Der Graue Wolf von abgemeldet (~rabique~) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Der Graue Wolf Der Tag begann wie alle anderen. Es war strahlender Sonnenschein, mitten in den Sommerferien. Sophie war 14 Jahre alt, groß und schlank gewachsen, hatte durch die Sonne gebleichte Haare und feine Gesichtszüge. Ihre Blicke waren immer freundlich, Leute, die sie nicht kannten, glaubten vielleicht vermeintlich sie wäre eingebildet, weil ihre Gangart sehr seltsam war; immer sehr aufrecht und leicht wackelnd. Sie hatte dieselben Erfahrungen gemacht, wie ein „normales“ Kind auch. Ihre Mutter hatte sie in einer Stadt geboren, in der sie auch zwei Jahre lang blieben. Danach zogen sie weit weg bis in ein kleines Dorf am Rand dieses Landes. Dort hatte sie auch Charlie geboren; Sophies kleinen Bruder. Er hatte nie einen anderen Ort kennen gelernt als diesen hier; in Urlaub fahren wenn sie an einem Bauernhof leben, wäre Unsinn gewesen. Sie alle liebten dieses kleine Dörfchen, das fern abgeschnitten von der „Zivilisation“ war. Ihre Einwohnerzahl belief sich auf knapp fünfhundert Menschen. Buße fuhren dort kaum; der Schulbus für die Volkschule, einen der einen in die „Stadt“ ( mit rund 1200 Menschen) brachte, gab es. Ihr Vater, den sie „Paps“ rief, war in einer Firma in der Nähe dieses Dörfchen angestellt, und brauchte ein Auto um arbeiten gehen zu können. Sophie und Charlies Mutter war leidenschaftliche Hausfrau; sie hatte maturiert, verliebte sich aber dann in Sophies Vater und heiratete. Einen Job wollte sie sich nehmen; dafür hatte sie auch gelernt, allerdings hatten sie ein riesiges Haus, um das sich wer kümmern musste. Lange Gespräch mit ihrem Ehemann hatten dazu geführt dass sie keine Putzfrau einstellen wollten; da es teuer war für ein so großes Haus und ihr Budget dann für andere Sachen nicht so vielseitig wäre. Ihre Mutter musste sich auch um die Kinder kümmern. So blieb sie zuhause. Sophie war gut behütet aufgewachsen, hatte sich mit den selben Problemen wie jeder andere Teenager auseinander setzen müssen, hatte sich verliebt, hatte Liebeskummer gehabt, hatte einmal eine Krise in der Schule gehabt und stritt sich mit ihrem kleinen Best von Bruder. All das hatte ihr die ganze Welt gezeigt, dachte sie. Sie wäre gut vorbereitet auf das Arbeitsleben und würde einen guten Start ins Erwachsenwerden haben. Ihre Familie hatte sie zu verdanken, dass dies auch halbwegs stimmte. Es gibt Menschen die eine traurige Kindheit oder Vergangenheit hatten, oder in ärmlichen Verhältnissen aufwuchsen, die mit einer Behinderung auf die Welt kamen, die Krankheiten bekamen, oder sonst Pech hatten. Sophie, ihr kleiner Bruder Charlie gehörten damals nicht dazu. Ihr großer Bruder Stephen allerdings, war einer der Menschen, den man mit „Großem Glück gezeichnet“ nannte. Er war ein Sprachenwunder, wurde von der Schule kostenlos nach Amerika in eine Schule gesteckt, damit er sein English verbessern konnte. Dies war lange her, jetzt war er bereits 21 Jahre alt und lebte in LA; nach der Schule war er direkt in die Bronx gezogen, ein krimineller Teil in New York. Nach zwei Jahren hatte er Bronx verlassen und zog weiter weg nach Los Angeles. Dort hatte er eine neue Arbeit gefunden, sie wurde nicht viel besser bezahlt als die letzte, allerdings war Bronx ein verdammt unsicheres Pflaster, und er wollte nicht tot in einem Straßengraben liegen, wie ein paar seiner Kollegen. Die Erfahrungen die er in der USA gemacht hatte, waren großartig, und wenn Stephen wieder in sein Heimatland zurückkommen würde, könnte er Sophie und Charlie alles erzählen. Er würde zu gern die Gesichter seiner Geschwister sehen, wenn er von dem riesigen Einkaufszentrum voll mit Schokolade erzählen würde. Stephen war schon immer das intelligenteste Kind von allen gewesen. Charlie hingegen war das Sportlichste. Und Sophie…? Über so was machte sich Sophie keine Gedanken, denn sie war momentan heraußen, um mit ihrer besten Freundin um den Block zu laufen. Es war sehr warm und darum zogen sich Amy, ihre Freundin, und Sophie einen Rock an. Er war rot schwarz kariert und bis zu den Knien lang. Allgemein war es sehr heiß im ganzen Land und in ihrem Dorf fing es Anfang März schon damit an. Im Winter wurde es zwar früher kalt, doch dafür fiel zu Weihnachten immer Schnee. Dies war ein Grund mehr, warum Amy und Sophie den Örtchen hier so liebten. Während sie gingen, redeten sie über alles Mögliche, lachten manchmal, oder diskutierten heftig. Nach ein paar Stunden kam sie wieder nach Hause. Ihre Ausgangsperre war nicht erreicht, da es erst Nachmittag war, aber Amy hatte anderes zu tun, deshalb beschloss sie nach Hause zu gehen. Sie konnte die träge Stimme ihres Vaters aus dem Wohnzimmer bis in den Flur schnaufen hören. „Hallo. Schon da?“ fragte er. „Ja“ gab Sophie als Antwort. Der Fernseher war an und etwas zu laut gedreht. Ihr Vater kam erst aus der Arbeit, hatte sich auf die Couch gesetzt, den Fernseher aufgedreht und nicht bemerkt, dass die Werbung so laut war. Sophie wollte nichts essen, ging also in ihr Zimmer im ersten Stock. Als sie auf die Treppe hüpfte stöhnte ihr Vater ein bisschen, denn er hasste es wenn sie so die Stufen hinauf ging. Die Wände waren hohl und er konnte alles hören. Sophie verstand ihn, oft hatte er Migräne wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Obwohl er heute sehr früh schon zu Hause war. Normalerweise kam ihr Vater erst gegen 23 Uhr nach Hause, wenn es viel zu tun gab. Sophie hatte ihn gehört und dachte sich nur dass sie versucht nicht mehr darauf zu vergessen. Schnell ging sie in ihr Zimmer. Sie legte eine CD ein und schnappte sich ihr Lieblingsbuch. Es ging in der Geschichte um ein Mädchen und einen Junge, die versuchten sich nie zu vergessen, nachdem sie von einander getrennt wurden. Ihre Mutter hatte dieses Buch auch gelesen, und fand es auch sehr gut. Ihr Vater hingegen sagt zu ihr immer, wenn er sie mit dem Buch in der Hand sah: „Nicht schon wieder. Wie oft hast du das Buch eigentlich schon gelesen? Was findest du bloß so toll daran?“ Es war echt gelungen, dieses Buch, sie konnte nicht verstehen dass er es nicht mochte. Wie oft sie allerdings das Buch gelesen hatte, wusste sie nicht. Gute Bücher musste sie einfach immer wieder lesen. Am Besten an der Terrasse in der Hängematte, oder im Keller im Bett dass sie unten hingestellt hatten, weil sie es nicht brauchten. Am liebsten las sie es allerdings in ihrem Zimmer zusammen mit Musik. „Du hast es auch gelesen, also was regst du dich eigentlich auf?“ sagte sie. Und es war die Wahrheit. „Ja aber nur wegen deiner Mutter, diese Matrone hat mich…“ sagte mein Vater und unterbrach als meine Mutter hinter ihm stand und aus Zorn ein anderes Buch das sie aus der Bibliothek geholt hatte, und ihm geben wollte, in der Mitte durch riss. Eine Menge Zeit hatte sie mit dem Buch verbracht als sie endlich die Hälfte geschafft hatte. Sie wollte sich noch ein paar sehr gute Geschehnisse für den Abend bevor sie schlafen ging aufheben, denn abends las sie am liebsten. Mit aller Kraft versuchte sie das Buch weg zu legen, schaffte es allerdings nicht und las weiter. Sophie hatte nun Hunger bekommen und holte eine kleine Kiste unter ihrem Bett hervor. Darin waren Naschsachen versteckt. Ihre Mutter wollte nicht dass sie sich ungesund ernährt, deswegen kaufte sie nie Süßes und sie wollte auch nicht dass Charlie und sie sich so etwas kauften. Meistens ging das Taschengeld sowieso für CDs drauf. Mit dem Rest den sie in ihrer Sparbüchse aufgehoben hat, kaufte sie sich dann Süßigkeiten und versteckte sie unter ihrem Bett. „Ich liebe dieses Leben“ dachte sie, während sie ihren Roman lesen konnte und Chips aß. Auf einmal klopfte es an der Türe, und Sophie versteckte die Chips schnell wieder unterm Bett. „Sophie, nächste Woche werden wir ins Kino gehen. Es gehört zu deinen Geburtstagsgeschenken.“ Ihre Mutter lehnte sich an die Tür und verschränkte die Arme. „Juhu!“ schrie Sophie und bedankte sich bei ihrer Mutter. Als sie die Tür hinter ihr zu gemacht hatte holte sie wieder ihre Chips heraus und las weiter. Sie war grad mitten im Satz, als es erneut anklopfte und jemanden die Türe plötzlich aufriss. Sophie bekam einen Schock, denn sie hatte die Chips nur hinter sich verstecken können. Sie starrte auf den Boden und sah die Jeans ihrer Mutter. Sie wackelte hin und her und Sophie fing auf einmal an zu lachen. Sie hatte sich eine Schönheitsmaske aufs Gesicht getan und hatte sich die Abschminktücher nicht vorbereitet, nun konnte sie sie nicht finden. Sophie ging aus ihrem Bett, erleichtert, machte die Badezimmertüre auf und schminkte ihre Mama ab. Schnell raste sie wieder in ihr Zimmer um die Chips rechtzeitig bevor noch jemand kommen würde, zu verstecken. Sie schaltete den Fernseher ein, und setzte sich auf ihren Schreibtischsessel. Sie konnte nicht gleich sagen, welcher Film grad lief, oder welches Programm das war, allerdings machte es sie neugierig. Sophie starrte auf den Bildschirm mit ernster Miene. Ein Mann mit einem Holzstock in der Hand war zu sehen, und er holte aus. Es war an einem Ort wo es ein großes offenes Meer gab. Der Mann holte noch weiter aus. Plötzlich war ein Bild zu sehen von einem Nagetier, dass direkt in die Kamera schaute. Es hatte braunes Fell und eine lange Nase. Als es in die Kamera starrte, blickte Sophie dem Tier direkt ins Gesicht. Regungslos blieb sie sitzen, und starrte das Tier an. Es hatte einen sehr ungewöhnlichen Ausdruck im Gesicht, und als Sophie ihm auch noch in die Augen blickte verlor sie sich in ihnen. Vor ihr schien ein Bild gestalt zu nehmen, und sie hatte das Gefühl sich selbst nicht mehr kontrollieren zu können. Sie versuchte ihren Blick abzuwenden, schaffte es aber nicht. Ihr normales Denken schien sich zu verflüchtigen, ihr Körper fühlte sich an als würde er dahin schmelzen. Ihre Augen zuckten und ihr Körper fing zu beben an. Ihre Hände zitterten, sie flog vom Stuhl auf den harten Boden und stieß sich ihren Kopf bei der Wand an. Bewegungslos blieb sie liegen, als schon Charlie in ihr Zimmer stürmte. Er holte seine Mutter und gemeinsam trugen sie sie ins Bett. Charlie starrte den Fernseher an, der jetzt nichts mehr anzeigte. Ein Flackern konnte er sehen, und ein Geräusch, das sich wie „Schh“ anhörte. Er wollte die Programmnummer sehen, und diese zeigte 100 an. Er versuchte weiter zu schalten, doch es ging erst nach ein paar versuchen. Charlie schmiss die Fernbedienung aufs Bett, und überlegte, wie sie einen Sender haben konnte, den es gar nicht gab. Sie hatten nur 99 eingestellt, danach kam wieder der erste. Sophie war verstört, als sie wieder aufwachte. Sie hatte starke Kopfschmerzen und wäre am liebsten gar nicht aufgestanden, doch ihr Mund war trocken. Sie ging hinunter in die Küche und holte sich etwas zum trinken. Sie fragte sich wie sie ins Bett gekommen war, und wollte ihre Eltern fragen. „Mama… Paps?“ sagte sie, und wollte weiterreden, allerdings unterbrach sie ihre Mutter. „Ja, morgen bekommst du dein Taschengeld.“ Sophie wollte noch etwas sagen, aber ihr Vater zeigte ihr mit einer Handbewegung dass sie ihre Ruhe haben wollen. Eine Stunde später hatte sie die ganze Angelegenheit vergessen. Sie wollte darüber nicht nachdenken. Ferngeschaut hatte sie allerdings nicht mehr, da sie es etwas unheimlich fand. Sie kaute an einem Maoam und schaltete den Computer ein. Draußen war strahlender Sonnenschein, und als sie dass sah war sie etwas traurig dass sie mit Amy nicht schwimmen gehen konnte. Sie liebte schwimmen, im Gegensatz zu Amy. Sie ging lieber Schlittschuh laufen, das konnte sie echt gut. Voriges Jahr im Sommer waren sie täglich im Schwimmbad, dafür im Winter fast immer in der Eislaufhalle. Ski fahren mochten sie beide nicht besonders, dafür liebten sie beide Badminton. Sophie starrte aus dem Fenster und wandte sich dann aber wieder dem Computer zu, auf dem sie ihre Lieblingsspiele gespeichert hatte. Mit der Maus klickte sie „Frozen Fruits“ an, und ging gleich auf Start. 80% des Spiels hatte sie schon geschafft, doch weiter kam sie nie. Sophie drückte die Leertaste und versuchte so viele Obststücke wie möglich zu zerschlagen. Sie würde von einem Energieball zerstört und hatte nun keinen Bock mehr. Sie drückte Esc an der Tastatur und suchte Witze im Internet. In Google gab sie „Fun Sprüche“ ein und drückte ok. Danach schaltete sie den Computer ab, und ging aus ihrem Zimmer. Sie klopfte an Charlies Zimmer an und lehnte sich gegen die Wand. Sie konnte Schritte hören und dann ging die Tür auf. Charlie fragte: „Was ist?“ Seine Stimme war freundlich, und das gesagte nicht böse gemeint. „Machen wir uns jetzt Abendessen?“ fragte Sophie. Er zuckte mit den Schultern und meinte: „Ja, ok.“ Sie gingen die Stufen hinunter und den Gang entlang. Sie gingen in die Küche und Sophie setzte sich auf den Küchentisch. „Was wollen wir machen?“ fragte sie. Charlie lehnte sich an die Tür an und überlegte. „Vielleicht eine Suppe?“ Sophie ging vom Küchentisch herunter und machte eine Lade auf. „Wir haben nur Steinpilz oder Tomatensuppe.“ gab sie als Auswahl. Charlie ging zu ihr und nahm die Tomatensuppe heraus. Sophie machte die Lade wieder zu und bückte sich hinunter zu den Töpfen. Sie nahm ein paar heraus und stellte sie mit Wasser auf. Charlie machte das Tomatenpäckchen auf und schüttete es in den Topf. Sophie holte sich einen Kochlöffel und rührte es ein. Charlie schaute ihr zu setzte sich auf den Küchentisch und fragte: „Machst du dann noch eine Nachspeise?“ Sophie drehte sich um und sagte: „Weiß noch nicht. Nur wenn du morgen deine Ruhe gibst.“ Er runzelte die Stirn. „Weshalb, was ist morgen?“ fragte er interessiert. „Nun ja.. du weißt doch, Mama hat verboten dass Amy hier übernachtet, weil sie weiß dass wir dann wieder so laut sind.“ Charlie konnte ihr nicht ganz folgen. „Ähm.. was willst du mir damit sagen?“ „Dass sie morgen heimlich bei mir übernachten wird und jetzt stell keine Fragen mehr.“ Charlie wollte seine Schwester ein bisschen nerven, also sagte er: „Aber nur wenn es Nachspeise gibt.“ Sophie seufzte ein Ja, und kümmerte sich dann wieder um die Suppe. Nach dem Abendessen war sie voll wie ein Hängebauchschwein, stampfte erledigt die Treppe wieder hinauf und erinnerte sich reumütig an die Nachspeise die sie gemacht hatte. Mouse au Chocolathe. Ihre Mutter hatte nicht bemerkt dass Sophie welche versteckt hatte. Fast wären sie auch aufgeflogen, als sie nicht aufgepasst hatten. Sie legte sich quer in ihr Bett, alles von sich gestreckt. Für ein paar Stunden schlief sie ein und wachte erst später wieder auf. Sie hockte sich in ihr Bett und richtete ein wenig die Decke. Die Arme um die Beine geschlungen und den Kopf auf die Knie gelegt schaute sie den wandernden Lichtstreifen von den Autos nach. Sie konnte ein paar Autos die Straße entlang fahren hören, wie sie mit den Reifen gegen den Kies ankämpften. Sophie legte den Kopf in den Nacken um die Lichtstreifen zu bewundern. Sie fragte sich warum keiner sie aufgeweckt hatte. Möglicherweise hatten sie drauf vergessen. Sie stieg aus dem Bett und ihr wurde kalt auf den Füßen, da es in der Nacht immer sehr stark abkühlte. Sie zog sich Socken an und öffnete quietschend die Türe. Leise ging sie an Charlies Zimmer vorbei, damit falls er schon schlief nicht aufwachte. Sie wollte ins Wohnzimmer um zu sehen, wie spät es war. Noch ein wenig Müde streckte sie sich, und war dann im Wohnzimmer. Es war halb drei in der Früh. Sophie war jetzt nicht mehr müde und holte sich darum eine Decke um sich auf die Terrasse zu setzen. Sie legte sich in die Hängematte und zog die Decke über sich. Auf der Straße konnte sie zwei Männer stehen sehen, die etwas mit einander beredeten. Aus einem kleinen Loch in der Decke konnte Sophie sie beobachten und bemerkte dass sie über das Haus redeten. Interessiert stieg sie aus der Hängematte und versuchte das Gespräch der beiden verfolgen zu können. Anfangs konnte sie die beiden kaum sehen und nicht hören, aber sie ging soweit nah an sie ran wie es ging. Sie hörte wie die beiden flüsterten: „Wann wird es soweit sein?“ sagte ein Mann mit Bart und einem langen, grünen Mantel. „Ich weiß es zwar nicht genau, aber ich denke an ihrem Geburtstag.“ Sagte der andere. Er hatte einen braunen Hut auf und ihn tief ins Gesicht gezogen. „Warum an ihrem Geburtstag?“ fragte der Mann mit dem Mantel. „Weil sie dann ausgereift ist.“ gab er als Antwort zurück. „Aber bist du dir sicher dass wir sie schaffen können?“ „Ja. “ Sophie hielt die Luft kurz an. In ihrem Kopf bildete sich kein vollständiges Bild. Sie konnte daraus keinen Sinn erkennen. Danach stieß sie die Luft hart aus und konnte sich nicht darauf einigen, ob sie die zwei auf sich aufmerksam machen sollte, oder ob sie nicht zu hören sollte. Sie war etwas geschockt, als sie bemerkte, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte, vor lauter Schock, denn sie konnte die zwei sagen hören: „Aber wenn sie 15 ist, dann schlagen wir zu.“ Sophie schlief am nächsten Tag bis spät in den Tag hinein. Es war 12, als sie aufstand. Es wurde gestern Abend sehr spät, da sie nach diesem Gespräch eine Zeit lang nicht schlafen konnte. Bewegungslos war sie im Bett gelegen, und hatte über alles nachgedacht. Sie kam immer zu dem Ergebnis, dass sie zu wenig Informationen hatte, um heraus zu finden, worum es ging. Sie hoffte, am nächsten Tag mehr erfahren zu können. Bisher war für sie das ganze Leben kein ungelüftetes Geheimnis gewesen, abgesehen von ein paar Mathebeispielen. Sie ahnte nichts, als sie an diesem Tag Amy zu sich nach Hause einlud, um sie angeblich nur „besuchen“ zu kommen. In Wirklichkeit wollte Sophie, das Amy bei ihr übernacht blieb. Sie hatten sich einen festen Plan gemacht, um vertuschen zu können, dass noch ein nicht gekannter Besucher bei ihnen zu Hause versteckt war. Der Plan sah so aus: Am Nachmittag gegen 4 Uhr kommt Amy zu besuch und bleibt bis 8 Uhr am Abend. Dann gibt sie vor, das Haus zu verlassen, in dem sie „Wiedersehen und danke für alles“ ruft, danach die Tür aufmacht, Sophie sie umarmt, und danach macht sie die Tür auf und dann wieder zu. Ihre Eltern werden gar nicht bemerken, dass jemand doch nicht gegangen war. Sie werden sie wohl kaum selbst verabschieden, meistens geht sie ins Wohnzimmer und sagt dann Sophies Eltern Tschüss. Daraufhin werden sie leise die Treppen neben der Eingangstüre hinaufsteigen, und werden den restlichen Tag in Sophies Zimmer verbringen. Amy wird die Süßigkeiten von Sophie bekommen, Sophie kann ihr kein Brot mit herauf nehmen, da sie mit dem Essen nicht in ihr Zimmer dürfen, und einmal hat ihre Mutter sie bei einem Versuch ein Brötchen in ihr Zimmer zu schmuggeln erwischt. Damals hat ihre Mutter ihr eine sehr lange Standpauke gehalten, das wollte sie nicht noch mal riskieren. Außerdem war es Amy lieber, mehr Süßes essen zu können. Sie und Sophie gingen gerne zum Chinesen, um sich etwas zu holen. Das Geld verdienten sie sich geheim nebenbei wenn sie den Laub im Herbst zusammenkehrten. Ihre Mutter hatte sich schon einmal beschwert dass diese „komische alte Frau mit der Kapuze übern Kopf“ sie nie zurück grüßte, und keiner sie kannte. Sophie und Amy gingen im Herbst bei ihrer Stiege kehren, während sie im Frühling den Leuten von der Reinigung der Straße half, die Kieselsteine die im Winter gestreut wurden, wieder weg zu räumen. Sophie und Amy machten diese Arbeit zwar gemeinsam, doch manchmal gab es nicht genug zu tun, dass nur eine Person gebraucht wurde und sie bekamen nicht genug Geld, also mussten sie oder auch nur einer noch im Frühling helfen, um das Geld für das ganze Jahr zu verdienen. Ihren Eltern konnten sie das ja natürlich nicht sagen, sonst würden sie fragen wofür sie das ganze Geld brauchten. Sophie wartete bis es später Nachmittag wurde. Sie legte sich in ihr Bett und legte die Füße aufs Fensterbrett. Sie starrte die Wolken an, und schaute ihnen nach wie sie davon schwebten. Von ihrem Fenster aus konnte sie nur einen Berg und ein paar Hügel dahinter erkennen. Neben ihrem Haus stand ein großer Baum, deren Äste bis zu ihrem Fenster reichten. Sie liebte es faul in ihrem Bett zu liegen und einfach nichts zu tun. Sie streckte die Arme weit von ihrem Körper weg und merkte, als sie den rechten Arm auf die Bettdecke legen wollte, dass der Polster im Weg war. Sie schob ihn unter ihren Kopf und legte sich darauf. Die Sonne strahlte ihr stark ins Gesicht und sie konnte diese Wärme deutlich spüren. Sie atmete leise aus und ein und genoss diesen Moment der Ruhe. Die Sommerferien hatten erst vor kurzem angefangen, und Sophie hatte sich von diesen ganzen Strapazen noch nicht ganz erholen können. Jetzt endlich war die Zeit da, um faul zu sein. Der Sommer war ihre Zeit. Sie mochte genauso den Winter, wenn sie in einer warmen Steppdecke mit Kakao und Keksen im Bett lag und sich die Abendfilme ansah. Und wenn Schnee fiel, war alles perfekt. Sophie erinnerte sich an die Schulzeit, bei der sie kaum noch zum schlafen gekommen war, weil sie so viel für die Schule tun musste. Sie war eigentlich ein Kind mit eigenem Kopf, doch sie lies sich von ihrer Mutter Gott sei Dank stark beeinflussen, so dass sie viel für die Schule tat. In der Schulzeit ging es ihr auch meistens nicht besonders gut, durch den ganzen Stress, die Tests, Hausübungen, Schularbeiten und Veranstaltungen. Jetzt aber war alles ganz anders. Sie traf sich mit ihrer jüngeren Freundin Amy, spielte Volleyball am Strand, ging Süßigkeiten einkaufen, zocken in der Spielhalle, ins Kino oder Badminton spielen auf der Wiese. Sophie stand auf und sah auf die Uhr. Gleich würde sie anläuten, dachte sie. Sie ging zum Sessel und wollte sich hinsetzten, als sie ein läuten der Klingel hörte. Ihre Mutter im Wohnzimmer stand von dem Sofa auf und hatte schon fast die Türklinge im Vorzimmer in der Hand, als Sophie auf einmal aus dem Zimmer vor lauter Freude gesprungen kam, am Gelände herunter rutschte und die Hand ihrer Mutter, die ihre Hand noch immer knapp bei der Türschnalle hatte, und Sophie angestarrt hatte, weg drängte und die Tür auf machte. Als Sophie Amy sah umarmte sie sie und anscheinend war Amy etwas überrumpelt. Ihre Tasche war ihr aus der Hand geflogen, und Sophie flüsterte Amy ins Ohr: „Meine Mutter steht vor der Türe. Die Sachen fürs übernachten schmeiß hinter den Busch, wir holen sie nachher!“ Amy schmiss die Tasche hinter den Busch und machte die Tür ganz weit offen, die vorher nur halb geöffnet war, dass ihre Mutter hinter Sophie Amys Sachen nicht sehen konnte. Sie trat in das Haus ein und lächelte als Begrüßung ihre Mutter an. Sophie stieg mit ihr so schnell wie möglich die Treppe hinauf, und schloss hinter Amy die Tür zu. Sophie atmete aus und freute sich, dass es halbwegs geklappt hatte. Sie sagte zu Amy: „Ich muss deine Sachen fürs übernachten holen gehen. Ich komm gleich wieder.“ Amy nickte und setzte sich auf einen Sessel. Sie seufzte ein wenig, und legte dann den Kopf in den Nacken. Kurz daraufhin stand sie auf und sah sich das neue Poster von Sophie an, dass ihre Lieblingsband zeigte. Sophie war übers Fenster gesprungen, um auf das Dach zu kommen, und dann von der Regenrinne dort runter steigen zu können. Ihre Mutter hätte es bemerkt, wenn sie durch die Türe gegangen wäre, und hätte dann gefragt was sie draußen zu suchen hat. Sie war schon längst unten, hatte die Tasche gepackt, und wollte hinauf, als der Postbote kam und ihr ein paar Briefe in die Hand drückte; wenn sie schon mal unten wäre könnte sie sie ihrer Mutter geben. Sophie wartete bis er verschwunden war, und überlegte wie sie die Post ihrer Mutter übergeben soll, wenn sie doch eigentlich gar nicht draußen gewesen ist. Sie hätte es in das Postfach legen können, doch sie hatte keinen Schlüssel dafür. Dann entschloss sie sich den Brief durch den Türschlitz zu schieben. Als sie fertig war damit, stieg sie die Rinne wieder rauf. Die Rinne war alt und hielt nicht besonders gut. Sie rutschte ab, und hielt sich mit beiden Händen an der Regenrinne an. Diese brach ab, und sie flog von hinten gen Boden. Den Mund weit geöffnet starrte sie den Erdboden entgegen, und in ihrem Gesicht spiegelte sich die Angst. Mit ihren Arme rudernd, suchte sie Hilfe. Die Tasche flog im hohen Bogen davon; und war schon längst am Boden angekommen. Sie hatten diesen Flug gut überstanden, denn in ihr war nur Kleidung. Amy derweil fragte sich schon, wo Sophie war, und machte das Fenster langsam auf. Sie sah dass Sophie im fallen war, und wusste nicht, was sie tun konnte. Sie machte das Fenster wieder zu und überlegte. Sophies Verstand schien zu verschwinden; denn ihre Augen wurden leer und ihre Hilfesuchenden Arme hatten aufgehört zu rudern. Sie spürte ein starkes brennen in den Knochen; sie schloss die Augen, und was von da an passierte, hatte sie vergessen. Ihr Körper drehte sich so, das es aussah als wäre sie eine Katze, die von einem Regal auf den Boden springen würde. Sie kam auf allen vieren auf. Danach, lag sie am Boden, und schlief. Amy derweil war hinunter zu Sophie gestiegen, und wunderte sich, dass sie es ohne einen Kratzer überlebt hatte. Sie weckte Sophie auf, die verwirrt war, und versuchte mit ihr wieder hinauf ins Zimmer zu klettern. Es war schwer ohne die Regenrinne herauf zu kommen, aber sie hatten es geschafft. Sophie und Amy versuchten sich zu erklären, was geschehen war. Amy entschuldigte sich, dass sie Sophie nicht geholfen hatte, aber in diesem Moment wusste sie einfach nicht, was sie hätte tun können. „Ehrlich, Amy. Du kannst nichts dafür.“ sagte Sophie. „Danke.“ Die Stunden vergingen, und Amy und Sophie waren vergnügt wie noch nie. Sie spielten nie Computerspiele durch, unterhielten sich, machten Kaffee (die zwei waren auf Kaffee ganz versessen) und lachten. Bald war es vier. Sophie „verabschiedete“ sich von Amy, und machte die Tür einmal auf. Dann sagte Amy „Tschüss!“ und Sophie machte die Tür wieder zu. Dann verschwanden die beiden wieder in ihrem Zimmer. Sophie wunderte sich dass Charlie sein Wort gehalten hatte, und sie nicht verpetzt hatte. Dafür gingen sie kurz zu ihm herüber, und Sophie lies Charlie etwas aus ihrer Süßigkeiten Kiste aussuchen. Er nahm die kleine weiße Schokoladentafel, und bedankte sich bei Sophie dafür. In ihrem Zimmer angekommen, sagte Amy: „Dein Bruder kann ja wirklich auch einmal nett sein.“ Sophie nickte während sie sich ein Stück Zartbittermarzipan in den Mund schob, und es genüsslich auf der Zunge zergehen lies. Als sie fertig gegessen hatte, antwortete sie: „Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung dass man ihn bestechen kann.“ „Wieso bestechen?“ fragte Amy, während sie die von Sophie angebotene Schokolade ablehnte, da sie erstens kein Marzipan mochte, und zweitens eher Chips und solche Sachen aß. „Ich hatte ihm ja die Schoko gegeben, und außerdem auch eine Nachspeise gemacht.“ Amy nickte. Sie nahm sich ein paar Chips aus der Packung, und als sie feststellen musste, dass die Packung leer war, sagte sie: „Du wolltest mir doch irgendwas erzählen, was dich so geschreckt hat.“ „Ach ja.“ fiel es ihr wieder ein. „Weißt du, vor kurzem war ich in der Nacht auf der Terrasse, und…“ Sophie erzählte die ganze Geschichte, und auch, was mit dem Fernseher passiert war. „Das verstehe ich nicht.“ sagte Amy. „Ich ja auch nicht. Was hat das zu bedeuten? Wovon reden sie?“ „Keine Ahnung. Aber ehrlich gesagt, ist es besser, wenn wir heute wieder auf die Terrasse gehen, und schauen, ob diese zwei wieder kommen.“ Das leuchtete Sophie ein. Sie legte die Schokolade weg und machte die Kiste zu. „Aber was, wenn sie euer Haus an deinem Geburtstag sprengen wollen?“ Sophie sah Amy seltsam an. „Das glaubst du doch nicht wirklich, oder?“ „Na ja. Ich meine immerhin glaubst du doch hoffentlich nicht an Marsmenschen.“ Sophie verneinte. „Natürlich nicht. Aber was dann…?“ Gegen Abend als alle schon schliefen, hatte sich Amy unter eine Decke verkrochen, die beiden redeten über alle möglichen Dinge. Sophie konnte über Amys Witze nicht aufhören zu lachen, als sie auf einmal die Stimme Sophies Eltern hörten. Plötzlich hörte Sophie auf zu kichern, und Amy hörte auf Witze zu erzählen. Das Licht unten im Flur ging an, und Amy versteckte sich im Kleiderkasten. Sophie ging schnell in ihr Bett und zog die Decke weit über den Kopf, das niemand sehen konnte, dass sie noch nicht schlief. Die Tür wurde von ihrem Vater aufgemacht, und er murmelte: „Komisch… ich dachte ich hätte was gehört.“ Amy und Sophie warteten bis es ganz ruhig wurde, und setzten sich dann wieder auf den Boden. Sie seufzten ein wenig, und die Uhr zeigte eins an. „Gehen wir jetzt runter?“ fragte Sophie. Amy nickte, und die zwei verließen das Zimmer. Sophie zeigte Amy die Stufe, die sie überspringen sollte, weil sie knarrt. Die beiden kamen bis ins Wohnzimmer, als sie hörten dass das Licht im Zimmer ihrer Eltern anging. Die beiden liefen schnell auf die Terrasse und versteckten sich dort hinter einer großen Pflanze. Das Licht ging mit einem kleinen Geräusch aus und Amy und Sophie atmeten erleichtert aus. Wie tatsächlich angenommen, standen vor ihrer Türe wieder diese Männer. Sophie konnte nur Wortfetzen verstehen. Doch plötzlich konnte sie einen von den beiden sagen hören: „Komm näher an das Haus ran, ich glaub da ist was im Gange.“ Der Mann mit Bart nickte. „Ach übrigens.“ Fing der andere an. „Hast du das gehört von neulich?“ „Ja. Darüber wollte ich grad mit dir reden. Vor kurzem war da dieser Fall… erinnerst du dich noch?“ Er sprach langsam zu ende und schaute um sich herum, dass auch niemand ihm zuhören konnte. Der andere deutete mit einer Kopfbewegung an, dass sein Partner weiter erzählen soll. „Ich habe gehört ihr Bruder gehört dazu.“ „Wie? Aber warum haben wir dann nur den Auftrag für sie bekommen?“ „Weil ich denke dass ihre Eltern das erledigen werden.“ Sagte er. Der Mann zog seinen Hut weiter tief in die Stirn und blickte dann um sich herum, ging näher an den anderen und flüsterte etwas. Sophie und Amy verstanden nur Wortfetzen. „Aber… wohin… Tante… für immer.“ Sophie beugte sich vor. Sie wollte unbedingt wissen, was sie sagten. Mit einem mal stieß sie die Pflanze in dem Topf um und sie zerbrach scheppernd. Amy stieg über den Zaun nach draußen und setzte sich in eine Ecke wo sie sich versteckte. Sophie stand da und wusste nicht, was passiert war. Sie wollte in ihr Zimmer stürmen, als sie auf den Scherben ausrutschte und auf den Boden knallte. Ihre Hände waren blutig von den Scherben und ihre Knie zerkratzt. Ihr Vater kam ihr entgegen, nach draußen, und sie wusste nicht wie sie das erklären sollte. Ihr Vater machte die Türe zur Terrasse auf und was er sah gefiel ihm nicht. Scherben lagen am Boden, die Erde der Pflanze überall verstreut, die Pflanze selber kaputt, und mitten drin in allem war ein Nagetier. Ihr Vater verfluchte diese Maus, oder was immer das auch war, und ging wieder schlafen. Sophie kam aus dem Busch hervor gekrochen, und suchte Amy. Die kam aus ihrem Versteck und war ziemlich aufgebracht. Amy und Sophie stiegen über die Scherben und liefen dann nach oben. Sie machte ihre Zimmertüre auf, und konnte eine Gestalt auf ihrem Bett sitzen sehen. Es war zu dunkel um erkennen zu können, wer das war, aber derjenige hatte kurze Haare und Sophie vermutete, es wäre ihr Vater. Amy konnte Sophies Herz schlagen hören, und das machte sie nervös. Auf einmal machte er den Mund auf, und die Stimme klang ganz anders: „Sophie, das Licht im Badezimmer ist kaputt. Schraubst du eine neue Glühbirne rein?“ Amy machte das Licht in ihrem Zimmer an, und machte ein Regal auf und nahm eine Glühbirne heraus. Sie wusste genau, was alles wo in diesem Haus war. Sie und Sophie kannten sich schon lange. „Hier.“ Sagte sie, als sie Sophie die Glühbirne in die Hand drückte. Sophie nahm Charlie an die Hand und drehte die Glühbirne rein. Danach legten sie sich schlafen. Sophie lag in ihrem Bett, als sie etwas an ihrem Ohr spürte. Sie schlief noch, als sie Amys Stimme hörte. Sie flüsterte: „Ich geh jetzt… bis dann.“ Sophie drehte sich auf die andere Seite und versuchte danach weiter zu schlafen. Sie gab zwar keine Rückmeldung, dass sie es verstanden hatte, allerdings war sich dem Amy sicher, und so ging sie unbemerkt wieder nach Hause, auf ihrem Weg, übers Fenster. Amy lief zu ihr nach Hause. Amy fand ihre Eltern schon wach vor, sie alle waren Morgenmenschen. Bis auf Amy. Darum legte sie sich noch einmal schlafen, und versuchte zu vergessen, was gestern passiert war. Sie hatte zwar Angst gehabt, doch Sophie wollte sie das nicht zeigen, um sie nicht zu beunruhigen. Ihr Schlaf war gut; so gleich sie im Bett landete, schlief sie ein, doch sie wälzte sich unruhig hin und her, kniff die Augen fest zu, ihre Bettdecke schmiss sie aus dem Bett, und ihr Mund war abwechselnd geöffnet, und wieder geschlossen. Sie hatte einen Traum, der ihr nicht ganz sagte, was es mit diesen Männern auf sich hatte. Doch sie gaben ein paar Informationen, darüber was passieren würde. Bis zu ihrem Geheimnis- das sehr wohl gelüftet wurde- sie jedoch vergaß, da sie erschrocken aufwachte. Ihr Herz raste, und sie atmete unregelmäßig. Sie wollte diese Geschichte verdrängen, und als sie danach wieder einschlief, packte sie es weg, in einem Winkel in ihr, dass nie wieder gebraucht werden würde. Als sie danach aufwachte, war alles wie immer. Sie verschwendete keinen einzigen Gedanken daran. Ihr Tagesablauf war ganz normal, ihr Verhalten ebenso. Sophie wachte nach einer halben Stunde wieder auf, und machte sich danach ein Frühstück. Sie backte Kipferl im Herd auf, stellte sich nur Marmelade auf den Tisch, denn Nutella mochte sie nicht besonders. Sie war gerade fertig, als Charlie am Treppengelände entlang rutschte. „Morgen Sophie.“ Sagte er. „Sag mal, was ist bloß los mit dir?“ fragte sie ihn. Dann nahm sie ihren leeren Teller, putzte die Brösel in den Abfalleimer, steckte den Teller in den Geschirrspüler, und stellte die Marmelade zurück. „Gar nichts. Du hast eben deinen 15. Geburtstag.“ Charlie schaute Sophie gespannt zu. „Wirklich?“ Sophie sah ihn misstrauisch an. „Wenn ich es doch sage.“ Bekräftigte er. „Aber irgend…“ Die Tür ging auf, und Sophies Mutter kam in die Küche, mit Pandabär Restmascararinge unter den Augen, die Haare verstrubbelt, und sich selber eingehüllt in einen dicken blauen Bademantel mit der Aufschrift: Get outta my fucking way! Where is the milk? Sophie wollte zu ende sprechen, doch ihre Worte blieben im Hals stecken. Nach einer kurzen Pause ging es wieder, und sie sagte: „Mama, was ist denn mit dir los?“ „Ich weiß nicht… seit gestern geht’s mir nicht besonders gut.“ Ihre Stimme klang schwach. „Ich mach dir mal einen Tee, und was zum Frühstücken“ sagte sie, „und was willst du haben?“ Sophie sprang vom Küchentisch, auf dem sie saß, und holte ein Teller und eine Tasse aus dem Schrank. „Eine Semmel… am besten mit Käse:“ Sophie machte ihrer Mutter eine Käsesemmel, einen Kamillentee, und danach ging es ihr auch schon viel besser. Die Tage vergingen, allmählich gingen die Sommerferien zu Ende. Sophie hatte nicht viel in Erfahrung gebracht, sie hatte nur Andeutungen, die aber keinen Sinn hatten. Sie spürte, dass sie nicht mehr viel Zeit hatte. Amy hatte auch nicht viel mehr herausgefunden. Sie und Sophie waren ratlos, und ehrlich gesagt wünschten sie sich nichts anderes, als endlich dieses Geheimnis gelüftet zu haben. An einem Abend am Sonntag stand Sophie am Balkon, mit einer Bananemilch in der Hand, sah die Sterne an, und hoffte endlich alles erledigt zu haben. Sie wollte wissen, was um sie herum passierte, sie konnte es nicht verstehen, manchmal verzweifelte sie etwas, doch sie tröstete das angeblich sich alles an ihrem Geburtstag auflösen würde. Sophie spürte diese milde Wärme, die um sie herum war. Es war so angenehm, sie liebte den Sommer, sie wollte einfach nur Spaß haben, sonst nichts. Am nächsten Tag würden sie ins Kino gehen, doch um ehrlich zu sein, hielt sich Sophies Freude in Grenzen. Sie würde nicht das ganze Gespräch der beiden Männer mitkriegen. Sophie seufzte. Auf der anderen Seite, selbst wenn sie alles mit hören würde, wahrscheinlich würde sie danach trotzdem so viel wissen wie vorher. Das ganze ergab einfach keinen Sinn. Momentan schien die Zeit nicht still zu stehen. Die Tage vergingen schnell, und ein bisschen fühlte Sophie sich hilflos. Ihre Eltern waren ein einziges Rätsel. Schon seit Tagen benahmen sie sich seltsam. Manchmal hörten sie ihr gar nicht zu, ihrer Mutter ging es immer schlechter, ihr Vater gab keine Antworten mehr auf Sophies Fragen. Beim ersten mal war sie wütend darüber, jetzt allerdings, kränkte es sie. Warum nur war alles so festgefahren? Sophie fühlte sich, als würde sie vor einer vereisten Tür befinden, die nicht schmolz. Ihre Mutter und ihr Vater waren im Wohnzimmer und starrten Sophie an, während sie Trübsal blies. Sie hielt sich an der Mauer des Balkons an, starrte gen Boden, und wünschte sich, dass sich alles bald auflösen würde. Ihr Wunsch lies nicht ab, ihr Geburtstag kam unaufhörlicher, worüber sie sich deutlich freute. Auch wenn sie innerlich etwas störte, etwas sie beeinflusste, ihr Urteilsvermögen betrübte, und ihr Schock und ihr Schmerz immer größer wurde; zeigte sie niemandem, dass sie unzufrieden war. Sophie hüpfte gut gelaunt hin und her, umarmte ihren Bruder, half ihrer Mutter bei dem Putzen, was durchaus nicht oft vorkam. Das lag aber eher daran, dass sie mit solchen Dingen nicht oft und nicht viel zu tun hatte. An diesem Tag hatte sie sich zusammen gerafft, als sie sah, dass ihre Mutter an diesem Tag von 7 Uhr in der Früh, bis am Nachmittag schuftete. Sophie war langweilig geworden, da Amy keine Zeit hatte, und ihre anderen Freunde aus der Schule viel zu weit weg wohnten. Eine lange Reise zu unternehmen, lag ihr nicht. Und ihr Geld war ihr dafür auch zu schade. Karten waren viel zu teuer. Da blieb sie lieber zu Hause und fadisierte sich. In ihrer Familie war sie aber auch die einzige mit dieser Meinung. Charlie war schon mit fünf Jahren alleine umher gefahren. Allerdings nur in diesem Örtchen. Weiter draußen hätte ihre Mutter schließlich auch nicht zugelassen. Sophie und Amy hatten sich schon eine Weile nicht mehr getroffen. Ihrer Freundschaft ging es zwar sehr gut, doch nach den letzten Ereignissen, war sich Amy nicht ganz sicher, ob sie noch ganz dicht in der Birne ist. Was sie da gehört hatte, war für sie ein einziges Rätsel. Es überschlug sich mit all dem, woran sie bisher geglaubt hatte. Amy war durch und durch ein Realist. Solche Sachen konnte es nicht geben. Unmöglich. Andererseits könnte es ja sein, dass es tatsächlich eine logische Erklärung für das ganze gibt, auch wenn es unmöglich schien. Jedenfalls für Amy. Sophie dachte in letzter Zeit immer öfter über komische Dinge nach. Dinge, die sie früher in keiner Weise berührt hätten, die sie gar nicht gereizt hätten, darüber nach zu denken. Sophie bemerkte immer mehr, wie wenig sie in diese Familie passte. Sie hatte andere Vorlieben, und äußerlich nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem in ihrer Familie. Außerdem war sie in keinem Gegenstand besonders gut, oder zeigte übermäßiges Interesse an einer Sache. So etwas machte ihr Zweifel, ob sie wirklich zu dieser Familie gehörte. Für sie klang es zwar logisch, dass sie zu dieser Familie gehörte- in allen Unterlagen die sie bisher gefunden hatte, stand ganz klar, sie sei die Leibliche Tochter von ihrer Mutter und ihrem Vater- doch war sie sich nicht sicher, ob sie sich nicht bei irgendetwas an der Sache geirrt hatte. Sophie zählte die Tage, bis sie Geburtstag hatte. Nur mehr eine Woche. Bald war es soweit. Bis dahin, konnte sie nur hoffen, dass sie etwas Besonderes herausfand, und sich damit schützen kann, bevor es losgeht. Sie setzte alles daran, dass sich an ihrem Geburtstag alles zum Guten wenden würde. In wie fern sie damit falsch lag, wird sich bald herausstellen. Wenn Sophie ein Tag am Kalender abhakelte, freute sie sich auf den nächsten. Den sie wusste, die Tage, die Stunden, die Minuten, die Sekunden würden vergehen. Und keiner konnte sie stoppen. Ein wenig ärgerte sie es auch, dass die Tage so schnell vergingen. Denn bald würde die Schule wieder anfangen. Allgemein hatte sie auch nichts gegen die Schule. Eher gegen die Tests, die langweiligen Mathestunden, in denen sie oft aufgerufen wurde, aber nicht oft antworten konnte. Genauso gegen die Schularbeiten; die Verursacher der meisten Schulehasser. Ihre beste Freundin aus ihrer Klasse, Kimie, war einer der Kinder, der genau aus diesem Grund die Schule hasste. Öfters hatte sie zu Sophie gesagt: „Wenn die Schularbeiten nicht wären, würde ich den Leuten die die Schule erfunden haben, ja danken, so allerdings nicht.“ Sophie konnte das verstehen, und nickte zustimmend. Mehr noch als die Tests und Schularbeiten, waren die Hausübungen eines der Gründe, warum Sophie und Kimie diese Meinung hatten. Sie beide hassten genauso Verbesserungen. Wer konnte das nicht verstehen. Lehrer sind ebenfalls meistens einer dieser Gründe. Sophie hatte eine Lieblingslehrerin gehabt, die aber von der Schule gegangen war. Ihr Klassenvorstand war zwar nett, aber viel zu gutmütig. Sie konnte die Klasse gar nicht unter Kontrolle halten. Auch wenn das bei der Klasse nicht nötig war. In den Sommerferien dachte Sophie über so was gar nicht nach. Sie ignorierte es, um sich das Leben mit ihren Schulproblemen nicht zur Hölle zu machen. Genauso wie sie ignorierte, dass es ihr eigentlich schlecht ging. Sie war eine Kämpfernatur, die über Probleme nicht redete. Am Abend 5 Tage vor ihrem Geburtstag war sie unten in ihrem Keller. Dort stand ein Tischtennis-Tisch, und sie spielte mit ihrem Bruder. Sie hatte den Ball gerade in die Richtung einer Ecke geschossen, als auf einmal die Tür auf ging, und ihr Vater hereinkam, während der Ball auf Charlies Seite auf den Boden aufknallte… „Sophie, Charlie, was wollt ihr essen?“ sagte er. „Kochst du?“ fragten beide wie aus einem Mund. „Ja.“ Sophie und Charlie starrten sich an. Beide mit einem fetten Lächeln auf dem Gesicht. „Ja gerne!“ sagten sie wieder gleichzeitig, Sophie hatte geschrieen vor Freude, und Charlie hüpfte auf einem Bein. Ihr Vater, überschwänglich vor Freude der beiden, schlug vor, was es zu essen gab. „Machen wir Dreigänge.“ Schlug Charlie vor, der noch immer auf einem Bein hüpfte. Sophies Vater nickte. „Ja, und als Vorspeise eine Kartoffelcremesuppe, als Hauptspeise Schnitzel mit Petersilienkartoffeln, und als Nachspeise…“ Sophie wollte zu Ende sprechen, als Charlie sie übertönte. „Mouse au Chocolathe!“ rief er. Sophies Vater war der beste Koch den sie kannte. Doch er kochte nicht oft für sie. Weil er nach der Arbeit oft zu erledigt und müde war. Heute hatte er frei gehabt, darum war er auch so gut gelaunt, die Augenringe, die er immer den ganzen Tag lang hatte, waren verschwunden. Mit einem Grinsen im Gesicht stand er in der Küche und machte den Abwasch. Für Sophie, die ihm nach dem Tennis spielen dabei aus dem Wohnzimmer aus beobachtete, war es ein Rätsel wie er gut gelaunt abwaschen konnte. Das war einer der Arbeiten, die Sophie am allerwenigsten mochte. Als er fertig war, begann er, Wasser in einen Topf zu schütten, danach alles für die Basis ein rührte, und wie er sich nebenbei um die Nachspeise kümmerte. Die musste er zu erst machen, denn sie musste im Kühlschrank lange abkühlen. Während Sophie ihren Vater beobachtete, dachte sie über sein Verhalten nach, dass ihr ein wenig Angst machte. Vor ein paar Tagen noch war er total erledigt, und auf einmal…? Was war bloß los? Diese Stimmungsschwankungen waren eigentlich nicht so sein Fall. Genauso wie ihre Mutter. Nur dass es ihr bis jetzt nicht gut ging. Charlie schien gar nichts zu bemerken. Er spielte oben in seinem Zimmer sein Computer Spiel, und Sophie war sich nicht mal sicher ob es ihn überhaupt interessierte, wie es den anderen ging. Er fragte nie jemanden danach. Sophie beunruhigte dass nicht. Angeblich war das bei Jungs in seinem Alter normal. Sophie wandte ihre Gedanken wieder dem Haupthema zu. Die Tage vergingen, und tatsächlich rückte ihr Geburtstag immer weiter in ihre Nähe. Einen Tag vor ihrem Geburtstag begann die Katastrophe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)