Von Männern und Mäusen von Tsutsumi ================================================================================ Kapitel 1: Von Männern und Mäusen --------------------------------- Autor: Tsutsumi Teil: 1/1 Disclaimer: Ash und Eiji gehören nicht mir und ich bekomme nix für´s Schreiben. Warnung: Ash x Eiji- Hints, sappy Widmung: Nyx-chan Von Männern und Mäusen "Ich bin sicher, er wusste, dass er ihn in Gefahr bringt. Aber ich denke, er braucht ihn. Alleine das zeigt, wie am Boden er ist. Der harte, stolze Luchs von einem Jungen, diesmal konnte er nicht allein sein." [Max Lobo] „Ich frage mich“, sagte Eiji beim Frühstück, welches aus alten Doughnuts bestand, an denen Zucker und hartes Fett klebte. „Ich frage mich, warum sie dich alle „Luchs“ nennen.“ Irgendeiner von den vielen Gangmitgliedern war mit der Tüte aufgekreuzt und obwohl Ash sich selbst zu einem der reichsten Menschen der Welt gemacht hatte, saß er auf dem Bett, in dem er bis eben geschlafen hatte und stopfte sich altbackene, überfettete Doughnuts in den Mund. Eiji fühlte sich dumpf; sein Kopf schmerzte, seine Glieder zitterten vom Schlafmangel, den er seit den letzten Wochen erfuhr, sein Herz hinkte hinter dem gewohnten Takt her wie eine Uhr, die nur für eine Sekunde stehengeblieben war, aber die jetzige Zeit nicht mehr einholen konnte. Der Stress hatte ihn müde, matt und grau werden lassen und wenn er sich nur lange genug diesen Kreis mit einem Loch ansah und den Geruch ignorierte, konnte er sich vorstellen, köstlichstes Tenpura vor sich zu haben. Ash sah auf von seinem Frühstück. Sein Haar stand zerzaust vom Schlafen wild in sämtliche Richtungen ab. Wenn Eiji genau hinsah, waren auf dem Gesicht dieses Jungen ebenfalls dunkle Ringe unter den Augen, so schwarz, als hätte man die obersten Hautschichten eingefärbt. „Wie meinst du das, Eiji?“ Mit der Zeit hatte Eiji es geschafft, Ash auf eine geduldige und sanfte Art und Weise beizubringen, seinen Namen auszusprechen. Hatte dieser noch vor Wochen ein pampiges „Äijey“ zwischen den Kiefern herausgepresst, weil der Name gerade mal wichtig genug war um die Person zu rufen, auf den Boden zu drücken, zum Schutz hinter sich zu schieben, so formte Ash nun beinahe behutsam den langen e-Laut mit der weichen Abschlusssilbe. Es war, als spräche er Kunst. Während er mit seiner schweren, groben Magnum sein Umfeld niedermähte, rief er Eijis Namen so sanft als würde er eine ganze fremde Sprache lernen. „Nun ja.“ Wie so oft kratzte sich Eiji den Hinterkopf und schaute das Gebäck in seinen Händen an. Krümel berieselten das weiße Bettlaken, auf dem er saß. „Alle nennen dich den „Luchs“. So...ehrfurchtsvoll.“ Er hob vorsichtig den Blick und begegnete den harten, grünen Augen des anderen Jungen, die wach und gleichzeitig erschöpft auf ihm ruhten. „Bei uns gibt es keine Luchse, darum konnte ich nichts damit anfangen. Und als ich schließlich in der Bibliothek recherchierte- das war noch ganz zu Anfang- da war ich irgendwie...wie soll ich sagen...überrascht.“ Immer wenn er mit Ash sprach, wurde seine Stimme am Ende seiner Sätze dünn, beinahe brüchig. Eiji wusste, am Anfang hatte er das aus Angst getan. Dieser hellblonde Amerikaner, der zwar jünger war als er selbst, aber besser umging mit seiner Waffe als ein japanischer Polizeibeamter kurz vor der Pensionierung, das hatte ihm einen Schrecken eingejagt. Aber nun lag es nicht mehr daran. Eiji hatte in Ashs Gegenwart immer ein unterschwelliges Zittern in den Gliedern- nicht aus Angst vor Ash oder anderen. Vielmehr aus Ehrfurcht. Er erinnerte sich an das Biologiebuch, in dem er damals nachgeschlagen hatte. `Lynx lynx´, der eurasische Luchs, hatte nicht gerade der Vorstellung eines gefährlichen, blutrünstiges Tieres entsprochen. Diese Tiere, hatte Eiji gelernt, waren vom Aussterben bedroht. Sie waren kleiner und unscheinbarer als Pumas und der Luchs auf der Farbillustration am Seitenrand hatte einen plump wirkenden Kopf mit Ohren, an denen wie bei Eichhörnchen Pinsel waren, sowie einen kurzen, stummeligen Schwanz gehabt. Wenn er Ash jetzt dort so sitzen sah, fielen ihm auf Anhieb keine Gemeinsamkeiten ein zwischen dieser seltsamen Katze und dem Jungen. Man hätte ihn „Tiger“ nennen sollen, dachte Eiji. Oder „Wolfshund“ oder „Löwe“ oder „Jaguar“. Im Prinzip klang alles gefährlicher als „Luchs“ und das ärgerte Eiji. Denn Ash verdiente, wenn man ihm schon so einen Namen gab, etwas viel Besseres. „Hast du dir nur ein Bild angesehen?“ Ashs feste, dunkle Stimme riss Eiji aus den Gedanken. Er war näher gekommen, hatte die fettverschmierte, ekelhafte Pappunterlage achtlos auf den Tisch zwischen den beiden Betten geworfen und setzte sich neben seinen Gefährten. Mit einem Taschentuch putzte er sich die Finger ab, fahrig und grob. „Ein Bild von einem Luchs, ja.“ Eiji nickte sanft. „Dann weißt du nicht, dass Luchse Einzelgänger sind.“, sagte Ash und richtete den Blick auf seinen Gegenüber. „Dass sie extrem gut sehen und hören können und als schlauer und verschlagener gelten als Wölfe oder Füchse.“ In seiner Stimme lag kein Ausdruck, weder ein belehrender noch ein tadelnder dafür dass Eiji so oberflächlich recherchiert hatte. Da waren nur die Worte und eine Regung im Gesicht- wie ein Zucken- die der Junge nicht deuten konnte. „Ein Luchs wird unterschätzt.“ Stolz. Eine beinahe einschläfernde Atmosphäre lag auf dem Zimmer, als Ash mit einer ungewohnten Trägheit nach einem Taschentuch fischte und begann, das alte Fett von Eijis Fingern zu wischen. Es war nichts Besonderes dabei, nur so subtil wie ein Freundschaftsbeweis, indem ein Kind dem anderen half. Schnelle, heftige Bewegungen schlugen zwischen den Jungen, bei denen Eiji das Gefühl hatte, winzige Stromschlägchen zu bekommen. Und doch war da die Trägheit, die Ash auf eine seltsame Art und Weise langsamer machte. Nein. Vielmehr Entspannung. „Entschuldige“, murmelte Eiji schließlich und lächelte versöhnlich. Zu Hause hätte er sich schämen müssen, fehlendes Wissen gegenüber einem Jüngeren einzugestehen. Doch hier, vor Ash, der soviel mehr gehört, gesehen, getan hatte, schämte er sich noch viel mehr, denn er wusste, dass er niemals dieses Wissen erlangen würde. „Das war blöd von mir. Dich mit einem Tier zu vergleichen, meine ich.“ Er fuhr sich durch das wilde, schwarze Haar. Momente wie dieser waren rar und er liebte sie sehr. Momente, in denen Ash gerade nicht wie ein Tier erschien, welches sich stolz und bissig den Weg aus der absoluten Misere verschaffte. „Wenn ich mir dafür aussuchen darf, was für ein Tier du wärst.“ Plötzlich lächelte Ash. Zum ersten Mal seit Tagen. Zum ersten Mal seit Shorters Tod. Es war eine gefühlte Ewigkeit her. Die dunklen Ringe unter seinen Augen hatten sich gehoben und begonnen zu tanzen, wie eine Art Lichtspiel. Seine spröden Lippen verzogen sich, drohten zu reißen und doch grinste der Junge mit einem Mal als gäbe es nichts Besseres auf der Welt als seinen Einfall. „Es tut mir Leid!“, gluckste er fast lautlos. „Aber du siehst für mich nur aus wie eine Maus!“ Seine Stimme schwoll an zu einem lauten Gekicher, gleichzeitig heiser und doch voll. So ein Lachen hatte Eiji noch nie aus Ashs Mund gehört. Nicht viel hätte gefehlt und er hätte sich rücklings auf das Bett fallen lassen. Eiji schaute ihm verständnislos zu und zog einen Flunsch. „Das ist ja wirklich reizend!“, sagte er empört. „Der Luchs und die Maus, das klingt ja wie eine Parodie auf Tom und Jerry!“ Er wusste nicht, ob er schmollen sollte, nur so tun sollte als ob er schmollte oder mitlachen sollte. Da saß er, etwas ratlos, auf einem versifften Bett, neben einem der meistgesuchtesten Männer des Landes, der sein Mordinstrument am Hosenbund bei sich trug und sich über eine Maus amüsierte. Eine Maus, ganz unbedeutend und doch erheiternd, ein Sonnenstrahl von Gedanke. Und dann ging ihm auf, dass Ash Recht hatte. Er gab ihm scheinbar so etwas wie Entspannung. Kraft zum Tanken. Eine Schulter. Schnell schob Eiji die Gedanken beiseite. Doch es war ohnehin zu spät. Verlegen schaute er auf das benutzte Taschentuch in seinen Händen und versuchte, seine geröteten Wangen zu verbergen. „Das macht doch nichts.“ , hörte er Ash sagen. Der Junge lag jetzt wirklich neben ihm auf dem Bett, den Kopf in die darunter verschränkten Arme gebettet. Ein fast zufriedenes Lächeln. Beinahe unschuldig. „Dann haben wir immer noch was zu lachen.“ Seine spröden Lippen waren tatsächlich aufgesprungen. Von draußen schien die Sonne herein, als Eiji zurücklächelte. Zum Teufel mit den Luchsen und Löwen und Wölfen und Mäusen. Was zählte war jetzt. Was zählte, war Ash. Ash und sein sanftes Lächeln, welches wunderbar erschien. „Stimmt.“, meinte Eiji lächelnd und tupfte mit einem frischen Taschentuch das Blut von den zergrinsten Lippen seines Freundes. „Wir haben immer noch was zu lachen.“ ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)