Blutgift von abgemeldet (Eine Trinity Blood Kurzgeschichte) ================================================================================ Kapitel 1: Das Spiel beginnt ---------------------------- Mit einem lauten Krachen brach das Schloß aus der großen dunklen Eichentür, die nun langsam quitschend in ihren Angeln vor und zurück schwang. Draußen im Regen standen die Patres Nightroad und Iqus. Tres stand direkt vor der Tür, hatte seine zwei Waffen gezogen und wollte gerade in die Villa eindringen, als ihn Pater Nightroad ansprach: „Mann, das wäre doch auch leiser gegangen, bestimmt ist er jetzt vorbereitet.“ Die Antwort war knapp: „Negativ, initiiere Hausdurchsuchung .“ Tres betrat das große Gebäude ohne sich nach seinem Partner umzusehen. Der zurückgelassene Abel zuckte mit den Schultern und folgte ihm. Im Haus war es noch dunkler als draußen. Der Cyborg stand in der Mitte einer großen Eingangshalle und blickte suchend um sich: „Verdacht bestätigt.“ Abel wand sich in leicht verärgertem Tonfall an Tres: „Verdacht bestätigt? Wovon sprichst du? Meinst du etwa, dass keiner mehr hier ist, nachdem du sie durch deine lautstarke Art hier einzudringen gewarnt hast?“ Tres ging durch den Raum nach vorne: „Negativ, es waren bereits zu unserem Ankunftszeitpunkt keine Lebenszeichen zu verzeichnen.“ Gezielt steuerte er die Treppe am Ende des Raumes an. „Beginne mit der Durchsuchung des ersten Stocks, untersuchen Sie das Erdgeschoß.“ Damit verschwand er am oberen Ende der Treppe. Abel sah dem Cyborg verdutzt hinterher. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Tres hatte Recht gehabt. Dieses Haus war schon lange verlassen. Überall lag Staub, die wenigen Möbel waren seit langem unbenutzt und die Vorhänge zugezogen. Der Regen trommelte von draußen gegen die Scheiben. Seltsam, er war sich so sicher gewesen, diesmal am richtigen Ort zu sein. Dieser Graf Zondor war scheinbar nicht so leicht zu finden. Trotzdem, es musste einfach eine Verbindung zwischen diesem Ort und dem Grafen geben. Die Hinweise waren zu eindeutig. Der Rosencreutz Orden schien reiche und einflußreiche Leute anzuziehen. Graf Zondor war dem Vatikan schon lange aufgrund seiner politischen Aktivitäten ein Dorn im Auge. Bisher war es allerdings nicht gelungen ihm verdächtige Machenschaften nachzuweisen. Entweder er tarnte seine Aktivitäten zu gut, oder er lebte seine politische Ausrichtung nur mit Worten und nicht mit Taten. Um das zu klären, sollten Pater Nightroad und Tres Iqus den Aufenthaltsort des Grafen in Praha ermitteln und mögliche Beweise sicherstellen. Abel seufzte und suchte den Boden nach Fußspuren im Staub ab. Die aufgebrochene Tür hatte eine breite Schneise in die Staubschicht gerissen. Tres Fußspuren führten von der Tür zur Treppe. Abel hatte deutlich mehr Spuren hinterlassen, als er grübelnd durch die Eingangshalle geschlendert war. Darüber hinaus gab es aber keine Spuren. Die Staubschicht vor den übrigen Türen und auf den Stufen der Treppe zeigte, dass sie die ersten seit langem waren, die das Haus auf diesem Weg betreten hatten. „Pater Nightroad.“ Tres Stimme klang durch die Wände geschwächt etwas gedämpft. Abel blickte zur Treppe und lief los: „Bin schon auf dem Weg!“ Tres Schatten fiel durch den Türrahmen auf den Boden des Flurs. Es musste wohl doch Strom in diesem alten Gebäude geben. Als Abel den Raum betrat, riss er erstaunt die Augen auf. Die beiden AX-Agenten befanden sich mitten in einem modern eingerichteten Labor. Es gab mehrere Arbeitsplätze und alle schienen vor kurzem noch benutzt worden zu sein. Reagenzgläser und Mikroskope, Kühlschrank und Zentrifuge, alle Gegenstände hier waren voller Proben unterschiedlicher Flüssigkeiten. Daneben gab es auch einen großen Brutkasten für Bakterienkulturen. „Was die hier wohl gemacht haben?“ murmelte Abel verwundert. „Diese Information ist vorerst unwichtig, die Wissenschaftler sind geflohen. Nehme Verfolgung auf.“ Tres wand sich um und ging auf eine Aufzugtür zu, die Abel bisher nicht beachtet hatte. So war das also, die Wissenschaftler hatten ja offensichtlich nicht den Haupteingang genutzt. „Ich komme gleich nach, ich will mir das hier noch genauer ansehen...“ Abel wand sich wieder den Reagenzgläsern und Probenröhrchen zu. Manche enthielten klare Flüssigkeiten andere waren gelblich trübe. Auf einem weiteren Tischchen standen Probenröhrchen mit schwarzen Klumpen in klarer Flüssigkeit. „Geronnenes Blut“ schoß es Abel durch den Kopf. Er blickte suchend den nächsten Tisch ab. In einem Warmhaltebecken standen frischere oder ungerinnbar gemachte Proben. Kleine Phiolen gefüllt mit Blut in unterschiedlichen Rottönen. Die Phiolen waren in zwei Gruppen aufgeteilt und unterschiedlich markiert. Abel nahm sich je eine Phiole aus beiden Gruppen und entfernte die Deckel. Dann zog er seinen linken Handschuh aus und lies sich gezielt und vorsichtig einen Tropfen auf die Fingerspitze fallen. Langsam verrieb er das Blut zwischen Daumen und Zeigefinger. Dann nahm er die zweite Phiole und lies sich einen Tropfen auf die geöffnete Handfläche fallen. Der Tropfen zerfloß erst träge in den Falten seiner Hand, dann wurde der rote Fleck allmählich kleiner und war schließlich ganz verschwunden. „Hm“, nachdenklich schloß Abel seine Hand zur Faust. Dann ging er zu einem der Waschbecken und wusch sich das restliche Blut von den Fingern. Als sich die Aufzugtür hinter Pater Iqus schloß, wand sich dieser der Schalttafel zu. Es gab einen Knopf für Nothalt und einen für Fahrt. Scheinbar also nur ein Ziel. Der Cyborg zögerte nicht, drückte den Fahrtknopf und der Aufzug setzte sich in Bewegung. „12,84 m Abstiegstiefe“ murmelte Tres als der Aufzug mit einem Ruck zum Stillstand kam. Die Türen der Kabine öffneten sich nicht. Stattdessen klappten automatisch Sitzflächen aus den Seitenwänden der Kabine und unter lautem Geratter begann sich der Aufzug erneut zu bewegen. „Registriere Beschleunigung, ein Schienensystem kann angenommen werden.“ Mit Blick auf die ausgeklappten Sitze, steckte Tres seine Waffen weg und wartete. „Bitte warten, nächste Fahrt in 14min“ leuchtete es über der Fahrstuhltür. Abel starrte verwirrt auf die leuchtenden Buchstaben. „Verdammt nochmal, Tres! Hättest du mich bei so einer Fahrt nicht mitnehmen können?“ Er stemmte seine Hände in die Seite und sah die verschlossene Aufzugtür ärgerlich an. „Stell mir bloß nichts an da unten... Hm,“ Abel blickte sich suchend um, „eine Treppe gibt es hier auch nicht.“ Da Abel nichts anderes übrig blieb als zu warten, beschloß er sich doch noch etwas genauer umzusehen. Er warf noch einen Blick auf die Anzeige über dem Aufzug, die inzwischen quälend langsam bei 12min angelangt war, und verglich mit seiner Armbanduhr. Dann drehte er sich um und verließ das Labor. Draußen auf dem Gang war es, abgesehen von dem hellen Rechteck aus Licht, das durch die Tür fiel, stockfinster. Abel wand sich nach rechts, weg von der Treppe, hin zu einem kleinen Fenster am Ende des Ganges. Er zog den Vorhang aus schwerem Stoff zur Seite. Es hatte aufgehört zu regnen. Sogar die Monde waren hinter den schnell ziehenden Wolken zu erahnen. Für einen kurzen Augenblick gaben die Wolken beide Monde frei. Wie schon so viele Male zuvor, machte der Anblick des kleinen Mondes Pater Nightroad nachdenklich. Er stützte beide Hände auf das Fensterbrett und lehnte sich mit der Stirn an die eiskalte Scheibe. „Warum?“ flüsterte er verzweifelt zu sich selbst. So schnell das Licht und die Erinnerung gekommen war, so schnell waren die Wolken auch schon wieder vor die Monde gezogen und ließen wieder nur einen diffusen Schimmer erkennen. Langsam drehte sich Abel weg vom Fenster und blickte in dem Gang zurück. Die halb geöffnete Tür zum Labor versperrte die volle Sicht auf die Treppe. Die Tür. „Was...?“ Abel ging wieder zurück und blickte verblüfft auf das sich ihm bietende Bild. Auf der Eingangstür zum Labor stand in großen blutigen Lettern: „GUT GEMACHT, AX!“ --------- „Der Graf Zondor soll Erfolg bei seinen Experimenten gehabt haben“ klang eine süße Stimme im Halbdunkel. Dietrich drehte sich zu Isaak um. Dieser nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und beobachtete anschließend wie der Rauch in der stillen Luft des Raumes seltsame Formen annahm. „Als ob er lebt, nicht wahr? Und trotzdem kannst du dem Rauch nicht deinen Willen aufzwingen, Marionettenspieler.“ Dietrichs Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen. Er ging langsam auf Isaak zu und durchschnitt mit einer spielerischen Handbewegung den dünnen Rauchfaden, der von der Zigarette des Magiers aufstieg. „Manche haben schon verloren, bevor das Spiel beginnt.“ Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. --------- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)