Another solution von -Ray- ================================================================================ Kapitel 9: I´m with you! ------------------------ Kapitel 9: i´m with you! Tja, nun war es also so weit. Mein Bruder sah sich seine erste Wohnung an. Gerade machten Sam und Rick sich fertig. Und ich? Nun, ich hatte…Hausarrest. Und warum? Nun…einerseits wohl wegen meinem verplanten Versuch, Brötchen beim Becker zu holen. Irgendwie hatte ich es geschafft mich beinahe von einem Auto überfahren zu lassen, nach dem ich Plemplem ich wie war erst mal knallhart über rot stapfte… Die Konsequenz daraus: Die Brötchen holte in Zukunft nur noch Sam. Und die zweite Konsequenz war: Solange ich so neben mir stand hatte ich Ausgangssperre, zumindest dann, wenn niemand mich begleitete. Der zweite Grund, weshalb ich mich nicht fertig machen durfte: Mein Bruder wollte mich nicht dabei haben. Und warum? Weil ich zu Plemplem war. Er sagte etwas wie: „In deiner komischen Verfassung, die sich übrigens immer noch niemand erklären kann, da du ja deinen Mund nicht aufmachst, kannst du mir bei der Wohnungssuche eh nicht helfen, also bleib gefälligst zu Hause und fang endlich an, wieder du selbst zu sein!“ Ja es war hart. Aber er hatte ja Recht. Und deshalb…nahm ich es im auch nicht übel. Seit ich begonnen hatte über meine Abhängigkeit nachzudenken, sowohl die ehemalige Drogenabhängigkeit als auch die Abhängigkeit zu meinem Mitbewohner, bekam ich so relativ gesehen eigentlich gar nichts mehr auf die Reihe, außer Waschen, Anziehen, Nahrungsaufnahme. Doch auch da haperte es immer wieder und Sam zwang mich manchmal regelrecht dazu meine Aufmerksamkeit endlich dem Brötchen vor mir zuzuwenden und nicht dauernd nur verplant durch die Gegend zu starren und in Tagträumen oder komplizieren Gedankengängen zu weilen. Ja, es war nervig und ich konnte jeden verstehen der sich daran störte. Mich selbst störte das ja auch. Doch irgendwie kam ich nicht mehr davon los. Um die nächsten Stunden nicht vollkommen unproduktiv zu gestalten machte ich mich daran, unseren Kater zu füttern und mich selbst gleich mit. Das ich dabei gleich zwei mal einen Fehler entdeckte, versuchte ich gekonnt zu ignorieren. Wem fiel es schon auf, dass ich in den Wassernapf das Trockenfutter getan hatte…unserem Wollknäuel war das wohl egal. Und die Tatsache, dass ich erst den Käse und dann die Butter auf mein Brot tat, war ja an sich nicht lebensnotwendig Schrägstrich bedrohlich. Ja, ja. Ich war plemplem. Das war unübersehbar. Zwei Stunden später kamen Sam und Rick zurück. Fragend sah ich sie an, als sie hereinkamen. „Und?“ „Alles super gelaufen. Die zweite Wohnung war so genial, dass ich gleich vor Ort den Vertrag unterschrieben habe.“, strahlte mein Bruder mich an. Ich lächelte leicht und nickte. „Schön. Dann hoffen wir mal dass das alles so klappt wie wir uns das wünschen. Und wann kannst du einziehen?“ „Wann ich will. Morgen wollen Sam und ich ein paar Möbel kaufen. Dann kann ich dieses Wochenende schon mein eigenes Reich beziehen.“ Sam nickte ebenfalls lächelnd. „Auch wenn du dir ruhig noch zeit lassen kannst, wenn du das willst. Wir genießen deine Anwesenheit.“ Er schüttelte dankbar mit dem Kopf. „Nein ist schon okay. Das weiß ich zwar zu schätzen, doch ich freue mich schon darauf endlich auf eigenen Füßen zu stehen.“ Während die beiden sich noch ein bisschen über die Wohnung und den nächsten Tag unterhielten weilte ich schon wieder in meinen Tagträumen. Ich freute mich auch. Irgendwie. Und diese Feststellung brachte nicht nur weitere Gedanken sondern auch Gewissensbisse. Ich wollte meinen Bruder loswerden…das war…ungewöhnlich und auch ein Schock. Bis zum nächsten Tag hatte ich es geschafft mich so weit zusammen zu reißen, dass die beiden Jungen Männer bereit waren mich mitzunehmen. Möbelkauf, Juhu! Ich wusste zwar nicht was daran so spannend sein sollte, doch Sam und Rick freuten sich wie Schnitzel darauf und ich…war einfach nur froh mal für ein paar Stunden aus dem Haus zu kommen. Ein hoch auf meine Schauspielkunst. Denn in meinem Inneren hatte sich nicht viel verändert. Wenigstens glaubten die anderen wirklich, dass ich mich wieder mehr zusammenriss. In Wirklichkeit hatte ich lediglich begonnen die beiden während ihrer Gespräche zuzusehen statt nur in eine Ecke zu glotzen oder meine „Aufmerksamkeit“ dem Fenster zu widmen. Nachdem also Sam von der Arbeit wiederkam, zogen wir uns an und verließen gemeinsam das Haus. Diese Sonne strahlte in ihrer vollen Pracht und ich konnte es mir nicht verkneifen, für einen Moment stehen zu bleiben, die Augen zu schließen und einfach nur dieses herrliche Gefühl der Sonnenstrahlen auf meinen Gesicht zu genießen. Als Sam mich schließlich ungeduldig anstupste musste ich dieses Unterfangen allerdings leider wieder beenden. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur U-Bahn. Nach zirka zwanzig Minuten standen wir dem wohl größten Möbelhaus der ganzen Stadt gegenüber und ich fragte mich erneut, was an Möbelkauf so spannend sein sollte. Ich würde mir viel lieber irgendwo in einer ruhigen Gegend ein Dach suchen, mich dort hinlegen und gemütlich eine Rauchen… Eine Rauchen…puh es war nicht das erste Mal, dass ich, seit ich bei Sam wohnte, daran dachte mir ernsthaft einen dieser stinkenden Glühstängel anzuzünden. Schnell verdrängte ich meine durcheinander geratenen Gedanken und konzentrierte mich auf meine beiden Gefährten. Rick schien extrem aufgeregt, hibbelte nur noch herum und nervte mich damit augenblicklich. Und Sam war ganz damit beschäftigt sich den Angebotskatalog durchzusehen. Schließlich nickte er leicht, schlug den Katalog zu und winkte uns ihm zu folgen. Die erste Abteilung in die er uns schleppte waren die Küchen. Scheinbar gab es in der Wohnung, die sich die beiden angesehen hatten keine Einbauküche. Rick sah sich konzentriert um und blieb immer wieder stehen um sich ein interessantes Objekt näher anzuschauen. Ich folgte den beiden nur gemächlich. Küchen interessierten mich nicht. Ich fand es recht unwichtig wie eine Küche aussah, doch vielleicht lag das auch daran das ich noch nie in meinem ganzen Leben ernsthaft Möbelkaufen war, und vor allem hatte ich nie eine eigene Wohnung eingerichtet. Eine halbe Stunde später hatte sich Rick entschieden und einen der Verkäufer auf die Küche angesprochen. Währenddessen befand ich mich schon mal in der Esszimmerabteilung, in der so viele unendliche Tische und Stühle standen, dass ich schon längst den Überblick verloren hatte. Ich setzte mich auf einen der Stühle und stützte meinen Kopf auf meinem angewinkelten Arm ab. Kurze Zeit später entdeckte ich Sam, der schnurstracks auf mich zu kam, sich mir gegenüber setzte und leicht lächelte. „Na? Alles okay?“ Ich nickte und gähnte leicht. „Bin nur etwas müde. Möbelkauf ist nicht wirklich sonderlich spannend für mich.“ Sam lachte leise. „Ja, aber du musst versuchen deinen Bruder zu verstehen. Gönn ihm den Spaß.“ Ich zuckte mit den Schultern. Mir war es egal, ob er Spaß daran hatte oder nicht. Ich wollte eigentlich nur hier weg. Zumindest weg aus der Abteilung. Die vielen Tische machten mich ganz wirr. „Willst du einen Kaffee? Wir können uns ja kurz in die Cafeteria verdrücken.“ Schlug Sam vor. Gerade als ich einwilligen wollte, erscholl von links ein lautes Rufen: „Saaam! Kommst du mal bitte?“ rief Rick und zerstörte somit unsere Pläne. Sam lächelte entschuldigend und stand auf. „Tut mir leid. Verschieben wir es einfach auf später, okay?“ Ich nickte nur und sah ihm nach, wie er zu Rick zurücklief und sich sofort von ihm vollbrabbeln ließ. Resignierend seufzte ich auf. Ach… Irgendwie störte mich das. Rick nahm Sam so sehr in Anspruch, dass ich kaum noch etwas von ihm hatte. Allein unsere Trainingsstunden, die wir jeden zweiten Tag abhielten, boten mir die Möglichkeit etwas mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Doch diese Trainingsstunden brachten mir nicht wirklich die Gelegenheit, mal in Ruhe mit Sam zu sprechen. Dabei vermisste ich unsere Gespräche. Es gab so viel dass ich noch nicht von ihm wusste... Außerdem… Dachte ich dann nicht mehr dauernd an meinen abgebrochenen Entzug. Vielleicht wäre es besser gewesen diesen in einer Psychiatrischen Klinik zu beenden… Ich fühlte mich so gar nicht geheilt. Und erwischte mich öfters als dass ich es zugeben wollte, wie ich mich wieder den Drogen zurücksehnte. Nicht weil es mir so schlecht ging. Sondern einfach…weil mir das Gefühl alles zu vergessen und glücklich zu sein fehlte. Dieses Gefühl in einer anderen Welt zu leben. Als ich zirka eine Stunde später in einem weichen Wasserbett lag und die Arme hinter meinem Kopf verschränkte, dachte ich daran wie wohltuend es für mich sein würde, wenn Rick endlich in seiner eigenen Wohnung war. Ja, das war gemein, doch ehrlich gesagt hatte ich mich in den letzten zwei Stunden endlich damit abgefunden, dass ich mich darauf freute. Ich konnte es nicht leugnen. So auch nicht vor Sam. Dieser schmiss sich nämlich gerade in dem Moment zu mir aufs Wasserbett und stützte seinen Kopf auf dem seitlich abgestützten Arm auf. „Na Süßer? An was denkst du?“ fragte er und zwinkerte mir zu. Süßer? Hatte er mich gerade Süßer genannt? Stirnrunzelnd sah ich ihn an. Strikt in dem Moment schien ihm seine Anrede wohl auch bewusst zu werden, denn er wurde knallrot und sah kurz weg. „Also?“ fragte er um den peinlichen Moment zu überspielen. Ich seufzte leise und schloss die Augen. Gleichzeitig wandte ich den Kopf wieder zur Decke um meinem Unmut Ausdruck zu verleihen. „Das willst du gar nicht wissen.“ „Doch klar. Sag schon.“ Genervt sah ihn wieder auf. „Ich denke gerade wie toll ich es finde, wenn mein Bruder endlich in seiner eigenen Wohnung lebt und ich somit nicht dauernd seine Visage im Blickfeld habe. Zufrieden? Toll, oder?“ sagte ich verärgert und spürte wie erneut alle Kraft aus mir wich. Es war zum verrückt werden. Sam sah mich nur mit einem undefinierbaren Blick an und stand dann auf. „Komm.“, sagte er sanft und hielt mir seine Hand hin. Etwas verwundert griff ich nach dieser und ließ mir aufhelfen. Ohne weitere Worte zog er mir quer durch die ganze Halle, direkt zu den Aufzügen. Er betätigte den Knopf für das Erdgeschoss und prompt zehn Minuten später fand ich mich auf einem Stuhl sitzend und mit einer dampfenden Tasse Kaffee vor mir wieder. Sam lächelte mich an, trank einen Schluck und fragte dann: „Was ist los in letzter Zeit? Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen du bist Krank. Doch dafür machst du mir einen körperlich zu gesunden Eindruck. Also. Was beschäftigt dich so sehr?“ Ich seufzte erneut. Heute war eindeutig Seufz-Tag. „Ich kann es dir nicht erklären. Ich weiß selbst nicht was mit mir los ist.“ Das war glatt gelogen. Und das spürte auch Sam. „Jo, halt mich nicht für dämlich. Du weißt sehr wohl was mit dir los ist. Warum kannst du es mir nicht erklären?“ Ich schwieg. Schließlich setzte ich zu einem Erklärungsversuch an. Irgendwann musste ich wohl mal mit jemandem darüber reden. Also warum nicht Sam? Ich musste ja nicht die ganze Wahrheit sagen. „Ich denke darüber nach, ob es wohl besser gewesen wäre den Entzug zu beenden..“ „Warum?“ Sam wirkte erstaunt. „Weil ich das Gefühl habe, noch nicht bereit zu sein. Ich glaube ich bin für dieses Leben noch nicht bereit…Ich bin so unsicher, fühle mich manchmal so elend… Allein wenn ich daran denke, dass ich mir seit Tagen wünsche, Rick würde uns endlich wieder allein lassen. Die Fassade, die ich die ganze Zeit vor ihm aufrecht erhalten habe, bröckelt immer mehr. Ich bin nicht mehr der große, beschützende Bruder. Ich bin ein einziges Wrack, dass sich nur an eine einzige Hoffnung klammert: Nämlich dich.“ Der Polizist schwieg einen Moment. Ich seufzte und vergrub mein Gesicht in der Armbeuge meiner verschränkten Arme. Plötzlich spürte ich eine sanfte Berührung an meinem Kopf. Sam fuhr mir zart durchs Haar und ich hob den Kopf ein Stück um ihn anzusehen. Er lächelte leicht. „Warum glaubst du nicht einfach an dich? Du bist so ein starker Mensch. Hast es bis hierher geschafft und plötzlich spuken in deinem Kopf solche Gedanken herum? Du bist kein Wrack. Und du hast vielleicht das Gefühl überfordert zu sein, aber damit bist du doch nicht allein. Ich stehe voll und ganz hinter dir, egal um was es geht. Es ist nicht schlimm jemanden zu haben der einem hilft. Und ich helfe dir.“ Sanft wischte er mir die einzelne Träne weg, die sich einen Weg zu meinem Kinn bahnte. „Hey…ich lasse dich nicht im stich.“, flüsterte er leise und lächelte mich erneut aufmunternd an. Schließlich nickte ich. Sam stand auf, kam zu mir und zog mich ein eine Enge Umarmung. Seufzend lehnte ich mich gegen seine starke Brust und schloss die Augen. „Danke.“, murmelte ich und spürte augenblicklich wie eine schwere Last von meinen Schultern fiel. Das hatte gut getan. Ich hätte schon viel früher mit ihm reden sollen. ******************************************************************************** Danke fürs Lesen. Ich freue mich über ein Review Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)