Summer in Konoha von abgemeldet (NejiTen, ShikaIno, NaruHina) ================================================================================ Kapitel 12: Angriff auf die Ehre (2) ------------------------------------ "Ino... Auf der anderen Zeltseite ist mehr als genug Platz." Shikamaru hatte Mühe, die Augen zuzukneifen. Ein Mädchen in Hotpants und einem Top, bei dem die Träger in dieser Position von den Schultern rutschten, war er nicht gewohnt. Es war ihm mehr als unangenehm. Offensichtlich nahm Ino ihn tatsächlich nur als einen selbstverständlichen Teil ihrer Umwelt wahr, als beste Freundin oder ihre Mutter. Er wollte gar nicht erst den Eindruck eines triebgesteuerten Teenagers erwecken, allerdings konnte und wollte er nicht wie ein Wahnsinniger aus dem Zelt flüchten – er war müde, noch nicht fertig mit Schlafen und nicht kaltschnäuzig genug, Ino ihrer Einsamkeit zu überlassen. Wie sagte schon Goethe in Faust? 'Doch der Mensch in seinem dunklen Drange / ist sich des rechten Weges wohl bewusst...' (Man begebe sich auf die höheren Ebenen des Denkens, sonst klingt das erstrecht triebgesteuert) "Ah, ich weiß!" Ino beachtete seinen Einwand von vorhin gar nicht. Sie strahlte schon wieder helle Begeisterung aus. "Shikamaru, was hältst du von einer Schönheitskur?" "Ganz toll, viel Spaß." Ino feixte und schnippte ihm gegen die Stirn. "Nicht für mich... Für dich! Wunderbare Idee, wir fangen sofort an." Gott musste ihn mit einer Art Punchingball verwechseln. Wie konnte man nur so grausam sein? Shikamaru seufzte und ließ sich zurück ins Kissen sinken. "Shikamaru Nara, wenn du nicht willst, dass ich diesen gesamten Wald zusammenschreie, so laut, dass es sogar deine Mutter hört, dann bist du bei fünf auf den Beinen! Eins..." Noch besser, er war in seinem früheren Leben sicher ein großer Sünder gewesen. Und Ino war der Racheengel, der den Auftrag hatte, ihn zu quälen. Das musste es sein. "Zwei..." Neji und Tenten würden es schon mal nicht bejubeln, wenn Ino Krach machte, von dem er der Auslöser war... "Drei..." Er würde sein Gesicht verlieren und Naruto würde ihn bis in alle Ewigkeit damit aufziehen... "Vier..." Seine Mutter würde alle Hebel in Bewegung setzen, ihn und Ino so oft wie möglich zusammen zu bringen... Er sah es bereits vor sich, zwei Frauen von diesem Kaliber im Haushalt... Der Vorhof der Hölle, Endstation für sein bisher halbwegs entspanntes Leben... "Meinetwegen... Halt bloß den Mund." Hinata rannte, so schnell sie konnte. Ihre Abwesenheit konnte jeden Moment bemerkt werden. Nicht, dass sie an diesem Tag nicht schon genug getan hätte, wofür ihrem Vater nicht einmal mehr Worte eingefallen wären. Gott sei Dank hatten die Hyugas keine engen Verbindungen zu den Yamankas. Neuigkeiten sprachen sich schnell herum, denn in Konoha war sie als Stammhalterin so etwas wie prominent. Sie hätte es nie so bezeichnet, aber das Resultat war dasselbe. Ino hatte sich oft beschwert, dass in dem Floristengeschäft ihrer Eltern viel mehr Zeit mit Klatsch und Tratsch als mit Verkauf verbracht wurde. Was zur Folge hatte, dass ihre eigenen Schichten im Laden sich meist beträchtlich hinzogen. Und hoffentlich erfuhr ihre Großmutter nichts davon. Nicht, dass Hanabi sie verraten würde... Dennoch waren die Hyuga Meister in der psychologischen Kriegsführung. Aus einem kleinen Mädchen herauszuquetschen, wo sie sich morgens unerlaubt herumgetrieben hatte, konnte für die eigene Großmutter so schwer nicht sein. Und wenn ihr heute noch Glück beschieden war, das sie noch nicht verbraucht hatte, würden die anderen schlafen. Und wenn sie noch mehr Glück übrig hatte... "HINAAATA!" ... Dann würde irgendein Idiot nicht den ganzen Wald zusammenschreien, schon klar. Warum musste sie gerade jetzt auf Lee und Meister Gai treffen?! Warum hatte sie nicht daran gedacht, dass sie um diese Zeit in dieser Gegend, wo sie genug Platz hatten, ihr Extrem-Training absolvierten?! Hinata zwang sich zu einem halbwegs unschuldigen Gesichtsausdruck und versteckte ihre Einkaufstüten hinter ihrem Rücken. Allerdings fehlte ihr dafür die Leibesfülle. Sie kannte Lee einigermaßen gut. Er war immer höflich und hilfsbereit. Allerdings gruselte sie sich vor ihm und seinem geliebten Meister. Schon allein deswegen, weil sie ständig ihre Teddybär-Umarmungen verteilten. Mal ehrlich, dieser Mann hatte es sogar gewagt, Neji zu knuddeln! Zwar war das einige Jahre her und Neji hatte dezent Chakra aus seinen Tenketsu geschossen, da er einen Jo-nin nicht wie jeden beliebigen Trottel behandeln durfte... Trotzdem, die beiden waren schlicht und ergreifend unheimlich! "Äh... Guten Morgen..." Hinata verbeugte sich und zuckte unwillkürlich zusammen, als Lee die Verbeugung erwiderte. Unter einem Dach mit Neji und in einem Team mit Shino erschreckten Menschen, die ständig in Bewegung waren, sie immer noch. Lee holte Luft, um etwas zu sagen, doch Meister Gai war schneller. Ihm schien Hinatas angeborene Scheu völlig egal zu sein. "Welch Augenweide! Sei gegrüßt, Bambussprössling!" Tag auch, Stechginster. Das würde Ino sagen. Rein theoretisch hatte Gai ihr gerade ein Kompliment für ihre Zähigkeit und ihre Standkraft gemacht. Rein praktisch fühlte sie sich wenig geschmeichelt. Anscheinend hatte Gai viel zu gute Laune. Lee räusperte sich diskret und wandte sich wieder an Hinata: "Weißt du zufällig... wo Neji und Tenten stecken? Sie sind wie vom Erdboden verschluckt..." Oh großartig. Es fehlte gerade noch, dass die beiden eine großangelegte Suchaktion nach ihren vermissten Teamkameraden starteten. Warum hatte niemand von den Campern sein Umfeld informiert, wohin er/sie ging?! Und warum musste ausgerechnet sie in die Situation kommen, das nachzuholen?! "Ich... ich hab es eilig...", stammelte sie. Was sollte sie überhaupt sagen?! Neji genoss als besonders talentierter Nachkomme einige Sonderprivilegien, zum Beispiel freien Ausgang. Und Tentens Mutter war selbst Kunoichi und vertrat nicht ganz zu Unrecht die Meinung, Tenten sei alt und erfahren genug, sich gegen das zu wehren, was ihr gegen ihren Willen zu nahe kam. Mit dem Rest musste sie ohnehin selbst fertig werden. Gai runzelte die Stirn, und Hinata meinte, eine Spur von Ärger wahrzunehmen. Ungehorsam war etwas, das nicht einmal Kakashis Team nachgesagt wurde, das vor den anderen nicht den besten Ruf hatte. Und momentan musste es so aussehen, als wären die beiden... entweder auf einer hochgeheimen Mission - oder zusammen durchgebrannt. Gefühle hin oder her, Neji und auch Tenten würden sich zu Tode entehrt fühlen, wenn ihnen jemand etwas derart Unreifes nachsagen würde. "Es dauert nicht lange. Nur... deine Schwester hat uns gesagt, ein Mädchen wäre am Sonntag bei euch gewesen und hätte Neji einen seltsamen Umschlag gegeben..." Eigentlich durfte Hanabi ohne die Gegenwart ihrer Eltern nicht mit fremden, ledigen Männern sprechen. Das war zwar eine der weniger sinnigen Regelungen des Hyuga-Clans, dennoch hatte sich Hanabi bisher immer als folgsame Tochter erwiesen und sie befolgt. Hinata erkannte, dass besagte folgsame Tochter offenbar ein ganz anderes Leben führte, als alle dachten. Wenn man sie demnächst mit dem Enkel des dritten Hokage erwischte, dessen Presse ebenfalls nicht ganz koscher war, würde ihr Vater vermutlich einen Nervenzusammenbruch erleiden. Und na ja... Ihre große Schwester war ihr da auch kein allzu gutes Vorbild. Hinata schüttelte die Gedanken schnell ab. "Das war I-... ich meine, das war nicht Tenten..." Gai nickte und ließ seine kräftige Faust auf seine flache Hand klatschen. "Neji hat also eine anonyme Verehrerin, und Tenten ist eifersüchtig genug, um ihnen bei ihrem Runaway zu folgen?" Er warf seinem Lieblingsschüler einen ernsten Blick zu. "Lee, denkst du, Tenten ist zu einem Mord fähig...?" Die beiden starrten sich in geschocktem Schweigen an. "Tenten wird die Blüte ihrer Jugend vergeuden, und Neji wird wie jeder junge Mann den Verlockungen-" "Nein!" Hinata scharrte verzweifelt mit den Füßen. Tenten würde sich entsetzlich schämen und wütend auf sie sein, wenn sie es so hinstellte, als wäre sie Neji hinterhergelaufen, obwohl sie es nicht mehr tun wollte. Neji würde glauben, sie wolle ihn jetzt auch noch mit Gewalt verkuppeln und ihr sein Vertrauen entziehen. Und Hiashi... für ihn würde es so aussehen, als würde das Musterbeispiel eines Hyuga zu einem rebellischen Playboy mutieren und sein Neffe würde sein Gesicht vor ihm verlieren. "Ich... ich darf es nicht verraten... Wenn Neji-kun es für richtig hält, wird er es ihnen sicher erzählen, ansonsten..." "HINAAATA!" Das zweite Mal an einem Morgen brüllte jemand ihren Namen, und es war nicht Naruto. Die Lautstärke war jedoch vergleichbar. In dieser Sekunde teilte sie sich mit Shikamaru eine Erkenntnis: Gott muss mich hassen. Das ist die Strafe. Begleitet von seinem gigantischen Schoßhund Akamaru preschte Kiba durch den Wald und winkte furios. Nicht, dass sie Kiba nicht mochte, er war ein guter und treuer Freund... aber sie konnte gerade weder plaudern noch trainieren! Ganz abgesehen von den obligatorischen Fragen, die hier aufgeworfen wurden. "Ich, äh... ich muss gehen, tut mir leid. Auf Wiedersehen!" Na ja, hoffentlich nicht so bald. Hinata raffte ihre Einkaufstüten hoch und rannte tiefer in den Wald. Sobald es ihr möglich war, nahm sie die Route über die Bäume und drückte die Papiertüten gegen ihre Brust. Würde sie auf dem Boden laufen, würde Akamaru es als eine willkommene Aufforderung zum Fangen-Spielen aufnehmen und hinter ihr herjagen. Außerdem verlor man sie so schneller aus den Augen. Lee und Gai beobachteten schweigend, wie Kiba, der die Welt nicht mehr verstand, rufend Hinata nachsetzte und schließlich erfolglos aufgab. "Das arme Ding..." Maito Gai schüttelte bedauernd den Kopf. "Ihre geheime Liebe zu Neji wird zwischen den Mahlsteinen der Tradition und der Pflicht zerschmettert, und trotzdem kann sie Kibas Gefühle nicht erwidern..." Gott sei Dank schrieen weder Lee noch Kiba laut genug, um es jemanden aus dem Campinglager hören zu lassen. Und selbst wenn, hätte Tenten es nicht gehört. Lee war ohnehin der Letzte, den sie hören oder sehen wollte. Denn dann wäre sie gezwungen, ihn mit diesen Worten zu begrüßen: 'Hi Lee! Sorry, ich hab' leider total versagt, was Neji angeht, und mal ganz unter uns, er zieht 'ne komische Nummer mit mir ab. Na ja, wahrscheinlich will er mich nur verarschen oder seine pubertären Triebe an mir ausleben, aber hey – wie's scheint, gehe ich ihm sowieso voll auf den Leim!' Die hemmungslose Ehrlichkeit war selbst für eine Realistin wie Tenten zuviel. Einen hormonbesessenen Hyuga konnte sie am allerwenigsten gebrauchen. Sie hatte gedacht, Neji würde ewig so weitermachen und sich aufführen, als läge ihm die Welt zu Füßen und sie sei nur ein besonders hässlicher, spitzer Kieselstein. Damit wäre sie locker fertig geworden. Stattdessen kam alles anders, und jetzt war es soweit, dass sie schon von Neji träumte! Und das nicht so wie früher, als sie frisch zusammen in ein Team gepackt worden waren und sie Nacht für Nacht geträumt hatte, sie würde aufwachen und Neji stünde vor ihrem Fenster und sänge eine Serenade für sie. Nein, dieser Traum hatte deutlich mehr ihrem Alter entsprochen. Toll, Neji hatte sich in ihrer Gegenwart schon Dutzende Mal das T-Shirt über den Kopf gezogen, er hatte vor nicht allzu langer Zeit mit ihr oben ohne trainiert, und bloß, weil sie sich hatte revanchieren wollen, kamen all diese Fantasien wieder hoch. Tenten seufzte und streckte sich auf ihrer Decke aus. Sie hatte Lust zum Baden. Bei diesem grauen Wetter und in diesem abgelegenen Teil des Waldes würde das schon keinen stören. Sie war allein mit ihren Gedanken und weg von Neji. Gut so. Gestern hatte sie auf der Suche nach Hinata eh ziemlich geschwitzt und sie wollte nicht, dass Neji demnächst anfing, sie zu sticheln. Kein Rollentausch gefällig. Hastig kritzelte sie eine Nachricht für Ino, falls die Yamanaka wieder eine ihrer Kupplungsaktionen Marke Stell-dich-nicht-so-an plante oder sie jemand suchte. Und dieser Jemand sollte tunlichst nicht Neji sein. Tenten schnappte sich ein Handtuch und Shampoo. Zeit, ein wenig egoistisch zu sein. Sie wollte nicht mit Hinata oder Ino gehen, da die beiden sie in ein Gespräch verwickeln und somit beim Grübeln stören würden. Hätte sie gewusst, in welchen Missionen die beiden gerade unterwegs waren, hätte sie sich das noch einmal überlegt. Um noch einmal an die chronologische Reihenfolge zu erinnern: Zuerst stahl Hinata sich aus ihrem Zelt, auf der Suche nach ihr Naruto, dann fing Ino an, Shikamaru zu nerven. Inzwischen war Tenten gedämmert, wo sie sich befand, und sie verließ Nejis Zelt und kurz darauf ihr eigenes. Erst danach scheuchte Ino ihren Teamkameraden zu ihrer Schönheitskur in Eigenregie. Und das alles geschah, ohne dass einer von ihnen bemerkte, wohin die anderen gingen. Normalerweise eine unverzeihliche Nachlässigkeit, doch Privatleben hatten die unangenehme Angewohnheit, sich ohne Rücksicht auf Verluste in den Vordergrund zu drängen. Sosehr Hinata auch rannte, sie erreichte das Campinglager zu dem Zeitpunkt, als nur noch Neji dort war. Zumindest war es zu vermuten, dass er es war. Hastig versteckte sie ihre Einkäufe. Jetzt hatte sie noch Zeit bis zum Abend, um ihre Kochbuchlektüre hinter sich zu bringen und Naruto keinen Verdacht schöpfen zu lassen. Letzteres erschien recht schwierig, denn Hinata war höllisch nervös. Ihr Plan beinhaltete so viele Wenns, und das größte Wenn war: Wenn er mich überhaupt liebt. Vielleicht war es besser, ihn später zu suchen. Kalt und nebelig, wie es war, fühlte Tenten sich relativ sicher. Sie kannte sich hier kaum aus, doch Wasser gab es hier mehr als genug. Aufgrund der genügenden Entfernung zu den anderen nahm sie denselben Weg, den sie gestern gegangen waren. Gestern, als sie hochzufrieden festgestellt hatte, dass in ihr eine Führungsqualität steckte, wenn Neji oder Shikamaru mal nicht die Fäden in der Hand hatten. Missmutig blickte sie sich um. Mit diesem Ort verband sie nicht unbedingt schöne Erinnerungen. Denn mal von Hinata abgesehen... Hier hatte Neji beinahe schon schriftlich bestätigt bekommen, dass sie ihn noch nicht sosehr abgeschrieben hatte, wie sie es sich einredete. Half alles nichts. Hier war sie nicht in Nejis Nähe, und auch sonst kam ihr niemand dabei in die Quere, sich mit sich selbst zu beraten. Beruhigt ging sie am Ufer in die Knie und streifte ihr T-Shirt über den Kopf. So allein war sie nur leider nicht. Naruto wurde ihrer genau in diesem Moment ansichtig. Zudem trugen der Nebel und die Distanz dazu bei, dass die Unterschiede zu Hinata verschwammen. Dunkles, augenscheinlich kurzes Haar, burschikose Kleidung. Hinata war wirklich mutig, diesen Ort so schnell wieder aufzusuchen. Allerdings konnte ihr immer noch etwas geschehen, und das musste er verhindern. Und dazu musste er bedauerlicherweise ein wenig näher an sie heran. Er sah, wie sie ihr Oberteil auszog. Der Schein trog auf jeden Fall – Hinata war viel sehniger und kräftiger, als sie wirkte, und ihre Haut war einen ganzen Stich dunkler, obwohl sie meist diese gruseligen Klamotten trug. Naruto näherte sich noch ein Stück. Hinata ging in die Hocke und verschwand aus seinem Blickfeld. Die Distanz noch weiter zu verringern war zu gefährlich; er ging bereits jetzt ein erhebliches Risiko ein. Hinata rieb sich mit Seife ein, kurz darauf hörte er das leise Plätschern von Wasser, das sie sich über den Kopf goss. In der kalten Morgenluft breitete sich ein Hauch von Kiefern und Kamelienöl aus. Seltsam... Ihre Robe hatte nicht danach gerochen. Fast lautlos glitt das Mädchen ins Wasser. Sie hob die Arme, und Naruto runzelte verdutzt die Stirn. Sie fasste sich in die Haare und löste sie. Eine Flut dunkelbrauner Strähnen ergoss sich über ihren Rücken. Hinata hatte nie und nimmer so lange Haare... Narutos Herzschlag setzte einen Moment aus. Das war sie nicht. Das war Tenten. Was für eine beschissene Situation. Um die griechischen Sagenüberlieferungen zu zitieren, befand er sich gerade in der Erzählung von Diana und dem Hirten, der sie unglücklicherweise beim Baden erwischte. In der Sage ging das schon nicht gut aus, und wenn er die geringste ungeschickte Bewegung machte, würde Tenten ihn bemerken. Vorhin war sie mit ihrer Wäsche beschäftigt gewesen. Jetzt stand sie gedankenverloren im Wasser, ihr Handtuch in dem kleinen Bambuseimer, der neben ihr träge auf der Oberfläche schwamm. Tenten würde ihn grün und blau schlagen, wenn sie ihn hier fand. Und sie würde es Hinata sofort verraten. Damit würde er sich in den Augen aller zum Mistkerl machen – er predigte die große Liebe zu seiner Teamkameradin, baggerte zumindest aus Nejis Sicht ein unerfahrenes, zartbesaitetes Mädchen an und bespannte ihre Freundin morgens beim Baden. Er würde als der Möchtegern-Casanova-Hokage in die Geschichte eingehen. Alle Hokages, die zu diesem Zeitpunkt unter der Erde oder wo auch immer waren (Spoiler), würden sich synchron im Grab umdrehen. Und Hinata würde nie wieder ein Wort mit ihm wechseln. In der beinahe vollkommenen Stille hörte er Tenten seufzen und horchte auf. Das war das Seufzen, dass Sakura stets ausstieß, wenn Sasuke sich mal wieder mit einer kaltblütigen Abfuhr selbst übertroffen hatte. Und in Tentens Fall bedeutete das: Neji hatte ihr ebenfalls eine Abfuhr erteilt. Naruto kam eine geradezu brillante Idee, wie er seine Gesundheit, seine Ehre und seinen Ruf retten konnte. Dazu musste sie nur dasselbe abziehen, was Ino schon getan hatte - Henge-no-Jutsu tat es allemal. Tenten würde Neji wohl kaum zu Tode prügeln, wenn sie schon die Ehre hatte, von ihm beobachtet zu werden, und es war ein verdammt guter Streich. Zusätzlich konnte er mit seinen Spezialkenntnissen noch einen drauf setzen... Denn Frauen tratschten beim Baden über eine ganze Menge. Naruto hatte sich ihre Fantasien oft genug angehört, und Tenten konnte trotz ihrer Grobschlächtigkeit nicht allzu anders ticken. Er umfasste einen Grasbüschel mit der Hand und raschelte damit. Zuerst reagierte Tenten nicht. Die Abfuhr musste sie ja schwer beschäftigen. Naruto raschelte erneut und formte dann hastig das Fingerzeichen. Dabei dankte er dem Himmel für den nebligen Morgen. So fielen die dünnen Rauchschwaden nicht weiter auf. Tenten drehte sich um und griff nach ihrem Handtuch. Hoffentlich versteckte sie darin nicht irgendeinen Shuriken, den sie gleich nach ihm werfen würde. Naruto raschelte noch einmal und tat so, als würde er über das Gras hinwegspähen. Zum Glück war es auf dieser Wiese sehr hoch. Wenn sie hier das nächste Mal Baden gingen, würde er sich nicht mehr beschweren. Sehr zu seiner Erleichterung hatte Tenten offensichtlich den glatten, braunen Haarschopf wiedererkannt. Sie stieg ans Ufer und schlang das Handtuch um sich selbst. Ihr eigenes, mit Wasser vollgesogenes Haar klebte an ihrer Haut und brachte es auf eine beachtliche Länge. Naruto grinste. Wenn er nur ein Foto davon hätte... Neji würde jeden Preis dafür bezahlen, seine scheinbar unattraktive Teamkameradin so weiblich zu sehen. Er wusste nicht, dass dieser Wunsch gerade durch das Zucken eines Blitzlichts teilweise erfüllt wurde. "Neji?" Tentens Stimme klang unsicher. Hätte sie geahnt, dass er es nicht war, wäre sie wesentlich lockerer gewesen. Sie hatte Übung darin, Jungen das Interesse an ihrem Körper abzugewöhnen. Sie kam näher. Zehn Meter. Acht. Sechs. Mit einem Satz war Naruto auf den Beinen und ahmte preisverdächtig Nejis unbeteiligtes Gesicht mit einem Hauch Interesse nach. Tenten erstarrte augenblicklich. Für einen Moment fürchtete Naruto, sie würde ihr Handtuch fallen lassen. Ihrer Mimik war außer Fassungslosigkeit noch nichts abzugewinnen. Ob das Ganze eine so gute Idee gewesen war...? "Ino, so willst du nicht wirklich..." "Kalte Morgenluft ist gut für die Haut. Das öffnet die Poren und reinigt sie von Fremdstoffen. Und anbei wird man davon wach." Ino pflanzte sich mitten in der Wiese auf und atmete demonstrativ tief ein. Shikamaru war viel zu beschäftigt mit Beten. Er scherte sich zwar nicht um sein Image, doch vor aller Welt als Sittenstrolch dazustehen, war nicht sein Wunschtraum. Ganz davon ab, dass seine Mutter ihr Bestes tun würde, den Namen ihres Sohnes für den Heiratsmarkt wieder reinzuwaschen. Es stand nicht gut für ihn. Ino hatte auf ewig ein Druckmittel. "Übrigens, gerade jemand wie du, der berufsmäßig Adrenalinkicks hat, muss auf seine Haut achten. Das Hemd stört sowieso." Erstens: Welche Vorstellungen hatte sie von seinem Berufsalltag? Zweitens: Was kümmerten ihn die Trivialitäten, ein Shinobi mit Aussichten auf den Posten eines Sonder-Jo-nin brauchte keine Haut wie ein Babypo. Und drittens... Wobei störte sein Hemd? War das wieder einer von ihren Versuchen, ihn aufzuziehen? Wenn ja, wollte er sich nicht nachsagen lassen, dass er da mitzog. "Worauf wartest du noch?! Es ist ohnehin hässlich!" Ino beobachtete ihn herausfordernd, und Shikamaru hielt es für besser, ihr kleines Gespräch etwas weiter von den anderen entfernt zu führen. Er drehte sie an den Schultern herum und schob sie kommentarlos einige Meter weiter. Bei einem Mädchen wie Ino, das den Mund nie wirklich hielt, konnte das nicht reibungslos laufen. "Was soll das, Shikamaru Nara?! Hat dir nie jemand gesagt-" Shikamaru schlang einen Arm um ihre Schultern und erstickte mit einer Hand ihre vorwurfsvolle Stimme. Ino verengte ärgerlich die Augen und machte Anstalten, ihm den Handrücken zu zerkratzen, nachdem ihre Kraft nicht reichte, sie wegzureißen. Shikamaru gähnte. "Eine Nuance leiser, Fräulein Yamanaka. Im übrigen..." Ino hielt mit ihrer Kratzerei inne und hätte errötend den Kopf zur Seite gedreht, wenn ihr das möglich gewesen wäre. Ob sie verspätet auf die vertraulich wirkende Geste reagierte oder weil er gerade klang wie ihr Vater, konnte er nicht erkennen und es war ihm eh egal. Ino überstieg mal wieder ihre Kompetenzen, und es konnte nicht angehen, dass ein Mann sich so von einer Frau herumdirigieren ließ. "... weiß ich, was du bezweckst. Du bist das Musterbeispiel des Mühsals." Ino schnaubte und tauchte unter seinem Arm hervor. "Dann weißt du mehr als ich, denn ich habe keine Ahnung, was DU schon wieder in diese Situation hereininterpretierst! Ich versuche, dir einen Gefallen zu tun, damit du mal eine abkriegst, und du... du hängst deinen unanständigen Fantasien nach!" Sie warf sich ihr Haar gekonnt über die Schulter und blies empört – und immer noch mit einem dunkelroten Schleier über den Wangen – ihre Ponysträhne aus dem Gesicht. "Wenn du mir schon unterstellst, am helllichten Tag über dich herfallen zu wollen..." "Du tust gerade so, als hätte ich das bei dir vorgehabt.", warf Shikamaru ironisch ein. Ino stemmte die Hände in die Hüften und beugte sich leicht vor. Deutliche Anzeichen, dass sie dabei war, einen lautstarken Streit vom Zaun zu brechen. "Schon wieder! Glaubst du allen Ernstes, nur, weil ich mit dir in einem Zelt schlafe, habe ich nichts Anderes im Sinn, als-" "Das habe ich nicht-" "Natürlich nicht, wie auch!" Ino funkelte ihn böse an. "Für euch Männer sind Mädchen, die sich nicht Zuhause hinter den Herd stellen wollen und Röcke tragen, die ihnen nicht bis zu den Knöcheln reichen, ja generell Schlampen und haben nichts im Kopf außer Mode und wie man sich von dem nächstbesten Macho flachlegen lässt! Ich meine, wir kennen uns, seit wir klein sind, und trotzdem hältst du mich für so eine billige-" Shikamaru seufzte sehr lang und sehr resigniert. "Schon gut, nicht aufregen..." Ino hielt inne und fixierte ihn gnadenlos. "Runter mit dem Ding." Shikamaru seufzte wieder und zog sich sein Netz-T-Shirt über den Kopf. Ino grinste triumphierend und gab ihm einen sanften Schubs nach vorn. "Na also. Und jetzt sehen wir nach deinen Haaren." Eins musste man ihr lassen... In der Kunst der Überredung war sie unschlagbar. Shikamaru seufzte zum dritten Mal und ließ sich von Ino zum Weiher begleiten. Die Blonde rannte zurück, um ihre diversen Hilfsmittel zu holen, und Shikamaru ließ sich ins feuchte Gras fallen. Vom Wasser stieg kühler Nebel auf. Die Stille im Wald erinnerte ihn daran, dass er noch schlafen sollte. Träge ließ er sich zurückgleiten und schaltete sein Gehirn auf Standby. Seine Wahrnehmung reduzierte sich auf 25%, die völlig von den militärisch nötigen Informationen ausgefüllt wurden. Dazu gehörten keine Mädchen in knappen Outfits und Bambuseimern voller Utensilien. "Na los, aufstehen! Wenn du schon nasses Gras magst, wirst du das hier lieben..." Ja, den Eindruck hatte er auch. Wenn man so viele verschiedene, eindeutig blumige Produkte Marke Eigenproduktion so zusammenstellen konnte, dass ein Einatmen reichte, um ihm Schwindel zu bereiten, musste man das einfach lieben. Mit diabolischem Vergnügen ließ Ino sich neben ihm nieder, die Beine untergeschlagen, und rieb die Handflächen gegeneinander. Eine durchdringende Wolke von Jasmin breitete sich aus. "Hoffen wir mal, dass du darauf nicht allergisch bist. Meine Mutter war sich nicht ganz sicher, ob es hautverträglich ist... Na ja, du bist das gewohnt, nehme ich an." Mit einer Grobheit, die mit der seiner eigenen Mutter konkurrieren konnte, rieb sie ihm dieses Zeug ins Gesicht, und plauderte ganz nebenbei darüber, dass er möglicherweise Ausschlag davon bekam. Er hätte sich gewehrt, wenn diese Creme nicht so furchtbar geruchsintensiv gewesen wäre. Mrs. Yamanaka sollte erwägen, das Rezept ans Militär zu verkaufen. Das war eine ganz neue Art des Außer Gefecht Setzens. Nachdem sie seinen Geruchssinn betäubt hatte, fing Ino an, erbarmungslos sein Haar zu bürsten. Shikamaru wagte keinen Protest. Er hatte das Gefühl, diese Jasmincreme in jeder Öffnung des Gesichtsbereichs zu haben. Leider war die Schicht in den Ohren nicht dicht genug, um ihn taub zu machen. "Herrgott, machst du nie Salbe auf deine Schrammen?! Du hast nur eine Haut, ist dir das bewusst? Das brennt gleich ein bisschen, dafür wird deine Haut sich bis in die innersten Schichten regenerieren. Deswegen hat mein Vater zum Beispiel keine Narben im Gesicht." War das eine Anspielung? Shikato trug seine Narben mit Stolz, und seiner Frau wäre es nicht eingefallen, ihn nach der Verletzung nach Hause zu schleppen und mit Creme voll zu schmieren! Hätte er nicht gewusst, dass Inoichi ein sehr respektabler Ninja war, hätte er eine solche Behandlung für ziemlich verweichlicht gehalten. Spätestens nun hätte er gerne etwas gesagt, aber Ino kam ihm zuvor. Mit einer Flüssigkeit, die sich beißend kalt anfühlte und unangenehm in den Wundrändern brannte, rieb sie jeden Zoll seines Oberkörpers ein. Es war nicht sosehr schmerzhaft als vielmehr lästig. Dennoch entging ihm nicht, dass Ino sich mit dieser Prozedur beeilte, als wollte sie sich bloß nicht den Anschein geben, dass sein Körper sie im geringsten interessierte. Shikamaru grinste vor sich hin und wartete auf den perfekten Moment zu einer Bemerkung. Sobald er seinen Mund von diesem Zeug freigelegt hatte. "Du bist ja echt ungeschickt. Ich wette, mindestens die Hälfte davon hast du dir zugezogen, als du gegen einen Briefkasten gerannt oder aus dem Bett gefallen bist. Keine Frage, deine Mutter hat Recht - du brauchst eine Frau im Haushalt." Perfekter Moment soeben eingetroffen. "Meine Mutter hat nie erwähnt, dass sie eine zweite Frau im Haushalt braucht." Etwas, von dem er sehr sicher war. Mrs. Nara hatte Ino gegenüber nicht allzu offensiv sein wollen und sich stets unklar ausgedrückt. Es gehörte zu ihrer Taktik, von der Shikamaru vermutete, dass sie so auch seinen Vater bekommen hatte. Wer heiratete eine dermaßen komplizierte Frau denn schon freiwillig?! Eins seiner Augenlider ließ sich trotz der wachsartigen Cremeschicht öffnen. Ino war furios errötet. Allein der Anblick war unbezahlbar. "Dir gegenüber vielleicht nicht..." "Meine Mutter bindet mir alles auf die Nase, was im entferntesten mit euch Frauen zu tun hat." Shikamaru gelang es, auch das zweite Auge zu öffnen, und beobachtete Ino mit diebischem Vergnügen. Offensichtlich waren ihr die Argumente ausgegangen, denn diese gefährliche Andeutung einer Falte zwischen ihren Augenbrauen symbolisierte, dass sie in die Enge getrieben war. In solchen Fällen wurde Ino meistens offensiv. "Wenn ich dieses 'euch Frauen' schon höre... Wenn du 'uns' für das personifizierte Übel hältst, wünsche ich dir, dass du nie eine abbekommst..." Sie beugte sich drohend über ihn. Ihre Verteidigung war recht lückenhaft, und Shikamaru fand gerade Spaß daran, sie wieder anzugreifen. "Männer sind von einem bestimmten Entwicklungsstadium über Wesen mit zweistelligen IQ erhaben, Ino." Ihr schoss erneut das Blut in die Wangen, und die steile Falte über ihrer Nasenwurzel vertiefte sich. "Ich möchte zu gern erleben, dass du das zu dem Mädchen sagst, das dir wirklich gefällt..." Shikamarus Mundwinkel zuckten (mehr war noch nicht möglich) in ironischer Ergebenheit. Er spürte, wie Ino erschrocken die Luft einsog und sich gleichzeitig noch tiefer beugte, um ihren verlorenen Posten zu retten. Wortgefechte mit ihm und Asuma-sensei waren die Dinge, an denen sie scheiterte, und ihrer blöden Cremes zum Dank konnte er sich momentan voll darauf konzentrieren anstatt auf die missverständliche Situation. "Wie du willst, Männer-" "INO YAMANAKA!" Ein Ausruf von der Lautstärke eines Donnergrollens schnitt Shikamaru das Wort ab. Er sah ihn nicht, doch diese Stimme vergaß man nicht. Inoichi Yamanaka, der Hüter der Tugenden. Hinata war zu beschäftigt mit ihren eigenen Problemen, als der Kampfschrei ertönte. Sie hatte ihre Einkäufe unter einer wasserdichten Tarnfolie hinter dem Zelt versteckt. Sie mitzunehmen war zu riskant, und allzu weit konnte sie die Sachen nicht verstauen, ohne aufzufallen. Sie lauschte. Alles war still. Nirgendwo brach ein hechelnder Akamaru durchs Gebüsch. Schlief Naruto noch? Sie lugte ins Zelt. Nein, er war schon auf. Hoffentlich suchte er sie nicht... Hinata tastete nach ihrem Kochbuch. Sie musste seine Abwesenheit zuerst nutzen, um sich dieses Rezept einzuprägen. Wenn Hanabi ein besonders Schwieriges ausgesucht hatte, verstand sie dieses Fachchinesisch bestimmt nicht... "Hinata?" Das Mädchen fuhr zusammen und verbarg das Buch hinter ihrem Rücken. Neji bedachte sie mit einem seltsamen Blick, und sie konnte nicht umhin, das zu erwidern. Seit wann trug ihr reservierter Cousin T-Shirts wie... ein gewöhnlicher Teenager?! "Was ist das?" Die erste Bewährungsprobe. Warum musste es ausgerechnet Neji sein?! "Äh... Ein Kochbuch..." Hilflos streckte sie es ihm entgegen. Das war ihre anerzogene Reaktion auf eine Frage, die ein männliches, älteres Clanmitglied ihr stellte. Dass es nicht die beste Taktik war, um seine Zweifel zu zerstreuen, war ihr klar. Neji nahm es ohne erkennbare Mimik entgegen und schlug die Seite auf, in der der Kassenzettel steckte. Seine Augenbrauen rutschten einen Millimeter nach oben. "Nudelsuppe?" Den musste ihre kleine Schwester dort hingelegt haben. Hinata versuchte ein unbefangenes Lächeln. "Ähm... Ino muss immer... die ganze Arbeit machen, ich wollte ihr... etwas helfen..." An sich keine schlechte Ausrede, doch Neji schien dem zu misstrauen. So oft, wie Naruto jedem sein Lieblingsgericht auf die Nase band, konnte es ihm gar nicht entgangen sein. Hinata seufzte. Sie konnte eh nicht lügen, und vielleicht war Neji ja einverstanden – Kochen konnte so unstandesgemäß gar nicht sein. "Außerdem mag Naruto das... Lass es mich bitte versuchen!" Wenn ihr Vater gewusst hätte, dass sie, die in der Hierarchie weit über Neji stand, ihn um etwas derart Triviales bat, hätte er ihr seine Nachfolge womöglich aberkannt. Womöglich, denn Neji hatte in erster Linie den Auftrag, auf sie aufzupassen. Allerdings wohl eher um des guten Rufs willen als wegen väterlicher Beschützerinstinkte, wie Inoichi sie an den Tag legte. Nejis Miene war deutlich abzulesen, was er davon hielt. 'Versuchen' verband sich für ihn unmittelbar mit 'Erniedrigung'. Er fürchtete wahrscheinlich, dass Hinata für Naruto eine ähnliche Verehrung entwickelte wie Ino und Sakura für Sasuke. Nur stand es ihm nicht zu, sie offen zu kritisieren. Hinata seufzte leise. Wenn sie wie die beiden wäre, könnte sie wenigstens zu ihrer Liebe stehen. "Und... ich habe vorhin Lee-san und Gai-sensei getroffen. Sie... sie fragen sich, wo Tenten-chan und du bleiben." Neji klappte das Kochbuch zu und reichte es ihr. "Du hast Hiashi-sama verschwiegen, dass Naruto hier ist.", sagte er, ohne auf ihren Themenwechsel einzugehen. Seit dem Beginn dieses Campings hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt, fiel ihr auf. Würde Neji demnächst anfangen, sie zu siezen und ihr mit der feindseligen Apathie der Zweigfamilie zu begegnen? Er war durchaus sehr liebenswert – Ino hatte ihr erzählt, wie verzweifelt er nach ihrem Verschwinden gewesen war – doch solange er sich einbildete, ausschließlich nach den Traditionen seines Clans zu leben, die er so hasste, wurde es schwierig. Hinata hatte keine Ahnung, wie dem beizukommen war. "Warum sollte ihn das stören?" Die Frage war zweideutig. Hinata wusste aus bitterer Überzeugung, dass es ihren Vater persönlich nicht besonders interessierte, wo sich seine erstgeborene Tochter herumtrieb. Und an Nejis Miene war zu erkennen, dass er die unangenehme Wahrheit nicht aussprechen wollte. "Er hat diesen Ausflug gestattet, weil er..." Neji zögerte. Der harte Zug in seinen perlfarbenen Augen wurde etwas weicher, und Hinata konnte es nicht deuten. Ihre bloßen Füße waren mit einem Mal kalt, und ihr Herz hämmerte. Was hatte Hiashi getan? Hatte er sich entschieden, sie aus dem Dienst zurückzuziehen, damit sie sich auf ihre Nachfolge vorbereiten konnte? War es ihr deswegen erlaubt worden, weil sie sich verabschieden sollte? "Ich... ich soll..." Neji schloss die Augen für einen Moment und vermied es so, ihr ins Gesicht zu sehen. Hinata starrte ihn sprachlos an. Sie wusste, was jetzt kam. Zumindest glaubte sie das. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)