Minoru von lightnik (Seltsame Krankheit) ================================================================================ Kapitel 6: Yumis Plan --------------------- „Was hältst du von der Sache…?“, fragte Minoru und brach damit als erster die Stille, die zwischen ihm und Kazuya geherrscht hatte, seit Yumi gegangen war. Die Brüder hatten ihr angeboten, dass sie heute bei ihnen übernachten könne; nur zur Sicherheit, falls die drei Wilderer zurückkommen würden. Aber Yumi hatte abgelehnt, sie wollte ihre Großmutter nicht allein lassen. „Außerdem“, beruhigte sie die beiden, „kann ich mich – meistens – ganz gut selber schützen. Wisst ihr, wir haben da so ein paar nette Pülverchen, die einen tierischen Juckreiz verursachen, oder wie Feuer brennen, kurzzeitig lähmen oder blind machen, oder…“ Also mussten Minoru und Kazuya sie wohl ziehen lassen. Seit dem saßen sie einfach nur da, starrten wachsam in die draußen herrschende Dunkelheit und zuckten manchmal zusammen, wenn sie glaubten, einen Schatten wahrzunehmen. Aber die drei Männer waren nicht zurückgekommen. Kazuya ließ einen unendlich langen Moment verstreichen, ehe er antwortete: „Was soll ich davon halten? Vielleicht war es ein Irrtum und der Mann hatte nur angenommen, Itachi sei der Dorfherr, weil er mit ihm gesprochen hat. Oder er hat schlichtweg gelogen.“ Minoru zog eine Augenbraue hoch. „Du hältst es aber nicht für möglich, dass Yumi Recht hat?“, stutzte er. Kazuya zuckte nachdenklich mit den Schultern. „Also so langsam erscheint mir das aber immer plausibler! Vor allem…selbst wenn es ein Irrtum war…wieso sollte Itachi ihm diese Erlaubnis erteilt haben? Aus Versehen bestimmt nicht! Und ich glaube irgendwie nicht, dass der Kerl vorhin gelogen hat…Ich meine…Wilderer würden doch dann bestimmt vorsichtiger vorgehen und sich nicht erwischen lassen, oder?“, vermutete Minoru und sah seinen Bruder erwartungsvoll an. Plötzlich registrierte Minoru, dass Kazuya seine Hände zu Fäusten geballt hatte. „Aber wir können nichts tun, egal wie es ist.“, sagte er ruhig. Seine Anspannung war offensichtlich auf das Gefühl der Wut und der Hilflosigkeit zurückzuführen. *** Als Yumi am darauffolgenden Morgen aufstand, fühlte sie sich, als hätte sie die ganze Nacht nicht geschlafen – was genaugenommen auch gar nicht so weit hergeholt war. Sie hatte noch sehr lange wachgelegen und nachgedacht, bis sie schließlich vom Schlaf überwältigt worden war. Grummelnd begab sie sich in die Küche, wo ihre Großmutter Chiyoko bereits mit dem Frühstück auf sie wartete. „Kind, du siehst ja furchtbar aus!“, stellte sie erschrocken fest, als sie die geröteten, müden Augen und das blasse Gesicht ihrer Enkelin sah. Gähnend ließ sich Yumi auf das Sitzkissen sinkend und schüttelte den Kopf. „Schon in Ordnung, Obaasan, mir geht’s gut.“, versicherte sie und goss sich ein bisschen Tee in ihren Becher. Chiyoko hob eine Augenbraue. Es war unschwer zu erkennen, dass Yumi ihre blauen Augen von ihr geerbt hatte, denn Chiyoko nutzte die volle Macht ihres Blickes, um eine ehrliche Antwort aus Yumi herauszulocken. Yumi sah ihre Großmutter ebenfalls an, und für einen Moment schien es, als trügen sie einen stummen Kampf aus. Doch Chiyokos Willenskraft war stärker und so gab Yumi schon nach kurzer Zeit seufzend nach. „Na gut, aber es wird dir nicht gefallen…“, warnte Yumi. Chiyoko strich sich eine Strähne ihres langen, grauen Haares zurück hinters Ohr und nippte an ihrem Becher. „Nur zu, ich bin auf alles gefasst.“, meinte sie mit sanfter Stimme. Yumi seufzte erneut und suchte einen Moment lang nach den richtigen Worten, ehe sie begann. Sie erzählte ihrer Großmutter die ganze Geschichte, angefangen bei der ersten Begegnung mit den Wilderern auf dem Marktplatz, bis hin zum vorherigen Abend, an dem Kazuya und Minoru ihr gerade noch zu Hilfe eilen konnten. Natürlich ließ sie dabei nicht aus, was einer der Männer über Itachi hatte verlauten lassen. Chiyoko hörte ihr aufmerksam zu und unterbrach Yumi nicht ein einziges Mal. Als Yumi fertig war, war Chiyokos nachdenklicher Blick auf irgendeinen Punkt hinter Yumi fixiert und ihre Augenbrauen waren besorgt zusammengezogen. „Du weißt, was du mir da gerade erzählt hast?“, fragte Chiyoko, obwohl sie die Antwort bereits kannte. Yumi nickte stumm. „Du glaubst also, Itachi führt etwas im Schilde?“, vergewisserte sich Chiyoko. Erneut antwortete Yumi mit einem Nicken. Chiyoko erhob sich langsam und setzte sich auf die andere Seite des kleinen Tisches zu ihrer Enkelin. Behutsam legte sie ihr den Arm um die Schultern und drückte sie sanft an sich. „Du brauchst keine Angst vor diesen Männern haben, die werden sicher nicht so schnell wiederkommen.“, sagte Chiyoko beruhigend. Yumi sah sie leicht verwirrt von dem plötzlichen Themenwechsel an. „Wir wohnen ja gleich am Fuße des Hügels. Die Hofwachen können von dort aus alles überblicken, was sich im Dorf abspielt. Sie würden sofort merken, wenn jemand bei uns einbrechen würde.“, fuhr Chiyoko fort. „Ach? Und wieso haben sie es dann nicht gestern Abend gemerkt?“, flüsterte Yumi, als befürchte sie, dass jemand anders sie belauschen könnte. „Du hast doch erzählt, es war am Waldrand. Sicher haben die Bäume ihnen die Sicht versperrt.“, entgegnete Chiyoko. „Und was ist mit dem, was der Mann gesagt hat?“, fragte Yumi immer noch im Flüsterton. Für eine unendlich lange Zeit schwieg Chiyoko und schien angestrengt nachzudenken. „Nun, ich denke, dass wir nichts tun können, zumal wir nicht wissen, ob der Mann die Wahrheit gesprochen hat.“, sagte sie schließlich. „Aber Obaasan…“, Mit einer knappen Geste wurde Yumi von ihrer Großmutter unterbrochen und Chiyoko fuhr fort: „Wenn wir allerdings mehr wüssten…und ich sage nur dann…können wir überlegen, ob wir überhaupt eine Möglichkeit haben, etwas zu tun. Wie du weiß war ich früher oft am Hof, als Sasuke-sama noch gesund war…Schon damals begegnete mir sein Bruder als ein sehr unangenehmer Mensch. Ich wüsste nicht was wäre, wenn er nun Sasuke-samas Platz einnehmen würde. Und mir kommt es so vor, als erginge es dir ebenso. Dennoch dürfen wir nicht voreilig urteilen. Wenn jedoch Itachi-sama wirklich Dorfherr werden sollte, so müssten wir dies wohl akzeptieren oder wegziehen. Das wären, in diesem Fall, die einzigen Möglichkeiten, die uns bleiben würden. Wir können nur darauf hoffen, dass es nicht so eintreten wird und Sasuke-sama bald wieder gesunden wird. Denn an wen sollten wir uns auch mit diesem vermeintlichen Wissen um Itachi-samas Pläne wenden? Sasuke-sama könnte uns in seinem Zustand nicht helfen! Was also gedenkst du zu unternehmen?“ Yumi überlegte einen Moment und zuckte dann mit den Schultern. „Hm…Dabei fällt mir ein, dass ich Sasuke-sama heute eigentlich einen Besuch abstatten wollte, um zu sehen, ob die Medizin, die ich ihm beim letzten Mal gegeben habe, geholfen hat. Aber ich habe hier noch so viel zu tun, könntest du das nicht für mich erledigen?“, fragte Chiyoko und stand auf. Yumi zog die Augenbrauen hoch. Natürlich, sie hatte schon öfter die Medizin für den Dorfherrn gebracht. Doch dieser plötzliche Themenwechsel machte sie stutzig. Chiyoko wollte ihrem fragenden Blick ausweichen, doch sie konnte ihre Enkelin nicht täuschen. Yumi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen als sie begriff, dass ihre Großmutter ihr damit nur eine Möglichkeit geben wollte, ihre Neugier zu stillen. „Selbstverständlich, Obaasan!“, antwortete Yumi, stand auf und wollte rausgehen. „Aber Yumi, bitte stell keinen Unsinn an und pass auf dich auf, ja?!“, rief Chiyoko ihr hinterher. „Natürlich!“, gab Yumi zurück und rannte in ihr Zimmer, um sich anzuziehen. So schnell es ging machte sie sich fertig und schlüpfte in ihren Kimono. „Na gut, Großmutter hat mir diese Gelegenheit verschafft und ich werde sie nutzen! Offensichtlich ist ihr klar, wie gefährlich es wäre, wenn Itachi die Macht an sich reißen würde…Diese drei Kerle von gestern sind ja das beste Beispiel dafür! Es würde mich nicht wundern, wenn er irgendwas mit der Krankheit seines Bruders zu tun hätte…Aber das werde ich schon noch alles rauskriegen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)