Temperature von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die Geräuschkulisse um mich herum war schon lange zu einem einstimmigen Murmeln verschmolzen, als sich dein leises Seufzen zu mir schleicht und die graue Monotonie abrupt durchbricht. Meine Gedanken brechen aus ihren Schienen, auf denen sie die letzten Minuten gleichmäßig träge und zäh, ohne ein Ziel, gefahren waren und richten sich auf dich; ich drehe meine Kopf leicht zur Seite, zu dir, und betrachte stumm dein Gesicht. Weisst du, du hast ein ganz anderes Profil, als ich. Unsere Konturen gleichen sich und trotzdem drücken deine Formen etwas ganz anderes aus, haben eine ganz andere, eigene Ausstrahlung. Ich würde gerne meine Hand nach dir ausstrecken, um dich zu berühren und dich mehr zu begreifen und deine Gestalt in mir aufzunehmen. Ich tu es nicht, wie ich es nie tue. Stattdessen taste ich dich mit meinem Blick ab, im Versuch damit den, von mir empfundenen, Mangel an Berührungen zu kompensieren. In letzter Zeit habe ich angefangen, dich zu vermissen. Wir waren ständig zusammen gewesen, aber ich habe deine Präsenz bei mir immer weniger gespürt. Es ist der Stress, die Arbeit; dein Traum. Ich will dir deinen Traum nicht nehmen, aber ich will nicht, dass er mir dich nimmt. Deine Augen sind auf einen Punkt, irgendwo in der Atmosphäre, fixiert, ich weiss, dass du die Umgebung um dich herum nur oberflächlich wahrnimmst. Du bist genug da, um zu funktionieren. Wie hat das Management immer gesagt? „Die Band muss funktionieren.“ Ich verbinde mit diesem Wort automatisierte Maschinen, nicht etwas so Lebendiges wie Tokio Hotel, das für uns so viel mehr als eine musikalische Gruppierung ist. Ich würde so gern die Hand nach dir ausstrecken, um zu fühlen, ob du noch warm bist, ob du noch da bist. Ich würde dir gerne etwas von meiner Körperwärme geben, vielleicht würdest du mich dann wieder sehen. Unser Manager vorne hört auf zu reden, wir können gehen. Mein Blick streift ein Fenster, als wir den Raum verlassen; es ist bereits dunkel. Das gemeinsame Schweigen erfüllt den hellen Flur auf dem Weg zum Aufzug. Georg und Gustav verabschieden sich mit einer Handgeste und steigen einige Etagen unter uns aus. Die metallenen Türen des Fahrstuhls schließen sich wieder, um mir dein verzerrtes Spiegelbild zu präsentieren; deine Haare erscheinen mir noch wilder und voluminöser, als sonst. Dein Gesicht verschwindet fast in ihrer Schwärze, verkriecht sich in ihr vor der Welt. Als deine Hand meine berührt, zucke ich unwillkürlich von ihrer Kälte zusammen. Im nächsten Moment spüre ich dein Gewicht, als du dich an mich lehnst, als ob du ohne mich nicht mehr stehen kannst; deine Arme schleichen sich unbemerkt um mich und das nächste, was ich fühle, sind deine kalten Lippen auf meinen. Deine Bewegungen sind langsam, vorsichtig und von einer lähmenden Kühle. Das Bedürfnis dich aufzuwärmen steigt brennend in mir auf, als du an meinem Mund ausatmest und dein kalter Atem meine Haut trifft; meine Hände gleiten an deinem Oberkörper hoch, um dein kühles Gesicht mit aller Vorsicht, die ich aufbringen kann, zu umschließen; wie eine zerbrechliche Eisskulptur fühlen sich deine Konturen an meinen Finger an. Eiskalt. Eiskalt. Meine Lippen hauchen unermüdlich Küsse auf deinen Mund, ohne imstande zu sein ihn aufzuwärmen. Deine Augen sind geschlossen, die schwarzen Wimpern liegen auf der hellen Haut auf, du regst dich nicht, du siehst mich nicht an. Ich kann dich nicht aufwärmen. Ich kann dich nicht bei mir halten und deinen Blick auf mich lenken. Ich vermisse dich so sehr. Das Geräusch der sich öffnenden Fahrstuhltüren reisst mich aus meinem Tagtraum zurück in die Wirklichkeit. Ein nichtssagender, heller Flur, erstreckt sich vor meinen Augen, in den ich gleichgültig eintrete, bevor deine Stimme plötzlich eine Hand nach mir ausstreckt. „Tom“, das Geräusch verharrt zwischen uns, als ich mich nach dir umdrehe und dich immer noch im Fahrstuhl stehen sehe, ein Fuss auf der Schwelle, das Lichtsignal unterbrechend. „Alles Gute zum Geburtstag.“ Mein Herz stolpert plötzlich, nimmt ihren gewohnten Rhythmus dann wieder auf, als meine Mundwinkel in die Höhe rutschen und du meine Mimik imitierst. Du trittst aus dem Fahrstuhl vor mich; die metallenen Türen schliessen sich lautlos, als unsere Blicke einander abtasten, ohne einander etwas Klares sagen zu können. Deine Hand fühlt sich kühl an, als ich nach ihr fasse und verschmilzt, beim Verhacken unserer Finger ineinander, in meiner Körperwärme. Ich versinke in deinem Geruch, als deine unterkühlte Wärme wieder erwacht und sich an mich schmiegt. „Dir auch“, murmel ich an deinen Haaren; dein Hals erfährt einen Kuss, als mein Arm, der um dich gelegt ist, dich noch mehr an mich drückt und sich an deiner zurückgekehrten Präsenz erfreut. end ---> Bild zur Geschichte: http://s52.photobucket.com/albums/g7/Huskyeyed/BillxTom/?action=view¤t=b-daytokio-klein.jpg&refPage=&imgAnch=imgAnch1 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)