Endlos von -Ray- (Story about Alec and Ray) ================================================================================ Kapitel 1: Part 1 ----------------- Endlos Hallo, Hallo! Gleich mal im voraus: Vielen Dank dass ihr euch die Mühe macht, meine FF zu lesen ^^. Joa, ähm...über Kommentare freue ich mich natürlich! ^^ viel Spaß beim lesen ************************************************************************ „Alec...Alec...du weißt doch... du kannst mir nicht entfliehen...du bist mein...“ Schweißgebadet wachte ich auf. Mein Atem ging schwer und ich fröstelte leicht. Das Fenster stand offen. Mir war ganz entfallen, dass ich es am Vortag geöffnet hatte... Ich schwang meine Beine aus dem Bett und rieb mir stöhnend den Kopf. Diese Scheiß Albträume. Selten wurde ich von ihnen verschont. Doch es nervte mich wirklich schrecklich. Jeden Morgen der gleiche Stress. Immer die gleiche Szene... Du denkst wirres Zeug, ging es mir durch den Kopf. Ich stand langsam auf und schälte mich aus meinem Nassgeschwitzten T-Shirt. Schnell lief ich rüber ins Bad und duschte mich kurz ab. Dann zog ich mir etwas frisches an und ging in die Küche, um mir noch schnell etwas zu essen zwischen die Zähne zu schieben. Meine Schulsachen lagen genauso wie am Vortag neben der Eingangstür. Wieder nicht gelernt, ging es mir durch den Kopf... wieder keine Hausaufgaben gemacht... Ich seufzte leise und schmierte mir ein Brot für die Schule. Dann schnappte ich mir meine dunkle Jacke und schlüpfte hinein. Ich drehte den Schlüssel, der immer noch steckte, zwei mal um und riss dann die Tür auf. Mit dem Rucksack unter den Arm geklemmt ging ich nach draußen. Wie immer nahm ich zwei Treppenstufen auf einmal. Ich hatte es eilig. Der Bus kam meist zu früh. Und ich kam meist zu spät. Weshalb ich mein Fahrrad meistens erst gar nicht in den Keller brachte, sondern stattdessen abgeschlossen im Hof stehen ließ. Ein kurzer Blick auf die Uhr bestätigte meinen Verdacht. Ich war zu spät dran. Wie immer. Ich seufzte erneut und sperrte mein Fahrradschloss auf. Ich verstaute es in meinem Rucksack und schwang mich auf mein Mountain Bike. Ohne noch mal zurückzublicken fuhr ich los. Am Schulgebäude angekommen sperrte ich mein Rad ab und wandte mich zur Treppe. Ich hasste es in die Schule zu gehen. Für mich war es eine einzige Qual. Umgeben von einem Haufen blöder Idioten die nur darauf brannten, jemanden zu finden, mit dem sie sich ihren Spaß erlauben konnten. Doch so lauteten nun mal die Bedingungen... Solange ich nicht von der Schule abging, durfte ich die Wohnung behalten. Sonst musste ich zurück zu meiner Mutter. Meine Mutter! Ha... ich konnte mit ihr nicht länger als fünf Minuten in einem Zimmer sein. Seit damals...ertrage ich sie einfach nicht mehr länger. Mein Hass auf sie ist so extrem, dass ich sie einfach nicht packe. Doch das beruht mittlerweile relativ auf Gegenseitigkeit. Natürlich liebt sie mich irgendwo in ihrem inneren immer noch, schließlich bin ich ihr Sohn... doch so wie sie mich verletzt hatte, hatte ich sie verletzt. Es war zu spät. So unsichtbar wie möglich stahl ich mich in unser Klassenzimmer. Wie immer setzte ich mich in die letzte Reihe. Die anderen ignorierten mich genauso, wie ich sie ignorierte. Ich hatte keinen Anschluss in meiner Klasse. Ich wollte keinen Anschluss in meiner Klasse. Ich ging nur zur Schule, weil die Bedingungen so lauteten. Wenn ich eine Möglichkeit wüsste, würde ich die Schule abbrechen. Doch so hatte ich noch zwei Jahre vor mir. Wenigstens eine Sache war immer wieder beruhigend zu wissen. Meine Klasse wollte nichts mit mir zu tun haben. Und den Lehrern fiel ich gar nicht auf. Wenn ich nicht gerade zwei oder drei Tage hintereinander Blau machte, merkten sie meine Abwesenheit gar nicht. Weshalb ich es mir auch immer wieder gönnte, blau zu machen. Ich ließ mich auf meinen Platz nieder und schmiss meinen Rucksack neben den Tisch. Neben mir waren zwei Plätze frei. Das war ganz gut so. Ich hatte also die letzte Reihe zumindest auf dieser Seite des Klassenzimmers für mich allein. Ich hatte kein Problem damit, allein zu sein. Ich genoss es unabhängig zu sein. Es gab mir ein gutes Gefühl. Zu wissen, dass ich keinerlei Verpflichtungen anderen gegenüber hatte. Und was mir am meisten gut tat, war die eigene Wohnung, die ich jetzt seit einem halben Jahr bezog. Mit siebzehn war ich ausgezogen. Doch in einigen Wochen hatte ich Geburtstag. Dann würde sich das mit dem Alkohol unter Achtzehn auch erledigen. Erste Stunde Bio. Der Tag fing schon mal gut an. Genervt zog ich meine Biosachen aus dem Rucksack und machte mir ein paar Notizen. Während unser Biologielehrer krampfhaft versuchte, uns die Stoffwechselvorgänge zu erklären, sah ich mir den späten Sonnenaufgang an. Normalerweise beobachtete ich ihn immer in der Früh vom dem Fenster aus, da meine Wohnung im fünften Stock lag, doch dieses Mal hatte ich ja mal wieder verschlafen. Zur Zeit passierte mir das öfter. Ich bekam das Klingeln des Weckers einfach nicht mit. Und dazu noch die Träume... kein Wunder das ich nicht gut schlief. Ich quälte mich durch den Tag und erwartete sehnsuchtsvoll den Gong. Die Pausen waren eigentlich immer die schlimmsten. Die eigenartigen Blicke...die komische Atmosphäre... man merkte deutlich, dass sie mich nicht ausstehen konnten. Ich war ihnen wahrscheinlich zu ruhig. Nicht gesprächig genug. Keine Ahnung. Seufzend machte ich mich noch ein bisschen kleiner. Ich saß auf dem Fensterbrett und hatte die Beine angezogen. Sehnsüchtig sah ich nach unten auf die Straße, die mich direkt zu dem Hochhaus bringen würde, in dem meine Wohnung lag. Doch bis dahin hatte ich noch drei Stunden vor mir. Eine Stunde Deutsch und zwei Stunden Mathe. Mathe war auch ziemlich heavy. Unser Mathelehrer, gleichzeitig auch Klassenlehrer, hatte förmlich einen Blick auf mich geworfen und nahm mich in seiner Stunde so oft dran wie nur möglich. Ich hasste es. Eigentlich war es ja nicht so schlimm, denn in Mathe habe ich keine großen Probleme, doch meine Klasse ist im allgemeinen ziemlich schwach, was Mathe angeht, und jeder beäugt mich misstrauisch und eifersüchtig, wenn ich den Stoff auf Anhieb verstehe. Wieder ein Grund mehr für meinen Mathelehrer mich dranzunehmen. Ich war einer der einzigen, die verstanden um was es ging. Ich legte meinen Kopf auf meine Knie und atmete tief ein. Als sich ein Schatten auf mich legte sah ich erstaunt auf. Tina. „Was gibt’s?“ fragte ich und legte den Kopf auf die Seite. „Kannst du mir vielleicht Mathe erklären?“ fragte sie, wie aufs Stichwort. Ich unterdrückte einen Seufzer und nickte. „Ja. Klar.“ Antwortete ich leise und schwang die Beine vom Fenstersims runter um zu meinem Platz zurückzukehren. Tina war schon vorgegangen. Sie war echt in Ordnung. Wenn ich mir so meine Klasse ansah, war sie wohl eine der einzigen mit der ich ab und zu ein Wort wechselte. Wie gesagt. Ich bin nicht sonderlich gesprächig. Doch Tina kam meist von ihr aus auf mich zu... und wenn sie etwas von mir brauchte dann blockte ich nie ab. Ich war zwar ein ruhiger Typ und ein Einzelgänger, doch mit ihr verstand ich mich ganz gut. Sie setzte sich mir gegenüber und schlug ihr Buch auf. „Ich hab das mit dem Integrieren noch nicht so richtig verstanden. Kannst du mir da helfen?“ Ich nickte kurz, schlug ebenfalls mein Buch auf und suchte eine Aufgabe, an der man das ganze gut erklären konnte. Dann fing ich an, ihr jeden Schritt vorzurechnen und sie tippte es in ihrem Taschenrechner mit. Als sie schließlich das System verstanden hatte, ließ ich sie noch ein zwei Aufgaben alleine rechnen. Sie meisterte sie mit Bravur und schließlich lächelte sie dankbar und erhob sich von ihrem Platz. „Danke, Alec.“ Ich nickte ihr zu und sie verschwand wieder bei ihren Freundinnen. Etwas schräg sahen diese ihr entgegen. Sie schienen nicht sehr zufrieden zu sein. Vielleicht hatten sie ein Problem damit, dass Tina sich von mir Mathe erklären ließ. Dabei mussten sie da wirklich keine Angst haben. Tina und ich verstanden uns zwar ganz gut, doch ansonsten war da nichts. Endlich Schule aus, dachte ich mir drei Schulstunden später. Es gongte zum Schulschluss und ich stand erleichtert auf und packte meine Sachen zusammen. Herr Theodor unser Klassenlehrer kam zu mir nach hinten und lächelte ein bisschen. „Alec was ist los? Warum meldest du dich nie von dir aus? Immer muss ich dich dazu anregen, mitzumachen Ich fände es schön, wenn du dich öfter meldest.“ Als die letzten das Klassenzimmer verlassen hatten, spürte ich, wie ich unruhig wurde. Ich mochte es nicht, wenn ich allein mit einem älteren Mann in einem Raum war. Das machte mir Angst. Ohne zu antworten wollte ich an ihm vorbeigehen, doch er legte mir seine Hand auf den Arm und hielt mich zurück. „Was ist los?“ fragte er erstaunt als er meinen gehetzten Blick sah. „Entschuldigen Sie bitte. Ich...muss los.“ Antwortete ich nur, dann riss ich mich los und rannte aus dem Raum. Reiß dich zusammen! Dachte ich während ich mein Fahrrad aufschloss. Er wollte nur nett sein! Trotzdem machte sich ein unbehagliches Gefühl in mir breit. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich spürte leichte Übelkeit. Echt nicht mein Tag, ging es mir durch den Kopf. Seufzend packte ich mein Schloss in den Rucksack und schwang mich aufs Rad. Ich verdrängte meine Gedanken und versuchte mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Als ich bei meiner Wohnung ankam stand meine Sozialarbeiterin vor mir. „Hallo Alec. Alles klar?“ fragte sie und lächelte mich an. Ich nickte. „Was gibt’s?“ fragte ich und legte den Kopf auf die Seite. „Ich wollte nur mal nach dir sehen. Und fragen wie es dir in der Schule geht?“ Ich runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. Ich schloss die Tür auf und winkte sie mit hinein. Langsam folgte sie mir in die Wohnung sah sich wie immer etwas staunend um. „Ich bewundere es, wie gut du alles im Griff hast. Du scheinst mir ein sehr ordentlicher Typ.“ Ich schüttelte lächelnd mit dem Kopf. „Nein. Eigentlich nicht. Nur Küche, Wohnzimmer und Bad. Mein Schlafzimmer ist eine einzige Müllhalde.“ Sie lachte leise und nahm sich nach meinen auffordernden Wink ein Glas Wasser. Ich schmiss meinen Schlüssel in das Körbchen auf dem Telefonschränkchen und schälte mich aus der Jacke. Achtlos warf ich sie über einen der Stühle und setzte mich ihr gegenüber auf einen der Barhocker die ich plus Tisch auf dem Sperrmüll mitgehen gelassen hatte. Sie lächelte immer noch und fragte, ob sie sich eine Zigarette anzünden dürfte. Ich schob ihr den Aschenbecher zu, der immer auf dem Tischchen stand. Ich rauchte eigentlich nicht. Nur sehr selten. Doch ab und zu kam Kim vorbei, und der war Kettenraucher, Gothic und ein totaler Spinner. Wir waren Nachbarn. Er wohnte ganz oben im achten Stock. Und ab und zu trafen wir uns um ein Bier zu kippen, oder einen Joint zu rauchen. War ganz nett. Er war einer der Einzigen Menschen, die ich in meine Nähe ließ. Manuela, meine Sozialarbeiterin, sah mir tief in die Augen. „Dein Psychologe hat mich angerufen. Er hat mir von seiner wahnwitzigen Idee erzählt und gefragt, ob das machbar wäre. Na ja, und nachdem er der Therapeut ist und nicht ich, hab ich mit ihm ausgemacht, dass du einen Mitbewohner bekommst. Keinen bestimmten. Ein Mädchen, ein Junge. Spielt eigentlich keine Rolle. Doch du hast ja eh noch ein Zimmer frei, das ununterbrochen leer steht. Platz genug gäbe es also. Wir wollen eine Zeitungsannonce aufgeben. Junger Mann sucht Mitbewohner im Alter von ... bis ... So ungefähr.“ Mir klappte der Mund auf und ich sah sie geschockt an. „Hä?“ machte ich und versuchte damit auszudrücken, dass ich jetzt irgendwie nur die Hälfte kapiert hatte. „Dein Psychologe hat mich angerufen. Und er sagte, er wüsste eine Möglichkeit dich wieder ein bisschen mit Menschen in Kontakt zu bringen. Er denkt, es wäre das Beste, du würdest einen Mitbewohner kriegen. Natürlich wäre es gut, wenn es ein Mann wäre. In deinem Alter natürlich. Nicht älter, das schließt sich natürlich aus. Doch vielleicht klappt es ja, und du kannst deine Probleme so besser in den Griff kriegen.“ Ich schluckte. Wow. Der Typ hatte echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Manuelas Blick sprach eindeutig Bände. Entweder ich tat wie geheißen, oder es würde unangenehme Konsequenzen mit sich bringen. „Das heißt, das ist wieder einer dieser blöden Bedingungen, die ihr euch für mich überlegt habt, oder?“ „Ja genau. Du hast es erfasst.“ Ich seufzte genervt, willigte aber ein. „Nicht über zwanzig. Und am liebsten weiblich. Ich komme mit Frauen besser zurecht.“ Manuela lächelte breit und nickte. „Ja, ich werde sehen, was sich einrichten lässt. Am besten warten wir einfach das Feedback ab. Wer weiß ob sich überhaupt jemand meldet.“ Sie zwinkerte mir zu und ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte echt keine Lust auf so etwas. Trotzdem kam ich wohl nicht darum herum. Hauptsache der neue Mitbewohner war nicht viel älter als ich. Als Manuela weg war, ließ ich mich geschafft in mein Bett sinken. Ich schaltete meinen CD-Player ein und ließ mich von der Musik berauschen. Ich dachte viel darüber nach, was für ein Mitbewohner das werden würde. Ich hoffte bloß, dass derjenige nicht zu aufdringlich war. Aufdringliche Leute konnte ich nicht leiden. Hauptsache er fasst mich nicht an...dachte ich. Ich hasste es, angefasst zu werden, wenn es nicht von mir aus ging. Ich konnte das nicht leiden. Was kann ich eigentlich leiden? Ging es mir durch den Kopf und grinste über mich selbst. Mein Leben war ein einziges Chaos. Irgendwann schlief ich ein. Ich brauchte nicht lange, da erwachte ich erneut schweißgebadet aus einem meiner Alpträume, die mich plagten. Langsam stand ich auf und ging zur Tür. Ich sperrte sie ab und fühlte mich schon etwas wohler. Dann holte ich mir ein Glas Milch aus der Küche und zog mich wieder zurück ins Bett. Draußen war es Dunkel. Ich beugte mich vor und kippte mein Fenster. Es war mir zu heiß. Schließlich versuchte ich wieder einzuschlafen. Doch ich konnte kein Auge zudrücken. So ging es mir immer. Teils lag ich ganze Nächte wach, weil ich einfach nicht mehr einschlafen konnte. Das lag alles an den Träumen. Warum mussten mich diese Bilder auch immer wieder einholen? Wann kann ich das endlich verarbeiten? Solche Gedanken gehen mir dauernd durch den Kopf. Mein Psychologe weiß auch nicht, wie er mir helfen soll. Ein Fall wie ich ist schwierig, dass hieß es schon von Anfang an. Deshalb wunderten mich seine komischen Ideen auch gar nicht mehr. War ja klar, dass er irgendwann auf die Idee kommt, mir einen Mitbewohner auf den Hals zu hetzen. Eigentlich war dass das Naheliegendste von allem. Purer Kontakt zu einem Menschen. Den ganzen Tag. Durch und durch. Bis in die Nacht. Und ich kann nicht mal flüchten. Außer ich will wieder zu meiner Mutter zurück. Und das war so ziemlich das letzte, was ich wollte. Das wäre mit Abstand eines der schlimmsten Dinge. Um fünf stand ich schließlich wieder auf und ging ins Bad um zu duschen. Ich war schreck-lich müde, einschlafen konnte ich auch nicht. Wie immer. Als ich mich im Spiegel betrachtete, erkannte ich tiefe Augenringe. Mein Gesicht wirkte eingefallen. Vielleicht lag es daran, dass ich zurzeit so wenig aß. Normalerweise hatte ich keine Essstörungen. Ich aß relativ normal für mein Alter. Vielleicht ab und zu ein bisschen zu wenig, doch das war eher Phasen bedingt. Ich fuhr mir durchs Haar und wandte mich dann ab, um mir gleich mal etwas zu Essen in den Mund zu schieben. Dann suchte ich in meinem Rucksack nach meinem Geschichtsheft und las mir den letzten Eintrag durch. Es war nicht viel und klang sehr logisch. Also pfefferte ich das Buch wieder zurück in meinen Rucksack und ging dann ins Schlafzimmer um mich umzuziehen. Ich zog mir meine Jacke an und drehte den Schlüssel zweimal um. Dann ging ich aus dem Haus. Als ich auf die Uhr sah, hatten wir es genau viertel nach Sieben. Perfekt. In fünf Minuten kommt ein Bus, ging es mir durch den Kopf. Ich wandte mich zur Bushalte-stelle und setzte mich in das kleine Bushäuschen. Dann wartete ich. Im Bus war es wie immer schrecklich voll. Ich hasste das. Siebzig schwitzende, parfümierte Körper drängten sich dicht aneinander um nicht umzufallen. Und ich mittendrin. Ich fühlte mich sichtlich unwohl. Neben mir stand ein älterer Herr. Er warf mir immer wieder eigenartige Blicke zu. Ich hasste das. So ging es mir immer. Manuela bezog das auf mein Aussehen. Sie sagt selbst immer, ich wäre eine wirkliche Schönheit. Ich hasste das. Der ältere Mann rückte etwas näher, als weitere Personen in den Bus einsteigen wollten. Ich biss die Zähne zusammen und klammerte mich an die Haltestange neben mir. Wie ich es hasste! Unbehelligt erreichte ich mein Ziel und war froh endlich aus diesem muffigen, widerlichen Gedränge herauszukommen. Dieser Mann starrte mir noch einen Moment nach, dann wandte er sich in die Entgegengesetzte Richtung. Beruhigt lief ich zur Schule. Er war mir bekannt vorgekommen. Doch vielleicht hatte ich mich auch geirrt... Im Klassenzimmer angekommen setzte ich mich wie immer in die letzte Reihe. Ich war einer der letzten die in den Raum kamen. Gerade als es zum Schulbeginn gongte hockte ich mich auf meinen Platz. Wir hatten jetzt Sozialkunde. Kein sehr berauschendes Fach. Unser Lehrer war ein wirklicher Idiot. Seine Fragen waren total behämmert. Keiner von uns wusste die richtige Antwort darauf. Wenigstens war er einer der Lehrer, der mich so wenig kannte, dass er sich nicht einmal meinen Namen merken konnte. Deshalb war ich halbwegs sicher vor ihm. Weder nahm er mich oft dran, noch sagte er etwas dazu, wenn ich kleine Strichmännchen an den Rand meines Blattes malte, oder teilweise auch gar nicht mitschrieb. Wenn man vom Teufel spricht, ging es mir durch den Kopf als unser Sozialkundelehrer den Raum betrat. Gelangweilt starrte ich aus dem Fenster und wartete darauf, dass er wie immer zügig mit dem Stoff anfing. Doch irgendwie verzögerte sich sein Auftritt ein bisschen und ich sah verwundert nach vorne, zur Tafel. Ein mir unbekannter Junger Mann stand an seiner Seite und lächelte etwas perplex. Diese Augen... dachte ich sofort. Der Hammer! Sein Haar war pechschwarz und hing ihm in die Stirn. Seine Schultern waren breit doch er schien nicht viel größer zu sein, als ich. Vielleicht ein paar Zentimeter. Er wirkte als wäre er ein ziemlich offener und umgänglicher Typ. Also einer von der ganz schlimmen Sorte. Offene, redegewandte Leute waren immer die nervigsten. Wenn er ein Weltverbesserer ist, muss ich die Schule wechseln, dachte ich und versuchte an-gestrengt herauszufinden, ob er wie ein Weltverbesserer aussah. Irgendwie nicht. Auch gut. Er trug ein dunkelblaues Shirt zu einer ausgewaschenen langen Jeans. Seine Turnschuhe sahen ziemlich neu aus, ansonsten schien er eher lässig gekleidet. Seine Augen überflogen ruhig die Gesichter und blieben schließlich kurz an meinem hängen. Er lächelte doch ich erwiderte das Lächeln nicht, sondern sah wieder zum Fenster. Stechend. Sein Blick war ziemlich stechend gewesen. Trotzdem überlegte ich, welche Augenfarbe er hatte. Ich hatte es nicht erkannt. „So meine Damen und Herren. Darf ich vorstellen, dass ist Raymond Leif, er ist auf unsere Schule gewechselt aufgrund einiger persönlicher Differenzen. Wo wohnst du?“ fragte er diesen Raymond interessiert. Seine Stimmte war angenehm ruhig. Er schien jeden in seinen Bann zu ziehen. Alle blickten ihn neugierig an. Auch mein Blick glitt wieder zu diesem Unbekannten. Er wird ziemlich beliebt sein, hier auf dieser Schule...dachte ich mir. Sein aussehen und seine Art, wie er sich ausdrückte...er würde sicher keine Probleme bekommen, Anschluss zu finden. „Im Moment wohne ich noch in der Pension. Doch ich suche mir eine Wohnung, oder eine Wohngemeinschaft. Ich hoffe in den nächsten Tagen etwas zu finden.“ Der Lehrer nickte anerkennend. „Also wirst du alleine leben?“ „Ja.“ „Dann wünsche ich dir viel Glück bei deiner Suche. So weit ich weiß gibt es nur einen hier in diesem Klassenzimmer, der alleine wohnt. Stimmt`s, ähm…Alexander?“ Ich sah auf und zuckte mit den Schultern. Tina meldete sich und rief genervt: „Er heißt Alec, Herr Zeber. Nicht Alexander.“ Herr Zeber sah sie erstaunt an. Dann drehte er sich zu mir um. „Entschuldige. Ich verwechsle dich wohl immer mit einem deiner Mitschüler.“ Ich ließ mir nichts anmerken sondern starrte wieder aus dem Fenster. Eigentlich wollte ich nur meine Ruhe. Also warum konnte dieser Trottel nicht einfach die Klappe halten? Schließlich besann sich Herr Zeber wieder und gebot diesem Raymond sich einen freien Platz zu suchen. Raymond nickte und steuerte sofort den Platz neben mir an. Ich machte mich etwas kleiner. Oh Nein! Bitte nicht! Ging es mir durch den Kopf. Wenn sich dieser Typ jetzt neben mich setzte, besiegelte er unser beider Grab. Er würde eingehen vor Langeweile und ich würde wohl eingehen vor lauter Unterhaltung. Denn dieser Typ schien eindeutig auf Unterhaltung zu stehen. Mist! „Hey. Ist da noch frei?“ fragte der Typ lächelnd und deutete auf den Platz neben mir. Geschockt sah ich ihn an. War das wirklich sein ernst? „Ja leider!“ antwortete ich und wandte den Blick ab. Trotz meiner Bemerkung ließ er es sich nicht nehmen sich direkt neben mich zu setzen. Er lächelte mir zu und reichte mir seine Hand. „Ich bin Ray. Und du bist Alec oder?“ Ich ergriff seine Hand nicht sondern nickte nur etwas abwesend. „Ja.“ Meinte ich ruhig und sah erneut aus dem Fenster. „Kannst du mir vielleicht den letzten Eintrag zeigen? Dann kann ich nachsehen, ob ich das Thema schon hatte.“ Ich zuckte mit den Achseln und drückte ihm mein Sozialkundeblatt in die Hand. Dankbar lächelte er mich an und las sich den Text durch. „Ach das Thema ist gut. Nicht sonderlich anspruchsvoll und ganz interessant.“ Bemerkte er als er mir das Blatt zurückreichte. „Kann schon sein.“ Sagte ich kurz angebunden und nahm mein Blatt entgegen. Der Typ neben mir schwieg und konzentrierte sich ein bisschen auf den Unterricht. „Wie ist der Lehrer so?“ flüsterte er mir schließlich zu. „Find es raus.“ Antwortete ich etwas genervt und wandte meinen Blick zum Fenster. Arg! Konnte dieser Spinner nicht einfach seine Klappe halten und mich in Ruhe lassen? „Bist wohl nicht sonderlich gesprächig, was?“ fragte Raymond und grinste breit. „Kann schon sein.“ Sagte ich erneut und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich war es gar nicht mehr gewohnt, einen Banknachbarn zu haben. Kapitel 2: Part 2 ----------------- In Kunst mussten wir Partnerarbeit machen. Normalerweise ging die Klasse mit Ausnahme von mir immer auf. Wir waren 29 Schüler, mit Raymond jetzt 30. Weshalb sich dieser auch automatisch mir zu wandte und mich lächelnd musterte. Wir sollten einen kleinen Aufsatz verfassen, über die äußeren Details unseres Banknachbarn. Also sollten wir den Gegenüber genau erklären und genau beschreiben. Schrecklich. Die nächsten zehn Minuten durfte ich mich also von so einem quatschenden Spinner anstarren lassen. Nicht sehr berauschende Vorstellung. Seufzend drehte ich meinen Stuhl etwas in seine Richtung und begann mir systematisch Notizen zu seiner Visage zu machen. Wie gesagt, er hatte pechschwarzes Haar und wie ich jetzt endlich bemerkte, braune Augen. Seine Haare waren etwas länger und fielen ihm in die Stirn. Ähnlich wie meine. Mein Haar war auch etwas länger und abgestuft nach unten. Allerdings war mein Haar nicht so dunkel wie seins. Ich habe nussbraunes Haar. Seine Haut war braungebrannt was irgendwie ziemlich gut zu seinen dunklen Augen passte. Ansonsten hatte er eher weiche Gesichtszüge und ein kleines Grübchen am Kinn. Beim näheren Hinsehen sah er eigentlich wirklich nicht schlecht aus. Mein Gegenüber musterte mich ziemlich genau. Es war mir unangenehm, dass er mich so anstarrte und richtig gehend analysierte. Ich wusste genau was er sah. Einen ziemlich gut aussehenden Typen, mit bräunlichem, dickem Haar, das selbst ungestylt ziemlich gut fiel. Augenmerk sind im Prinzip meine Augen. Sie sind braungrün und klar. In meinen Mundwinkeln bilden sich kleine Grübchen wenn ich lächelte. Ich habe sehr feine Gesichtszüge. Auffallend gut aussehend, was mir oft genug zum Verhängnis wurde. Schon als Kind... Nach der Schule war ich froh endlich nach Hause zu kommen. Ich schmiss meine Jacke über den Stuhl und machte mir schnell etwas zu essen. Dann setzte ich mich noch für ein paar Stunden vor die Glotze. Irgendwann am Abend ging ich dann ins Bett. Ich machte mir noch eine weile Gedanken über diesen Neuen. Er war wirklich ziemlich aufdringlich auf den ersten Blick. Vielleicht ist er ja auch ganz nett, versuchte ich mir einzureden. Schließlich gab ich meine Grübelei auf und drehte mich gähnend auf die andere Seite. Ich schlief schlecht und hatte Albträume. Die ganze Nacht über träumte ich von meinem Vater. Wie immer war es schrecklich. Am nächsten Morgen wachte ich auf, und hatte das Gefühl kein Auge zugedrückt zu haben. Als hätte ich die ganze Nacht durchgemacht. Müde machte ich mich für die Schule fertig und ging zur Bushaltestelle. Endlich am Schulgebäude angekommen atmete ich erleichtert aus. Es war immer wieder ein gutes Gefühl, aus diesem Gedränge wieder herauszukommen. Ich ging ins Klassenzimmer und entdeckte gleich hinten in der letzten Reihe den Neuen, der auf seinem Tisch saß und sich angeregt mit Tina und ihrer Freundin Steff unterhielt. Langsam kam ich auf sie zu. Tina sah auf und lächelte mich an. „Guten Morgen, Alec.“ Sagte sie leise. Ich nickte ihr zu und konnte mir sogar ein leichtes Lächeln abmühen. Dann setzte ich mich auf meinen Platz und schmiss den Rucksack unter den Tisch. Gähnend schlüpfte ich aus meiner Jacke und hängte sie mir über den Stuhl. Tina und Steff gingen zurück zu ihren Plätzen und Raymond setzte sich auf seinen Platz. Neben mich! „Ich nahm an, du würdest zu den anderen sitzen?!“ gab ich zu und starrte ihn leicht verwundert an. Er erwiderte den Blick. Er sah mir dabei tief in die Augen und ich hatte das Gefühl, als könnte er mir bis auf den Grund meiner Seele blicken. Diese Vorstellung schockte mich so sehr, dass ich leicht zusammenzuckte und schnell den Blick abwandte. War ja wirklich Heavy. Martin und Marko drehten sich zu uns um und verwickelten Raymond in ein Gespräch. Ich war ziemlich erleichtert nicht mehr so angestarrt zu werden. Dieser Blick. Im ersten Moment hatte ich das Gefühl gehabt, meinem Vater gegenüber zu stehen. Sein Blick damals...genauso schaurig wie der von gerade eben. Ich spürte wie sehr ich mich versteifte und versuchte meine Gedanken zu verdrängen. Das ist doch quatsch, dachte ich. Was hat mein Vater schon mit diesem Typen gemeinsam... Trotzdem entschloss ich mich, Abstand zu halten. Ich sprach nicht mehr viel mit dem Fremden. Er versuchte mich zwar öfters in ein Gespräch zu verwickeln doch ich blockte immer ab. Beruhigt ging ich danach nach Hause und schloss die Tür hinter mir ab. Müde ging ich in mein Zimmer und legte mich hin. Nach einer weile Schlief ich ein. „Ehrlich gesagt, halte ich von ihrer Idee rein gar nichts.“ Grollte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich hatte mal wieder Therapie. Und mein Psychologe versuchte mir ernsthaft klar zu machen, weshalb er so überzeugt war, von seiner Idee, mir einen Mitbewohner an den Hals zu hetzen. „Ja, Alec. Ich weiß schon. Doch ich hab mir gedacht, dass wir einfach zu anderen Mitteln greifen müssen. Ich finde das ist eine gute Idee um dich wieder auf sozialer Ebene Kontaktfähig zu machen. Übertrieben ausgedrückt. Es ist ja nicht so, als würde ich dir nicht zutrauen mit anderen Menschen mal ein normales Gespräch zu führen, denn mit mir schaffst du das ja auch, doch es ist wichtig, das du wieder vertrauen in andere Leute fasst. Es gibt niemanden dem du uneingeschränkt dein Vertrauen schenkst. Du besitzt im Prinzip so gut wie keine Freunde. Du kennst zwar ein paar Leute, doch sie kennen dich nicht. Überhaupt nicht. Außerdem wurde ja eh schon alles geklärt. Mit dem Jugendamt und deiner Mutter. Also bringt dein Ärger eh nichts mehr. Es ist nicht mehr rückgängig zu machen. Deine Sozialarbeiterin macht sich auf die Suche nach einem geeigneten Mitbewohner.“ Ich knurrte wütend und starrte zu Boden. „Sie wissen ganz genau, wie sehr ich es hasse, wenn andere Leute sich in meine Angelegenheiten einmischen.“ „Ja natürlich weiß ich das. Sonst hätte ich sicher kein halbes Jahr dafür gebraucht, um überhaupt an dich ran zu kommen. Ich kenne dich besser als du denkst. Also komm schon...erzähl mir endlich von dem neuen Mitschüler, den du vorher angedeutet hast.“ Ich seufzte und fing schließlich an zu erzählen. Ich wusste dass es mir gut tat, mit dem Psychologen zu reden. Er war zwar ein Kerl und schon Hundsalt, und doch war er der einzige Mensch, zu dem ich immer offen und ehrlich war. Selbst mit Manuela redete ich nicht sehr viel. Es lag einfach an meinem Wesen. Ich war schon immer ein ziemlich ruhiger Typ. Mein Psychologe war der einzige Mensch seit Jahren, der es geschafft hatte, meine unsichtbare Mauer, die ich mir aufgebaut hatte, zu durchbrechen. Er wusste alles. Absolut alles von mir. Er kannte all meine Probleme. Die aus meiner früheren Schulzeit, die Probleme mit meiner Mutter, das Kindheitstrauma, dass mich bis jetzt verfolgte und auch die Probleme mit meinen früheren Freunden, die mich jedes Mal im Stich gelassen hatten, wenn sie erfahren hatten, was mir damals passiert war. Damit konnte nicht jeder umgehen... Nachdem ich meinem Psychiater von dem neuem Mitschüler erzählt hatte, der mir nun schon seit drei Tagen tierisch auf die Nerven ging, mit seinen dämlichen Fragen, fragte er mich nach meinen Träumen. Bisher hatte sich dieser Raymond ja nur für Schule interessiert. Was mich anging, hatte er sich relativ zurückgehalten. Nervig war er nur heute geworden. Er war mir nach der Schule nachgerannt und hatte mir angeboten mich ein Stück nach Hause zu begleiten. Grausame Vorstellung. Während wir nebeneinander hergingen fing er plötzlich an, mich nach meinen Eltern zu fragen. „Weshalb bist du so früh ausgezogen?“ fragte er leise und sah mich interessiert an. Sein Blick war wieder so tief. Langsam nervte es mich. Je länger er mich anstarrte desto unsicherer wurde ich. „Hör auf mich anzustarren.“ Er grinste. „Wo liegt dein Problem?“ Ich stöhnte genervt. „Ich kann es nicht leiden, wenn man mich anstarrt.“ Lachend klopfte er mir leicht auf die Schulter. Seine Hand blieb dort liegen und ich riss mich los. Mein Blick verfinsterte sich und ich blieb stehen. Als er checkte, warum ich so eigenartig reagiert hatte, hob er die Hände zur Besänftigung. „Sorry. Wollte dir nicht zu nahe treten.“ Ich biss die Zähne zusammen. Ich nervte mich ja selbst dafür, dass ich zu jedem so abweisend war. Doch bei diesem Raymond sah ich es langsam als berechtigt an. Seine Fragen nervten mich tierisch. „Das geht dich nichts an.“ Antwortete ich wie immer. Standartantwort bei diesem Typen...dachte ich und musste lächeln. „Lag es an deinen Eltern?“ Ich schwieg. „Oder lag es an dir?“ Kein Kommentar. „Vielleicht lag es auch an deinen Geschwistern?“ „Meine Eltern!“ unterbrach ich ihn und biss erneut die Zähne zusammen. Er machte mich wütend. „Wieso?“ „Macht das Spaß?“ „Was denn?“ „Mir tierisch auf die Nerven zu gehen?“ „Ähm..“ „Du fängst schon wieder an, dämliche Fragen zu stellen.“ „Ich interessiere mich halt dafür.“ „Was ist daran bitte interessant?“ „Ich will dich kennen lernen.“ „Woher willst du wissen, ob das auf Gegenseitigkeit beruht?“ Er lächelte. Das Lächeln war nicht beleidigt, sondern eher belustigt. „Was ist daran bitteschön lustig?“ fragte ich zornig. Seine Reaktion störte mich. Weshalb war er so ruhig? „Nichts.“ Wieder hob er beide Hände zur Besänftigung. Ich schüttelte genervt mit dem Kopf und ging schweigend weiter. Er folgte mir nach kurzer Zeit und verfiel in leichten Trab um wieder aufzuholen. Den restlichen Weg schwieg er. Kurz vor der Kreuzung, bei der ich abbiegen musste, verabschiedete ich mich schließlich und wandte mich schnell nach rechts. Er folgte mir nicht. Gott sei Dank! „Unverändert. Zurzeit wird es schlimmer. Vor ein paar Wochen war es ruhiger, “ antwortete ich schließlich auf die Frage meines Therapeuten, „...doch jetzt... Ich träume jede Nacht da-von. Heute Nacht habe ich kein Auge zugedrückt. Ich... kann es nicht steuern. Ich habe es nicht im Griff. Ich komm...einfach nicht darüber hinweg. Ich schaffe den Sprung nicht...“ „Nein Alec. Das darfst du dir nicht einreden. Die letzten Monate hast du dich so gebessert. Mit jedem Tag den du aufstehst, kommst du besser damit klar. Außerdem ist es kein Wunder, wenn du nach wie vor davon träumst. Viele in deiner Situation packen nicht mal das erste Jahr. Bei dir ist es jetzt vier Jahre her. Seit vier Jahren war nichts mehr. Seit vier Jahren lebst du nicht mehr mit ihm unter einem Dach.“ Ich nickte. „Ja...doch...jeden Tag stehe ich auf, und hab das Gefühl erdrückt zu werden. Ich...kann nicht mal normal Bus fahren, ohne dass ich Angst bekomme, mich fast einer an.“ „Das wird besser werden, glaube mir. Wenn wir glück haben und du dich noch ein bisschen mehr öffnen kannst, dann schlägt die Therapie bei dir an und wir kriegen die Kurve. Antidepressiva brauchst du ja schon seit einer ganzen weile nicht mehr, stimmt`s?“ „Ja, stimmt. Ich nehme sie bestimmt schon seit zwei Jahren nicht mehr. Manchmal wünsche ich sie mir zurück, denn manchmal glaube ich, damals ging es mir besser als jetzt, doch andererseits bin ich auch froh, nicht mehr nur von Tabletten zu leben. Man empfindet kein eigenes Glücksgefühl mehr. Wenn ich jetzt ab und zu glücklich bin, dann weil ich es selbst so empfinde, und nicht weil es mir irgendwelche Tabletten einreden.“ „Ja. Ich hab immer gesagt, dass du sie nicht brauchst. Aber dein Hausarzt war anderer Meinung.“ Ich nickte leicht. Damals war ich vier Wochen im Krankenhaus gelegen. Der Arzt hatte mir damals schon zwei Monate nachdem meine Mutter mit mir ausgezogen war, Antidepressiva verschrieben. Mit vierzehn war Tablettenabhängigkeit allerdings ziemlich zu übel. Vor zwei Jahren mit sechzehn hatte ich sie ganz von allein abgesetzt. Ich hatte sie einfach nicht mehr nehmen wollen. Und seit ich meine eigene Wohnung hatte, und nicht mehr mit meiner Mutter unter einem Dach lebte, hatte ich auch nicht mehr so den Drang zu Tabletten. Ich hatte eine Packung Aspirin daheim, mehr nicht. Und selbst die Packung hatte ich noch kein einziges Mal selbst gebraucht. Kim schluckte sie regelmäßig, wenn er sich eine Flasche Wodka gönnte, in meiner Bude. „Ich habe übrigens noch eine Überraschung für dich.“ Mein Therapeut lächelte leicht und holte ein Din A 4 Buch heraus, schwarz, eingebunden. Ich runzelte die Stirn und nahm es entgegen. „Ein Tagebuch. Ich will dass du Tagebuch führst. Keine Sorge, ich will es nicht lesen, doch ich will, dass du es zur Therapie mitbringst, damit ich sehen kann, ob du auch voran kommst. Ich überlasse dir vollkommen freie Hand. Es wäre natürlich gut, wenn du regelmäßig rein schreibst. Und ich möchte, dass du alles niederschreibst, was dich bewegt, und was deine Kindheit betrifft. Ich hoffe, dass es dir in gewisser weise auch helfen kann, alles zu verarbeiten.“ Ich sah ihn erstaunt an. Ich und Tagebuch...das passte sogar irgendwie. Eh schon von Natur aus ein ruhiger Typ würde ein Stift in der Hand ziemlich gut zu mir passen. Mit den Fingerspitzen fuhr ich über den schwarzen Ledereinband des Buches. Ich nahm mir vor, gleich nach der Therapiestunde anzufangen. Der Therapeut und ich redeten noch ein bisschen über den Neuen und den Mitbewohner, den ich bald bekommen sollte. Mir fiel ein, dass der Neue ja nach einer Wohnung suchte, und war froh, dass er nichts von meinem freien Platz in der Wohnung wusste. Der Typ war zu redselig, das hatte ich in den letzten Tagen schon zu genüge festgestellt. „Also dann, Alec. Ich entlasse dich aus meiner unerträglichen Gesellschaft, und lasse ich wieder auf die Bevölkerung los.“ Ich verdrehte die Augen. „Wohl eher die Bevölkerung auf mich.“ Mein Therapeut lachte leise und schüttelte mir die Hand zum Abschied. Lächelnd ging ich aus dem Raum und nickte den Leuten zu, die auf ihre Therapiestunde warteten. Kapitel 3: part 3 ----------------- Draußen schloss ich mein Fahrradschloss auf und schwang mich in den Sattel. Gemütlich fuhr ich nach Haus. Ich schloss die Tür auf und trat langsam ein. Hinter mir sperrte ich ab und schmiss dann meine Jacke über den Stuhl, wie immer, wenn ich nach Hause kam. Ich schnitt mir eine Scheibe Brot runter und suchte nach etwas Wurst im Kühlschrank. Mit dem Bier in der linken und dem Wurstbrot in der rechten Hand lief ich ins Wohnzimmer und pfefferte mich vor den Fernseher. Ich stellte mein Bier neben mich auf das kleine Tischchen und schaltete die Glotze ein. Seufzend biss ich in mein Brot und zappte durch die Kanäle. Endlich Wochenende, dache ich mir und seufzte erneut. Zwei Tage lang ruhe. Wenn nicht gerade Kim runterkommen würde, hätte ich wunderschöne zwei Tage keinen Grund, mit irgendwelchen Leuten zu kommunizieren. Klasse Vorstellung. Am Abend, als ich in meinem Bett lag, zog ich noch mal das Schwarze Buch heraus und schlug die erste Seite auf. Ich zog meinen Kuli aus dem Rucksack neben mir und überlegte mir, ob ich groß etwas zur Einleitung schreiben wollte. Irgendwie klingt das blöd...ging es mir durch den Kopf. Also schrieb ich einfach nur das Datum des heutigen Tages in die rechte, obere Ecke und fing an zu schreiben: Ich weiß nicht genau, welcher Sinn dahinter steht, hier Tagebuch zu schreiben. Doch da mein Psychiater sich gerne etwas ausgefallenere Ideen einfallen lässt, bin ich somit wohl dazu gezwungen, hier ein paar Seiten voll zuschreiben. Eigentlich habe ich noch nie wirklich geschrieben. Außer die paar Aufsätze in der Schule und den Abschiedsbrief bei meinem Selbstmordversuch vor vier Jahren, kam noch nicht viel zusammen. Vielleicht sollte ich einfach mal aufschreiben, was im Moment in mir vorgeht... Zur Zeit träume ich jede Nacht den selben Traum. Mein Vater, wie er vor mir steht und mir mit seinem Schlüsselbund eine überzieht. Dann beugt er sich langsam zu mir herunter. Sein Gesichtsausdruck ist Angst einflößend. Er ist leicht außer Atem, von der Anstrengung immer wieder auf mich einzuprügeln, doch seine Augen sprechen Bände. Er ist noch lange nicht fertig, spricht sein Blick. Ein kaltes Lächeln umspielt seinen Mund. Seine Augen sind feurig und haben einen leichten Glanz. Er sieht mich an, und fährt mir sanft über das Gesicht. Wie immer. Dann beugt er sich zu mir runter und zerrt an meinem Gürtel. Ich schreie. Kurz bevor ich aufwache, beugt er sich über mein Gesicht und flüstert mir ins Ohr: „Alec...du weißt doch...du kannst mir nicht entfliehen.“ Es ist vier Jahre her, doch ich bin immer noch nicht drüber hinweg. Mein Vater hat mich jahrelang misshandelt und auch missbraucht. Das hat mich geprägt. Ich habe keine wirklichen Freunde. Nicht mehr. Jeder, der davon erfuhr, hat mich einfach fallen gelassen. Keiner kann sich damit auseinander setzen. Ich weiß, das dieser Punk, die Geschichte mit meinem Vater der Knackpunkt dafür ist, dass meine bisherigen Beziehungen und Freundschaften immer auseinander gebrochen waren. Vor zwei Jahren hatte ich kurzweilig eine Freundin. Durch Zufall hat sie mitbekommen, dass ich Antidepressiva schlucke. Als ich mich ihr geöffnet hatte, waren wir noch eine Woche zusammen gewesen. Dann war sie verschwunden. So geht es mir immer. Ich lerne neue Leute kennen, und versuche mich ihnen zu nähern, doch wenn sie erfahren, was mir passiert ist, dann drehen sie sich um und gehen weg. Keiner kann damit umgehen. Ich kann es ja nicht mal selbst. Die Nächte in denen ich wach liege, und dar-über nachdenke, was mit mir geschehen ist... Es ist wie ein Fluch der auf mich lastet. Wann hört dass endlich auf? Damals vor vier Jahren hatte ich versucht mich umzubringen. Ich hab Tabletten geschluckt. Ich weiß nicht wie viele ich eingenommen hab, doch ich war ziemlich schnell weggetreten. Schlaftabletten. Meine Mutter fand mich schließlich, nach der Arbeit in meinem Zimmer liegen. Ich muss furchtbar ausgesehen haben. Seitdem konnte sie mir nicht mehr in die Augen sehen. Aufgrund der vielen Verletzungen und der Schlaftabletten war ich erst mal ins Krankenhaus gekommen. Dort lag ich vier Wochen im Bett und stand nur selten auf. Nach einer Kur kam ich wieder nach Hause. Meine Mutter war in der Zwischenzeit umgezogen. Doch ich ertrug sie nicht mehr. Ich rannte weg, wandte mich ans Jugendamt, alles mögliche. Nach zwei Jahren kam ich mit Sechzehn in Betreutes Wohnen. Nach meinem zweiten Fluchtversuch, sperrten sie mich zwei Monate lang ein. Ich durfte nicht raus, höchstens mal in den Hof. Dann, nach einem Jahr musste ich zurück zu meiner Mutter ziehen. Ich hielt es nicht lange bei ihr aus, und beantragte Bafög um mir eine eigene Wohnung mieten zu können. Mein Vater war zwar im Knast, doch er musste Unterhalt für uns aufbringen, den er bezahlte, von dem Geld, dass er sich im Knast verdiente. Und seine Eltern unterstützten ihn. Ich kannte sie kaum. Sie waren genauso schrecklich wie der Rest meiner „Familie“. Schließlich war ich mithilfe von Manuela, die mir ein bisschen unter die Arme griff, endlich von zu Hause weg. Jetzt wohne ich seit einem halben Jahr in meinem eigenen Reich. Die Wohnung wurde mir vom Jugendamt bereitgestellt. Weshalb ich auch so viele Zimmer hab. Normalerweise durfte ich hier gar nicht alleine Leben. Doch dank meiner guten Führung und meiner Vergangenheit gab es bei mir eine Ausnahme. Weshalb Manuela ja auch so oft kommen musste. Und ich weiterhin die Stunden nahm, bei dem Psychologen. Doch das war nicht weiter schlimm. In den letzten Jahren hatte ich erhebliche Fortschritte gemacht. Schulwechsel, neue Umgebung, weg von meiner Mutter... das alles hat mir geholfen die Kurve zu kriegen. Meine Diagnose ist einfach: leichte Depressionen und Probleme sich in einer Gruppe zu integrieren. Es ist noch nicht schlimm genug, als das man es eine Psychische Störung nennen könnte. Und es war auch nicht so schlimm für mich. Ich war so müde, dass ich abbrechen musste. Meine Augen fielen mir zu und ich schlug das Buch zu. Ich hatte erst mal genug geschrieben, fand ich. Schon am ersten Tag gut drei Seiten voll zu schreiben, war nicht übel. Ich legte das Buch zur Seite und drehte mich in meinem Bett auf die andere Seite. Ich schloss die Augen und schlief ein. Zum ersten Mal seit Tagen schlief ich relativ ruhig. Tatsächlich schien die Schreiberei seine Wirkung gezeigt zu haben. Vor allem, da ich am nächsten Tag einen schrecklichen Krampf im Nacken hatte, da ich auf den Bauch so komisch gelegen war, neben dem schreiben. Etwas müde stand ich auf und ging ins Bad um mich fertig zu machen. Gähnend machte ich mir in der Küche etwas zu essen und zog mir was anderes an. Ich trug immer noch die Klamotten vom Vortag. Nicht sehr angenehm. Schließlich war ich fertig und griff nach meinem Rucksack, der immer noch in meinem Schlafzimmer stand. Ich schmiss meine Schulsachen heraus und schwang ihn mir über die Schulter. Einkaufen. Da kam ich heute nicht Drumherum. Ich brauchte nicht lange in die Stadt. Ich suchte mir wie immer einen billigen Lebensmittelladen und fand mich schließlich vor Norma wieder. Ich ging hinein, holte ein paar Sachen und suchte dann nach einem Obstladen um noch etwas frisches Obst zu holen. Normaobst wollte ich nicht. Zu viele Pestizide. Wieder daheim angekommen, setzte ich mich in mein Bett und schnappte nach dem nächst besten Buch, das in der nähe lag. Am Sonntag stand ich ziemlich früh auf. Schon um halb acht warfen mich meine Albträume aus dem Bett. Ich duschte gemütlich, föhnte mir die Haare und machte mir etwas zu essen. Etwas widerwillig würgte ich das Brot herunter. Ich musste mich förmlich zwingen etwas zu essen. So war es immer, wenn mich meine Albträume stressten. Essen war für mich dann jedes Mal eine wahre Herausforderung. Schließlich, um neun griff ich nach meiner Jacke und nach meinem Schlüssel. Dann ging ich aus der Wohnung und schloss die Tür hinter mir ab. Es war Sonntag, mir war langweilig, ich war ruhelos und fand, es wäre eine klasse Idee, mich einfach in die nächste Kirche zu verkriechen und von der letzten Reihe aus, den Gottesdienst zu verfolgen. Ich fand ausgerechnet eine Katholische Kirche. Kurz hielt ich inne und überlegte, ob ich mir das wirklich antun sollte. Doch die nächste Gemeinde war zu weit weg. Da würde ich jetzt erst mal eine halbe Stunde laufen. Und dazu hatte ich wenig Lust. Den Anfang würde ich auch verpassen. Also zwang ich mein Unbehagen herunter und ging hinein. Trotz der Tatsache, dass die Kirche katholisch war, empfing mich eher ein schlichter Raum. Die Bänke wirkten schon ziemlich alt, die Wandbehänge erinnerten mich an das Mittelalter, und die Decken waren nicht sonderlich prunkvoll bemalt. Etwas verwundert setzte ich mich nach hinten, neben eine alte Dame, die mich lächelnd musterte. Sie hatte wohl niemanden in meinem Alter erwartet. Trotzdem sagte sie nett Hallo und ich erwiderte den Gruß mit einem Nicken. Dann begann der Gottesdienst. Ein Chor sang und die Kirchengemeinde sang ein bisschen mit. Ich hielt mich zurück. Weder hatte ich Lust, noch kannte ich die Lieder. Die Frau neben mir, wirkte schon etwas begeisterter. Sie hatte nicht sehr viel Talent, dafür eine sehr dominante Stimmte. Puh, nicht schlecht. Dachte ich. Die Predigt allerdings übertraf meine Erwartungen um weites. Der Pfaffe quatschte zwar viel um den Heißen Brei herum, doch das Thema war klasse, und seine Aussagen und Tatsachen waren gut. Nach dem Gottesdienst machte ich mich schnell aus dem Staub. Ich hatte panische Angst vor dem Pfarrer. Wollte kein Gespräch reingedrückt bekommen. Bevor er sich an den Ausgang stellen konnte, um seine Mitglieder zu verabschieden, war ich schon durch die Tür geschlüpft. Ausgeglichen und ruhig ging ich zurück in meine Wohnung, ließ mich auf die Couch fallen, und sah ein bisschen Fern. Am nächsten Morgen musste ich wieder früh raus. Schule. Montag. Schrecklich, doch ich kam wohl nicht Drumherum. Im Bus spielte sich das gleiche Drama wie immer ab. Die Schüler drängten sich dicht aneinander, um nicht umzufallen. Es war heiß, und es roch nach einer Mischung aus Schweiß und Deo beziehungsweise Parfüm. Nicht sehr berauschend. Ein Mädchen lächelte mich an, als ich mich in ihre Nähe stellte da, da am meisten Platz war. Sie sprach mich an, doch ich redete nicht viel. Bald verlor sie das Interesse und sie drehte sich wieder ihrer Freundin zu. Froh darüber starrte ich wieder aus dem Fenster. Draußen herrschte schon reger Betrieb auf der Straße. Es war lustig mit anzusehen. Die Menschen flitzten um die Ecke und Schulkinder machten sich auf den Weg. Es dauerte lange bis der Bus endlich angekommen war. Er hielt an jeder noch so bescheuerten Haltestelle und brauchte dadurch die doppelte Zeit wie sonst. Echt nervtötend. In der Schule wurde es nicht besser. Die Lehrer unterrichteten scheinbar noch langsamer als sonst, brachten keinen Schwung in die Sache. In der Pause musste ich mich zwanzig Minuten lang mit dem Neuen herum schlagen. Er nervte mich und fragte erneut nach meinen Eltern. „Hast du noch mit ihnen Kontakt?“ Er sah mich interessiert an und legte den Kopf leicht auf die Seite. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein“ antwortete ich und kritzelte weiter auf meinem Block herum. „Was macht dein Vater?“ „Er sitzt im Knast. Hatten wir die Frage nicht schon?“ Er riss die Augen auf. „Wirklich? Nein, ich glaube nicht. Warum?“ „Tu mir einen gefallen, okay? Ich bin heute wirklich nicht in der Stimmung dafür, solche Gespräche mit dir zu führen. Ich habe heute Nacht fast kein Auge zugedrückt. Also lass mich in Ruhe. Stell keine blöden Fragen, über meine Scheiß Eltern. Wen interessiert das denn auch schon.“ „Mich. Doch keine Sorge. Ich stelle dir keine Fragen mehr über deine Eltern...zumindest vorerst.“ Er grinste breit. Ich knurrte wütend und sah weg. Irgendwann rutscht mir mal die Faust aus, dachte ich mir und versuchte mich auf meine Kritzeleien zu konzentrieren. Ignorieren, dachte ich. Das ist die beste Möglichkeit mit dieser Situation umzugehen. Einfach ignorieren. Am Abend schrieb ich noch ein bisschen in meinem Buch herum. Kritzelte ein paar komische Zeichnungen, aus lauter Langeweile, und schrieb ein bisschen was über meinen Bruder in das Buch. Wie er so drauf war, und wie mein Verhältnis zu ihm war. Mein Verhältnis zu ihm ist sehr angespannt. Da mein Bruder ja nur mein Halbbruder ist, und aus einer früheren Beziehung meiner Mutter entstammt, war es ihm daheim nur halb so schlimm ergangen wie mir. Weder wurde er oft geschlagen, noch hatte mein Vater ihn missbraucht. Mein Vater hatte kein großes Interesse an ihm gehegt. Er war ihm natürlich etwas lästig, da er ja auch immer älter wurde, und mit der Zeit auch eine Bedrohung darstellte, doch eigentlich war es ihm egal. Wenn mein Bruder ihn erwischte, wie er mich schlug, oder schlimmeres, ließ er ihn lachend zusehen. Als mein Bruder älter wurde, fragte er ihn öfters, ob er mitmachen wollte, doch er lehnte immer ab. Mein Bruder hatte mich nie angerührt. Kein einziges Mal. Er berührte mich auch nie. Er kam mir nie zu nahe. Doch das war gut so. Trotzdem hatte ich manchmal das Gefühl, dass mein Bruder tief in seinem Inneren genauso war wie mein Vater. Am Dienstag kam schließlich, was kommen musste. „Bist du gut in Mathe?“ fragte der Typ neben mir mich plötzlich. Überrascht sah ich auf. „Schon.“ Antwortete ich und legte den Kopf auf die Seite. „Kannst du mir eventuell ein bisschen Nachhilfe geben? Es ist extrem wichtig, dass ich den Stoff nach hole, sonst nehmen mich meine Eltern wieder von der Schule. Und zu ihnen zurück will ich jedenfalls nicht.“ Ich spürte, dass er es ernst meinte. Es war komisch, doch ich hatte das Gefühl, dass es etwas gab, das uns verband. Nicht nur, dass wir beide keinen Bock auf unsere Alten hatten...nein...da war noch etwas anderes. Ernsthaft dachte ich darüber nach, ob ich es wirklich wagen sollte, und ihm helfen sollte. Schließlich zuckte ich unverbindlich mit den Schultern. „Mal sehen.“ „Tina sagt, du bist der beste in Mathe. Wenn das stimmt, dann wäre das echt Klasse, wenn du mir hilfst.“ Er schien meine Unsicherheit zu spüren, denn sein Blick wurde noch intensiver. Gib dir einen Ruck, dachte ich genervt über mich selbst und antwortete: „Ist okay. Gleich nach der Schule, klar? Ich will es schnell hinter mich bringen.“ „Danke, vielen Dank“ lächelte Raymond und schlug mir freundschaftlich auf die Schulter. Ich zuckte leicht zusammen und wich etwas zur Seite. „Ich...mag es nicht, wenn man mich berührt“ erklärte ich leise. Erstaunt sah mich dieser Raymond an. Seine Augen bohrten sich wieder tief in die meinen. Ich wandte den Blick ab. „Entschuldige“ sagte Raymond, dann schwiegen wir. Mit einem Schlag herrschte eine noch schlechtere Stimmung zwischen uns. Ich wusste das es an mir lag. Doch ich wollte von Anfang an klar stellen, dass ich die Distanz suchte und nicht die nähe. „Sollen wir zu mir, oder zu dir gehen?“ fragte Raymond schließlich. „Zu dir.“ Antwortete ich leise und starrte wieder aus dem Fenster. So konnte ich immer noch abhauen, wenn es mir zu bunt wurde. Ich hab doch sicher schon erwähnt, dass meine Mutter und ich uns nicht verstehen. Vielleicht sollte ich das ein bisschen genauer erklären. Meinte Mutter wurde mit siebzehn Schwanger, da kam mein großer Bruder auf die Welt. Er ist drei Jahre älter als ich und wohnt am anderen Ende der Stadt. Meine Mutter war damals noch mit so einem Typen aus der Realschule zusammen, als sie Schwanger wurde. Er ist also nur mein Halbbruder. Meine Mutter hat sich dann von diesem Typen getrennt und kam mit meinem Vater zusammen. Als sie mit mir Schwanger wurde, wollte sie mich eigentlich abtreiben, doch als sie es erkannte war es schon zu spät. Mein Vater wollte keine Kinder. Er hasste Kinder. Statt sich um mich zu kümmern, schlug er mich lieber windelweich. Meine Mutter konnte sich nie wehren. Sie hat sich genauso von ihm schlagen lassen. Ich weiß nicht, wie oft er es ihr besorgt hat, ohne dass sie es wollte. Teilweise besorgte er es ihr bis zu drei Mal in einer Nacht. Und wenn sie es nicht mehr brachte, vergriff er sich damals an mir. Ich war jung, in seinen Augen hübsch. Er wollte mich unterwerfen. Was ihm auch gelang - Schnell schlug ich das Buch zu und sah auf. Raymond sah mir über die Schulter. „Was schreibst du da?“ fragte er neugierig. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nichts Besonderes. Nichts was dich was angeht.“ Er nickte leicht und lächelte mich an. „Wieso redest du nicht mit mir? Bin ich dir so unsympathisch? Wir kennen uns seit einer Woche und ich weiß fast nichts von dir“ Ich zuckte mit den Schultern. „So bin ich nun mal.“ Antwortete ich und wich seiner Frage somit halbwegs aus. Er lächelte wieder. Seine Blicke verunsicherten mich etwas. „Wo wohnst du eigentlich?“ fragte er weiter. Stimmt...das hatte er mich noch gar nicht gefragt. „Südwestlich von hier. Mit dem Bus ungefähr fünfzehn Minuten.“ Er nickte und musterte mich neugierig. „Seit wann wohnst du schon allein?“ „Halbes Jahr. Wieso nervst du mich mit so langweiligen fragen?“ Ich schüttelte verständnislos mit dem Kopf. Langsam reichte es mir. Seine Fragen wurden immer noch schlimmer. Er lächelte. „Ich interessiere mich einfach dafür. Ich will mehr über dich erfahren.“ „Erst stellst du mir eine Woche lang dumme fragen über die Schule und meine scheiß Eltern, und jetzt komm ich dran, oder wie?“ Er lächelte noch breiter. „So ungefähr.“ Antwortete er und zwinkerte mir zu. Etwas unsicher kam ich vom Fensterbrett runter und verstaute mein Tagebuch wieder in meinem Rucksack. Ohne ein Wort ging ich nach draußen und suchte die Jungentoilette auf. Hauptsache weg von diesem Typen. Kurz bevor ich das Klassenzimmer betrat, gongte es zur nächsten Schulstunde. Klasse! Endlich konnte ich diesen blöden Fragen wieder entwischen. Müde legte ich meinen Kopf auf das rechte Handgelenk. Ich hatte das Gefühl kein Auge zugedrückt zu haben, diese Nacht. Dabei hatte ich geschlafen wie ein Stein. Seufzend sah ich nach draußen und sah mir den Himmel an. Nach der Schule folgte ich dem Neuen etwas unsicher. Mit den Händen in den Hosentaschen lief ich hinter ihm her. Er sah immer wieder über die Schulter, wie um sicherzustellen, dass ich ihm auch wirklich folgte. Schließlich hielt er an und wartete, bis ich zu ihm aufgeholt hatte. „Warum läufst du immer ein Stück hinter mir?“ „Weil du den Weg weißt. Ich folge dir. Deshalb laufe ich hinter dir.“ „Du kannst doch auch NEBEN mir laufen.“ „Zu gefährlich. Da stellst du mir nur wieder dämliche Fragen.“ Er lachte leise und schüttelte mit dem Kopf. „Was ärgert dich denn so an meinen Fragen?“ „Vielleicht die Tatsache, dass ich keine Lust habe über mich zu reden. Und das ich vor allem keine Lust habe, anderen Leuten etwas von mir zu erzählen.“ „Das nennt man kennen lernen, um Freundschaften zu schließen.“ Erklärte er grinsend. Ich zuckte mit den Schultern. „Wenn man das will, ist das sicher eine gute Methode. Doch wenn man keine Lust hat, auf Freundschaften schließen, so wie zum Beispiel ich, ist es nur nervtötend.“ Er lachte wieder und schüttelte grinsend mit dem Kopf. „Du bist schon ein komischer Typ.“ Sagte er und zwinkerte mir zu. „Gleichfalls.“ Murmelte ich leise und wir schwiegen. „Warte, da vorne ist es gleich.“ Sagte er schließlich und zeigte auf ein hohes Gebäude am Ende der Straße. Er überholte mich und schloss das Tor auf. Höflich überließ er mir den Vortritt. Etwas unsicher ging ich ein paar Schritte in den Vorgarten und wartete, bis Raymond das Tor wieder geschlossen hatte. Lächelnd lief Raymond an mir vorbei und öffnete auch die Eingangstür. Wieder ließ er mir den Vortritt. Ich hatte schon fast das Gefühl von einem Jungen ausgeführt zu werden. Schnell verwarf ich den Gedanken wieder. Das ist doch quatsch, dachte ich bei mir und ging etwas unsicher ins innere des Gebäudes. Wir mussten in den zweiten Stock hoch, um in sein Zimmer zu gelangen. Er sperrte die Tür auf und bat mich herein. „Willst du was trinken?“ fragte er und wandte mir den Rücken zu. Er zog sich die Jacke aus und zwängte sich aus seinem Pullover. Auch sein T-Shirt landete in der Ecke. Mit nacktem Oberkörper schritt er durchs Zimmer und suchte in dem Koffer, der auf dem Bett lag, nach einem frischen Shirt. Als er es sich wieder angezogen hatte, schaffte ich es endlich ein „Nein, danke!“ rauszuquetschen. Ich stand immer noch an der Eingangstür und verkrampfte meine Hand im rechten Hosenbein. Raymond drehte sich zu mir um. Seine Augen weiteten sich etwas, als er meine Unsicherheit bemerkte. „Was ist los?“ fragte er verwundert und starrte auf meine Hand. „Ähm...nichts...passt schon.“ Antwortete ich schnell und zwängte mich langsam aus meiner Jacke, um zu zeigen, dass ich mich wieder im Griff hatte. „Du bist schon ein komischer Typ.“ Sagte Raymond erneut und schüttelte etwas irritiert mit dem Kopf. Ich atmete tief ein und setzte mich auf den Boden, um meine Mathesachen aus dem Rucksack zu kramen. Raymond setzte sich ebenfalls hin und griff nach seiner Tasche. Er holte sich einen Block und einen Stift heraus und sah mich erwartungsvoll an. „Also...womit fangen wir an?“ fragte er und grinste. Ich blätterte kurz in meinem Heft und fragte ihn, bis wohin er in seiner alten Klasse gekommen war. „Wir waren gerade bei Kurvendiskussion. Integrieren und so kenne ich also gar nicht.“ „Habt ihr die zweite Ableitung schon besprochen? Extremwerte und Wendepunkte schon bestimmt?“ „Ja. Ich glaube schon. Wobei ich das auch noch nicht wirklich kapiert habe.“ Ich nickte. „Im Prinzip ist es nicht schwer. Die erste Ableitung ist für die Extremwerte zuständig. Die zweite Ableitung verwendest du, wenn du die Wendepunkte herausfinden willst. Wenn du die Extremwerte bestimmen willst, brauchst du nur die erste Ableitung gleich Null zu setzen und gleichzeitig die X-Werte, die du rausbekommen hast, in die zweite Ableitung einsetzen. Je nachdem ob der Betrag negativ, oder Positiv ist, bestimmst du, ob es sich um einen Hochpunkt oder einen Tiefpunkt handelt. Okay? Warte... ich hab hier ein Blatt, da ist es genau erklärt.“ Ich drückte ihm das Blatt in die Hand und er las sich die verschiedenen Vorgänge genau durch. „Ach so. So weit waren wir noch gar nicht.“ „Und bei den Wendepunkten ist es ähnlich. Hier...“ Ich drückte ihm auch das zweite Blatt in die Hand, das ich mir herausgesucht hatte. „Kann ich die abschreiben?“ „Ja klar.“ Schnell schrieb er die beiden Einträge ab. Währenddessen sah ich mich ein bisschen in seinem Zimmer um. Es war nicht sehr gemütlich eingerichtet. Es stand ein Doppelbett im Raum, dazu zwei Nachtkästchen, ein Fernseher und ein kleines Tischchen, mit zwei Stühlen. Allerdings waren auf dem Tischchen alle möglichen Lebensmittel gebunkert. Seine zwei Koffer lagen beide auf dem Bett. Überall im Zimmer waren Klamotten verteilt. Auch die beiden Oberteile, die er sich vorher ausgezogen hatte, hatte er nur in die Ecke geschmissen. Kein sehr ordentlicher Typ, schien es. „Lebt deine Mutter hier in der Stadt?“ fragte Raymond und sah mich an. Ich zuckte mit den Schultern. „Weißt du es nicht?“ „Natürlich weiß ich das. Doch ich hab ehrlich gesagt nicht viel Lust, über meine Eltern zu reden. Ich würde viel lieber über das Integrieren reden, oder über Kurvendiskussion.“ Er sah mich grinsend an. „Ja, das hatte ich mir schon gedacht“ Kurz schwieg er und schrieb weiter. Dann fragte er interessiert: „Hast du eigentlich Geschwister?“ „Bruder.“ „Wie...“ „Einundzwanzig.“ Kam ich seiner Frage zuvor. „Und jetzt schreib weiter.“ Er wandte sich wieder seinem Blatt zu und schrieb. Als er alles abgeschrieben hatte, gab ich ihm ein paar Aufgaben, damit er es üben konnte. Brav rechnete er alles durch, und gab mir dann das Blatt, damit ich es korrigieren konnte. Es sah gar nicht schlecht aus. Ehrlich gesagt, hegte ich sogar den Verdacht, dass er sehr wohl wusste, was Kurvendiskussion bedeutete.コ Kapitel 4: Part 4 ----------------- Während ich seine Ergebnisse nachrechnete, lehnte er sich nach hinten und seufzte. „Hab keine Lust mehr. Lass uns lieber reden.“ Ich schüttelte mit dem Kopf „Ich bin zum lernen hier, und nicht zum reden.“ „Ach komm schon. Zum lernen haben wir noch den ganzen Tag zeit.“ „Es war doch deine Idee, mit mir zu lernen. Also tu es auch.“ „Wir können doch morgen weiter lernen. Nach der Schule. Da erklärst du mir dann das Integrieren.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Ich hab keine Lust, jetzt jeden Tag herkommen zu müssen, nur weil du es nicht auf die reihe kriegst, dich länger als eine halbe Stunde zu konzentrieren.“ „Das ist nur heute. Ich schwöre dir, morgen bin ich konzentrierter. Ich kann mich einfach nicht auf Mathe fixieren, wenn meine Gedanken ganz wo anders hängen. Im Moment will ich nur wissen, weshalb du mit deiner Mutter nicht mehr Kontakt hältst. Und ob dein Bruder schon eine eigene Wohnung hat.“ „Du bist verdammt neugierig. Das nervt!“ entgegnete ich und wich ihm damit aus. Ich wollte seine Fragen nicht beantworten. Es würde nur darauf hindeuten, ihm mehr von meiner Vergangenheit erzählen zu müssen. Und ich hatte wirklich keine Lust mit einem wildfremden über meine Familienverhältnisse zu reden. „Hast du noch Kontakt zu deinem Bruder?“ Ich seufzte genervt und sah ihn zornig an. „Okay. Ich verspreche dir alle deine Fragen zu beantworten, wenn du jetzt noch eine halbe Stunde Mathe lernst. Aber die Fragen zu meiner Familie kannst du dir sparen.“ Er grinste triumphierend und nickte. „Okay. Abgemacht.“ Etwas erleichtert, die nächste halbe Stunde erst einmal ruhe zu haben, erklärte ich ihm die Grundsätze des Integrierens und ließ ihn ein, zwei Aufgaben rechnen. Immer wieder starrte Raymond auf die Uhr. Ich spürte genau, wie er schon die Minuten zählte. Er hatte echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Er schien dermaßen darauf fixiert zu sein, mich mit seinen langweiligen Fragen zu nerven, dass er sogar die Ist-Zeichen vergaß. Nach exakt 30 Minuten schlug er sein Mathematikbuch zu und legte sich auf die Seite. Er stützte seinen Kopf auf den Arm und grinste mich an. „Wann hast du Geburtstag?“ fragte er mich und sah mir in die Augen. Seufzend verschränkte ich die Arme um die angezogenen Knie und antwortete: „Am vierten April.“ „Wie ist es, allein zu leben?“ „Ein Traum.“ „Hast du eine Freundin?“ „Nein.“ „Warst du schon mal verliebt?“ „Ja.“ „Wer war sie?“ „Jennifer. Vor zwei Jahren. Wir gingen in dieselbe Schule.“ „Bist du mit ihr zusammen gekommen?“ „Ja.“ „Warum habt ihr euch getrennt?“ „Du kannst mich mal!“ Erstaunt hob er die Augenbrauen. „Hey. Du hast versprochen auf meine Fragen zu antworten.“ „Ja. Wenn sie nichts mit meiner Familie zu tun haben. Und diese Frage, hat etwas mit meiner Familie zu tun.“ Antwortete ich, verärgert darüber, dass ich jetzt schon wieder von dem Thema anfangen musste. „Und was bitteschön hat deine Freundin mit deiner Familie zu tun? Hat sie Schluss gemacht, oder du?“ „Sie. Und was das mit meiner Familie zu tun hat, verfällt auch unter Kategorie: Du kannst mich mal!“ „Ach... du nervst mich. Weshalb machst du so ein Geheimnis um deine Vergangenheit?“ „Kein Kommentar.“ Er rollte mit den Augen und seufzte. „Menno.“ Entfuhr es ihm. „Pech gehabt.“ Ich musste grinsen und er lachte leise. „Du kannst ja sogar lächeln.“ Stellte er fest und setzte sich wieder auf. Er legte den Kopf zur Seite und sah mich an. Ich zuckte mit den Schultern. „Ist das so abwegig? Das ich lächele?“ „Ja schon. Bei deiner Laune. Du scheinst an dauerhaft schlechter Laune zu leiden.“ „So was nennt man Depression, Spinner.“ „Bist du in Behandlung?“ Nun wirkte er wirklich interessiert. Er beugte sich etwas vor und sah mir dabei tief in die Augen. Sein Blick... fast schon Angst einflößend. Ich stand auf und griff nach meiner Jacke. „Genug geredet für heute.“ Sagte ich leise und zog mich an. Dann griff ich nach meinen Schulsachen und packte sie zurück in den Rucksack. „Gibst du mir morgen wieder Nachhilfe?“ „Mal sehen. Wenn ich zeit hab.“ Wich ich aus. Ich wusste selbst nicht, ob ich ihm noch mal Nachhilfe geben wollte. Seine Fragen waren echt schrecklich. Gerade als ich die Tür öffnen wollte stand er auf und vertrat mir den Weg. „Du hast meine letzte Frage noch nicht beantwortet.“ Stellte er fest und wieder kreuzten sich unsere Blicke. Ich sah weg. Seine Frage war mir zu persönlich. „Welche meinst du?“ wich ich ihm aus. „Ob du in Behandlung bist“ „Ich weiß nicht mal, was du damit meinst.“ Zornig wollte ich an ihm vorbeigehen, doch er stemmte sich gegen die Tür und sah mir dabei fest in die Augen. „Nimmst du Antidepressiva?“ „Nein.“ „Bist du beim Psychologen?“ „Nicht wirklich.“ „Weich nicht aus. Sag schon.“ „Das geht dich nichts an! Und jetzt lass mich vorbei.“ Grollte ich und biss die Zähne zusammen. „Du bist beim Psychologen, nicht war? Wie oft? Wie lange schon? Du brauchst daraus doch kein Problem zu machen. Ist doch in Ordnung.“ „Weißt du was? Du regst mich ziemlich auf, mit deinen blöden Fragen. Woher willst du wissen, ob ich in Behandlung bin oder nicht? Und selbst wenn, was geht dich das bitte an? Ich hab keine Ahnung was du von mir willst, aber entweder du lässt mich jetzt vorbei, oder mir rutscht aus versehen die Faust aus.“ sagte ich bedrohlich leise. Etwas perplex starrte Raymond mich an. Schließlich ging er einen Schritt zur Seite und ich öffnete die Tür. „Danke“ entfuhr es mir sarkastisch, dann war ich weg. So ein Idiot! Langsam lief ich die Straße entlang. Ich fühlte mich beobachtet und sah mich öfters um. Doch ich konnte keinen Raymond erkennen, der mir krankhaft nach rannte. Stattdessen erkannte ich jemanden anderen. Ein Mann um die fünfundvierzig ging einige Meter hinter mir. Ich kannte ihn. Trotzdem konnte ich ihn im ersten Moment nicht einordnen. Schnell drehte ich mich wieder um und beschleunigte meinen Schritt etwas. Vielleicht täuschte ich mich auch. Der krankhafte Verfolgungswahn unter dem ich in letzter Zeit litt, nervte mich tierisch. Meistens war sowieso falscher Alarm. Etwas unsicher wandte ich mich nach rechts. Ich hatte ungefähr noch drei Minuten, dann war ich daheim. Gerade als ich um die Ecke laufen wollte, spürte ich plötzlich eine Hand auf der Schulter. Perplex drehte ich mich um. Der ältere Mann. „Ich kenne dich doch. Bist du nicht Micks Kleiner?“ fragte er und sah mich misstrauisch an. Ich erstarrte und versteifte mich automatisch. Dann fiel es mir wieder ein. Ich kannte ihn aus dem Bus. Dieser Alte, der mich so angestarrt hatte. „Was wollen sie?“ fragte ich gehetzt und wollte mich losreißen. „Ach...also tatsächlich sein Junge. Wie geht es dir? Und wie geht es deinem Vater? Er hat mir erzählt, was für ein braver Junge du doch immer warst. Ich habe ihn schon ewig nicht mehr gesehen... wohnst du noch daheim bei deinen Eltern?“ Ich spürte genau, worauf er hinaus wollte. Sein Griff verstärkte sich etwas, und er zog mich tiefer in die kleine Gasse, die mich direkt zu meinem Haus führen würde. Er drückte mich gegen die Wand und sah mich lächelnd an. Ich kannte diesen Blick. Unfähig mich zu bewegen starrte ich ihn an. „Meinst du, dein Alter hat was dagegen, wenn wir uns ein bisschen vergnügen? Hast du nicht Lust mit zu mir zu kommen? Wir könnten unseren Spaß haben. Nur wir zwei:“ Sanft fuhr er mir über die Wange und seine Hand wanderte langsam nach unten. Ich schloss die Augen und schluckte mühsam. Beweg dich...dachte ich... mach was! Ich schlüpfte unter seinem Arm hindurch und wollte schon weiter gehen, doch plötzlich packte er mich wieder am Arm und drückte mich hart gegen die Wand. „Komm schon. Stell dich doch nicht so an.“ Zischte er. Ich biss die Zähne zusammen. „Verpiss dich!“ murmelte ich leise und wollte mich wieder abwenden, doch plötzlich hob der Alte den Arm und schlug mir mit der Faust ins Gesicht. Ich taumelte einige Schritte zur Seite und hob die Hand. Kurz fuhr ich mir über die Wange. Autsch! Die Haut war aufgeplatzt und ich hatte Blut an den Fingern. Gerade als dieser Typ wieder nach mir packen wollte, schoss jemand um die Ecke und zog dem Alten eins über. Er traf ihn am Nacken und schlug ihm die Beine weg. Eindeutig machte der Typ Kampfsport. Etwas verwundert starrte ich auf den bewusstlosen alten Arsch, der auf dem Boden lag und sich nicht mehr rührte. Dann hob ich den Blick und sah erstaunt in Raymonds Gesicht. „Wieso hast du dich denn nicht gewehrt? Der Typ sah eindeutig so aus, als wollte er dir an die Wäsche gehen.“ Ich riss mich zusammen und schüttelte leicht irritiert mit dem Kopf. „Was machst du hier?“ fragte ich lauernd. „Ich bin euch gefolgt. Eigentlich wollte ich nur sehen, wo du wohnst, doch dann hab ich diesen Typen bemerkt, der dir die ganze Zeit nachgelaufen ist Wer ist das denn? Kennst du den Typen?“ Ich schüttelte müde mit dem Kopf. „Nein...ich...danke...willst du mitkommen?“ sagte ich leise. Mir war das alles zu viel. Ich wollte gar nicht über den Alten nachdenken. Ich wollte das alles lieber schnell wieder vergessen. „Gern.“ Raymond stieg über den immer noch bewusstlosen Mann hinweg. Schweigend gingen wir nebeneinander her. Nach wenigen Minuten standen wir vor meinem Haus und ich sperrte langsam die Türe auf. Wir gingen zum Aufzug und ich drückte auf die Fünf. Raymond kam etwas näher und berührte mich am Kinn. Er schob meinen Kopf zur Seite und besah sich die Wunde. „Sieht nicht schlimm aus. Du solltest aber trotzdem etwas Eis drauflegen.“ Ich nickte und entwand mich aus seinem Griff. Als wir oben waren öffneten wir die Aufzugtür und ich sperrte meine Wohnung auf. Schweigend winkte ich Raymond mit rein und er folgte mir langsam. Ich zog mir meine Schuhe aus und schmiss meine Jacke über den Stuhl. „Setz dich ruhig.“ Meinte ich und deutete aufs Wohnzimmer. Er nickte. Ich ging in die Küche und holte zwei Gläser und ein Wasser. Dann folgte ich ihm in das Wohnzimmer und setzte mich neben ihn auf die Couch. Ich schenkte ihm ein Glas Wasser ein und reichte es ihm. „Danke.“ Sagte er leise und nahm einen Schluck. „Warte ich hol Eis.“ Sagte er plötzlich und ging in meine Küche um im Eisfach nach Eis zu suchen. Nach einigen Minuten kam er wieder. Er hatte die Eiswürfel in eines der Küchentücher gepackt und drückte mir das Paket vorsichtig gegen die Wange. „Danke.“ Ich nahm ihm den Beutel ab und unsere Hände berührten sich leicht. Diesmal war es mir nicht mehr so unangenehm, wie noch vor einigen Stunden. Komisch. „Also? Wieso hast du dich nicht gewehrt? Es war ja eindeutig, was der Kerl vorhatte.“ „Ich...weiß auch nicht. Irgendwie...war ich wohl zu geschockt.“ Raymond nickte, nicht gerade sehr überzeugt. „Na ja. Ist ja noch alles gut gegangen. Hast du ein Glück, dass ich so neugierig bin.“ Ich schmunzelte und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. „Na stimmt doch. Wenn ich dir nicht gefolgt wäre, hätte es vielleicht schon zu spät sein können.“ Ich grinste immer noch und schüttelte mit dem Kopf. „Keine Sorge. Irgendwann hätte ich mich sicher gewehrt.“ „Na ja. So wie der dich am Kopf getroffen hat, sah es eher so aus, als würdest du vorher zu Boden gehen, bevor du aus deiner Erstarrung erwachst.“ „Ja, ja! Du bist der Held der Geschichte! Jetzt zufrieden?“ Er grinste breit und nickte. Jetzt lachten wir beide. Was für eine blöde Situation. „Du hast ein schönes Lächeln. Es gefällt mir“ stellte Ray fest und schmunzelte über mein blödes Gesicht, dass ich jetzt machte. „Versuchst du mich anzumachen?“ „Quatsch. Das war nur eine Feststellung. Lass mich doch.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Du hast eine komische Art dich auszudrücken.“ Diesmal zuckte er mit den Schultern. „Na ja. Kann schon sein. Wie geht’s deinem Kopf?“ Ich nickte. „Besser“ antwortete ich und fuhr mir kurz durch die Haare. „Du sag mal…“ begann er plötzlich und ich drehte meinen Kopf in seine Richtung. „Hast du nicht Lust, Ray zu mir zu sagen?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Okay. Wenn du willst.“ „Ja, das wäre mir lieber. Ich mag meinen Namen nicht so sonderlich.“ Ich nickte. Dann nahm ich die Eiswürfel wieder vom Gesicht und legte sie auf das kleine Tischchen, dass ich vor meiner Couch stehen hatte. Müde lehnte ich mich nach hinten. Ich wäre am liebsten eingeschlafen. „Halt es lieber noch ein bisschen hin. Sonst hast du morgen eine doppelt so große Wange wie jetzt.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Bin müde.“ Antwortete ich und schloss die Augen. Ray nahm den Eisbeutel vom Tisch und drückte ihn mir sanft gegen die Wange. Ich wehrte mich nicht. Wir schwiegen eine weile. Ich spürte trotz der geschlossenen Augen, seinen Blick auf mir. Kurz hatte ich das Gefühl wirklich einzuschlafen, doch dann riss ich mich zusammen. Solange ich Besuch hatte, war es ziemlich unhöflich fast zu schlafen. Ich öffnete die Augen wieder und erwiderte seinen Blick zum ersten mal offen. „Was ist los?“ fragte ich leise. „Nichts. Ich sehe dich nur an.“ Wieder dieser komische Blick. „Ich bin ziemlich müde. Willst du noch lange bleiben? Sonst lege ich mich hin.“ „Kein Problem. Ich kann ja später selbst gehen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Mir ist es egal. Aber wehe es fehlt etwas, wenn ich aufwache.“ Grinsend stand ich auf. „Nimm den Eisbeutel mit.“ Riet mir Ray. Ich nickte und nahm ihm den Beutel aus der Hand. Dann ging ich in mein Schlafzimmer. Ich ließ die Türe offen stehen und legte mich hin. Den Eisbeutel hielt ich mir immer noch gegen die Wange. Schließlich schlief ich ein. Ich erwachte erst gegen Abend. Immer noch müde setzte ich mich auf. Der Eisbeutel war geschmolzen und mein Pullover war nass. Ich zog mich aus und suchte im Schrank nach einem neuen. Als ich Schritte hörte, drehte ich mich fragend um. Ray. Dass er immer noch hier war... Ich runzelte die Stirn und wollte mir das T-Shirt schnell über den Kopf ziehen, doch mit wenigen Schritten war er bei mir und hielt mich auf. „Was soll das?“ fragte ich lauernd. Ich bekam Gänsehaut von seiner Berührung. Sanft fuhr er mir über die längliche Narbe, die ich am Rücken hatte. Sie verlief quer, kurz unter dem rechten Schulterblatt. „Woher hast du die?“ fragte er leise. „Du kannst mich mal.“ Shit! Das war eindeutig gewesen. Ich biss mir auf die Lippe und sah weg. Schnell riss ich mich los und schlüpfte in mein T-Shirt. Dann griff ich nach meinem Pullover und zog auch den schnell an. „Was?“ fragte Ray geschockt. „Wer?“ fragte er. Ich drehte mich zu ihm um und wollte an ihm vorbei gehen, doch er packte mich an der Schulter und hielt mich zurück. „Sag schon.“ Drängte er mich. Sein Blick war stechend. Wieder hatte ich das Gefühl, als könnte er mir auf den Grund der Seele blicken. Es lief mir eiskalt den Rücken runter. „Du kannst mich mal! Und jetzt lass mich vorbei“ wiederholte ich und befreite mich aus seinem Griff. „Was es dein Vater?“ fragte er leise. Ich zuckte zusammen. „Ja, stimmt´s? Dein Vater hat dir das angetan... Was hat er dir noch angetan? Schlüsselbund? Gürtel? Jeden Abend Prügel? Hat er dich auch missbraucht??“ Zornig drehte ich mich um und holte aus. Der Schlag kam unkontrolliert und hart. Er versuchte auszuweichen, doch er war zu langsam. Ich traf ihn in der Magengegend. Er riss die Augen auf und ihm entfuhr ein erstickter Laut, des Schmerzes. Erschrocken sah er mich an. Er hob seine Hand und presste sie an den Bauch. Wir starrten uns an. Er erstaunt und ich maßlos zornig. „Vielleicht...sollte ich besser gehen.“ Sagte er schließlich leise. Er wandte den Blick ab und ging, immer noch mit der Hand gegen den Bauch gepresst, aus dem Raum. Er holte seine Jacke und schloss die Tür hinter sich. „Scheiße!“ rief ich aus und trat gegen den Bettpfosten. „FUCK!“ Schließlich rannte ich ihm nach. Ich öffnete die Tür und rief seinen Namen. Erstaunt drehte er sich um. Einen Moment lang starrten wir uns an. Schließlich fragte ich leise. „Hast du Hunger?“ Etwas perplex antwortete er mit Ja. „Ich mach uns was zu essen.“ Sagte ich und drehte mich mit hängenden Schultern um, um in die Küche zu gehen. Er folgte mir sprachlos. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Er setzte sich an den Küchentisch und hielt sich immer noch den Bauch. Ich sah ihn nicht an, sondern holte stattdessen eine Packung Nudeln aus dem Schrank und setzte Wasser auf. „Tut mir leid. Ich habe überreagiert. Doch deine Fragen sind mir so auf den Wecker gegangen, da ist mir die Hand ausgerutscht.“ Erklärte ich leise, immer noch ohne ihn anzusehen. „Schon okay. Du hattest mich ja gewarnt. Bin selbst schuld.“ Ich sagte nichts. Ich machte das Licht der Abziehhaube an und suchte nach Zwiebeln, etwas Schinken und Eiern. Ich schnitt mir eine halbe Zwiebel klein und verrührte die Eier. „Schinkennudeln sind doch okay, oder?“ Er lachte leise. „Klar Ich glaube ich habe seit einer Woche nichts Gescheites mehr gegessen. Da ist mir alles Recht.“ Ich nickte und drehte mich schließlich zu ihm um. Es lag ein Sicherheitsabstand von zirka zwei Metern zwischen uns, was mich irgendwie beruhigte. Trotzdem hatte ich das Gefühl, ihm schon mehr verraten zu haben, als ich eigentlich wollte. Dadurch dass ich ihn aufgrund seiner dämlichen Fragen geschlagen hatte, musste er ja eigentlich nur noch eins und eins zusammenzählen und zu dem Schluss kommen, dass alle seine Fragen eindeutig mit Ja beantwortet werden mussten. „Übrigens hast du Recht. Sie stammt von meinem Vater. Was den Schlüsselbund, den Gürtel und die tägliche Prügel angeht, ja...das kenne ich.“ Sagte ich leise. Dann sah ich weg. Ray nickte. „Ja... ich kenne sie auch.“ Erwiderte er ebenfalls leise. Erstaunt sah ich auf. Meinte er das ernst? Sein Blick war plötzlich ganz anders. Tiefer Schmerz lag in seinen Augen. Diesmal war er derjenige, der weg sah. Es war eigenartig, doch ich fühlte mich schon viel besser in seiner Gegenwart. Sein Geständnis hatte mich irgendwie bestärkt. Komisch... Bis ich fertig war, schwiegen wir einvernehmlich. Die Ruhe tat gut. So konnte ich seine Gesellschaft besser ertragen, als wenn er mir dämliche Fragen stellte. Ich holte zwei Teller aus dem Schrank und schöpfte ein paar Nudeln darauf. Dann suchte ich nach zwei Gabeln in der Schublade und drehte mich schließlich wieder zu ihm um. Ich stellte einen der Teller vor seinen Platz und reichte ihm eine Gabel. Dann setzte ich mich ebenfalls hin und fing schweigend an zu essen. Auch Ray schwieg. Ich lauschte auf das klingen der Gabeln, wenn sie auf den Teller trafen und fragte mich, ob es Ray nun wirklich die Sprache verschlagen hatte. Mit der zeit wurde ich unruhig. Ich war es nicht gewohnt, ihn so schweigend zu sehen. „Ist es okay?“ fragte ich und deutete auf die Nudeln. Er erwachte aus seiner eigenartigen Gemütsverfassung und nickte mehrmals. „Ja... entschuldige, ich war grad so in Gedanken. Es ist wirklich gut.“ Ich grinste leicht und stopfte mir wieder eine Gabel voll in den Mund. Nach einem kurzen schweigen stupste ich ihn mit meinem Fuß an und fragte: „Hat es dir die Sprache verschlagen?“ Er schreckte hoch und grinste. „Nein...ich...ähm...du, weißt du...ich denke im Moment wohl einfach zu viel nach.“ „Nicht das es mich stört, mir keine blöden Fragen mehr anhören zu müssen, doch es passt nicht zu dir.“ „Dir ist es also lieber, ich stelle dir blöde Fragen, statt dass ich einvernehmlich schweige?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein. So habe ich das nicht gemeint.“ Er nickte und lachte leise. Ich musste ebenfalls lächeln und stand dann auf um mir Nachschlag zu holen. „Willst du auch noch etwas?“ fragte ich ihn und sah über die Schulter. Doch er war schon aufgestanden und trat dicht hinter mich um sich ebenfalls etwas zu nehmen. Ich nahm ihm den Teller aus der Hand schöpfte ein paar Nudeln darauf. Er berührte mich leicht am Arm. Ich wich ein Stück zurück und sofort merkte er, dass ich auf Distanz gehen wollte. „Wieso ist es für dich so schlimm, von anderen berührt zu werden?“ fragte er mich leise und kam noch ein Stück näher. Er hob die Hand und fuhr mir durchs Haar. Ich biss die Zähne zusammen. „Was tust du da?“ Er lächelte mich an und legte den Kopf auf die Seite. „Sag schon. Was ist so schlimm daran?“ Er berührte mich im Gesicht und drückte leicht auf die Wunde an meiner Wange. Es schmerzte und ich nahm seine Hand weg und schlüpfte unter seinen Armen hindurch. Seine Berührung beunruhigte mich. „Keine Ahnung. Ich will es einfach nicht.“ Gab ich zur Antwort und setzte mich schnell wieder auf meinen Platz. Er setzte sich ebenfalls hin und sah mir tief in die Augen. „Starr mich nicht so an. Das nervt.“ Giftete ich und aß weiter. Er lächelte leicht. „Wirst du jetzt wieder bissig?“ fragte er und lachte leise. Ich zuckte mit den Schultern. „Du nervst mich.“ Er lachte erneut und schüttelte lächelnd mit dem Kopf. „Du erinnerst mich an eine launische Katze.“ Bemerkte er, und ich sah verwundert auf. Kurz sah ich ihm in die Augen. Er erwiderte den Blick ebenfalls kurz und sah dann wieder auf seinen Teller. Dann aß er ebenfalls weiter. Er beunruhigte mich ziemlich. An der Art und Weise, wie er mit mir umging, war etwas Faul. Wieder spürte ich, wie sich mein ganzer Körper auf Abwehr umstellte. Ich musste ihn wirklich auf Distanz halten. Ich hatte das Gefühl er könnte mir gefährlich werden. Seine Art, wie er mit mir Sprach, hatte eine komische Wirkung auf mich. Ich hatte dass Gefühl, als könnte er mir alles Mögliche an Tatsachen über mich entlocken. Und ich wollte mich ja eigentlich niemandem so weitgehend öffnen. Arg! Ich entschloss mich für Freitag einen Termin beim Psychologen zu machen. Eigentlich müsste ich erst wieder nächste Woche, doch irgendwie hatte ich das Bedürfnis ihm zu erzählen, wie eigenartig ich mich in Raymonds Gesellschaft fühlte. Nach dem Essen half Ray mir noch beim Abwasch. Wir brauchten nicht lange, zu zweit ging es relativ schnell. Dann lächelte er mich an und bedankte sich für das gute Essen. Ich nickte lächelnd. „Ist okay.“ Antwortete ich und brachte ihn noch bis zur Tür. Mit einem Lächeln verabschiedete er sich von mir, dann war ich allein. Verwirrte schloss ich die Tür ab und ging ins Bad, um mir meine Wange anzusehen. Sie war etwas geschwollen und es hatte sich eine kleine Kruste gebildet. „Ich werde es überleben.“ Sagte ich zu mir selbst und sah auf die Uhr. Halb neun. Ich wandte mich ins Wohnzimmer und schaltete die Glotze ein. Kapitel 5: Part 5 ----------------- „Kommst du heute?“ fragte er leise. Ich zuckte mit den Schultern. „Nun komm schon. Bitte.“ Ich seufzte. Er nervte mich nun schon seit beginn der Pause. Tina kam zu uns, und fragte mich, ob ich, ihr Mathe erklären könnte. „Ich...ähm...gern.“ antwortete ich und setzte mich zurück auf meinen Platz. „Oh Alec. Ihr erklärst du Mathe und mir nicht?“ empörte sich Ray und setzte sich wieder neben mich. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Das hab ich nicht gesagt.“ Entgegnete ich und zog die Hausaufgaben heraus, um Tina zu erklären, was sie hätte machen müssen. „Hör doch zu. Dann weißt du um was es geht.“ „Ach mir fehlen die ganzen Grundlagen.“ „Die ich dir gestern erklärt habe.“ Er zuckte mit den Schultern. Er wollte auf etwas anderes hinaus, das merkte ich. Wie es schien, suchte er nach meiner Nähe, egal wie. Genervt ignorierte ich sein Gejammer. Tina grinste mich an, als sie meinen Blick bemerkte. „Nun komm schon, Alec. Er wird dir wie ich wahrscheinlich auf ewig dankbar sein, wenn du ihm hilfst.“ Ray sah begeistert auf. Er lächelte breit und freute sich über ihren Einsatz. „Danke Tina.“ Sagte er leise. Tina grinste nur und sah mich fragend an. „Und?“ Ich seufzte. „Ach meinetwegen.“ Gab ich schließlich nach und verdrehte die Augen. „Juhu.“ Jubelte Ray leise und dotzte mich leicht gegen die Schulter. „Na also.“ Ich schüttelte nur mit dem Kopf und gab Tina ein paar Tipps, wie sie am besten herausfand, was genau sie integrieren musste. Nach der Schule folgte ich Ray wieder ziemlich unsicher zu ihm nach Haus. „Was macht die Wohnungssuche?“ erkundigte ich mich leise und sah zu der hässlichen Pension hoch. „Nichts. Wahrscheinlich muss ich mich jetzt ans Jugendamt wenden, und mich vermitteln lassen. Die Pension ist zu teuer.“ Ich nickte leicht und folgte ihm in das Gebäude. Oben in seinem Zimmer bemerkte ich sofort, wie aufgeräumt es im Gegensatz zum Vortag wirkte. Trotzdem ließ ich mich wieder auf den Boden nieder. „Willst du was trinken?“ fragte Ray. „Nein Danke.“ Erwiderte ich wie auch am Vortag und wartete bis er sich endlich ebenfalls niederließ. „Machen wir es wie gestern?“ Fragend sah ich ihn an. „Na erst ein bisschen lernen, und dann darf ich dir wieder Fragen stellen?“ Ich zog eine Augenbraue hoch und meinte: „Du kannst mich mal.“ „Hey. Diesmal hatte meine Frage wirklich nichts mit deiner Familie zu tun.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Du kannst mich trotzdem.“ Er grinste breit. „Dann eben nicht. Was hältst du davon, wenn ich dir Fragen stelle und du lernst Mathe?“ Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und schüttelte wieder mit dem Kopf. „Du hast sie nicht mehr alle. Du bestellst mich her, damit ich Mathe lerne? Ich steh auf 1,0 in Mathe. Ich brauche keine Nachhilfe.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich ja auch nur nach einer Möglichkeit gesucht, dich hierher zu locken.“ Meine Muskeln spannten sich an. Was meinte er damit? „Hä?“ machte ich. „Ich will mit dir reden.“ Seufzend packte ich meine Mathesachen wieder ein. „Vergiss es. Ich lasse mich nicht verarschen.“ „Das wollte ich damit auch gar nicht andeuten.“ Er krabbelte zu mir und sah mir tief in die Augen. „Ich mag dich. Ich will mehr über dich erfahren.“ Gab er zu. Etwas perplex starrte ich zurück und wich ein Stück zur Seite. „Nun komm schon. Lass uns in die Stadt fahren. Oder wir spielen ein Spiel. Warte...ich müsste hier irgendwo noch Monopoly haben.“ Ich schüttelte entschieden mit dem Kopf. „Nein. Kein Interesse.“ „Bitte... lass mich jetzt nicht hängen. Ich will doch nur neue Freundschaften schließen.“ Ich runzelte die Stirn. „Dann such dir jemanden, der besser zu dir passt.“ Ich stand auf und wollte meine Jacke wieder anziehen, doch er packte mich am Arm und zog mich mit einem Ruck wieder zurück auf den Boden. Ich stolperte gegen seine Brust und wollte mich wieder zurückziehen, doch er packte mich am Nacken und hielt mich fest. Ohne Rücksicht darauf zu nehmen, was ich wollte oder nicht, zog er mich in seine Arme und drückte mich fest an sich. „Komm schon... stell dich nicht so an und lass uns reden.“ Ich riss mich los und wich ein Stück zurück. „Du kapierst es einfach nicht, oder? Wenn ich nein sage, dann meine ich auch nein.“ Er packte mich am Arm und sah mir tief in die Augen. Er legte den Kopf auf die Seite und lächelte mich an. „Ich mag dich wirklich.“ „Du kennst mich doch gar nicht.“ Erwiderte ich und wollte mich aus seinem Griff befreien, doch er verstärkte den druck. „Was soll das? Lass mich los, Ray.“ „Nein. Wenn ich die loslasse, haust du nur wieder ab.“ Wieder sah er mir tief in die Augen. Ich konnte dem Blick nicht standhalten und sah weg. „Lass mich los. Bitte.“ Flüsterte ich leise. Es war mir unangenehm. Sein Griff tat weh und ich wollte ihm nicht so nah sein. Ich hatte Angst. „Nur wenn du versprichst, noch ein bisschen mit mir zu reden. Nur reden. Nicht mehr.“ Schweigen breitete sich aus. Erwartungsvoll sah er mich an. Schließlich zwang ich mich zu einem Nicken. „Und jetzt lass los.“ Er nickte und lockerte seinen Griff. Schnell befreite ich mich und krabbelte ein Stück zurück, brachte so einen Sicherheitsabstand von gut einem halben Meter zwischen uns. Angespannt fuhr ich mir durchs Haar. Seine Aktion gerade, bereitete mir Unbehagen. Weshalb hatte er mich einfach umarmt? Wir kannten uns doch so gut wie nicht. Immer noch sah er mir tief in die Augen. Sein Blick verunsicherte mich noch mehr und ich giftete: „Guck mich nicht so an.“ „Wie schaue ich denn?“ „Keine Ahnung. Jedenfalls ist es mir unangenehm, so angestarrt zu werden. Also lass das.“ Er lächelte leicht und legte den Kopf auf die Seite. „Du wirst unsicher wegen einem Blick? Das hört sich schon extrem nach Verfolgungswahn an.“ Ich schüttelte mit dem Kopf, sagte allerdings nichts. Langsam wurde ich es müde, ihm immer zu widersprechen. „Darf ich dich was fragen?“ meinte er schließlich leise. „Kommt drauf an.“ „Hast du schon mal einen Jungen geküsst?“ fragte er und grinste mich an. Erschrocken riss ich die Augen auf. „Quatsch. Natürlich nicht.“ „Na ja, hätte ja sein können. Warst du schon mal in einen Jungen verliebt?“ Wieder schüttelte ich mit dem Kopf. „Nein. Nicht das ich wüsste.“ „Glaubst du, du könntest das?“ „Was weiß ich? Ich denke nicht. Ich komme mit Mädchen besser klar, als mit Jungs. Wieso sollte ich mich also in einen Verlieben?“ „Wer weiß...los wir spielen Wahrheit oder Pflicht. Das ist lustig.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Wir sind doch keine zwölf mehr. Das ist ein Spiel für Kinder.“ Er lachte leise. „Ach komm schon. Du fängst an.“ Ich seufzte leise. Na ja, da hatte ich mir ja was eingebrockt. Doch da musste ich jetzt wohl durch. Wenn ich schnell wieder hier weg wollte, war es wohl das einfachste, zu tun, was er wollte. „Wahrheit oder Pflicht?“ fragte ich leise und verdrehte die Augen. Er grinste. „Wahrheit.“ Meinte er. Kurz überlegte ich mir eine Frage und meinte dann: „Bist du schwul?“ Er prustete los und antwortete: „Ähm...so würde ich das nicht nennen.“ „Etwa Bi?“ fragte ich weiter und sah ihn erschrocken an. Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. „Eine Frage. Nicht zwei. Du kannst sie ja das nächste Mal stellen.“ Ich seufzte genervt und wartete auf seine Frage. „Wahrheit oder Pflicht?“ „Kommt drauf an...“ antwortete ich. Er schüttelte entschieden mit dem Kopf. „Du musst dich zuerst entscheiden.“ „Wieso denn? Ich kann es viel besser einschätzen, wenn ich weiß, worum es geht.“ „Nix da. Los, sag schon.“ Nach kurzer Überlegung antwortete ich schließlich: „Wahrheit.“ „Gut. Bist du noch Jungfrau?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein.“ „Wer war sie?“ „Eine Frage. Nicht zwei. Du kannst sie ja das nächste Mal stellen.“ Äffte ich ihn nach und er grinste breit. „Hast Recht. Du bist dran.“ „Wahrheit oder Pflicht?“ „Pflicht.“ „Gut. Ähm...puh...was hältst du davon, mich in Ruhe zu lassen? Dann hast du deine Pflicht erfüllt.“ „Quatsch. Bleib realistisch.“ „Das ist realistisch.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Quatsch.“ Wiederholte er. Seufzend überlegte ich ein bisschen und meinte dann: „Gut...ähm...weißt du wer neben an wohnt?“ „So ne ältere Frau, glaube ich. Sie macht hier Urlaub.“ „Geh hin, klingle bei ihr und frag sie nach nem Joint.“ Er sah mich geschockt an. Dann lachte er. „Okay.“ Antwortete er grinsend und stand auf. Lächelnd stand ich ebenfalls auf und beobachtete ihn, wie er den Schlüssel seines Zimmers vom Tisch holte und die Tür öffnete. Ich folgte ihm nach draußen und er klingelte zweimal an der Tür. „JA?“ ertönte es von innen. „Hallo ich bin Ray, von neben an.“ Die Frau öffnete die Tür. Sie war ungefähr fünfzig und schon etwas wackelig auf den Beinen. Lächelnd sah sie Ray an und fragte, was er wollte. „Haben sie vielleicht nen Joint für mich?“ fragte er grinsend. Ihr Lächeln erstarrte und sie drehte sich geschockt um. „Die Jugend von heute.“ Entfuhr es ihr, dann schmiss sie die Tür wieder zu. Ich prustete los und auch Ray konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Rot bis über beide Ohren schritt er wieder in sein Zimmer und ich folgte ihm immer noch kichernd. „Das war gut.“ Meinte ich und grinste breit. Er schüttelte mit dem Kopf. „Das war gemein.“ Grinsend schloss ich die Tür hinter mir und setzte mich zurück auf den Boden. „Na gut. Nächste Frage. Wahrheit oder Pflicht?“ „Wahrheit.“ Wiederholte ich. „Hat dich dein Vater missbraucht?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Das fällt unter Familienangelegenheiten. Kein Kommentar.“ „Wieso gibst du es nicht einfach zu?“ fragte er und biss sich dann auf die Lippe. Das hatte er wohl nicht sagen wollen. „Wieso hältst du nicht zur Abwechslung einfach mal den Mund?“ fragte ich zurück. „Also gut, andere Frage. Bist du zurzeit verliebt?“ „Nein.“ „Du bist dran.“ Ich stöhnte. Er nervte mich mit seinem blöden Spiel. Durch seine dämliche Frage, hatte er es wieder total versaut. Die Stimmung war ziemlich am Boden. Trotzdem zwang ich mich weiterzumachen. „Also gut. Wahrheit oder Pflicht.“ „Wahrheit.“ „Hattest du schon mal Geschlechtsverkehr mit einem Jungen?“ Er lächelte leicht. „Nein.“ Antwortete er und ich sah ihm dabei tief in die Augen. Er sagte die Wahrheit. Irgendwie beruhigte mich das. Ich wusste auch nicht wieso. „Wahrheit oder Pflicht?“ fragte er schließlich. „Wahrheit.“ „Okay...ähm...magst du mich?“ „Ich nehme doch Pflicht.“ Entgegnete ich mit einem leichten grinsen. Er verdrehte die Augen. „Ach man.“ Sagte er. Ich grinste noch breiter. „Na gut, aber wenn du Pflicht nimmst, dann auch wirklich.“ Sein Lächeln beunruhigte mich etwas. Ich wog kurz das Für und Wider ab, und kam zu dem Schluss, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte. „Okay. Pflicht.“ „Gut.“ Er beugte sich etwas vor und kam näher. Ich riss die Augen auf und wollte schon etwas zurückweichen doch er sagte leise. „Dann küss mich.“ Er schloss die Augen und beugte sich noch weiter vor. Statt zu tun, was er sagte, hob ich den Fuß und schob ihn wieder etwas weiter weg. Er machte die Augen wieder auf und lächelte leicht. Wieder hatte er diesen beunruhigenden Blick aufgesetzt. Ich schüttelte fassungslos mit dem Kopf. „Du spinnst.“ Sagte ich und stand auf. „Genug gespielt für heute.“ Schnell griff ich nach meinen Sachen und wollte schon zur Tür gehen, doch er kam mir zu vor und stellte sich zwischen mich und meinen Fluchtweg. Erschrocken sah ich ihn an. „Du musst deine Pflicht noch erfüllen.“ Sagte er leise. „Du kannst mich mal.“ Antwortete ich und wich ein Stück zurück, als er einen Schritt auf mich zukam. „Du hast dich entschieden. Also mach schon.“ Wieder schüttelte ich mit dem Kopf. „Bei aller liebe, aber du gehst zu weit.“ Sagte ich leise und sah ihn ernst an. Er schloss die Augen und lehnte sich wieder gegen die Tür hinter sich. „Vielleicht. Doch in Moment ist mir das ehrlich gesagt egal.“ Antwortete er. Seine Stimme hörte sich plötzlich gar nicht mehr so hart und überzeugend an... Er machte eher einen verzweifelten Eindruck. „Was spinnst du denn jetzt plötzlich so ab? Grad eben wolltest du noch Freundschaft schließen und jetzt willst du mich küssen?“ Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Ich schüttelte irritiert mit dem Kopf. „Lass mich vorbei. Ich gehe nach Hause.“ Meinte ich leise und sah ihn erwartungsvoll an. Wieder schüttelte er mit dem Kopf. „Du hast Pflicht genommen. Ich lass dich erst gehen, wenn du sie erfüllst.“ „Hör zu. Ich mache dir jetzt einen Vorschlag. Entweder du gehst auf die Seite und lässt mich vorbei, und wir vergessen diesen kleinen Zwischenfall. Oder du lässt es bleiben, und du bist für mich gestorben.“ Er schloss die Augen. Tief atmete er ein. Dann biss der die Zähne zusammen und sah mich wieder an. Sein Blick war schmerzlich. Dann schüttelte er erneut mit dem Kopf. „Nein.“ Flüsterte er erstickt. Ich knurrte leise und ging entschlossen auf ihn zu. Ich griff nach seinem Arm und zerrte ihn zur Seite. „Hör auf, dich so anzustellen.“ Sagte ich und wollte an ihm vorbei gehen, doch er packte mich an der Hand und zog. Ich geriet ins stolpern und fiel auf die Knie. Immer noch hielt er mich fest. „Nur ein Kuss. Mehr nicht.“ Sagte er leise und starrte mir tief in die Augen. Ich schüttelte wieder mit dem Kopf. „Lass mich los.“ Sagte ich leise und wollte mich losreißen, doch er hielt mich eisern fest. Zornig wollte ich schon ausholen und ihm eine überbraten, doch er fing meinen Schlag ab und packte auch meine andere Hand. Ohne auf meine Proteste zu hören beugte er sich zu mir runter und packte mich hart am Nacken. Dann schloss er die Augen und presste seine Lippen auf meine. Als ich protestieren wollte und den Mund öffnete, glitt schon seine Zunge hinein und fuhr mir sanft durch den Mund. Ich spürte wie mir die Tränen kamen. Mit aller Kraft die ich aufbringen konnte, riss ich mich los und stieß ihn von mir weg. „Du verdammter Mistkerl.“ Zischte ich und fuhr mir über dem Mund. Heulend kam ich auf die Beine und riss die Tür auf. Dann rannte ich nach draußen. „ALEC“ rief Ray mir nach. Fluchend setzte er mir nach. Ich beschleunigte meine Schritte und polterte die Treppe runter. Unten kam ich ins straucheln und fiel der Länge nach hin. Ich schürfte mir das Handgelenk auf, achtete allerdings nicht darauf sondern sah zu, dass ich schnell wieder auf die Beine kam. Währenddessen hatte er mich schon fast eingeholt. Trotzdem sprintete ich noch mal los und versuchte schneller zu werden. Wieder rief er meinen Namen. Ich biss die Zähne zusammen. Ich wollte gar nicht wissen, was er mir jetzt zu sagen hatte. Seine Aktion hatte mich so umgehauen, dass ich nur noch weg wollte. Nach zwei Blocks wurde ich langsamer. Ich kann nicht mehr, ging es mir durch den Kopf. „Shit.“ Entfuhr es mir. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Ray fast aufgeholt hatte. Er beschleunigte seine Schritte nochmals und kam schließlich hinter mir zu stehen. Er griff nach meinen Schultern und hielt mich zurück. Dann schlang er seine Arme um meinen Oberkörper. Ich riss mich los und wollte weiterlaufen, doch ich stolperte und viel auf die Knie. „Alec.“ Sagte er leise und wollte wieder nach mir greifen, doch ich wich ihm aus. Die Tränen rannen mir über das Gesicht. Ray war ziemlich erschrocken. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Hemmungslos sank ich in mir zusammen und schluchzte. Ray griff wieder nach meinen Schultern und umarmte mich fest von hinten. Ich wehrte mich nicht, sondern ließ meinem Tränen freien lauf. Es tat gut. Unendlich gut, einfach zu weinen, und sich umarmen zu lassen. Auch wenn er eigentlich der letzte war, den ich jetzt sehen wollte. „Es...tut mir leid. Ich...weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Ich wollte dich nicht bedrängen...es tut mir leid.“ Sofort wurde mir der Kuss wieder bewusst. Ich biss die Zähne aufeinander und befreite mich aus seiner Umarmung. Dann stand ich auf und ging weiter. Kurz fuhr ich mir über mein Gesicht um die Tränen wegzuwischen. Kurz schüttelte ich den Kopf und meine Haare bedeckten mein Gesicht. Ich wollte nicht schwach sein. Er folgte mir und sagte leise: „Ich bringe dich noch nach Hause.“ Die Stimmung war ziemlich angespannt. Jeden Moment rechnete ich wieder mit einer blöden Frage, oder einer blöden Anmache. Doch es kam nichts. Es schien als habe sich Ray wieder halbwegs im Griff. Nachdenklich warf ich ihm einen Blick zu. Schließlich konnte ich mich nicht mehr zurück halten und fragte leise: "Wieso hast du es denn überhaupt gemacht?" Das Thema ließ mich nicht mehr los. Kurz schwieg er. Dann antwortete er leise: "Keine Ahnung. Vielleicht dachte ich...es gibt mir nen Kick, oder so." Aus den Augenwinkeln betrachtete ich erneut sein Gesicht. Er wirkte angespannt. So als müsste er sich dazu zwingen, dies zu sagen. „Meinst du das wirklich? Oder behauptest du es nur, weil du Schiss bekommen hast? Ich mein... deine ganzen Sprüche...vor diesem Kuss...irgendwie kann ich dir nicht ganz glauben." Der Junge Mann neben mir schwieg beharrlich. Wieder schossen mir die Tränen in die Augen. Ach verdammt. Dann eben nicht...dachte ich und biss die Zähne zusammen. Er machte mich wütend. Seine Worte schmerzten. Er spielt nur mit mir...kam es mir in den Sinn. Echt klasse! „Wenn ich nur Objekt deiner Langeweile bin, kannst du dich gern umdrehen und wieder gehen. Ich habe nicht vor mich von dir ausnutzen zu lassen. Wenn du also nicht ehrlich sein kannst, dann verschwinde. Ist das klar? Ich habe keine Lust nur zu deiner Unterhaltung zu dienen. Also sagst du mir jetzt entweder die Wahrheit oder du verpisst dich.“ Sagte ich zornig und blieb stehen. Ray blieb ebenfalls stehen und sah mir unsicher in die Augen. „Ich weiß nicht...ich mag dich...doch das war garantiert nicht geplant, das kannst du mir glauben. Ich will so viel Zeit mit dir verbringen, wie nur irgendwie möglich.“ „Du kennst mich doch gar nicht. Was weißt du schon von mir? Wir kennen uns jetzt seit eineinhalb Wochen. Das ist wirklich nicht überzeugend lang.“ „Ich...kann dir nicht sagen, woran es liegt. Doch ich mag dich wirklich. Du bist lustig, interessant. Du bist etwas Besonderes. Ich schätze dich.“ „Ich wiederhole mich nur ungern, aber du kennst mich doch gar nicht.“ „Dass was ich von dir weiß, dass reicht mir.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Du kennst mich nicht. Du weißt gar nichts von mir“ Sagte ich wieder. Dann sah ich weg und ging schweigend weiter. Ray folgte mir und sagte ebenfalls kein Wort. Ich hatte keine Ahnung wie das weiter gehen sollte. Im Moment hatte ich eigentlich nur das Bedürfnis weit weg zu sein. Ich wollte im Moment nichts mit ihm zu tun haben. Ich wollte nicht, dass er mir zu nahe kam. Und das mit dem Kuss...das war mir absolut zu nahe. Ich wollte es einfach nicht... Ich hatte Angst davor ihm zu nahe zu kommen. Ich habe Angst mich zu verlieben, stellte ich erstaunt fest. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Es lag gar nicht an ihm, sondern an mir. Ich hatte tatsächlich Angst davor, mich verlieben zu können. Ich hatte Angst davor, dass er mich im stich lassen würde, wenn ich mich in ihn verliebte, und ihm alles erzählte. Wirklich alles. Schweigend kamen wir bei meiner Wohnung an. „Bis Morgen.“ Sagte Ray leise. Er starrte wieder zu Boden. Verunsichert nickte ich ihm zu, dann verschwand ich im inneren des Gebäudes. Ich stellte mich in den Aufzug und fuhr nach oben. Shit! Dachte ich und schlug zornig mit dem Fuß gegen die Metallwand. Fuck! Bis zum Abend lag ich im Bett. Ich grübelte nach, und versuchte herauszufinden, wie ich nun mit der ganzen Situation umgehen sollte. Irgendwann stand ich kurz auf und rief in der Praxis an, wegen meinem Termin. Dann legte ich mich zurück ins Bett und dachte über Ray und über meine Gefühle nach. Ich spürte, dass ich schon potentiell Gefahr lief, mich in ihn zu verlieben. Der Gedanke erschreckte mich. Ich mich Verlieben, und dann auch noch in einen Jungen? Die Vorstellung war ziemlich heavy. Also doch Bisexuell, dachte ich und prustete leise. Nicht sonderlich sexy. Spontan entschloss ich mich, morgen blau zu machen. Ich hatte echt keinen Nerv für Schule. Außerdem müsste ich ja IHN dann sehen...und im Moment hatte ich ehrlich gesagt das Gefühl, erst mal eine Pause zu brauchen. Am Abend klingelte mein Telefon. Ich ging ran. Mein Bruder. „Hey Simon.“ Erwiderte ich seinen Gruß. „Ist alles okay? Du hörst dich scheiße an.“ Stellte er besorgt fest. „Kann schon sein. Bin ziemlich fertig. Was gibt’s?“ fragte ich... normalerweise rief er nur an, wenn er etwas von mir wollte. „Am Sonntag ist Besuchertag im Knast. Dein Alter richtet dir aus, dass er dich gerne sehen möchte. Ihr habt euch seit Vier Jahren nicht mehr gesehen...“ Mein Magen zog sich zusammen. Ich biss mir auf die Unterlippe und schloss die Augen. „Nein.“ Erwiderte ich, ohne ihn aussprechen zu lassen. „Wieso denn? Er hat sich ziemlich verändert, seit damals. Er würde dich nicht wieder-.“ Erneut unterbrach ich ihn. „NEIN. Ich werde nicht hingehen. Du kannst so viel Drumherum reden wie du willst, doch keine zehn Pferde werden mich dazu bewegen können, dieses Arschloch besuchen zu gehen.“ „Er ist Krank. Er hat Lungenkrebs. Vielleicht krepiert er dran. Es wäre einfach schön, wenn du noch mal hin gehst. Es wäre für euch beide gut.“ „Hast du sie noch alle? Was willst du eigentlich von mir? Du weißt doch ganz genau was er mir angetan hat. DU kannst vielleicht darüber hinweg sehen. Du bist ja nicht sein Sohn. Mit DIR hat er das alles ja nicht angestellt. Aber mit mir! Und ich werde mich nicht dazu bewegen lassen, ihm noch mal in die Augen zu sehen. Von mir aus soll er im Knast verrecken!“ schrie ich ihn an. Dann legte ich auf. Heulend ließ ich mich auf mein Bett fallen. Was war denn heute los? Das war mit Abstand einer der beschissensten Tage, seit langem. Richtig scheiße. Ich drehte mich auf die andere Seite und schloss die Augen. Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte und meine Tränen endlich versiegt waren, klingelte es. Matt und erschöpft stand ich auf und ging zur Tür. Ich schloss sie auf und drückte die Klinke runter. Als sie aufschwang stand Kim, der Gothic, vor mir. Ich lächelte leicht und ging einen Schritt zur Seite. „Hey Alec. Alles klar? Du siehst scheiße aus.“ „Ich weiß. Geht schon wieder. Du hast Bier dabei?“ Er nickte und hob zur Demonstration seine zwei Sixpacks hoch, die er dabei hatte. Ich mühte mir ein grinsen ab und schloss die Tür hinter ihm. Er ging schnurstracks ins Wohnzimmer und pfefferte sich auf die Couch. Seufzend gesellte ich mich zu ihm und nahm dankbar das dargebotene Bier. „Hab gedacht, ich überrasch dich, mit einem schönen kaltgestellten Bierchen. Ham uns ja auch schon lang nicht mehr getroffen.“ Ich nickte leicht und öffnete die Bierflasche mit den Zähnen. Ich hatte keinen Flaschenöffner zur Hand und Kim brauchte sein Feuerzeug selbst. Sofort setzte ich das Bier an und exte es zur Hälfte in einem Zug. Kim drehte sich einen Joint und wir reichten ihn immer hin und her. Er schien sich leichte sorgen um mich zu machen. „Bist du dir sicher, dass alles okay ist? Du siehst nicht gut aus.“ „Kein Grund zur Sorge. Ist alles halbwegs okay. Will gar nicht...“ „...darüber reden. Ich weiß. Schon gut. Brauchst du ja auch nicht.“ Ich nickte erleichtert. Ich war froh, dass Kim zu den Menschen zählte, die nicht immer stundenlang auf einem Thema herumhackten, sondern einfach respektierten, wenn man nicht reden wollte. Das war schon ganz gut so. Am nächsten Tag hatte ich einen schrecklichen Kater. Schnell quälte ich mich aus den Federn um mich bei der Schule abzumelden. Danach ließ ich mich wieder in mein Bett sinken und schlief auf der Stelle wieder ein. Halbwegs ausgeruht und ruhig erwachte ich gegen Mittag. Ich stand auf und ging in die Küche um mir einen Kaffee zu kochen. Als ich kurz ins Wohnzimmer schaute, lag Kim immer noch in eins der Kissen gekuschelt auf der Couch. Grinsend ging ich zurück in die Küche und schmierte mir ein Brot. Als Kim aufwachte kam er zu mir in die Küche. Verschlafen setzte er sich auf einen der Stühle und rieb sich den Kopf. „Hast du Tabletten da?“ fragte er leise und ich nickte. „Ja. In der Schublade im Bad. Wie immer.“ Er nickte und stand auf um kurz im Bad zu verschwinden. Als er wieder kam drückte ich ihm eine Tasse Kaffee in die Hand. Dankbar nickte er mir zu und schlürfte einen Kaffee. Wie immer schwarz. Ich tat mir gehörig viel Milch und Zucker rein und schluckte ebenfalls das widerliche Gebräu. Ich trank Kaffee nur selten. Eigentlich mochte ich es nicht. Nach dem Kaffee und einer Scheibe Toast verabschiedete sich Kim. Er musste noch zum Arbeiten und wollte vorher noch duschen und sich was anderes anziehen. Ich nickte und brachte ihn noch bis zur Tür. „Also, man sieht sich.“ Meinte ich zum Abschied und hob die Hand zum Gruß. Er nickte lächelnd und verschwand im Aufzug. Ich ging zurück in meine Wohnung und bekam gerade rechtzeitig mit, wie das Telefon zum klingeln anfing. Seufzend ging ich hin. „Ja?“ „Ich bin´s.“ Ich erstarrte. Meine Hand, in der ich den Hörer hielt fing an zu zittern. Ohne ein weiteres Wort zwang ich mich den Arm zu bewegen und legte auf. Kurz darauf klingelte es wieder. Ich hob nicht ab, sondern ließ es weiter klingeln. Irgendwann ging mein Anrufbeantworter ran. Ich wartete, ob er etwas drauf sprechen würde, doch er legte vorher auf. Wieder fing es an zu klingeln. Immer noch stand ich im Gang, vor meinem Telefon und starrte es an. Schließlich beugte ich mich vor und zog den Stecker. Ich muss hier weg, ging es mir durch den Kopf. Ohne weiter darüber nachzudenken griff ich nach meiner Jacke und zog mich an. Dann schlüpfte ich in meine Schuhe und griff nach dem Schlüssel. Ich rannte die Treppen runter und wandte mich draußen nach links. Ich fing an zu joggen. Mit dem Bus fahren würde zu lange dauern. Der nächste Bus kam erst in einer viertel Stunde. In der Zeit konnte ich auch gut hin laufen. Ich lief um den Block und sah schon von weitem das Haus. Schnell öffnete ich das Tor und trat ein. Dann lief ich den zweiten Stock hoch und klingelte an der Tür. Als sich die Tür öffnete versuchte ich ein halbwegs überzeugendes Grinsen aufzusetzen. Es Misslang mir eindeutig. Ray erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte. „Alec...ist alles in Ordnung?“ fragte er leise und trat zur Seite. Ich ging rein und er schloss die Tür hinter mir. „Ich...ähm...“ begann ich brach dann allerdings ab. Stattdessen ließ ich mich zu Boden sinken. Ich war wirklich fertig mit den Nerven. Ich vergrub das Gesicht in den Händen und zog die Knie an. Ray ließ sich ebenfalls nach unten sinken und legte mir eine Hand auf das Knie. „Ist alles in Ordnung?“ fragte er erneut. °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°^^ heyho fleißige leser! Alecs Vater ist einer der Nebencharaktere, spielt zum Ende hin allerdings noch ne große Rolle. ;) Kapitel 6: Part 6 ----------------- Ich schüttelte mit dem Kopf und fing an hemmungslos zu weinen. Ich beugte mich zu ihm vor und umarmte ihn. Etwas perplex erwiderte er die Umarmung und ich hüllte mich ein, in seinen angenehmen Geruch. Er strich mir sanft über den Rücken und sprach beruhigend auf mich ein. Es dauerte eine Weile bis ich mich wieder eingekriegt hatte. Schließlich löste ich mich aus seiner Umarmung und rang mir ein leichtes Lächeln ab. „Entschuldige...ich...weiß auch nicht...aber...“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Schhhh...du musst nichts sagen. Ist schon in Ordnung.“ Ich nickte und versuchte mich zusammenzureißen. Er lächelte mich an und fuhr mir kurz durchs Haar. Die Berührung tat gut, stellte ich etwas verwundert fest. Schließlich fing ich an zu reden.... „Ich hab einen Anruf bekommen. Gestern Abend. Von meinem Bruder. Mein Vater ist doch im Knast. Seit vier Jahren. Er will, dass ich ihn besuche. Mein Vater hat Lungenkrebs. Vorher...ich...also mein Telefon hat geklingelt...und als ich ran ging...da...“ Ich brach ab. Ich konnte es nicht aussprechen. „Ich versteh schon. Er war dran, oder nicht?“ Ich nickte und vergrub erneut das Gesicht in meinen Händen. „Ich musste da raus. Weiß auch nicht...bin irgendwie hier gelandet.“ „Kein Problem.“ Sagte er leise. Es war komisch. Doch ich war gar nicht auf den Gedanken gekommen, zu Kim zu gehen, oder sonst was. Stattdessen war ich hier her gelaufen, zu einem Typen den ich gerade mal seit etwas mehr als einer Woche kannte. Ganz schön komisch. Trotzdem bekam ich kein schlechtes Gefühl. Ich war eher erleichtert und fühlte mich gut. Es hatte mir gut getan, hier her zu kommen. Ray drängte mich nicht, ihm mehr zu erzählen. Das war ziemlich positiv. Wenn auch etwas ungewohnt. Schweigend saßen wir uns gegenüber und sahen uns an. Schließlich fragte ich leise: „Und...wie war’s in der Schule?“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Ziemlich langweilig, ohne dich.“ Ich lächelte leicht. Ja, die Antwort hatte ich irgendwie erwartet. „Warst du schon beim Jugendamt?“ fragte ich weiter. „Ja. Sie haben einen Platz für mich. Ich soll mich morgen dort vorstellen.“ „Schön.“ Es war komisch, doch irgendwie machte es mich traurig, dass ich ihm nicht angeboten hatte, bei mir zu wohnen. Eigentlich wäre das für ihn ideal gewesen. Die Wohnung war relativ in der Nähe der Schule, er musste nicht allein leben und er wäre schnell in der Stadt. Doch ich sprach meine Gedanken nicht aus. Ich hatte das Gefühl, dass es wieder zu sehr ins Gefühl gehen würde. Und im Moment war ich froh, dass er sich mir gegenüber, so normal wie möglich verhielt. Trotzdem machte es mich ein bisschen traurig. Nun würde er eine eigene Wohnung kriegen und ich würde doch mit einem wildfremden zusammen ziehen müssen. Eigentlich solltest du froh sein, nicht mit ihm unter einem Dach leben zu müssen, ging es mir durch den Kopf. Schon allein der Kuss...und die eigenartigen Gefühle, die ich insgeheim für ihn hegte...und...seine absolute Unordnung. Genug Punkte die dagegensprechen würden. Trotzdem wurde ich das ungute Gefühl nicht los. Du hast immer noch die Möglichkeit, ihm den Platz in der Wohnung anzubieten, ging es mir durch den Kopf... Doch irgendwie konnte ich mich einfach nicht dazu überwinden. „Hast du Blau gemacht?“ fragte er und grinste ein bisschen. Ich nickte und wurde rot. Schon dämlich durch die Stadt zu rennen, wenn man eigentlich blau machte. Wäre mir ein Lehrer entgegengekommen hätte das massig Ärger geben können. „Hatte das einen bestimmten Grund?“ fragte er und legte den Kopf auf die Seite. Ich nickte. „Du.“ Antwortete ich ehrlich. Überrascht riss er die Augen auf. „Ich? Weshalb?“ Ich schüttelte müde mit dem Kopf. „Nein...keine Lust darüber zu reden. Sonst kommst du nur wieder auf komische Ideen.“ Er sah mich etwas perplex an. „Du weichst mir aus?“ Ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste, dass er in meinen Augen die Antwort schon gelesen hatte. Ja...ich wich ihm aus. Doch statt mich auch wirklich von ihm fern zu halten, kam ich schon freiwillig hier her. Ich hab sie nicht mehr alle. Wahrscheinlich hat er mich angesteckt...dachte ich und grinste unwillkürlich. „Was ist?“ fragte er und kam etwas näher. Er setzte sich mir gegenüber in den Schneidersitz und musterte mich. „Ach nichts. Ich hatte grad nur so einen komischen Gedanken.“ „Erklär.“ „Na ja. Wie soll ich sagen...ähm...du küsst mich, ich kriege Angst vor dir, will nicht das du mir auf die Pelle rückst, gehe extra dafür nicht zur Schule, und statt mich auch wirklich von dir fern zu halten, stehe ich plötzlich vor deiner Tür.“ Er zuckte leicht zusammen. „Fernhalten? Angst? Ja... Ich verstehe auch nicht, weshalb du hier bist.“ Er hörte sich traurig an. Er hatte sich wahrscheinlich zu viele Hoffnungen gemacht. Ich zuckte erneut mit den Schultern. „Tja. Ich schätze irgendetwas stimmt nicht mit mir. Wahrscheinlich hast du mich angesteckt.“ Er schüttelte irritiert mit dem Kopf. „Mit was soll ich dich anstecken?“ „Keine Ahnung. Idioteritis oder so. Gilt bestimmt schon als Krankheitsbild, mittlerweile.“ „Du hältst mich für verrückt?“ fragte er und grinste. Ich nickte. „Ziemlich, ja.“ „Ich denke nicht, dass es ansteckend ist. Du musst vor mir also keine Angst haben.“ Er lächelte mich an. Etwas an dem Lächeln stimmte nicht. Es wirkte zu nett. Fast schon liebevoll. „Jedenfalls hast du einen schlechten Einfluss auf mich.“ „Weil ich dich zum Reden bringe?“ Er lachte leise. Ich zuckte mit den Schultern. „Das ist nicht meine art. Außerdem käme ich nie auf die Idee, spontane Ausflüge zu irgendwelchen wildfremden zu machen. Nie!“ Er lachte wieder. „Tja, dann muss ich wohl wirklich einen schlechten Einfluss auf dich haben.“ Ich nickte. Er grinste und schüttelte nur mit dem Kopf. „Was machst du dir darüber so viele Gedanken? Ist doch egal. Hauptsache du bist hier...und du kannst wieder lächeln.“ Wieder nickte ich. Nur seine Augen verrieten mir seine leichte Überraschung über diese Geste. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich ihm zustimmen würde. Ich hatte ja selbst nicht damit gerechnet. Echt schrecklich. Während er mir so gegenüber saß und ich ihn musterte, kam mir wieder der Kuss in den Sinn. Wenn er mich noch mal küssen würde...schnell verdrängte ich meinen Gedanken. Nein. An so was wollte ich jetzt gar nicht denken! Ich gähnte und rieb mir die Augen. „Du bist müde? Willst du dich hinlegen?“ „Nein. Wenn ich schon mal hier bin, kann ich auch genauso gut Small Talk mit dir üben. Schlafen kann ich auch zu Hause. Und sobald ich mich wieder stark genug fühle, werde ich auch wieder nach Hause gehen. Doch irgendwie ist es so, als ob ich seine Anwesenheit spüren könnte. Dabei weiß ich ja ganz genau, dass er im Knast ist. Und so schnell wird er da hoffentlich auch nicht mehr raus kommen.“ Ich biss die Zähne zusammen und sah weg. Es war mir immer noch unangenehm über ihn zu reden. Auch wenn ich genau wusste, dass Ray eins und eins zusammengezählt hatte. Auch diesen Gedanken schob ich schnell wieder weg. Ich wollte nicht daran denken, was Ray alles wusste. Ich würde mich nur wieder hinter meiner Mauer verstecken. Und wenn ich mich ihm gegenüber wieder verschloss, half das meiner Therapie nicht gerade auf die Sprünge. Und ich wollte ja ganz normal mit anderen umgehen können. Und ehrlich gesagt, sehnte ich mich oft nach einem Freund, mit dem ich über alles reden konnte. Da Ray mich ja sowieso immer dazu brachte, etwas zu sagen, was ich gar nicht wollte, konnte ich mein Glück ja vielleicht sogar mit ihm versuchen. Wenn da nicht dieses komische Gefühl in meinem Bauch wäre, dass mich immer wieder dazu zwang ihn auf Distanz zu halten. Diese Angst...mich jemandem zu öffnen. Diese Angst mich fallen zu lassen. Ich atmete tief ein und sah ihm in die Augen. „Du hast was von Monopoly erzählt. Vielleicht wäre jetzt der richtige Augenblick um zu spielen?“ Er lächelte mich warm an und drehte sich um. Er packte nach dem Koffer, der neben ihm stand und kramte ein bisschen darin herum. „Keine Lust auf Wahrheit oder Pflicht?“ fragte er leise. Ich prustete und schüttelte nachgiebig mit dem Kopf. „Nein. Ganz bestimmt nicht.“ Er sah auf und sah mir tief in die Augen, als versuche er zu ergründen, auf was genau ich das bezog. „Warum sagst du das?“ fragte er und kam etwas näher. Ohne Spiel. Er setzte sich wieder vor mich und sah mir erneut tief in die Augen. „Sei ehrlich.“ Fügte er leise hinzu. „Deine Fragen fand ich schrecklich.“ Antwortete ich. Nach einem kurzen Schweigen nickte er schließlich. Dann lächelte er und drehte sich um, um weiter nach dem Spiel zu suchen. Erleichtert entspannte ich mich wieder ein bisschen. Er machte mich ziemlich nervös. Jeden Augenblick wartete ich darauf, dass er erneut versuchen würde mich zu küssen, oder ähnliches. Doch er berührte mich nicht mal. Er sah mich nur an. Und lächelte. Als würde meine Anwesenheit ihm schon genügen. Doch das konnte ich fast nicht glauben. Irgendwie verwirrte er mich. „Komischer Typ.“ Flüsterte ich leise. Er drehte sich zu mir um und sah mich fragend an. „Was hast du gesagt?“ „Nichts. Nur das du ein komischer Typ bist.“ Erwiderte ich und grinste. Schließlich hatte er das Spiel gefunden und krabbelte wieder zu mir zurück. „Das musst du mir genauer erklären.“ Sagte er und sah mich gespannt an. „Du kannst mich mal.“ Erwiderte ich und grinste erneut. Er schüttelte genervt mit dem Kopf. „Diesmal hatte es wirklich nichts mit deiner Familie zu tun.“ Ich nickte. Kurz schwiegen wir. Dann kam mir ein Gedanke. „Wahrheit oder Pflicht?“ fragte ich ihn und sah ihn dabei mit leicht zur Seite gelegtem Kopf an. „Wahrheit.“ Erwiderte er. „Hat dein Vater dich missbraucht?“ fragte ich leise. Einen Moment lang sah er mich erschrocken an...dann wandte er den Blick zu Boden. Er schwieg. Es knisterte förmlich in der Luft. Angespannt saßen wir uns gegenüber. Schließlich hob er den Kopf. Er lächelte etwas. Doch etwas stimmte nicht, an dem Lächeln. Seine Augen taten es nicht. „Du kannst mich mal.“ Antwortete er und zwinkerte mir zu. Ich grinste breit. „Mist. Und ich dachte schon, du bist offener als ich.“ „Das kommt darauf an.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Du wolltest es doch auch wissen.“ „Ich rede nicht gern über mich selbst, wenn es mein Gegenüber nicht tut. Es ist mir unangenehm mich zu öffnen, wenn nichts zurückkommt. Das ist schwierig.“ Ich nickte. Ja, das verstand ich nur zu gut. „Wahrheit oder Pflicht.“ Entgegnete er schließlich. Ich starrte ihn einen Moment lang perplex an und antwortete dann: „Wahrheit, natürlich.“ „Magst du mich?“ Er lächelte. Das Lächeln war warm und offen. „Wer weiß.“ Entgegnete ich grinsend. „Du wolltest Wahrheit. Aber wenn es dir lieber ist, kriegst du auch die Pflicht.“ Ich schüttelte heftig mit dem Kopf und er lachte leise. „Doch vielleicht willst du ja auch beides?“ wieder zwinkerte er mir zu. Irritiert sah ich ihn an. „Ja.“ Sagte ich schließlich. Diesmal wich er Perplex zurück. Dann besann er sich. „War das die Antwort auf die erste, oder auf die zweite Frage?“ fragte er sicherheitshalber nach. „Die erste natürlich, du Mistkerl.“ Entgegnete ich und rollte mit den Augen. Er nickte. Dann kam er ein Stück näher. „Und was ist mit der zweiten?“ fragte er und beugte sich zu mir vor. Ich sah ihm tief in die Augen und spürte, wie mein Herz anfing zu rasen. Mist. Wieder so ne blöde Situation. Statt zu antworten hob ich die Hand um ihn wieder weg zu drücken. Ich dotzte ihn leicht gegen die Schulter doch er ließ sich davon nicht beirren. Statt noch mal auszuholen, blieb meine Hand auf seiner Schulter liegen und löste sich leicht aus der Faust. Ich spürte seine wärme und war erstaunt, wie viel Hitze sein Körper ausstrahlte. Als ich den Blick von meiner verräterischen Hand hob sah ich wie sein Gesicht noch ein Stück näher kam. Er packte mich am Nacken zog mich ein Stück von der Wand weg. Ohne auf meine halbherzigen Proteste zu hören, zog er mich gegen seine Brust und legte erneut die Lippen auf die meinen. Automatisch schloss ich die Augen. Ich vergaß alles um mich herum, spürte nur noch die Hand, die sich hart in mein Haar krallte und die Zunge, die sich langsam einen Weg in das innere meines Mundes bahnte. Ich hielt die Luft an und erstarrte. Meine Muskeln spannten sich an. Angespannt wollte ich mich schon losreißen, doch Ray ließ mich nicht los. Stattdessen wurde sein Kuss fordernder und gieriger. Schließlich wurde es mir zu Bund. Da es mit wegstoßen nicht klappte, biss ich ihm kräftig in die Unterlippe. Er löste sich erschrocken von mir und ein erstickter Schmerzensschrei entrann seiner Kehle. Außer Atem starrten wir uns an. Er presste die Hand auf den Mund und senkte schließlich den Blick. „Es tut mir leid.“ Sagte er leise. Dann stand er auf, drehte sich schnell um und schloss sich ins Bad ein, dass gleich an sein Zimmer grenzte. Erleichtert atmete ich aus. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu sammeln. Scheiße! Und ich hatte gedacht, das bleibt mir heute erspart, ging es mir durch den Kopf. Jetzt hat er bestimmt ein ziemlich schlechtes Gewissen...dachte ich. Doch ich konnte jetzt nicht zu ihm gehen. Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Langsam fuhr ich mir mit dem Handrücken über den Mund. Er war feucht, durch seinen Kuss. Immer noch hatte ich das Gefühl seine Zunge in meinem Mund zu spüren. Statt einfach aufzustehen und zu flüchten, beugte ich mich vor und griff nach dem Spiel. Langsam baute ich es auf und wartete danach, ob Ray noch mal rauskommen würde. Doch wie es schien hatte er vor, den ganzen Nachmittag dort drinnen zu verbringen. Ich hörte einen unterdrückten Fluch. Ob alles okay war? Dann schepperte es laut und ich zuckte erschrocken zusammen. Was machte der Kerl da drinnen eigentlich? Randalieren? Kopfschüttelnd zog ich mich wieder in meine Ecke zurück. Ich zog die Beine an und verschränkte meine Arme. Dann legte ich meinen Kopf auf die Knie und schloss die Augen. Ray schlug wütend gegen das Wandregal. Es schepperte und löste sich aus der Halterung. Gerade noch konnte er es auffangen, sonst wäre es wohl ziemlich unsanft auf dem Boden gelandet. Er lehnte es gegen die Wand und setzte sich fluchend auf den Klodeckel. Scheiße! Wieso konnte er sich nicht unter Kontrolle halten? Wieso mussten seine Gefühle immer wieder einfach so mit ihm durchgehen. Wahrscheinlich hasst er mich jetzt, dachte er bei sich und seufzte unterdrückt. Ihm kamen die Tränen. So ein Mist. Als er nach einer halben Stunde aus dem Badezimmer kam, sah er erstaunt, dass Alec immer noch da war. Er lag auf dem Boden, direkt vor der Tür. Er hatte sich zur Seite gelegt und die Hände unter dem Kopf verschränkt. Seine Augen waren geschlossen. Er schien zu schlafen. Leise kam Ray etwas näher. Er beugte sich zu ihm nach unten und strich ihm sanft die Haare aus der Stirn. Alec atmete ruhig. Er schien keine Alpträume zu haben. Als er sich umdrehte sah er, das Alec das Spiel aufgebaut hatte. Etwas irritiert wandte er sich zu seinem Bett und setzte sich auf die Kante. Warum war er nicht weggelaufen? Fragte er sich in Gedanken. Er hatte fest damit gerechnet, dass Alec sofort weg war, nach dieser Kussattacke. Nachdenklich sah er zu dem Jungen rüber. Was für ein Typ bist du wirklich...fragte er sich. Als ich aufwachte sah ich Ray vor mir sitzen. Ich setzte mich müde auf und rieb mir die Augen. „Bin ich müde.“ Sagte ich leise. „Leg dich hin.“ Erwiderte Ray und deutete auf das Bett. Ich nickte und stand auf. Mit wenigen Schritten war ich am Bett angekommen. Ich schlüpfte aus meinen Turnschuhen und ließ mich ins Bett fallen. Ich nahm das rechte. Es sah relativ unbenutzt aus. Wieder schloss ich die Augen. Ray setzte sich auf die Bettkante des angrenzenden Bettes. „Wieso bist du nicht weggelaufen?“ fragte er ruhig. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich wollte nicht.“ Antwortete ich leise. Er sagte nichts mehr. Schließlich war ich erneut eingeschlafen. Ray erwachte mitten in der Nacht. Alec bewegte sich unruhig im Schlaf, und stöhnte immer wieder leise. „Nein...lass mich.“ Flüsterte er erstickt. Er hatte einen heftigen Alptraum. Ray sah ihm besorgt ins Gesicht. Ein leichter Schweißfilm lag auf seiner Stirn. Als er ihm die Hand auf die Stirn legte, spürte er, wie heiß seine Haut war. Es schien, als würde er Fiebern. Kurz überlegte er, ob er ihn aufwecken sollte. Wieder stöhnte er leise. Alecs Hände zitterten leicht. Sein ganzer Körper schien zu beben. Also hob Ray die Hand und rüttelte leicht an seiner Schulter. „Alec...Alec wach auf.“ Schließlich schien Alec langsam wach zu werden. Als er die Augen öffnete und Ray über sich erkannte, sah er mit zusammengebissenen Zähnen weg. Er drehte ihm den Rücken zu und zog sich das Kissen über den Kopf. „Geh weg.“ Flüsterte er leise und schluchzte. „Weinst du?“ fragte Ray etwas erschrocken. Alec ließ sich keine Regung anmerken. Als Ray ihm die Hand auf die Schulter legen wollte, zuckte dieser zusammen. Schnell nahm Ray die Hand wieder weg. Das war wohl nicht der richtige Zeitpunkt, um in seine nähe zu kommen. „Was hast du geträumt?“ fragte Ray leise und sanft. Doch Alec schüttelte nur mit dem Kopf und schluchzte erneut. Ray schwieg. Wieder legte er ihm leicht die Hand auf die Schulter. Diesmal zuckte Alec nicht zurück. Sein Körper bebte immer noch, doch er schien sich langsam wieder zu beruhigen. Sein Atem ging ruhiger und er hörte auf zu heulen. Ohne sich noch mal umzudrehen, schlief er erneut an. Etwas erstaunt sah Ray auf seinen Freund runter. Irgendwie schien er ziemlich angespannt. Als er sich sicher war, dass er nicht wieder von Alpträumen geplagt wurde, legte Ray sich wieder hin und versuchte ebenfalls einzuschlafen. Am nächsten Morgen erwachte ich ziemlich spät. Ray war schon wach und stand frisch geduscht in der Mitte des Raumes. Er zog sich gerade einen Pullover über und kümmerte sich dann um etwas zu essen. Langsam schälte ich mich aus den Decken und stand auf. „Morgen.“ Flüsterte ich leise und verschwand erst mal im Bad. Als ich einen Blick in den Spiegel warf, sah mir ein bleiches Gespenst entgegen. Ich wirkte, als wäre ich tot. Schnell zog ich mich aus und verschwand unter der Dusche. Dann trocknete ich ab und schlüpfte wieder in meine alten Klamotten. Als ich diesmal in den Spiegel sah, wirkte ich schon wesentlich besser. Vor allem die Augenringe waren nicht mehr so schlimm. Ich trat aus dem Bad und sah mich suchend nach Ray um. Er packte gerade das nötigste zusammen. Für die Schule. „Hast du ein T-Shirt für mich?“ fragte ich leise. Er nickte und zeigte auf den Koffer, der direkt neben ihm stand. „Bedien dich.“ Sagte er leise. Ich nickte dankbar und trat neben ihn. Er warf mir einen kurzen Blick zu und wich mir schließlich aus, indem er schnell zurück zum Tisch ging. Er schien die Nähe zu mir diesmal zu vermeiden. Da er meinen Oberkörper ja schon gesehen hatte, zog ich mich gleich hier um und schlüpfte in ein dunkelbraunes Shirt, von Tom Taylor. Dann griff ich wieder nach meinem Pulli und setzte mich zu Ray der sich gerade etwas zu essen schmierte. „Wie viel Zeit haben wir noch?“ fragte ich ihn leise. Irgendwie war die Stimmung ziemlich angespannt. Lag das an mir, oder an ihm? Fragte ich mich in Gedanken. „Zehn Minuten, dann sollten wir los.“ Ich nickte. „Ich hab mein Schulzeug gar nicht dabei.“ Stellte ich überrascht fest. Stimmt ja, ich war ja gestern gar nicht nach der Schule hergekommen. Er zuckte mit den Schultern. „Ist doch egal. Du kannst dir was zum schreiben von mir leihen, und die Bücher hab ich mittlerweile ja bekommen. Es geht also schon.“ Ich nickte dankbar und nahm mir eine Scheibe Brot. „Danke.“ Sagte ich leise. Er lächelte leicht. Das Lächeln wirkte wunder. Sofort lockerte sich die Stimmung und mir ging es etwas besser. Sein Lächeln war mir lieber, als eine ernste Miene. Da fühlte ich mich noch unbehaglicher als sonst. Schließlich standen wir auf und zogen uns an. Schweigend gingen wir nebeneinander aus dem Raum. „Vielen Dank übrigens, dass du mich gestern nicht einfach rausgeschmissen hast. Es hat mir viel bedeutet, dass du mich nicht nach Hause geschickt hast, sondern bei dir hast pennen lassen.“ Sagte ich schließlich. Er lächelte erneut. „Vielleicht sollte lieber ich mich dafür bedanken, dass du gestern nicht einfach geflüchtet bist.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich wollte nicht. Außerdem war es nicht zu übersehen, dass du ein schlechtes Gewissen hattest. Da wollte ich nicht einfach davonrennen.“ Er nickte. Er schien wirklich ziemlich erleichtert zu sein, dass ich ihn nicht einfach hatte stehen lassen. „Was machst du heute noch so?“ fragte er schließlich leise. „Nichts Besonderes. Und du?“ wich ich ihm aus. Ich hatte heute meinen Termin beim Psychologen. „Ich hab um halb drei einen Termin beim Jugendamt. Ich darf mich vorstellen und dann gleich umziehen. Ist ganz gut so. Dann kann ich davor noch schnell packen.“ Ich nickte. Wieder dachte ich daran, wie blöd es war, dass er nicht bei mir wohnen würde. Mir fiel auf, dass dieser Satz immer noch absurder wurde. Schließlich hatte er mich gestern schon wieder geküsst. Und trotzdem verstand ich immer noch nicht ganz, was er nun für mich empfand. Mochte er mich wirklich? Oder war das nur so ne Tour? Ich verstand das alles noch nicht richtig. Er verunsicherte mich total. Als wir in der Schule ankamen, sah ich viele erstaunte Blicke. Es hatte wohl keiner damit gerechnet, dass Ray und ich mal zusammen in der Schule auftauchen würden. Tina kam verwundert auf uns zu und fragte: „Hast du bei ihm übernachtet?“ Ich nickte und setzte mich an meinen Platz. „Ja, warum nicht.“ „Ähm...na ja, ich denke ich hätte einfach nicht damit gerechnet.“ Ich zuckte mit den Schultern und bat Ray gleich mal um ein Blatt. Nach der Schule ging ich noch kurz nach Hause um etwas zu essen. Ruhig verabschiedete ich mich von Ray und wandte mich dann ab. Daheim steckte ich erst mal den Stecker wieder in die Steckdose und sah auf den Anrufbeantworter. Ich löschte die zwei Nachrichten, die ja sowieso ohne Inhalt waren und ging dann in mein Zimmer Ich holte mein Tagebuch aus dem Rucksack und zog einen Stift aus meinem Mäppchen. Dann schlug ich die letzte Seite auf und schrieb ein bisschen etwas rein. Über Ray und mich... lauter so zeug. Ich schrieb auch ein paar Zeilen über den Kuss, versuchte so sachlich wie möglich zu bleiben, doch ich kam nicht umhin leicht anzudeuten, dass es mir auf irgendeine Weise schon gefallen hatte, von ihm geküsst zu werden. Wieder spürte ich ein leichtes Herzklopfen. Scheiße! Eindeutig verliebt...schoss es mir in den Kopf. Doch konnte ich meine Gefühle auch zulassen? Immerhin. Er war ein Kerl. Ich war ein Kerl. Irgendwie stellte ich mir so nicht die wahre Liebe vor. Doch trotzdem ließ mich das Gefühl nicht mehr so schnell los. Ich war verliebt. Eindeutig. Schließlich sah ich auf die Uhr. Zeit loszugehen. Ich zog mich an und schloss die Tür hinter mir ab. Dann ging ich zur Praxis. Als ich mich bei der Arzthelferin an der Information anmeldete nickte sie mir lächelnd zu. „Er wartet schon auf sie.“ Ich dankte ihr leise und ging nach hinten in den Behandlungsraum. Kurz klopfte ich, dann trat ich ein. „Hallo Alec. Na, wie geht’s dir?“ fragte mein Psychiater als ich mich gesetzt hatte. Ich zuckte mit den Schultern. „Sagen sie es mir. Ich hab keine Ahnung.“ Er lächelte leicht. „Du wirkst verwirrt. War unsere nächste Stunde nicht erst für nächste Woche angesetzt? Was gibt’s denn?“ „Ich kann es nicht genau erklären. Ich hatte einfach das Bedürfnis herzukommen.“ Kurz schwieg er. Dann fragte er grinsend. „Das hat nicht zufällig was mit dem Neuen zu tun, oder? Der sich neben dich gesetzt hat?“ Kann der Typ Gedankenlesen? Ich lächelte leicht. „Ja, vielleicht hat es das.“ „Erzähl mir doch, was passiert ist.“ Bat er mich neugierig. Ich nickte und fing an zu erzählen. Von der Nachhilfe, von dem Spiel, von dem Kuss, meinen Problemen ihm von meiner Familie zu erzählen, wie ich mich doch schon ein Stück ihm gegenüber geöffnet hatte, wie er mit mir umging, wie er mich verunsicherte... Mein Psychiater unterbrach mich nur selten, um noch mal nachzufragen, oder sicher zu gehen, dass er mich richtig verstanden hatte. Ich brauchte ziemlich lange, bis ich ihm alles genau erklärt hatte. Als ich schließlich zum Ende kam, musterte mich mein Psychiater gutgelaunt von oben bis unten. „Ich würde sagen, der Fall ist eindeutig.“ Ich schüttelte irritiert mit dem Kopf. „Was meinen sie damit?“ „Na was wohl? Meiner Meinung nach, sieht dass so aus, als seihst du ein bisschen in ihn ver-iebt. Ist es nicht so?“ Ich biss die Zähne zusammen und wurde rot. Schließlich gab ich zu: „Kann schon sein. Doch...ich mein...ach...ich komme doch mit Männern gar nicht klar...und ich hatte eine Freundin. Damit meine ich: Ich hab sie geliebt. Wirklich. Und jetzt bin ich plötzlich schwul?“ Ich biss mir auf die Lippe. Zum ersten Mal sprach ich das Wort jetzt aus, und es bereitete mir ziemliches Unbehagen. Mein Psychiater lächelte mich an. „Du darfst das nicht so streng sehen. Dass du eine Freundin hattest, ist doch kein Hindernis. Hör auf dein Herz, Alec. Was sagt es dir?“ Ich schwieg. Schließlich antwortete ich: „Ja...ich...glaube ich mag ihn ziemlich gerne. Doch er verunsichert mich zu sehr. Und...ich kann mich ihm nicht richtig öffnen. Ich habe Angst.“ „Natürlich hast du Angst. Und du darfst auch Angst haben. Lass dir Zeit...lass ihm Zeit. Wie es scheint, mag er dich doch auch? Ihr kennt euch jetzt seit eineinhalb Wochen. Im Moment schwebt ihr noch ziemlich in der Luft. Warte ab, wie es sich entwickelt. Vielleicht ist es auch nur ein Gefühl...das nach einer weile wieder vergeht. Vielleicht findest du ihn auch nur ganz interessant?“ Ich überlegte kurz. Dann schüttelte ich mit dem Kopf. „Ich mag es, wenn er mich berührt. Das kann ich bei niemandem leiden...doch wenn er es tut...“ Er grinste breit. „Na also. Ich jedenfalls finde es schön, dass du wie es scheint jemanden gefunden hast, den du magst und der dich vielleicht versteht. Du hast doch vorher angedeutet, dass er vielleicht ähnliches durchgemacht hat wie du?“ Ich nickte. „Ja, ich glaube schon. Er hat es nicht direkt gesagt, doch ich hab’s an seinem Verhalten gemerkt. Ich denke sein Vater war genauso ein Arschloch wie meiner.“ Er schüttelte zornig mit dem Kopf. „Für was setzen diese Leute eigentlich Kinder in die Welt. Etwa um sie zu quälen?“ Ich zuckte mit den Schultern. Keine Ahnung...dachte ich. „Wie steht’s eigentlich mit dem Tagebuchschreiben?“ fragte mein Psychiater plötzlich in die Stille hinein. „Gut. Ich hab schon einiges zusammenbekommen. Ich glaube sogar, dass es hilft. In der ersten Nacht habe ich relativ ruhig geschlafen.“ Er nickte lächelnd. „Das hört sich gut an. Ach...übrigens, weil du gerade da bist. Ich soll dir von deiner Sozialarbeiterin sagen, dass du nach meiner Stunde bitte ins Jugendamt kommen sollst. Wir haben einen Mitbewohner für dich entdeckt. Er sucht zur Zeit nach einer Wohnung und ist ungefähr in deinem Alter.“ Ich nickte bedrückt. Stimmt ja, der Mitbewohner. Das stand ja noch aus. „Keine Sorge. Ich denke er ist ganz nett. Scheint ein ziemlich offener Typ zu sein, jedenfalls meint das Manuela. Doch du siehst ihn ja gleich.“ Nachdem wir noch ein bisschen über dieses und jenes geredet hatten, verabschiedete ich mich von ihm und wandte mich zur Tür. „Also viel Glück mit deinem Mitbewohner.“ Rief er mir noch nach und ich nickte. Auf ins Gefecht, dachte ich mir und wandte mich draußen nach rechts, Richtung Jugendamt. „Wie heißt er denn?“ fragte ich Manuela, nachdem sie mir erzählt hatte, dass sie einen Mitbewohner für mich gefunden hatte. „Warte...ich sehe mal in den Unterlagen nach.“ Murmelte sie und suchte in ihrem Ordner nach seinen Daten. „Also er ist achtzehn Jahre alt“ „Woher kommt er?“ „Er ist nicht neu hier. Seine Eltern wohnen auf der anderen Seite der Stadt. Sie haben ihn, seiner Akte nach, schon vor einigen Jahren rausgeworfen. Sein Vater schien ein ziemlich brutaler Kerl gewesen zu sein. Und seine Mutter war auch kein Engel. Sie hatte sich nicht sonderlich um ihren Sohn gekümmert. Sein Onkel hat sich um ihn gekümmert in den letzten Jahren. Doch wie es schien, machte die Schule ein paar Probleme. Ihm wurde vorgeworfen er hätte die Prüfungen getürkt. Er scheint wohl nur die exakten Antworten aufgeschrieben zu haben. Sie haben ihn von der Schule geschmissen. Er hat dann Anzeige erstattet und gewann auch den Fall. Doch er wollte nicht mehr auf dieser Schule bleiben und hat deshalb gewechselt. Momentan wohnt er in einem Zimmer, hier in der Nähe. Er scheint psychisch ziemlich stabil zu sein. Er machte auch einen ganz netten Eindruck.“ Ich nickte. Puh...irgendwie passte dieses Bild ziemlich gut auf einen jungen Mann, den ich kannte. „Welches Fach?“ „Ich glaube Mathe.“ „Okay, und wie war doch gleich sein Name?“ „Ach ja, genau...warte her steht es Raym…“ Strikt in dem Moment klopfte es laut und die Tür schwang auf. Ich drehte mich entgeistert um und blickte tatsächlich genau in Raymonds Gesicht. „Hallo, ich...bin...“ fing er an, doch als er mich sah, stockte er. Er wollte mich begrüßen doch ich würgte ihn mit einem klar erkennbaren Blick ab. Er verstand meine Geste. Wenn Manuela checkte, dass wir uns kannten, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie ihn doch jemanden anderem zuschob. Und ich wollte lieber nicht wissen, was für ein Psycho dann bei mir einziehen würde. Lieber jetzt aufs Ganze gehen, dachte ich und stand auf. „Hey. Alec Ramon. Freut mich.” Sagte ich leise und reichte ihm die Hand. Etwas verwundert griff er nach ihr und wir schüttelten uns kurz die Hände. „Ja, freut mich auch. Mein Name ist Raymond Leif. Aber sag Ray zu mir.“ Ich nickte und rang mir sogar ein kleines Lächeln ab. Ray begrüße auch Manuela die ihn sofort freudig in ein belangloses Gespräch über das Wetter verwickelte. Ich kam wieder zurück zum Tisch und setzte mich auf meinen Stuhl. Auch die anderen zwei setzten sich hin und Manuela erklärte kurz wer ich war, und was ich hier anstellte. „Ist das leere Zimmer eigentlich möbliert?“ fragte Manuela. Ich nickte. „Ja. Relativ. Bett, Schrank, zwei Regale. Wie mein Schlafzimmer ungefähr.“ Sie schrieb sich ein paar Notizen und fragte Ray was er sich denn vorgestellt hatte. „Ein Zimmer reicht mir voll und ganz. Hauptsache ich komme aus dieser ätzenden Pension raus. Aber ich finde es gut, dass ich nicht alleine wohnen muss.“ Er lächelte mich an und ich wurde rot. Mist. Jetzt nur nicht unnormal wirken. Also schwieg ich und hoffte, dass Manuela nicht gerade jetzt auf mich aufmerksam wurde. Doch sie konzentrierte sich ganz auf ihre Notizen. Immer wieder stellte sie Ray ein paar Fragen. Er antwortete brav und versuchte einen offenen, lockeren Eindruck zu machen. „Also gut, Ray. Wenn du willst, kannst du zu Alec ziehen. Oder Alec? Ist doch in Ordnung?“ „Ja. Geht klar.“ Antwortete ich leise. Ray sah mich etwas erstaunt an. Ich lächelte ihn an und er zwinkerte mir zu. Dann drehte er sich zu Manuela um. „Klasse. Ich hab mein Zeug schon gepackt, muss also nur schnell in der Pension vorbei.“ „Ich schicke dir einen Wagen mit. Einer unserer Mitarbeiter soll das mit der Pension regeln.“ Schließlich standen wir auf. Ich hob meine Hand zum Abschied, nickte Ray kurz zu und machte mich dann aus dem Staub. Puh...dachte ich. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Das war ja ganz schön verrückt gewesen. Während dem laufen schlüpfte ich schnell wieder in meine Jacke. Dann joggte ich nach Hause, um noch ein bisschen aufzuräumen und meinen Krempel im Wohnzimmer großteils in mein Schlafzimmer zu schaffen. Da hatte ich mir ja was Tolles eingebrockt. Jetzt hatte ich den Spinner also tatsächlich Tag und Nacht am Hals. Selbst Schuld...ging es mir durch den Kopf. Ich hätte ja protestieren können. Doch ich hatte es nicht gemacht. Denn insgeheim wollte ich ja, dass er bei mir wohnte. Insgeheim... Kapitel 7: Part 7 ----------------- Als ich den größten Teil, bis auf einige der Bücher und ein paar Zeitschriften, in mein Zimmer gebracht hatte, nahm ich dies als Motivation zum Aufräumen. Innerhalb von einer halben Stunde war mein Zimmer picobello aufgeräumt und gesaugt. Perfecto, dachte ich und grinste. Und schon sah es viel besser aus. Viel angenehmer und gemütlicher. Da ich ja jetzt die meiste Zeit in meinem Zimmer verbringen werden müsste, um Ray zumindest ein bisschen auf Abstand zu halten, würde ich automatisch sauberer sein müssen, in meinem Zimmer. Irgendwie war die Vorstellung ziemlich komisch, jetzt nach einem halben Jahr wieder mit jemandem zusammen zu wohnen. Ich verdrängte meine Gedanken und ging in die Küche um mir etwas zu essen zu machen. Ich konnte ja sowieso nichts mehr daran ändern. Also warum sich den Kopf zerbrechen. Schließlich klopfte es an der Tür und ich ging hin um sie zu öffnen. Einer der Sozialarbeiter stand vor mir, mit zwei Koffern und Ray im Schlepptau. Dieser lächelte mich freudig an. „Wohin geht’s denn, Alec?“ fragte der Sozialarbeiter. „Gleich rechts die erste Tür.“ Antwortete ich. Ich folgte ihnen und zeigte ihnen kurz das Zimmer. Dann tat ich so, als kenne Ray die Wohnung noch nicht, zeigte ihm kurz Bad, Wohnzimmer und Küche. „Dort ist mein Zimmer. Also Diagonal auf der gegenüberliegenden Seite zu deinem. Das Zimmer ist für dich übrigens Tabu.“ Er grinste und nickte. Dann kehrten wir zu seinem Zimmer zurück. „Also Jungs. Ich lass euch dann mal allein. Am Montag kommt Manuela vorbei, und sieht nach euch. Sei schön brav, Alec.“ Sagte der Sozialarbeiter zum Abschied und zwinkerte mir zu. Ich verdrehte die Augen und er ging lachend aus der Wohnung. Ich schloss die Tür hinter ihm und drehte mich um, um in mein Zimmer zu gehen, doch da schoss Ray aus seinem Raum und grinste mich an. „Wow. Ich bin überwältigt. Mit dir eine Wohnung zu teilen...klasse.“ Ich sah ihn kopfschüttelnd an. „Freu dich nicht zu früh. Es wird nichts zwischen uns ändern.“ Antwortete ich und wollte an ihm vorbeigehen, doch er griff nach meinem Arm und hielt mich fest. „Wirklich?“ fragte er leise und sah mir tief in die Augen. „Ja. Wirklich.“ Giftete ich. Dann riss ich mich los und ging in mein Zimmer. Hinter mir schloss ich die Tür und lehnte mich aufatmend an den Rahmen. „Shit. Das wird noch lustig.“ Flüsterte ich leise und griff nach meiner Jacke. Schnell schlüpfte ich hinein und ging dann wieder in den Gang. „Wo gehst du hin?“ fragte Ray erstaunt. „Kim. Kumpel von mir.“ Antwortete ich und drängte mich an ihm vorbei. Ich nahm meinen Schlüssel vom Telefontischchen, hob kurz die Hand zum Abschied und verschwand dann aus der Tür. Bei Kim oben angekommen klopfte ich kurz an die Tür. Kurze Zeit später ging die Tür auf. „Hey. Kann ich reinkommen?“ fragte ich ihn und er nickte. „Klar. Komm rein.“ „Hast du Besuch?“ fragte ich zögernd. „Nee. Bin allein.“ Schließlich trat in zu ihm in die Wohnung schloss die Tür hinter mir. „Wie war’s beim Schaffen?“ fragte ich ihn und holte mir ein Bier aus seinem Kühlschrank. „Ganz okay. Bisschen stressig. War viel los.“ Ich nickte und machte es mir auf seiner Couch bequem. „Und? Hast du jetzt nen neuen Mitbewohner? Vorher am Telefon hast du so komisch geklungen.“ „Jep hab ich. Das blöde ist: Ich kenne ihn. Er ist letzte Woche Montag auf meine Schule gewechselt. Ziemlich aufdringlicher Typ. Vor allem hege ich den Verdacht, das er schwul, oder zumindest bisexuell ist.“ Erstaunt sah Kim mich an. „Erklär.“ Bat er. Ich zuckte mit den Schultern. „Immerhin rückt er mir ziemlich auf die Pelle, und...na ja, er hat mich geküsst“ „Was???“ „Ja. Und er will’s einfach nicht lernen. Er versucht es immer wieder.“ Kim schüttelte fassungslos mit dem Kopf. „Da schaffst du dir einen Mitbewohner an und gerätst gleich mal an nen Schwulen? Wirkliche Glanzleistung. Ich glaube, der da oben kann dich nicht ausstehen.“ Er zeigte gen Himmel und grinste breit. Wieder zuckte ich mit den Schultern. „Gut möglich. Jedenfalls kann es sein, dass ich jetzt öfters mal zu dir komme. Ich versuche mir alle Möglichkeiten bewusst zu machen, in denen ich Flüchten kann.“ Ich merkte wie ich ein schlechtes Gewissen bekam. Ich übertrieb ziemlich und meinte nur die Hälfte so ernst, wie ich es sagte. Eigentlich war es nicht sonderlich nett, so über meinen neuen Mitbewohner zu reden. Doch seine Art und Weise, wie er mich vorher angesehen hatte, hatte mich ziemlich beunruhigt. Ich hatte wirklich Angst vor ihm. Langsam traute ich ihm alles zu. Kurz überlegte ich, ob ich einen Schlüssel von meinem Zimmer hatte...im Bad gab’s einen, das wusste ich, doch von meinem Zimmer? Nach meinem Bier kehrte ich zurück in meine Wohnung. Ich verabschiedete mich lächelnd von Kim und war froh wieder nach unten zu gehen. Es lag nicht an Kim, sondern an mir. Ich wollte nicht mehr über Ray sprechen. Davon bekam ich ein schlechtes Gewissen. Als ich die Tür aufsperrte hörte ich Musik aus seinem Zimmer dröhnen. Lächelnd sperrte ich die Türe ab und ging ins Wohnzimmer. Müde ließ ich mich auf die Couch fallen und griff nach meiner Fernbedienung. Ich schaltete die Glotze ein und zappte durch die Kanäle. Nicht sehr viel versprechend. Irgendwann hörte ich, wie sich Raymonds Tür öffnete. Er hatte die Musik abgeschaltet und tappte mit leisen Schritten nach vorne. Als er kurz einen Blick ins Wohnzimmer warf, entdeckte er mich auf der Couch. „Hey. Schon wieder zurück?“ stellte er verwundert fest. Ich nicke. „Ja, ich bin heut nicht so sonderlich gut drauf.“ Er nickte und setzte sich ebenfalls auf die Couch. „Wo wohnt denn dieser Kim?“ fragte er weiter. Ich schaltete die Glotze aus und sah ihn an. „Hier im Haus. Wir sind Nachbarn.“ Er nickte. Kurz schwiegen wir uns an. Schließlich fragte er leise: „Ist es schlimm für dich, dass ich jetzt hier wohne?“ Nach einer kurzen Pause antwortete ich leise: „Das weiß ich noch nicht so genau. Bist jetzt mal noch nicht.“ Er nickte. „Wann wäre es denn schlimm?“ „Wenn du nicht augenblicklich aufhörst, mich mit deinen blöden Fragen zu nerven.“ Antwortete ich und lächelte verschmitzt. Er schüttelte lachend mit dem Kopf. Wieder sah er mir tief in die Augen. „Weißt du was?“ fragte er leise. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Was denn?“ „Ich finde dein Lächeln sehr schön.“ Sagte er und legte den Kopf leicht zur Seite. Ich wurde rot und sah weg. „Hör auf so etwas zu sagen.“ „Warum?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich will es nicht.“ Seufzend stand Ray auf und wandte sich ab. „Gute Nacht“ sagte er etwas bedrückt, dann ging er aus dem Zimmer. Eine weile starrte ich ihm noch nach, dann stand ich ebenfalls auf und verschanzte mich in meinem Schlafzimmer. Ich atmete tief ein und aus und zog mich dann um, um ins Bett zu gehen. Am nächsten Morgen stand ich erst spät auf. Wir hatten Samstag und ich genoss es, richtig lange schlafen zu können. Irgendwann klopfte es an der Tür. Ich quälte mich langsam aus dem Bett und ging, nur mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet zu meiner Schlafzimmertür. Ich öffnete sie und sah verschwommen Ray vor mir stehen. „Was gibt’s?“ fragte ich und rieb mir über die Augen. „Sorry. Hab ich dich geweckt?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein. War schon wach.“ „Ich wollte fragen, ob ich dir etwas bestimmtest mitbringen soll? Ich laufe schnell zum Bäcker, gleich hier um die Ecke.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. “Irgendwas. Semmeln, Brezeln...keine Ahnung.“ „Hast du viel Hunger?“ „Nein. Bring trotzdem eher mehr mit, dann können wir sie über den Tag verteilt essen.“ Er nickte und wandte sich ab. „Bis gleich.“ „Jep.“ Ich drehte mich wieder um und ließ mich ins Bett fallen. Ich bin so müde, ging es mir durch den Kopf Seufzend kuschelte ich mich in mein weiches Kissen. Nach einigen Minuten stand ich schließlich auf und ging ins Bad um zu duschen. Dann zog ich mir ein paar frische Klamotten an und sah kurz in den Spiegel. Der Schlaf hatte mir gut getan. Traumlos und tief hatte ich die ganze Nacht geschlafen, ohne auch nur einmal aufzuwachen. Ich kämmte mir kurz durch die Haare und trat dann aus dem Bad. Die Tür öffnete sich und Ray kam zurück. Er lächelte und ging an mir vorbei um die Brötchen in die Küche zu bringen. Unsere Schultern berührten sich und ich bekam eine leichte Gänsehaut. Trotzdem zuckte ich nicht zurück. Erstaunt blieb Ray stehen und sah mich an. Dann hob er die freie Hand und dotzte mich leicht gegen die Schulter. „Hey. Ich bekomme keinen Ärger?“ Ich schüttelte wirr mit dem Kopf. „Quatsch keinen Scheiß.“ Entfuhr es mir, dann drehte ich mich um und ging kurz in mein Zimmer um mir ein paar Socken zu holen. Er brachte die Semmel in die Küche und richtete das Frühstück her. Als ich meine Socken anhatte, half ich ihm beim Tischdecken. Als wir schließlich endlich saßen fragte er mich leise: „Du hast kein Problem mehr, wenn ich dich berühre?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Wie es scheint wohl nicht.“ Genervt schüttelte er mit dem Kopf. „Du bist ja mal wieder gut gelaunt.“ „Ach lass mich doch in Ruhe. Ich bin Müde. Wir haben grad mal halb elf. Ich hasse es, wenn man mich schon in der Früh kurz nach dem aufstehen so voll quatscht.“ „Wenn es darum ginge, wärst du doch am liebsten allein auf der Welt“ giftete Ray. Er hörte sich beleidigt an. „Entschuldige dass nicht alle so redefreudig sein können wie du“ grollte ich. „Tse!“ Schweigend beendeten wir unser Frühstück. Als ich fertig war hob ich den Kopf, lehnte mich zurück und sah ihn an. Er wirkte angespannt. „Was ist?“ fragte ich ihn. Er sah überrascht auf. „Nichts. Was soll schon sein?“ „Du wirkst angespannt.“ Sagte ich. Ich merkte, wie besorgt meine Stimme kling und musste ein grinsen unterdrücken. Ich war schon genauso doof wie er. „Ach...passt schon“ meinte er nicht gerade überzeugend. „Sei ehrlich.“ Entgegnete ich und rollte mit den Augen. „Ich bin unsicher. Du verunsicherst mich.“ Erstaunt riss ich die Augen auf. „Ich verunsichere dich?“ wiederholte ich seine Worte und lachte leise auf. „Das ist nicht lustig.“ Grollte er doch ich schüttelte abwehrend mit dem Kopf. „Ich hatte eher das Gefühl, das du mich verunsicherst.“ Erklärte ich. Er zuckte mich den Schultern. „Na ja, wenn du meinst...“ „An was liegt es denn? Deine Unsicherheit?“ „Ich weiß nicht, wie du zu mir stehst..:“ „Wie soll ich schon zu dir stehen? Ich kenne dich erst seit zwei Wochen. Bisher bist du mir entweder auf die Nerven gegangen, oder du hast mich geküsst. Na ja...wie soll ich sagen. Ich finde dich NOCH ganz nett. Wobei du das mit deiner Fragerei auch schnell wieder umwürfeln kannst.“ „Ach komm schon. In letzter Zeit frage ich relativ wenig.“ Einen Moment lang sah er mir noch in die Augen, dann sah er weg. „Was hast du denn gedacht, was ich über dich denke.“ Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich schätze ich habe mir falsche Hoffnungen gemacht, bezüglich deines geringen Widerstandes bei der Sozialarbeiterin.“ „Mir war es lieber, ich ziehe mit jemand in eine Wohnung, den ich schon ein bisschen kenne, als dass ich mit jemanden zusammenziehe, der wildfremd ist.“ „Du hörst dich ja nicht sehr begeistert an von mir. In Wahrheit hasst du mich wahrscheinlich dafür, dass ich dich geküsst habe.“ „Quatsch. Das habe ich nicht gesagt,“ versuchte ich ihn zu besänftigen, „Ich habe doch gesagt, dass ich dich nicht schlimm finde. Außerdem weiß ich gar nicht, weshalb du daraus jetzt ein Problem machst. Du wolltest doch soviel Zeit mit mir verbringen. Jetzt hast du die nächsten zwei Jahre Zeit um mich zu nerven.“ Er grinste leicht. „Wo hast du eigentlich vorher gewohnt?“ fragte ich ihn schließlich. „Bei meinem Onkel...“ antwortete er. Ein leichtes Lächeln umspielte seinen Mund. „Weshalb kümmern sich deine Eltern nicht mehr um dich?“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Nein...keine Elterngespräche.“ Ich sah ihn lächelnd an. „Warum bist du ausgerechnet zu deinem Onkel gezogen? Und warum hast du keine Hemmungen davor, einen Jungen Mann zu küssen?“ „Ganz einfach. Ich bin zu ihm gezogen, weil er der einzige war, der mich aufnehmen wollte, und ich hab keine Hemmungen davor, weil mein Onkel schwul ist, und ich da täglich mit Knutschszenen konfrontiert wurde.“ Ich sah ihn erschrocken an. Dann grinste ich. „Heißt dass, ich sollte ihm die Schuld geben, dafür dass du mich so miserabel verführt und dann geküsst hast?“ Er lächelte ebenfalls. „Ja. Im Prinzip könntest du das. Doch so miserabel war ich jetzt auch nicht. Also bitte nicht übertreiben.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Hätte besser klappen können.“ „Wie denn zum Beispiel?“ Jetzt wirkte er interessiert. Ich schüttelte lachend mit dem Kopf und stand auf. „Ne, ne. Ich werde garantiert kein solches Gespräch mit dir führen.“ Er stand ebenfalls auf und folgte mir ins Wohnzimmer. Ich setzte mich auf die Couch und sah ihn fragend an. Er musterte mich von oben bis unten. Wieder fühlte ich mich ziemlich unbehaglich. „Na ja...ich denke nur über deine Worte nach. Vielleicht sollte ich es das nächste Mal so machen:“ Langsam kam er näher. Er sah mir tief in die Augen. Mit einem Charmanten Lächeln fuhr er sich durchs Haar. „Ich mag dich...Alec. Ich finde dich ziemlich interessant.“ Wieder kam er ein Stück näher. Gespannt sah ich ihn an. Er lächelte immer noch. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich konnte mich nicht rühren, so angespannt war ich. „Ich mag dein Lächeln. Und ich mag deine Haare furchtbar gern. Sie sind wunderschön... Du bist sehr Attraktiv. Ich finde du siehst verdammt gut aus. Deine Augen...klasse... Ich will mehr über dich erfahren...ich will dich küssen...“ Die letzten Worte hatte er nur noch geflüstert. Er beugte sich zu mir vor, stützte sein Knie auf den Rand der Couch und fuhr mir mit seiner Rechten in den Nacken. Er vergrub seine Finger in meinen Haaren und legte mir seine andere Hand sanft an die Hüften. Seine Lippen kamen immer näher. Er hatte die Augen geschlossen. Automatisch schloss ich ebenfalls die Augen und hüllte mich ganz ein, in seinen angenehmen Geruch. Kurz bevor er mir seine Lippen auf den Mund legte hielt er inne. Ich hielt den Atem an. Angespannt wartete ich, was er tun würde. Dann überwand er auch die letzten Zentimeter, die mich von ihm trennten und küsste mich sanft auf die Lippen. Ich öffnete leicht den Mund und seine Zunge suchte sich einen Weg ins innere. Ich hob die Linke und krallte sie fest in sein dunkelblaues Shirt. Er fuhr mir mit seiner Zunge sanft durch den Mund und berührte mich an jeder noch so winzigen Stelle. Er strich mir sanft über den Gaumen und liebkoste meine Zunge mit der seinen. Immer noch wagte ich es nicht zu atmen. Erst als er sich langsam von mir löste und sich wieder ein Stück zurückzog wagte ich es die Augen zu öffnen und wieder Luft zu holen. Ray schien etwas außer Atem zu sein. Er holte tief Luft und sah mir tief in die Augen. Ich erwiderte den Blick und stellte fest, dass es mir ziemlich gefallen hatte. Auch Ray bemerkte meine Reaktion. „Es hat dir gefallen.“ Sagte er und lächelte breit. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Ach Quatsch.“ Antwortete ich. „Doch, dass hat es. Ich seh es dir an.“ „Es war besser als das letzte Mal. Doch das nächste Mal musst du...dich...“ begann ich. Shit, was redest du? Ging es mir durch den Kopf. Er lächelte belustigt und fragte: „Was muss ich?“ Erneut schüttelte ich mit dem Kopf Oh nein! Ich hatte mich mal wieder um Kopf und Kragen geredet. Erneut wollte er sich zu mir runterbeugen. Doch ich entwand mich aus seinem Griff und krabbelte auf der Couch ein Stück davon. Dann stand ich auf und ging unsicher einige Schritte zurück. Ray folgte mir langsam und spießte mich förmlich auf, mit seinen Blicken. „Oh, ich weiß nicht ob ich das will.“ Versuchte ich mich herauszureden. „Du willst.“ Sagte er bestimmt und kam noch einen Schritt näher. Ich stolperte über einen Stapel Zeitschriften und wäre beinah hingefallen doch ich konnte mich gerade noch an der Lehne der Couch festhalten. „Ich glaube ein Kuss reicht mir heute völlig.“ Wollte ich ihm weismachen. Er lächelte nur zaghaft und setzte mir immer noch nach. Langsam trat ich rückwärts gehend in den Gang hinaus, Richtung Schlafzimmer. Er griff nach meinem Arm und hielt mich fest. „Weißt du was Alec bedeutet?“ fragte ich leicht hysterisch, „Es ist eine Ableitung von Alexis und bedeutet übersetzt: Der Männerabwehrende. Das heißt doch im Prinzip schon alles, oder nicht? Ich finde schon.“ Ray fuhr mir durchs Haar und legte mir seine Hand ans Ohr. „Halt die Klappe.“ Sagte er leise, dann beugte er sich erneut zu mir vor und küsste mich auf den Mund. Ich schloss die Augen und ein kleiner Seufzer stahl sich über meine Lippen. Ray ließ seine Hände nach unten gleiten und legte sie an meine Hüften. Dann drängte er mich nach hinten an die Wand und fuhr mir durch den Mund. Sein Kuss wurde immer fordernder und gieriger. Schließlich konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich hob die Hand und packte ihn hart am Nacken. Die andere Hand legte ihn ihm liebevoll an die Seite. Ich drückte ihn zurück und erwiderte den Kuss ebenso ungeduldig und gierig. Etwas überrascht, wollte er schon innehalten doch ich fuhr ihm mit meiner Hand unter das T-Shirt und strich ihm sanft über den Rücken. Schließlich zerrte er mich zu Boden und beugte sich über mich. Erneut küsste er mich auf den Mund und zerrte ungeduldig an meinem Gürtel. Ich spürte, wie sich alles in mir zusammenzog und drehte mich weg. Ich befreite mich aus seiner Umarmung und hielt mir die Hand vor den Mund. Atemlos starrten wir uns an. Ich schmerzlich, er überrascht. „Was ist?“ fragte er und legte mir seine Hand an die Hüfte. Wir waren beide auf die Knie gebeugt. „Ich...lass...nein!“ sagte ich zusammenhangslos und sah weg. Tränen schossen mir in die Augen. „Was ist los?“ fragte er erneut und kam ein Stück näher. „Ich kann nicht.“ Sagte ich leise und wischte mir über die Augen. „Woran liegt´s?“ fragte er weiter. „Ich...kann nicht...muss erst darüber reden...kann nicht mit dir schlafen“ zählte ich etwas durcheinander auf. Er schüttelte mit dem Kopf und fuhr mir sanft über die Wange. „Ist nicht schlimm. Komm.“ Er lächelte mich warm an und schließlich kam ich ein Stück näher und umarmte ihn. Seufzend drückte ich ihn an mich und spürte, wie erleichtert ich war. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Schulter und sog seinen schönen, angenehmen Geruch in mich rein. Wie ich ihn liebte. Diesen Geruch. Schließlich lösten wir uns nach einer weile aus der Umarmung. Ray lächelte mich an und drückte mir erneut einen sanften Kuss auf den Mund. Dann stand er auf und zog mich mit hoch. „Sollen wir reden?“ fragte er leise. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Kann noch nicht.“ Flüsterte ich. Schließlich riss ich mich los und wandte mich ab. „Alec?“ fragte er leise. Ich drehte mich kurz um. „Nein.“ Sagte ich und ging schnell in mein Zimmer. Ich knallte die Tür hinter mir zu und ließ mich langsam nach unten sinken. Ich vergrub das Gesicht in den Händen. Meine Gefühle spielten verrückt. Er hatte mich wieder geküsst...und ich hatte den Kuss sogar erwidert...ich hatte ihn umarmt...und beinah mit ihm geschlafen... Nicht schlecht für den ersten Tag, den wir jetzt zusammen lebten. Puh, das kann ja noch heiter werden...dachte ich. Shit. Ich hatte mich also doch noch von ihm rumkriegen lassen... Und was passiert morgen? Am besten verlasse ich nie wieder mein Zimmer, dachte ich und stöhnte leise. Shit! Was war das denn? Fragte sich Ray. Etwas perplex starrte er auf die Tür, in der sein Freund gerade verschwunden war. Okay...also wieder Abwehr? Dachte er und schloss kurz die Augen. Es schmerzte ihn wie schwieriger Alec dass alles machte. Er sah einfach zu schwarz... Ray hatte sich schon von Anfang an, klar gemacht, dass er sich verliebt hatte...Alec hatte seinen Kuss schließlich erwidert, so abgeneigt konnte er also gar nicht sein...oder? „Shit!“ fluchte er leise. Dann ging er in sein Zimmer und schloss ebenfalls die Tür hinter sich. Am besten erst mal in Ruhe lassen. Vielleicht komme ich später wieder an in ran, dachte Ray. Er machte sich ziemliche Hoffnungen. Ob das auch alles so klappte, wie er das wollte? Er seufzte und legte sich ins Bett. Bleib ruhig...mach dir keine unnötigen Sorgen, redete er sich ein und rollte sich auf die Seite. Er war ziemlich auf Hundertachtzig. Alec brachte ihn ganz schön in Verlegenheit. Vielleicht könnte ich über die Feuertreppe flüchten...ging es mir durch den Kopf. „Du hast nen Knall!“ sagte ich leise zu mir. Ich brauchte doch keine Angst haben vor ihm. Warum also Flucht? Tja...vielleicht weil ich so ein kompletter Idiot bin? Ich lachte leise. Ich war wirklich dumm. Irgendwie konnte ich mich nicht entscheiden, zwischen zulassen und Abstand halten... Irgendwann klopfte es schließlich an der Tür. „Alec?“ fragte Ray leise. Ich hob den Kopf. Ich lag in meinem Bett und schrieb in meinem Tagebuch. „Ja?“ „Kann ich reinkommen? Bin auch brav.“ Ich grinste leicht. „Okay.“ Antwortete ich schließlich. Die Tür öffnete sich langsam und Raymonds Kopf erschien zwischen dem kleinen Spalt. „Hey...ähm...hast du Hunger? Soll ich uns was zu essen machen?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. Schweigend sahen wir uns an. Schließlich setzte ich mich auf und winkte ihn herein. „Komm schon...setz dich.“ Bat ich ihn. Er lächelte etwas unsicher und schloss die Tür hinter sich. Dann kam er die paar Schritte zu meinem Bett und ließ sich auf der Kante niedersinken. „Ähm..“ begann er, doch ich schüttelte mit dem Kopf. „Halt. Lass uns nicht darüber reden. Erzähl mir doch ein bisschen, von deinem Onkel.“ Ich rang mir ein leichtes Lächeln ab und er nickte schließlich. „Okay. Was willst du hören?“ „Nichts Bestimmtes. Erzähl einfach.“ Er zog die Beine an und schlang die Arme um die angezogenen Knie. „Ich bin zu ihm gezogen, da war ich zwölf. Ich hab’s bei meinen Eltern einfach nicht mehr aushalten können. Es ging ziemlich schnell. Mein Vater schmiss mich raus, meine Mutter war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Also kam ich zu meinem Onkel. Er ist der Bruder von meinem Vater. Anfangs hatte ich ziemliche Angst vor ihm, vor allem als ich merkte, dass er schwul war, doch er war total locker drauf und sehr nett zu mir. In der ersten Zeit, fiel es mir ziemlich schwer, mit seiner Sexualität umzugehen, doch mit der Zeit merkte ich, dass es gar nicht so schlimm war. Ich hatte nie eine Freundin, war immer Single. Doch die Zeit, die ich mit meinem Onkel verbrachte, reichte mir auch schon total. Er hatte öfters mal einen Freund da, die meiste Zeit erzählte er mir aber nur von dem Typen, den er kennen gelernt hatte, und dem Typen, der ihn dauernd anbaggerte. Er sprach ziemlich viel mit mir, über solche Dinge. Das war gar nicht mal so schlecht. Ich verlor mit der Zeit die Hemmungen und kam besser damit klar. Er sagte von Anfang an, dass ich das Potential zum Homo hatte, doch ich hatte es immer bestritten. Tja, da ich nie eine Freundin hatte, weil mir einfach nie die richtige über den Weg lief, konnte ich seine Vorhaltungen auch leider nicht entkräftigen. Da ich in meiner letzten Schule einige Probleme hatte, bin ich auf deine Schule gewechselt. Tja, und als ich dich das erste Mal sah, hatte ich schon das Gefühl dich zu kennen. Ich fand dich total anziehend. Weißt du noch? Ich hab dich am Montag angelächelt, doch du hast nur weggesehen. Da dachte ich mir schon...puh, was ist dass denn für einer? Doch eigentlich warst du ja ganz nett zu mir, nur etwas still. Das nahm ich mir zur Herausforderung und versuchte dich zum Reden zu bringen.“ Sein Lächeln war warm...und ich musste wegsehen. Ich wurde rot. Verlegen zwang ich mich zu einem Lächeln. „Jetzt bist du dran.“ Kurz schwieg ich. Dann begann ich zu erzählen „Ich bin ausgezogen, da war ich vierzehn. Oder sagen wir lieber: Das Jugendamt hat mich aus meiner Familie gezogen. Die ersten zwei Jahre war ich in einer Wohngruppe. Dann kam ich zurück zu meiner Mutter. Doch ich hielt es nicht lange aus. Mein Vater ist im Knast...seit vier Jahren jetzt...ich weiß nicht genau, wie lang er gekriegt hat, ich glaube sechs Jahre. Das heißt wenn ich nicht in Revision gehe, kann es sein, dass er in einem knappen Jahr schon draußen ist. Vor einem halben Jahr bin ich ausgezogen. Ich kenne Manuela jetzt seit vier Jahren, doch sie weiß im Prinzip nichts über mich. Es ist eigenartig, doch ich denke, es gibt wirklich niemanden, der mich kennt. Bis auf einen vielleicht, doch über den will ich nicht reden...tatsächlich habe ich vor ungefähr einem Jahr aufgehört, mich zu öffnen. Jedes Mal wenn ich mich jemandem geöffnet hatte, hat er mich allein gelassen. Da ich eh nicht sehr viel rede, vor allem nicht über mich...tja, wie soll ich sagen...Freundschaften zu schließen ist da etwas schwierig.“ Er legte den Kopf zur Seite und musterte mich. „Ja...das ist es..“ sagte er leise und lächelte. Ich sah ihn ebenfalls an. Wir schwiegen einvernehmlich. „Gleich um die Ecke ist ein Schwimmbad. Hast du heute Abend schon etwas Bestimmtes vor? Sonst lass uns doch schwimmen gehen.“ Schlug ich schließlich leise vor. Ray lächelte. „Okay.“ Sagte er und stand schließlich auf. „Ich mache mir was zu essen.“ Kurz legte er mir die Hand auf die Schulter. Die Berührung tat mir gut. Es beruhigte mich ein bisschen. Dann ging er aus dem Raum. Ich packte meine Schwimmsachen zusammen. Ein Handtuch, Sachen zum Wechseln, Badehose... Als ich alles zusammengesucht hatte, griff ich nach meiner Sporttasche und tat alles hinein. Dann ging ich in die Küche und nahm mir eine Flasche Wasser. Auch die wanderte in meine Sporttasche. Ray fragte mich, was ich alles mitnahm und ich zählte es ihm auf. „Hast du Duschzeug schon eingepackt?“ fragte er. Ich nickte. „Klasse. Dann habe ich denke ich alles. Was kostet der Eintritt?“ Ray zog seinen Geldbeutel heraus, und zählte sein Geld. „Keine Ahnung. Vier oder Fünf denke ich mal.“ „Gut. Dann können wir meinetwegen los.“ Wieder nickte ich. Dann fiel mir etwas ein. „Warte noch.“ Ich ging schnell in mein Zimmer und suchte in einer der Schubladen nach meinem Ersatzschlüssel. Ich machte ihn von dem Schlüsselbund weg und drückte ihn Ray in die Hand. „Hier, das ist wohl deiner. Ich will ja nicht, dass du dich wie ein Gast fühlst...“ Er grinste und nahm den Schlüssel dankbar an. Dann gingen wir aus der Wohnung und fuhren mit dem Aufzug nach unten. „Ach übrigens. Wir sollten uns mal um die häuslichen Pflichten unterhalten. Müll rausbringen, Badputzen, Kochen...“ „Willst du eine bestimmte Regelung?“ fragte er etwas überrascht. „Nicht unbedingt. Aber wir müssen schon darauf achten, dass nicht einer alles alleine macht. Ich bin normalerweise übrigens ein ziemlich ordentlicher Typ. Wenn es nicht gerade um mein Zimmer geht.“ Er grinste breit. „Ups.“ Sagte er und zwinkerte mir zu. Ich nickte. „Ja, ja, ich weiß. Du überhaupt nicht. Das habe ich gemerkt, als ich zum ersten Mal bei dir war. Der Boden war fast nicht erkennbar.“ Er lachte leise. „Ach komm schon. Übertreibs nicht. So schlimm war es nun auch nicht.“ „Doch fand ich schon.“ Er zuckte nur mit den Schultern und schweigend gingen wir weiter. Beim Hallenbad angekommen, staunte Ray nicht schlecht. „Wow. Ich wusste gar nicht, dass es ein Erlebnisbad ist. Das wird bestimmt lustig.“ Ich zuckte mit den Schultern. Ich ging öfters hier her. Es war ganz nett. Wir gingen hinein und buchten für zwei Stunden. „So können wir im Nachhinein immer noch nachbuchen.“ Er nickte und ich gebot ihm mir zu folgen. „Willst du ne Einzelkabine?“ fragte ich ihn und führte ihn zu den Kabinen. Er zuckte mit den Schultern. „Ist mir eigentlich egal.“ Grinsend suchte ich uns eine Familienkabine und gebot ihm, mir zu folgen. Wir suchten uns einen freien Platz und ich schälte mich langsam aus meinen Klamotten. Aus den Augenwinkeln betrachtete ich ihn, und entdeckte sofort, die lange Narbe, direkt unterhalb seines Bauchnabels. Als er sich die Hose ausziehen wollte, packte ich ihn am Arm und hielt in zurück. Fragend sah er mich an. „Was...?“ begann er zu fragen, doch ich schüttelte mit dem Kopf. Langsam hob ich die Fingerspitzen und fuhr ihm über den Bauch. „Woher hast du die?“ fragte ich leise. Ich sah, wie sich die Härchen auf seinem Bauch langsam aufrichteten. Er bekam eine Gänsehaut. Ich sah ihm tief in die Augen. „Woher wohl?“ fragte er und lächelte. Doch das Lächeln war nicht sehr überzeugend. Sein Mund lächelte, doch seine Augen drückten tiefen Schmerz aus. Ich nickte leicht und zog ihn näher zu mir. Langsam nahm ich ihn in den Arm. Etwas perplex erwiderte er die Umarmung. Dann löste ich mich wieder von ihm und lächelte warm. „Schwamm drüber.“ Sagte ich leise, und er nickte. Ihm standen die Tränen in den Augen, doch er hielt sie zurück. Ich wandte mich wieder um und zog mir die Hose aus. Schnell schlüpfte ich in meine Badehose und zog mir die Kette über den Kopf. Ich trug ein kleines, goldenes Kreuz um den Hals. Schon seit ich nicht mehr daheim wohnte, trug ich es ununterbrochen. Damals hatte ich mich ziemlich mit dem Thema Glaube auseinander gesetzt und auch wirklich ein Stück weit Ruhe darin gefunden. Ich mochte den Gedanken, dass es jemanden gab, der über mich wachte. Dieser Gedanke beruhigte mich ein bisschen. Wir packten unser Zeug in die Spints und wandten uns dann zum Bad. Nur die Handtücher nahmen wir mit. „Komm.“ Sagte ich und winkte ihn mit zu den Duschen. Kurz ließ ich mir das heiße Wasser über den Kopf laufen. Ray beobachtete Alec aus den Augenwinkeln. Sein Körper war wirklich gut gebaut. Muskulös und doch elegant. Er war ein kleines Stück kleiner als Ray, und seine Schultern waren ebenfalls schmaler. Trotzdem wirkte er stark. Sein Körper war genauso schön und anmutig wie sein Gesicht. Die Narben an seinem Körper verzerrten das Bild ein bisschen. Und davon hatte Alec viele. Eine Narbe zum Beispiel lag kurz unterhalb des linken Schlüsselbeins. Sie war klein und länglich...schien von einem Messer oder einem anderen Spitzen Gegenstand. Er hatte eine kleine Brandnarbe an der rechten Schulter. An der Stelle war die Haut weißer als am Rest seines Körpers. Dadurch hob sich die Narbe ungewöhnlich ab. Dennoch schien es, als sei Alecs Körper trotz dieser Narben makellos. Sie gehörten dazu. Als Alec sich unter die Dusche stellte schloss er die Augen. Er fuhr sich kurz durchs Haar. Ray lächelte. Dann wandte er den Blick ab und schaltete ebenfalls die Brause an, um sich kurz abzuduschen. Danach gingen sie wieder aus dem Raum und wandten sich dem Bad zu. Ich griff nach meinem Handtuch und schmiss es auf einen der freien Stühle. Dann fragte ich Ray, wo er hin wollte. Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Sollen wir uns erst mal ein bisschen warm schwimmen?“ Ich nickte und wir gingen zum großen Schwimmerbecken, um ein paar Bahnen zu schwimmen. Langsam ließ ich mich ins Wasser gleiten. Es war kalt, im Gegensatz zu den Duschen. Schnell schwamm ich ein paar Züge um warm zu werden. Ray kam ebenfalls ins Wasser und holte auf. Ruhig schwammen wir ein paar Runden. Plötzlich glitt er hinter mich und tauchte. Er packte mich am Fuß und zog mich runter. Ich protestierte laut und schluckte Wasser. Als ich prustend wieder hoch kam, lachte er laut. Ich drehte mich angriffslustig zu ihm um und packte ihn an den Schultern. Mit aller Kraft drückte ich ihn runter und er soff ebenfalls protestierend ab. Bevor er wieder hochkam, griff er nach meinem Fuß und zog erneut daran, doch ich hielt mich an seinen Schultern fest und er ließ mich los. Keuchend schnappte er nach Luft und bekam erneut einen Schwall Wasser ab. Ich spritze ihn an und er schloss die Augen. „Arg…wie gemein.“ Sagte Ray lächelnd und spritzte zurück. Lachend schwamm ich an den Rand des Beckens und hielt mich fest. Er packte mich an den Hüften und wollte mich schon zurück in die Mitte ziehen, um mich erneut zu tauchen, doch ich hielt mich fest und trat nach ihm. Er lachte leise und kam schließlich neben mich. Leicht außer Atem grinsten wir uns an. „Los lass uns Rutschen.“ Rief er schließlich begeistert, wie ein kleines Kind und schwang sich aus dem Wasser. Dann griff er nach meiner Hand und zog mich ebenfalls aus dem Wasser. Lachend lief ich ihm hinterher zu den Rutschen. Er nahm sich einen doppelten Reifen und zerrte ihn hinter sich her. Ich half ihm beim tragen und wir rannten die Treppen hoch zum Beginn der Rutschen. Wir mussten nur kurz anstehen und kamen dann an die Reihe. Schnell setzten wir uns in die Reifen. Ich vorne, er hinten. Rums! Es ging nichts. „Hä?“ machte ich und drehte mich zu ihm um. „Wir sind aufgelaufen. Lass uns noch mal kurz aufstehen.“ Meinte Ray lachend. Ich quälte mich wieder hoch und rutschte plötzlich aus. „Uwahh!“ rief ich perplex und fand mich plötzlich auf dem Hintern wieder. Ich rutschte das kleine Stück zur Zwischenstation. Lachend versuchte ich aufzustehen, doch ein Strudel erwischte mich und trug mich an den Rand des Kreises. Endlich kam ich auf die Beine und winkte Ray zu, den ich von hieraus sehen konnte. Er rutschte mit dem Reifen hinter mir her und lachte laut, als er mich entdeckte. Ich grinste breit. „Scheiße!“ rief ich als er in meiner Hörweite war. Ich watete zu ihm, rutschte allerdings schon wieder aus. Ich kniete im Becken und konnte mich nicht mehr halten vor lachen. Auch Ray lachte erneut laut los, als ich mich schon wieder unsanft auf den Po setzte. „Komm schon.“ Sagte er schließlich und paddelte ein Stück näher zu mir. Ich grinste breit und hielt mir den Bauch, vor lauter lachen. Dann griff ich nach einer der Halterungen an dem Reifen und zog ihn hinter mir her. Kurz vor der nächsten Abfahrt setzte ich mich schnell auf den Reifen und wir rutschten schreiend weiter. Als wir unten angekommen waren, war ich leicht außer Atem. Wir grinsten uns an und schmissen den Reifen zurück zu den anderen. Dann liefen wir wieder nach oben, um die anderen Rutschen aus auszuprobieren. Es gab eine Dunkle, in der irgendwelche komischen Lichter leuchteten. Ray winkte mich zu sich und ich stellte mich vor ihn. Er kam ganz nah und wir warteten bis es grün wurde. Ich spürte seine Brust an meinem Rücken und merkte, wie mein Herz wieder zu pochen anfing. So unauffällig wie es ging, schmiegte ich mich an seinen Bauch und lächelte. Ich konnte spüren, wie sich seine Brust hob und senkte. Schließlich hatten wir grün. Mit Schwung ließen wir uns in die Röhre gleiten und ich griff nach seinen Beinen, damit wir uns nicht verloren. Lachend fuhren wir die Rutsche runter. Immer wieder rutschten wir abwechselnd die mit Reifen und die ohne. Irgendwann hatten wir erst mal genug. Wir entschlossen uns, nach draußen zu gehen und ein bisschen im Sprudel zu sitzen. Es war etwas kalt draußen weshalb ich mich tief in das warme, wohlige Wasser drückte. Sie hatten kein Salzwasser in diesem Becken. Gott sei Dank. Ich hasste Salzwasser. „Komm.“ Rief ich über die Schulter und suchte mir einen Platz ganz hinten. Ich setzte mich auf die Bank und wir warteten, bis wir mit sprudeln an der Reihe waren. „Schon ganz schön Dunkel.“ Stellte Ray fest und hampelte ein bisschen auf seinem Platz herum. Irgendwie wirkte er etwas nervös. Ich nickte. „Ja, stimmt. Doch wir haben ja auch schon halb Neun, von daher ist das eigentlich kein Wunder.“ „Wie lange haben wir gebucht?“ „Bin um Neun. Doch wegen mir können wir gerne noch eine Stunde dranhängen.“ „Schon so spät?“ Ich nickte. „Ja, wir haben so viel Zeit ins Rutschen verschwendet.“ „Ach das war doch lustig.“ Meinte er und grinste. „Am besten war die erste Abfahrt. Wie du abgerutscht bist.“ Er lachte erneut und ich grinste verschmitzt. Normalerweise war mir so etwas total peinlich, doch diesmal fand ich es eher ganz lustig. Ruhe kehrte ein. Wir schwiegen und schließlich spürte ich, wie warme Luft aus den Drüsen von unten herauskam. Ich seufzte wohlig, als der Druck mir ein bisschen den Rücken massierte. Es war entspannend. Nachdem die Blubberblasen aufgehört hatten, stand Ray plötzlich auf und griff nach meiner Hand. „Komm.“ Sagte er leise und zog mich weiter nach hinten, wo es abgelegener und dunkler war. Dort schwamm niemand, die meisten hielten sich vorne auf. „Was ist?“ fragte ich ihn etwas verwundert. Widerstandslos ließ ich mich von ihm etwas weiter unter Wasser ziehen. Wir knieten fast im Wasser. Schließlich kam er etwas näher. „Was wohl? Ich kann nicht anders... ich muss dich einfach küssen.“ Ich grinste breit. „Ach ja? Wieso dass denn?“ „Weil ich dich unheimlich sexy finde, du Idiot. Warum denn sonst. Und jetzt komm her.“ Kapitel 8: Part 8 ----------------- Ich wehrte mich nicht, als er mich näher zu sich zog und mir sanft seine Lippen auf den Mund legte. Mir wurde ganz warm und mein Herz spielte verrückt. Ich hob die Hände und verschränkte sie hinter seinem Rücken. Er legte mir seine Hand an die Seite und vergrub die andere tief in meinem dichten Haar. Mein Mund öffnete sich leicht und seine Zunge fuhr hinein. Er seufzte leise und zog mich noch näher zu sich. Unsere Oberkörper berührten sich und ich spürte, was für eine starke Hitze er ausstrahlte. Ich hielt den Atem an und erwiderte seinen Kuss zaghaft. Schließlich löste er sich leicht von mir. Er sah mir tief in die Augen. Als sich ein Pärchen näherte, ließ er mich zögernd los. Dann griff er erneut nach meiner Hand und zog mich mit sich, noch ein Stück weiter nach hinten, wo eine kleine Treppe gebaut war, damit man im Sommer auch mal raus gehen konnte, aus dem Becken. Er setze sich auf eine der untersten Treppenstufen und zog mich auf seinen Schoß. Ich setzte mich breitbeinig auf seine Oberschenkel und beugte mich zu ihm runter um ihn erneut zu küssen. Er legte mir seine Hände an die Hüften. Ich fuhr ihm in den Nacken und zog ihn näher zu mir. Wir verfielen in einen zärtlichen Zungenkuss und ich seufzte leise. Nach einer weile löste ich mich von ihm und atmete tief ein. Dann glitt ich neben ihn auf die Treppenstufen. Er nahm meine Hand und drückte sich leicht. Ich lehnte mich an seiner Schulter. Um uns herum war es ziemlich ruhig. „Ray?“ sagte ich leise und er sah mich fragend an. „Was ist?“ Ich schwieg kurz. Schließlich riss ich mich zusammen. „Er hat es getan. Er hat ich missbraucht...“ sagte ich schließlich und biss die Zähne zusammen. Ray drückte meine Hand etwas fester. Erleichtert erwiderte ich den Druck. Das war ein gutes Zeichen...vielleicht lässt er mich wirklich nicht allen...dachte ich. „Ich kann nicht sagen wie oft...ich weiß nicht mal wann es angefangen hat...ich glaube ich war acht oder neun... Er...also am Anfang...da...ich wusste gar nicht was das bedeutet. Ich kannte das ja gar nicht. Er...anfangs war er ja noch lieb und nett. Sagte das wäre ganz normal und so...ich...hab’s nicht verstanden. Ich hab es meiner Mutter nicht erzählt. Er sagte, ich dürfte es ihr nicht erzählen. Damals kam er nachts...und...berührte mich...oder...du weißt schon. Doch mit der Zeit...meine Mutter und er verstanden sich nicht mehr. Wenn er abends betrunken nach Hause kam, da...oft hat er mich brutal geschlagen...und mich missbraucht. Als ich älter wurde, verstand ich auch langsam, was er mir antat. Wenn wir allein waren, dann war er am schlimmsten. Wenn ich mich wehrte, wurde er immer brutaler. Er zwang mich Dinge zu tun...die ich nicht mal aussprechen kann. Als ich mit dreizehn das erste Mal weglief, fand er mich wieder und schlug mich brutal zusammen. Wenn seine Frau es ihm nicht mehr brachte, kam er nachts zu mir und legte sich neben mich. Mit vierzehn war ich stark genug, dass ich mich wehren konnte. Ich versuchte ihn mir vom Leib zu halten, doch er schlug mich immer wieder, bis er mich weich genug hatte, um es mir wieder anzutun. Einmal war es so schlimm, dass ich es einfach nicht mehr packte. Ich hab Tabletten geschluckt, bis zum abwinken und mir eine Flasche hochprozentigen Alk aus seinem Schrank in der Küche geklaut. Meine Mutter fand mich...ich muss schrecklich ausgesehen haben. Überall war Blut, ich war voll mit grässlichen Verletzungen. Geschunden und Zerschlagen lag ich neben meinem Bett, die Hose zerrissen, den Alk in der rechten, die Tabletten neben mir. Sie rief den Notarzt. Ich kam ins Krankenhaus, musste zur Therapie, kam in die Psychiatrie und musste in der Schule ein Jahr wiederholen. Damals kam ich in das Betreute Wohnen, das Jugendamt hatte mich rausgezogen. Sie hatten mich nähen müssen, die Milz war dahin...gebrochene Rippen, Magen ausgepumpt, die Narbe am Rücken war von dem Abend. Damals hatte er eine neue Idee entwickelt mich zu quälen. Ein Messer. Er kam in den Knast, ich kam von meiner Mutter weg...meinen Bruder steckten sie zu einer Pflegefamilie, bis er achtzehn war... Es war schrecklich. Seitdem bin ich in Psychologischer Behandlung...“ Ray schwieg. Ich hatte mich dazu zwingen müssen, dies alles zu sagen, doch ich fühlte mich trotzdem wesentlich besser. Er ließ meine Hand los und legte den Arm um meinen Rücken. Er zog mich näher zu sich und ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter. „Antidepressiva?“ fragte er leise. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Nicht mehr. Ich hab sie vor zwei Jahren abgesetzt.“ Er nickte. Ich schluchzte leise. Hemmungslos fing ich an zu weinen. Er drückte mich fester an sich und ich hob die Arme um die Umarmung zu erwidern. Lange saßen wir so da und umarmten uns. Ich legte meinen Kopf an seinen Hals. Er strich mir beruhigend über den Kopf. „Ich war sieben...er kam eines Nachts einfach zu mir und erklärte mir, was er vorhatte, und dass alle Eltern das mit ihren Kindern machen würden. Er sagte auch, dass das ein Geheimnis wäre, und dass ich meiner Mama nichts sagen sollte. Diese erwischte ihn allerdings eines Tages, wie er sich neben mich legte, und wieder grausame Sachen mit mir anstellte. Danach war einige Jahre ruhe. Doch er konnte nicht die Finger von mir lassen. Er schlug mich, missbrauchte mich, liebte mich...einfach alles. Als ich mit fünfzehn weglief, fand mich die Polizei ungefähr zehn Kilometer von hier entfernt, am Straßenrand sitzen. Sie brachten mich zurück zu meinen Alten, doch diese schmissen mich raus. Dafür bin ich ihnen heute noch dankbar. Meine Mutter verachtete mich dafür, dass ich ihr ihren Mann sozusagen weggenommen hatte. Dabei war ich doch das Opfer...und nicht sie. Also kam ich zu meinem Onkel. Der meine Eltern genauso verachtete wie ich. Seit dem habe ich keinen Kontakt mehr mit ihnen. Es war gut, dass ich zu meinem Onkel kam. Er war mir der beste Freund, und ein guter Ersatz für meine Eltern...“ Sagte er schließlich leise. Ich hob den Kopf und sah ihn etwas unruhig an. „Antidepressiva?“ fragte ich ebenfalls. Er schüttelte mit dem Kopf. „Ein Jahr. Nicht sehr weltbewegend. Mein Onkel war Therapie genug für mich. Er erklärte mir, dass Männerliebe auch schön sein könnte...und wie du siehst, hat das ziemlich abgefärbt.“ Er lächelte leicht und ich nickte. Ein leises Lachen kam mir über die Lippen. „Ja, das ist nicht zu übersehen...“ „Du siehst also...so verschieden sind wir gar nicht.“ Ich nickte. Dann beugte ich mich vor und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. „Ich...bin froh, dass wir das geklärt haben.“ Sagte ich leise und lächelte sogar ein bisschen. Er nickte und fuhr mir liebevoll über die Wange. „Ist es okay?“ fragte er. Ich wusste, was er meinte und nickte. „Ja...schon relativ. Ich denke, ich komme damit klar, dass du es weißt.“ Er nickte beruhigt und drückte mich erneut heftig an sich. Ich erwiderte die Umarmung lange und schloss die Augen. Ich zog seinen angenehmen Geruch tief in die Lungen und spürte seine Brust, die sich in regelmäßigen Abständen hob und senkte. Es war gut so... Nach einer weile lösten wir uns wieder von einander. Etwas verunsichert sah ich ihm in die Augen. Er lächelte mich an und ich lächelte beruhigt zurück. Dann nahm er erneut meine Hand und wir redeten ein bisschen über dieses und jenes, um die Stimmung wieder etwas aufzulockern. Als wir schließlich auf die Uhr sahen, war es schon zeit langsam zu gehen. Wir wateten durch das warme Wasser zurück in die Halle und stiegen langsam aus. Zusammen gingen wir zu unseren Handtüchern und hoben sie auf. Dann gingen wir zu den Umkleidekabinen und holten das Duschzeug. Mit Handtuch und Duschdas gewappnet liefen wir zu den Duschen. Ich stellte mich kurz unter das heiße Wasser und seifte mich dann ein. Nach dem Duschen zogen wir uns in der Umkleide wieder um. Ich schlüpfte in meine dunkelblaue Bluejeans und zog meine Turnschuhe an. Dann suchte ich nach meinem dunklen Shirt und zog es mir über den Kopf. Auch Ray suchte nach seinen Klamotten und trocknete sich ab. Wir liefen zum Ausgang und bezahlten die zusätzliche Stunde nach. Dann gingen wir nach draußen. Etwas unsicher kam Ray ein Stück näher und suchte meine Hand. Ich ließ es geschehen und Händchen haltend schlenderten wir zurück zu unserer Wohnung. Ich sperrte die Tür auf und zwängte mich aus meiner Jacke. Ich schmiss sie wie immer über den Stuhl, in der Küche und brachte meine Sachen ins Bad. Meine Klamotten tat ich in die Wäsche und das Handtuch hängte ich über die Heizung. Dann griff ich nach meiner Zahnbürste und putzte mir schnell die Zähne. Ray kam herein und nahm sich ebenfalls seine Zahnbürste. Schrubbend ging er zurück in sein Zimmer und packte sein Zeug aus. Ich spuckte aus und spülte mir den Mund. Dann ging ich in mein Zimmer und zog mir eine bequemere Hose an. Im Wohnzimmer legte ich mich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Ich zappte durch die Programme und blieb schließlich bei einem Actionfilm hängen, den ich schon mal gesehen hatte. Ray kam ins Wohnzimmer und setzte sich ebenfalls auf die Couch. „Ich bin müde.“ Sagte er schließlich. Ich sah ihn kurz von der Seite an. „Du brauchst nicht hier mit mir zu sitzen. Geh schlafen, wenn du müde bist.“ Sagte ich. Er nickte leicht und stand auf. Etwas verunsichert ging er zur Tür. „Krieg ich keinen Kuss?“ fragte ich lächelnd. Überrascht drehte er sich wieder um. Dann lächelte er ebenfalls. „Sorry.“ sagte er leise, kam zu mir zurück und beugte sich über mich, um mir einen sanften Kuss auf die Lippen zu geben. Dann ging er in sein Zimmer. Nicht sehr viel später stand ich ebenfalls auf und schaltete den Fernseher aus. Ich ging in mein Zimmer und legte mich hin. Ich war müde...doch ich konnte nicht schlafen. Der heutige Tag spukte mir im Kopf herum. Oh Mann, dachte ich und seufzte. Ich war ganz schön verwirrt. Unruhig wälzte ich mich von einer Seite zur anderen. Als ich an Ray dachte, bekam ich starkes Herzklopfen. Mir kam unser Kuss im Schwimmbad in den Sinn und spürte, wie mir warm wurde. Wieder seufzte ich. Eine Stunde später stand ich schließlich auf. Ich konnte nicht schlafen. Ob ich vielleicht...oder doch nicht? Etwas sinnlos lief ich in der Wohnung umher. Ging aufs Klo, obwohl ich gar nicht musste. Trank einen Schluck, obwohl ich gar keinen Durst hatte. Schließlich nahm ich all meinen Mut zusammen und klopfte an Raymonds Tür. Erst nach dem dritten mal, hörte ich ein verschlafenes: „Ja?“ Ich biss die Zähne zusammen und öffnete die Tür einen Spaltbreit. „Was ist los? Alles okay?“ fragte er müde und rieb sich die Augen. „Ich...kann nicht schlafen. Darf ich...darf ich mich zu dir legen?“ fragte ich ihn leise. Er nickte und machte platz. Beruhigt schloss ich die Tür hinter mir und tappte zu seinem Bett. Ich schlug die Decke zurück und legte mich vorsichtig neben ihn. „Gute Nacht.“ Flüsterte Ray mir ins Ohr und ich lächelte breit. „Ja. Gute Nacht.“ Er rückte ein Stück näher und legte mir seinen Arm um den Bauch. Zufrieden schloss ich die Augen, und schlief kurze Zeit später ein. Engumschlungen erwachten wir am nächsten Morgen. Gerade als ich die Augen aufmachte, rührte sich Ray leicht und seufzte leise. Er kuschelte sich noch mehr an meinen Hals und seufzte erneut. Ich grinste breit und strich ihm sanft durchs Haar. „Morgen.“ Murmelte er leise und gähnte. „Guten Morgen.“ Entgegnete ich ihm. Schließlich befreite ich mich aus seiner Umarmung. „Ich geh duschen.“ Sagte ich leise und verschwand im Bad. Mir war heiß. Ich war ziemlich geladen. Und bevor mir noch ein kleiner Unfall, in seinem Bett passierte, wollte ich lieber unter die Dusche. Hoffentlich hat er nichts gemerkt, dachte ich und wurde rot. „Shit.“ Fluchte ich leise und belächelte mich selbst. Ziemlich leicht reizbar... Nach einer ausgiebigen Dusche zog ich mich an. Mein Körper hatte sich wieder relativ normalisiert. Kein Unfall mehr in Sicht. Ich rubbelte mir die Haare trocken und sah kurz in den Spiegel. Es sah lustig aus. Meine Haare standen in alle Richtungen ab. Kurz kämmte ich sie mir durch und schüttelte sie dann aus. Dann schloss ich die Tür auf. Ray wartete schon etwas ungeduldig. „Oh. Sorry. Wusste gar nicht dass du wartest, sonst hätte ich aufgeschlossen.“ Sagte ich etwas perplex. Er zuckte nur mit den Schultern und erwiderte: „Schon okay. Darf ich vorbei?“ Ich machte ihm Platz und schnell verschwand er im Bad. Er schloss ab. Verwundert starrte ich auf die Tür. Nee, oder? Hatte er etwa das gleiche Problem wie ich? Ich konnte mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Kopfschüttelnd ging ich in die Küche und machte Frühstück. Nach einer Viertelstunde kam Ray wieder aus dem Bad. Er wirkte erleichtert und ruhiger. Grinsend drückte ich ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. „Alles okay? Du bist so überstürzt raus gerannt“ Er nickte. „Ja...ich hatte es eilig. Doch wenn wir gerade beim Thema sind...du bist doch auch so überstürzt geflüchtet.“ Ein lüsternes Grinsen kam ihm über die Lippen. Ich grinste zurück und wandte mich dann wieder zum Backofen und die Semmel herauszuholen. Er trat hinter mich und umarmte mich liebevoll um den Bauch. „Wir sollten es einfach tun, weißt du? Ich glaube das ist besser, als das einer von uns dauernd ins Bad rennt.“ Ich grinste erneut und befreite mich aus seiner Umarmung. „Kann schon sein. Doch ich denke, es wäre besser, wenn wir es tun, weil wir es wollen, und nicht weil unsere Körper so verrückt spielen.“ Er lächelte warm. „Ich WILL es ja. Willst du es auch?“ „Ich...weiß es nicht. Vielleicht...denke schon...ach keine Ahnung. Jedenfalls will ich nicht das wir das beschließen. Es soll kommen, wenn es so weit ist.“ „Und wann ist das?“ „Ray...wir sind jetzt seit einem Tag ein Paar. Wir kennen uns gerade mal seit zwei Wochen. So etwas Intimes ist schon etwas anderes. Dazu muss ich erst das Gefühl haben, dass ich dir absolut vertrauen kann. Und das ist schwierig, nach zwei Wochen zu entscheiden. Ich brauche noch etwas Zeit.“ Er nickte etwas bedrückt. Wir schwiegen und setzten uns an den Esstisch. Ich nahm mir eine Semmel und schnitt sie auf. Auch Ray nahm sich etwas zu essen. Diese bedrückende Stimmung war heftig. Ziemlich heftig. Ich versuchte ihn in ein belangloses Gespräch zu verwickeln doch er zog nicht so richtig. Ich seufzte leise. „Ist es so schwer zu verstehen, dass ich einfach nicht auf Knopfdruck mit jedem ins Bett hüpfen will, der mir über den Weg läuft?“ „Bin ich vielleicht jeder? Willst du dass damit sagen?“ fragte er leise. Sein Blick wirkte kalt und unnahbar. „Nein. Du hast Recht. Dass war dumm.“ Sagte ich schließlich. Ich sah weg. Ich biss die Zähne zusammen. „Wollen wir uns dann jetzt den ganzen restlichen Tag so komisch anschweigen?“ „Vielleicht...aber du könntest ja auch einfach mal die Klappe halten, und aufhören solch verletzende Sachen zu sagen. Dann können wir auch darüber reden, ob unser Tag so komisch ablaufen soll oder nicht.“ „Du verstehst meine Worte falsch. Ich will dich nicht verletzen. Ich versuche nur meinen Standpunkt klar zu äußern. Und momentan will ich nicht mit dir schlafen.“ Er stand auf und wandte sich ab. „Gut. Das hast du ja dann hiermit getan.“ Dann ging er aus der Küche und verschwand in seinem Zimmer. Etwas verärgert sah ich ihm nach. Er hatte mich völlig falsch verstanden. Oder vielleicht hatte ich mich auch einfach unheimlich dämlich aufgeführt. Nervös saß ich in meinem Zimmer und versuchte zu lernen. Schon zweimal war ich aufgestanden und hatte mich direkt vor seine Tür gestellt. Doch jedes Mal hatte ich mich nicht getraut rein zugehen. Ich musste mich entschuldigen. Er war ziemlich verletzt, dass war nicht zu übersehen. Immerhin hatte er sich jetzt seit zwei Stunden nicht mehr blicken lassen. Musste der nicht auch mal aufs Klo? Ich verdrängte meine Gedanken und versuchte mich auf Mathe zu konzentrieren. Ging nicht. Shit! Schließlich stand ich zum dritten Mal vor seiner Tür. Wieder wäre ich beinah wieder umgekehrt, doch ich zwang mich zu bleiben und klopfte leise. Es kam keine Regung von drinnen. Ich öffnete die Tür und sah hinein. Er schlief. Wie konnte er jetzt nur schlafen???? Fragte ich mich. Mann, ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen, lungerte seit Stunden vor seiner Tür herum und er schlief seelenruhig. Der Hammer. Machte ihn das nichts aus? Langsam ging ich ins Zimmer und trat an sein Bett. Er sah ziemlich süß aus wenn er schlief. Plötzlich öffnete er die Augen und sah mich an. Verwirrt wandte er den Blick wieder ab. „Was machst du denn hier?“ fragte er leise und drehte mir den Rücken zu. Ich setzte mich an den Rand des Bettes und legte ihm meine Hand auf die Schulter. „Bitte sei nicht mehr böse. Tut mir leid, was ich vorher gesagt hab. Das war ziemlich dumm. Im Prinzip wollte ich wohl nur nicht zugeben, dass ich einfach Angst davor habe, mit dir zu schlafen.“ „Ich kann das ja irgendwo schon nachvollziehen, doch ich bin nicht dein Vater. Ich würde dir doch nie wehtun.“ Entgegnete er leise. Ich senkte die Augen und spürte, wie mir die Tränen kamen. „Das weiß ich doch...“ sagte ich ebenfalls leise. Niedergeschlagen stand ich auf und ging aus dem Zimmer. Er hielt mich nicht auf. In dieser Nacht schlief ich schlecht. Wir hatten nicht mehr mit einander geredet. Ich war nicht mehr aus meinem Zimmer gekommen. Irgendwann war er aufgestanden und hatte im Wohnzimmer ein bisschen in die Röhre geglotzt, doch ich war nicht zu ihm gegangen. Stattdessen hatte ich mich in meinem Zimmer verschanzt um zu grübeln. Viel kam dabei nicht raus. Ich war einfach noch nicht so weit. Ich wollte das noch nicht. Wir kannten uns noch nicht genug. Natürlich tat es mir leid, dass ich ihn damit verletzte. Doch verstand er nicht, worum es mir ging? Was es so schwer nachvollziehbar, dass ich einfach Angst davor hatte? Ich wälzte mich in meinem Bett hin und her, träumte schreckliche Sachen, von Tod und Verderben, wachte öfters schweißgebadet auf, und stand bestimmt dreimal auf, um in der Küche etwas zu trinken. Bis ich mir schließlich eine Flasche Wasser mit ins Zimmer nahm. Die Rennerei in die Küche wurde mir zu blöd. Am nächsten Morgen war ich unausgeschlafen und schlecht gelaunt. Ich hielt mir Ray auf Abstand, ging nicht zu ihm hin, versuchte ihn von mir fern zu halten. Wenn ich schlecht geschlafen hatte konnte ich keine Gesellschaft vertragen. Außerdem fühlte ich mich etwas kränklich. Ich hustete immer wieder und meine Nase war verstopft. Ich hatte Kopfschmerzen und fühlte mich irgendwie etwas schwach. Ich versuchte allerdings nichts darauf zu geben. Hatte keine Lust darauf den ganzen Tag daheim allein im Bett zu verbringen. Also zwang ich mich aufzustehen und etwas zum anziehen heraus zu suchen. Ich verschanzte mich im Bad und stellte mich unter die Dusche um wieder einen klaren Kopf zu kriegen. Erst eine viertel Stunde später machte ich das Bad frei, damit Ray duschen konnte. „Ist es unbedingt notwendig, das du zum duschen abschließt?“ fragte er etwas genervt, als ich aus dem Bad kam. „Ja. Schieb keinen Stress, war doch nur ne viertel Stunde.“ Er brummte nur und schloss ebenfalls hinter sich ab. Kopfschüttelnd ging ich in mein Zimmer und packte meine Schulsachen zusammen. Dann machte ich mir etwas zu essen für die Schule und zog mir meine Schuhe an. Nach einigen Minuten kam Ray aus dem Bad. Fertig angezogen und gestylt. Ich stand auf und griff nach meiner Jacke. „Gehen wir.“ Sagte ich leise und ging zur Tür um aufzusperren. Er folgte mir langsam und ich ließ ihm den Vortritt. Ich schloss die Tür sorgfältig ab und folgte ihm zum Aufzug. Schweigend fuhren wir nach unten. Schweigend gingen wir zum Bus. Diese bedrückende Stille war noch schlimmer als alles andere. Doch weder er, noch ich machten Anstalten, etwas daran zu verändern. Deshalb blieb es dabei. In der Schule setzte ich mich ruhig auf meinen Platz wie immer. Immer noch fühlte ich mich Krank. Es wurde schlimmer, vor allem die Kopfschmerzen und Schwindelgefühle machten mir zu schaffen. Tina kam zu uns. „Na, alles klar? Du siehst noch mürrischer aus als sonst, Alec. Alles in Ordnung?“ „Hab schlecht geschlafen.“ Erklärte ich wortkarg und wandte meinen Blick ab, zum Fenster. Tina verwickelte Ray in ein belangloses Gespräch. Ich war froh, dass dadurch die Stille endlich unterbrochen wurde. Er hörte sich an wie immer. Als sei alles bester Ordnung. Etwas verwundert warf ich ihm einen kurzen Blick zu. Ist das normal? Ging es mir durch den Kopf. Man streitet sich und benimmt sich danach, als wäre alles bester Ordnung... Als Tina endlich wieder zurück zu ihrem Platz ging, und der Lehrer mit seinem Unterricht begann, riss ich ein kleines Stück Papier aus meinem Block und schrieb: Du verwirrst mich... Dann legte ich es unauffällig auf Raymonds Tisch. Wieder hustete ich. Nach einem kurzen zögernd griff er danach und las sich meine Nachricht durch. Er griff nach einem Stift und beugte sich etwas vor. Tue ich das? Wie denn? Ich seufzte leise. Ganz einfach: Du machst mir den Eindruck, als wäre alles bester Ordnung. Ist es doch auch. Oder bist du da anderer Meinung? Wir hatten nur einen kleinen Streit. Doch das ist unter Mitbewohnern doch normal. Erschrocken starrte ich das kleine fett unterstrichene Wort an. Mitbewohner... Wow. Ich spürte wie sich meine Brust zusammen zog. Es schmerzte. Mein Herzschlag beschleunigte sich etwas. Schnell biss ich die Zähne zusammen, und versuchte mir meine Reaktion nicht anmerken zu lassen. Er schiebt mich ab, nur weil ich Angst davor habe mit ihm zu schlafen? Deshalb ignoriert er mich, und tut so, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen? Wow. Wirklich crazy. Oder lag es daran, dass ich gestern so abweisend gewesen war...vielleicht dachte er, das ganze ging von mir aus? Langsam verstand ich gar nichts mehr. Ich legte den Zettel in mein Mäppchen und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Ray sah mich kurz von der Seite her an, sagte allerdings nichts. Die Pause über saß ich auf der Fensterbank. Ich hustete und schnäuzte die ganze Zeit über. Ich versuchte etwas zu essen, bekam allerdings nichts runter. Ray unterhielt sich mit Martin und Tina über das Wetter, die Schule und die neuesten Talkshows im Fernsehen. Ich bekam nicht viel mit. Mir ging es immer dreckiger. Tina merkte das und kam schließlich zu mir an die Fensterbank. „Was ist los? Bist du krank, Alec?“ fragte sie etwas besorgt. „Ist nicht schlimm. Keine Sorge.“ Meinte ich. Sie legte mir mitfühlend die Hand auf die Schulter. „Hast du Fieber?“ fragte sie leise. Als sie mir die Stirn fühlte, weiteten sich ihre Augen etwas erschrocken. „Du glühst ja förmlich. Was tust du hier? Geh nach Hause und ruh dich aus. Oder geh zum Arzt und lass dir ein paar Medikamente verschreiben.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Die letzten zwei Stunden kann ich grad auch noch bleiben. Wir haben heute ja sowieso eine Stunde früher aus. So lang ist das ja nicht mehr.“ „Bist du dir sicher? Du siehst wirklich schlecht aus.“ Wieder legte sie mir die Hand auf die Stirn. Sie fühlte sich kühl an. Tinas Berührung tat gut. Lieber wäre es mir, wenn Ray sich um mich sorgen würde, kam es mir in den Sinn. Schnell verdrängte ich meine Gedanken und zuckte nur mit den Schultern. „Geht schon. Mach dir keine Sorgen.“ Sie nickte und ging schließlich zurück zu ihrem Platz. Ich schwang meine Beine runter und tappte vorsichtig zu meinem Platz zurück. Ray schwieg immer noch beharrlich. Doch ich hatte seine Blicke sehr wohl bemerkt, als Tina bei mir gestanden war. Er hatte uns genau beobachtet. Und vor allem hatte er genau gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung war mit mir. Doch wie es schien, interessierte ihn das nicht sonderlich. Schließlich sind wir ja nur „Mitbewohner“. Nach der Schule packte ich langsam mein Zeug zusammen. Mein Zustand verschlechterte sich mit jeder weiteren Stunde. Sieht aus, als hat es mich ganz schön erwischt, dachte ich und stöhnte innerlich. Eindeutig wollte ich nur noch nach Hause und schlafen. Morgen schaffe ich es sicher nicht hierher, ging es mir durch den Kopf. Etwas schleppend machte ich mich auf den Weg nach unten. Ray kam nicht mit. Er schien sich noch mit dem Lehrer unterhalten zu wollen. Ich checkte es gar nicht. Mir wurde schwindlig und ich stützte mich kurz an der Wand direkt neben mir ab. Reiß dich zusammen, dachte ich und biss die Zähne aufeinander. Nun komm schon.... Noch langsamer als vorher schleppte ich mich zur nächsten Bushaltestelle. Ich setzte mich in das Bushäuschen und wartete. Ray schaffte es gerade noch rechtzeitig. Gerade als der Bus vorgefahren kam, rannte er um die Ecke und winkte dem Busfahrer zu, um ihm zu signalisieren, dass er mitfahren wollte. Als er einstieg, sah er sich kurz um und entdeckte mich bei den Notsitzen. Doch er kam nicht zu mir. Dabei wäre es mir wirklich lieb gewesen, wenn er mir angeboten hätte, mir zu helfen. Ich verdrängte meine Gedanken und stand auf, als wir bei unserer Haltestelle angekommen waren. Langsam machte ich mich auf den Weg nach Hause. Gerade als ich in die Gasse einbog, in der mich damals dieser Mann angegrapscht hatte, wurde mir schwarz vor Augen. Ich stützte mich an der Hauswand ab und ging langsam auf die Knie. Ich schloss die Augen und rieb mir über die Stirn. Komm schon, sagte ich mir leise in Gedanken. Du schaffst das. Plötzlich spürte ich eine Hand auf der Schulter. „Was machst du denn da?“ fragte Ray leise. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Was geht dich das an? Du bist schließlich nur mein Mitbewohner.“ Die Art und Weise, wie ich das Wort „Mitbewohner“ betonte signalisierte eindeutig, was ich davon hielt. „Halt die Klappe. Natürlich geht mich das was an. Du bist Krank, komm ich helfe dir.“ Sagte er und half mir hoch. Er legte sich meinen Arm um die Schultern und zog mich mit sich. Wäre ich nicht so Krank gewesen, hätte ich mich sicher gewehrt. Doch dadurch, dass mir immer noch schwarz vor Augen war, war ich doch ganz froh, dass er mir half. Er schleppte mich zu unserem Haus und stützte mich den ganzen Weg über. Ich keuchte leicht, als wir endlich im Aufzug standen. Ich fühlte mich, als wäre ich um fünfzig Jahre gealtert. Ray half mir in die Wohnung und brachte mich in mein Zimmer. Ich schlüpfte schnell aus den Schuhen und ließ mich ins Bett fallen. „Danke.“ Presste ich heraus und wandte ihm dann den Rücken zu. „Ich bring dir nen Tee und hol ein paar Medikamente von der Apotheke. Hast du ein Fiebermessgerät?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Geh weg. Lass mich in Ruhe.“ Ich wollte nicht so viel Hilfe von ihm. Das er mich hergebracht hatte, reichte mir voll und ganz. Alles andere würde sich schon ergeben, sobald ich wieder alleine stehen konnte. Ray zögerte kurz. Dann sagte er: „Nein“ und drehte sich weg, um im Bad nach einem Thermometer zu suchen. Ich seufzte genervt und rollte mich ein. Mir war kalt, doch ich war zu schwach, um mir eine Wolldecke aus dem Wohnzimmer zu holen. Müde schloss ich die Augen. Ich gähnte. Schließlich kam Ray wieder ins Zimmer und kam zu mir ans Bett. Er setzte sich auf die Bettkante und steckte mir das Fieberthermometer in den Mund. „Hier hast du Kamillentee. Ich stell ihn dir aufs Nachtkästchen. Ist dir kalt?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Gut. Dann bring ich dir noch eine Decke.“ Entgegnete er und stand auf. Ich stöhnte innerlich. Warum konnte er mich nicht einfach in ruhe lassen. Ich wollte keine Hilfe von einem Mitbewohner. Wenn ich Hilfe wollte, dann von einem Freund. Ray brachte mir die Decke und verabschiedete sich dann, um in der Apotheke ein paar Sachen zu besorgen. Ich schloss erneut die Augen und versuchte ein bisschen zu schlafen. Im Nachhinein war ich froh, dass er mir noch eine Decke gebracht hatte. Mir war wirklich verdammt kalt. Schließlich kam er wieder zurück, doch ich schlief schon. Er kam ins Zimmer und bemerkte, dass ich den Tee noch nicht angerührt hatte. Er sah, wie ich fröstelte und ging in sein Zimmer um seine Decke zu holen. Schnell deckte er mich richtig zu. Davon wachte ich auf. Etwas perplex sah ich ihn an. Er lächelte leicht und zeigte mir seine Errungenschaften aus der Apotheke. „Hier habe ich ein Fiebersenkendes Mittel, extra gegen Erkältungen und Meditonsin, zur Stärkung der Abwehr. Und trink endlich etwas. Sonst brennt dich das Fieber noch vollkommen aus. Hier.“ Er hielt mir den Kamillentee und eine Tablette hin und ich schluckte gehorsam. „Warum tust du das?“ fragte ich leise und drehte mich zu ihm um, um ihn besser ansehen zu können. Nachdem ich die Tablette geschluckt hatte, und die Tasse zur hälfte geleert hatte, drückte er mir das Meditonsin in die Hand und ließ mich gleich mal zehn Tropfen nehmen. „Warum tue ich was?“ „Mir helfen. Obwohl ich es doch gar nicht will.“ Erklärte ich. „Du weißt doch genau warum. Also frag nicht so blöd.“ „Nein. Weiß ich nicht. Ich denke wir sind nur Mitbewohner. Dann brauchst du mir nicht zu helfen.“ „Halt die Klappe, Alec. Und schluck einfach.“ Sagte er unwirsch und drückte mir noch mal die Tasse in die Hand. Ich nahm ein paar Schlucke und stellte sie dann wieder zurück. Er stand auf und ging aus dem Zimmer. „Ich lasse die Tür offen, dann kannst du rufen, wenn etwas ist.“ Erklärte er und verschwand in der Küche. Ich schloss die Augen. Er brachte mich schier um den Verstand. Warum war er so nett, und gleichzeitig so abweisend? Merkte er nicht, dass mich das noch kränker machte als vorher. Dieser Zustand war schlimmer als alles andere... Ich schlief ein paar Stunden, wachte aber schnell wieder auf. Meine Träume waren noch schlimmer als sonst. Je mehr ich schlief, desto schlimmer fühlte ich mich, wenn ich aufwachte. Der Tee zeigte langsam seine Wirkung. Mir wurde wärmer, und gleichzeitig musste ich aufs Klo. Shit! Fuhr es mir durch den Kopf. Alleine schaffte ich den Weg wahrscheinlich nicht. Doch helfen lassen, wollte ich mir von ihm auch nicht. Shit! Es war schon spät. Halb zehn, laut meiner Uhr. Ich setzte mich langsam auf und wartete einen Moment, bis die schwarzen Pünktchen vor meinen Augen verschwanden. Dann stand ich auf und stützte mich an der Wand neben mir ab. Puh, ich war ganz schön fertig. Meine Beine zitterten stark und ich spürte wie mir der Schweiß ausbrach. Jetzt nur nicht hinfallen, dachte ich und tappte langsam Richtung Bad. Ray saß im Wohnzimmer auf der Couch. Er schien zu schlafen, und bemerkte mich deshalb nicht. Ich schaffte es bis zur Tür und drückte sie langsam auf. Die restlichen paar Schritte zum Klo waren ein Klacks. Ich war froh kurz sitzen zu können. Als ich fertig war spülte ich ab und wusch mir am Waschbecken kurz die Hände. Darauf wartete ich schon den ganzen Tag. Endlich Händewaschen. Nachdem ich mich an der Hauswand abgestützt hatte, hatte ich das auch bitter nötig. Das war echt eklig gewesen. Meine Hand war danach mehr grau gewesen. Schließlich machte ich mich auf den Rückweg. Langsam tappte ich zurück zu meinem Zimmer. Doch im Gang kam endlich dass, was ich schon die ganze Zeit erwartet hatte. Mir wurde schwarz vor Augen und ich schwankte leicht. Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten und viel der Länge nach hin. „Alec?“ kam es verschlafen aus dem Wohnzimmer. Ich schüttelte nur mit dem Kopf, merkte gar nicht, dass er das nicht sehen konnte. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch ich war zu blöd und scheinbar auch zu schwach. Ray kam aus dem Wohnzimmer und entdeckte mich auf dem Boden. „Was machst du denn? Du hättest mich doch rufen können“ tadelte er mich und wollte mir aufhelfen, doch ich riss mich los. Ich rollte mich ein und schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Lass mich. Will keine Hilfe von dir.“ Er zuckte zusammen. „Was soll der Unsinn? Du schaffst es doch eh nicht alleine in dein Zimmer. Du kannst ja noch nicht mal aufsetzen.“ Ich schüttelte erneut mit dem Kopf. „Geh weg.“ Sagte ich und vergrub das Gesicht unter meinem Arm. Ich schluchzte leise. „Was ist los?“ fragte er und fuhr mir leicht durchs Haar. „Nichts. Ich...du machst mich echt fertig. Lass mich einfach in Ruhe hier heulen okay? Lass mich einfach allein. Irgendwann schaffe ich es schon ins Zimmer.“ „Nix da. Ich helfe dir in dein Zimmer, und danach lasse ich dich von mir aus für immer allein. Doch wenn du hier liegen bleibst, wirst du nie gesund. Komm jetzt.“ Er zerrte grob an meinem Arm und ich wehrte mich nicht mehr. Ich konnte nicht mal stehen und schließlich gebot er mir, mich an ihm festzuhalten und er nahm mich Huckepack. Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter und ließ mich von ihm zurück in mein Zimmer tragen. Fest klammerte ich mich an seinen Rücken und sog seinen angenehmen Geruch in mich rein. Als wir an meinem Bett angekommen waren, ließ ich ihn nur zögernd los und legte mich wieder hin. Ich drehte ihm den Rücken zu und schloss die Augen. Er setzte sich an den Rand des Bettes und legte mir seine Hand auf die Schulter. Die Berührung beruhigte mich etwas. Ich hörte auf zu heulen und mein Atem wurde wieder ruhiger. „Was ist so schlimm daran, dass ich dir helfen will?“ Ich zögerte kurz und erklärte schließlich: „Ich...will mir nicht von meinem Mitbewohner helfen lassen. Ich will mir nur von meinem Freund helfen lassen. Doch der will mich nicht mehr...“ Kurz spürte ich noch seine Hand auf meiner Schulter. Dann stand er auf und ging schweigend aus dem Zimmer. Ich spürte wie mir erneut die Tränen kamen. Hemmungslos weinte ich mich in den Schlaf, und bemerkte nicht, dass Ray sich direkt vor meiner Zimmertür hinsetzte und meinem Schluchzen lauschte. Als Alec endlich schlief, stand Ray leise auf und kam etwas näher. Seine Augen waren ganz verquollen vor Tränen und sein Atem ging immer noch etwas abgehackt. Trotzdem schlief er endlich. Ray kniete sich an sein Bett und stützte sich an der Bettkante ab. Wie lange schaffe ich es wohl noch, mich so zurückzuhalten? Fragte sich Ray in Gedanken. Es kostete ihn ganz schön viel Überwindung Alec so auf Distanz zu halten. Doch er wollte nicht, dass es eines Tages einfach mit ihm durchging und er seinem Freund Dinge antat, die er selbst am eigenen Leib erfahren musste. Er wollte ihn zu nichts zwingen. Und er wusste genau, was passieren würde, wenn er ihn zu etwas drängte. Alec würde davon rennen. Und sich nie wieder zu ihm umdrehen. Als ich mitten in der Nacht aufwachte, bemerkte ich verwundert Ray, der neben mir an meinem Bett kniete und schlief. Er hatte die Arme auf der Kante verschränkt und sein Kopf lag darauf. Mir war zwar immer noch kalt, doch auch er fröstelte, dass sah ich ihm an. Also nahm ich meine Wolldecke vom Bett und hüllte meinen Freund damit ein. Er bewegte sich kurz, wachte allerdings nicht auf. Ich legte mich wieder hin und wickelte mich fester in meine zwei Decken. Dann schloss ich die Augen und schlief wieder ein. Am nächsten Tag fühlte ich mich schon wieder etwas besser. Ray machte blau um bei mir zu bleiben. Ich protestierte, als ich es bemerkte, doch er ignorierte mich und ging stattdessen in die Küche um neuen Kamillentee zu kochen. Was in dieser Nacht passiert war, erwähnte weder er noch ich. Dabei wusste er genau, was meine Geste bedeutet hatte. Und ich wusste genau, was es bedeutet hatte, dass er die ganze Nacht an meinem Bett gewacht hatte. Trotzdem kam es nicht zu Wort. Er machte mir neuen Tee und zwang mich eine weitere Tablette zu schlucken. Ich hasste Tabletten. Seit ich die Anti-Deprissiva abgesetzt hatte, versuchte ich mich immer davor zu drücken, Tabletten jeder Art einzunehmen. Doch er ließ nicht locker und schließlich schluckte ich das Ding. Er gab mir den Tee in die Hand und ich musste erneut in seiner Gegenwart zirka bis zur Hälfte die Tasse leeren. Er war wirklich nervig. Trotzdem beschwerte ich mich nicht. „Ray...“ fragte ich, als er mir die Tasse wieder aus der Hand nahm. „Was ist?“ entgegnete er und sah mich fragend an. Ich saß aufrecht in meinem Bett, mit drei Kissen im Rücken gestützt, während er auf der Bettkante saß und mir das Meditonsin auf einen Löffel gab. „Ist es nur, weil ich nicht mit dir Schlafen wollte? Willst du mich deshalb nicht mehr?“ Er zuckte leicht zusammen. Schweigen breitete sich aus. Schließlich schüttelte er mit dem Kopf. „Das ist es nicht. Ich habe Angst vor mir selbst. Deshalb halte ich mich von dir fern.“ Ich sah weg. „Das verstehe ich nicht.“ Meinte ich schließlich leise. „Hör zu. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann, zu warten. Ich habe Angst davor, das meine Gefühle mit mir durch gehen könnten, und ich dir Dinge antue, die du nicht willst.“ Erklärte er schließlich und drückte mir den Löffel in die Hand. Dann stand er auf und ließ mich allein. Etwas perplex und mit einen Schwall Meditonsin im Mund wollte ich ihn zurückhalten, doch er war schneller und verschwand aus dem Raum. Ich schluckte das Meditonsin runter und legte mich wieder hin. Ich versuchte noch ein bisschen zu schlafen, merkte allerdings schnell, dass an Schlafen im Moment nicht zu denken war. Seine Worte geisterten in meinem Kopf herum und ich dachte immer wieder darüber nach, wie ich ihn dazu bringen konnte, endlich diese blöden Sprüche, von wegen Mitbewohner, zu lassen. Wir waren schon lang keine Wohngemeinschaft mehr. Um es genau zu sagen: Bisher waren wir noch keine Minute lang einfach nur Mitbewohner gewesen. Die ganze Zeit über hatte unser Verhältnis immer mehr bedeutet, als das. Schließlich fasste ich einen Entschluss. Ich hatte nicht vor den braven Mitbewohner zu spielen. Ich würde lieber aufs Ganze gehen, statt zuzulassen, dass er mich einfach abschob, ohne meine Meinung dazu zu hören. Also setzte ich mich langsam auf und schwang meine Beine aus dem Bett. Vorher war er in der Küche verschwunden und müsste, soweit ich das mitgekriegt hatte, immer noch dort sein. Ich stellte mich langsam hin und griff nach meiner Jogginghose um nicht halbnackt vor ihm aufzutauchen. Dann tapste ich langsam zur Tür und wandte mich nach links. Kurz blieb ich im Türrahmen stehen und machte eine kleine Pause. Dann zwang ich mich dazu, weiter zu laufen und hielt mich am Türrahmen der Küche fest. Die Tür stand offen. Ray saß am Küchentisch und sah verwundert auf, als er meinen Schatten bemerkte. „Alec! Hast du sie noch alle. Geh wieder ins Bett.“ Meinte er und stand auf um zu mir zu laufen. Ich hob abwehrend die Hand und schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Lass mich. Ich habe dir was zu sagen.“ Etwas verwundert hielt er mitten in der Bewegung inne und ließ sich langsam wieder auf seinen Stuhl zurück sinken. „Um was geht es denn, dass du es mir nicht ganz normal vom Bett aus sagen kannst.“ „Halt die Klappe, okay? Das hier ist so schon schwierig genug.“ Etwas perplex wollte er zu einer Antwort ansetzen, hielt dann allerdings inne. Ich war leicht außer Atem und versuchte ruhig und gleichmäßig einzuatmen, um nicht mitten im Satz zu ersticken. „Also gut. Du sagst, du hast Angst davor, dass deine Gefühle mit dir durchgehen könnten. Ich habe Angst davor, dass du mich einfach allein lassen könntest. Das ist ziemlich scheiße. Deshalb wird wohl einer von uns auf den anderen zu gehen müssen. Und das bin ich. Ich habe keine Lust meine Gefühle verleugnen zu müssen, und den netten Mitbewohner zu spielen. Ich habe keine Lust Nächtelang wach zu liegen, und mich fragen zu müssen, ob du das alles wirklich ernst meinst. Ich will das nicht. Also gehe ich einen Schritt auf dich zu.“ „Ich glaube ich verstehe nicht ganz-,“ fing er an doch ich unterbrach ihn mit einem energischen Kopfschütteln. „Hör zu, Ray. Um Klartext zu reden. Vielleicht bereue ich meine Worte eines Tages, doch um ehrlich zu sein: Es ist mir lieber du zwingst mich, statt mich zu ignorieren und dich von mir fernzuhalten. Dieser zustand ist noch schlimmer als alles andere. Mach mit mir was du willst, aber lass mich nicht allein, klar? Ich will mit dir zusammen sein. Verstehst du das?“ Er zuckte erschrocken zusammen. Wie es schien, hatte er nicht damit gerechnet, dass ich meine Worte so ernst meinen würde. Dann schüttelte er mit dem Kopf. „Nein, Alec. Ich will dir nicht wehtun. Ich will dass du glücklich bist. Ich will dich nicht anrühren, wenn du es nicht willst. Deshalb geht es nicht.“ Er sah zu Boden. Ich schloss kurz die Augen. Eine Träne stahl sich durch meine Lieder. Ich atmete tief ein und entgegnete: „Es ist mir ernst, Ray. Mir ist es egal, ob du mir wehtust. Mir ist es egal, was du willst. Ich will dich. Hauptsache du bist bei mir. Momentan bin ich melancholisch und Krank. Da kann man nicht glücklich sein. Doch wenn du bei mir bist, dann geht’s mir sofort besser. Ich brauche dich, Ray. Lass mich jetzt nicht hängen.“ Wieder zuckte er leicht zusammen. Dann stand er auf. Ich zitterte und spürte, wie meine Beine nachgaben. Ich konnte mich nicht mehr aufrecht halten. Kurz bevor ich auf dem Boden ankam, fing Ray mich auf und hielt mich fest. Dankbar ließ ich mir von ihm aufhelfen. Er brachte mich zurück in mein Zimmer, doch ich riss mich los, als er mich wieder ins Bett drücken wollte. „Nein. Lass mich. Ich will erst eine Antwort.“ Er sah weg und biss die Zähne zusammen. Abwartend sah ich ihn an. Doch ich erkannte schon an seiner Haltung dass er nicht mit mir zusammen sein wollte. Ich sah zu Boden. Es machte mich traurig. Schließlich ging ich ein paar Schritte auf ihn zu und griff nach seiner Hand. Ich zog ihn etwas näher zu mir und vergrub meine Rechte in seinem Nacken. Dann zog ich ihn zu mir herunter und gab ihm einen heißen Zungenkuss. Seine Hand, die ich immer noch hielt führte ich langsam zu meinem Hosenbund. Ich drückte sie leicht gegen meinen Bauch und ließ sie dann los um meine andere Hand ebenfalls in seinem Nacken zu verschränken. Er ließ seine Hand dort liegen und zog mich ein Stück näher zu sich. Ich küsste ihn erneut und ließ meine Hände nach unten wandern. Langsam öffnete ich seinen Gürtel und öffnete den Knopf. Dann zog ich den Reisverschluss nach unten und ließ mich auf die Knie fallen. Ich zog seine Hose ein Stück runter und griff dann nach seinen Boxershorts. Er stöhnte leise als ich ihm sanft über sein Glied fuhr. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu sammeln. Wie oft hatte ich das bei meinem Vater tun müssen, kam es mir in den Sinn. Ich hatte sein Gesicht vor mir, spürte schon förmlich das Messer an meiner Kehle, um mich daran zu hindern, einfach rein zubeißen. Wie in Trance machte ich mich an Raymonds Boxershorts zu schaffen. Plötzlich spürte ich wie er seine Hände sanft auf meine legte und sie wegnahmen. Ich registrierte dass mir die Tränen die Wangen runter liefen. Er ließ sich ebenfalls auf die Knie fallen und küsste sanft meine zitternden Hände. Ich schloss die Augen und versuchte mein Zittern zu unterdrücken. Ich verkrampfte mich in seine Hände und wollte ihn nicht mehr loslassen. Wenn er jetzt gehen würde, würde er mich nie wieder anrühren, ging es mir durch den Kopf. Ich durfte ihn jetzt nicht gehen lassen. „Tut mir leid. Das war albern von mir. Einfach anzufangen zu heulen.“ Sagte ich und versuchte zu lächeln. Es misslang mir etwas und ich ließ seine linke Hand los und mir kurz über das Gesicht zu wischen. Er sah mich besorgt an. „Alec...ich.“ begann er doch ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein...ich will es nicht hören. Ich weiß schon...du willst mich nicht...stimmt´s?“ Er schloss die Augen. Nach einer kurzen Pause schüttelte er schließlich mit dem Kopf. „Nein Alec. Das stimmt nicht. Ich will bloß nicht, dass du Dinge tust, zu denen du dich zwingen musst. Ich will nicht, dass du es nur tust, weil ich es will...“ Ich hob den Kopf. „Es tut mir leid...ich...weiß auch nicht warum-.“ Begann ich, doch er legte mir seinen Finger auf die Lippen. „Halt die Klappe, Alec. Ist schon okay. Ich weiß, was du sagen willst.“ Wieder schwiegen wir. Er nahm seine Hand weg und ich starrte auf unsere Hände, die immer noch fest ineinander verschränkt zwischen uns baumelten. Schließlich hob ich den Kopf und sah ihn zögernd an. „Was jetzt?“ fragte ich leise. Kapitel 9: Part 9 ----------------- Er lächelte. „Was wohl?“ fragte er zurück. Etwas verwirrt sah ich ihn an. Dann verstand ich. Ich lachte befreit und fiel ihm um den Hals. Er erwiderte die Umarmung liebevoll und lange knieten wir so da und umarmten uns. „Wirklich, Ray? Oder ist das nur vorübergehend?“ „Ganz echt.“ „Was ist mit-.“ Begann ich, brach dann allerdings ab. „Mach dir keine Sorgen. Ich denke ich habe mich im Griff. Du sahst so traurig aus, und so verletzt...ich könnte dich niemals anrühren. Ich könnte dir niemals so wehtun.“ Erleichtert drückte ich ihn noch fester an mich. Er fuhr mir sanft durchs Haar. Schließlich ließ ich ihn los und gab ihm einen leichten Kuss auf den Mund. Lächelnd stand er auf und half mir ebenfalls aufzustehen. Er brachte mich zurück zum Bett, da er bemerkte dass ich nicht mehr lange aufrecht stehen konnte. Ich legte mich beruhigt hin und griff nach seiner Hand. Ich verschränkte meine Finger in die seinen und lächelte leicht. Dann schloss ich die Augen und drehte mich auf die Seite. Er setzt sich auf meine Bettkante und strich mir sanft über die Stirn. Schließlich schlief ich ein. Am Abend erwachte ich wieder. Ich war immer noch müde, fühlte mich allerdings wieder ein Stück besser. Aus eigener Kraft stand ich auf und ging ins Bad um schnell aufs Klo zu gehen. Ich wusch mir die Hände und sah kurz in den Spiegel. Ich sah schrecklich aus. Meine Haare waren ganz durcheinander und ich hatte Augenringe unter den Augen. Kurz fuhr ich mir durch die Mähne und ging dann zurück zu meinem Zimmer. Als ich ins Wohnzimmer sah, lag Ray auf der Couch und sah ein bisschen fern. Kurzerhand entschloss ich mir die Wolldecke zu holen und mich zu ihm zu legen. Als ich mit der Wolldecke auf ihn zu kam rückte er schon ein Stück beiseite damit ich Platz hatte, um mich zu ihm zu legen. Ich breitete die Decke über uns aus und kuschelte mich an seine Seite. Er legte mir seinen Arm um die Schultern und ich legte meinen Kopf auf seinen anderen, angewinkelten Arm. Unter der Decke suchte er nach meiner Hand und spielte ein bisschen mit meinen Fingern. „Was guckst du da?“ fragte ich leise und gähnte. „Ist irgendein Liebesfilm mit Orlando Bloom. Der Typ ist ja zurzeit dauernd im Fernsehen zu sehen. Wundert mich aber auch nicht. Für einen Kerl sieht er gar nicht so schlecht aus.“ „Findest du?“ meinte ich etwas verwundert. „Hast du dir noch nie Gedanken darüber gemacht, ob ein Typ gut aussieht oder nicht?“ fragte mich Ray etwas verwundert. „Mit meinem Onkel musste ich tagtäglich darüber diskutieren.“ Ich grinste und schüttelte mit dem Kopf. „Nein, bevor ich dich traf, hab ich mir noch nie großartig Gedanken darüber gemacht.“ Er sah mich fragend an. „Und?“ hakte er nach. Ich grinste verschmitzt und erwiderte den blick schmunzelnd. „Tja, das wüsstest du jetzt wohl gerne, was?“ sagte ich und zwinkerte ihm zu. Er rollte mit den Augen und sah wieder zum Fernseher. „Ja, ja. Immer das gleiche mit dir.“ Seufzte er. Ich schubste ihn leicht. „Quatsch nicht.“ Entfuhr es mir. „Doch wirklich. Immer blockst du ab.“ „Stimmt doch gar nicht.“ Ich streckte ihm die Zunge raus und wandte mich ebenfalls wieder zum Fernseher. „Sag mal,“ meinte Ray und schaltete die Glotze aus, „Was an mir findest du denn schön?“ Wir setzten uns etwas auf und ich wich ein kleines Stück zurück um ihn besser betrachten zu können. Immer noch hielt er meine Hand. Ich lächelte leicht und fuhr ihm leicht durchs Haar. Ich strich ihm das Haar hinter die Ohren und grinste breit: „Deine Ohren sind niedlich.“ Stellte ich fest und er riss erschrocken die Augen auf. „Nee oder? Ist das dein ernst? Ich fragte dich, was du an mir schön findest, und du sagst: die Ohren?“ Ich lachte und schüttelte mit dem Kopf. „Das ist ja nicht das einzige.“ Charmant lächelte er mich an. „Und?“ „Na gut. Ähm...“ ich fuhr ihm über die rechte Wange, direkt unter dem Auge, „deine Augen. Ich finde deine Augen wunderschön. Auch wenn ich eine Zeitlang leicht Angst vor ihnen hatte, haben sie mich von Anfang an in ihren Bann gerissen. Die Farbe deiner Iris variiert im Sonnenlicht. Mal eher ein bisschen Grün, dann wieder durch und durch braun... außerdem hast du so schöne lange Wimpern. Ich glaube, ich habe noch nie jemanden mit so langen Wimpern gesehen. Traumhaft.“ Erklärte ich wie in Trance. Ich fuhr ihm wieder leicht über die Wange und küsste ihn sanft auf den Mund. „Wow. Dass hat mir noch keiner gesagt. Echt stark.“ Meinte Ray und lächelte mich schon fast schüchtern an. „Jetzt bist du dran.“ Sagte ich grinsend und legte den Kopf leicht zur Seite. „Dein Lächeln.“ Sagte er prompt und ich zog eine Augenbraue hoch. „Und deine Augen.“ Stellte er fest. „Vor allem deine Haare.“ Machte er weiter. Ich verdrehte die Augen und schubste ihn leicht. „Und dein Mund...einfach toll.“ „Deine Nase ist auch toll. Und deine Ohren...klasse geformt.“ Ich knurrte und er grinste leicht. „Deinen Körper finde ich voll geil. Im Schwimmbad wäre ich am liebsten über dich hergefallen.“ Mir klappte der Mund runter und ich schubste ihn erneut, diesmal fester. Er lachte laut über meinen erstaunten Gesichtsausdruck. „Und was davon hast du jetzt ernst gemeint?“ fragte ich weiter, obwohl ich mir schon denken konnte, dass es nichts bringen würde. „Ehrlich gesagt, alles. Du bist rundum der gutaussehendste Typ, den ich je getroffen habe. Außerdem finde ich dich verdammt Sexy. Weshalb ich wohl auch schrecklich eifersüchtig war, als du dich mit Tina unterhalten hast. Sie wirkt ziemlich cool, in deiner Gegenwart. Ich habe Angst, dass sie sich in dich verknallen könnte.“ Ich riss erschrocken die Augen auf. „Tina??? Vergiss es. Wir sind nur befreundet.“ Abschätzend sah er mich aus. Er zog ebenfalls eine Augenbraue hoch und grummelte vor sich her. „Mhm...na ja...ich weiß ja nicht...wer weiß...vielleicht...Mhm...“ Ich dotzte ihn leicht gegen die Schulter und schüttelte grinsend mit dem Kopf. „Du Spinner.“ Stellte ich fest und er musste lachen. „Ja, kann schon sein. Doch irgendwie werde ich halt eifersüchtig, wenn andere Leute dich so ansehen. Weißt du, dass ich dem Opa damals am liebsten volle Kanne die Visage poliert hätte, als der versucht hat dich anzugrapschen? Ich war so eifersüchtig. Ich hätte ihn am liebsten umgebracht.“ Ich sah ihn erstaunt an und lachte dann laut auf. „Du hast sie echt nicht mehr alle. Auch wenn ich es irgendwie süß finde.“ Er sah mich erstaunt an. „Süß? Ich hätte mehr erwartet.“ Wieder verdrehte ich die Augen. „Dir kann man es aber auch gar nicht recht machen.“ Tadelte ich kopfschüttelnd und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du könntest ja mal so richtig ehrlich sein. Wahrheit oder Pflicht?“ Ich seufzte und antwortete: „Wahrheit.“ „Wie findest du meinen Körper.“ „Ich hab ja noch nicht alles davon gesehen, aber was ich bisher kenne, finde ich wirklich gut. Du bist muskulös, deine Haut ist schön weich, du bist stark, gibt alles Pluspunkte. Ich finde dich ziemlich sexy.“ Antwortete ich ehrlich und wurde dabei ein bisschen Rot. Er grinste. „Du bist rot geworden.“ Stellte er fest und fuhr mir über die Wange. Ich zuckte mit den Schultern. „Wahrheit oder Pflicht.“ Entgegnete ich. „Wahrheit.“ „Was hast du gedacht, als du mich zum ersten Mal gesehen hast?“ „Ich dachte: Wow. Der Typ ist verdammt gutaussehend. Und neben ihm ist ein Platz frei. Klasse. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.“ Ich dotzte ihn erneut gegen die Schulter. „Ehrlich sein.“ Tadelte ich ihn. „Also gut. Mhm...was dachte ich da nur? Ich habe mir alle Gesichter kurz angesehen und bin dann an deinem Hängen geblieben. Ich sah dir in die Augen und unsere Blicke haben sich gekreuzt, weißt du noch? Ich hab dich angelächelt, doch du hast weggesehen. Da bin ich zum erstem mal auf dich aufmerksam geworden. Ich fand dich schon damals, ohne mit dir reden zu müssen, ziemlich interessant. Und ich hab tatsächlich gedacht: Wow, sieht der gut aus.“ Er streckte mir die Zunge raus und fuhr mir kurz über den Kopf. „Wahrheit oder Pflicht?“ fragte er schließlich weiter. „Wahrheit.“ „Wann hast du bemerkt, dass du mehr für mich empfindest, als ursprünglich gedacht?“ „Mittwoch. Nach deinem Kuss.“ Er sah mich erstaunt an. „Als ich dich zum erstem Mal geküsst habe? Wow.“ Ich lächelte leicht. „Wahrheit oder Pflicht.“ „Wahrheit.“ „Liebst du mich?“ ich sah ihn fragend an. Er schenkte mir ein charmantes Lächeln und zog mich etwas näher zu sich. Sanft küsste er mich auf den Mund. Ich schloss die Augen und hüllte mich ein, in seinen angenehmen Kuss und seine warme Umarmung. Als er sich von mir löste, sah ich ihm tief in die Augen. „Ja. Ich liebe dich.“ Sagte er leise und hob seine Hand. Sanft fuhr er mir über die Wange und vergrub seine Hand in meinem Haar. Wieder zog er mich etwas näher zu sich heran. Ich lächelte und ließ mich erneut von ihm küssen. Plötzlich wurde ich ziemlich müde. „Du wirst bestimmt krank.“ Meinte ich, als er mich wieder losließ. Er zuckte mit den Schultern. „Du wirst mich sicher wieder Gesundpflegen, wenn ich krank werden sollte.“ „Ja, das werde ich, sobald ich wieder auf den Beinen bin. Vielleicht könntest du mir einen gefallen tun?“ fragte ich leise. Ich senkte die Lieder und lehnte mich nach hinten. „Was denn?“ fragte er und fuhr mir leicht über die Wange. „Du fühlst dich heiß an. Ich dachte, das Fieber wäre zurückgegangen?“ meinte er besorgt. Ich zuckte mit den Schulten. „Weiß nicht. Bringst du mich ins Bett?“ Er nickte und drehte mir den Rücken zu. Ich verschränkte meine Arme um seinen Hals und er griff nach meinen Beinen um mich ins Zimmer zurück zu tragen. Er deckte mich noch zu und schob mir das Fieberthermometer zwischen die Lippen. Als es piepste nahm er es aus meinem Mundwinkel und las die Anzeige ab. „Achtunddreißig Acht. Ist ziemlich hoch. Ich gebe dir noch eine Tablette und mach dir einen Tee. Versuch zu schlafen, Süßer. Morgen geht’s dir bestimmt besser.“ Meinte er und drückte mir eine Tablette in die Hand. Ich schluckte sie und spülte mit dem restlichen Kamillentee nach, den ich noch neben mir auf dem Nachtkästchen stehen hatte. Ray stand auf und fuhr mir erneut über die Stirn. „Gute Nacht.“ Sagte er leise und ging aus dem Raum. Ich erwachte erst wieder am nächsten Morgen. Immer noch war ich ziemlich müde, und ich fühlte mich heiß an. Trotzdem stand ich auf um schnell ins Bad zu gehen. Dann suchte ich nach Ray, um ihn in die Schule zu schicken. „Ray?“ rief ich und sah mich suchend in der Wohnung um. Er war gerade erst aufgestanden und kam aus dem Zimmer. „Hey, gehst du zur Schule?“ fragte ich ihn und legte den Kopf zur Seite. Er kam etwas näher und gab mir einen leichten Kuss auf den Mund. „Nein. Ich bleib noch mal daheim. Du siehst immer noch so schlecht aus. Will dich nicht alleine lassen.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Wenn du mir ein bisschen Tee machst, komme ich schon klar. Komm schon, einer von uns muss ja in die Schule gehen. Sonst verpassen wir zu viel.“ „Nix da. Ich bleibe daheim.“ Ich seufzte leise. Schließlich nickte ich leicht. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn abschätzend an. „Nimmst du Vitamin C?“ Er nickte. „Ja, schon seit Montag. Mach dir keine Sorgen. Ich werde schon nicht krank.“ „Gut. Ich geh wieder ins Bett.“ Lächelnd fuhr er mir durchs Haar. Dann drehte ich mich um und tappte zurück in mein Zimmer. Ich öffnete das Fenster und ließ etwas frische Luft hinein. Dann legte ich mich wieder hin. Nach einigen Minuten kam Ray ins Zimmer. Er hatte mir Tee gemacht und stellte ihn wie immer auf das Nachtkästchen. „Fieber?“ fragte er leise und fühlte meine Stirn. Besorgt steckte er mir das Fieberthermometer in den Mund. Nach einer Weile piepste es und Ray las die Anzeige. „Siebenunddreißig, Neun. Zumindest ist es gesunken. Doch es ist immer noch zu hoch. Wenn es bis heute Abend nicht noch weiter runter geht, bringe ich dich zu einem Arzt. Langsam mache ich mir Sorgen um dich.“ Er fuhr mir leicht über die Wange. Ich schüttelte den Kopf. „Das ist normal bei mir. Ich habe immer hohes Fieber. Mein Körper reagiert extrem auf Krankheiten. Dafür klingen sie bei mir schneller ab.“ Er nickte leicht, sah allerdings immer noch nicht sonderlich beruhigt aus. „Willst du noch mal eine Tablette nehmen?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Dann aber die letzte. Ich hasse Tabletten.“ Er nickte und drückte mir die Packung in die Hand. Ich nahm mir eine Tablette raus und schluckte sie mit dem Tee runter, den mir Ray bereitet hatte. Ich verzog das Gesicht und stellte die Tasse wieder auf das Nachtkästchen. „Ich trinke ja wirklich gerne Tee. Doch Kamillentee ist das widerlichste, was es überhaupt gibt.“ Stellte ich fest und Ray lachte leise. „Ja, ich kenn das. Doch du weißt ja: Kamillentee hilft bei einer Erkältung am besten.“ „Ich will nie wieder so krank werden. Echt schrecklich.“ Schließlich stand Ray auf und holte einen Löffel aus der Küche. Er gab mir von dem Meditonsin und verabschiedete sich dann, um in der Küche ein bisschen Sauber zu machen. Ich grinste leicht. Gut dass ich krank bin, ging es mir durch den Kopf. So muss ich nicht in die Küche gehen und das verheerende Chaos sehen, das mein Freund so gern veranstaltet. Bis zum Abend hatte sich mein Zustand wesentlich verbessert. Als Ray mir noch mal das Thermometer in den Mund steckte, hatte ich relativ normale Temperatur. Erleichtert strich er mir über den Kopf und ging in die Küche um etwas zu essen zu machen. Ich stand vorsichtig auf und ging zum Schrank, um mir ein anderes T-Shirt anzuziehen. Dann folgte ich ihm in die Küche. Sie sah relativ aufgeräumt aus und ich setzte mich erleichtert an den Tisch. Er stand am Herd und machte Nudelsuppe, aus der Tüte. „Willst du morgen schon wieder zur Schule gehen?“ fragte er leise. Ich nickte. „Ja, auf jeden Fall. Zwei Tage reichen mir völlig. Ich hab keine Lust mehr daheim rum zu sitzen. Das zieht nur meine Gemütsverfassung runter. Ich brauch Bewegung.“ „Okay.“ Sagte er und rührte die Flüssigkeit im Topf noch mal um. Dann holte er zwei Teller aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch. Er stellte die Herdplatte aus und brachte den Topf zum Tisch. Hungrig löffelte ich die Suppe. Ich hatte seit zwei Tagen nicht mehr richtig gegessen, und war froh, endlich wieder etwas Warmes in den Magen zu kriegen. Auch wenn es nur eine Suppe war. Nachdem wir gegessen hatten, ging ich ins Wohnzimmer und breitete mich auf der Couch aus. Ich griff nach der Fernbedienung und schaltete die Glotze ein. Nach einigen Minuten kam Ray ebenfalls ins Zimmer und quetschte sich zu mir auf die Couch. Ich machte etwas Platz und griff nach der Decke um sie über aus auszubreiten. Er kuschelte sich an meine Seite und suchte nach meiner Hand. In dieser Nacht schlief ich wieder mal so richtig gut. Ausgeschlafen und frisch stand ich am nächsten Morgen auf und ging erst mal unter die Dusche. Dann zog ich mich an und weckte Ray, der immer noch im Bett lag. Er murrte leise und zwängte sich aus seiner Decke. Dann ging er an mir vorbei um ebenfalls duschen zu gehen. Ich machte mir in der Küche etwas zu essen und setzte mich an den Küchentisch. Ray zog sich an und packte seine Schulsachen. Dann kam er ebenfalls in die Küche um sich schnell was zwischen die Zähne zu schieben. Wir redeten nicht viel, er wusste, dass ich es hasste, wenn man mich schon am frühen Morgen zutextete. Immer noch fühlte ich mich etwas krank. Meine Nase lief und ich suchte im Bad nach Tempos. Schließlich griff ich nach meiner Jacke und suchte in meinem Schrank nach einem Schal, zur Prophylaxe. Dann gingen wir aus dem Haus. Im Aufzug griff Ray nach meiner Hand und drückte sie leicht. Ich kam etwas näher und lehnte mich an seine Schulter. „Hab keine Lust auf Schule.“ Stellte ich fest und drückte auf den Erdgeschoss-Knopf. Langsam fuhr der Aufzug nach unten. Als wir draußen waren, ließ Ray schließlich meine Hand los und gemütlich schlenderten wir zur Bushaltestelle. Der Bus war wie immer voll gestopft, mit stinkenden, schwitzenden kleinen Kindern und alten Menschen. Zögernd stiegen wir ein und suchten uns einen Platz etwas weiter hinten, bei den Notsitzen. Ich lehnte mich an die Buswand und seufzte leise. „Ich hasse diesen Bus.“ Sagte ich leise zu Ray. Er nickte und schloss die Augen. „Bist du müde?“ fragte ich und sah ihn lächelnd an. Er nickte erneut. „Ja, ziemlich. Hab das Gefühl kein Auge zugedrückt zu haben.“ Etwas erstaunt hob ich die Augenbrauen und schubste ihn leicht gegen die Schulter. „Dabei bist du doch relativ früh ins Bett, oder?“ „Ja schon. Trotzdem.“ Ich lehnte mich unauffällig gegen seine Seite. Er lächelte leicht. Der Bus hielt an einer Haltestelle und weitere Schüler stiegen ein. Ich wurde noch weiter gegen seine Seite gedrückt und stellte mich leicht vor ihn. Unauffällig legte er mir leicht den Arm um die Seite und zog mich noch ein kleines Stück näher zu sich. Keiner bemerkte uns. Nach der Schule fuhren wir sofort nach Hause. Ich machte uns etwas zu essen und setzte mich an den Küchentisch. Ray kam ebenfalls in die Küche und setzte sich Schweigend aßen wir. Plötzlich klingelte es an der Tür. Ich winkte ab, als Ray aufstehen wollte und erhob mich. Mit großen Schritten ging ich zur Tür und öffnete sie. Mein Bruder stand vor mir und lächelte mich an. Erstaunt begrüßte ich ihn leise. „Hey Bruderherz. Alles klar? Was tust du hier?“ fragte ich ihn sofort. „Dich besuchen kommen. Was denn sonst. Hast du Besuch?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. Schweigend sahen wir uns an. Schließlich kam Ray aus der Küche und kam einige Schritte näher. „Oh. Ein Freund?“ fragte Simon und schüttelte Ray kurz die Hand. „Auch. Mein Mitbewohner und Freund.“ Etwas verwirrt sah Simon mich an. Er schien nicht wirklich die Bedeutung meiner Worte verstanden zu haben. „Darf ich reinkommen?“ fragte er schließlich. Ich nickte und trat zur Seite. Er ging an mir vorbei, berührte mich nicht. Ich schloss die Tür hinter ihm. „Oh, seid ihr gerade beim Essen?“ fragte er leise. „Ja. Willst du auch was?“ Ich rieb mir die Stirn und sah meinen Bruder skeptisch an. Irgendwas war los. Sonst würde er nie hier auftauchen. Er nickte lächelnd. „Gern. Komme gerade von der Arbeit und bin wie ausgehungert.“ Ich signalisierte ihm mit einem Wink, mir zu folgen und ging zum Herd um ihm ein paar Nudeln auf den Teller zu schöpfen. „Warst du mal wieder bei Mama?“ fragte ich ihn und drückte ihm den Teller in die Hand. Dann öffnete ich die Schublade und gab ihm eine Gabel. Er nickte. „Ja. Gestern. Es geht ihr gut.“ Ich zuckte nur mit den Schultern. „Sie hat lange nichts mehr von dir gehört. Hast du sie nicht mal wieder angerufen?“ Kopfschüttelnd setzte ich mich zurück auf meinen Platz und stocherte etwas lustlos in meinem Essen herum. „Nein. Warum sollte ich?“ „Na ja. Sie ist deine Mutter. Sie macht sich sorgen um dich. Und sie vermisst dich.“ „Ja klar.“ Entgegnete ich abfällig und stopfte mir ein paar Nudeln in den Mund um mich zu beschäftigen. „Ist es okay, wenn dein Mitbewohner das alles mitbekommt? Hast du damit kein Problem?“ fragte Simon etwas verwundert. „Natürlich ist das in Ordnung.“ Entgegnete ich und legte die Gabel beiseite. „Also gut. Deine Mutter richtet dir aus, sie würde dich gerne mal wieder sehen. Und da du ja noch nicht ganz achtzehn bist, verlangt sie einen Besuch von dir. Sie hat sich mit deiner Sozialarbeiterin in Verbindung gesetzt. Sie sagte, es sei momentan noch ihr gutes recht dich zu sehen. Du sollst sie besuchen kommen. Am Samstag.“ Ich seufzte genervt. „Und deshalb kommst du vorbei, Bruderherz?“ fragte ich und verdrehte die Augen. „Toller Grund.“ „Quatsch keinen Scheiß, Alec. Du weißt genau, weshalb ich hier bin.“ „Ja, um mir gut zuzureden, damit ich meinen Alten im Knast besuche und ihm am besten auch noch ein paar Blumen mitbringe. Viel Spaß im Knast und danke für alles, was du für mich getan hast, oder was? Vergiss es einfach, Simon. Ich hab damit abgeschlossen“ Er zuckte leicht zusammen. „Das verlangt doch keiner. Blumen und so nen blöden Spruch. Du sollst ihn einfach nur besuchen. Was ist daran denn so schlimm?“ „Das verstehen sie nicht.“ Mischte ich Ray ein und sah meinen Bruder dabei tief in die Augen. Genau wie ich anfangs, sah Simon weg. Er konnte Raymonds Blick genauso wenig standhalten wie ich. Irgendwie fand ich das ziemlich belustigend. „Woher willst du das wissen?“ fragte Simon und verschränkte die Arme vor der Brust. Es schien ihm wohl ziemlich unheimlich, dass jetzt plötzlich zwei Leute gegen ihn waren. „Ganz einfach. Sie haben das nicht durchgemacht. Sie wissen nicht, was das für eine psychische Belastung ist, wenn jemanden so etwas angetan hat.“ „Ach, und du weißt das, oder was?“ er lachte leise. Ray stand langsam auf. „Ja,“ entgegnete er ruhig und doch gespannt. „denn mein Vater ist ungefähr ein genauso großes Arschloch, wie deiner.“ Dann ging er aus dem Raum. Etwas verwunderst starrte Simon ihm nach. Sein Blick glitt zu mir. Er sah mir tief in die Augen. „Wirklich? Du suchst dir ausgerechnet so einen wie ihn, als Mitbewohner?“ „Nein. Ich habe das nicht geregelt. Doch ich finde es schön mit ihm zusammen zu wohnen. Er ist klasse.“ Seine Augen weiteten sich etwas. Ich lächelte kalt. Er verstand wirklich rein gar nichts. „Was?? Du...und er??“ fragte er erschrocken. Ich nickte leicht. Lange schwieg mein Bruder. Er schien nicht zu wissen, was er dazu sagen sollte. Schließlich riss er sich zusammen. „Wenn dein Vater das erfährt, bist du tot.“ Entfuhr es ihm. Er kniff die Augen zusammen und sah mich misstrauisch an. Ich zuckte leicht zusammen. „Tja. Ich werde nicht derjenige sein, der es ihm erzählt.“ „Trotzdem. Es wird nicht schwer sein, das herauszufinden. Von mir erfährt er es nicht, keine Sorge, doch wenn seine alten Freunde, euch mal zusammen sehen, dann ist die Hölle los. Du weißt doch wie er ist.“ „Das interessiert mich nicht. Lass mich in ruhe mit dem Mist. Ich habe keine Lust, dass mir der Scheiß wieder hoch kommt.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Du weißt es doch ganz genau, du Idiot. Du gehörst ihm!“ „Ich gehöre niemandem, Simon! Und ich werde mich weder von dir, noch von ihm, als Besitz bezeichnen lassen. Ich gehöre nur mir selbst!“ brauste ich auf, und erhob mich. Simon schüttelte mit dem Kopf. „Ob du es willst oder nicht, doch er wird dich immer als sein Eigentum betrachten. Wenn er erfährt, dass du ausgerechnet mit einem KERL verkehrst, wird er ausrasten. Auch jetzt kann er dir noch gefährlich werden. Das weißt du doch wohl“. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich mache was ich will. Und ich werde mir den Umgang mit Ray nicht verbieten lassen. Er denkt vielleicht, dass ich nur ihm gehöre, und dass nur er mich anrühren darf, doch das stimmt nicht. Ich habe nichts mehr zu schaffen mit ihm. Genauso wenig mit meiner Mutter, oder mit dir.“ „Quatsch keinen Scheiß. Das hört nie auf. Bis er Tod ist, wird das nie aufhören. Eine Frau würde er ja noch akzeptieren...doch einen Mann. Er wird das nicht tolerieren können.“ „Ich denke er hat sich so geändert! Waren das nicht deine Worte?“ „Ja, natürlich hat er das. Er würde dich nicht mehr anrühren. Doch das!“ „Hör auf Simon. Du hast kein Recht, mich zu verurteilen. Und was mein Vater getan hat, ist kein Stück besser.“ Schrie ich ihn an und er zuckte leicht zusammen. Schließlich stand er auf und ging zur Tür. „Na dann viel Glück, Kleiner. Doch du weißt, welche Konsequenzen das haben wird.“ Der Gedanke daran, was passieren würde, wenn mein Vater dass erfahren würde, machte mir so Angst, dass mir schlecht wurde. Simon öffnete die Tür, sah mich noch mal kurz an und verschwand Grußlos aus der Wohnung. Sein Blick beunruhigte mich. Er war wie der meines Vaters... Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, verstand ich endlich was dieser Blick zu bedeuten hatte. Eine unbändige Wut stieg in mir auf und die Tränen schossen mir in die Augen. Ich riss die Tür auf und rief ihm zornig nach: „Weißt du was, Simon? Du bist kein Stück besser als er. Auch wenn du dich körperlich zurückhältst, kann ich doch in deinen Augen sehen, was du am liebsten alles tun würdest. Das einzige, was dich davon abhält, ist dein unbändiger Schiss vor meinem Vater!“ Erschrocken drehte er sich um. Aufgebracht sah er mich an. Dann kam er mit wenigen Schritten auf mich zu, packte mich am Kragen und presste mich mit voller wucht, gegen die Wand. Mir blieb die Luft weg, und ich verzog das Gesicht, doch er beachtete meine Reaktion nicht. Sein griff wurde härter und ich spürte, wie meine Haut an der Wand aufritzte. Es tat weh, doch ich ließ es mir nicht anmerken. Ausdruckslos sah ich ihn an. Er packte mich an den Haaren und knallte meinen Kopf ebenfalls an die Betonwand, hinter mir. Ich biss die Zähne zusammen. „Du hast doch keine Ahnung, Alec.“ Sagte er leise. Ein grimmiges Lächeln umspielte meinen Mund. „Das meinst auch nur du.“ Entgegnete ich und sah ihm tief in die Augen. Er versuchte den Blick standzuhalten, musste dann jedoch wegsehen. Er schaffte es nicht. „Was ist los, Simon? Tu es doch. Ob du es dir nun in deinem Kopf vorstellst, oder es gleich hier und jetzt tust, da liegt für mich kein großer Unterschied. Der Gedanke allein, das selbst mein Bruder sich am liebsten am mir vergreifen würde, ist schlimm genug. Es ist so schrecklich, dass mir davon schlecht wird. Du bist kein Stück besser, als er.“ Simon zuckte leicht zusammen. Ich hatte genau seinen wunden Punkt getroffen. Er holte aus. Mein Kopf schmetterte zur Seite, als seine Faust mich am Wangenknochen traf. Langsam, wie hypnotisiert wandte ich meinen Blick wieder zu ihm. Ich spürte Blut auf der Wange und lächelte traurig. „Siehst du?“ Mehr musste ich nicht sagen. Seine Augen verengten sich und er wollte erneut ausholen, doch plötzlich schoss Arm hervor und fing seinen Schlag ab. Mit einer schnellen, geschmeidigen Bewegung war Ray hinter ihm und verdrehte ihm Brutal den Arm hinter dem Rücken. Ich spürte wie Simon mich losließ. Er verbiss sich einen Schmerzenslaut und ging in die Knie. Ruhig sah ich auf ihn runter. Mein Blick war voller Kälte. „Verschwinde von hier. Ich will nichts mehr mit dir zu schaffen haben. Du bist nicht mein Bruder!“ sagte ich leise und doch lag soviel Macht in meiner Stimme, das Simon erschrocken aufsah. Mit einem Mal, wurde ihm klar, was er gerade getan, und was er vor allem zugegeben hatte. Ohne ein weiteres Wort, warf ich Ray einen kurzen blick zu und nickte. Er ließ den Mann los und griff nach meiner Hand. Schweigend gingen wir in die Wohnung zurück und schlossen die Tür hinter uns. Meine Knie waren butterweich. Mit hängenden Schultern ließ ich mich langsam zu Boden sinken. Ich lehnte mich nach hinten gegen die Wand und rieb mir die Schulter. Simons griff war ziemlich hart gewesen und meine linke Schulter schmerzte. Ray kniete sich zu mir zu Boden. „Was war das denn?“ fragte er etwas verwundert und zerrte mein T-Shirt hoch, um sich meine Schulter anzusehen. Sie hatte eine Schürfwunde und die Schulter war ziemlich stark gerötet. „Scheint ein Blauer zu werden.“ Stellte Ray fest. Schließlich setzte er sich mir gegenüber in den Schneidersitz und sah mich durchdringend an. Kurz fuhr er mir über meine Wange. „Das sieht nicht sehr schön aus“ stellte er fest und wischte mir das Blut mit dem Finger weg. „Also? Was sollte das ganze? Und worüber habt ihr geredet?“ „Mein Vater...ist doch im Knast. Was er damals mit mir getan hat, war überall bekannt. Seine ganzen Freunde, mit denen er immer einen Trinken gegangen ist, wussten genau, zu was er mich zwang. Und es gab immer eine eiserne Regel. „Der Junge gehört mir.“ Hat er immer gesagt. Jedes Mal wieder. „Der Junge gehört mir.“ Seit dem habe ich immer denselben Traum. Er zwingt mich zu Boden. Schlägt mich. Sagt leise zu mir. „Alec...du weißt doch, du kannst mir nicht entfliehen. Du bist mein. Du gehört mir.“ Dann zerrt er an meiner Hose, begrapscht mich, oder zwingt mich dazu, ihm einen zu Blasen... Immer derselbe Traum. Und diese Einstellung hat er immer noch. Er verlangt von mir, dass ich ihn besuche, im Knast. Er verlangt von mir, dass ich komme um mit ihm zu reden, dass ich mit ihm rede, wenn er anruft, doch ich blocke natürlich ab. Dieser Typ, der mich vor ein paar Wochen versucht hat, anzugrapschen, das war einer seiner früheren Freunde. Der genau wusste, was mein Vater mir angetan hat, und nun das gleiche mit mir machen wollte. Mein Bruder...ist genauso verrückt wie der Rest. Der einzige Grund, weshalb er mich in Ruhe lässt, ist weil er eine Heiden Angst vor meinem Vater hat. Mein Vater würde ihn umbringen, wenn er mich anfassen würde. Er würde jeden umbringen, den er kennt, der sich an mich ranmacht. Genauso wie er mich umbringen würde, wenn er erfahren würde, dass ich mit dir zusammen bin. Er toleriert eine Freundin, doch er toleriert keinen Freund. Das bringt ihn um, vor Eifersucht. Er allein will entscheiden, wer mich kriegt und wer nicht. Und diese Einstellung hat er jetzt schon seit zirka zehn Jahren. Schlimm wurde es, als ich langsam älter wurde. Dreizehn, Vierzehn. Er hätte mich einmal beinah umgebracht. Ich weiß gar nicht, ob ich mit dir darüber geredet habe.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Ich war dreizehn. Es war im Sommer. Er schlug mich so lange, bis ich zu Boden ging. Mein Arm war gebrochen. Ich hatte eine schwere Gehirnerschütterung, innere Verletzungen, das ganze Programm. Als er merkte, dass er mich fast zu Tode geprügelt hatte, und ich mich nicht mehr bewegte, hat er den Notarzt gerufen, mich vor die Tür getragen und so getan, als hätte mich eine Bande streunender Jungs zusammengeschlagen. Der einzige Grund, weshalb sie mich nicht schon damals aus der Familie genommen hatten, war, weil ich mich damals so gewehrt habe, gegen seine sexuellen Misshandlungen, dass er gar nicht zum Zug gekommen war, sondern einfach irgendwann nur noch drauf losgeschlagen hatte. Hätten sie Sperma von ihm gefunden, wäre ich schon ein Jahr früher weggekommen. Ein Jahr später hab ich es dann trotzdem geschafft. Das hatte ich glaube ich ja schon erwähnt. Nach der Aktion war ich noch aufsässiger teilweise und wehrte mich noch mehr. Anfangs konnte er mich noch im Schach halten. Messer, Gürtel, Schlüssel, das alles klappte noch. Einmal war es wirklich ziemlich schlimm. Er zwang mich zum schlimmsten, sprich: Er zwang mich dazu, mit ihm zu schlafen, dann schlug er mich zusammen und verschwand aus der Wohnung. Das war der schlimmste Tag meines Lebens. Als ich mich wieder halbwegs aufsetzen konnte, holte ich mir Alk und Tabletten, sperrte mich im Schlafzimmer ein, schob mir die Tabletten in den Mund und schluckte sie mit hochprozentigem Schnaps allesamt runter. Kurz vor dem abdriften fand mich meine Mutter. Sie rief den Notarzt, dieser brachte mich ins Krankenhaus, und ich sah meinen Vater nie wieder...“ Ich brach ab. Wie unter Schock saß ich da, rührte mich nicht, starrte auf den Boden und weinte still. Konnte nicht mehr weiterreden. Ray hatte mir schweigend zugehört. Jetzt kam er langsam etwas näher zerrte mich von der Wand und schloss mich in den Arm. Ich lehnte mich gegen seine breite Brust vergrub mein Gesicht an seinem Hals und weinte Hemmungslos. Er drückte mich fest an sich und ich erwiderte die Umarmung, fühlte mich geborgen und wohl. Ich wurde ruhiger und gleichzeitig fühlte ich mich noch erschöpfter als vorher. „Komm wir gehen in die Küche, oder ins Wohnzimmer, dort ist es nicht so kalt.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Bin zu erschöpft. Kann jetzt nicht aufstehen.“ „Dann trage ich dich.“ Entschied Ray und legte sich meine Arme um den Hals. „Halte dich fest.“ Sagte er leise und legte den linken Arm um meinen Rücken und den Rechten Arm unter meine Knie. Dann hob er mich langsam auf und trug mich in mein Zimmer. Sanft legte er mich aufs Bett und wollte aus dem Zimmer gehen doch ich griff nach seinem Arm und hielt ihn fest. „Nein. Geh nicht.“ Sagte ich leise und zog ihn zu mir aufs Bett. Ich rollte mich ganz klein auf die Seite und zog ihn hinter mich. Er schmiegte sich eng an meinen Rücken und legte mir seinen Arm um den Oberkörper. Ich hielt seinen Arm fest zwischen den Fingern und spürte, wie er mich noch etwas näher an sich heranzog. Ich schloss die Augen. Schließlich schlief ich ein. Wir erwachten erst spät in der Nacht. Das Telefon klingelte und ich befreite mich ungern aus Raymonds Umarmung. Langsam stand ich auf und ging zum Telefon. Als ich ran ging, war es Tina. „Alec? Bist du das? Ich...du musst mir helfen...ich weiß nicht, wo ich hin soll.“ Sagte sie, und ich konnte raushören, dass sie weinte. Ich zog die Stirn kraus und schüttelte unverständlich mit dem Kopf. „Was? Noch mal. Was ist denn passiert?“ „Mein Freund hat mich geschlagen. Ich bin weggerannt, doch meine Eltern sind über Nacht weggefahren, und ich habe keinen Schlüssel dabei, weil ich ja eigentlich bei meinem Freund übernachten wollte. Doch jetzt...“ sie brach ab und schluchzte leise. Ich unterdrückte ein seufzen. So ein Stress, mitten in der Nacht. „Okay, wo bist du?“ „An der Kreuzung kurz vor der Apotheke, an der Engelbertstraße. Aber ich weiß nicht, wo genau du wohnst.“ „Das ist schon mal richtig. Warte an der Apotheke. Ich hole dich ab.“ „Danke.“ Sagte sie leise. Ich legte auf und gähnte. So ein Mist, dachte ich, und griff nach meiner Jacke. Dann schlüpfte ich in meine Schuhe und ging kurz in mein Zimmer. Ich beugte mich über Ray und strich ihm sanft die Haare aus der Stirn. Er seufzte und öffnete leicht die Augen. „Ich muss schnell los, Tina braucht nen Schlafplatz. Ich bin gleich wieder da.“ Sagte ich leise und lächelte leicht. Ray nickte und schloss die Augen wieder. Ich drehte mich um und ging aus dem Haus. Draußen hauchte ich mir zitternd in die Hände und zog die Schultern hoch. Es war Arschkalt und nebelig. Kein Wunder das Tina schier hyperventiliert ist, dachte ich mir und wandte mich nach rechts, um zur Apotheke zu laufen. Eigentlich hatte ich jetzt wirklich keinen Nerv für solche Szenen, doch Tina war schließlich eine Freundin, zumindest mehr oder weniger. Nach zirka fünf Minuten kam ich bei der Apotheke an. Schon von weitem konnte ich sie sehen, wie sie zusammengekauert auf dem Boden saß. Ich kam auf sie zu und reichte ihr die Hand um ihr aufzuhelfen. Sie sprang auf, als sie mich erkannte und fiel mir um den Hals. Leise schluchzte sie in meine Jacke und ich fuhr ihr beruhigend über den Rücken. Sie war nicht sehr warm angezogen und erst jetzt erkannte ich, dass sie gar keine Schuhe trug. Anscheinend war es wirklich ziemlich ernst gewesen. Als sie sich wieder halbwegs beruhigt hatte, lächelte ich leicht und wies auf ihre Füße. „Ich trage dich, okay? Sonst liegst du morgen mit vierzig Grad Fieber im Bett.“ Sie nickte leicht und ich drehte ihr den Rücken zu, um sie Huckepack zu nehmen. Fest klammerte sie sich an meinen schmalen Hals und legte ihren Kopf leicht auf meine Schulter. Sie schmerzte von dem Druck, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Trotzdem spürte ich schon nach wenigen Schritten, eine leichte Nässe auf der Haut. Die Schürfwunden bluteten wieder. Tina erzählte mir leise, was passiert war und ich nickte immer wieder, um zu signalisieren dass ich ihr zumindest halbwegs zuhörte. Als wir endlich an meinem Haus angekommen waren, ließ ich sie los und kramte nach meinem Schlüssel. „Mit Schule wird das morgen nichts für dich,“ stellte ich fest und sah an ihr herunter. Ihre Klamotten waren zerknittert und ihr Pullover war zerrissen. Sie hatte blaue Flecke am Hals und ihre Wange war leicht geschwollen. Ich wies ihr den Weg zu den Fahrstühlen und fuhr mit ihr nach oben. Wieder schluchzte sie leise. Frauen, dachte ich bei mir und legte ihr unterdrückt seufzend kurz einen Arm um die Schultern. Sie erwiderte die Umarmung und ich führte sie oben angekommen, langsam zur Wohnung. Ich öffnete die Tür und ging hinein. Ich winkte sie mit herein. „Brauchst du was zum anziehen?“ fragte ich leise. Ray kam verschlafen aus der Küche und tappte ins Bad. „Hallo Tina.“ Murmelte er leise und verschlafen und schloss die Tür hinter sich ab. „Na ja, ein T-Shirt, wäre ganz gut. Ist es okay wenn ich über Nacht hier bleibe?“ fragte sie bangend. Ich nickte. „Ja klar, sonst hätte ich dich sicher nicht her gebracht. Du kannst sicher in Raymonds Bett schlafen, und er schläft bei mir im Zimmer. Das geht schon.“ Ich holte ihr ein T-Shirt aus meinem Zimmer und drückte es ihr in die Hand. „Küche ist dort,“ meinte ich und zeigte auf die Tür, am ende des Ganges. „Wohnzimmer ist dort, Badezimmer ist dort, wo Ray gerade rein ist. Warte mal.“ Ich ging zum Bad. „Ray?“ fragte ich laut. „Jep?“ kam zurück. Immer noch ziemlich verschlafen. „Ist es okay, wenn Tina in deinem Bett pennt?“ fragte ich und schloss die Augen. Nix falsches sagen, dachte ich... Tina musste ja nicht gerade die erste sein, die von unserem etwas intimeren Verhältnis erfuhr. Ray öffnete die Badezimmertür, lehnte sich leicht gegen den Türrahmen und nickte. „Ja, ist okay, wenn du nichts dagegen hast, einen Obdachlosen wie mich in deinem Zimmer aufzunehmen, ist mir das recht.” Ich nickte lächelnd und ließ ihn an mir vorbei. Dann fuhr ich Tina kurz über den Kopf. „Geh ins Bett und ruh dich aus. Morgen früh melden wir dich krank und bringen dich nach Hause, okay?“ Sie nickte leicht und verschwand dann im Bad. Gähnend folgte ich Ray in mein Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir und sah ihn fragend an. „Meinst du ich sollte abschließen?“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Das wäre zu ungewöhnlich. Zwei Jungs schließen sich im Zimmer ab, kommt nicht oft vor.“ Ich nickte und kam zurück zum Bett. Er hatte sich schon wieder hingelegt und ich legte mich lächelnd an seine Seite. Ich war müde und sehnte mich nach einer liebevollen Umarmung. Die ich auch prompt bekam. Ich schmiegte mich an seine Brust und lächelte in mich hinein. „Gute Nacht.“ Sagte ich leise. „Hab dich lieb.“ Kam es ebenfalls leise zurück. Lächelnd hülle ich mich ein, in seinen angenehmen Geruch und genoss es, von ihm umarmt zu werden. Am nächsten Morgen erwachten wir immer noch eng umschlungen. Als ich auf die Uhr sah, hatten wir erst halb neun. Ich befreite mich aus Raymonds warmer Umarmung und tappte in den Gang um kurz in der Schule anzurufen. Ich meldete uns alle drei ab, gab irgendeine fadenscheinige Begründung an und ging dann gähnend wieder zurück in mein Zimmer. Ray sah mich verliebt an und griff nach meiner Hand um mich wieder zurück ins Bett zu ziehen. Wieder hüllte ich mich ein in seine warme, angenehme Umarmung. Er kuschelte sich an meinen Rücken und seufzte wohlig. Ich lächelte und schloss die Augen um noch ein bisschen zu schlafen. „Alec?“ murmelte Ray in meinen Rücken. „Hm?“ fragte ich leise, und bekam eine Gänsehaut, als sein Atem über meinen Nacken strich. Er setzte sich etwas auf und stützte seinen Kopf in den linken Arm. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn fragend an. Er strich mir sanft über die Schulter und fragte dann lächelnd. „Wo ist deine besondere Stelle?“ fragte er leise. Ich schüttelte irritiert mit dem Kopf. „Ich weiß nicht was du meinst.“ „Du weißt schon. Deine erogenste Stelle, mit Ausnahme da unten natürlich.“ Er zeigte auf die Stelle zwischen meinen Beinen und bemerkte schmunzelnd wie ich rot anlief. Ich drehte ihm wieder den Rücken zu und gähnte erneut. „Da kommst du nie drauf.“ Sagte ich und lächelte in mich hinein. Er grinste breit. „Soll ich etwa raten?“ Ich nickte leicht. „Wie gemein.“ Stellte er fest und kam etwas näher. Er lag fast auf mir. Er hatte sein rechtes Bein um meine Oberschenkel gelehnt und stützte seine Arme auf meiner Schulter ab. Ich schloss die Augen und grinste. „Also gut. Am Hals?“ fragte er leise und küsste mich sanft an den Hals. Ich bekam Gänsehaut, schüttelte allerdings mit dem Kopf. „Nein. Nicht wirklich.“ Er lächelte breit und drückte mich auf den Rücken. Ich sah ihn fragend an. Er schlug die Decke zurück und krempelte mein T-Shirt ein Stück hoch. Sanft küsste er mich am Bauchnabel. Ich verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lächelte noch breiter. „Nein. Auch nicht wirklich.“ Stellte er fest und schob mein T-Shirt noch ein Stück hinauf. Er fuhr mir mit den Lippen erst über die linke, dann über die rechte Brustwarze, machte allerdings auch hier keinen Treffer. Er machte eine kurze Pause und grinste mich breit an. „Das scheint wirklich schwierig zu sein.“ Dann beugte er sich vor und gab mir einen lieben Kuss auf den Mund. Ich erwiderte ihn ebenso sanft und musste erneut lächeln. „Also gut. Weiter geht’s.“ Murmelte er grinsend und beugte sich erneut über meinen eleganten Körper. Sanft küsste er mich in der Armbeuge und ich zuckte leicht zusammen. „Hey, das war doch gar nicht so schlecht.“ Stellte er fest und sah mich fragend an. „Nicht übel, doch noch lang nicht Hundertprozent.“ Sagte ich leise und ließ ihn weiter machen. Natürlich reagierte ich ziemlich auf seine Küsse. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, und auch mein Herz schlug wesentlich schneller. Trotzdem gewährte ich auch seinen nächsten Kuss. Er hatte sich wieder langsam nach unten gearbeitet und küsste mich sanft an den Lenden. Ich schloss die Augen und unterdrückte ein Seufzen. Ja, er kam der Sache langsam auf die Spur. Trotzdem hatte er meine „besondere Stelle“ noch nicht entdeckt. Immer noch lächelnd arbeitete sich mein Freund weiter nach unten. Er streichelte meinen Oberschenkel und wanderte mit seinen Lippen immer weiter nach unten. Ich kicherte leise, als er nach meinem rechten Fuß griff und mir leicht in den großen Zeh biss. „Du Spinner. Da unten wirst du nie fündig.“ Er lächelte und kam wieder zu mir nach oben gekrochen. Er drückte mir einen leichten Kuss auf den Mund und strich mit seinen sanften Lippen zärtlich über meine Wange. Dann hob er die Hand und griff mir ins Haar. Leicht zog er mir meinen Kopf auf die Seite und biss mir liebevoll ins Ohr. Wieder konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen. Er küsste mich direkt hinter dem Ohr, und ich griff nach seinem Haar um ihn wieder zurück zu meinen Lippen zu ziehen. „Gib es auf. Du findest sie nicht. Niemand kommt auf die Stelle. Bisher hat sie noch nie jemand angerührt“ Er lächelte und ließ sich willig von mir küssen. Ich liebkoste seine Lippen und versenkte meine Zunge mit der seinen. Er schüttelte mit dem Kopf und befreite sich von meinem Kuss. Lächelnd fuhr er mir über die Stirn. „Ich finde sie schon, keine Sorge. Zwei Stellen habe ich noch nicht ausprobiert. Die zwei wichtigsten.“ Damit wanderten seine Lippen wieder zurück zu meinem Oberkörper. Er beugte sich über mich und strich mir mein T-Shirt an der Linken Schulter hoch. Dann liebkoste er zärtlich meine Brandnarbe die ich seit meinem vierzehnten Lebensjahr besaß. Ich lächelte und schloss die Augen. Er war nicht schlecht. Doch selbst diese Stelle war noch nicht Hundertprozent. Wie erwartet kam er aber auf den richtigen Gedanken und griff nach meinem Kragen. Er zog ihn etwas runter und fuhr mit seiner Zunge leicht über mein linkes Schlüsselbein. Ein Schauer durchfuhr meinen Körper. Ich zog die Luft ein und zog die Beine an. Er liebkoste die kleine Narbe, die sich an dem Schlüsselbein abzeichnete. Leicht biss er in meine Salzige Haut und ich stöhnte leise. Seine Hand fuhr mir über die Seite und er beugte sich über mein Gesicht und mir einen Leidenschaftlichen Kuss zu geben. „Ich schätze ich habe dich erwischt.“ Stellte er lächelnd fest und biss mir zärtlich in die Unterlippe. Ich lächelte breit und versuchte meine Gefühle wieder in den Griff zu kriegen. Mein Körper schrie förmlich nach mehr, doch mein Kopf setzte dem einen Strich in die Rechnung. Doch Ray unternahm keinen Versuch, mich zu mehr zu überreden. Dankbar lächelte ich ihn an und zog ihn an meine Seite. Er legte seinen Kopf an meine Schulter und ich fuhr ihm durchs Haar. Zärtlich streichelte er mir über die kleine Narbe an meinem Schlüsselbein. „Wie viele vor mir, haben diese Stelle schon entdeckt?“ fragte er leise und kuschelte sich noch enger an meine Schulter. Ich schloss die Augen und antwortete ehrlich. „Keiner. Keine meiner Freundinnen haben sie entdeckt. Sie haben diese Stelle nie in betracht gezogen. Wegen der Narbe. Und meinem Vater war es egal. Hauptsache ich tat, was er wollte“ Er hob erstaunt den Kopf. „Ich bin der erste?“ Ich nickte lächelnd und zog ihn zu mir runter um ihn zu Küssen. Sanft drückte ich ihm meine Lippen auf den Mund und fuhr ihm durchs Haar. Er legte sich wieder hin und ich lauschte seinem Atem. Ruhig und gleichmäßig hob und senkte sich seine Brust an meiner Seite. Ich fühlte mich ziemlich wohl. Plötzlich hörte ich jemanden durch den Gang tapsen. „Unser Findelkind ist aufgestanden.“ Stellte ich fest und Ray schmunzelte leise. Ich grinste breit und machte Anstalten mich aus seiner Umarmung zu lösen, doch sein griff wurde fester und er ließ mich nicht los. „Lass sie. Sie wird schon klar kommen. Lass uns noch ein bisschen so liegen bleiben, okay? Nur noch ein bisschen.“ Ich schloss die Augen und entspannte mich wieder. „Wo ist eigentlich deine ganz besondere Stelle?“ fragte ich ihn leise. Er grinste breit. „Das findest du schon noch früh genug heraus, keine Sorge. Sobald du so weit bist.“ Ich lächelte. „Okay.“ „Wie viele Menschen kennen diese Stelle?“ „Niemand. Du weißt doch...hatte nie ne richtige Freundin. Ab und zu mal einen One-Night, doch da kam man natürlich noch nicht auf so was.“ Ich kuschelte mich noch ein bisschen näher an seine Seite und schloss die Augen. Er zog mich noch ein Stückchen zu sich und seufzte leise. Gedankenverloren strich ich ihm durchs Haar und wehrte mich nicht, als er sich über mich beugte, um mir einen sanften, einfühlsamen Kuss auf die Lippen zu geben. Ebenso sanft und zärtlich erwiderte ich die leichte Berührung unserer Lippen. Erneut seufzte Ray leise und legte sich dann zurück an meine Seite. Plötzlich klopfte es an die Zimmertür und Ray drehte sich schnell auf die andere Seite. Tina kam herein und sah unsicher zu uns rüber. „Morgen.“ Meinte ich leise. „Hast du gut geschlafen?“ Sie nickte und lächelte leicht. „Ist Ray schon wach?“ Ich spürte wie sich Ray wieder zu uns umdrehte. „Bin wach, ja.“ Sagte er leise und gähnte. Ich grinste ihn aus den Augenwinkeln an und setzte mich dann auf um mir was anzuziehen. „Ich mach gleich was zu essen, Tina. Geh schon mal vor in die Küche.“ Sie wurde leicht rot, als ich nur mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet aufstand um nach meinen Hosen zu greifen. Schnell drehte sie sich um und schloss die Tür hinter sich. Ray stand ebenfalls auf und tappte mit leisen Schritten hinter mich um mir liebevoll die Arme um den Bauch zu legen. Ich schmiegte mich an seine Brust und schloss die Augen. Sanft küsste er mich am Hals zu zog leicht an meiner salzigen Haus. Seufzend hob ich den Arm und vergrub meine Finger in seinem schönen, schwarzen Haar. Dann zog ich seinen Kopf ein Stück zu mir vor um ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen zu geben. Er lächelte leicht und gewährte meiner Zunge freudig Einlass, als ich ihm mit der Zungenspitze sanft gegen die Lippen stupste. Schließlich löste ich mich von ihm und zog mich an. Ray griff ebenfalls nach seiner Jeans und schlüpfte hinein. „Was machen wir heute noch?“ fragte er mich leise und gähnte. „Erstmal müssen wir das Findelkind nach Hause bringen. Und dann..mal sehen. Bisschen Kuscheln, bisschen Schlafen.“ Er grinste breit. „Joa, das hört sich gut an.“ Stellte er fest und kam wieder hinter mich um mir seine Arme um die Schultern zu legen. „Puh, ich glaube ich kann heute absolut nicht meine Finger von dir lassen.“ Murmelte er in meine Schulter. Ich lachte leise und drehte mich zu ihm um. „Dass solltest du aber, sonst merkt Tina nach was.“ „Ist doch egal…“ sagte er leise du gab mir einen liebevollen Kuss auf die Lippen. „Sollen wir sie wirklich jetzt schon damit konfrontieren?“ „Weiß nicht…“ Wieder küsste er mich leicht auf die Lippen. Schmunzelnd drehte ich mich von ihm weg und mir ein neues T-Shirt aus dem Schrank zu holen. Schnell zog ich es mir an und wandte mich dann zur Tür und in der Küche etwas zu essen zu machen. Tina saß schon am Küchentisch und sah mir etwas unbeholfen entgegen. „Alles okay?“ fragte ich sie leise und ging zur Küchenzeile um Kaffee aufzusetzen. „Ja…denke schon. Ich habe Angst, wieder bei ihm aufzutauchen. Ich hab Angst, dass er mich noch mal schlagen könnte…“ Ich schüttelte mit dem Kopf und schaltete den Backofen an. „Mach dir keine Sorgen. Raymond und ich kommen mit, und sorgen dafür, dass du dein Zeug kriegst, und dass er dich in Ruhe lässt. Das wird schon.“ Erleichtert seufzte sie und lächelte mich dankbar an. „Danke, Alec. Das ist sehr lieb von dir.“ Ich lächelte ebenfalls und suchte im Schrank nach Aufbacksemmeln. Während ich den Kaffee machte und Tina zuhöre, die mir ein bisschen was von dem gestrigen Abend erzählte, kam Ray herein und legte mir kurz seine Hand auf die Schulter. Plötzlich brach Tina ab und sah uns etwas verwundert an. „Was ist los?“ fragte Ray und fing an den Tisch zu decken. „Was ist mit euch los? Ihr seid so komisch…“ gab sie zurück. Ray lächelte nur wissend. „Was soll schon sein? Wir sind Mitbewohner und Freunde. Es ist alles okay.“ Erklärte ich ihr und goss noch mal Kaffee auf. „Hm…irgendwie benehmt ihr euch wirklich komisch. Seit wann lässt du einen Menschen so sehr an dich ran, Alec?“ Ich lächelte und legte Ray einen Arm um die Schultern. „Ganz einfach. Ich mag ihn furchtbar gern. Ray ist schon ein Schatz.“ Damit drückte ich ihm einen leichten Kuss auf die Wange und ging lachend ins Bad. Tina machte einen zu komischen Gesichtsausdruck. Als ich weg war, fragte sie Ray, was das zu bedeuten hatte. „Was wohl.“ Er lächelte sie leicht an. „Ich liebe ihn. Wir passen gut zusammen..“ „Du meinst..“ sie brach ab. „Ja, genau. Dass meine ich. Wir haben uns überlegt, ob wir es dir sagen sollen, doch Alec hatte keine Lust, ein großes Geheimnis daraus zu machen. Behalte es trotzdem vorerst für dich, okay?“ Sie nickte etwas perplex und starrte ihn noch einen Moment lang an, dann wandte sie sich wieder um und nahm eine Tasse um sich Kaffee einzuschenken. °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Hey Leutz, bisher: thx fürs lesen. Nächstes Kapitel wird wohl ein Adult. Kapitel 10: Part 10 ------------------- Nach einigen Minuten kam ich wieder in die Küche, frisch geduscht und mit nassen Haaren. Ich setzte mich neben Ray auf einen Stuhl und nahm mir ebenfalls einen Schluck Kaffee. Tina warf mir immer wieder verstohlene Blicke zu, doch ich konnte mir schon denken, was sie sich fragte. „Du fragst, die wie es kommt, dass einer wie ich plötzlich etwas für einen Jungen empfindet?“ fragte ich sie und legte den Kopf leicht zur Seite. Sie wurde rot und sah weg, nickte aber. „Das kann ich dir nur schwer erklären. Dazu müssten wir vor allen meine Vergangenheit in Angriff nehmen, doch das ist mir zu persönlich.“ Sie nickte leicht, schien jetzt noch neugieriger als vorher. Ich lächelte leicht in mich hinein und schmierte mir meine Hälfte der Semmel. Ray hatte bereitwillig mit mir geteilt. Ich hatte um diese Uhrzeit wie immer noch nicht sonderlich viel Hunger. „Wann willst du los?“ fragte Ray mich leise und biss von seiner Hälfte ab. Ich überlegte kurz. „Sagen wir in einer Stunde? Ist das okay, Tina?“ Fragend sah ich in ihre Richtung. Sie nickte etwas unbehaglich und ich lächelte ihr aufmunternd zu. „Das kriegen wir schon hin, mach dir keine Sorgen.“ „Okay.“ Kam es leise zurück. Ich aß meine Semmel auf und brachte meinen Teller zur Spüle. Ray war ebenfalls fertig. Auch er schien keinen sonderlich großen Hunger zu haben. „Wo wohnt der Typ denn?“ fragte er, während er seinen Teller abräumte. „Nicht weit von hier. Vielleicht zehn Minuten.“ Ray nickte und half mir beim Aufräumen. Langsam schien er sich daran zu gewöhnen, dass ich einen sehr eigenartigen Sauberkeitssinn hatte. Schließlich klingelte das Telefon. Gerade als ich aufstehen wollte, um hin zu gehen, schüttelte Ray mit dem Kopf und winkte ab. „Ich geh schon.“ Sagte er lächelnd und lief in den Gang. „Leif/Ramon?“ fragte er leise nachdem er den Hörer abgenommen hatte. Auf der anderen Seite der Leitung kam kein Ton zurück. „Hallo?“ fragte er etwas perplex. Immer noch keine Antwort. Schließlich legte Ray auf und kam zurück. Schulterzuckend setzte er sich wieder hin. Fragend sah ich ihn an. „Wer war dran?“ „Keine Ahnung. Hat sich niemand gemeldet.“ „Wirklich? Eigenartig.“ Stellte ich fest und ging zum Telefon um zu sehen, ob es die Nummer angezeigt hatte. Fehlalarm. Kurze Zeit später klingelte erneut das Telefon. Diesmal war ich schneller und meldete mich normal mit meinem Namen. „Alec…“ kam es zurück. Ich erkannte die Stimme sofort. Kurz schloss ich die Augen. Auflegen, kam es mir in den Sinn. „Wer...“ begann der Mann an der anderen Leitung. Doch ich war schneller. Bevor er noch ein weiteres Wort sagen konnte, hatte ich schon aufgelegt. Zornig starrte ich auf das Telefon. Verdammt! Warum musste dieses Arschloch immer gerade dann anrufen, wenn ich es absolut nicht packte? Wieder klingelte es. Ich nahm den Hörer ab und brüllte: „Lass mich in Ruhe, du scheiß Arschloch!“ Dann legte ich erneut auf. Ray kam aus der Küche und sah mich fragend an. Mir schossen die Tränen in die Augen. Immer noch starrte ich auf den Hörer. Mit schnellen Schritten war Ray bei mir angekommen und legte mir von hinten die Arme um den Körper. „Er…?“ fragte er leise. Ich nickte und drehte mich zu ihm um. Schluchzend erwiderte ich die Umarmung und ließ mich von seiner angenehmen Berührung trösten. Ich brauchte nicht lange, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Erneut klingelte das Telefon. Ich ging nicht ran. Ray wollte nach dem Hörer greifen, doch ich griff nach seiner Hand und hielt ihn zurück. „Nein…lass es.“ Sagte ich leise und wartete. Der Anrufbeantworter ging hin. Er sprach nichts drauf. „In der Regel gibt er irgendwann von alleine auf.“ Tina kam ebenfalls aus der Küche und sah uns fragend an. Ray hatte immer noch einen Arm um meine Schultern gelegt. Als er sie hörte, sah er auf. Fragend sah sie ihn an, wollte gerade zu einer Frage ansetzen, doch er schüttelte lächelnd mit dem Kopf. Sie verstand und ging wieder zurück. Ich lehnte mich leicht gegen seine Schulter und schloss die Augen. „Warum unbedingt jetzt?“ fragte ich leise. Erneut lief mir eine Träne über das Gesicht. Ray hob die Hand und wischte sie mir sanft aus dem Gesicht. Wieder klingelte das Telefon. Als der Anrufbeantworter hinging, hörten wir eine leise, kalte Stimme. „Alec...geh hin. Ich warne dich. Du weißt zu was ich fähig bin. Wenn du nicht sofort ans Telefon gehst, schick ich dir deinen Bruder vorbei. Der freut sich bestimmt, dich wieder zu sehen.“ Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Ich konnte mir bildlich vorstellen, was dann passieren würde. Mit zitternden Fingern griff ich nach dem Hörer. Rays Griff verstärkte sich und seine Hände legten sich sanft um meinen Bauch. „Willst du das wirklich tun?“ fragte er leise. Ich nickte und hob ab. „Was willst du?“ fragte ich leise, so ruhig wie möglich. Trotzdem konnte ich das Zittern in meiner Stimme hören. „Wer war das?“ fragte mein Vater zurück. Ich schloss die Augen. „Mein Mitbewohner. Ray.“ „Du wohnst mit einem Jungen zusammen? Warum weiß ich das nicht?“ „Woher soll ich das wissen? Ist das mein Problem?“ Mein Vater hustete leise. „Ich nehme an du kommst Sonntag?“ Ich konnte seinen leicht drohenden Unterton heraushören. „Keine Zeit. Ich muss zu meiner Mutter. Ein verdammtes Treffen reicht mir am Wochenende voll und ganz.“ Entgegnete ich kalt. Er lachte leise. Wieder hustete er. „Dann nächste Woche. Ich will dich sehen. Und bring deinen Freund mit.“ „Du kannst mich mal, Mick. Keine Drohung dieser Welt wird mich dazu bringen, auch nur Ansatzweise in deine Nähe zu kommen.“ Wieder lachte er leise. Ich öffnete die Augen und starrte auf das Telefon. Leg endlich auf, fuhr es mir durch den Kopf. Das war genug Gespräch für einen Tag. „Komm schon, Süßer. Stell dich nicht so an. Du willst mich doch auch wieder sehen.“ „Lieber sterbe ich.“ Flüsterte ich leise. Dann legte ich auf. Diesmal rief er nicht noch mal an. Ray zog mich ein Stück weg von dem Telefon und führte mich ins Wohnzimmer. Sanft drückte er mich auf die Couch und setzte sich neben mich. Er schloss mich wieder ganz fest in seinen Arm und ich lehnte mich mit geschlossenen Augen gegen seine Brust. Ich brauchte nicht lange, da hatte ich mich wieder im Griff. „Alles okay?“ flüsterte mir Ray leise ins Ohr und ich spürte seinen Warmen Atem an meinem Hals. Ich nickte leicht. „Ja, alles okay.“ Gab ich zurück und atmete tief ein und aus. Er strich mir liebevoll über die Wange und drückte mir seinen sanften Kuss auf die Schläfe. Ich wurde ganz ruhig und genoss seine Umarmung in vollen Zügen. Schließlich löste ich mich von ihm und stand auf. Ich griff nach seiner Hand und zog ihn mit nach oben. „Komm…wir müssen uns fertig machen.“ Sagte ich leise und ging in mein Zimmer um mir meine Jacke anzuziehen. Ray zog sich ebenfalls an und ging in die Küche um leise ein paar Worte mit Tina zu wechseln. Ich war ihm dankbar dafür, dass er die Situation kurz schilderte, und ihr klar machte, mich jetzt lieber nicht darauf anzusprechen. Sie schien verständnisvoll wenn auch sehr neugierig. Ich seufzte leicht und schlüpfte in meine Schuhe. Dann griff ich nach meinem Schlüssel, der wie immer auf dem kleinen Tischchen lag und wartete auf die anderen. Tina hatte immer noch keine Schuhe und ich bot ihr an, sich welche von mir zu leihen. Sie nickte erleichtert und ich drückte ihr Turnschuhe in die Hand. Sie waren ihr natürlich hoffnungslos zu groß, doch sie tat es mit einem Lächeln ab und ging probeweise ein paar Schritte. „Geht schon.“ Stellte sie fest und lieh sich auch eine Jacke von mir. Schließlich gingen wir aus dem Haus und machten uns auf den Weg. Ray griff liebevoll nach meiner Hand und ich ließ es lächelnd geschehen. Mir war es egal, ob wir schief von der Seite angestarrt wurden oder nicht. Ich wollte seine Berührung spüren. Wir brauchten nicht lange, zu dem Haus, das Tinas Freund beherbergte. Ich klingelte an der Tür und wir mussten nicht lange warten, da wurde die Tür aufgerissen. Ein Junger Mann, Anfang Zwanzig, sah uns überrascht entgegen. Als er Tina erkannte, sah er beschämt weg. „Wir wollen nur schnell Tinas Sachen holen.“ Erklärte ich leise. Der Mann vor mir nickte und trat zur Seite um uns einzulassen. Ray und ich gingen an ihm vorbei, doch als Tina ebenfalls eintreten wollte, griff der Mann nach ihrem Arm. „Tina…“ Begann er, doch sie riss sich erschrocken von ihm los. Ich legte ihm die Hand auf den Arm. „Lassen sie sie in Ruhe, okay?“ Er sah mich etwas perplex an, nickte dann aber. Er zeigte uns, wo Tinas Sachen waren, und das Mädchen sah das Zeug schnell durch, um zu sehen, ob alles da war. Dann hob sie die Tasche auf und hängte sie sich um die Schultern. Sie schlüpfte aus meinen Schuhen und griff stattdessen nach ihren. Dann gingen wir wieder nach draußen. Ich verabschiedete mich mit einem reservierten Nicken von dem Mann und legte beschützend einen Arm um Tinas Schultern. Sie schien sich nur schwer unter Kontrolle halten zu können, nicht erneut mit dem Weinen anzufangen. Auf mich machte sie trotz der kleinen Träne, die sich an ihrer Wange hinab schlich einen sehr starken Eindruck. Aufmunternd lächelte ich ihr zu. „Sollen wir dich nach Hause bringen?“ fragte ich leise. Sie nickte. Wir lieferten Tina bei ihr zu Hause ab. Sie gab mir meine Klamotten zurück und bedankte sich für unsere Hilfe. „Ruf an, wenn er dich belästigt. Dann mach ich ihn zur Sau.“ Sagte Ray zum Abschied. Sie lächelte leicht und schloss dann die Tür hinter sich. Ray legte mir einen Arm um die Schultern und zog mich mit. Gemütlich gingen wir zurück zu unserer Wohnung. Ich fühlte mich mittlerweile schon wesentlich besser, kam mir stärker vor, als noch vor einer halben Stunde. Daheim ließ ich mich müde auf die Couch fallen und schaltete die Glotze ein. Ray machte uns etwas zu essen in der Küche. Gerade als er ins Wohnzimmer kommen wollte, klingelte erneut das Telefon. „Oh Mann.“ Stöhnte ich und kam langsam auf die Beine. „Ich geh schon, wird sowieso für mich sein.“ Langsam ging ich in den Flur und hob ab. Meine Mutter. „Hallo Schatz. Hat deine Sozialarbeiterin schon mit dir geredet.“ „Ja...hat sie. Ich weiß dass du mich dazu zwingen willst morgen zu kommen. Also, wie viel Uhr?“ Sie schwieg kurz und meinte dann. „Um halb zwei hier bei uns.“ Ich verdrehte die Augen. „Ich komme. Aber nicht allein.“ „Wer kommt denn mit?“ „Mein Freund. Alleine halte ich es in der Regel ja keine Fünf Minuten bei dir aus.“ Sagte ich kalt. Sie erwiderte nichts. Ich wusste, dass es ihr schwer fiel, ihre Maske lange aufrecht zu erhalten. Ihr lag garantiert irgendeine Spitze Bemerkung auf der Zunge. Doch ich wusste, im Prinzip war sie genauso wie mein Vater. Sie konnte einfach nicht die Finger von mir lassen. Auch wenn sie mich manchmal hasste, so hielt sie es doch nicht lange ohne mich aus. Klar, bei ihr war es einfach nur der Mutterinstinkt, doch ich wusste genau, wie sehr ich sie verletzte, und wie sehr sie mich verletzte. Wir passten nicht zusammen. Wir hatten keinen Bezug mehr zueinander. Wenn wir den überhaupt jemals hatten. Sie schien noch etwas sagen zu wollen, doch ich verabschiedete mich schnell von ihr und legte auf. Ich hatte keine Lust jetzt großartig mit ihr ein Gespräch zu führen. Mir war dass jetzt einfach zu blöd. Es reichte schon, wenn ich sie Morgen lang genug ertragen musste. Sie würde mich sicher zwingen, mindestens eineinhalb bis zwei Stunden zu bleiben. Da hatten wir ja genug Zeit um zu „reden“. Je nachdem, wie man reden definiert. Ich ging wieder zurück ins Wohnzimmer. Ray hob den Arm und ich legte mich bereitwillig an seine Seite. Seine warme Umarmung spendete mir Trost. „Wer war dran?“ fragte er leise und zog mich noch ein Stück näher zu sich. „Meine Mutter. Wegen morgen. Wir sollen um halb zwei bei ihr antanzen.“ Ray nickte leicht und drückte mir einen leichten Kuss gegen die Schläfe. Ich schloss die Augen und lehnte mich an seine Schulter. Ich hatte echt keinen Nerv mehr, für gar nichts. Die Geschichte mit Simon, der Anruf von meinem Vater, meine Mutter…ich war wirklich fertig. Mein Freund merkte dass und strich mir beruhigend über die Wange. Welch ein grässlicher Tag… Irgendwann schlief ich ein. Ray weckte mich nicht, sondern blieb ruhig an meiner Seite sitzen und strich mir immer wieder beruhigend durchs Haar. Der Fernseher lief immer noch, doch Ray folgte nicht wirklich der Handlung des Filmes, der gerade lief. Nach zwei oder drei Stunden wachte ich auf. Ray lag immer noch unverändert an meiner Seite und strich mir zärtlich die Haare aus der Stirn, als ich verwirrt zu ihm aufsah. „Oh…entschuldige. Dir ist sicher der Arm eingeschlafen.“ Stellte ich erschrocken fest und wollte mich schon von ihm lösen, doch seine Umarmung wurde fester und er schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Keine Sorge….alles in Ordnung.“ Ich nickte etwas perplex und lehnte mich wieder zurück. „Schon komisch. Eigentlich haben wir heute Nacht total gut geschlafen, doch ich fühl mich trotzdem total lädiert.“ „Ja, klar. Ist ja auch kein Wunder, nach den Strapazen.“ Ich nickte leicht und stand schließlich auf, um mir etwas zu trinken zu holen. Er folgte mir kurze Zeit später und nahm sich eine der Semmeln, die noch von heute Früh waren. Er bot mir an, mit mir zu teilen, doch ich schüttelte mit dem Kopf. Ich hatte keinen Hunger. Besorgt sah er mich an. „Du isst zu wenig, Süßer. Irgendwann brichst du mir noch zusammen.“ Ich schüttelte lächelnd mit dem Kopf. „Mach dir keine Sorgen. Ich hab einfach keinen Hunger. Bis heute Abend hat sich das sicher wieder gelegt.“ Er nickte, immer noch etwas besorgt, gab aber keinen weiteren Einwand. Ich ging wieder zurück ins Wohnzimmer und legte mich hin. Wieder versuchte ich mich auf den Bildschirm zu konzentrieren, doch das Gespräch mit meinem Vater kam mir immer wieder in den Sinn. Wie ich es hasste. Schon allein der Gedanke an ihn bereitete mir Übelkeit. Und selbst wenn ich nur kurz ein paar Worte mit ihm am Telefon wechselte, wurde mir so Sterbenselend, dass ich das Gefühl hatte, mich sofort vom nächsten Turm stürzen zu müssen. Trotz der Zeit, die vergangen war, packte ich schon den Gedanken an seine Nähe nicht in geringster Weise. Nachdem Ray etwas gegessen hatte kam er wieder ins Wohnzimmer und setzte sich wieder zu mir. Ich lehnte mich leicht gegen seine Schulter und schloss die Augen. „Ray?“ fragte ich schließlich leise. „Ja?“ „Was würdest du tun, wenn dein Vater jetzt vor dir stehen würde?“ Ich biss die Zähne zusammen und versuchte meine Tränen zurückzuhalten. Er schwieg kurz und meinte dann: „Ich denke, ich würde ihn umbringen.“ Fest drückte ich mich an seine Schulter und vergrub mein Gesicht in seiner Armbeuge. Er drückte mich ebenfalls fest an sich und strich mir beruhigend über den Kopf. Ich kniff die Augen zusammen und konnte doch nicht verhindern, dass mir die Tränen kamen. „Alles okay…“ sagte Ray leise und kraulte mir den Hals. Ich nickte leicht und versuchte mich wieder in den griff zu kriegen. Doch irgendwie brach gerade alles in mich hinein. Lange saßen wir so da bis ich mich langsam wieder beruhigt hatte. Als meine Tränen versiegten ließ ich ihn kurz los um mich zu ihm hoch zu beugen. Ich lächelte leicht und drückte ihm einen sanften, liebevollen Kuss auf die Lippen. „Danke.“ Sagte ich leise und schlich mich dann wieder zurück in seine schöne, warme, angenehme Umarmung. Seine Nähe tat mir ungemein gut. Seine Liebevolle Art, mit der er mich umgarnte gab mir ein Gefühl von Geborgenheit. Es war eine total neue und schöne Erfahrung. Noch nie hatte ich mich so geboren gefühlt. Noch nie hatte ich mich bei einem Menschen so sicher gefühlt. Ich wusste, dass Ray das gerne von mir gehört hätte, doch im Moment war ich einfach noch nicht dazu bereit, ihm das zu sagen. Ich brauchte einfach noch ein bisschen Zeit. Schließlich stand ich auf und griff nach seiner Hand. Er kam ebenfalls hoch und ließ sich bereitwillig von mir in mein Zimmer ziehen. Ich drückte ihn in das weiche Kissen und schmiegte mich an seine Seite. Er legte mir seinen Arm um die Schultern und zog mich fest an sich. Ich strich ihm liebevoll über die Brust und atmete seinen schönen, angenehmen Geruch in mich ein. „Ich würde meinen Vater am liebsten umbringen. Und ich hab es mir auch schon so oft vorgestellt. Doch ich hab es nie getan. Denn immer wenn er dann doch wieder auf mich zu kam, um mich zu missbrauchen, hab ich ihn immer nur versucht wegzustoßen. Oder ich habe versucht ihn zu treten. Doch ich hab nie ein Messer mit mir geführt, dass ich ihm einfach nur in den Hals hätte rammen müssen. Ich wünschte mir, er wäre tot. Stattdessen sitze ich hier und zittere vor Angst, obwohl ich genau weiß, dass er mir nichts mehr anhaben kann… Doch…was ist nächstes Jahr? Was soll ich tun, wenn er nächstes Jahr wieder aus dem Knast kommt? Was soll dann werden? Er wird mich nie in Ruhe lassen. In der Hinsicht ist er wie meine Mutter. Er hasst mich, und liebt mich zugleich. Und er ist so abhängig von mir, dass er einfach nicht die Finger von mir lassen kann. Meine Mutter hasst mich auch, doch auch sie schafft es nicht von mir los zu kommen. Sie sind beide gleich.“ Ray sagte lange zeit nichts. Er schien darüber nachzudenken, was ich über meine Eltern gesagt hatte. „Wenn er nächstes Jahr nach dir sucht und du dich dazu entschließt, weg zu gehen, werde ich dich begleiten. Ich werde dich nie allein lassen, Alec. Ich werde immer an deiner Seite sein.“ Ich lächelte und schloss die Augen. „Danke.“ Sagte ich leise. Dann hob ich den Kopf und legte ihm meine Lippen sachte auf den Mund. Er erwiderte den Kuss leicht. Sanft fuhr ich ihm mit meiner Zunge über die Lippen und bat sachte um Einlass. Er öffnete den Mund einen Spaltbreit und ich fuhr ihm aufreizend mit der Zunge über den Gaumen. Dann stupste ich seine Zunge an und massierte sie leicht mit reizenden Bewegungen. Ray stöhnte leise und drückte mich noch etwas mehr an seinen warmen, weichen Körper. Ich lächelte leicht und löste mich schließlich von seinen Lippen. Sanft wanderten meine Lippen weiter nach unten, kurz über seinen Hals dann leicht über seine Schulter. Das T-Shirt war im weg, eindeutig. Also zog ich ihn ein Stück zu mir hoch um ihm sein T-Shirt über den Kopf zu ziehen. Er ließ es bereitwillig geschehen. Wieder drückte ich ihn ins Kissen. Ich beugte mich über ihn und setzte mich breitbeinig auf seinen Bauch. Sachte fuhr ich ihm mit meinen Lippen leicht über die salzige Haut. Ich küsste ihn am Schlüsselbein und fuhr ihm mit der Zunge sacht über die aufgestellten Brustwarzen. Er stöhnte erneut und fuhr mir durchs Haar um mich wieder zu seinen Lippen zu ziehen. Ich lächelte erneut leicht in mich hinein und hab ihm einen fordernden Kuss auf den Mund. Als ich mich erneut seinen eleganten, schönen Oberkörper zuwandte lächelte er mich fragend an. „Was hast du vor?“ fragte er leise. Ich verzog meinen Mundwinkel ein Stück nach oben und zwinkerte ihm zu. „Was wohl? Ich verführe dich.“ Sagte ich leise lachend und drückte ihm sofort einen Kuss auf die Lippen, als er etwas erwidern wollte. Ich liebkoste seine Lippen, und ließ ihm so keine Chance zu antworten. Ray merkte wohl, dass ich es wirklich ernst meinte. Denn er machte keine weiteren Anstalten sich zu wehren. Ich löste mich etwas ungern von seinen Lippen um mich wieder seinem schönen Oberkörper zu widmen. Sacht fuhr ich mit meiner Zunge über sein Schlüsselbein und streichelte ihn liebevoll an den Seiten. Er stöhnte leise, was mir ein kleines Lächeln entlockte. Er war wirklich niedlich. Ich fuhr weiter mit meinen Lippen und arbeitete mich langsam nach unten vor. Ray streckte sich förmlich mir entgegen und ich lauschte seiner schönen, dunklen Stimme, der immer wieder ein leichtes Stöhnen oder ein unterdrückter Seufzer entglitt. Als ich bei seinem Bauchnabel angekommen war, versenkte ich kurz meine Zunge in der kleinen Öffnung und hauchte ihm meinen heißen Atem auf die Haut. Ray zitterte vor Lust am ganzen Körper und ging leicht ins Hohlkreuz als ich ihm erneut über den Bauchnabel fuhr. Lächelnd kam ich wieder ein Stück nach oben und küsste ihn erneut auf die sanften, warmen Lippen. Tief zog ich seinen Geruch in mir auf. Seine Haare dufteten leicht nach Aprikose, was sicher an dem Shampoo lag, dass er immer benutzte. Seine Haut hatte einen leichten Schweißfilm überzogen, was mich noch zu mehr Tatendrang motivierte. Während ich seine Lippen mit den meinen abermals versenkte, rieb ich mich leicht an seinen Schoß, was mir erneut einen leisen, rauen Ton seiner lieblichen Stimme entgegen brach. Ich spürte, wie es in seiner Hose scheinbar langsam zu eng wurde, und machte mich an seinem Gürtel zu schaffen. Schnell hatte ich genug platz geschafft um mit meiner Rechten langsam unter seine Boxershorts zu gleiten. Ich berührte ihn sacht und er stöhnte leicht. Sein lustvolles Zittern verstärkte sich noch etwas mehr und mein Kuss wurde fordernder. Langsam schien er etwas ungeduldig zu werden, doch ich wollte nicht voreilig sein, sondern den Augenblick voll und ganz genießen. Langsam schälte ich ihn aus seiner Hose, küsste ihn zaghaft an der Innenseite seiner Oberschenkel und arbeitete mich dann langsam ein Stück weiter nach oben. Mir wurde es zu warm und ich wollte mir gerade das T-Shirt über den Kopf ziehen, doch Ray griff nach meinen Armen, zog sie etwas nach oben und nahm mir die Arbeit ab. Sanft fuhr er mir über die Brust, umrundete mit seinen Fingern zaghaft meine kleine Narbe und lächelte mich an. Ich lächelte etwas schüchtern zurück, befreite mich dann auch aus meiner Hose und drückte ihn bestimmt wieder zurück in die weichen Kissen um fortzufahren. Während ich mich über ihn beugte, um ihm einen zärtlichen Zungenkuss zu geben, wanderte meine Hand langsam unter seine Boxershorts und zog sie genauso langsam aus. Ich fuhr ihm erneut über sein mittlerweile steifes Glied und ergötzte mich an seinem leichten lustvollen aufstöhnen, dass er jetzt nicht mehr unterdrücken konnte. Sein Atem ging schwer, genauso wie meiner, doch ich wollte mir immer noch so viel Zeit lassen wie möglich. Schließlich wanderte ich mit meinen Lippen wieder weiter nach unten. Als ich kurz vor seinem Bauchnabel war, hob ich den Arm und drückte ihn sanft gegen seinen Bauch. Dann übersprang ich den Nabel gezielt und leckte stattdessen liebevoll mit meiner Zunge über seine Erektion. Als ich ihn langsam in meinem Mund aufnahm und ihn mit meinen Lippen umschloss, zog Ray scharf die Luft ein und stöhnte dann, diesmal absolut nicht mehr zurückhaltend auf. Ich lächelte leicht und umspielte sein Glied mit meiner Zunge, rieb meine Lippen an seine Haut und spürte, wie Ray sich aufbäumen wollte, doch ich hielt ihn eisern in den Kissen zurück, wollte schließlich nicht, dass ich würgen musste. Schließlich löste ich meine Lippen wieder von ihm, was mir ein leicht enttäuschtes Seufzen einbrachte. Ich lachte leise und beugte mich über meinen Freund um ihm die Enttäuschung sofort von den Lippen zu küssen. Lächelnd ließ er es zu und schien jetzt ebenfalls langsam in Tatendrang zu kommen. Er zerrte etwas ungeduldig an meinen Boxershorts und fuhr mir aufreizend über die Wirbelsäule. Ich erschauderte leicht, entledigte mich, diesem lästigen Ding und machte mich dann weiter ans Werk, meinen Freund nach Strich und Faden zu verwöhnen. Ich drückte seine Hüfte sanft nach oben, befeuchtete meine Finger mit meinem erhitzten Mund und fuhr dann mit meinen Fingern langsam zu seiner kleinen Öffnung. Kurz bevor ich mit meinem Finger in ihn Eindrang beugte ich mich leicht über ihn und flüsterte ihm ins Ohr: „Du musst dich entspannen.“ Er lächelte mit geschlossenen Augen und hob die Hand um mir sanft durchs Haar zu fahren. Langsam und vorsichtig drang ich mit meinen Fingern in ihn ein. Er keuchte leise, dieses neuartige Gefühl kannte er nicht. Ich lächelte, als ich merkte, dass es ihm gefiel und bereitete ihn vorsichtig weiter vor um ihn so wenig schmerzen wie möglich zuzufügen. Schließlich zog ich meine Finger zurück und drang vorsichtig in ihn ein. Entspannt und willig nahm er mich in sich auf. Ich war ganz vorsichtig, sanft, wollte ihm nicht wehtun. Trotzdem keuchte er kurz auf vor schmerz, drängte sich mir aber gleichzeitig noch ein Stück entgegen. Wieder legte sich ein sanftes Lächeln auf meine Züge. Er war wirklich verdammt niedlich. Anfangs bewegte ich mich nur sachte in ihm, doch irgendwann wurde er ungeduldig und ich beschleunigte meine Bewegungen. Ray stöhnte leise zerrte meinen Kopf zu seinen Lippen um mich zu küssen. Es war ein wilder, leidenschaftlicher Kuss und auch ich stöhnte leise auf. Schließlich war Ray so weit. Er kam. Kurze Zeit später kam ich auch. Ich brach über ihm zusammen und blieb kurz einfach zwischen seinen Beinen liegen. Er fuhr mir lächelnd über den Kopf und streichelte zärtlich meine Wange. Schließlich löste ich mich von ihm und griff nach der Packung Thempos auf dem Nachttisch um uns grob zu säubern. Dann legte ich mich wieder in seine schöne warme Umarmung. Ich war müde und fühlte mich ausgelaugt, gleichzeitig war ich aufgekratzt und überglücklich. Ray griff nach der Decke und bereitete sie über uns aus. Ich kam noch ein Stück näher zu ihm schmiegte mich an seinen Warmen, weichen Oberkörper und schloss die Augen. Dann schliefen wir ein. Am nächsten Morgen wachte ich nur widerwillig auf. Du hast die Vorhänge vergessen, fuhr es mir durch den Kopf. Es war ungewohnt hell und das Tageslicht tat mir in den Augen weh. Kurz fröstelte ich und schmiegte mich noch enger an den warmen, weichen Körper, der neben mir lag. Schließlich öffnete ich kurz die Augen und sah auf. Meine Wärmequelle war schon wach und sah mich lächelnd aus zwei wunderschönen, dunklen Augen an. Ich lächelte liebevoll zurück und fuhr ihm zärtlich über den Bauch. Ray schloss mich fest in seine Arme und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Ohne zu reden, sahen wir uns an, lächelten, sahen uns wieder nur an, und küssten uns kurz und doch so sanft, dass mein ganzer Körper vibrierte. Nach einer halben Stunde setzte ich mich schließlich auf und löste mich aus seiner Umarmung. „Hast du schmerzen?“ fragte ich ihn leise, und etwas besorgt. Ray lächelte leicht und schüttelte mit dem Kopf. „Nur Minimal.“ Ich sah ihm tief in die Augen, um zu erkunden, ob er mir auch wirklich die Wahrheit sagte. Sein Blick war offen und liebevoll. Ich nickte schließlich, ebenfalls lächelnd und griff nach meinen Boxershorts um nicht Splitternackt durch die Wohnung zu gurken. „Ich mach Kaffee und geh schnell unter die Dusche.“ „Darf ich mitkommen?“ fragte er und grinste breit. Lachend zog ich ihn hoch und nickte. Vorsichtig stand er auf und lief probehalber ein paar Schritte. Es ging. Schnell ging ich in die Küche und setzte das Wasser auf. Dann folgte ich meinem Freund ins Bad und schälte mich wieder aus meiner minimalen Bekleidung. Ray stand schon in der Dusche und schaltete das Wasser an. Ich folgte ihm und zwängte mich zu ihm in die kleine Kabine. Er zog mich etwas näher zu sich unter das heiße Wasser und küsste mich zärtlich auf die Lippen. Ich erwiderte den Kuss lächelnd und schmiegte mich an seinen schönen, eleganten Körper, den ich so liebte. Als er mir sachte über den Rücken fuhr, spürte ich, leichte Lust aufkommen, versuchte sie aber nicht unbedingt erfolgreich zu unterdrücken. Ray bemerkte genau, was in mir vorging, und grinste breit als er nach unten sah. „Grins nicht. Das ist alles deine Schuld.“ Meinte ich, als ich seinen Blick bemerkte. Ray kam ein Stück näher, fuhr mir mit seiner Hand sachte über die Erektion, schmiegte sich an meinen Oberkörper und biss mir leicht ins linke Ohr. Ich stöhnte und versuchte seine Hand zu greifen, doch er war nicht gerade leicht abzuschütteln. Mir wurde heiß und mein ganzer Körper kribbelte. „Willst du ernsthaft schon wieder…?“ Fing ich an, doch er schüttelte nur sachte mit dem Kopf, biss mir in die Unterlippe, damit ich die Klappe hielt. Schließlich öffnete er die Duschkabine, zog mich mit raus und drückte mich zu Boden, auf die feuchten Fliesen. Dann beugte er sich über mich, küsste mich, liebkoste meinen Hals. Diesmal war ich es, der sich das Stöhnen nicht verkneifen konnte. Er war wesentlich gieriger, und ungeduldiger als ich. Stürmisch küsste er mich überall, wo seine Lippen mich erreichen konnten, seine Hände berührten mich überall und heizten mich auf Hundertachtzig. Ich ließ mich mitreißen, von seiner stürmischen Art, zerrte an seinen Haaren, kratzte ihm über den Rücken und verpasste ihm einen gehörigen Knutschfleck am Hals. Er lachte leise, wurde verwegener, traute sich noch weiter zu gehen, und ich nahm ihn bereitwillig in mir auf. Erst war er zuvorkommend, ließ mich nicht aus den Augen, während er sich sanft in mir bewegte. Ich lächelte leicht, keuchte vor Schmerz kurz auf, schloss dann die Augen und ließ mich mitreißen, von seinen Gefühlen. Mir wurde heiß, ich war voller Lust, wollte ihn regelrecht spüren. Nie hätte ich gedacht, dass es mir gefallen würde, doch während er langsam immer schneller und noch gieriger wurde, und seine Bewegungen mich immer noch mehr reizten, stöhnte ich lustvoll auf, drängte mich ihm entgegen, fuhr ihm über seine geschmeidige Haut, kniff ihm in die Seite und suchte nach seinen Lippen um ihm einen aufreizenden, fordernden Kuss zu geben. Als ich so weit war, musste ich die Luft anhalten, um nicht laut loszustöhnen. Ich spürte, wie ich mich zusammenzog und auch Ray überrascht aufkeuchte. Er kam, löste sich von mir und entschuldigte sich leise. Ich schüttelte mit dem Kopf, zog ihn an den Haaren zu mir und schloss ihn in die Arme. Ich streichelte ihm liebevoll über die Haut, schloss die Augen und gab ihm einen leidenschaftlichen Zungenkuss. Er entspannte sich legte seinen Kopf an meinen Hals und atmete leicht gegen meine erhitzte Haut. Ich fuhr ihm durchs Haar, kitzelte ihn leicht am Hals, merkte, wie sich eine Gänsehaut auf seiner Haut bildete und genoss es, ihn so neben mir liegen zu haben. Plötzlich regte er sich leicht, sah mich an, fuhr mit seinen Fingerspitzen leicht über meinen Brustkorb. Dann kam sein Gesicht ganz nah an meins, unsere Lippen berührten sich kurz, dann wanderte sein Kopf weiter zu meinem Ohr und er flüsterte mir leise, kleine Liebesgeständnisse ins Ohr. Lächelnd schloss ich die Augen, lauschte seiner leisen, rauen Stimme und spürte seinen heißen, angenehmen Atem an meinem Hals. Schließlich setzte ich mich vorsichtig auf und zog mich nach oben. Es schmerzte, doch es war auszuhalten. „Hast du Schmerzen?“ fragte Ray besorgt und kam ebenfalls vorsichtig auf die Beine. Als ich das bemerkte, lachte ich leise auf. „Und selbst wenn. Du doch auch!“ zwinkerte ich ihm zu und ging vorsichtig und langsam wieder in die Duschkabine. Das Wasser lief immer noch und ich war froh, das angenehme Wasser über meinen Kopf laufen lassen zu können. Ray kam ebenfalls rein und hielt sich den Kopf kurz unter die Brause. Dann schäumten wir uns ein. Teils gegenseitig teils uns selbst. Ray lachte leise, als ich mich zu ihm vorbeugte um ihm seine Ohren einzuseifen. Ich grinste nur und nahm mir etwas Shampoo um es ihm in die Haare zu massieren. Das gefiel ihm schon eher. Er schloss die Augen, lehnte seinen Kopf leicht an nach vorne und ließ sich von mir sanft durchs Haar streichen. Ich massierte ihm die Kopfhaut und zog immer wieder leicht an seinen Haaren. Schließlich zog ich ihn wieder unter die Brause und er öffnete seine Augen. Ein verwegenes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit und er zwinkerte kurz. Dann schnappte er sich meine Hand und legte sie sich leicht auf die Brust. Ich spürte seinen Herzschlag, der stark und schnell gegen seine Rippen hämmerte. Mit meiner Hand auf der Brust beugte sich mein Freund ein Stück vor, und sagte mir leise ins Ohr. „Das ist nur dein Verdienst. Wenn ich auch nur in deine Nähe komme, oder wenn ich nur an dich denke, klopft mein Herz so laut, dass ich manchmal Angst habe, dass selbst unsere Nachbarn von nebenan es noch hören könnten.“ Ich lachte leise und schloss meine Arme um seinen Hals. Ich zog ihn leicht zu mir herunter, küsste ihn sanft auf die Lippen und liebkoste seinen schlanken Hals. Dann griff ich nach seiner Hand, drückte sei leicht gegen meine Brust und er lächelte breit, als er spürte, dass es mir nicht sehr viel besser erging als ihm. Ich schaltete die Dusche aus und stieg aus der Kabine. Ray folgte mir und ich schmiss ihm ein Handtuch zu, damit er sich abtrocknen konnte. Ich trocknete mich ebenfalls ab, rubbelte mir die Haare mit einem separaten Handtuch. Mit verstrubbelten Haaren aber einem sauberen Gefühl ging ich aus dem Badezimmer und tappte vorsichtig in die Küche um das Wasser noch mal aufzusetzen. Mittlerweile dürfte es schon zu sehr abgekühlt sein für den Kaffee. Dann ging ich immer noch Splitternackt in mein Zimmer um mir etwas anzuziehen. In meiner Schublade kramte ich nach frischer Unterwäsche, zog sie mir an und wandte mich dann dem Schrank zu, um nach einer Jeans und einem Hemd zu suchen. Heute war ja mein großer Tag. Nach Monaten durfte ich mal wieder meiner Mutter unter die Augen treten. Und nachdem ich meinen großen, gut aussehenden Freund mitnehmen wollte, wollte ich natürlich nicht mickrig neben ihm aussehen. Wenn er das jetzt hören würde, würde er sich totlachen, ging es mir durch den Kopf und ich schmunzelte. Schließlich zog ich eine schwarze, verwaschene Jeans und ein rotes, neumodisches Hemd aus dem Schrank und schlüpfte hinein. Das Hemd machte ich nur an den mittleren drei Knöpfen zu, damit ich meinen lässigen Stil nicht ganz so misste. Ich mochte das Hemd wirklich gern, vor allem weil Rot mir ziemlich gut stand, doch ich war mir nie sicher, ob es zu meinem Stil passte oder nicht. Deshalb trug ich es nicht sonderlich oft. Wollte ja niemandes Aufmerksamkeit auf mich lenken. Ich griff nach meiner Bürste, die wie immer auf dem Fenstersims lag und bürstete mir kurz durch mein abgestuftes, braunes Haar. Dann ging ich in die Küche um den Kaffee zu machen. Kurze Zeit später spürte ich zwei starke Arme, die sich um meinen Bauch schlangen und mich leicht nach hinten zogen. Ich lehnte mich gegen Rays Brust und goss erneut Kaffee auf. Dann drehte ich mich lächelnd zu ihm um, fuhr ihm durch seine nassen Haare und zog seinen Kopf näher zu mir. „Na, Süßer?“ fragte ich leise und gab ihm einen sanften, und doch leidenschaftlichen Kuss. „Selber Süßer.“ Kam es grinsend zurück und eine warme Hand fuhr mir unter das Hemd. „Du bist so schön.“ Murmelte Ray als er mich durchdringend musterte. Ich wurde rot, und löste mich aus seiner Umarmung. „Du Schwätzer.“ Stellte ich fest und goss erneut Kaffee auf. Wieder legten sich seine Arme um meinen Bauch. Rays Lippen streiften mich am Ohr. „Du bist das schönste Lebewesen, das ich jemals in meinem ganzen Leben gesehen habe.“ Flüsterte er mir ins Ohr und liebkoste mich am Hals. Wieder spürte ich die Hitze in meinem Gesicht und dotzte ihn leicht. „Quatsch keinen Müll. Deck lieber den Tisch.“ Er machte keine Anstalten mich loszulassen sondern zog mich eher noch näher zu sich. „Du glaubst mir nicht?“ fragte er etwas erstaunt und küsste mich erneut am Hals. Ich schloss die Augen und genoss das Gefühl seiner Lippen, die sanft über meine Haut fuhren und eine kribbelnde Gänsehaut hinterließen. „Was kann man dir schon glauben?“ sagte ich leise und drehte mich zu ihm um. Er lächelte mich warm an. „Ich meine es ernst, Alec. Du bist so schön…“ sanft fuhr er mir über die Wange und ich schloss die Augen. Dann lächelte ich schließlich. „Aber dich kann ich nicht Toppen.“ Zwinkerte ich ihm zu und küsste ihn. Er lachte leise und schüttelte mit dem Kopf. „Du bist das schönste Geschöpf auf Erden. Und ich danke Gott, dass ich dich lieben darf... okay...ich weiß das klingt blöd, aber ich meins ernst." Diesmal konnte ich nicht anders. Ich lächelte kopfschüttelnd und dankte ihm leise. Ray war so ein sentimentaler Schwachkopf manchmal. Trotzdem war es irgendwie niedlich, dachte ich bei mir, sprach es allerdings nicht aus. Dann zog ich ihn ein Stück zu mir her, nahm seinen Kopf in meine Hände und führe meine Lippen langsam zu seinem Ohr. Ich schloss die Augen, sammelte mich, und flüsterte leise: „Du bist das Beste, und das einzig richtige, das mir bisher passiert ist. Deine Nähe tut mir so unendlich gut. Deine liebevolle Art gibt mir das Gefühl der Geborgenheit. Es ist eine total neue Erfahrung für mich, aufzuwachen und sich gut zu fühlen, weil ich weiß, dass du neben mir liegst. Noch nie habe ich mich bei einem Menschen so wohl und so sicher gefühlt... Ich liebe dich.“ Dann umarmte ich ihn fest, und vergrub mein Gesicht in seiner Schulter. Ray brauchte einen Moment, bis er sich wieder aus seiner Starre gelöst hatte. Ich hatte ihn wohl ziemlich überrumpelt mit diesen Worten. Dann erwiderte er die Umarmung und fuhr mir beruhigend über den Rücken. Er lächelte glücklich und zog mich fest an sich. Irgendwann lösten wir uns von einander. Ich sah ihm unsicher in die Augen. Er lächelte mich liebevoll an, beugte sich vor, und küsste mich sanft auf den Mund. Ray deckte den Tisch und toastete eine der Semmeln, vom Vortag. „Willst du auch was?“ fragte Ray leise. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein danke.“ Sagte ich leise und kam mit der Kanne an den Tisch. Ich schenkte uns jeweils eine Tasse ein, und wollte mich dann auf meinen Platz setzen, doch Ray griff nach meiner Hand und zog mich zu sich auf seinen Schoß. Mit dem linken Arm hielt er mich fest, mit der rechten griff er nach einer der Hälften, die er sich geschmiert hatte. „Hey.“ rief ich überrascht auf und wollte meine Hände aus seinem Griff lösen doch er ließ mich nicht. Stattdessen schob er mir seine Semmel zwischen die Lippen. Widerwillig biss ich ab und funkelte ihn böse an. Er grinste nur und schob mir die Semmel ein weiteres Mal zwischen die Lippen. Genervt ließ ich mich von ihm füttern. Er hatte ja irgendwie recht… Als ich brav alles aufgegessen hatte, ließ er meine Hände los und ich hätte bereitwillig aufstehen können, doch stattdessen lehnte ich mich an seine Schulter und bettete meinen Kopf an seinem Schlüsselbein. Er fuhr mir sanft über den Rücken. „Was ist los?“ fragte er leise als ich mich noch mehr in seinem Hals vergrub. „Will nicht zu meiner dämlichen Mutter.“ Erklärte ich leise und legte einen Arm um seine Schultern. Er zog mich eng an seinen Körper und fuhr mir liebevoll durchs Haar. „Ich weiß…“ sagte er leise und lächelte insgeheim, über meine trotzige Art, die er noch gar nicht so kannte. Schließlich löste ich mich von ihm und lehnte meinen Kopf wieder zurück an seine Schulter. „Das Hemd steht die gut, “ sagte ich schließlich und prustete leise. Etwas perplex sah er an sich runter. Es war ihm gar nicht aufgefallen. Er trug ebenfalls eine verwaschene, ältere Jeans und ein Hemd. Sein Hemd sah genauso wie meins aus, nur mit dem Unterschied das seins schwarz und meins rot war. Wir lachten beide. „Wo hast du das her?“ fragte ich kichernd. „H&M, und du?“ fragte er ebenfalls immer noch kichernd. „Ich auch.“ Wir grinsten uns an und lachten erneut. Das war wirklich lustig. Eigenartig, und doch typisch. Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten, legte ich wieder einen Arm um seinen Hals und küsste ihn liebevoll auf den kleinen Bluterguss, den ich ihm verpasst hatte. „Du hast nen Knutschfleck, Süßer.“ Sagte ich leise und lächelte breit. Er nickte und grinste dann ebenfalls. „Du auch, Schnucki.“ Ich riss die Augen auf und stand auf. Sofort lief ich ins Bad und sah in den Spiegel. Tatsächlich. Kurz oberhalb meines Schlüsselbeins thronte ein blauer Fleck. Lachend kam Ray ebenfalls ins Bad, lehnte sich an den Rahmen der Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. Verschmitzt lächelnd sah er mich an und ich drehte mich stolz grinsend zu ihm um. „Sieht doch nicht schlecht aus, oder?“ fragte ich grinsend und kam langsam auf ihn zu. „Steht dir Prima.“ Kam es lachend zurück und ich legte ihm liebevoll die Arme um den Hals. Er löste sich von dem Rahmen legte mir seine Hände auf die Hüften und gab mir einen leichten Kuss auf die Lippen. Als er sich von mir lösen wollte, biss ich ihm leicht in die Lippe um ihn davon abzuhalten. Er schmunzelte und wir verfielen in einen leidenschaftlichen Zungenkuss. Er drängte mich langsam nach hinten, bis ich etwas unsanft an der Wand anstieß. Fordernd küsste er mich auf die Lippen und ich stöhnte leise, als seine Hände schon wieder über meinen leicht aufgereizten Körper fuhren. Schließlich schob ich ihn leicht von mir weg und grinste. „Lassen wir das lieber. Wir müssen in einer halben Stunde los.“ Unwillig kam er wieder etwas näher und küsste mich erneut. „Ach komm schon…für nen Quickie reicht die Zeit locker.“ Ich lachte leise und befreite mich von seiner Hand, die mir zärtlich unter das Hemd fuhr. „Nein, nein. Das verschieben wir auf später, okay?“ Er zog mich in seine Arme, schob mir eine Hand in die linke, hintere Hosentasche und sagte leise in mein Ohr. „Ich kann meine Finger einfach nicht mehr von dir lassen. Am liebsten würde ich den ganzen Tag nichts anderes tun, als deinen Körper zu berühren und zu erkunden…“ Ich lachte leise und zog ihn etwas unsanft an den Haaren. „Au, au, au...“ rief er und ließ mich los. Grinsend ging ich an ihm vorbei um in der Küche noch eine Tasse Kaffee zu trinken. Er folgte mir, setzte sich wieder auf seinen Stuhl und zog mich erneut auf seinen Schoß. Ich grinste und nahm einen Schluck von seiner Tasse. Seufzend lehnte er sich gegen meine linke Schulter, die ich ihm zugewandt hatte und ließ sich von mir wohlig schnurrend den Nacken kraulen. Ich kicherte leise. „Und da sagst du zu mir, ich wäre eine Katze.“ Verwundert sah er auf. „Das weißt du noch?“ Ich nickte. „Klar. Ich hab den ganzen Abend an deine Worte gedacht und mir überlegt, ob ich wirklich eine streunende Katze bin.“ „Natürlich bist du das. Du bist MEINE streunende Katze.“ Ich lachte leise und zog mich eng gegen seine Brust. Schließlich befreite ich mich aus deiner Umarmung und ging in mein Zimmer um mir meine Chucks anzuziehen. Auch Ray suchte nach seinen Schuhen, zog sie sich an und griff nach seiner Jacke. Ich schlüpfte in meine schwarze Jacke, griff nach meinem Schal und schlang ihn mir um den Hals. Mir war es immer noch zu kalt draußen. Dann holte ich meinen Schlüssel aus dem kleinen Körbchen und wartete im Gang auf meinen Freund. Wenige Sekunden später kam dieser aus dem Bad, lächelte mich liebevoll an und griff nach meiner Hand. Händchenhaltend gingen wir aus dem Haus und liefen zur nächsten Bushaltestelle. Der Bus war ausnahmsweise mal relativ leer, weshalb wir uns auch einen Platz suchten und uns hinsetzten. Tatsächlich hatte ich schon bald das Gefühl, dass sich mein Freund keine Sekundelang von mir fernhalten konnte. Die ganze Zeit über berührte er mich irgendwo, griff nach meiner Hand, dotzte mit seinem Fuß gegen mein Knie oder ähnliches. Grinsend ließ ich es geschehen und genoss es, so begehrt zu werden. Wir redeten nicht viel, schwiegen die meiste zeit über. Als wir dann an der Bushaltestelle angekommen waren, die dem Haus meiner Mutter am nächsten war, stiegen wir aus und schlenderten zu der Wohnung. Ich hatte sogar noch einige Sachen bei ihr, was mir erst jetzt bewusst wurde. „Wir könnten noch ein paar Sachen mitnehmen, die ich hier noch gebunkert habe.“ „Du hast noch Sachen bei deiner Mutter?“ fragte er verwundert und sah mich von der Seite her an. Ich nickte. „Ja, du weißt doch. Hab sie seit nem viertel Jahr nicht mehr gesehen. Als ich damals ausgezogen bin, hab ich gar nicht alles mitgenommen. Nur das nötigste.“ Er lächelte verständnissvoll. Schließlich kamen wir bei dem Haus meiner Mutter an. Mir war unbehaglich zu mute und ich wollte schon wieder umdrehen, doch Ray packte kopfschüttelnd nach meiner Hand und zog mich mit. Ich klingelte. Wenige Sekunden später öffnete meine Mutter die Tür, lächelte mich an und zog mich in ihre Arme. Unauffällig ließ Ray meine Hand los. Ich versuchte mich schnell wieder von ihr zu lösen. Wollte nicht von ihr berührt werden. Nach ein paar Augenblicken ließ sie endlich von mir ab, begrüßte Ray kurz angebunden und zog uns mit ins Haus. „Ich habe Kuchen gebacken. Dein Bruder ist hier. Und dein Onkel“ sagte sie, während sie uns ins Wohnzimmer führte. Mein Onkel? Oh Gott, schrecklich. Ging es mir durch den Kopf. Den hatte ich schon total verdrängt. Ray zog mich an meiner Jacke ein Stück zurück, direkt neben ihn und sah mich fragend an. Ich schüttelte gequält mit dem Kopf. „Entschuldigen Sie, Frau Ramon. Ähm…wo sind denn die Toiletten?“ Sie drehte sich verwundert zu ihm um. Ray lächelte entschuldigend und zeigte den Gang hinauf zum Badezimmer. Er nickte dankbar, packte mich am Arm und zog mich mit sich ins Bad. Dort schloss er die Tür hinter uns ab, drückte mich auf den zugeklappten Klodeckel und kniete sich vor mich nieder. „Was ist das für ein Kerl?“ fragte er und sah mich durchdringend an. Ich spürte wie mir die Tränen kamen und schüttelte mit dem Kopf. Er hob die Hand und fuhr mir kurz über die Wange. „Komm schon, Süßer.“ Sagte er leise und sah mich bittend an. Ich riss mich zusammen, wischte mir die Träne aus dem Gesicht und fing an zu reden. „Er…also du…weißt schon, wie mein Vater ist. Und meinen Bruder kennst du ja auch schon. Und mein Onkel…er…ist ungefähr eine Mischung aus meinem Bruder und meinem Vater…“ Ray nickte und zog mich zu sich auf den Boden. Er nahm mich in den Arm und sprach beruhigend auf mich ein. „Wir packen das. Ich beschütze dich, Alec. Ich lasse dich keine Sekunde allein. Okay?“ Ich nickte immer wieder und spürte, wie ich mich langsam wieder fasste. „Okay.“ Sagte ich schließlich und er ließ mich vorsichtig los. Prüfend sah er mir in die Augen. Ich lächelte leicht und er nickte beruhigt „Komm gehen wir rein, nicht dass sie sich noch denken, wir täten hier irgendwelche verbotenen Sachen.“ Er grinste lüstern und ich grinste mit. Dann standen wir auf und gingen wieder aus dem Bad. Als wir ins Wohnzimmer kamen, merkte keiner meinen kleinen Gefühlsausbruch. Wir gingen lachend hinein, ich nickte meiner Verwandtschaft kurz zu und setzte mich mit Ray auf die gegenüberliegende Couch. „Was war los?“ fragte meine Mutter etwas misstrauisch. Ray zuckte nur mit den Schultern. „Nichts. Wir mussten nur schnell etwas besprechen. Ich bin übrigens Ray. Alecs Freund.“ Sagte er und lächelte einmal in die Runde. Sein Blick streifte über jeden der drei, es schien als präge er sich ihre Gesichter ganz genau ein. Ich dachte wieder daran, wie ich seinem Blick noch vor zwei Wochen absolut nicht hatte stand halten können und bemerkte mit einem Schadenfrohen Grinsen, dass auch diesmal keiner seinem Blick standhalten konnte. Sie sahen alle drei weg, als hätten sie das Gefühl, er hätte bis in ihr innerstes gesehen. Wow, dadurch machte Ray einen total starken Eindruck. Schließlich fragte mich meine Mutter ob in der Schule alles okay sei. Ich nickte. „Ja, alles wie immer.“ „Wie geht’s dir, Alec? Ich habe dich lang nicht mehr gesehen.“ Meinte mein Onkel und sah mich durchdringend an. Ich erwiderte den Blick kalt. „Blendend. Seit ich allein wohne, geht’s mir blendend. Vor allem da ich weiß, dass ich dir so nur im schlimmsten Notfall begegne.“ Er lachte dreckig auf. Mein Bruder schwieg. Ich wusste, dass er immer noch ein schlechtes Gewissen hatte. Ich wünschte es ihm regelrecht an den Hals. Würde er mich ansprechen, würde ich ihn ignorieren, ging es mir durch den Kopf. Ich wollte ihn nicht mal ansehen. Dieses scheiß Arschloch war für mich gestorben. Die Stimmung war schrecklich. Ich fühlte mich so unwohl in meiner Haut, fühlte mich von allen Seiten angestarrt und verkrampfte mich in Rays Hand. Wir waren von vornherein so offen gleich zuzugeben, dass wir ein Paar waren. Keiner der anderen Anwesenden sagte etwas dazu. Wahrscheinlich hat Simon dass schon angekündigt, ging es mir durch den Kopf. „Wann kommt Mick eigentlich raus, aus dem Knast?“ fragte mein Onkel schließlich. „Ich bin mir nicht sicher, Phillip. Eigentlich erst nächstes Jahr im Juni, doch es kann sein, dass sie ihn frühzeitig entlassen, wegen seiner Krankheit. Nächste Woche hat er einen Arzttermin. Er muss ins Krankenhaus zu einer Untersuchung.“ Ich atmete tief ein. „Können wir nicht das Thema wechseln?“ fragte ich genervt. Mein Onkel sah mich wieder so durchdringend an. „Hast du etwa immer noch so nen Stress wegen dem Thema? Gott, ich dachte du hättest es endlich eingesehen.“ Ich sah ihn irritiert an. „Was soll der Spruch?“ fragte ich zornig. „Na was wohl? Du weißt genau was ich meine.“ Ich sagte nichts. Starrte ihn nur an. Was sollte das? Musste das jetzt sein? Ray stupste mich leicht an. Ich sah von ihm weg und blickte Ray kurz in die Augen. Dann sah ich zu Boden. Ach verdammt, und selbst wenn, es war ja wohl mein gutes Recht immer noch nicht mit dem Thema zurecht zu kommen. Es war mein gutes Recht. „Jedenfalls hat er wieder nach Alec gefragt. Wie jedes mal. Wann hab ich doch gleich mit ihm gesprochen? Heute früh glaube ich das letzte mal. Er hat gefragt, wer dieser Typ war, mit dem er gesprochen hat. Ich hab ihm gesagt, dass er Alecs Freund ist.“ Ich starrte sie ungläubig an. „Du hast was???“ fragte ich erschrocken nach. „Ihm gesagt, dass du mit ihm zusammen bist. Simon hat mir das erzählt.“ Phillip lachte dreckig. Ich starrte sie immer noch an. „Was soll das? Willst du mich umbringen?“ fragte ich sie ernsthaft. Scheinheilig lächelnd sah sie mich an. „Nein, natürlich nicht.“ Ich stand mit einem Ruck auf. „Verdammt! Du weißt doch ganz genau was das bedeutet. Stell dich nicht dümmer als du bist!“ schrie ich sie an. Sie zuckte leicht zusammen. „Was hast du denn?“ fragte sie und versuchte ernsthaft den Eindruck zu erwecken ahnungslos zu sein. „Ach Gott, Mum. Du tust gerade so, als sei Mick der netteste Mensch der Welt.“ Ich fasste mir kopfschüttelnd an den Kopf. „Jetzt lass mich doch in Ruhe! Du tust gerade so, als sei er der schlimmste Mensch der Welt.“ Brüllte sie zurück und stand ebenfalls auf. „Was er ja auch ist! Falls du es bis heute nicht gemerkt hast.“ „Hör jetzt auf, so etwas zu sagen. Das was er getan hat, war doch nicht schlimm.“ Sprachlos starrte ich sie an. Ich sah zu meinem Bruder, doch der tat so, als hätte er nichts mitbekommen. Ich starrte zu meinem Onkel, der nur breit grinste. Es schien ihn ziemlich zu belustigen, was hier abging. „Findest du das lustig? Findest du es etwa lustig, was er mir angetan hat?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt, finde ich es lustig, wie sehr du dich jetzt noch in den Mittelpunkt stellst.“ Ich lachte hysterisch auf. „In den Mittelpunkt stellen? Du denkst, ich stelle mich in den Mittelpunkt?“ Wieder schüttelte ich ungläubig mit dem Kopf. Unglaublich. Was war das für eine Verschwörung. „Phillip hat Recht. Du übertreibst, Kleiner. Vielleicht solltest du dich mal wieder besinnen und überlegen, mit wem du hier sprichst. Sie ist deine Mutter. Man schreit seine Mutter nicht an. Mick ist dein Vater. Er liebt dich. Du tust gerade so, als wäre er das schlimmste, was es auf dieser Welt gibt.“ Ich starrte Simon sprachlos an. „Willst du mich verarschen?“ fragte ich laut. Er stand auf und trat einen Schritt auf mich zu. „Nein, kleiner. Das würde ich nie tun.“ Er lächelte belustigt. „Du bist doch mein kleiner Bruder. Benimm dich jetzt, und tu was ich dir sage.“ Das war zu viel. Ich sollte tun was er sagte? „Du kannst mich mal, Simon.“ Ich spuckte verächtlich vor ihm aus. „Du willst es nicht verstehen, was? Du bist hier nicht die Nummer eins. Du hast zu tun, was man dir sagt. Du bist ein wertloser kleiner Bengel, der allem Anschein nach schon zu lange allein lebt. Vielleicht sollten wir mal mit dem Jugendamt reden. Oder mit deinem Psychologen. Ich schätze der trichtert dir nur so ne Scheiße ein.“ Ich ballte die Hände zur Faust und kam einen Schritt näher. Ich konnte Rays Hand spüren, die nach mir griff, riss mich allerdings sofort wieder los. Mit wenigen Schritten war ich bei meinem Bruder angekommen. „Nenn mich nicht wertlos, du widerliches Stück Dreck.“ Schrie ich ihn an und schupste ihn nach hinten. Etwas erschrocken stolperte er zu Boden. Ich stürzte mich auf ihn und schlug ihm ins Gesicht, spürte sofort mehrere Arme, die gleichzeitig nach mir griffen. Mein Onkel packte mich am Arm und riss mich brutal zurück. Ich knallte mit dem Kopf heftig auf den Boden und spürte sofort wie mir schwindlig wurde. Dann sah ich aus den Augenwinkeln wie er den Arm hob. Er schlug mir ins Gesicht und ich blieb benommen liegen. „Krieg dich wieder ein.“ Brüllte er und wollte erneut ausholen, doch Ray ging dazwischen und zwängte meinen Onkel ebenfalls zu Boden. Mein Bruder lag immer noch benommen auf den Fließen. Meine Mutter stand bewegungslos im Raum und starrte mich an. Phillip stöhnte leise, als Ray ihm brutal den Arm auf dem Rücken verdrehte. Dann war es still. Schließlich sprach Ray leise, und doch eiskalt: „Ich finde es erstaunlich. Ihr seid alle drei wirklich erstaunliche Menschen. Ihr seht gar nicht die Problematik. Alec wurde von seinem Vater beinah umgebracht, von seinem Bruder beinah zusammengeschlagen und von seiner Mutter verstoßen. Ihr seid so kalt, seht nur euch selbst, seht nicht den Schmerz, den Alec mit sich schleppt. Stattdessen schlägt ihr ihn nieder, redet ihn nieder. Ich kann euch nur verachten. Eine Stunde reicht mir voll und ganz um euch nur zu verachten. Und nun lass uns gehen, Alec. Ich denke, wir sind hier fertig.“ Ich nickte als ich meinen Namen hörte und versuchte hochzukommen, doch mir wurde wieder schwindlig. Ray kam zu mir und half mir auf. Er stützte mich leicht als wir nach draußen gingen. Nachdem wir die Tür hinter uns geschlossen hatten brach ich zusammen. Ich hielt mir den Kopf, sank in mir zusammen und spürte die Tränen, die mir über die Wangen rannen. Ray schloss mich in die Arme, drückte mich fest an seine Brust und redete beruhigend auf mich ein. Ich hörte ihm nur mit halbem Ohr zu, versuchte mich wieder zu fassen. Mir war schlecht, mein Kopf schmerzte von dem harten Aufprall. Schließlich legte Ray sich meine Arme um den Hals und zog mich hoch. Er packte nach meinen Beinen und nahm mich Huckepack. Mit geschlossenen Augen lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und hielt mich leicht fest. Ray trug mich bis zur Bushaltestelle und setzte mich dann ab. Ich lehnte meinen Kopf wieder an seine Schulter. „Mein Kopf tut so weh.“ Sagte ich leise und hielt mich an seinem Arm fest, als er mich wieder nach oben zog. Wir setzten uns in den Bus. Mir war schlecht. Ach verdammt, hoffentlich ist das keine Gehirnerschütterung, dachte ich genervt. Wieder schloss ich die Augen, und merkte wie ich langsam abdriftete. Schließlich schlief ich ein. Kapitel 11: Part 11 ------------------- Ray sah besorgt auf seinen Freund runter. Er schlief und hatte seinen Kopf an Rays Schulter gelehnt. Kurz fuhr Ray ihm über die wieder aufgeplatzte Wunde an der Wange. Er suchte in seiner Tasche nach einem Thempo und wischte seinem Freund das Blut aus dem Gesicht. Er sah ziemlich fertig aus. Schließlich kamen sie an ihrer Haltestelle an und Ray stupste seinen Freund leicht an. Dieser öffnete die Augen und stand langsam auf. Beinah wäre er wieder umgekippt, doch Ray griff nach seinem Arm, legte ihn sich um die Schultern und zog seinen Freund mit sich nach draußen. Auf dem Gehweg nahm er Alec wieder Huckepack und trug ihn zurück zu ihrer Wohnung. Als ich erwachte befand ich mich in meinem Bett. Draußen war es dunkel und jemand hatte mir ein T-Shirt angezogen und mich aus meiner Jeans befreit. Ich drehte den Kopf leicht zur Seite und sah mich suchend um, doch Ray war nicht zu sehen. „Ray?“ murmelte ich leise. Kein Mucks. Schließlich setzte ich mich langsam auf und hielt mir den Kopf. Leise fluchte ich und versuchte mich zu erheben. Mit langsamen, leisen Schritten ging ich zur Tür, öffnete sie und warf einen kurzen Blick in das gegenüberliegende Wohnzimmer. Kein Ray. Wahrscheinlich schläft er in seinem Bett, ging es mir durch den Kopf. Vielleicht will er allein sein? Fragte ich mich in Gedanken, verwarf die Frage aber schnell wieder. Das passte nicht zu Ray. Dafür liebte er es viel zu sehr, mit mir zusammen zu sein. Ich ging schwankend zu Rays Zimmer, klopfte kurz an und trat dann ein. Tatsächlich lag mein Freund in seine Decken gehüllt in dem Bett und schlummerte. Was mich allerdings nicht davon abhielt, zu seinem Bett zu gehen und mich neben ihn zu legen. Er wachte kurz auf, bemerkte mich sofort und legte mir seinen Arm um den Bauch. Sanft zog er mich noch etwas näher zu sich und legte mir seinen Kopf an die Schulter. „Alles okay, Süßer?“ fragte er leise. „Denke schon…wollte nur nicht allein sein.“ Selbst im fahlen Mondlicht konnte ich sein Lächeln erkennen. Ebenfalls lächelnd schloss ich die Augen und entspannte mich. „Gute Nacht.“ Sagte ich leise zu ihm und versuchte zu schlafen. Am nächsten Morgen hatte sich mein Zustand noch nicht verbessert. Ich blieb in seinem Bett liegen und lehnte jede Kopfschmerztablette ab, die er mir hinhielt. Stattdessen versuchte ich viel zu schlafen, damit sich mein Körper ausruhen und mein Kopf wieder regenerieren konnte. Ray blieb besorgt die meiste Zeit an meiner Seite, doch irgendwann schickte ich ihn weg. „Lass mich allein. Du kannst eh nichts für mich tun…lass mich.“ Sagte ich schließlich müde und drehte mich weg. „Nein…ich schätze das beste ist, ich bringe dich zu einem Arzt.“ „Ach quatsch. Die Kopfschmerzen werden mich schon nicht umbringen. Morgen bin ich wieder fit.“ Ray schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Ich rufe deinen Hausarzt an. Der kann ja schnell vorbei kommen.“ Damit stand er aus und ging aus dem Zimmer. Ungläubig starrte ich ihm nach. So ein Spinner. Als der Arzt eine halbe Stunde später hier auftauchte, schlummerte ich schon wieder tief und fest. Trotzdem wachte ich auf, als der Arzt an meiner Kopfwunde herumhantierte und sah ihn verwirrt an. „Hallo Doc.“ Flüsterte ich leise und wollte mich aufsetzen doch mein Arzt drückte mich wie-der zurück. „Bleib lieber liegen. Mit einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen.“ Ich nickte leicht und wartete ab. „Ist dir schlecht?“ fragte mein Arzt und tastete meinen Kopf ab. „Ja, vor allem wenn ich aufstehe.“ „Hast du Schmerzen? Ist dir schwindlig?“ Ich bejahte wieder. Er nickte etwas besorgt. „Ja eindeutig eine Gehirnerschütterung. Ich denke nicht dass ich dich mitnehmen muss. Doch du solltest heute nicht mehr aufstehen, sondern liegen bleiben. Versuch dich auszuruhen und beweg dich nicht so viel. Schon dich. Morgen dürfte es dir besser gehen. Wenn es Morgen immer noch nicht besser ist, dann kommst du vorbei, ist das klar?“ Er sah mich forsch an. „Ja, Doc. Alles klar.“ Gab ich zurück. Er nickte und sah mir durchdringend in die Augen. „Und bau keinen Mist. Wenn es wirklich nicht besser ist, dann komm auch. Mit einer Gehirnerschütterung ist wirklich nicht zu spaßen, Alec.“ Ich nickte leicht was mir sofort wieder Kopfschmerzen einbrachte. „Hör auf zu nicken. Ich kenn dich ja. Du tust nie was ich dir sage.“ Ich grinste belustigt und war gewillt wieder zu nicken, ließ es dann aber lieber bei einem vagen Schulterzucken. „Ja, ja, ich weiß schon was du dir jetzt denkst. Blöder alter Knacker, der mich dauernd zwingt irgendwelche Pillen zu schlucken und regelmäßig vorbei zu kommen.“ Mein Arzt lächelte leicht und schüttelte mit dem Kopf. Dann stand er auf und wandte sich zur Tür. „Also dann, ich wünsch dir gute Besserung. Ich sag deinem Freund, er soll dich zu mir schleifen, wenn es bis morgen nicht besser wird.“ Grinsend drehte ich mich auf die Seite und schloss die Augen. Nur mit halbem Ohr hörte ich den beiden Kumpanen zu, die verschwörerisch über mich quatschten. Dann ging mein Arzt und Ray kam zu mir ans Bett. „Siehst du, Süßer. Ich sag doch einen Tag ruhe und ich bin wieder fit.“ „Ich bin trotzdem erleichtert, dass ein Arzt vorbeigekommen ist.“ „Du machst dir zu viele Sorgen um mich. Ich bin mein Leben lang immer allein mit allem klar gekommen, zumindest irgendwie. Du musst dich nicht für mich aufopfern.“ Er lächelte traurig und schüttelte mit dem Kopf. „Nein Alec. Du wärst vielleicht gern allein, und würdest dich gerne durch alles alleine durchschlagen, doch das lasse ich nicht zu. Du wirst nie wieder allein mit irgendetwas klar kommen müssen. Denn ich werde immer da sein, um dich zu unterstützen. Du bist mir viel zu wichtig, als dass ich mir keine Sorgen machen würde.“ Ich lächelte und streckte ihm meine Hand entgegen. Er ergriff sie und ich zog ihn zu mir aufs Bett. Ich umschlang ihn mit beiden Armen und drückte ihn ganz fest an mich. „Danke…“ sagte ich leise und vergrub mein Gesicht in seiner Schulter. Er erwiderte die Umarmung und gab mir einen sanften Kuss auf die unverletzte Wange. Am nächsten Morgen ging es mir tatsächlich wesentlich besser. Ich hatte zwar noch leichte Kopfschmerzen, doch es war auszuhalten, was mich dazu motivierte in die Schule zu gehen. Ray protestierte laut, als ich ihm das mitteilte, doch ich ignorierte seine Proteste und zog mich an. Im Bad wusch ich mir schnell die Haare, kämmte mir einmal kurz durch und machte mir in der Küche etwas zu essen. Ray beäugte mich misstrauisch und besorgt, während ich mir mein Brot zwischen die Lippen schob. „Sicher?“ fragte er immer wieder. Zum wiederholten male nickte ich nachdrücklich. „Ja, sicher! Und jetzt hör auf zu nerven und lass uns gehen.“ „Hm.“ Machte er nur und stand auf um sich die Schuhe anzuziehen. Ich schlüpfte ebenfalls in meine Chucks und hüllte mich in meine Jacke. Dann griff ich nach meinem Rucksack und ging schon mal zur Tür. Kurze Zeit später kam Ray aus seinem Zimmer, lächelte etwas zaghaft und schloss die Tür hinter sich ab. Dann machten wir uns auf den Weg. In der Schule bereute ich meine Entscheidung schnell. Ich bekam leichte Schwindelanfälle und fühlte mich Matt und zerschlagen. Meine Wange brannte, außerdem war ich müde. Doch ich ließ mir so gut wie nichts anmerken sondern machte einfach so weiter wie bisher. Ich wollte nicht noch mal zum Arzt. Natürlich bemerkte Ray mein Verhalten trotzdem. Genervt musste ich mir während der Pause Vorhaltungen machen lassen, bis ich schließlich wütend knurrend aus dem Klassenzimmer ging, um ihn loszuwerden. Verwundert sah er mir nach. Auf den Toiletten schöpfte ich mir Wasser ins Gesicht und sah kurz in den Spiegel. Ich sah ziemlich fertig aus. Hatte Augenringe und die Wunde an meiner Wange verzerrte das Bild noch mehr. Leichenblass, wie ich war, ging ich schließlich zurück ins Klassenzimmer. Gerade als es gongte betrat ich den Raum. Erleichtert atmete ich auf, in der Gewissheit, dass mein Freund jetzt endlich die Klappe halten würde. Ich setzte mich neben ihn auf meinen Platz und schrieb mir ein paar Notizen mit. Nächste Woche hatten wir eine schwierige Biologieklausur vor uns. Da sollte ich ausnahmsweise mal ein bisschen mehr Zeit hinein investieren. Biologie war absolut eine Schwäche von mir. Ich fand das Fach einfach nur Todlangweilig und war dementsprechend Faul. Nach der Schule gingen wir wie immer sofort nach Hause. Erleichtert ließ ich mich auf mein Bett fallen und schaffte es gerade noch, mir die Schuhe auszuziehen, dann drehte ich mich auf die Seite und schlief ein. Ray hatte mir angedroht, den Arzt noch mal zu holen, doch ich war nicht darauf eingegangen. Tatsächlich wachte ich eine Stunde später schon wieder auf, da mein Arzt sich interessiert über mich beugte und mir in die Augen leuchtete. „ARG.“ Fluchte ich leise und drehte meinen Kopf weg. „Selbst schuld. Erst nicht auftauchen und dann nicht aufwachen. Naja, kein Wunder bei deinem Zustand. Ich rufe einen Krankenwagen. Die sollen dich in einem Krankenhaus behandeln. Die Gehirnerschütterung ist schlimmer als ich dachte. Vielleicht ist es auch noch schlimmer und du hast eine kleine Blutung. Wie auch immer, ich rufe einen Krankenwagen und das Krankenhaus macht ein CT nur zur Sicherheit, ob du nun willst, oder nicht.“ Ich sah ihn ungläubig an. Ich wollte protestieren doch er wischte meinen Einwand mit einer klaren Geste zur Seite. Dann stand er auf und ging zum Telefon. Schnell rief er einen Krankenwagen, forderte Ray dazu auf, ein paar Sachen für mich zusammenzupacken und wartete währenddessen an meiner Seite auf den Krankenwagen. „Ich verstehe nicht, weshalb sie so einen Stress machen. Heute Früh ging es mir doch schon wieder besser.“ „Ja, kann schon sein, doch wenn ich mir ansehe, wie du jetzt aussiehst, ist es mir lieber, ich bringe dich in ein Krankenhaus, als dass du mir an einem Blutgerinnsel stirbst.“ „Wobei ich ja noch ganz normal sprechen, ganz normal sehen und ganz normal hören kann. Mal davon abgesehen, dass Menschen mit einem Blutgerinnsel sicherlich nicht aufwachen, geschweige denn Leben würden. Außerdem hab ich mir doch nur den Kopf gestoßen.“ „Wie auch immer, Alec. Es ist zu spät. Der Krankenwagen ist unterwegs. Im Krankenhaus machen sie ein CT und behalten dich für eine Nacht zur Beobachtung. Morgen bist du wieder draußen, okay? Ich will nur sicher gehen.“ Genervt verdrehte ich die Augen und nickte schließlich. Gut, dann halt ins Krankenhaus. Wenn alle Welt dachte, Alec muss ins Krankenhaus dann gehen wir halt auch in diese Scheiß Klinik. Wenige Minuten später klingelte es an der Tür und zwei Sanitäter standen vor der Tür. Immer noch etwas ungläubig sah ich ihnen dabei zu, wie sie den Rollstuhl ausklappten und mir geboten, mich in das Ding zu setzen. Ich ließ mir von ihnen aufhelfen und hockte mich fassungslos in das Vierrad. Die Sanitäter schoben mich aus dem Zimmer. Ray wagte nicht, mich anzusprechen, was ich ihm auch riet. Dank ihm musste ich jetzt an einen für mich grausigsten Ort den ich mir nur vorstellen konnte. Nein, er sollte mich jetzt wirklich nicht ansprechen! Schließlich kamen wir im Krankenhaus an, ich wurde in ein Behandlungszimmer geschoben, musste mich hinlegen, einige Untersuchungen über mich ergehen lassen, einmal Röntgen überstehen, bis der zuständige Arzt schließlich erklärte: „Die Gehirnerschütterung war schlimmer, als dein Hausarzt angenommen hatte, dadurch, dass du dich heute etwas überanstrengt hast, behalten wir dich zur Beobachtung eine Nacht im Krankenhaus. Haben sie eine Tasche dabei?“ Ich nickte fassungslos und wurde mit einem Rollstuhl wieder aus dem Zimmer geschoben. Auf dem Gang war Ray, stand sich die Beine in den Bauch und sah mich fragend an, als der Sanitäter mich an ihm vorbei schob. Ich hob die Hand, als er etwas sagen wollte. „Sag nix, sprech mich lieber nicht an. Aber wehe dir du haust jetzt ab. Folge unauffällig, ich hab keine Lust jetzt auch noch den ganzen Tag allein hier rumzuhocken.“ Er sagte nichts, versuchte sich stattdessen ein Grinsen zu verkneifen, was ihm natürlich kläglich misslang. Ich verdrehte nur die Augen und winkte ihn hinter uns her. Schließlich kamen auf der richtigen Station an, mir wurde ein Zimmer zugeteilt und ich durfte mich brav in das Krankenbett legen. Ich fühlte mich eindeutig fehl am Platz. Ray kam zu mir herein, stellte die Tasche achtlos neben mein Bett, setzte sich auf die Bettkante und lächelte entschuldigend. Ich sah ihn kurz an, seufzte, und ließ mich entspannt in das Kissen fallen. „Ja, Ray. Du bist echt ein Schatz. Dank dir darf ich jetzt die ganze Nacht in diesem versifften Krankenhaus bleiben.“ Er grinste leicht, fuhr mir kurz durchs Haar, was mir im Moment eindeutig zu sehr gefiel und entschuldigte sich leise. „Aber es ist immer noch besser, als dass sich dein Zustand verschlechtert.“ „Mich würde es nicht wundern, wenn er sich HIER verschlechtert.“ Gab ich missmutig zurück und sah mich kurz um. Immerhin hatte ich ein Einzelzimmer erwischt. „Ich bleib ja bei dir. Keine Sorge, bis die Besuchszeit vorbei ist kann ich dich rundum verwöhnen.“ Sagte er leise, beugte sich verliebt lächelnd über mich und küsste mich sanft. Auch das gefiel mir Momentan eindeutig ZU gut. Eigentlich wollte ich böse auf ihn sein, doch sein charmanter, verliebter Blick ließ meinen Gram nicht lange gewähren. Ich ließ mich auf seinen Kuss ein und fühlte mich schon um einiges besser. Wenn Ray hier bleiben würde, wäre es sicher nicht SO schlimm…dachte ich und verzog das Gesicht, als sich plötzlich die Tür öffnete und so eine bescheuerte alte, fette Krankenschwester ins Zimmer kam und mich blöd anlächelte. „So, ein neuer Gast. Du bleibst nur über Nacht?“ Ich nickte leicht genervt und wartete, bis sie fertig war, mit ihren Routineuntersuchungen. Puls zählen, Blutdruck messen, das Fieberthermometer ließ ich nicht an mich ran. Wozu auch, ich war schließlich nicht operiert worden. Sie machte sich ihre paar Notizen auf dem Krankenblatt, das extra für mich angelegt wurde, und verschwand dann Gott sei Dank endlich wieder aus dem Zimmer. Dämliche Kuh, die nervte mich ja jetzt schon. Ich rollte mit den Augen und machte etwas Platz, dann zog ich Ray zu mir aufs Bett und um-armte ihn erneut seufzend. Er ließ es widerstandslos mit sich machen und legte seinen Kopf an meine Schulter. „Mich nervts jetzt schon. Hab ich mal erwähnt, dass ich Kliniken hasse?“ fragte ich leise und zog ihn noch fester an mich. Er lachte leise und schüttelte mit dem Kopf. „Nein hast du nicht. Und trotzdem, mir ist es lieber, ich steh hier eine Nacht mit dir durch, als das irgendwas Schlimmeres passiert.“ „Ich weiß, Süßer. Du machst dir ja pausenlos Sorgen um mich.“ „Was ja auch berechtigt ist.“ Ich schmunzelte leise und er konnte sich ein kichern nicht verkneifen. „Aber wirklich, mache mir manchmal echt Sorgen um dich.“ Ich nickte ernst und kuschelte mich an seinen warmen Körper. „Ich weiß…“ sagte ich leise. Irgendwie hatte er ja auch Recht. Den ganzen Tag lagen wir faul in dem Krankenbett, redeten ein bisschen, alberten herum, kuschelten und küssten uns immer wieder leidenschaftlich. „Am liebsten würde ich dich sofort mit nach Hause nehmen.“ Flüsterte mir mein Freund leise ins Ohr. Ich grinste lüstern. „Oh ich weiß schon, was du dann vor hättest.“ Er lachte leise und erwiderte das Grinsen. „Bin ich so leicht zu durchschauen?“ fragte er lächelnd und sah mich verliebt an. „Wenn es darum geht schon.“ Kicherte ich und zog ihn wieder etwas näher zu mir um ihn fest zu umarmen. Am Abend schmissen sie meinen Freund schließlich raus, und ich blieb allein in dem dämmrigen Licht des Mondes, der sich langsam einen Weg über den Himmel bahnte. Wir hatten abnehmenden Mond, erkannte ich, und seufzte leise, als ich mich auf die Seite drehte um zu schlafen. Schließlich schlummerte ich ein. Am nächsten Morgen wurde ich nach einer abschließenden Untersuchung schließlich entlassen. Ich ließ mich von einem Taxi nach Hause fahren und legte mich daheim wieder ins Bett, in der Hoffnung, dass mein Freund bald auftauchen würde. Mir war langweilig, ich vermisste ihn jetzt schon, außerdem nervte es mich, dass ich nicht in der Schule sitzen konnte. Ich hatte in letzter Zeit schon so viel verpasst. Wenn ich in irgendeinem Fach durchrasselte muss ich zu meiner Mutter. Das wäre das schlimmste für mich. Weg von dieser Wohnung, weg von Ray. Schreckliche Vorstellung. Plötzlich klingelte das Telefon. Verwundert stand ich auf und ging ran. Meine Sozialarbeiterin. „Hallo Alec. Ich rufe an, weil ich dringend mit dir reden muss. Das Krankenhaus hat angerufen und bescheid gesagt, dass du eine Gehirnerschütterung hattest und über Nacht im Krankenhaus liegen musst. Ich bin froh dass es dir besser geht. Ist es okay, wenn ich in einer halben Stunde vorbei komme?“ „Ähm..ja, klar.“ Antwortete ich etwas perplex. Was wollte sie mir denn mitteilen? Verdammt, hatte ich irgendwas angestellt? Ich konnte mich nicht daran erinnern. Unsere Vermieter dürften sich auch nicht beschwert haben…Schule? Nein, ich hatte zwar einiges Verpasst, aber momentan waren meine Noten noch okay. Entschuldigt hatte ich mich auch immer…um was ging es? „Gut, dann sehen wir uns gleich.“ Damit legte sie auf. Hm…verdammt…was war los? Schnell verdrängte ich meine Gedanken. Es bringt nichts, sich jetzt verrückt zu machen, sagte ich mir und ging in die Küche um kurzerhand etwas zu essen. Ich hatte wieder abgenommen. Langsam musste ich zusehen, dass ich mein Gewicht hielt. Sonst sehe ich am ende noch Magersüchtig aus, dachte ich und schmierte mir ein Brot. Nach einer halben Stunde klingelte es schließlich an der Tür. „Also…ähm…es geht um deinen Vater.“ Verwundert starrte ich sie an. Wir waren in die Küche gegangen, ich hatte ihr einen Kaffee gemacht und mit ihr über Ray geplaudert. Jetzt saß sie etwas angespannt an ihrem Platz, rührte gedankenverloren in ihrem Kaffee und machte mich damit leicht nervös. „Ähm…okay…und?“ fragte ich schließlich nach einer kleinen, schon fast unerträglichen Pause. „Ich denke ich mach es kurz…ich muss dir leider mitteilen, dass er aufgrund seiner Krankheit frühzeitig entlassen wird.“ Ich erstarrte. Kurzzeitig hatte ich das Gefühl, mein Herz könnte einfach stehen bleiben. Ich wollte mich zusammenreißen, doch ich brauchte mehrere Anläufe dazu. Bewegungslos saß ich auf meinem Stuhl, mein Gesicht war ausdruckslos. „Wann?“ fragte ich schließlich leise, und mit rauer, mir selbst, fremder Stimme. „Es steht noch nicht sicher. Im laufe dieser Woche. Er darf sich dir nicht mehr als zweihundert Metern nähern, doch…trotz meiner Bemühungen wird die Polizei dir keine Streife vor die Tür stellen. Sie sagten, sie könnten erst dann handeln, wenn es zu einer Handlung kommt. Wenn er sich näher als die besagten zweihundert Meter nähert, oder wenn er dich angreift.“ Immer noch hatte ich leichte Probleme mich zu beherrschen. Schließlich riss ich mich zusammen und seufzte kurz. „Okay, danke dass du mir bescheid sagst. Ich danke dir, für deinen Besuch.“ Sie nickte lächelnd. „War doch klar. Ist alles okay?“ entgegnete sie etwas besorgt. Ich zwang mich zu einem unbekümmerten Grinsen und zuckte mit den Schultern. „Ja, ja, klar.“ Schließlich stand sie auf, bedankte sich nochmals für den Kaffee und machte sich dann auf den Weg. Allein blieb ich in der düsternen Wohnung zurück. Plötzlich fühlte ich mich gar nicht mehr so sicher. Ich hatte Angst, mein Herz schlug mir bis zum Hals. „Beruhig dich du Idiot!“ sagte ich leise zu mir selbst. Kopfschüttelnd ging ich ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an. Doch irgendwie konnte ich mich nicht wirklich auf den Bildschirm konzentrieren. Als ich schließlich zwei Stunden später, nach ewigem herum geschleiche in der Wohnung, und einer Stressattacke nach der anderen, endlich das Türschloss aufklacken hörte, sprang ich erfreut und auch erleichtert von meinem Sessel hoch und rannte meinem Freund entgegen. Verwundert sah er auf, als ich ihm schwungvoll um den Hals fiel. „Man, wo bleibst du denn die ganze Zeit.“ Herrschte ich ihn an und drückte ihn fest an mich. Er erwiderte die Umarmung etwas perplex. „Ich war noch einkaufen. Was ist denn mit dir los?“ Ich schloss die Augen und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Immer noch umklammerte ich ihn fest. „Ach…was weiß ich.“ Murmelte ich in seine Schulter. Schließlich löste ich mich endlich von ihm und zog ihn mit in mein Schlafzimmer. Ich zerrte ihm seine Jacke und seinen Rucksack vom Rücken und zog ihn mit aufs Bett. Grinsend ließ er es mit sich geschehen. Ich zog ihn nach hinten in die Kissen um mich dann an seine Seite zu kuscheln. „So und jetzt noch mal. Was ist mit dir los?“ fragte er leise, während er mir zärtlich über den Kopf strich. „Ich…also…als ich heimkam, rief Manuela an…und…sie…also sie kam vorbei und wir plauderten ein bisschen bis…sie mir eröffnete…dass….“ Ich brach ab. Hilflos sah ich ihn an. Verdammt, weshalb konnte ich es nicht einfach aussprechen. „Was hat sie dir eröffnet?“ fragte Ray leise und zärtlich nach. „Sie…sagte…das mein Vater freigelassen wird.“ Sprudelte es schließlich aus mir heraus. Endlich. Ich stellte mich verdammt kindisch an. „Und wann?“ fragte Ray schließlich in die Stille hinein. „In den nächsten paar Tagen.“ Murmelte ich in seine Schulter. Ich spürte, wie er mich noch etwas näher zu sich zog. Spürte seine warme Umarmung. Ich schloss die Augen und versuchte mich zusammen zu reißen. Ich stellte mich wirklich verdammt kindisch an. „Die Polizei stellt mir keine Streife vor die Tür. Sie kann erst handeln, wenn Mick näher als zweihundert Meter kommt. Vorher können sie nichts tun.“ Sagte ich leicht sarkastisch. Diese Idioten. Wenn sie wirklich wüssten, wie mein Vater ist, würden sie das Arschloch niemals raus lassen, aus dem Knast. Ray sagte nichts, fuhr mir nur gedankenverloren über die Mähne. Wir schwiegen eine weile. Schließlich seufzte ich leise, kuschelte mich enger an seinen warmen, liebevollen Oberkörper und atmete einmal tief durch. „Ich habe Angst.“ Gab ich schließlich zu. Eigentlich war mir klar, das Ray das wusste. Trotzdem wollte ich es aussprechen. Wollte es ihm sagen. Er nickte leicht und verstrubbelte mir mein Haar. „Hey…du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde da sein, und dich beschützen.“ Ich lächelte leicht und hob den Kopf um ihm in die Augen zu sehen. Ray zwinkerte spitzbübisch und ich drückte ihm dankbar einen liebevollen Kuss auf die Lippen. „Sollen wir das Thema wechseln?“ fragte Ray schließlich leise, als er spürte, dass ich nicht mehr darüber reden wollte. „Ja…“ gab ich zurück und gab ihm erneut einen sanften Kuss auf die Lippen. Mein Freund fuhr mir sanft mit seiner Rechten in den Nacken und kraulte mich leicht. Ich schnurrte wie eine zufriedene Katze, was ihn schmunzeln ließ. „Du erinnerst mich immer wieder an eine streunende Katze, hab ich das schon mal gesagt?“ fragte er leise und strich mir zärtlich über die empfindliche Haut am Hals. Ich nickte leicht. „Ja, damit ziehst du mich immer wieder auf.“ Gab ich zurück. Er lachte und zog mich etwas näher, sodass ich halb auf seinem Oberkörper lag. Er fuhr mir mit der Hand durchs Haar und zog meinen Kopf etwas näher zu sich. Leidenschaftlich küsste er mich auf den Mund. Mir wurde heiß und ich spürte, wie ich am ganzen Körper zitterte, als er mir mit der Linken zärtlich unter das T-Shirt fuhr um mich am Rücken zu streicheln. Er lächelte über meine Reaktion und fuhr mir sacht über die leicht erhitzte Haut. Irgendwann löste er sich von meinen Lippen um wieder Luft zu holen. Ein leicht enttäuschtes Seufzen glitt über meine Lippen. Ray grinste und küsste mich erneut. Nach dem zweiten Kuss lehnte ich meinen Kopf zurück an seine Schulter und schloss die Augen. „Ich bin müde.“ Murmelte ich leise in Rays sanften, weichen Pullover. „Dann schlaf ein bisschen, mein Schatz.“ Flüsterte Ray und fuhr mir wieder leicht über den Nacken. Schließlich schlief ich tatsächlich ein. Als ich erwachte war ich allein. Enttäuscht stellte ich fest, dass meine Wärmequelle sich aus dem Staub gemacht hatte. Ich seufzte leise und stand schließlich auf, um nach meinem Freund zu suchen. Dieser stand fleißig in der Küche und zauberte uns etwas zu Essen auf den Tisch. Als ich von hinten auf ihn zu kam, mich an seinen Rücken lehnte und meine Arme um seinen Bauch schlang, schmunzelte er leicht und hob die freie Hand, um mir kurz über den Kopf zu streichen, den ich auf seiner Schulter gelegt hatte. Ich lächelte breit und schloss kurz die Augen. Schließlich löste ich mich von ihm und setzte mich an den Tisch. Ray deckte schnell den Esstisch und setzte sich dann ebenfalls. Schweigend aßen wir. Nach dem Essen und dem Abwasch machte ich mich wieder bettfertig, packte noch schnell meinen Rucksack und legte mich dann hin. Auch Ray ging ins Bett, ausnahmsweise mal in sein eigenes. Ich schlief schlecht und sehnte mich nach seiner Umarmung. Schließlich stand ich mitten in der Nacht auf und ging in sein Zimmer. Er schlummerte tief und fest. Ich setzte mich an seine Bettkante und fuhr ihm leicht durchs Haar. Als ich ihn leise ansprach, wachte er schließlich auf und sah mich verwirrt an. „Darf ich?“ fragte ich leise. „Klar.“ Entgegnete er und machte Platz. Ich legte mich zu ihm ins Bett und kuschelte mich fest an seine Seite. Schließlich schliefen wir ein. Diesmal träumte ich nicht schlecht. Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf. Mein Vater war freigelassen worden. Die Nacht über drückte ich kein Auge zu. Immer wieder stand ich auf und vergewisserte mich, dass ich die Tür zugesperrt hatte. Als das Telefon klingelte ging ich nicht ran. Auch Ray hob nicht ab, er wusste, dass ich es nicht wollte. Wir sahen noch lang Fernseh, bis Ray schließlich aufstand und ins Bett ging. Ich folgte ihm kurze Zeit später, konnte allerdings trotzdem nicht einschlafen. Schließlich war Donnerstag. Ich stand auf, wie immer, ging kurz ins Bad, schob mir widerwillig etwas zu Essen zwischen die Zähne und machte mich mit Ray im Schlepptau auf den Weg zur Bushaltestelle. In der Schule war ich unkonzentriert und passte nur mäßig auf. Der Schlaf von letzter Nacht fehlte mir, und ich ertappte mich dabei, wie ich immer wieder unbeobachtet die Augen schloss und meinen Kopf auf der Tischkante abstützte. Ray wollte mich schon nach Hause schicken, doch ich kicherte nur und schüttelte mit dem Kopf. „So ein quatsch. Was soll ich auf die Entschuldigung schreiben? Heimgehen wegen Übernächtigung?“ Ray zuckte mit den Schultern und wechselte schließlich das Thema. Dankbar hörte ich ihm zu und konzentrierte mich auf seine Worte. Ich war eindeutig zu müde. Nach der Schule machte ich mich allein auf den Heimweg. Ray wollte noch einkaufen gehen, doch ich hatte keine Lust, jetzt ewig lang in einem Lebensmittelladen zu stehen, um mir zu überlegen, ob ich nun eine Packung Milch, oder zwei kaufen sollte. Das war mir im Moment einfach zu viel. Also ging ich nach Hause, zog die Tür ins Schloss und setzte mich unruhig und müde vor den Fernseher, sah mir blöde Talkshows an, zappte durch die Kanäle und wartete auf Ray. Dieser ließ sich ziemlich zeit… Grinsend ging ich zur Tür und öffnete sie schwungvoll um Ray herein zu lassen. Mitten in der Bewegung erstarrte ich und mein Lächeln wandelte sich augenblicklich in einen kleinen Schrei. Ich wollte die Tür wieder zuschlagen, doch mein Bruder schob seinen Fuß dazwischen, und das Holz prallte an seinem Schuh ab. Langsam ging ich ein paar Schritte zurück, wollte schon nach einer Fluchtmöglichkeit suchen, doch ein Arm schnellte hervor und packte mich hart an der Schulter. Ich wurde zur Seite gerissen und ich knallte schmerzhaft gegen die kalte, weiße Wand, des Eingangsbereiches. Sofort griff mein Onkel nach meinem anderen Arm, presste mich gegen das Weiße Ungetüm und lächelte eiskalt. Der Dritte kam ebenfalls in die Wohnung, schlug die Tür hinter sich zu und schritt langsam auf mich zu. Ich erkannte ein Messer in seiner rechten Hand und es lief mir eisig den Rücken hinunter. Kapitel 12: Part 12 ------------------- Ich starrte ihn an, realisierte langsam, was das zu bedeuten hatte und spürte augenblicklich, wie meine Knie zum zittern anfingen. Der Griff meines Onkels und meines Bruders tat weh. Meine Arme schmerzten und ich verzog stöhnend das Gesicht, als mein Bruder die andere Hand hob, sie ihn meinen Haaren vergrub und meinen Kopf grob an die Wand knallte. Kurz schloss ich die Augen, verbiss mir einen Schmerzensschrei und versuchte mich zu sammeln. Du musst dich wehren, ging es mir durch den Kopf. Aber allein gegen drei? Das ging nicht. Verdammt, Ray, wo bist du? Ging es mir durch den Kopf. Sofort bereute ich meinen Gedanken. Er würde sich nur in Gefahr begeben. Ich verzog das Gesicht, als ich den kalten, scharfen Gegenstand an meinem Hals spürte. Schnell öffnete ich wieder die Augen und blickte direkt in seine, die mich durchdringend anstarrten, mich förmlich aufsogen und schon fast liebevoll ansahen. Ich schluckte mühsam und wollte den Kopf zur Seite drehen, doch der Griff meines Bruders wurde stärker und ich gab auf. „Na? Freust du dich, mich zu sehen?“ fragte mein Gegenüber lächelnd und fuhr mit der scharfen Klinge schon fast liebevoll über meine Haut. Sofort spürte ich einen Bluttropfen, der sich langsam einen Weg zu meinem Schlüsselbein bahnte. Wieder schloss ich die Augen. „Ist das eine ernst gemeinte Frage?“ schaffte ich es herauszubringen. Meine Stimme klang matt und brüchig. Ja, so fühlte ich mich auch. Hilflos, Matt, Ängstlich…. Verdammt Ray…was brauchst du denn so lang… Wieder hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen. Wenn Ray hier auftauchte, würde es ihm nicht besser ergehen als mir. Selbst er kam mit seinem Judo wahrscheinlich nicht gegen alle drei an. Mein Vater lachte belustigt, und fuhr mit dem Messer weiter nach unten. Seine sanften Bewegungen verletzten mich nicht, doch ich zog trotzdem scharf die Luft ein, als er mir über meinen Bauch fuhr. „Was ist los, Alec? Du wehrst dich gar nicht? Hast du in den letzten Fünf Jahren etwa doch noch gelernt, wer hier der Boss ist?“ Ich lachte hysterisch auf, schüttelte mit dem Kopf so weit es ging, und spuckte ihm verächtlich vor die Füße, da ich wusste, das meine Worte nur ein klägliches Krächzen gewesen wären. In seinen Augen blitzte kurz die Wut, doch er hielt sich vorerst im Zaum, lächelte nur liebevoll und kam noch etwas näher. Mit seiner scharfen, glänzenden Klinge fuhr er mir mit leicht zur Seite geneigtem Kopf, über die Wange und hinterließ eine kleine Wunde, die ebenfalls sofort zu bluten anfing. „Was sollen wir jetzt machen, Alec? Sollen wir auf deinen kleinen Freund warten…und ihn wie versprochen umbringen, am besten vor deinen Augen, das gäbe dem ganzen noch so einen spielerisch kaltblütigen Touch, oder willst du lieber noch ein bisschen weiter spielen…mit dieser schönen, scharfen Klinge, die ich extra nur für dich aufgetrieben habe.“ Ich schloss die Augen und versuchte erneut mich zu sammeln. Ich konnte mir schon denken, wie dieses Spiel enden würde. Doch es war mir hundertmal lieber, als Ray in Gefahr zu bringen. Verdammt, Alec du Idiot, sonst siehst du doch auch immer durchs Guckloch, warum nicht auch diesmal? War ich so leichtsinnig geworden? Schließlich traute ich mich endlich, den Mund aufzumachen und brachte halbwegs selbstsicher heraus: „Du kannst doch eh nicht die Finger von mir lassen, Mick. Also spielt es keine Rolle, ob du Ray zuerst umbringst, um dir dann zu nehmen, was du willst, oder ob du es dir jetzt nimmst, und dann verschwindest.“ Mein Vater lachte laut auf, legte den Kopf auf die Seite und nickte schließlich. „Ja, du hast Recht. Obwohl die zweite Variante schon fast zu langweilig ist…außerdem ist es doch blöd, dir erst einen Besuch abzustatten und dann zu gehen. Wir würden dich viel lieber mitnehmen, dir ein paar Manieren beibringen und das ganze, du kennst das Spielchen ja schon. Denn wenn wir danach abhauen würden, würde ich dich ja wieder ewig suchen müssen…nein, nein, du haust mir nur ab, wenn ich dich allein lasse.“ Mir stockte der Atem, und ich keuchte auf, als ich das hörte. Verdammt, was hatten diese Spinner vor? Mich mitnehmen? Lieber würde ich sterben… Ich versuchte mich zusammenzureißen, um nicht zu schwach zu wirken, vor allem um es ihm nicht noch leichter zu machen, doch ich nahm an, es scheiterte kläglich, denn mein Vater lächelte nur und fuhr mir sanft über die Wange, während er sein Messer, das schon leicht Blutig war, mit einem leidenschaftlichen widerlichen stöhnen zum Mund führte um das Blut mit seinen Lippen aufzufangen. Dann testete er es erneut an mir aus. Es schmerzte, als er das Messer leichten in meine Haut stieß und sich langsam einen Weg bahnte. Er verletzte mich am Bauch, fing das Blut mit seinem Messer auf, und führte es erneut zu seinen Lippen. Ich schloss die Augen und versuchte dem Brechreiz, der in mir aufkam, keine Chance zu lassen. Das Desaster hätte mir nämlich auch nicht weiter geholfen. „Du bist krank, Mick…“ sagte ich leise und sah ihn mit kalten Augen an. Mein Vater lächelte nur wissend, nickte kurz, um sich dann erneut an meinem Oberkörper zu schaffen zu machen. Die Klinge hinterließ eine weitere Wunde auf meiner Brust und ich keuchte schmerzhaft auf, als Mick mein Hemd aufriss um die Ränder der Wunde etwas weiter auseinander zuziehen, damit es mehr blutete. Er beugte sich zu dem Schnitt und fing das Blut mit seinen Lippen auf. Er sog daran, bis ich erneut stöhnte vor Schmerz. Schließlich ließ er von der geröteten Wunde ab, wandte sich meinen Lippen zu und gab mir einen sanften Kuss, während er mir nebenbei das Messer erneut an den Hals hielt, um einen Biss meinerseits in seine Lippen zu verhindern. Ich presste die Lippen aufeinander, wollte ihm keinen Einlass gewähren. „Stell dich nicht so an.“ Zischte mein Vater zornig. Erneut wollte er mich Küssen, doch ich verkrampfte meinen Mund noch mehr, was mir schließlich einen Harten Schlag in den Magen einhandelte. Ich wollte meinen Oberkörper nach vorne krümmen, doch die zwei Männer neben mir, hielten mich immer noch eisern fest, ließen mir keinen Spielraum. Also öffnete ich den Mund für einen leichten Aufschrei und keuchte erschrocken auf, als ich doch noch seine Zunge in meinem Mund spürte. Sofort schmeckte ich mein eigenes Blut, das noch an seinen Lippen hing und schloss angewidert die Augen. Er durchforschte meinen Mund, lächelte triumphierend und lachte leise, als er die Tränen in meinen Augen sah, die sich langsam einen Weg nach unten bahnten. „Schon am heulen, Süßer? Was tust du dann, wenn wir richtig loslegen? Dich vor mir auf die Knie werfen und um Gnade winseln? Ja, das würde mir gefallen.“ Sein dreckiges Lachen hallte unnatürlich in meinem Kopf wieder. Ich fühlte mich schwach, hilflos und ausgenutzt und verfluchte mich selbst dafür, nicht stärker zu sein. Früher hatte es schon viel Schlimmeres gegeben, und diesmal heulst du schon wegen einem solch jämmerlichen Kuss? Fragte ich mich in Gedanken. Ja, tatsächlich. Doch damals gab es auch noch keinen Ray, und damals war ich Jünger gewesen, hatte es verdrängen können, und jetzt? Jetzt konnte ich das nicht mehr. Würde mein Vater bis ans Äußere gehen, würde ich mich danach wahrscheinlich von dem nächsten Hochhaus stürzen. Doch wenn er mich wirklich mitnahm? Ich spürte wie mir erneut schlecht wurde und schloss wieder die Augen, um ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Verdammt, du Loser! Ging es mir durch den Kopf. Wirklich… Alec du bist ein Loser… Statt stark zu sein, und dass alles auszuhalten, wünschte ich mir sehnlichst, mein Freund wäre hier, um mir zu helfen. Doch Ray konnte mir hier nicht helfen. Die drei waren zu stark. Und ich konnte mich nicht wehren. Ich konnte nicht mal einen Finger rühren. Schaffte es nicht, ich hatte so großen Schiss, dass ich nicht mal schreien konnte. Mein Vater bemerkte das natürlich, lächelte kalt und machte damit weiter, mir schmerzen zuzufügen. Er schnitt mir tief ins Fleisch, lachte über den kleinen Schrei, der über meine Lippen kam, kniff mir in die Wunde, zerrte an meiner Haut, bis mir der Schweiß ausbrach. Er musste mir den Mund zuhalten, sonst hätten meine Nachbarn meinen Schrei gehört, als er mir seinen Finger in die frische, gerötete Wunde bohrte und dabei laut auflachte. Verdammtes Arschloch, ging es mir durch den Kopf. Mit zusammengekniffenen Augen starrte ich ihn an, verfluchte ihn innerlich und wünschte ihm alles erdenklich Schlechte dieser Welt. Ich wünschte er wäre Tod, ging es mir durch den Kopf. „Hoffentlich verreckst du an deinem Scheiß Lungenkrebs.“ Stieß ich leise raus, als er die Hand von meinem Mund nahm. Er lachte erneut dreckig auf. „Nicht sehr Eindrucksvoll. Denn sterben werde ich daran so, oder so. Doch bis es soweit ist, habe ich genug Zeit, um mich mit dir zu vergnügen, mein Süßer.“ Seine Hand wanderte nach unten zu meinem Hosenbund und er packte mich hart am Schritt. Ich kniff die Augen zusammen und spürte gleichzeitig wie ich langsam an Stärke gewann. Der erste Schock war überstanden. Ich versuchte mich loszureißen, spürte nur einen weiteren Schlag in der Seite und hob schließlich das Bein um es meinem Vater erfolgreich zwischen die Beine zu katapultieren. Er stöhnte auf und krümmte sich. Mein Onkel riss mich zu Boden und mein Bruder prügelte auf mich ein. „Das wagst du nicht noch mal.“ Zischte er mir ins Ohr und schlug mir hart ins Gesicht. Ich sah nur noch Sterne, versuchte einen klaren Gedanken zu fassen und wehrte mich so gut es ging. Ich riss einen Arm los, brach meinem Bruder die Nase und wollte auch meinen anderen Arm losreißen, doch mein Onkel war zu stark, bändigte mich mit einem gezielten Faustschlag in den Magen und stellte mich mit einem weiteren Fußtritt ruhig. Ich schloss kurz die Augen, verdrängte die Schmerzen so gut es ging und versuchte mich nicht unterkriegen zu lassen. Mein Bruder saß jammernd am Boden, heulte auf und fing an zu plärren. Mein Onkel herrschte ihn an, sich gefälligst zusammen zu reißen. Kurz besah er sich die Nase meines Bruders, drückte den Knochen wieder gerade und schubste ihn leicht, als er wieder aufheulte. „Stell dich nicht so an.“ Zischte er. Ich richtete mich halb auf, schlüpfte hinter ihnen zur Tür und riss sie auf, um mich aus dem Staub zu machen. Mein Onkel bemerkte es jedoch rechtzeitig, packte mich am Kragen und riss mich zurück. Ich stolperte zurück zu Boden, lag auf den Rücken, während mein Onkel mich wieder zurück zu den anderen beiden zerrte und mich gegen die Wand drückte. Mein Vater sah mich böse an, schloss die Tür und gebot meinem Onkel mich wieder auf die Beine zu zerren. Er packte mich erneut am Kragen zerrte mich mit einem Ruck auf die Beine und herrschte meinen Bruder an, gefälligst wieder aufzustehen und sich nützlich zu machen. Mein Bruder packte meinen Arm hielt ihn eisern fest, sodass ich erneut das Gefühl hatte, mich keinen Zenitmeter weit bewegen zu können. Mein Vater kam wieder näher zu mir und schlug mir mit der flachen Hand hart ins Gesicht. „Du denkst wohl du kannst es mit drei Leuten gleichzeitig aufnehmen, was? Dabei kommst du doch nicht mal gegen mich alleine an.“ Er lachte dreckig. Plötzlich hörten wir einen Schlüssel im Schlüsselloch und die Tür schwang auf. Mein Onkel ließ mich sofort los und stürmte zur Tür. „RAY VERSCHWINDE!“ brüllte ich laut und versuchte mich loszureißen, doch mein Bruder war wesentlich vorsichtiger als vorher und hielt mich eisern fest. „VERSCHWINDE!“ schrie ich erneut, bis mir mein Vater den Mund zuhielt. Trotzdem half meine Warnung nichts. Ray ließ sich schon fast willig ins Zimmer ziehen und ich sah seine Überraschung in den Augen. Er sah sich kurz um, entdeckte meinen Bruder und meinen Vater, sah sie kurz an, erfasste sofort die Lage und wehrte sich nicht. Mein Onkel drückte ihn auf die Knie und auch mein Bruder schlug mir die Beine unter den Füßen weg. Ebenfalls auf die Knie gerutscht sah ich Ray an, unsere Blicke kreuzten sich. Er sah mir tief in die Augen, flüsterte leise Worte, die ich nicht verstand, dessen Bedeutung ich mir aber schon denken konnte. Ich lächelte leicht und nickte. Er lächelte ebenfalls kurz. Mein Vater bemerkte den kurzen Blickkontakt zwischen uns und schlug Ray zornig ins Gesicht. „NEIN!“ schrie ich auf und versuchte erneut mich loszureißen. Ich wehrte mich mit aller Kraft, bis Simon schließlich aufgab und mich losließ. Ich stürzte mich auf meinen Vater, der überrascht zu Boden fiel, als ich ihn zornig ansprang. Ich prügelte auf ihn ein, schlug ihm ins Gesicht, bohrte ihm mein Knie in den Magen, doch mein Bruder riss mich nach kurzen Momenten wieder zurück, schleuderte mich zu Boden und legte mir eine Hand an den Hals. Er würgte mich und ich bekam keine Luft mehr. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an, griff nach seinem Arm, wollte ihn von meinem Hals lösen. Immer fester drückte er zu, ich würgte, versuchte Luft zu bekommen. Langsam geriet ich in Atemnot. Meine Lungen schmerzten, ich brauchte Luft. Verdammt! Schließlich spürte ich, wie mir schwarz vor Augen wurde, doch kurz bevor ich ohnmächtig ins Land der Träume wanderte ließ Simon mich wieder los und ich schnappte keuchend nach Luft. Mein Atem pfiff unnatürlich und mir liefen die Tränen übers Gesicht. Schwach versuchte ich mich zu wehren, als mein Vater nach meinem Arm griff und mich in mein Zimmer schleifte. Er zerrte mich aufs Bett, fesselte mir die Hände und zückte erneut sein Messer. Er drückte es hart gegen meinen Hals, und lächelte mich kalt und gleichzeitig liebevoll an. „Also dann Süßer, kommen wir zum angenehmeren Teil des Tages.“ Damit beugte er sich vor, küsste mich hart auf den Mund, steckte mir gierig und fordernd die Zunge in den Hals und fing an meinen Oberkörper zu streicheln. Mir wurde ganz elend. Übelkeit kam in mir auf. Ich wollte mich wehren, doch das Messer bohrte sich noch weiter in meinen Hals, als ich versuchte mich loszureißen. Mick wusste genau wie er es machen musste. Er hatte mich immer noch ziemlich im Griff Wie früher. Früher. Verdammt. Was zählte das? Jetzt war Jetzt. VERDAMMT DU BIST ACHTZEHN JAHRE ALT, schrie es in mir und ich spürte, wie die Kraft in meinen Gliedern wieder zurückkam. Mein Vater machte sich an meiner Hose zu schaffen, öffnete den Knopf, zog den Reißverschluss runter und schob seine Hand unter meine Boxershorts. „Lass das.“ Sagte ich zornig und versuchte mich loszureißen. Er lachte leise und machte weiter. Er streichelte mich, küsste mich und setzte sich breitbeinig auf meine Beine um mich vom treten abzuhalten. Ich versuchte mich zur Seite zu drehen und schlug nach seiner Hand mit dem Messer. Er keuchte erschrocken auf, als ich ihm in die Zunge biss und mich gleichzeitig wegdrehte. Sein Messer rutschte ab und traf mich glücklicherweise nur am Schlüsselbein. Sofort schoss ein Schwall Blut aus der Wunde und ich keuchte erschrocken. Er schrie auf, als ich ihm den Ellenbogen in den Magen rammte und schließlich konnte ich unter ihm entwischen und krabbelte schnell zur Tür. Mit meinen gefesselten Händen versuchte ich die Türklinke herunterzudrücken, wurde aber im letzten Moment an den Haaren zurück gerissen. Ich schrie auf und schlug um mich. Mein Vater wich mir aus und schlug mir mit der Faust ins Gesicht. Kurz sah ich Sterne, mir wurde schwindlig. Er tastete nach meinem Hals und drückte mir die Luft ab. Verdammt, warum wollten heute alle, dass ich ersticke? Fragte ich mich in Gedanken und versuchte mich zu wehren, doch Mick ließ nicht los, suchte nach seinem Messer und wollte mir das Messer in die Seite rammen, doch ich ruckte meinen Oberkörper zur Seite, und rammte ihm das Knie in den Bauch. Er versuchte auszuweichen, war zu langsam, ließ mich los und ich keuchte erleichtert, atmete schnell ein und aus, füllte meine Lunge wieder mit dem rettenden Sauerstoff. Ich wollte aufstehen und verschwinden, doch ich war zu schwach, hatte keine Kraft in den Gliedern. Mein Vater hatte sich wieder genug gefangen, um weiter zu machen, er zerrte an meiner Hose, öffnete gleichzeitig seine Eigene und versuchte einen Hochzukriegen, während er versuchte mir meine Hose weit genug runter zu ziehen um gierig in mich eindringen zu können. Ich biss die Zähne zusammen, wollte mich wehren, doch ich war immer noch zu schwach. Alles in mir Schrie nach Hilfe und ich schnappte keuchend nach Sauerstoff. Es lief mir eiskalt den Rücken runter, als Mick mich auf den Bauch zwang und mir stöhnend an der Hose zerrte, um endlich loslegen zu können. Gerade als er sich über mich beugen wollte um in mich einzudringen, keuchte er auf und hustete krampfhaft. Ich zitterte am ganzen Leib, spürte jede einzelne Wunde und versuchte dennoch mich von ihm zu befreien. Ich kroch unter ihm hervor, zerrte meine Hose wieder ein Stück nach oben und schleppte mich zur Wand um mich gegen sie sinken zu lassen. Ich zerrte an meinen Fesseln, konnte sie mit den Zähnen öffnen und zog die Beine an. Plötzlich öffnete sich die Tür. Ray wehrte sich so gut es ging, gegen die zwei, schlug dem einen mit der geröteten, blutenden Nase erneut ins Gesicht, bis dieser schließlich aufheulend nach unten sank. Phil war ein größerer Brocken und schwieriger niederzuringen. Doch Ray hatte den braunen Gürtel im Judo und wusste, dass er dadurch wesentlich wendiger und überlegender sein konnte. Er musste viel einstecken, bevor er es endlich schaffte Phil aufs Kreuz zu legen und ihn mit einem gezielten Faustschlag außer Gefecht zu setzen. Er brauchte etwas zum fesseln, ging es ihm durch den Kopf. Er rannte in die Küche, suchte nach der Paketschnur, die Alec hier irgendwo in den Schubladen aufbewahrte, schnappte sich ein Messer und ging zurück zu den beiden um sie zu knebeln und zu fesseln. Dann rannte er zu Alecs Zimmer und riss die Tür auf. Sofort stürzte er sich auf den alten, kranken Mann und erkannte sofort, dass dieser eh nicht mehr lang konnte. Er fesselte auch ihn so gut es ging, und drehte sich dann suchend nach seinem Freund um. Als er ihn in der Ecke entdeckte erschrak er und merkte, wie es ihm eiskalt den Rücken runter lief. Alecs Hals war blutverschmiert, überall waren teils tiefere und teils leichtere Einschnitte von einem Messer. Die Hose war geöffnet, die Wange gerötet. Tränen liefen über Alecs Gesicht, sein Blick war starr zu Boden gerichtet. Er hatte die Knie angezogen, presste die Hand auf die Wunde am Hals und zitterte am ganzen Leib. Mit wenigen Schritten war Ray bei ihm, kniete sich vor ihm nieder und berührte ihn leicht am Knie. „Alec?“ Apathisch starrte ich zu Boden. Mick rührte sich nicht mehr, Ray stand neben ihm und fesselte ihn mit einer Paketschnur. Mit zitternden Händen fuhr ich kurz über die Wunde an meinem Schlüsselbein. Es blutete schlimm doch ich spürte keinen Schmerz. Immer noch lag mein Blick auf dem blauen, blutverschmierten Teppich. Ray kam langsam auf mich zu, sah mich an, kniete sich vor mich und legte mir leicht eine Hand auf das Knie. „Alec?“ fragte er leise. Ich sah nicht auf. Stand unter Schock. Konnte mich nicht rühren, konnte meinen Kopf nicht heben um ihn anzusehen. Ich fühlte mich leer, eigenartig befreit, meinen Vater gefesselt auf dem Boden liegend zu wissen, fühlte mich gleichzeitig schwindlig durch den Blutverlust. Ich wollte Ray ansehen, ihm antworten, doch ich schaffte es nicht. „Alles klar?“ fragte Ray weiter. Er fuhr mir leicht durchs Haar. Als ich die Berührung spürte, fühlte ich mich besser, fühlte ich mich geborgen. „Soll ich einen Krankenwagen rufen?“ fragte Ray besorgt und sah mir tief in die Augen. Ich zwang mich zurück in die Realität, zwang mich zu einer Reaktion. Kurz schüttelte ich den Kopf starrte weiter auf den Blutfleck im Teppich der im dämmrigen Licht leicht glänzte. „Soll ich dich ins Krankenhaus bringen?“ fragte Ray weiter und fuhr mir erneut durchs Haar. Die Berührung seiner warmen Hand beruhigte mich so sehr, dass ich schließlich die Augen schloss und meinen Kopf nach hinten lehnte. Dann zuckte ich leicht mit den Schultern, was ich sofort bereute, als erneut ein kleiner Blutschwall aus der Wunde an meinem Schlüsselbein schoss. Ich spürte, dass Ray sich Sorgen machte. Schließlich griff mein Freund nach meinen Armen und legte sie sich um seinen Hals. Dann stand er langsam auf, griff nach meinen Beinen und nahm mich Huckepack. Ohne sich noch mal im Zimmer umzusehen trug er mich in den Gang, stieg über die leblosen Körper der beiden anderen drüber, griff nach seinem Schlüssel, den er beim reinkommen fallen gelassen hatte und trug mich raus aus der Wohnung. Er fuhr mit mir den Aufzug runter, wandte sich zum Ausgang des Wohnblocks und trug mich die Straße entlang, zügig Richtung Krankenhaus. Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter, spürte, wie mir die Tränen kamen, ließ ihnen freien Lauf und weinte mich aus. Ray hielt weder an, um eine kurze Verschnaufpause einzulegen, noch sprach er mich an. Er trug mich einfach weiter, immer weiter die Straße entlang im dämmrigen Licht des Abends. Ich drückte mich fester gegen seine Schultern und fühlte mich sicher. Ich schloss die Augen, spürte wie die Müdigkeit mich übermannte und viel in einem dämmrigen Zustand, zwischen Traumwelt und Realität. Im Krankenhaus angekommen, ging Ray kurz zur Rezeption, ließ sich von der Krankenschwester schnell zu einem Behandlungszimmer lotsen, wo er seinen Freund langsam und vorsichtig auf das Bettgestell sinken ließ. Wenige Augenblicke später kam ein Arzt herein, sah etwas erschrocken auf Alecs geschundenen Körper und fragte Ray etwas aufgebracht: „Warum haben sie keinen Krankenwagen gerufen? Wer hat ihm das angetan, hast du die Polizei geholt?“ Ray schüttelte müde mit dem Kopf. „Ich komme gleich wieder.“ Sagte er leise und ging zur Tür. Gerade als er die Tür öffnen wollte um kurz zur Toilette zu gehen, wurden seine Knie weich und er brach zusammen. Benommen ließ er sich von dem Arzt aufhelfen und zu dem Stuhl bringen, auf dem er gerade noch gesessen war. „Es ist besser du wartest, bis ich mir deine Kopfverletzung angesehen habe.“ Ray nickte, deutete aber gleichzeitig auf Alec. „Erst er. Das ist wichtiger.“ Der Arzt lächelte wissend, wandte sich dem Jungen auf der Liege zu, und schnitt vorsichtig das zerrissene, blutdurchdrängte T-Shirt vom Oberkörper und besah sich die Schnittwunden. „Eindeutig ein Messer.“ Stellte er fest, untersuchte, welche noch bluteten, welche tief genug waren um nähen zu müssen und wartete dann, bis die Krankenschwester ins Zimmer kam um ihm zu assistieren. „Zwei Wunden müssen genäht werden, die am Hals und die an der Stirn. Bereiten sie bitte zwei Betäubungsspritzen vor.“ Die Krankenschwester nickte und griff nach einer der Spritzen, die neben ihr lagen. Der Arzt desinfizierte die Wunden, spritzte die Flüssigkeit unter die Haut und wandte sich dann den anderen Verletzungen zu, um diese schon mal zu verarzten. Er desinfizierte auch hier, klebte Pflaster auf die Einschnitte, tastete den Bauch nach inneren Verletzungen ab, machte auch einen kurzen Ultraschall und wandte sich dann wieder den beiden Wunden zu, die er nähen wollte. Da die am Schlüsselbein die wesentlich schlimmere war, nähte er zu erst die an der Stirn, um sich dann auf das Schlüsselbein konzentrieren zu können. Nach einer Stunde war er komplett mit allem fertig. „Das Beste ist, wir behalten ihn über Nacht hier.“ Sagte der Arzt an Ray gewandt, der ebenfalls eine kleine Untersuchung über sich ergehen lassen musste. Der Arzt klebte ihm ein Pflaster auf die Wunde an der Wange, tastete seinen Unterleib ab, nach inneren Verletzungen, schmierte eine wohltuende Salbe auf die Prellungen und ließ dann von ihm ab. Ray schüttelte nachdrücklich mit dem Kopf. „Nein. Ich lasse das nicht zu. Alec würde das nicht wollen. Ich bringe ihn nach Hause.“ „Wo mittlerweile eine Horde Polizisten wimmeln, die alle darauf warten, euch zu verhören. Ja, klar, dass ist natürlich eine gute Idee.“, entgegnete der Arzt mit einem ironischen Unterton und rollte mit den Augen. Ray biss die Zähne zusammen, schüttelte allerdings erneut mit dem Kopf. „Nein, Krankenhaus kommt trotzdem nicht in Frage. Dann gehen wir über Nacht zu einem Nachbarn, der hat schon genug Platz für uns.“ Der Arzt nickte schließlich widerwillig. „Gut, dann mach wie du meinst. Doch pass auf ihn auf, wenn sich die Wunden entzünden sollten, dann bring ihn wieder vorbei.“ Ray nickte und ging zu seinem Freund, der immer noch ruhig schlafend auf der Liege lag. Ray strich ihm kurz über den Kopf. „Hey Süßer.“ Sagte er leise und rüttelte an Alecs Schulter. Dieser öffnete langsam die Augen. Ray lächelte ihn liebevoll an. Alec lächelte ebenfalls leicht und wollte dann erneut die Augen schließen. „Komm wir gehen Kim besuchen.“ Sagte Ray und nahm Alec wieder Huckepack. Dieser stöhnte leicht als er mit der frisch genähten Wunde auf Rays harten Rücken stieß. Ray redete beruhigend auf ihn ein, und trug ihn dann wieder aus dem Krankenhaus. Bei ihrem Haus angekommen wimmelte es tatsächlich von Bullen. Es standen drei Streifenwagen vor dem Haus und die Polizisten verfrachteten die drei Männer auf den Rücksitzen der Autos. Ray hatte die Polizei gerufen, ihnen die Situation erklärt und wusste, dass er jetzt in ein Gespräch verwickelt werden würde, wenn sie jetzt auftauchten. Also drehte er schnell wieder um und verschwand in einer Seitengasse, bevor einer der Polizisten ihre Schatten in der Dunkelheit erkennen konnten. Schließlich fuhren die Streifenwagen aus der Einfahrt und Ray wandte sich aufatmend mit seiner etwas schweren Last wieder zum Haus. Er fuhr mit dem Aufzug nach oben in den achten Stock und machte Sturmklingeln an Kims Tür. Als dieser die Tür öffnete, schnappte er erschrocken nach Luft. „Hey Kim, ist es okay, wenn wir hier für eine Nacht pennen? Alec muss sich hinlegen und unsere Wohnung wurde abgesperrt.“ Kim nickte immer noch etwas baff und trat einen Schritt zur Seite. „Du kannst ihn in mein Bett legen, es ist groß genug für euch zwei. Dann schlafe ich auf der Couch.“ „Ist das wirklich okay?“ „Ja klar. Geht in Ordnung. Leg ihn hin, er sieht schrecklich aus.“ Dankbar lächelte Ray ihn an und wandte sich zu Kims Schlafzimmer um seine Last endlich abzulegen. Er legte seinen Freund vorsichtig ins Bett und deckte ihn zu. Dann setzte er sich an den Rand des Bettes und sah auf seinen Freund runter. „Was ist passiert?“ fragte Kim, verschränkte die Arme und lehnte sich an den Türrahmen. Mit knappen Worten erklärte Ray seinem Freund, was passiert war und Kim nickte immer wieder. „Schlimme Sache. Wurde er schwer verletzt?“ fragte Kim und deutete mit einem Kopfnicken auf Alec. Ray schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Zwei Wunden mussten genäht werden, ansonsten ging es. Doch er hat einiges an Blut verloren. Deshalb ist es auch das Beste, wenn er einfach nur schläft.“ Kim nickte und wandte sich schließlich um. „Also ich bin im Wohnzimmer, falls du etwas brauchst.“ Ray nickte lächelnd und wandte seinen Kopf wieder zu seinem Freund. Als Alec erwachte, lächelte Ray ihn liebevoll an. „Hey mein Kleiner, alles okay?“ fragte er leise und strich seinem Freund sanft die Haare aus der Stirn. Ray hatte einen sanften, und doch besorgten Gesichtsausdruck. Seine Augen spiegelten die Angst wieder, die er in den letzten Stunden verspürt hatte. Sein Mund deutete ein lächeln an. Alec zwang sich, das Lächeln zu erwidern und deutete dann auf sein Schlüsselbein. „Tut weh.“ Sagte er ebenfalls leise und verzog das Gesicht. Ray fuhr ihm besorgt über die unverletzte Wange und nickte. „Und sonst? Wie geht’s dir?“ Ich lächelte erneut. Schließlich nickte ich. „Geht so, wenn du da bist.“ Stellte ich beruhigt fest und schloss die Augen. „Ja…schlaf am besten weiter. Ich bleibe hier.“ Ich nickte und versuchte mich wieder zu entspannen. Ray saß ruhig neben mir und fuhr mir leicht übers Gesicht. Schließlich griff ich nach seiner Hand und drückte sie fest. „Legst du dich neben mich?“ fragte ich leise. Er lächelte liebevoll und schob mich leicht auf die Seite, damit er sich zu mir legen konnte. Als ich seine beruhigende Wärme spürte, die sein Körper ausstrahlte, fühlte ich mich wesentlich besser. Beruhig schlief ich schließlich ein. Kapitel 13: Part 13 ------------------- Am nächsten Tag kamen Polizisten zu Kim. Ray öffnete ihnen die Tür, lächelte gequält und ließ sie schließlich rein. Alec schlief tief und fest, Kim machte Frühstück. Ray führte die Poli-zisten ins Wohnzimmer und bedeutete ihnen, sich zu setzen. Sie folgten der Aufforderung dankbar und wiesen auf dem Platz, ihnen gegenüber. Ray setzte sich etwas unbehaglich und die beiden Polizisten stellten sich ersteinmal vor. Auch Ray nannte seinen vollen Namen und der kleinere, von den beiden, machte sich schon eifrig Notizen. „Können Sie uns erklären, was vorgefallen ist?“ fragte der größere schließlich leise und sah auf. „Okay. Ist das dann schon die Aufnahme, oder müssen wir dann auch noch aufs Revier?“ „Das kommt ganz darauf an. Vorerst reicht es, wenn sie hier Aussagen. Ist ihr Freund auch hier in dieser Wohnung?“ „Ja, er ist nebenan. Er schläft.“ Der Polizist nickte und forderte Ray erneut auf, ihm zu erzählen, was passiert war. Schließlich fing dieser an, zu erzählen… Nachdem er seine Version des Tatvorgangs geschildert hatte, bestätigte ihm der Polizist, dass die drei Männer auf dem Revier, sicher verwahrt wurden. „Ich nehme an, sie erstatten Anzeige?“ „Ja, natürlich. Ich wäre verrückt, täte ich es nicht.“ „Gut. Ich nehme es ins Protokoll auf.“ Er wies seinen Kollegen an, dies in seinen Notizblock zu schreiben und wandte sich dann wieder zu Ray. „Wann können wir in die Wohnung?“ fragte dieser und sah den Polizisten fragend an. „Ich denke, heute Abend sind wir fertig. Wir müssen noch ein paar Bilder schießen, für die Beweisauflage, danach können sie wieder in die Wohnung.“ „Okay. Vielen Dank.“ Der Polizist nickte und sah Ray schließlich mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an. „Können wir ihren Freund auch befragen? Er ist der wichtigste Zeuge. Wir brauchen seine Aussage.“ „Muss das jetzt sein? Es ist erst gestern passiert, und ehrlich gesagt, bin ich froh, dass er schläft.“ „Ja, bitte. Es ist wichtig, und notwendig.“ Langsam öffnete ich die Augen und sah mich um. Kims Wohnung….okay…und wo war Ray? Ich versuchte mich aufzusetzen, doch mir wurde schwindlig. Mein Kopf schmerzte, und mir wurde kalt. Verdammte Gehirnerschütterung…dachte ich, biss die Zähne zusammen und versuchte mich krampfhaft aufrecht zu halten. Stell dich nicht so an, Alec, dachte ich und schwang meine Beine aus dem Bett. Mein ganzer Körper tat weh. Ich war verspannt, die Blessuren und Prellungen, die meinen ganzen Körper übersäten, schmerzten bei der kleinsten Bewegung. Vor allem mein Schlüsselbein machte mir zu schaffen. Als würde eine Narbe nicht schon rei-chen. Nein! Warum war mein scheiß Vater nur so scharf auf meinen Hals? Erst schlitzt er mich auf, dann würgt er mich. Ich schluckte, spürte einen leichten Druck, an der Stelle, an der er mir die Luftröhre abgedrückt hatte. Innerlich verfluchte ich ihn, mit allen möglichen Schimpfwörtern und Flüchen, die mir spon-tan einfielen. Schließlich stützte ich meine Hände an der Bettkante ab und zwang mich, aufzustehen. Kurz wankte ich, das Schwindelgefühl wurde stärker. Als es besser wurde, tappte ich unsicher zur Tür und drückte die Türklinke runter. Kurz lauschte ich. Stimmen kamen aus dem Wohnzimmer. Neugierig, wer da sprach, ging ich langsam, an der Wand gestützt, zur Tür und sah hinein. Zwei Polizisten saßen auf der Couch und diskutierten Lautstark mit meinen Freund über mich. Anscheinend wollte Ray um jeden Preis verhindern, dass ich geweckt wurde. Schließlich machte ich mit einem kleinen Räuspern auf mich aufmerksam. „Hallo.“ Sagte ich und stieß mich von der Wand weg. Ray sah mich überrascht an, und sprang sofort auf, als ich Anstalten machte, auf ihn zuzu-kommen. Er stützte mich am Arm und brachte mich zu dem Sessel, in dem er gerade noch gesessen war. Ich ließ mich seufzend auf den weichen, bequemen Platz fallen und sah die beiden Polizisten fragend an. „Hallo, Alec. Wir sind von der Kriminalpolizei. Wenn du dich in der Lage fühlst, mit uns zu reden, würden wir dir gerne ein paar Fragen stellten.“ Stellte sich der größere der beiden vor. Ich nickte leicht. „Okay. Fangen Sie an.“ Der Polizist schien erleichtert, über meinen geringen Widerstand. Wahrscheinlich hatte er sich innerlich auch schon auf eine Diskussion mit mir, vorbereitet. Lächelnd machte ich es mir etwas bequemer in meinem Sessel. Der Polizist stellte mir anfangs ein paar belanglose Fragen, bevor er auf das eigentliche The-ma kam. Er stellte präzise Fragen, unterbrach mich nicht, während ich sprach. Ich versuchte ihm alle Fragen so gut es ging zu beantworten, ließ nichts aus, stockte nur kurz, als ich ihm erzählte, wie mein Vater mich in das Zimmer nebenan geschleift hatte. Während ich sprach, machte sich der kleinere, der beiden Polizisten, fleißig Notizen, obwohl ein Diktiergerät auf dem Tisch stand. Als wir fertig waren, stellte der Polizist das Gerät aus, und lehnte sich zurück. „Es sieht gut aus. Du musst dir denke ich keine Sorgen machen. Wir schicken die Aussage zu Gericht, dieses wird sie voraussichtlich als Beweismittel aufnehmen. Ich gehe davon aus, du erstattest ebenfalls Anzeige?“ „Ja, natürlich.“ Entgegnete ich. Der Polizist nickte lächelnd. „Ja, dann nehme ich das ins Protokoll auf. Wie stehts mit einem Anwalt?“ „Nein. Kann ich mir nicht leisten.“ „Gut. Dann werden wir dir einen Staatsanwalt zur Seite stellen. Er wird sich mit dir in Ver-bindung setzen.“ „Danke.“ Der Polizist winkte ab und packte das Diktiergerät schon mal in seine Tasche. Ray kam herein und setzte sich auf die Kante, meines Sessels. „Wie stehen unsere Chancen?“ fragte er leise und sah den größeren Polizisten ernst an. Kurzes Schweigen erfüllte den Raum. „Da dein Vater ein Widerholungstäter ist, wird er mit Sicherheit wieder für einige Jahre ins Gefängnis gehen. Auch trotz Lungenkrebs. Was die beiden Mittäter angeht, kann ich nichts Genaueres sagen. Dein Bruder ist noch ganz Sauber, hat keine Vergehen in den Akten ver-merkt. Er ist noch jung, und wird aufgrund seines Alters sicher zu keiner Haftstrafe verurteilt. Bei deinem Onkel steht die Sache etwas anders. Eine Anzeige, wegen Diebstahl, eine Anzeige wegen Körperverletzung. Er war schon ganz fleißig. Ich denke, er wird ebenfalls hinter Git-tern landen.“ Erklärte er schließlich. Ich nickte, zum Zeichen, dass ich ihn verstanden hatte. Als die Polizisten aufstanden, erhoben auch Ray und ich uns aus dem Sessel. Wir schüttelten den Polizisten dankbar die Hände und Ray brachte sie noch zur Tür. Dann hatten wir wieder Ruhe. Ich ließ mich zurückfallen, in meinen Sessel und seufzte leise. Ray kam herein und hockte sich erneut an die Kante. Er fuhr mir lächelnd durchs Haar und ich lehnte müde meinen Kopf an seine Seite. „Na, wie geht’s dir?“ fragte er sanft und streichelte mir den Nacken. Ich spürte, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten und schnurrte wohlig. „Komm mein kleiner Kater. Ich bring dich wieder ins Bett.“ Sagte Ray liebevoll und zog mich hoch. Ich nickte und ließ mich zurück in Kims Zimmer führen. Langsam setzte ich mich an die Bettkante und stöhnte leise, als ich langsam meine Schultern kreiste. „Hast du schmerzen?“ fragte Ray besorgt und fuhr mir über die Stirn. „Es geht. Ich bin nur ziemlich verspannt.“ „Komm, ich massier dir den Rücken.“ Bot Ray an und ich lächelte dankbar. Ray setzte sich hinter mich auf das Bett und fing an, mir den Rücken zu massieren. Anfangs war er eher sanft und vorsichtig, doch mit der Zeit wurden seine Bewegungen siche-rer und auch etwas härter. Ich seufzte wohlig unter seinen geschickten Händen und schloss die Augen. „Besser?“ fragte Ray nach einer weile und legte seinen Kopf auf meine Schulter. „Mhm…“ entgegnete ich lächelnd und fuhr ihm dankbar durchs Haar. „So und jetzt ab ins Bett. Ich will dass du dich ausruhst, damit du schnell wieder bei Kräften bist. Du solltest dich schnell erholen.“ Ich nickte und legte mich brav wieder ins Bett. „Weckst du mich zum Abendessen?“ fragte ich und wickelte mich wieder in die weiche Bett-decke. Ray lächelte leicht. „Ja. Mache ich. Und jetzt schlaf.“ Er machte schon Anstalten, wieder aufzustehen, doch ich griff nach seinem Nacken und zog ihn zu meinen Lippen. Sanft küsste ich ihn auf den Mund, liebkoste seine Lippen mit meiner Zunge und seufzte lei-se, als er mir einlass gewährte. Liebevoll fuhr ich mit meiner Zunge durch seinen Mund, durchforschte ihn, als wäre es der erste Kuss. Schließlich ließ ich von ihm ab und er stand mit einem lieben Lächeln auf, um mich in Ruhe schlafen zu lassen. „Gute Nacht, mein Schatz.“ Flüsterte er leise, dann verschwand er aus dem Zimmer. Ray ging zu Kim in die Küche, ließ sich seufzend auf einen er Stühle sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. „Alles klar?“ fragte Kim leise und zündete sich eine Zigarette an. Ray zuckte leicht mit den Schultern, griff nach der Schachtel und nahm sich ebenfalls eine. Kim sagte nichts, als er sie sich anzündete und genüsslich ein paar Züge nahm. „Ich mache mir sorgen.“ Sagte er schließlich und nahm erneut einen tiefen Zug. „Ja, das sehe ich.“ Nickte Kim und schwieg. Am Abend bestellten sie sich Pizza, überlegten lange, ob sie Alec wirklich wecken sollten. Doch Ray hatte es ihm immerhin versprochen, also ging er ins Schlafzimmer und sprach sei-nen Freund leise an. Die Pizzen waren noch nicht da, doch es konnte nicht mehr lange dauern. Alec öffnete langsam die Augen, sah sich verwirrt um. Er schien kurzzeitig Probleme zu ha-ben, sich zu orientieren. „Komm.“ Sagte Ray leise und griff nach Alecs Hand. Langsam zog er ihn hoch in eine sitzende Position. Alec schwang seine Beine aus dem Bett rieb sich Müde mit der freien Hand über die Augen und ließ sich schließlich hochziehen. „Wir haben Pizza bestellt. Du solltest auch etwas essen.“ Ich nickte leicht und musste mich kurz an Rays Schulter stützen, da mir leicht schwindlig wurde. Als ich mich wieder unter Kontrolle hatte gingen wir ins Wohnzimmer und setzten uns auf die Couch. Schließlich klingelte es und Kim ging an die Tür. Er redete kurz mit dem Pizzaboten, nahm ihm die Pizzen ab und bezahlte. Dann kam er zu uns in Wohnzimmer, reichte Ray eine große Magerita und setzte sich auf den Sessel. Ray machte die Schachtel auf, griff nach dem Messer dass er sich schon vorher geholt hatte und teilte sie grob. Dann nahm er sich ein Stück, hielt mir die Schachtel hin und lehnte sich wieder zurück. Ich suchte mir das kleinste aus, biss probehalber hinein und stellte erleichtert fest, das mir nicht schlecht wurde. „Wollt ihr heute wieder zurück in eure Bude?“ fragte Kim leise, während er sich ebenfalls die Pizza zerkleinerte. Ich sah Ray fragend an, dieser schüttelte allerdings mit dem Kopf. „Alec bleibt vorerst hier. Ich geh gleich schnell runter und sehe nach, wie es aussieht. Hast du Fleckenentferner hier?“ Kim nickte und verschwand kurz in der Küche um es zu holen. Er stellte es auf den Glastisch und nickte Ray auffordernd zu. „Danke…ich sprüh die Flecken ein und versuche es zumindest grob zu reinigen. Wenn ich fertig bin und auch ein bisschen aufräumen konnte, hole ich dich.“ Bei seinen letzten Worten sah er mich fragend an. Ich nickte leicht. „Is okay.“ Gab ich leise von mir und biss noch mal in meine Ecke. „Gut. Dann machen wir es so.“ Schweigend aßen wir weiter. Keiner schien so recht zu wissen, was er sagen sollte. Ich war irgendwie froh, dass keiner versuchte, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Ich hatte noch nicht so wirklich Lust auf reden. Ray hatte gute Arbeit geleistet. Als er mich holte waren sowohl die Flecken als auch die zerbrochenen Möbel weggeschafft. Wahrscheinlich hatte er sie in den Keller getragen. Ich fühle mich zwar noch etwas unwohl in meiner Haut, doch ich war trotzdem dankbar dafür, dass wir wieder allein waren. Ray brachte mich in sein Zimmer und ich legte mich auf sein großes, weiches Bett. "Wo willst du hin?" fragte ich ihn, als er sich umdrehen wollte um wieder aus dem Raum zu verschwinden. Er lächelte mich an und deutete Vage Richtung Küche. "Ich hole dir was zu trinken. Und dann komme ich wieder. Ich schätze mal du bist genauso müde wie ich." Ich nickte, lächelte leicht und er verschwand kurz aus dem Zimmer. Es dauerte nicht lang, da saß er wieder neben mir mit einem Glas Wasser in der Hand. Dankbar nahm ich es an und trank ein paar Schlucke. Dann stellte ich es auf sein Nachtkästchen und zog ihn sanft neben mich aufs Bett. Ray betrachtete mich leicht von der Seite und fragte schließlich leise: "Wollen wir darüber reden?" Ich nickte und schüttelte gleichzeitig mit dem Kopf. Dann lächelte ich leicht. Ray lachte leise und strich mir sanft über die Stirn. "Es war schrecklich..." sagte ich schließlich fast flüsternd und Ray nickte. "Ja...du hast recht. Ich bin froh dass dir nicht viel passiert ist." "Ich bin ebenfalls froh dass es dir gut geht." Wissend lächelten wir uns an. Die Situation bedarfte keiner Worte mehr. Wir wussten genau was den anderen bedrückte. Ray legte sich richtig zu mir und nahm mich in den Arm. Seufzend erwiderte ich seine Umarmung und schloss die Augen. "Ich liebe dich" flüsterte ich leise in seine Halsbeuge. Er küsste meine Stirn und erwiderte: "Ich liebe dich auch" Epilog: Verhandlungssache ------------------------- Die nächsten Tage gingen wir nicht zur Schule. Ich hatte ein Attest, Ray machte blau. Er wollte mich nicht allein lassen, außerdem brauchten wir die Zeit um das passierte verarbeiten zu können. Trotz meines ersten Eindruckes musste ich feststellen dass eben doch nicht alles einfach nur als einen Traum abzustempeln war. Schon am nächsten Morgen war ich unruhig, plötzlich war alles wieder so gegenwärtig und ich konnte keine zwei Minuten in meinem Zimmer verbringen ohne Angst zu bekommen. Also verbrachten wir die meiste Zeit vor dem Fernseher oder in der Küche. Ray half mir so weit es in seiner Macht stand das ganze zu verdrängen, zu vergessen und zu verarbeiten. Ich denke, das war der einzige Grund, weshalb ich schon nach weiteren zwei Tagen wieder in die Schule wollte. Ich wusste dass mein Vater, mein Onkel und auch mein Bruder im Gefängnis waren. In zwei Wochen würde die Verhandlung stattfinden und ich konnte mir sicher sein, zumindest zwei von ihnen für lange Zeit los zu sein. Denn mein Vater war Wiederholungstäter. So schnell würden sie ihn nicht mehr frei lassen. So vergingen die Tage bis es schließlich zur Verhandlung kam. Unsere Sozialbetreuerin holte uns um halb zehn ab und wir fuhren zum Gericht. Ich hatte einen Antrag gestellt um nicht erneut Aussagen zu müssen. Er war bewilligt worden, doch Ray hatte sich bereit erklärt noch einmal alles vor Gericht zu erzählen und somit auch für direkte Fragen bereit zustehen. Ich war froh, dass mich damit niemand behelligte. Vor so vielen Menschen zu erzählen, was passiert war und was genau ich hatte durchmachen müssen, war mich unangenehm. Während sie das Band der Polizei abspielten ging ich raus, holte mir einen Kaffee und genoss die warme Sonne die durchs Fenster des Aufenthaltraumes hindurch schien und mein Gesicht wärmte. Wenig später machte ich mich wieder auf den Weg zum Gerichtssaal trat leise ein und hörte Ray aufmerksam zu der den Tatvorgang aus seiner Sicht noch einmal erzählte. Der Richter und die Geschworenen hörten ihm zu, die Anwälte stellten immer wieder fragen, doch alles sprach dafür dass der Verteidiger den Fall verlieren würde. Tatsächlich stand das Gericht mir sehr wohlgesinnt. Sie verurteilten meinen Vater zu 15 Jahren haft, buchteten meinen Onkel für 10 Jahre ein und mein Bruder bekam zwei Jahre Bewährung und eine saftige Geldstrafe. Weiterhin verordnete das Gericht, dass mein Bruder verpflichtet sei die Stadt zu verlassen. Er durfte sich weder mir, noch Ray auf weniger als 1000 Meter nähern. Somit waren wir auch ihn los. Unendlich befreit gingen Ray und ich später aus dem Gerichtssaal und verließen das Gebäude. Wir wandten uns zur Hauptstraße, wollten das Urteil mit einem kleinen Imbiss feiern und entschlossen uns für Mc Donalds weil es immer noch das einfachste war. Glücklich händchenhaltend gingen wir die Straße entlang und endlich hatte ich das Gefühl mein Leben könnte wieder einen geregelten Lauf nehmen. Was auch immer passieren würde, mein Vater war auf jedenfall im Gefängnis. Trotz des Krebses. Er würde dort den Rest seines Lebens verbringen. Und ich würde nachts beruhigend schlafen, mit den besten Menschen der Welt an meiner Seite. Ray. - the end - *** Und somit bin auch ich zufrieden mit dem Schluss. Irgendwie hatte mir der Epilog noch gefehlt ^^ Ich möchte mich nochmal dafür entschuldigen dass das Ende jetzt so aprupt kam, doch ich denke es ist eine ganz gute Stelle um die Geschichte zu beenden bevor ich mich am Ende noch total verfange. Und nachdem ich die letzten Monate jetzt so viel herumüberlegt habe ist es denke ich wirklich nicht schlecht gewesen endlich einen Abschluss herein zu bringen. Irgendwie war mir meine Storyline am Ende zu langweilig, da wollte ich das geschehen lieber im Epilog zusammenstellen :) Vielen Dank fürs Lesen Ich PS: was meine Verhandlung angeht und die Strafen: Ganz ehrlich hier in Deutschland hätte ich keine Ahnung ob das überhaupt realitätsnah ist. Doch da ich mich in meiner eigenen kleinen Traumwelt befinde, bestehe ich einfach auf: Fantasie ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)