Minoru sofort hochschrecken. „Yumi!“, riefen beide gleichzeitig und stürmten augenblicklich los. Kazuya rannte voran und ignorierte die Büsche und tiefhängenden Zweige, die ihm ins Gesicht schlugen und seine Arme zerkratzten. Minoru versuchte geschickt, den Zweigen, die hinter seinem Bruder zurückschnellte, auszuweichen und mit Kazuya mitzuhalten, ohne über seine eigenen Füße zu stolpern. Schließlich erreichten die beiden eine kleine Lichtung und fanden die auf dem Boden kniende Yumi vor. „Yumi! Ist die was passiert?“, fragte Kazuya besorgt und außer Atem und ließ sich neben das Mädchen auf die Knie fallen. Yumi starrte ihn und Minoru nur abwechselnd verblüfft an. „Kazuya? Minoru? Was macht ihr hier?“, wollte sie wissen, anstatt zu antworten. „Was wir hier machen? Dich suchen natürlich! Was hast du denn gedacht, dass wir das nicht rausfinden oder dich allein hier rumlaufen lassen?“, entgegnete Minoru empört. „Ist alles in Ordnung bei dir?“, wiederholte Kazuya und musterte Yumi besorgt. Yumi sah verlegen zu Boden. „Ja, alles klar. Ich bin nur…na ja…gestolpert. Ich habe so angestrengt den richtigen Weg gesucht, dass ich nicht darauf geachtet habe, wo ich hinge und bin prompt an einer Wurzel hängen geblieben“, murmelte sie. Minoru stöhnte auf und Kazuya ließ sich erleichtert zurück sinken. „Tut mir leid, falls ihr euch Sorgen gemacht habt. Der Fuß tut ein bisschen weh, aber das ist gleich vorüber. Es ist wirklich allen in Ordnung!“, versicherte Yumi. „Aber das wird es nicht mehr lange sein!“, grollte eine tiefe Männerstimme hinter ihr. Kazuya und Minoru rissen den Kopf hoch und sahen in das düstere Gesicht des Mannes, vor dem sie Yumi bereits schon ein Mal gerettet hatten – einer der Wilderer. Er hielt eine Armbrust in den Händen, die genau auf Yumi gerichtet war. Yumi saß wie zu Stein erstarrt da und sah nur ungläubig zu, wie auch die beiden anderen Männer aus dem Dickicht hervortraten. Der eine hatte sein Schwert gezückt und richtete die blutbefleckte Klinge auf Minoru. Minoru hoffte, dass das getrocknete Blut wenigstens nicht von einem Menschen stammte, sonst sah es ziemlich schlecht für sie alle aus. Der Dritte war ebenfalls mit einer Armbrust bewaffnet und visierte Kazuya an. „Waffen weg!“, brüllte der Erste noch mal. Kazuya drehte leicht den Kopf, um Minoru, der hinter ihm stand, zuzunicken. Widerwillig ließ Minoru Bogen und Köcher fallen, Kazuya zog langsam das Schwert und warf es dem Zweiten vor die Füße. Der Anführer lachte kurz auf, während die beiden anderen die Waffen aufhoben, die Minoru und Kazuya abgelegt hatten. „Das habt ihr nun davon, euch in unsere Angelegenheiten einzumischen!“, lachte der Erste. „Dann waren das eure Spuren.“, stellte Kazuya düster fest. Der zweite zuckte mit den Schultern. „Wir haben euch beobachtet. Als Die Kleine aufgebrochen ist, sind wir ihr gefolgt, aber dass ihr hier auch noch auftaucht, hätten wir nicht vermutet. Aber schön, dass ihr uns nun alle drei ins Netz gegangen seid! Wir mögen keine Schnüffler!“, meinte er. „Genug gelabert! Aufstehen! Los!“, dröhnte der Erste und machte eine entsprechende Bewegung mit der Armbrust. Kazuya erhob sich, doch Yumi blieb wie angewurzelt sitzen. „Aufstehen, sag ich!“, befahl der Erste wieder. „Ganz ruhig, alles wird gut.“, flüsterte Kazuya Yumi zu und reicht ihr die Hand. Als Yumi zu ihm aufsah, standen ihr die Tränen in den Augen, aber sie nickte und ließ sich von Kazuya aufhelfen. „Wo bringt ihr uns hin?“, wollte Minoru wissen. „Halt die Klappe und geh!“, zischte der dritte mit rauer Stimme und gab ihm einen Stoß, sodass er beinahe gestolpert wäre. Kapitel 13: Die Kitsune ----------------------- „Los jetzt!“, grollte der Erste und wandte sich zum Gehen. Plötzlich durchschnitt etwas mit surrendem Laut die Luft neben ihm und bohrte sich neben ihn in den Baum. Yumi schrie vor Entsetzen auf und der Anführer der Wilderer taumelte erschrocken einige Schritte rückwärts. Halb benommen sauste er herum, um nach dem Angreifer Ausschau zu halten. Seine beiden Handlanger, Minoru und Kazuya drehten sich ebenfalls wachsam um. Einer der Wilderer, der nun das Schwert nur noch zitternd in der Hand hielt, riss die rot unterlaufenen Augen auf. „Ein…Ein…Ein Dämon!“, schrie er und stolperte ungeschickt nach hinten. Diesen Moment hätten Kazuya, Minoru und Yumi zur Flucht nutzen können, doch sie waren selbst wie erstarrt. Alle starrten nur das Wesen an, das hinter ihnen auf die Lichtung getreten war: Die Kreatur hatte pechschwarzes Fell und aus seinem zu einer grässlichen Grimasse verzerrtem Gesicht funkelten zwei wütende, glühendrote Augen. Er stand aufrecht wie ein Mensch, doch seine Hände glichen eher scharfen Klauen, die einen großen Bogen umschlossen, dessen Sehne bereits wieder gespannt war, jederzeit bereit ein weiteres, dieses Mal vielleicht tödliches Geschoss, abzuschießen. „Weg von den Kindern!“, knurrte die tiefe, raue Stimme des Dämons. Nun löste sich der Anführer aus seiner Erstarrung. Er hob die Armbrust an und zielte auf den Dämon, sein zweiter Handlanger hatte den Bogen ebenfalls auf das fremde Wesen gerichtet. „Was willst du mickriger Dämon denn schon allein gegen uns drei ausrichten? Wenn du deinen Pfeil abschießt, wird dich einer von uns sofort töten!“, grollte der Anführer fast schon belustigt. Kazuyas Blick konnte gar nicht schnell genug über die Lichtung jagen, wie dämonische Gestalten aus dem Dickicht sprangen, bis die Lichtung scheinbar von einer schwarzen Mauer mit unzähligen, roten Augenpaaren umschlossen war. Der Anführer der Wilderer verzog wütend die Mundwinkel, seinem zweiten Handlanger klappte die Kinnlade herunter und er ließ hilflos den Bogen sinken. Der Dritte warf jammernd das Schwert zur Seite und flehte um sein Leben. „Weg von den Kindern!“, dröhnte die Stimme des Dämons erneut. Der Anführer fluchte hasserfüllt, ließ aber dennoch seinen Blick noch ein Mal über die Lichtung schweifen. Doch als er einsah, dass seine Fluchtchancen gleich null waren und er bei jeder falschen Bewegung gleich von mehreren Dutzend Pfeilen durchbohrt werden würde, ließ auch er die Waffe fallen und entfernte sich von Kazuya und Yumi. Minoru, der noch etwas abseits von seinem Bruder und Yumi stand vergaß beinahe das Atmen. „Sie werden uns alle töten!“, dachte er bitter und warf Kazuya einen hilfesuchenden Blick zu. Der jedoch hatte sich schützend vor Yumi gestellt, obwohl es ohnehin aussichtslos war. Sofort, als die drei Männer auf Abstand gegangen waren, lösten sich mehrere Dämonen aus der schwarzen Masse, ergriffen Yumi, Minoru und Kazuya und rissen sie mit sich. Kazuya versuchte zwar, sich zu wehren, doch gegen die Übermacht der Dämonen kam selbst der muskulöse Schmied nicht an. Er warf einen besorgten und hilflosen Blick über die Schulter zu Yumi und Minoru, als die Dämonen sie mit sich zerrten. Yumis Gesicht schien wie eine steinerne Maske aus Angst. Minoru konnte er nicht mehr sehen, denn sofort trieben ihn die Dämonen zum Weitergehen an. Auch die drei Männer waren nicht zu sehen, offensichtlich waren sie mit den anderen Dämonen auf der Lichtung zurückgeblieben. „Aber warum?“, fragte sich Kazuya. Prompt bekam er die Antwort: Drei angstverzerrte Schreie ließen ganze Vogelschwärme aufgeschreckt davon flattern. Im selben Moment ertönte ein lautes, luftschneidendes Zischen wie vorhin, doch dieses Mal war es nicht nur ein Pfeil, sondern gleich mehrere Dutzend. Und dieses Mal, dessen war sich Kazuya sicher, verfehlte nicht einer sein Ziel. Irgendwo hinter Kazuya hörte er Yumi leise Wimmern. Plötzlich überkam auch Kazuya die gnadenlose Gewissheit, dass sie das gleiche Schicksal erleiden würden, wie die Wilderer. Kazuya schüttelte widerwillig den Kopf, ehe die düsteren Gedanken an einen grausamen Tod seinen Verstand vernebeln konnten. „Wenn sie uns hätten töten wollen, hätten sie uns ebenfalls auf der Lichtung lassen können…“, versuchte sich Kazuya einzureden. Mittlerweile kam das Rauschen des Flusses wieder näher. Minoru fragte sich, wo man sie wohl hinbrachte. Doch er wagte es nicht, zu fragen. Er bemerkte kaum, dass der Wald nun auch wieder etwas lichter wurde, der Boden feuchter und moosiger. Seine Gedanken schwirrten wie ein aufgebrachter Bienenschwarm in seinem Kopf. Plötzlich wurde er ruckartig an der Schulter festgehalten und zum Stehen gebracht. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Schulter ob der rücksichtslosen Brutalität. Minoru konnte ein schmererfülltes Ächzen gerade noch unterdrücken. „Ein einfaches Halt hätte es auch getan!“, dachte er grimmig. Jetzt erst registrierte Minoru, dass sie den Fluss nun wieder erreicht hatten. Der Dämon, der ihn gerade so unsanft gestoppt hatte, gab ihm noch einen kleinen Stoß, sodass Minoru ungeschickt nach vorn stolperte und nun in einer Reihe mit Kazuya und Yumi stand. Kazuya, der neben ihm stand, warf ihm sofort einen beschwörenden Blick zu, keinen Widerstand zu leisten. Minoru nickte widerwillig. Einer der Dämonen – er war offensichtlich der Anführer des kleinen Trupps – trat vor die drei, wandte ihnen aber den Rücken zu. Er machte irgendein Pfeifgeräusch, das – so fand Minoru – Ähnlichkeit mit dem Zwitschern eines Vogels hatte. Nur kurze Zeit später trat ein weiterer Dämon aus dem Dickicht. Er schien sich nicht großartig von den anderen zu unterscheiden: pechschwarzes Fell und ein unansehnliches Gesicht mit rotfunkelnden Augen. Was wurde hier gespielt? „Wir haben sie gefunden. Gerade noch rechtzeitig.“, berichtete der Anführer des Trupps mit tiefer Stimme. Plötzlich klang er nicht mehr so bedrohlich – oder kam es Minoru nur so vor? Der andere Dämon nickte. „Gut. Und die Wilderer?“, fragte er – oder besser gesagt sie, denn es war die sanfte Stimme einer Frau. Minoru, Kazuya und Yumi sahen die Dämonin alle leicht überrascht an. „Tod, wie du es wolltest. Wenn du willst, gehe ich schon mal voraus und sage Vater bescheid.“, entgegnete der männliche Dämon. „Ja. Richte ihm aus, dass wir in Kürze das Lager erreichen werden und in etwa ein oder zwei Tagen ankommen werden.“, antwortete die Dämonin. Der andere nickte und hob zum Abschied die Hand. Dann konnte Minoru nur noch staunend mitverfolgen, wie die schwarze Gestalt geschickt über einige größere Felsen sprang, die aus dem Fluss ragten und somit den Fluss überquerte. Ein Mensch hätte es niemals geschafft, die glitschigen Steine, die nur eine sehr unregelmäßige Brücke bildeten, zu passieren, ohne den Halt zu verlieren und dann von der unberechenbaren Strömung mitgerissen zu werden. Minoru verstand rein gar nichts mehr. Was hatten die Dämonen mit ihnen vor? Jetzt wandte sich die Dämonin ihm, Yumi und Kazuya zu. Eine ganze Weile stand sie einfach nur so vor ihnen und sah sie an. Minoru fühlte sich immer unbehaglicher. Von den anderen Dämonen rührte sich keiner. Schließlich hob die Dämonin unnötig langsam die Hand und…striff ihr schwarzes Fell zu Seite. Minoru hob verwirrt die Augenbrauen. Es war nur ein täuschend echter Umhang! In derselben Bewegung entledigte sie sich auch ihres furchteinflößendes Gesichtes – ein Maske! Unter der Fassade kam das wohl hübscheste Mädchen zum Vorschein, das Minoru jemals gesehen hatte. Auch Kazuya und Yumi, die sich jetzt offensichtlich von ihrem ersten Schock erholt hatte, sahen die Dämonin verblüfft an. Nachdem die blasse Maske mit den roten Augen und der grotesken Form nun nicht mehr ihr Gesicht verunzierte, konnte Minoru kaum glauben, dass ihm eine Dämonin gegenüberstand. Sie hatte ein hübsches, feingeschnittenes Gesicht und seidiges Haar, das in einem wallenden, braunroten Wasserfall über ihren Rücken floss und teilweise aufwendig geflochten war. Sie hatte eine zierliche Figur, aber dennoch zeichneten sich hier und da feine Muskeln ab. Ein schlichtes, braunes Kleid, das ihr bis zum Knie reichte und mit einer eleganten Schnürung am Rücken geschlossen wurde, schmückte ihren Körper. Minoru schätze, dass sie etwa im selben Alter war, wie er. Das einzige, was ihr dämonisches Blut verriet, waren die spitzen Ohren und die – wunderschönen – topasfarbenen Augen, wie sie kein Mensch haben konnte. Zwar hatte Kazuya ebenfalls recht helle Augen, die zwei dunklen, bräunlichen Bernsteinen glichen, doch das war kein Vergleich. Die Dämonin bemerkte Minorus bewundernden Blick und schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln. Beschämt sah Minoru zu Boden. „Nun, es freut mich, dass wir uns endlich richtig kennenlernen.“, begann die Dämonin. „Mein Name ist Kasumi. Mein Vater ist das Oberhaupt der Kitsune – oder Fuchsdämonen, wie ihr uns nennt. Sicher wisst ihr es nicht, doch wir sind uns bereits begegnet.“ Kasumi hob ihren linken Arm. Leinentücher waren darum gewickelt und reichten vom Handgelenk bis knapp unter den Ellenbogen. Etwa in der Mitte des Arms zeichnete sich eine rote Linie auf dem Stoff ab. Plötzlich ergriff Yumi das Wort: „Es gibt eine Legende…Sie besagt, dass manche Füchse die Fähigkeit haben, menschliche Gestalt anzunehmen. Meine Großmutter erzählte, dass die Kitsune ebenfalls solche Gestaltenwandler sind. Diese Wunde…Bist du der Fuchs, den wir vor den Wilderern gerettet haben?“ Kasumi lächelte erneut. „Du weißt viel über uns, Yumi. Aber ich hätte auch nichts anderes erwartet, von Chiyokos Enkelin.“, meinte Kasumi. „Und ja, ich bin dieser Fuchs, den ihr vor einem grausamen Tod bewahrt habt. Ich habe mich unvorsichtigerweise zu weit ins das Gebiet der Menschen vorgewagt und bin nahe des Waldrandes in die Falle der Jäger getappt. Ich kann von Glück reden, dass ihr, Yumi, Kazuya und Minoru, mich gerettet habt. Dies rechne ich euch sehr hoch an, denn ich weiß, in welch eine Gefahr ihr euch begeben habt. Zumal es in diesen Zeiten, in denen Itachi eine Machtübernahme plant und den Hass der Menschen gegen alle Dämonen und besonders gegen uns Füchse schürt, nicht selbstverständlich ist. Ich stehe tief in eurer Schuld. Und in diesen düster werdenden Zeiten jemanden zu finden, der sich für den Frieden einsetzt, so wie ihr, ist gewiss ein Geschenk der Götter. Dies wusste ich vom ersten Moment an. Auch wusste ich, von welcher Bedeutung dieses Geschenk ist. Deshalb habe ich euch beobachtet, nachdem ich meine Wunde notdürftig versorgt hatte. Daher kenne ich nicht nur eure Namen, sondern auch die Absichten, in denen ihr losgezogen seid. Ich weiß, dass ihr herausgefunden habt, dass Sasuke, den wir alle als warmherzigen Menschen schätzen und der uns den Frieden brachte, von seinem eigenen Bruder vergiftet wird. Wir ahnten schon länger, dass Itachi finstere Pläne gegen seinen Bruder hegt. Doch wir konnten nichts tun. Wir wollen keinen neuen Krieg. Ich weiß, dass du, Yumi, uns um Hilfe ersuchen wolltest. Wir jedoch müssen euch ebenso um Hilfe bitten, denn ihr seid unsere letzte Hoffnung auf den Erhalt des Friedens – auch, wenn das sehr drastisch klingt. Deine Großmutter Chiyoko war bereits bei den ersten Friedensverhandlungen mittätig und wir hoffen, dass du, Yumi, als ihre Enkelin ähnliches erreichen kannst.“ Yumi nickte, griff in ihre Tasche und zog eine längliche Schriftrolle heraus. Sie war aus Pergament und ein rotes Band verschloss das Dokument. Behutsam löste sie es und rollte das Pergament auf. Es beinhaltete, so konnte man der Titelzeile entnehmen, den Vertrag über den Frieden zwischen Menschen und Dämonen. Am Ende des Pergaments prangten das Siegel Sasukes aus rotem Wachs und daneben der schwarze Pfotenabdruck eines Fuchses. „Meine Großmutter gab mir dies, als Beweis meiner friedlichen Absichten. Sie erzählte mir, dass Sasuke ihr dieses wichtige Dokument anvertraut hatte. Und sie wünschte sich, dass es niemals einen Anlass geben solle, der diesen Vertrag zunichte machen würden. Denn er sei schon mit zu viel Blut geschrieben worden.“, erklärte Yumi. Kazuya war erleichtert, dass sie jetzt offenbar weniger Furcht hatte und dennoch war er erstaunt, wie sich das Geschehen gewendet hatte. „Weise Worte! Doch dies ist wahrlich nicht der richtige Ort, um dies zu besprechen. Wir haben in der Nähe ein kleines Lager. Dort können wir uns ausruhen und reden.“, schlug Kasumi vor. Yumi, Minoru und Kazuya nickten dankbar, denn nach dieser Aufregung, sehnten sie sich nach ein wenig Ruhe… Kapitel 14: Albtraum -------------------- Als der kleine Trupp das Lager der Kitsune erreichte, tauchte die Sonne den Wald bereits in ein schummriges Dämmerlicht. Erschöpft ließ sich Minoru an einem Baum neben einer kleinen Feuerstelle sinken und auch Kazuya und Yumi waren dankbar, dass der lange Fußmarsch nun vorbei war. Für die Dämonen schien es weniger anstrengend gewesen zu sein, obwohl sie sogar voll bewaffnet waren. Kasumi gab den übrigen ein paar Anweisungen, woraufhin sich ein paar Männer von der Gruppe lösten und in verschiedene Richtungen ausschwärmten. Anschließend setzte sich Kasumi zu Minoru, Kazuya und Yumi. Nur einen Augenblick später eilte ein weiterer Dämon herbei, um ein kleines Feuer zu entfachen und dann, nachdem er sich respektvoll vor Kasumi und den drei Menschen verneigt hatte, wieder zu dem Rest der Truppe zurückzukehren. Minoru beobachtete aus dem Augenwinkel, dass zwei weitere Feuer entzündet wurden und sich die anderen Dämonen in kreisförmiger Anordnung um die wärmenden Flammen herumsetzten. „Seid ihr hungrig?“, fragte Kasumi in die Stille hinein. Minoru, Kazuya und Yumi nickten stumm. „Ich habe gerade schon ein paar Männer losgeschickt, es sollte nicht mehr allzu lange dauern.“, versprach die hübsche Fuchsdämonin. Kazuya räusperte sich. „Ich möchte nicht unhöflich sein, aber…na ja…vorhin auf der Lichtung haben uns die Wilderer gezwungen, unsere Waffen abzulegen. Das Schwert, das ich bei mir trug, bedeutet mir sehr viel. Es gehörte unserem Vater.“, er deutete mit einer knappen Kopfbewegung auf Minoru. „Besteht die Möglichkeit, dass ich es zurückholen kann?“, bat Kazuya. Kasumi nickte. „Natürlich, wenn dir so viel daran liegt. Ich werde sofort jemanden schicken.“, entgegnete Kasumi und erhob sich. Sie wechselte ein paar Worte mit einem Dämon, der daraufhin nickte und davoneilte. Das Tageslicht zeichnete sich mittlerweile nur noch als schmaler, goldgelber Streifen am Horizont ab. Yumi hatte sich gleich nach dem Essen – die Dämonen hatten zwei Rehe erlegt, welche gerade so für die gut zwei bis drei Dutzend Dämonen und drei Menschen reichte - ihrer Erschöpfung und Müdigkeit hingegeben und lag schlafend am Lagerfeuer. Kasumi hatte den schwarzen Fellumhang über sie gelegt, damit Yumi nicht kalt wurde. Minoru und Kazuya zwangen sich selbst wach zu bleiben. Auch sie waren sehr erschöpft, ließen sich jedoch nichts anmerken. Es hatte nicht lang gedauert, bis der von Kasumi ausgesandte Dämon wieder zurückkehrte und Kazuyas Schwert und Minorus Bogen – oder besser gesagt dessen Überreste – zurückbrachte. „Was ist passiert?“, fragte Minoru und sah leidvoll auf die zwei Hälften seines zerbrochenen Bogens. „Verzeih, aber einer der Wilderer hat ihn bei seinem Fluchtversuch zertrampelt.“, entgegnete der Dämon entschuldigend. Minoru seufzte traurig. „Sobald wir zu Hause sind, lasse ich dir einen neuen anfertigen.“, versprach Kasumi. Minoru runzelte zweifelnd die Stirn. „Mein Vater hat ihn für mich gemacht…“, murmelte er traurig. Kasumis feine Augenbrauen zogen sich sorgenvoll zu einer Linie zusammen. „Das tut mir sehr leid. Ich werde sehe, was sich tun lässt. Wenn wir morgen früh losgehen, können wir es bis zum Einbruch der Nacht bis zum Reisberg schaffen.“, meinte sie. „Reisberg?“, fragte Kazuya flüsternd, um Rücksicht auf die schlafende Yumi zu nehmen. Auch die anderen sprachen leise. „Ja. Am Fuße des Reisberges lebt mein Stamm. Auf seiner Spitze, einer kleinen Hochebene, halten wir wichtige Versammlungen ab. Außerdem sprechen die Schamanen dort zu dem ehrwürdigen Inari, unserem Beschützer. Dies hier ist nur ein kleines Lager, wo wir Rast halten oder Späher positionieren können.“, erklärte Kasumi. Kazuya nickte. Zwar war der flackernde, rötliche Schein des Feuers das einzige Licht, doch Minoru konnte in Kazuyas Augen dennoch lesen, dass er eigentlich noch viel mehr wissen wollte. Kazuya schien jedoch zu müde zu sein, um jetzt seinen Wissenshunger und seine Neugierde zu stillen. Minoru ging es ähnlich. Auch Kasumi schien dies zu erkennen. Ein lächeln umspielte ihre Lippen, als sie meinte: „Ihr solltet euch lieber auch ein wenig ausruhen. Falls wir es in einem Tag zum Reisberg schaffen wollen, müssen wir morgen früh aufbrechen. Ich lasse euch Felle bringen.“ *** „Sie kommen! Kazuya, nimm deinen Bruder und flieh!“, brüllte Masao panisch und riss das Schwert von der Wand, welches er einst für den Hauptmann der Garde geschmiedet hatte. Minoru wollte widersprechen, doch da hatte Kazuya ihn schon am Arm gepackt und mit sich gerissen. „Mach schon, Minoru, wir müssen zum Fluss!“, rief Kazuya und hastete Richtung Waldrand. „Aber was ist mit Vater?!“, schrie Minoru und wollte sich aus dem eisernen Griff seines Bruders losreißen. „Es ist zu spät.“, entgegnete Kazuya mit unbewegter Miene. Plötzlich glaube Minoru den stechenden Geruch von Rauch in der Nase zu spüren und drehte erschrocken den Kopf um. Er schrie vor Entsetzen auf, als er sah, dass das Haus, in dem sie sich gerade noch befanden – und in dem sich sein Vater noch immer befinden musste! – in Flammen stand. Wie betäubt von einem stechenden, inneren Schmerz ließ er sich von Kazuya mitreißen. Zweige peitschten an seine Wangen und Arme und hinterließen blutige Striemen. Im nächsten Moment befanden er und Kazuya sich auf einer Lichtung nahe dem Fluss, die ihm sehr bekannt vorkam. Kazuya ließ ihn nun los und Minoru sackte keuchend zu Boden. „Was…ist passiert?“, fragte er mit monotoner Stimme. „Sie sind alle tot!“, ertönte plötzlich Yumis Stimme. Das Mädchen stolperte gerade auf die Lichtung – ihr weißer Kimono war blutbefleckt und rußgeschwärzt. Ihre Augen waren gerötet und verheult. „Aber…“, Minorus konnte den Satz nicht beenden, er konnte es kaum fassen. „Keine Sorge, Junge, du wirst deinen Vater bald wiedersehen!“, grollte eine tiefe Stimme. Erschrocken schaute Minoru auf und blickte in das dreckbeschmutzte Gesicht des Wilderers. Er hatte seine Armbrust auf Minoru gerichtet und sein Mund war zu einem grausamen Lachen verzehrt. Yumi schrie auf und wurde im gleichen Moment von einem anderen Wilderer gepackt, ebenso wie Kazuya. „Weg von den Kindern!“, rief eine Stimme. Diese Szene kam Minoru ebenfalls sehr bekannt vor. Die drei Wilderer stolperten zurück und ergriffen schreiend die Flucht. Der Unbekannte trat nun hervor: sein Gesicht war von einer schrecklich aussehenden Maske verdeckt und er trug einen schwarzen Umhang. „Sie sind weg! Wir sind gerettet!“, rief Yumi dankbar auf. „Ja. Vertraut mir, es wird alles gut.“, versprach der Fremde. Doch seine Stimme erinnerte Minoru an keinen Helfer und Retter. Yumi wollte dem Mann die Hand reichen und auch Kazuya ging vertrauensvoll auf ihn zu. „Nein!“, schrie Minoru, doch es war zu spät. Plötzlich war alles schwarz. Nur die Stimme des Fremden durchdrang die Dunkelheit. „Ihr könnt mich nicht täuschen! Ihr könnt mich nicht besiegen! Ihr könnt mir nicht entkommen!“, lachte die Stimme. „Wer bist du?“, fragte Minoru verzweifelt. Jetzt wurde die Dunkelheit von einem Feuerschein erhellt. Die Luft war rauchgeschwängert, man konnte kaum atmen. Minoru rieb sich die Augen, der Rauch brannte furchtbar darin. Er erkannte verschwommene Gestalten, die reglos auf dem Boden lagen und mehr und mehr von dem Feuer eingeschlossen wurden. „Kazuya! Yumi! Vater!“, schrie Minoru entsetzt und rannte auf die Gestalten zu. Auch die leblosen Körper von Chiyoko und Kasumi lagen dort. Doch ehe Minoru sie erreichen konnte, versperrte das Feuer ihm den Weg. Die Flammen schnappten nach ihm wie ausgehungerte Wölfe und griffen mit ihren langen roten Fingern nach seinen Armen und Beinen. Minoru wankte zurück und sank auf die Knie. „Das darf nicht sein…“, stammelte er. „Es ist so! Und das alles nur, weil ihr euch in Angelegenheiten eingemischt habt, die euch nichts angehen!“, lachte die Stimme wieder. „Wer ist da?!“, schrie Minoru wütend und verzweifelt. Eine Gestalt zeichnete sich aus den Flammen ab und kam auf ihn zu. Es war wieder der Mann mit der Maske und dem Umhang. Doch er gehörte sicher nicht zu Kasumi und ihrem Stamm. Der Mann blieb einige Schritt weit vor ihm stehen. „Jetzt bin ich der Herrscher dieses Waldes! Jetzt, wo mich niemand mehr aufhalten kann. Nicht du. Nicht dein Bruder. Nicht einmal die verdammten Dämonen. Niemand!“, entgegnete der Mann und lachte erneut auf. Es war ein wahnsinniges, böses Lachen und es erfüllte Minoru mit Hass und Hilflosigkeit. Nun nahm der Mann die Maske vom Gesicht. Minoru stockte der Atem. „Itachi!“, keuchte er, als er in das Gesicht des Mannes blickte. Er war Itachi noch nicht oft begegnet, doch es war zweifellos der Bruder des Dorfherrn. „Ja ganz recht! Ich bin es! Ihr habt wohl gedacht, ihr könntet mich mit eurer kleinen Aktion aufhalten?! Tja, da muss ich euch leider enttäuschen! Aber keine Sorge, du darfst deinem Bruder und deinen Freunden bald Gesellschaft leisten! Ich habe die Kitsune ausgelöscht und mein Bruder ist ebenfalls tot, jetzt steht mir nichts mehr im Weg.“, sagte er und zog sein Schwert. Minoru erkannte sofort, dass es das Schwert seines Vaters war. „Du Mörder! Ich werde nicht zulassen, dass das passiert!“, schrie Minoru, sprang auf und wollte sich auf Itachi stürzen. Doch im selben Moment drehte sich alles um ihn herum. Itachis Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze und auch die Flammen verschwammen zu einer einzigen, flackernden Masse. Dann wurde alles schwarz. *** Schweiß gebadet fuhr Minoru hoch und schnappte nach Luft. Kasumi, die neben ihm hockte, sah ihn besorgt an. „Alles in Ordnung? Du hast im Schlaf gesprochen. Hattest du einen Albtraum?“, fragte sie. Minoru sah sie verwirrt an. Er ließ seinen Blick herumschweifen und realisierte erst jetzt, dass er geträumt hatte. Einige der Dämonen waren wach und sahen ihn verwundert an. „Äh…ja, alles in Ordnung. Ja, ich habe nur…schlecht geträumt. Es geht schon, danke.“, versicherte Minoru. Innerlich fiel ihm ein Stein vom Herzen und er hätte laut losjubeln können, dass das alles nur ein furchtbarer Traum war. Kasumi schien nicht ganz davon überzeigt zu sein, dass es Minoru gut ging, doch sie ließ ihn in Ruhe. „Versuch, noch mal einzuschlafen. Es wird bald Morgen, dann brechen wir auf.“, meinte Kasumi. Minoru nickte und obwohl ihm jetzt überhaupt nicht nach Schlafen war – genau genommen wollte er nie wieder einschlafen! – drehte er sich noch ein Mal um, schloss die Augen und hoffte, dass dieser Traum ihn nicht noch ein Mal heimsuchen würde. Doch eines war klar: Dieser Traum bestärkte ihn mehr denn je, das Heilmittel für Sasuke zu finden! Kapitel 15: Im Wald der Kitsune ------------------------------- Hay, hay :D Mal wieder ein etwas kürzeres Kapitel ^^ Hoffentlich gefällt es euch aber genauso gut, wie die vorigen ;D Tja was soll ich noch groß sagen? Beim nächsten Kapitel hört ihr wieder von mir ^^ Und nun viel Spaß beim Lesen! *** Kasumi hatte nicht gelogen, sie brachen wirklich früh auf! Man konnte den Sonnenaufgang gerademal anhand eines schmalen, blassgelben Schimmerns über den Baumwipfeln erahnen. Nebelschwaden schwebten geisterhaft über dem Boden und zogen träge zwischen den Bäumen umher. Es war kühl, aber am Himmel zeichneten sich nur kleine Wölkchen ab – es schien ein sonniger Tag zu werden. Kazuya versuchte verzweifelt seinen Bruder aufzuwecken, doch Minoru kommentierte alle Anstrengungen nur mit einem grimmigen Brummen und drehte sich weg. „Grr! Kannst du nicht ein Mal aufstehen, wenn du es sollst? Du alte Schlafmütze!“, schimpfte Kazuya. Minoru war definitiv keine Frühaufsteher, zumal er letzte Nacht nach diesem furchtbaren Albtraum eh nicht mehr wirklich zu Schlaf gekommen war. Er musste sich regelrecht anstrengen, um die Augen offen zu halten, aber immerhin gelang es ihm halbwegs. Doch als er an den Traum zurückdachte lief es ihm kalt den Rücken hinunter und er fühlte sich plötzlich hellwach. Um Minoru herum herrschte schon reger Betrieb. Die Füchse waren mit allerlei Dingen beschäftigt: einige trugen Eimer mit Wasser herbei, andere brachten Erde zum Löschen der Feuer – denn wenn man Erde zum Löschen nahm, gab es keinen Rauch –, wieder andere kamen mit Pilzen und Wurzeln beladen aus dem Wald. Minoru sah auch, dass bereits mehrere Männer damit beschäftigt waren, einen großen Keiler zu zerlegen. Offensichtlich waren bereits einige Kitsune schon auf Jagd gewesen. „Guten Morgen!“, grummelte Kazuya und riss Minoru damit aus seinen Gedanken. Minoru bemerkte den verärgerten Gesichtsausdruck seines Bruders. „Oh. Tut mir leid. Guten Morgen.“, entgegnete er in einem entschuldigenden Ton. Kazuya schüttelte nachsichtig den Kopf. „Du bist unverbesserlich.“, seufzte er. „Ich dachte, du hättest so langsam mal die Hoffnung ausgegeben, mich so früh morgens wecken zu wollen.“, scherzte Minoru. Kazuya grinste. „Na endlich! Minoru du alte Schlafmütze!“, ertönte nun Yumis Stimme - in Minorus Ohren klang es schon fast wie Kazuyas Echo. Minoru streckte Yumi die Zunge raus. „Ich bin doch schon wach!“, grummelte er. Aus dem Augenwinkel registrierte er, dass Kasumi auf ihn zukam. Ein strahlendes Lächeln zierte ihr schönes Gesicht. „Guten Morgen, Minoru! Schön, dass du nun auch wach bist. Ich hoffe, du konntest noch ein wenig schlafen.“, sagte sie. Minoru nickte. „Ja…ein wenig.“, betonte er unabsichtlich. Kasumi bemerkte, dass ihm das Thema unangenehm war und ging nicht weiter darauf ein, obwohl Yumi und Kazuya verwirrt dreinblickten. Mit einer kurzen Handbewegung beendete Kasumi das Thema und deutete auf das Feuer, um dass sich die restlichen Dämonen bereits zum Essen versammelten. „Lasst uns essen! Ich bin sicher, ihr seid schon hungrig.“ Da konnte Minoru ihr nur zustimmen und auch Yumi und Kazuya stimmten ihr zu und folgten ihr zu den anderen. Nach dem Frühstück – es war noch immer recht früh am Morgen – brach der Trupp auf. *** Mit jedem Schritt, der sie weiter in das Innere des Waldes führte, schien sich die Umgebung zu verändern. Zunächst dachte Minoru, es sei nur Einbildung, doch im Laufe des Tages wurde er sich immer bewusster, dass der Wald tatsächlich eine Art geheimnisvolle Aura verspürte. Yumi und Kazuya war dies natürlich auch nicht entgangen. Immer wieder schweiften ihre Blicke bewundernd umher. Wieso unterschied sich dieser Teil des Waldes so sehr von dem, in dem die Menschen lebten? Jenseits des Flusses, dort, wo das Dorf der Menschen lag, schienen die Bäume tot, die Vögel stumm zu sein. Minoru konnte es sich nicht erklären, doch er hatte fast den Eindruck, die Bäume würden sich im Wind zueinander hinüberlehnen und sich flüsternd fragen, wer die fremden Menschen waren. Jedes Mal, wenn eine sanfte Briese die Blätter bewegte, klang das Rauschen wie die wispernden Stimmen der Bäume. Überhaupt, so erschien es Minoru, waren die Bäume kräftiger, grüner und größer als im anderen Teil des Waldes. Hier zwitscherten die Vögel fröhlich ihre Lieder, kein Vergleich zu dem leisen Gezwitscher – Minoru wollte es fast schon Trauergesang nennen – auf der anderen Seite des Flusses. Oft sah er Schatten davonhuschen und Schutz im grünen Dickicht suchen. Der Wald sprühte förmlich vor Leben. Minoru war nie klar gewesen, wie leblos der Wald der Menschen im Grunde war. Yumi und Kazuya erging es genauso. Kasumi entging diese Bewunderung nicht. „Euch wird vieles hier anders erscheinen, als in dem euch bekannten Teil des Waldes. Die Menschen haben vergessen, wie schön die Natur ist, sie verschließen ihre Augen vor der Pracht der Bäume und sind taub für die Stimmen der Vögel. Sie töten die Natur, indem sie Dörfer bauen und die Tiere jagen, nicht zum Überleben, sondern ihrer Felle wegen.“, Kasumis Worte klangen traurig, doch sie weckten in Minoru die Gewissheit, dass sie Recht hatte. Sie waren lange unterwegs und Minoru konnte sich gar nicht satt sehen an all der Schönheit. Erneut wandte sich Kasumi zu ihm, Yumi und Kazuya um. „Wir machen gleich Rast. Ihr seid sicher erschöpft.“, sagte sie. Yumi nickte stellvertretend für alle drei. Kurze Zeit später erreichte der kleine Trupp eine Lichtung, auf der sie rasteten. In der Nähe plätscherte ein kleiner Bach, dort wurden die Wasservorräte aufgefüllt. Kasumi setzte sich zu Minoru, Kazuya und Yumi, während die anderen Dämonen sich unterhielten oder ähnliches. „Wir werden den Reisberg voraussichtlich noch heute Abend erreichen. Ich werde euch jetzt über den weiteren Ablauf informieren.“, begann Kasumi. Ihre drei menschlichen Gegenüber sahen sie gespannt an. „Unsere Siedlung befindet sich am Fuße des Reisberges. Ihr werdet dort für die nächsten Tage ein Quartier erhalten. Es ist euch nicht gestattet, den Reisberg selbst ohne meine Begleitung zu betreten. Auch wir Kitsune dürfen dies nur zu bestimmten Anlässen, für euch gelten also dieselben Regeln. Später werdet ihr meinen Vater kennenlernen. Wie ihr ja bereits wisst, ist er das Stammesoberhaupt. Ich gehe davon aus, dass ihr ihm denselben Respekt entgegenbringt, wie eurem Dorfherrn Sasuke. Mein Vater wird mit euch über das Geschehene sprechen und dann zusammen mit dem Rat entscheiden, wie sich unser Stamm in der jetzigen Situation, in der das Verhältnis zwischen uns und den Menschen wieder sehr gespannt ist, verhalten wird. Anschließend, so vermute ich, wird er euch einige Krieger zur Seite stellen, die euch auf eurer Reise begleiten werden und beobachten werden, ob ihr im Sinne des Friedens handelt und keine Informationen über unseren Stamm preisgebt.“, erklärte Kasumi. „Was ist der Rat?“, fragte Kazuya. „Oh, tut mir Leid, das könnt ihr ja nicht wissen. Der Rat besteht aus den weisesten und stärksten Mitgliedern unseres Stammes. Das Oberhaupt des Stammes, also mein Vater, die weiseste und beste Schamanin und der stärkste Krieger bilden den Rat. Der Rat tritt zusammen, wenn über das Wohl des Stammes entschieden werden soll, wie zum Beispiel in einer Kriegssituation.“, erläuterte Kasumi. Yumi zog besorgt die Augenbrauen zusammen. „Und was ist, wenn der Rat beschließt, unser Dorf anzugreifen? Oder wenn er uns nicht traut und uns lieber…tötet?“, fragte sie mit einem Hauch von Angst in der Stimme. Kasumi legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. „Sei unbesorgt. Unsere Ratsmitglieder sind weise und vertrauenswürdig. Sie würden niemals etwas tun, was den Frieden gefährden würde, selbst in einer solchen Situation nicht. Und da ihr Gäste in unserem Wald seid, steht ihr unter Inaris Schutz persönlich! Hier würde es niemand wagen, seine Hand gegen euch zu erheben!“, versicherte sie. Minoru erinnerte sich an die grobe Behandlung, die ihm zu Anfang entgegengebracht wurde. Nachdem Kasumi erschienen war, waren die Kitsune in der Tat freundlicher geworden. Minoru vermutete, dass sie nun auch nicht mehr ganz so misstrauischen waren. Kasumi unterbrach seine Gedanken, indem sie aufstand und verkündete, dass es nun weiterging. Kapitel 16: Hochverrat ---------------------- Chiyoko seufzte und sah traurig, ja fast schon sehnsüchtig aus dem Fenster, so als würde ihre Enkelin jeden Moment wieder aus dem Wald heraustreten. Yumi war erst drei Tage fort, doch Chiyoko kam es wie eine Ewigkeit vor. Eine Ewigkeit, die nichts zurückließ als Sorge und Ungewissheit. „Hoffentlich geht es ihr gut. Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen...“, warf sich Chiyoko selbst vor. Der Blick der alten Frau huschte hinüber zu Yumis Zimmer und verharrte dort für einen Moment. Ein weiteres Seufzen Chiyokos ertönte. „Ich muss jetzt los, Sasuke-sama braucht mich jetzt.“, erinnerte sie sich. Ächzend stapfte Chiyoko den Hang hinauf, vorbei an den Wachen und geradewegs zum Haus des Dorfherrn. Oben wurde sie bereits ungeduldig von dem Diener Shouta erwartet, der nicht nur Yumi unsympathisch war. „Wieso hat das so lang gedauert?!“, zischte er respektlos. Chiyoko ignorierte seine Frechheit. „Ich bin eine alte Frau, meine Knochen machen solche Aufstiege nicht mehr so mit wie vor dreißig Jahren! Aber es freut mich, dass ein junger Herr wie Ihr so um mein Wohlergehen besorgt ist.“, entgegnete Chiyoko freundlichst. Shouta funkelte sie böse an, ließ ihre Antwort aber ansonsten unkommentiert. Dafür legte er aber dieses Mal doppeltes Tempo vor, als er Chiyoko zum Schlafgemach Sasukes führte. Doch auch das ließ Chiyoko weitesgehend unberührt, sie machte keine Anstalten, mit dem Laufschritt des Dieners mithalten zu wollen. „Danke, ich wäre jetzt gern allein mit Sasuke-sama!“, betonte Chiyoko, als sie vor der Tür des Schlafgemachs angekommen waren. „Dies ist sowieso das letzte Mal, dass Ihr und Eure vorlaute Enkelin hier gewesen seid. In wenigen Tagen trifft ein Heiler aus dem Süden ein, der vielversprechendere Fähigkeiten vorzuweisen hat!“, mit diesen Worten machte Shouta auf dem Absatz kehrt und verschwand um die Ecke. Chiyokos Augenbrauen zogen sich besorgt zu einer faltigen Linie zusammen. „Oh Yumi, hoffentlich findet ihr das Heilmittel – und zwar schnell…“, murmelte Chiyoko und öffnete leise die Tür. Ebenso geräuschlos schloss sie diese wieder hinter sich und trat in den großen Raum. Sasuke lag wie immer in seinem Bett und schlief. Seine Brust hob und senkte sich sehr langsam und schwer, bei jedem Atemzug war ein leises Röcheln zu vernehmen. Seufzend Kniete sich Chiyoko neben den Schlafenden und verneigte sich knapp, obwohl Sasuke es nicht mitbekam. Chiyoko legte behutsam ihre Hand auf die seine, die aufgrund der Krankheit von einem weiß-gräulichen Farbton war und leblos neben seinem Körper lag. „Sasuke-sama, mein alter Freund. Verzeiht, dass ich in diesen schweren Zeiten nicht mehr für Euch tun kann. Doch vielleicht gibt es Hoffnung…“, Chiyokos Stimme verebbte bis zu einem Flüstern. „Meine Enkelin, Yumi, ist losgezogen, um ein Heilmittel für Euch zu finden. Sie ist in Begleitung von Minoru und Kazuya, die Söhne Masaos, dem Schmied mit dem ihr einst fast ebenso vertraut wart, wie mit mir. Auf ihnen liegen all mein Vertrauen und meine Hoffnung. Nachdem wir herausgefunden haben, welch perfiden Plan Euer Bruder verfolgt, dass er Euch vergiftete, um seinerseits Anspruch auf die Herrschaft zu erheben, zogen sie los, um das Heilmittel zu suchen. Mittlerweile sollte Yumi am Reisberg bei den Kitsune angelangt sein. Ich bin davon überzeugt, dass Isamu ihnen helfen wird. Ihr wisst, das Oberhaupt der Füchse ist weise und vertrauenswürdig, er wird wissen, was zu tun ist. Doch wenn es die drei Kinder nicht schaffen, so fürchte ich, dass Euer Bruder die Glut von damals wieder anheizen und das Feuer des Krieges zwischen Mensch und Dämon wieder neu entfachen wird…Wenn Ihr doch nur etwas tun könntet! Haltet durch, kämpft gegen das Gift an! Wenn Yumi mit dem Heilmittel zurück ist, wird alles gut!“ Chiyoko wühlte in ihrer Tasche und holte eine kleine Zwiebelknolle hervor. Anschließend zerrieb sie diese mit einem Mörtel in einer Schale und streue das feine Pulver auf Sasukes Brustkorb aus. „Es wird nicht viel bringen, doch vielleicht hilft es Euch, gegen das Fieber anzukämpfen.“, murmelte sie. Zum Schluss benetzte sie noch ein Stofftuch, welches sie auf Sasukes Stirn legte. Als sich Chiyoko wieder erhob und sich zur Tür wand durchfuhr sie ein kalter Schock. Die Tür war einen Spalt breit offen, doch sie war sich sicher, dass sie die Tür hinter sich fest geschlossen hatte. Zögerlich trat sie hinaus und lugte in den Flur. Es war niemand zu sehen, nicht einmal die Wachposten, die eigentlich vor Sasukes Schlafgemach positioniert sein sollten und die bei Chiyokos Ankunft auch noch dort standen. Irgendwas war hier faul, das spürte Chiyoko augenblicklich. Vorsichtig wagte sie sich ein paar Schritte auf den Gang hinaus. Immer noch schien niemand dort zu sein. „Ach, jetzt fängst du schon an, dir was einzubilden! Du wirst alt, Chiyoko!“, murmelte Chiyoko sich selbst zu. Dennoch wurde sie allmählich nervös, sie hatte eigentlich immer ein gutes Gespür für brenzlige Situationen gehabt. Sie schloss die Tür und folgte schnellen Schrittes dem Flur hinaus zum Ausgang. Als sie jedoch den großen Eingangsraum erreicht hatte, erblickte sie schließlich die zwei Wachen, die eigentlich vor Sasukes Schlafgemach hätten stehen müssen. Die Lanzen, die alle Wachmänner trugen, waren zu einem Kreuz verschränkt und versperrten die Tür. „Ergreift sie!“, ertönte plötzlich eine Stimme von hinten. Chiyoko fuhr herum und blickte in das finstere Gesicht des Dieners Shouta. „Was geht hier…“, doch bevor Chiyoko den Satz beenden konnte, wurde sie auch schon grob von hinten gepackt. Eine der Wachen entriss ihr ihre Tasche, der andere riss ihre Arme unsanft auf den Rücken, sodass Chiyoko dem Griff nicht entfliehen konnte. „Du da!“, Shouta nickte einem anderen Wachposten, der mittlerweile auch dazu gestoßen war, zu „Geh zu Itachi, sag ihm, dass wir die Alte gefasst haben.“, befahl er und machte eine herrische Geste, die den Mann zur Eile antreiben sollte. Jener nickte und eilte davon. „Was soll das?!“, protestierte Chiyoko und versuchte vergebens, sich zu wehren. Shoutas Gesicht wurde von einem hämischen Grinsen verzerrt. „Hiermit stehst du unter Arrest, Alte. Wegen Hochverrat!“, entgegnete der Diener und ignorierte dabei hochmütig jegliche Höflichkeit. „Wie bitte?!“, entfuhr es Chiyoko. „Ich bin sicher du weißt, welche Strafe auf Verrat steht?!“, lachte Shouta, fuhr sich mit dem Daumen quer über den Hals – eine unmissverständliche Geste – und wandte sich dann von Chiyoko ab. Kapitel 17: Der Plan fliegt auf ------------------------------- „Herr!“, Shouta verbeugte sich demütig, als Itachi den großen Raum betrat. Auch die Wachen verneigten sich, nur Chiyoko musste von einem der Männer mit Gewalt zu dieser ehrerbietenden Geste gezwungen werden. „Kriecherische Hunde!“, dachte Chiyoko wütend. „Shouta, was geht hier vor?!“, wollte Itachi wissen und musterte Chiyoko kurz mit einem abfälligen Blick. „Ich habe die Alte belauscht, als sie im Zimmer Eures Bruders war. Sie weiß davon!“, entgegnete Shouta. „Wovon? Sprich deutlicher!“, forderte Itachi gereizt. Shouta nickte hastig. „Irgendwie haben sie und ihre Enkelin von dem Gift erfahren! Vielleicht haben wir sie unterschätzt. Jedenfalls sind diese Yumi und die Schmiedesöhne aufgebrochen, um ein Heilmittel zu suchen!“, ergänzte Shouta eilig. „ Was?!“, fuhr Itachi ihn an. Shouta zuckte zusammen. Der Bruder des Dorfherrn erhob von Zorn gepackt die Hand gegen seinen Diener, erlangte dann aber doch rechtzeitig die Beherrschung zurück und fuhr herum zu Chiyoko, die trotzig das Kinn reckte. „Wie kann das sein?!“, fragte Itachi an Chiyoko gerichtet. Als diese jedoch schwieg, wandte er sich wieder Shouta zu. „Du sagtest, es gäbe kein Gegenmittel!“, grollte Itachi. Der Diener warf Chiyoko einen zornerfüllten Blick zu und sah dann wehmütig zu Boden. „Nun ja…Um genau zu sein, Herr…“, druckste Shouta kleinlaut. „Sprich endlich!“, befahl Itachi barsch. „Es…Es gibt ein Heilmittel…“, gestand Shouta. „Aber es ist unmöglich, dass sie alle Zutaten dafür finden!“, fügte er schnell hinzu. Itachi drehte den Umstehenden abrupt den Rücken zu. Chiyoko sah, wie er die Hand zur Faust ballte, so sehr, dass seine Fingerknöchel weiß durch seine Haut hervorstachen. Er musste rasend vor Wut sein. „Für das Gegenmittel benötigt man die Essenz aus einem Pfirsich der Göttin Seiobo. Doch dieser Garten ist nur eine Legende! Es ist also unmöglich, dass sie ein Gegenmittel finden.“, wiederholte Shouta zögerlich. Schweigen. „Inkompetenter Schwachkopf!“, brüllte Itachi plötzlich. Die Wachen, die Chiyoko festhielten, zuckten zusammen. „Wenn es diesen Garten nicht gibt, wieso sollte der Pfirsichsaft dann Bestandteil des Heilmittels sein?! Woher willst du dann also wissen, dass man den Saft für das Heilmittel benötigt? Wage es nicht zu behaupten, dies wäre eine Lüge, die bloß irgendjemand in die Welt gesetzt hat! Außerdem gibt es genügend Erzählungen über den Dieb Tobosaku, der Seiobos Garten gefunden und drei ihrer Pfirsiche gestohlen hat. Vielleicht ist es nur eine Legende, aber wenn nicht…Angenommen es gibt diesen Garten, angenommen diese Kinder finden ihn…“, Itachi beendete den Satz nicht. „A…Aber Herr…Selbst wenn…das heißt noch nicht zwangsläufig, dass die Kinder ihn auch finden…“, stotterte Shouta. „Ach ja?“, jetzt klang Inaris Stimme bedrohlich ruhig, „Ich will, dass du diese Kinder suchst! Bring sie mir!“, befahl Itachi. „Ja Herr…Da gibt es nur ein Problem…“, Shoutas Stimme wurde so leise, dass es fast schon wie ein jämmerliches Flüstern klang. Itachi strafte seinen Diener mit finsteren Blicken. „Ein Problem?!“, wiederholte er zornig. „Sie…Sie sind…bei den Füchsen…Jedenfalls hat die Alte das gesagt, als sie bei Eurem Bruder war, Herr…Wenn das stimmt, dann…dann stehen die Dämonen auf ihrer Seite…“, jammerte der eingeschüchterte Shouta. Ein schneidendes, metallisches Klingen ertönte, als Itachi das Schwert eines Wachmannes aus dessen Scheide zog. Die silberne Klinge raste auf Shouta zu, der vor Entsetzen die Augen weit aufriss. Chiyoko, die bis jetzt das Geschehen schweigend mitverfolgt hatte, kniff die Augen zusammen. Sie hörte, wie das Schwert die Luft zerschnitt, hörte den tonlosen Aufschrei Shoutas, der nur als ein ersticktes Ächzen dessen Lippen verließ, als die Waffe auf ihn zukam. Wider Erwarten vernahm Chiyoko, die noch immer die Augen geschlossen hatte, nicht das Geräusch einer Klinge, die sich durch Fleisch und Mark grub. Vorsichtig öffnete sie ein Auge und blinzelte zu Shouta. Dieser stand wie angewurzelt und mit weit aufgerissenem Mund vor seinem Herrn, die Schwertklinge war nur um Haaresbreite vor seinem Hals in der Luft stehen geblieben. Die Klinge vibrierte noch leicht, verharrte jedoch ansonsten reglos vor dem Hals des Dieners. „Du Nichtsnutz! Du verdienst es nicht weiterzuleben! Wie kann es sein, dass dir etwas derartiges nicht früher aufgefallen ist?! Ich sollte dich auf der Stelle töten! Aber…“, und jetzt ließ Itachi das Schwert sinken, „ich werde dich verschonen, noch! Bring mir diese Gören, dann lasse ich dich leben. Solltest du jedoch versagen…nun, dann werde ich dir dein Grab schaufeln lassen und dich dort mit zwei dutzend ausgehungerten Ratten lebendig begraben lassen!“, drohte Itachi wütend. Shouta sank auf die Knie und warf sich seinem Herrn demütigst zu Füßen. „Herr…! Ich…danke Euch! Ich werde Euch nicht enttäuschen, das schwöre ich!“, keuchte er. „Das hoffe ich für dich! Ich stelle dir einen Teil meiner Männer zur Verfügung, um die kleinen Blagen zu suchen. Du wirst noch heute Abend aufbrechen!“, sagte Itachi. „Sperrt die Alte ein, sie könnte uns noch von Nutzen sein!“, wies er eine der Wachen an, die Chiyoko festhielten. Anschließend gab er dem Wachmann das entrissene Schwert wieder und stürmte mit weit ausgreifenden Schritten aus dem Raum. Erst jetzt merkte Chiyoko, wie sich die Wachen um sie herum von der Starre lösten, die sie offenbar bei Itachis Wutausbruch ergriffen hatte. Shouta erhob sich langsam wieder und wandte sich dann Chiyoko zu. Hass glänzte in seinen rot unterlaufenen Augen, als er sie ansah. „Du und deine verdammte Enkelin! Dafür werdet ihr büßen!“, drohte er mit finsterer Stimme. „Bringt sie weg!“, zischte er einem Wachmann zu. Dieser nickte und zerrte Chiyoko unsanft davon. „Ich fürchte mich nicht vor dir oder deinem Herrn. Doch ihr solltet euch vor dem Zorn der Götter fürchten.“, murmelte Chiyoko ruhig. Kapitel 18: Ankunft am Reisberg ------------------------------- Das warme Licht der Abendsonne und die Schatten der Blätter malten marmor-artige Muster auf den Waldboden. „Wir sind gleich da.“, verkündete Kasumi mit einem Lächeln. Ein frischer Wind wirbelte einige Blätter auf und trug sie wispernd davon, so als wolle er die Ankunft des kleinen Trupps ankündigen. Minoru bemerkte, dass sich der Wald allmählich lichtete. Yumis Augen funkelten neugierig auf und suchten gespannt nach den ersten Ausläufern des Reisberges und des großen Fuchslagers. Bald offenbarten die letzten Bäume den Ausblick auf ihr Ziel: Riesige Grasflächen wogen sich im Wind und verwandelten sich in ein Meer aus Gold, als die untergehende Sonne sie in ihr Licht tauchte. Das Landschaftsbild war ansonsten hauptsächlich von Hügeln geprägt, die nach Norden hin an Höhe zunahmen und allesamt auf ein großes Hügelplateau zuliefen – dies musste der Reisberg sein. In vielen Hängen entdeckte Minoru Öffnungen, die auf Höhlen hinwiesen, auch kleine Holz- und Strohhütten schmiegten sich an die Hügel an und waren aufgrund ihrer Form – sie sahen ebenfalls aus wie flachere Hänge – fast unsichtbar für den flüchtigen Betrachter. Nicht wenige Kitsune waren draußen und betrachteten die Ankömmlinge mit gemischten Gesichtsausdrücken; manche schienen misstrauisch, einige neugierig und ein paar winkten den Ankommenden sogar zu. Kasumi erwiderte jene Geste lächelnd und beschleunigte unbewusst ihre Schritte. Jetzt sah Minoru auch die anderen Kitsune zum ersten Mal wirklich lächeln. Minoru und Kazuya tauschten einen vielsagenden Blick aus und hielten sich nahe bei Kasumi. Yumi tat es ihnen gleich, verharrte jedoch manchmal für einen Augenblick und bestaunte ihre Umgebung. Mittlerweile hatte sich eine recht große Gruppe von Kitsune angesammelt und erwartete die Rückkehrer nun. Kurz darauf löste sich eine Gestalt aus der Versammlung und eilte im Laufschritt auf Kasumi zu. Minoru bemerkte, wie Kasumis Augen freudig aufleuchteten. „Mei!“, rief Kasumi erfreut und breitete die Arme aus, um die Ankommende Person – eine hübsche Kitsune mit rotbraunem Haar und braungelben Augen, die in einen schneeweißen Kimono gekleidet war – zu begrüßen. Mei tat dasselbe und strahlte beinahe vor Wiedersehensfreude. Der Rest des Trupps blieb nun stehen. „Schön, dich wieder zu sehen! Dein Bruder hat uns bereits gestern von den Ereignissen berichtet und als ich erfuhr, dass ihr nun ankommen würdet, habe ich sofort alles Notwendige vorbereitet! Sowohl Schlafplätze, als auch Essen und frische Kleidung stehen bereit.“, berichtete Mei und fuhr sich mit der Hand durchs fuchsrote Haar. „Ich freue mich ebenfalls! Danke, dass du dich um alles gekümmert hast. Unsere Gäste brauchen sicherlich Ruhe nach der Aufregung der Vergangenen Tage.“, entgegnete Kasumi. Mei nickte und musterte nun die drei Menschenkinder. Sie lächelte und verneigte sich tief. „Willkommen! Ich bin Mei, angehende Schamanin und außerdem eine gute Freundin Kasumis.“, Mei wurde von Kasumi unterbrochen: „Beste Freundin!“ Mei nickte verlegen. „Beste Freundin. In den nächsten Tagen werde ich mich um euch kümmern, wenn ihr etwas braucht, stehe ich euch jeder Zeit zur Verfügung. Ich freue mich sehr, euch endlich kennenzulernen, Kazuya, Minoru und Yumi!“ Minoru war nicht sehr verwundert, dass Mei ihre Namen wusste, wahrscheinlich war das für keinen der Kitsune mehr ein Geheimnis. „Freut uns ebenfalls!“, sagte Yumi und verneigte sich nun auch. „Nun gut, wir sollten vielleicht erstmal weitergehen, damit ich meinen Vater über die Neuigkeiten unterrichten kann.“, warf Kasumi ein und setzte ihren Weg fort. Der Andrang an Kitsune teile sich in zwei Hälften, um der hübschen Dämonin den Weg freizumachen. Ausnahmslos alle verneigten sich kurz und bezeugten ihre Freude über die Rückkehr Kasumis. Als Mei, Minoru und der Rest der Gruppe kurz darauf nachkamen, folgten ihnen – besonders den drei Menschenkindern – aufmerksame, neugierige, aber auch teils misstrauische Blicke, doch nicht wenige Kitsune hießen die Neuankömmlinge sogar herzlich willkommen. Anschließend zerstoben die Kitsune wieder in alle Richtungen, verschwanden in Hütten oder Höhlen. Auch die Krieger, die in den letzten Tagen zu Kasumis Trupp gehört hatten, verabschiedeten sich nun und kehrten zu ihren Behausungen zurück, wo sie oft schon sehnsüchtig von Familien und Freunden erwartet wurden. Minoru, Kazuya und Yumi, die sich alle drei noch immer neugierig umsahen und ihre Umgebung bestaunten, wurden von Mei aus ihren Gedanken gerissen: „Ich werde euch nun zu euren vorläufigen Unterkünften begleiten.“, sagte sie knapp und lächelnd. Dort angekommen fanden sich Minoru, Kazuya und Yumi in einer geräumigen Hütte wieder. Minoru erkannte nun, dass die Bauten Ähnlichkeit mit Vogelnestern hatten, was ihn irgendwie erstaunte. Es gab eine grobe Konstruktion aus Holz, die die Form vorgab und offensichtlich anschließend mit Gras und Stroh ausgekleidet worden war. „Natürlich, deshalb kann man die Hütten von außen so schlecht sehen, sie sind komplett mit Gras bedeckt. Da hätte ich ja nun wirklich auch gleich drauf kommen können!“, dachte Minoru und sah sich weiter um: Die Einrichtung war eher spärlich, es gab einen flachen Tisch, um den vier strohbefüllte Stoffsäcke – Sitzkissen – angeordnet waren, ein kleines Schälchen mit Tierfett und Docht, das offensichtlich als Kerze diente, einen kleinen Bereich, in dem sich Schalen und Wasserkrüge befanden – anscheinend für den Fall, dass man sich schnell frisch machen wollte – und zu guter letzt zwei Schlafplätze aus Stroh, welche zusätzlich mit Tierfellen gepolstert waren. All dies befand sich in einem, runden Raum. Minoru hob skeptisch eine Augenbraue, als ihn der Gedanke beschlich, keinen richtigen Waschraum zu haben. Mei, die Minorus musternden Blick durch den Raum verfolgt hatte, grinste leicht. „Seit unbesorgt, waschen könnt ihr euch am Bach hier ganz in der Nähe. Wenn ihr wollt, kann ich euch später dorthin führen.“, merkte Mei an und schien dabei Minorus Gedanken gelesen zu haben. „He, warte! Da sind aber nur zwei Schlafplätze.“, beschwerte sich Yumi und kräuselte die Stirn. „Der Raum bietet nicht mehr Platz, außerdem bestand Yukiko-san darauf, dass ich euch getrennte Unterkünfte zuweise. Wenn du willst, teile ich aber meine Hütte mit dir, ich würde mich auch unwohl fühlen, allein an einem fremden Ort.“, entgegnete Mei. Bevor Yumi etwas darauf antworten konnte, erhob Kazuya, der bis dahin eher schweigsam gewesen war, das Wort: „Wer ist Yukiko?“ Ein Lächeln breitete sich auf Meis Lippen aus. „Sie ist die weiseste und begabteste Schamanin des Stammes! Einige sagen ihr nach, sie wäre Inaris Botin persönlich. Ihr werdet sie sicher bald kennenlernen, spätestens bei der Versammlung des Rates, denn sie ist eines der Ratsmitglieder.“, erklärte Mei. „Ah, der Rat. Davon hat uns Kasumi schon erzählt. Wann soll diese Versammlung denn stattfinden?“, wollte Kazuya wissen. „Voraussichtlich morgen Abend.“, antwortete Mei. Plötzlich ertönte ein Räuspern vom Eingang der Hütte. Minoru, Yumi und Kazuya drehten sich um und erblickten einen breitschultrigen, großen und vor allem muskulösen Kitsune mit kurzem, zottigem, rostrotem Schopf und Mandelaugen. „Ah, Takeru, wie schön!“, sagte Mei und drehte sich erst anschließend um, so als müsse sie nicht einmal hinsehen, um zu wissen, wer eingetreten war. Minoru versuchte das Alter des Dämons zu schätzen, kam aber nur zu einem vagen Ergebnis von „irgendwas zwischen 18 und 25 Sommern“. Kazuya hob anerkennend beide Augenbrauen, als Takeru einen zögerlichen Schritt weiter in den Raum hinein tat und man nun seine komplette Statur ermessen konnte: er füllte den kompletten Eingang aus! „Verzeiht, ich hoffe, ich komme nicht ungelegen.“, eröffnete der Kitsune mit tiefer, aber irgendwie sanfter Stimme. Mei schüttelte den Kopf. „Nein. Ich hatte Minoru und Kazuya nur ihre Unterkunft gezeigt. Yumi, Kazuya, Minoru? Darf ich euch Takeru vorstellen? Er ist mein Bruder.“, meinte Mei lächelnd. Takeru kratzte sich verlegen am Hinterkopf und verzog die Lippen zu einem schüchternen Lächeln. Die drei Angesprochenen blickten verdutzt zwischen Mei und Takeru hin und her. „Dein…Bruder?“, vergewisserte sich Minoru. Mei nickte. Es war erstaunlich, denn die beiden schienen abgesehen von Haar- und Augenfarbe – die jedoch bei fast allen Kitsune ähnlich oder gar gleich zu sein schienen – absolut nichts gemeinsam zu haben: Mei war schlank, zierlich und eher klein, ganz im Gegensatz zu Takeru, der ein wahrer muskelbepackter Riese zu sein schien! Aber beim zweiten Vergleich ließ sich doch eine Verwandtschaft zwischen den beiden feststellen: obwohl Takeru bis jetzt nicht viel gesagt hatte, schien er doch ein ebenso sanftmütiges und freundlich Wesen zu haben wie seine Schwester. Yumi war die erste, die sich aus der Erstaunung reißen konnte. „Freut mich sehr, Takeru! Ich bin Yumi und die beiden da, das sind Minoru und Kazuya.“, sagte sie und deutete dann jeweils auf die betreffende Person. Takeru nickte begrüßend und wandte sich dann seiner Schwester zu. „Eigentlich wollte ich dir nur mitteilen, dass das Essen nun fertig ist. Außerdem hat Yukiko-san mich beauftragt, dir mitzuteilen, dass der Rat beabsichtigt die Versammlung morgen Abend abzuhalten. Du sollst morgenfrüh aber noch mal zu ihr gehen, weil sie noch einiges vorbereiten will und deine Hilfe benötigt.“, berichtete er. Mei nickte. „Danke, das werd ich tun. Ich werde dann jetzt Yumi zu ihrer Unterkunft bringen. Würdest du dich bitte um unsere anderen Gäste kümmern?“ „Klar. Ich soll sowieso n der Nähe bleiben, falls sie irgendwas benötigen.“, entgegnete Takeru. „Gut, dann wendet euch bitte an meinen Bruder, falls ich gerade sich zugegen sein soll.“, bat Mei Minoru und Kazuya. Die beiden nickten. „Hm…Also…Wenn das Angebot noch steht, werde ich in deiner Hütte übernachten.“, warf Yumi dazwischen. Mei lächelte erneut. „Schön! Dann lass uns gehen.“, sagte sie und huschte an ihrem Bruder, der schnell einen ausweichenden Schritt zur Seite tat, vorbei und hinaus. Yumi winkte Minoru und Kazuya noch ein Mal zu und folgte dann der Fuchsdämonin. Kapitel 19: Der hohe Rat ------------------------ Oh ja, es hat waaaahnsinnig lange gedauert weiterzuschreiben! Ich hatte schon Sehnsucht nach meiner Geschichte, doch es wollte und wollte einfach nichts Gutes über meine Finger kommen! Tut mir wirklich wahnsinnig leid =/ Na ja, ich hoffe aber, ich kann euch mit den folgenden Zeilen eine kleine Entschädigung geben ^^ PS: Hier noch einmal die wichtigsten Namen (bzw. die Namen, die für dieses Kappi eine Rolle spielen), damit ihr nach der langen Zeit wieder einer kleiner Erinnerungshilfe habt =) Minoru, Kazuya und Yumi dürften euch ja sicherlich in Erinnerung geblieben sein ^^ Kasumi: Prinzessin der Füchse (Kitsune), hübsche Tochter des Oberhauptes der Kitsune Isamu Isamu: Oberhaupt des Fuchsstammes (bisher nur aus Erzählungen bekannt) Mei: angehende Schamanin der Füchse Takeru: Meis Bruder, muskulöser Krieger Yukiko: Mächtigste Schamanin der Füchse *** Dommm... Ein tiefes Dröhnen drang an Minorus Ohr, ein solches, was man eher spüren als hören kann. Wenig später war ein zweites zu vernehmen. Neugierig lugte er aus der Hütte. Die Abenddämmerung breitete bereits ihren roten Schleier aus und ließ den Himmel in einem satten Purpur leuchten. Vom Fuße des Reisberges, wo sich die vogelnestartigen Bauten der Füchse an die Hügel schmiegten, konnte man auf dessen Kuppe nur Silhouetten erkennen, die sich in schwarzen Schemen von der blendenden Scheibe der untergehenden Sonne abhoben. Doch es war unübersehbar, dass es dort oben hektisch zuging. Bereits den ganzen Tag waren die Kitsune mit den Vorbereitungen für die angekündigte Ratsversammlung beschäftigt. Minoru, Kazuya und Yumi hatten ihre helfenden Hände angeboten, doch man hatte sie gebeten, in den Hütten abzuwarten. Immerhin hatte man sie trotz Hektik mit einem köstlichen Frühstück und einer üppigen Mittagsmalzeit versorgt – was natürlich besonders zu Minorus Entzücken gereichte. Wie dem auch sei, die Vorbereitungen für die Zeremonie waren in vollem Gange. Oben auf dem Hügel stapelte man Holz zu einem pyramidenförmigen Gebilde – wahrscheinlich für ein großes Feuer. Der rege Betrieb schien einen absoluten Kontrast zu den gleichmäßigen, ruhigen Trommelschlägen zu stehen, die ihren Ursprung ebenfalls auf der Kuppe des Reisberges zu nehmen schienen, doch Minoru erkannte nichts Genaues. Minoru fragte sich, was ihn wohl bei dieser Ratsversammlung erwarten würde. „Komm wieder rein!“, ertönte Kazuyas Stimme aus dem Inneren der Hütte. „Du weißt doch, was sie gesagt haben. Besser wir zügeln mal unsere Neugier und stehen nicht im Weg rum!“ Minoru wusste genau, dass Kazuya mit „wir“ eigentlich „du“ meinte und seufzte deprimiert. Erst jetzt bemerkte er, dass er nicht mehr nur aus dem Eingang der Hütte hinausschaute, sondern vielmehr nun ganz hinausgetreten war. Seine Neugier hatte ihn vermutlich hinausgezogen – ohne dass er dies registriert hätte. Also ging er wieder hinein, doch nicht ohne noch sich noch rasch ein letztes Mal nach Kasumi Ausschau zu halten – allerdings konnte er sie nirgends entdecken. Drinnen fing sogleich ein neugieriger Blick Yumis ein – offenbar wüsste sie auch nur zu gern, was da draußen so spannendes vor sich ging. „Sie bringen Feuerholz hinauf. Ansonsten konnte ich nicht viel sehen. Einige Kitsune waren mit eigenartigen Zeichen bemalt, glaube ich. Alle laufen ganz hektisch herum. Doch ich konnte weder Mei, noch Kasumi, noch Takeru irgendwo entdecken.“, erklärte Minoru, ohne dass Yumi ihn fragen musste. Kazuya schaute nachdenklich zu Boden. „Hört mal. Diese Versammlung ist verdammt wichtig. Ich glaub ich muss euch nicht daran erinnern, dass so einiges auf dem Spiel steht…Wenn wir die Kitsune nicht auf unsere Seite Kriegen, könnten wir den Kampf nichtmal mehr verhindern, wenn wir dieses Gegenmittel für Sasuke wirklich finden! Dann werden die Kitsune unser Dorf so bald wie möglich angreifen, um Itachi auszuschalten und so einen richtigen Krieg zu vermeiden…Wir müssen sie davon überzeugen, dass Sasuke eine kämpferische Auseinandersetzung verhindern kann, sofern wir genug Zeit bekommen, um ihn zu heilen. Er könnte seinen Bruder aufhalten…“, sagte Kazuya mit einem ernsten, besorgten Unterton. Yumis Augenbrauen zogen sich sorgenvoll zusammen. „Aber meinst du nicht, dass wir nach dieser ganzen Aktion hier auf ihre Unterstützung bauen können? Ich meine…Sie haben uns erst das Leben gerettet, dann brachten sie uns hierher und bringen uns soviel Gastfreundschaft entgegen…“, merkte sie an. Kazuya nickte leicht mit dem Kopf. „Vielleicht hast du Recht…Aber es wäre ungefährlicher für sie, wenn sie das Dorf gleich angreifen würden…“, widersprach er. „Moment mal!“, fuhr Minoru dazwischen, „Sie hätten das Dorf doch dann schon längst angreifen können! Außerdem sind die Füchse doch nicht dumm! Sie wissen doch genau, dass der Kaiser einen solchen Angriff nicht einfach so hinnehmen würde! Wenn Itachi den Krieg nicht beginnt, dann tut es der Kaiser, wenn die Kitsune einen Angriff starten.“ Kazuya schien überrascht von Minorus Worten – vielleicht, weil plötzlich die ernste, erwachsene Seite seines kleinen Bruders zum Vorschein kam. Yumi stimmte Minoru zu. „Er hat Recht, Kazuya. Die Kitsune tun nichts Unüberlegtes. Sie waren schon immer für ihre Diplomatie bekannt. So manch anderes Dämonenvolk hätte damals, als der erste Krieg wütete, vielleicht nicht einem Waffenstillstand zugestimmt. Die meisten Dämonenstämme sind kriegerisch veranlagt, doch die Kitsune sind nicht so. Ich finde, wir sollten die Hoffnung noch nicht aufgeben…“, pflichtete sie ihm bei. Dommmmm… Von draußen war ein leises Räuspern zu vernehmen. Dann klopfte es und eine große Gestalt trat zögerlich ein – Takeru. Der rothaarige Kitsune sah Minoru, Kazuya und Yumi vielsagend an. „Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Der hohe Rat erwartet euch. Bitte folgt mir.“, Takeru klang leicht nervös. Als die vier hinaustraten, waren sie überrascht, dass es bereits dunkel war. Nur noch ein blasser, schmaler Streifen orangefarbenen Lichtes war vom tageslicht am Horizont zu sehen. Dennoch wurde die Nacht von einem flackernden Feuerschein erhellt. Das große Feuer war also entzündet worden. Die Nacht war kühl, doch der Wind wehte den Warmen Hauch der Flammen vom Reisberg hinab. Auch Minoru spürte nun, wie die Nervosität an seinen Gliedern empor kroch. Ein rascher Blick zu Kazuya und Yumi verriet ihm, dass es ihnen nicht anders zu gehen schien. Der Aufstieg schien sich endlos hinzuziehen. Plötzlich kamen Minoru Zweifel. Würden die Kitsune ihnen wirklich helfen? Minoru musste keuchen, als ihn der schreckliche Gedanke an sein brennendes Dorf ereilte. Nun hörte man das Feuer vom Reisberg knistern. Minoru kam es vor, als würde er wieder träumen. War es wirklich nur das Lagerfeuer, das dort oben brannte? Oder war es jenes Feuer, das ihn, Minoru, im Schlaf einholte und sein Dorf wie ein riesiger Dämon verschlang? Minoru schüttelte den Kopf, um die furchtbaren Gedanken loszuwerden. „Hör auf, so was zu denken!“, tadelte er sich selbst. „Es wird nicht wahr werden!“. Kazuya stieß ihn leicht von der Seite an und hob besorgt eine Augenbraue. Minoru zwang sich zu einem Lächeln und nickte seinem Bruder zu, um ihm zu verstehen zu geben, dass alles in Ordnung war. Dommmm… Sie waren oben angekommen. Tareru blieb stehen. Die Kitsune hatten sich in einem Halbkreis um das Feuer versammelt. Yumi schluckte nervös. Kazuya atmete tief ein. Nachdem Minoru sich jetzt wieder voll und ganz auf seine Umgebung konzentrieren konnte, sah er sich neugierig um. Alle Blicke schienen auf ihm und den beiden anderen Menschen zu liegen. Blicke aus goldgelben, klugen Augen; misstrauische, hoffnungsvolle Blicke. Plötzlich löste sich eine zierliche Gestalt aus der Menge – Mei. Mit eiligen Schritten kam sie auf die drei zu. Sie verneigte sich rasch und trotz ihres ernsten Ausdrucks in den Augen schlich sich ein freundliches Lächeln auf ihre Lippen. „Kommt bitte mit.“, sagte sie. Ihr weißer Kimono schimmerte rötlich im Feuerschein, als sie die Menschen zur anderen Seite des Hügels führte. Dort waren drei Strohkissen auf dem Boden platziert worden. Minoru nahm instinktiv an, dass die für ihn, Kazuya und Yumi bestimmt waren und wollte schon darauf zugehen, als Mei fast schon ein wenig erschrocken ihre Hand nach ihm ausstreckte und ihn sanft, aber bestimm zurückhielt. Verwirrt blieb Minoru stehen und wechselte einen irritierten Blick mit Kazuya und Yumi. „Wartet hier.“, bat Mei. Dommmm… Ein frischer Windzug wehte einige Funken der Feuerglut auf und trug sie davon. Dommmm… Minoru fröstelte. Dommm… Die Trommelschläge wurden schneller. Dommm…Dommm… Plötzlich stille, der Kitsune an der Trommel hielt inne. Minorus Herz raste. Plötzlich wandten alle Kitsune die Blicke von den Menschen ab und richteten sie stattdessen auf die vier Gestalten, die nun die Kuppe des Reisberges betraten. Mei trat nervös von einem Fuß auf den andern. Die vier Figuren traten in den Feuerschein. Minoru identifizierte die zierlichste von allen sofort als Kasumi. Mei verneigte sich und all die anderen Kitsune taten es ihr gleich. Hastig senkten auch Minoru, Yumi und Kazuya die Häupter, als ihnen bewusst wurde, wer vor ihnen stand: der hohe Rat der Kitsune. Kasumi schritt zur Seite und die drei anderen Kitsune nahmen auf den Strohkissen platz. Als sich Mei wieder aufrichtete, wagte Minoru einen raschen Blick auf die drei Ratsmitglieder. Es waren zwei Männer und eine Frau. Der jüngste von ihnen, der auf der rechten Seite saß, hatte sehr feine, schlanke Züge. Seine Augen hatten die Farbe von flüssigem Honig und die äußeren Augenwinkel schienen leicht schräg nach oben zu verlaufen. Sein langes, dunkelrotes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er trug Kampfkleidung und auf seinem Rücken trug er zwei gekreuzte Schwerter. Vermutlich war er jener Krieger, der sich durch seine einzigartige Stärke und Kampfkunst die Mitgliedschaft im Rat verdient hatte. Minoru erinnerte sich, dass Kasumi ihm erzählt hatte, dass der Rat aus dem stärksten Krieger, der weisesten Schamanin und dem Stammesoberhaupt bestand. Folglich musste die kleine, alte Frau links die Schamanin sein. Ihr Gesicht war faltig und erinnerte ein wenig an das von Chiyoko. Ihr Haar war bereits ergraut, ja sogar weiß, und war ebenfalls zu einem Zopf gebunden. Die Augen der alten Füchsin waren blassgelb. Ein Blick in diese Augen ließ Minoru vor Ehrfurcht zusammenzucken, denn er konnte die Weisheit, die aus ihnen sprach, förmlich spüren. Plötzlich machte Kasumi einen Schritt nach vorn und wandte sich an die drei Menschen. „Wir, die Kitsune, begrüßen euch an diesem ehrwürdigen Ort. Hier, auf dem Reisberg, einer geweihten Stätte des Inari, empfängt euch der hohe Rat unseres Stammes. Er gewährt euch eine Anhörung und wird mit Weisheit und Verstand über die Situation richten.“, sagte Kasumi laut. Sie trat wieder einen Schritt zurück. Für einen Moment herrschte Stille. Dann erhob sich der junge Kitsune, der Krieger unter den Ratsmitgliedern. Er verneigte sich vor Minoru, Kazuya und Yumi. „Ich, Senshi, Waffenmeister des Fuchsklans und Mitglied des hohen Rates, werde mit scharfem Verstand und der Erfahrung eines Kriegers für die Füchse sprechen! Ich heiße euch willkommen.“, sagte er mit kräftiger Stimme und legte seine Faust auf die Brust. Nachdem er wieder Platz genommen hatte, stand die alte Füchsin auf. „Ich, Yukiko, Schamanin der Füchse, Botin Inaris und Mitglied des hohen Rates spreche mit Weisheit und Vernunft für die Füchse! Auch ich heiße euch herzlich willkommen.“, die Stimme der Schamanin klang rau. Auch sie setzte sich wieder. Und als sich das dritte Ratsmitglied erhob, stockte Minoru der Atem. Die Zeit hatte Spuren auf seinem Gesicht hinterlassen und zeichnete sich mit unzähligen, haarfeinen Falten und auch Narben darauf ab. Seine Haut war blass. Sein silberweißes Haar fiel in langen, glatten Strähnen über seine Schultern und seinen Rücken. Seine Augen waren von einem höchst ungewöhnlichem, hellen blau und leicht milchig. War er etwa blind? Doch nicht sein weißes, geisterhaftes war es, was Minoru den Atem raubte. Nicht seine Augen waren das Abstrakte an seinem Erscheinungsbild. Viel mehr waren es die neun, schneeweißen Fuchsschwänze, die sich fächerartig hinter seinem Rücken ausbreiteten… Minoru hatte viel Legenden gehört…Legenden von Fuchsgeistern, die uralt wurden und ungewöhnliche Kräfte besaßen. Jedes 1000. Jahr wächst jenen Wesen laut Erzählungen ein Schweif und mit dem 9000. Lebensjahr steigen sie zu den höheren Dämonen auf. Fiel bei diesen Kindergeschichten nicht auch das Wort „Unsterblichkeit“? Eine tiefe Stimme riss Minoru aus den Gedanken. Sie klang mächtig, schön und hypnotisierend. Minoru hatte das Gefühl, er würde sie mit den Ohren, sondern direkt im Kopfe wahrnehmen: „Auch ich, Isamu, Anführer des Stammes der Füchse, Ältester der Kitsune und Mitglied des hohen Rates, werde für die Füchse sprechen. Mögen meine Worte weise und klug sein und mögen auch meine Taten sowohl den Kitsune, als auch den Menschen dienlich sein. Willkommen im Wald der Dämonen, willkommen beim Klan der Füchse.“ Kapitel 20: Die Zeremonie ------------------------- Stille. Nur das leise Säuseln des Windes war zu hören. Alle Augen waren auf die drei Ratsmitglieder und die Menschen gerichtet. „Wir wurden bereits von eurem Anliegen in Kenntnis gesetzt.“, sprach Isamu. „Doch bitte, tragt uns noch ein Mal vor, aus welchem Grund ihr uns aufgesucht habt.“ Nach einem kurzen Blickwechsel mit Kazuya und Minoru trat Yumi zögerlich vor. „Wir ähm…“, sie atmete tief durch und fasste all ihren Mut zusammen. „Schon seit einiger Zeit spielen sich seltsame Dinge in unserem Dorf ab. Der Dorfherr Sasuke-sama ist an erkrankt. Sein Bruder – Itachi – hat seit dem die Rolle des Oberhauptes im Dorf übernommen. Seit dem treiben sich zwielichtige Gestalten im Dorf herum. Wilderer wurden früher bei uns nie gern gesehen. Doch plötzlich schleichen sie durch unseren Wald.“, Yumi warf Kasumi einen vielsagenden Blick zu. Mittlerweile trug Kasumi keinen Verband mehr um ihren verwundeten Arm, Wunden heilten bei Dämonen bekanntlich schneller. Doch die Spuren der Falle, die ihre scharfen Zähne in Kasumis Handgelenk gegraben hatte, zeichneten sich noch immer als weiße Narben auf ihrer Haut ab. Yumi fuhr fort: „Immer mehr Soldaten werden zur "Bewachung" des Dorfes aufgestellt, wer weiß wofür…Ich bin Heilerin. Meine Großmutter Chiyoko und ich verkehrten früher oft am Hof bei Sasuke-sama. Seit seiner Erkrankung versuchten wir, ihn zu heilen. Doch irgendwann begann Itachi, uns von seinem Bruder fernzuhalten. Es schien, als wolle er gar nicht, dass Sasuke-sama geheilt wird…Und vor einigen Tagen fand ich auch heraus warum. Itachi will ihn langsam vergiften. Als ich das letzte Mal bei Sasuke-sama war, um zu sehen, ob die bisherigen Heilmittel Wirkung gezeigt hatte, nahm ich einen seltsamen Geruch wahr. In den Unterlagen meiner Großmutter suchte ich nach einem Kraut oder einer anderen Pflanze mit diesem Geruch und schließlich stieß ich auf die hochgiftige Yámaiblume. Sie ist sehr selten und für ein Gegenmittel benötigt man noch seltenere Zutaten. Itachi wusste das genau und er wollte nicht, dass das irgendwer herausfindet.“, Yumi machte eine kurze Pause. In der Menge kam leises Raunen auf, welches jedoch abrupt wieder verstummte, als Isamu die Hand hob. „Sprich weiter, Menschenkind.“, bat das Oberhaupt der Kitsune. „Nun…Wir sind uns sicher, dass, sollte Sasuke-sama nicht bald wieder gesund werden, schlimme Dinge passieren werden. Wie bereits erwähnt, finden sich immer mehr Krieger in unserem Dorf ein. Ich vermute, Itachi sammelt sie für einen Angriff auf Euren Stamm und die anderen Dämonen des Waldes. Er hat noch nie einen Hehl aus seinem Hass auf die Dämonen gemacht…Egal wie…wir hatten allen Grund zu der Befürchtung, dass uns bald ein weiterer Krieg zwischen Menschen und Dämonen bevorsteht…Deshalb sind wir aufgebrochen, um das Heilmittel für Sasuke-sama zu finden, und um Euch um Hilfe zu bitten.“ Yumis Hand glitt in ihre Tasche und zog ein Pergament hervor – der Friedensvertrag, den Chiyoko aufbewahrt und Yumi mitgegeben hatte. Ein weiteres Raunen ging durch die Menge. Mit zittrigen Fingern überreichte Yumi das Dokument dem Anführer der Kitsune. Dieser nahm es entgegen und rollte es aus. Wieder Stille. „Dies zeigt eure guten Absichten.“, sagte Isamu nach einer Weile des Schweigens. Plötzlich erhob sich Senshi ruckartig von seinem Platz. „Mag sein, dass sie gute Absichten haben. Aber es sind Kinder! Wie sollten sie schon etwas gegen Itachi ausrichten können? Wir haben den Menschen bereits eine Warnung zukommen lassen, doch Itachi sammelt weiter seine Männer! Wenn wir noch lange warten, wird es zu spät sein! Noch können wir einen Kampf gewinnen, wenn wir jetzt handeln und angreifen!“, warf Senshi ein und sah seinen Klanführer ernst an. Yumi musste schlucken. Sie dachte an den Brand im Lagerhaus, welcher offensichtlich die Warnung der Kitsune war. Sie dachte an den Vorfall im Wald mit den Wilderern, an die dämonischen Krieger, an ihre Schnelligkeit und Stärke. Sie dachte an den ersten Dämonenkrieg zurück. Nein, womöglich hatten die Menschen im Dorf wirklich keine Chance, wenn sie jetzt angegriffen würden. Tränen stiegen ihr in die Augen. „Bewahr Ruhe, Senshi! Wir dürfen nicht überstürzt handeln! Wir müssen alles tun, um einen weiteren Krieg zu verhindern! Lasst uns versuchen, dieses Heilmittel zu finden!“, widersprach Yukiko und erhob sich nun ebenfalls. Sie war nur von kleiner Statur und doch schien Senshi soviel Respekt vor ihr zu haben, dass er sich nun wieder hinsetzte. Yukiko nickte ihm zu und wandte sich dann an Isamu. „Ich schlage vor, dass wir den Kindern eine Chance geben. Denkt an die furchtbaren Zeiten des Krieges damals…Wie viele musste ihr Leben lassen?! Noch heute höre ich die Schreie der weinenden Frauen und Kinder in meinen Träumen. Schreie von Füchsen und von Menschen. Schreie voller Angst und Verzweiflung. Schreie um ihre Väter, Mütter, Brüder, Schwestern, Freunde…So etwas darf nie wieder geschehen!“, fuhr Yukiko mit rauer Stimme fort. Schweigen. Betretene Blicke. Die Augen vieler Frauen füllten sich mit Tränen, manche schluchzten sogar. Kazuya und Minoru ballten unwillkürlich die Fäuste, als sie an ihre Mutter dachten. Für einen Moment kam der Schrecken der Kriegsjahre wieder hoch. Mittlerweile war es Nacht, die Sterne am schwarzen Himmel wurden nur von einzelnen Wolken bedeckt. Und obwohl der Mond hell schien, lastete die Dunkelheit plötzlich schwer auf den Schultern aller, denn sie erinnerte an die finsteren Zeiten im Krieg… „Was schlägst du vor, Schamanin?“, fragte Isamu und brach endlich das furchtbare Schweigen. Auch seine Stimme hatte einen kaum merklichen, melancholischen Unterton. Hatte er etwa auch jemanden verloren? Minorus Blick huschte zu Kasumi. Wie eine Statue stand sie neben den ältesten, den Blick auf Yukiko gerichtet, ihre Miene lediglich erwartungsvoll, nicht traurig. Und doch zitterten ihre Hände…Ob sie ihre Mutter ebenfalls im Krieg verloren hatte? Minoru wollte jetzt nicht über diese Frage nachdenken. „Hm…Wir sollten Inari um Rat bitten.“ Erneutes Raunen und Tuscheln, diesmal aufgeregter und lauter als zuvor. Yumi wechselte einen fragenden Blick mit Minoru und Kazuya. Isamu nickte. Yukiko verneigte sich leicht. „Ich werde die Zeremonie einleiten.“, krächzte sie. Anschließend gab sie Mei, die noch immer neben Minoru und Kazuya stand, ein Zeichen. Diese nickte, wandte sich um und verschwand in der Dunkelheit. Dommmmm… Wieder Trommeln. Das dumpfe Dröhnen leitete die Zeremonie ein. Minoru, Kazuya und Yumi hatten inzwischen ebenfalls am Rand Platz nehmen müssen. Yukiko saß nun nicht mehr an der Seite der zwei anderen Ratsmitglieder, sondern stand vor dem großen Lagerfeuer. Die Flammen bildeten einen glühendroten Kontrast zu der Schwärze der Nacht. Als Mei wiederkam, wurde sie von vier anderen Kitsune begleitet. Langsam erklomm der kleine Prozess die Hügelkuppe. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, als sie das obere Plateau des Reisberges erreichten. Mei hielt inne und verharrte schließlich am Rande der Versammlung. Die vier anderen traten in den Feuerschein, der ein orangefarbenes, flackerndes Licht auf ihre Körper warf. Ihre schmalen Gesichter waren mit seltsamen Zeichen bemalt. Minoru stieß seinen Bruder leicht mit dem Ellenbogen an. „Siehst du, ich hab doch gesagt, dass manche Kitsune so komische Zeichen auf ihren Gesichtern haben!“, wisperte er. „Verhaltet euch ruhig, ihr dürft die Zeremonie nicht stören!“, raunte Kasumi, die plötzlich hinter den Menschen stand. Beschämt und leicht erschrocken presste Minoru die Lippen zusammen. Kazuya zuckte mit den Schultern und beobachtete die vier Kitsune neugierig. Auch Yumi musterte die seltsamen Symbole. So viel im Schein des Feuers zu erkennen war, trugen die sie alle unterschiedliche Zeichen. Eine junge, hübsche Füchsin mit langem, wallendem Haar hatte ein wellenförmiges Symbol auf der Stirn. Auf den Armen eines anderen Kitsune befanden sich Muster aus Punkten. Zwei parallele Striche befanden sich auf den Schultern des dritten Kitsune. Dem letzten verzierten drei gezackte Linien die Wangen. Minoru hob eine Augenbraue. Dommmm… Die vier Kitsune ordneten sich auf ein Nicken von Yukiko um das Feuer herum an. Erst jetzt bemerkte Minoru, dass jeder von ihnen einen Gegenstand in den Händen hielt. Dommm… Wieder wurde das Trommeln schneller. Niemand wagte es auch nur sich zu räuspern. Dommm…Domm… Die Kitsune hoben den Gegenstand in die Höhe. Minoru kniff die Augen zusammen, um im flackernden Feuerschein etwas zu erkennen. Die Füchsin hielt eine Schale in den Händen. Neben ihr stand der Fuchs mit den Punkten, auch er hielt eine Schale. Ihr Inhalt war dunkel und sah wie Erde aus. Der mit den beiden Strichen hatte einen Dolch erhoben. Und der letzte von ihnen einen kleinen Beutel. Dommm… Enttäuscht darüber, dass er nicht mehr erkennen konnte, blickte er zu Yukiko. Domm… Sie hob die Hand. Der Wind säuselte über den Hügel. Dann schien die Luft plötzlich still zu stehen und der Wald hielt scheinbar den Atem an. Domm…Dommm…Dommm… Die Kitsune breiteten nun die Gegenstände vor dem Feuer aus. Jetzt erkannte es Minoru. In der ersten Schale musste sich Wasser oder ähnliches befinden, denn die rote Feuerglut spiegelte sich auf der Oberfläche einer Flüssigkeit. Der letzte Kitsune mit dem gezackten Linienmuster auf den Wangen öffnete das Beutelchen. Blätter? Minoru runzelte die Stirn. Domm…Dommm…Dommm… Der Trommelschlag wurde noch immer schneller, doch nun erkannte Minoru eine Art Rhythmus. Die vier Kitsune begannen um das Feuer zu tanzen. Alle anderen beobachteten das Spektakel neugierig und ehrfürchtig. Minorus Puls stieg an, raste fast. Domm…Dommm…Dommm… Immer schneller und schneller tanzten die vier Kitsune um das Feuer. Yukiko begann irgendetwas zu murmeln. Das „Domm…Dommm…Dommm…“ der Trommel war noch immer zu hören, doch auf einmal schien es, als würde es von weit her kommen. Auch die Umgebung, die zuschauenden Kitsune, selbst Kazuya, Yumi und Kasumi schienen mit dem Schwarz der Nacht zu verschmelzen. Nur noch die vier Tanzenden und das flackernde Feuer schienen zu existieren. Minoru wurde schwindelig von den schnellen und doch eleganten, fließenden Bewegungen der Tänzer und dennoch konnte er den Blick nicht abwenden. Es war, als hätten sie einen Bann gesprochen, der Minorus Blick festhielt. Minoru schauderte, als die Zeremonie ihren Höhepunkt erreichen zu schien. Kazuya sog die Luft scharf ein und beugte sich ungläubig nach vorn. Yumi starrte mit offenem Mund auf das Schauspiel. Doch von all dem bemerkte Minoru nichts, so gefesselt waren seine Sinne. Das Feuer begann sich aufzubäumen, wurde zu einer Säule aus wirbelnden Flammen, die sich dem Himmel entgegenstreckte. Funken tanzten in der Luft, wie die vie Kitsune am Boden. Und plötzlich erzitterte die Oberfläche des Wassers in der Schale, die vor dem Feuer stand, und… …– kleine Wassertropfen erhoben sich wie von selbst daraus! Doch nicht nur das! Auch die Erde aus der zweiten Schale begann tatsächlich zu Schweben, auch der Dolch erhob sich wie von Geisterhand! Die Blätter wurden von einem geheimnisvollen Windzug aufgewirbelt – doch es war ansonsten windstill! – und flatterten wie Insekten um das Feuer… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)