Angst vor Gefühlen von Serenah ================================================================================ Kapitel 4: Freunde? ------------------- „Guten Morgen allerseits!“ Wakabayashi stürmte ins Esszimmer mit einem breiten Grinsen. Am Esstisch saßen Taro, Ryo, Tsubasa und Kisugi. „Guten Morgen Genzo!“ Tsubasa lächelte ihn an. „Da ist wohl jemand mit außergewöhnlich guter Laune aufgewacht!“ stellte Ryo fest. „Klar, schließlich haben wir ja allen Grund gute Laune zu haben!“ Wakabayashi setzte sich an den Tisch. „Das versteh ich jetzt aber nicht so ganz“ Ishizaki machte eine nachdenkliche Miene. „Das musst du schon näher erläutern glaub ich.“ „Na überlegt doch mal! Schon bald finden die ersten Spiele statt, dann haben wir endlich die Gelegenheit unser Können unter Beweis zu stellen! Und wir werden wirklich etwas zu bieten haben. Ich bin mit unseren letzten Trainingsresultaten sehr zufrieden.“ „Kein Wunder, du hast uns ja auch wirklich ganz schön hart rangenommen“ meinte Tsubasa. „Dazu noch deine Ratschläge und die Erfahrungen, die du in Deutschland gesammelt hast; sie waren der Grund für unsere Verbesserung.“ „Hallo Jungs!“ Wakashimazu kam rein, gefolgt von Takeshi und... Kojiro. Plötzlich wurde Genzo wieder vollkommen ernst und schweigsam. Hyuga beobachtete ihn aufmerksam, als er an seinen Platz ging, aber nachdem er sich setzte, beschäftigte er sich nur noch mit seinen ehemaligen Toho-Kameraden. Das Training verlief immer besser, sodass an diesem Morgen sogar Genzo nichts zu meckern hatte. „Ihr habt heute alle sehr gut gespielt!“ lobte Wakabayashi die Mannschaft am Ende. „Macht so weiter und wir werden gewinnen!“ „Ich glaub’s nicht,“ murmelte Kazuo zu seinem Bruder „war das jetzt wirklich ein Lob von ihm? Ich dachte, er hält uns alle für Nullen...“ „Das tut er nicht“ sagte Hyuga laut. Alle Augen richteten sich auf ihn. „Er hat euch den Gemeinen nur vorgetäuscht, damit ihr euer bestes gebt und wie ihr seht, trug das auch Früchte.“ Nun sahen alle verwundert rüber zu Genzo. „Nur vorgetäuscht?“ „Er hält sich also doch nicht für besser...“ „Das war nur geschauspielert?“ „Ein cleverer Schachzug!“ Teamkollegen gingen zu Wakabayashi rüber, entschuldigten sich und dankten ihm. Eine große Last fiel von Genzos Schultern. So froh war er seit langem nicht. „Kojiro! Kojiro, warte!“ Wakabayashi lief auf ihn zu, als er gerade Richtung Hotel mit Ken und Takeshi ging. „Geht ihr schon mal vor, ich komme nach.“ Ken und Takeshi nickten und gingen allein weiter. Währenddessen holte Wakabayashi Hyuga endlich ein. „Kojiro, ich... ich wollte dir einfach nur danken, dafür dass du...“ „Nicht der Rede wert“ unterbrach er Genzo. „Sie mussten es doch endlich erfahren und du musst jetzt nicht mehr wie ein Außenseiter leben.“ Hyuga grinste. „Im nächsten Hotel gibt’s dann wohl kein Einzelzimmer mehr für dich.“ Wakabayashi lächelte und kam ein paar Schritte näher. „Du hast was bei mir gut.“ „Das freut mich, darauf kommen wir noch bestimmt zu sprechen“ Hyuga lächelte ebenfalls. Genzo beugte sich vor und gab Kojiro unsicher einen leichten Kuss auf den Mund. Hyuga sah ihn ernst an. „Mach so was nie wieder. Ich hab mir das ganze überlegt. Ich mag dich Genzo, aber eben nur als Kumpel, mehr wird daraus nicht.“ Wakabayashi sah ihn eine Weile erstaunt an, dann lachte er kurz. „Ja, sicher. Du hast Recht. Das wird das Beste sein.“ Hyuga nickte. „Ich freue mich, das wir uns so gut verstehen“ er gab Genzo die Hand und ging ins Hotel. Enttäuschung füllte Wakabayashi wie ein schmerzliches Gift. Er wusste, dass Kojiros Vorschlag das einzig Richtige war, aber so ganz konnte er ihn nicht akzeptieren. Er musste sich eingestehen: von seiner Seite her waren wesentlich intensivere Gefühle als nur Freundschaft. [Und gut, dass Kojiro so schnell einen Schlussstrich zog. Jetzt bleibt mir nur noch dafür zu sorgen, dass auch ich so rationell unsere Bekanntschaft angehe.] Am Nachmittag fand noch ein Freundschaftsspiel statt, das die japanische Nationalelf haushoch gewonnen hatte. Wakabayashi blieb länger auf dem Platz, um alles wegzuräumen; Hyuga erklärte sich bereit ihm dabei zu helfen. Nach getaner Arbeit setzten sich die beiden auf eine Bank, um sich auszuruhen. „War nett von dir, dass du mir geholfen hast.“ „Immer wieder gerne, schließlich muss man ja neugeschlossene Freundschaften pflegen.“ Kojiro blickte ihn an, als Genzo gedankenverloren vor sich hinstarrte. [War das wirklich richtig von mir, ihm einfach nur Freundschaft anzubieten? Irgendwie fühle ich, dass das nicht ganz richtig war. Seit einiger Zeit denke ich fast ununterbrochen an ihn... aber ich habe Angst davor, er könnte jemand wichtiges für mich werden. Ja, ich habe auch manchmal Angst, das kann ich nicht leugnen... Angst vor Menschen... oder besser gesagt, vorm Zusammensein mit einem anderen Menschen... Wenn das so weitergeht, werde ich wohl oder übel Tsubasas Lebensphilosophie übernehmen müssen und als einzigen Freund den Ball haben... Kann es sein, dass ich gegen mich selbst handle?] Mehrere Minuten vergingen in Stille, dann stand Hyuga plötzlich auf. „Was ist Kojiro?“ „Ich denke, es gibt da noch etwas, was ich dir unbedingt sagen sollte.“ „Schieß los.“ „Nicht hier. Komm mit.“ Wakabayashi stand auf und folgte Hyuga hinter ein Gebäude, wartete verwirrt, was passieren wird. Kojiro drehte sich mit dem Gesicht zu ihm und kreuzte die Hände auf der Brust. „Hör zu... Es ist für mich nicht leicht dir das zu sagen, aber ich würde gerne hören, was du davon denkst. Seit jeher bin ich ein Einzelkämpfer, alles was ich im Leben erreicht habe, musste ich mir allein erarbeiten. Ich traue Menschen im Allgemeinem nicht, sogar meine besten Freunde kann ich nur bis zu einem gewissem Punkt an mich heranlassen. Ich lasse mich nie auf so was wie Mitleid oder Zuneigung ein, weil ich überzeugt bin, dass das einen nur noch schwächer macht. Auch mit meinen Gefühlen muss ich öfters kämpfen, aber noch nie war ich so innerlich zerrissen, wie jetzt. Es gibt da was, worauf ich mich gerne einlassen würde, aber nicht weiß, ob ich dem gewachsen bin. Das, was ich mit dir erlebt hab, ist neu für mich. Ich kann damit nicht ganz klarkommen, deswegen habe ich dir Freundschaft angeboten. Aber ich weiß, das es so was wie Freundschaft nie zwischen uns geben wird.“ Er machte eine Pause, starrte gedankenverloren vor sich hin. Genzo hatte nicht den Mut die Stille jetzt zu unterbrechen, wartete ungeduldig darauf, dass Hyuga endlich weiterspricht. Schließlich blickte Kojiro ihn wieder an und setzte fort: „Ich könnte dir nichts versprechen, außer das ich es versuchen würde. Du selbst weißt sehr gut, dass ich ein komplizierter Mensch bin, also hättest du’s nicht leicht mit mir. Es ist deine Entscheidung Genzo.“ „K-Kojiro ich...“ stotterte Wakabayashi. Er war so überrascht von seinem Geständnis, dass er nicht wusste, was er tun sollte. Aber Hyuga wartete auf eine Antwort. „Wenn du es wirklich versuchen möchtest... mit mir...“ „Willst du denn?“ Wakabayashi antwortete nicht, sondern ging auf ihn zu und presste ihn gegen die Wand. Kojiro umarmte und küsste ihn. Zurück im Hotel begleitete Hyuga Wabakayashi bis zu seiner Zimmertür. Genzo strahlte übers ganze Gesicht, konnte nicht verbergen, wie glücklich er war. „Das Grinsen solltest du dir abschminken, es sieht nicht natürlich bei dir aus“ meinte Hyuga mit einem Lächeln. „Ich kann nichts dafür, so wirkst du halt auf mich“ erwiderte Wakabayashi. Beide sahen sich einen Moment lang schweigend an, bis Genzo endlich fragte: „Bekomm ich einen Gutenachtkuss?“ „Natürlich nicht. Schau mich nicht so verwundert an, wir können doch nicht riskieren, dass uns jemand sieht. Die ganze Mannschaft würde es sofort wissen. Apropos: du hast doch wohl hoffentlich keinem was über uns erzählt, oder?“ „Nein, bis jetzt nicht.“ „Gut, das sollte auch so bleiben. Wir müssen das doch nicht der ganzen Welt offenbaren, hab ich Recht?“ „Wie du meinst. Dann also... Gute Nacht.“ Kojiro hob die Hand in einer Abschiedsgeste und ging. Die nächsten Tage verbrachten die beiden so oft es ging zusammen. Wakabayashi freute sich über jede Minute, in der er mit Kojiro zusammensein konnte. Das einzig Schlechte daran war, dass er ihm nie seine Gefühle offen zeigen konnte, weil, wie Hyuga immer sagte, „jemand sie sehen konnte“. Hyuga selbst war mit dieser Tatsache eigentlich ziemlich zufrieden. Er brauchte Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen, ohne gleich Hals über Kopf in die ganze „Beziehungs-Sache“ reinzustürzen. Genzo musste das verstehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)