Endlos von -Ray- (Story about Alec and Ray) ================================================================================ Kapitel 8: Part 8 ----------------- Ich wehrte mich nicht, als er mich näher zu sich zog und mir sanft seine Lippen auf den Mund legte. Mir wurde ganz warm und mein Herz spielte verrückt. Ich hob die Hände und verschränkte sie hinter seinem Rücken. Er legte mir seine Hand an die Seite und vergrub die andere tief in meinem dichten Haar. Mein Mund öffnete sich leicht und seine Zunge fuhr hinein. Er seufzte leise und zog mich noch näher zu sich. Unsere Oberkörper berührten sich und ich spürte, was für eine starke Hitze er ausstrahlte. Ich hielt den Atem an und erwiderte seinen Kuss zaghaft. Schließlich löste er sich leicht von mir. Er sah mir tief in die Augen. Als sich ein Pärchen näherte, ließ er mich zögernd los. Dann griff er erneut nach meiner Hand und zog mich mit sich, noch ein Stück weiter nach hinten, wo eine kleine Treppe gebaut war, damit man im Sommer auch mal raus gehen konnte, aus dem Becken. Er setze sich auf eine der untersten Treppenstufen und zog mich auf seinen Schoß. Ich setzte mich breitbeinig auf seine Oberschenkel und beugte mich zu ihm runter um ihn erneut zu küssen. Er legte mir seine Hände an die Hüften. Ich fuhr ihm in den Nacken und zog ihn näher zu mir. Wir verfielen in einen zärtlichen Zungenkuss und ich seufzte leise. Nach einer weile löste ich mich von ihm und atmete tief ein. Dann glitt ich neben ihn auf die Treppenstufen. Er nahm meine Hand und drückte sich leicht. Ich lehnte mich an seiner Schulter. Um uns herum war es ziemlich ruhig. „Ray?“ sagte ich leise und er sah mich fragend an. „Was ist?“ Ich schwieg kurz. Schließlich riss ich mich zusammen. „Er hat es getan. Er hat ich missbraucht...“ sagte ich schließlich und biss die Zähne zusammen. Ray drückte meine Hand etwas fester. Erleichtert erwiderte ich den Druck. Das war ein gutes Zeichen...vielleicht lässt er mich wirklich nicht allen...dachte ich. „Ich kann nicht sagen wie oft...ich weiß nicht mal wann es angefangen hat...ich glaube ich war acht oder neun... Er...also am Anfang...da...ich wusste gar nicht was das bedeutet. Ich kannte das ja gar nicht. Er...anfangs war er ja noch lieb und nett. Sagte das wäre ganz normal und so...ich...hab’s nicht verstanden. Ich hab es meiner Mutter nicht erzählt. Er sagte, ich dürfte es ihr nicht erzählen. Damals kam er nachts...und...berührte mich...oder...du weißt schon. Doch mit der Zeit...meine Mutter und er verstanden sich nicht mehr. Wenn er abends betrunken nach Hause kam, da...oft hat er mich brutal geschlagen...und mich missbraucht. Als ich älter wurde, verstand ich auch langsam, was er mir antat. Wenn wir allein waren, dann war er am schlimmsten. Wenn ich mich wehrte, wurde er immer brutaler. Er zwang mich Dinge zu tun...die ich nicht mal aussprechen kann. Als ich mit dreizehn das erste Mal weglief, fand er mich wieder und schlug mich brutal zusammen. Wenn seine Frau es ihm nicht mehr brachte, kam er nachts zu mir und legte sich neben mich. Mit vierzehn war ich stark genug, dass ich mich wehren konnte. Ich versuchte ihn mir vom Leib zu halten, doch er schlug mich immer wieder, bis er mich weich genug hatte, um es mir wieder anzutun. Einmal war es so schlimm, dass ich es einfach nicht mehr packte. Ich hab Tabletten geschluckt, bis zum abwinken und mir eine Flasche hochprozentigen Alk aus seinem Schrank in der Küche geklaut. Meine Mutter fand mich...ich muss schrecklich ausgesehen haben. Überall war Blut, ich war voll mit grässlichen Verletzungen. Geschunden und Zerschlagen lag ich neben meinem Bett, die Hose zerrissen, den Alk in der rechten, die Tabletten neben mir. Sie rief den Notarzt. Ich kam ins Krankenhaus, musste zur Therapie, kam in die Psychiatrie und musste in der Schule ein Jahr wiederholen. Damals kam ich in das Betreute Wohnen, das Jugendamt hatte mich rausgezogen. Sie hatten mich nähen müssen, die Milz war dahin...gebrochene Rippen, Magen ausgepumpt, die Narbe am Rücken war von dem Abend. Damals hatte er eine neue Idee entwickelt mich zu quälen. Ein Messer. Er kam in den Knast, ich kam von meiner Mutter weg...meinen Bruder steckten sie zu einer Pflegefamilie, bis er achtzehn war... Es war schrecklich. Seitdem bin ich in Psychologischer Behandlung...“ Ray schwieg. Ich hatte mich dazu zwingen müssen, dies alles zu sagen, doch ich fühlte mich trotzdem wesentlich besser. Er ließ meine Hand los und legte den Arm um meinen Rücken. Er zog mich näher zu sich und ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter. „Antidepressiva?“ fragte er leise. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Nicht mehr. Ich hab sie vor zwei Jahren abgesetzt.“ Er nickte. Ich schluchzte leise. Hemmungslos fing ich an zu weinen. Er drückte mich fester an sich und ich hob die Arme um die Umarmung zu erwidern. Lange saßen wir so da und umarmten uns. Ich legte meinen Kopf an seinen Hals. Er strich mir beruhigend über den Kopf. „Ich war sieben...er kam eines Nachts einfach zu mir und erklärte mir, was er vorhatte, und dass alle Eltern das mit ihren Kindern machen würden. Er sagte auch, dass das ein Geheimnis wäre, und dass ich meiner Mama nichts sagen sollte. Diese erwischte ihn allerdings eines Tages, wie er sich neben mich legte, und wieder grausame Sachen mit mir anstellte. Danach war einige Jahre ruhe. Doch er konnte nicht die Finger von mir lassen. Er schlug mich, missbrauchte mich, liebte mich...einfach alles. Als ich mit fünfzehn weglief, fand mich die Polizei ungefähr zehn Kilometer von hier entfernt, am Straßenrand sitzen. Sie brachten mich zurück zu meinen Alten, doch diese schmissen mich raus. Dafür bin ich ihnen heute noch dankbar. Meine Mutter verachtete mich dafür, dass ich ihr ihren Mann sozusagen weggenommen hatte. Dabei war ich doch das Opfer...und nicht sie. Also kam ich zu meinem Onkel. Der meine Eltern genauso verachtete wie ich. Seit dem habe ich keinen Kontakt mehr mit ihnen. Es war gut, dass ich zu meinem Onkel kam. Er war mir der beste Freund, und ein guter Ersatz für meine Eltern...“ Sagte er schließlich leise. Ich hob den Kopf und sah ihn etwas unruhig an. „Antidepressiva?“ fragte ich ebenfalls. Er schüttelte mit dem Kopf. „Ein Jahr. Nicht sehr weltbewegend. Mein Onkel war Therapie genug für mich. Er erklärte mir, dass Männerliebe auch schön sein könnte...und wie du siehst, hat das ziemlich abgefärbt.“ Er lächelte leicht und ich nickte. Ein leises Lachen kam mir über die Lippen. „Ja, das ist nicht zu übersehen...“ „Du siehst also...so verschieden sind wir gar nicht.“ Ich nickte. Dann beugte ich mich vor und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. „Ich...bin froh, dass wir das geklärt haben.“ Sagte ich leise und lächelte sogar ein bisschen. Er nickte und fuhr mir liebevoll über die Wange. „Ist es okay?“ fragte er. Ich wusste, was er meinte und nickte. „Ja...schon relativ. Ich denke, ich komme damit klar, dass du es weißt.“ Er nickte beruhigt und drückte mich erneut heftig an sich. Ich erwiderte die Umarmung lange und schloss die Augen. Ich zog seinen angenehmen Geruch tief in die Lungen und spürte seine Brust, die sich in regelmäßigen Abständen hob und senkte. Es war gut so... Nach einer weile lösten wir uns wieder von einander. Etwas verunsichert sah ich ihm in die Augen. Er lächelte mich an und ich lächelte beruhigt zurück. Dann nahm er erneut meine Hand und wir redeten ein bisschen über dieses und jenes, um die Stimmung wieder etwas aufzulockern. Als wir schließlich auf die Uhr sahen, war es schon zeit langsam zu gehen. Wir wateten durch das warme Wasser zurück in die Halle und stiegen langsam aus. Zusammen gingen wir zu unseren Handtüchern und hoben sie auf. Dann gingen wir zu den Umkleidekabinen und holten das Duschzeug. Mit Handtuch und Duschdas gewappnet liefen wir zu den Duschen. Ich stellte mich kurz unter das heiße Wasser und seifte mich dann ein. Nach dem Duschen zogen wir uns in der Umkleide wieder um. Ich schlüpfte in meine dunkelblaue Bluejeans und zog meine Turnschuhe an. Dann suchte ich nach meinem dunklen Shirt und zog es mir über den Kopf. Auch Ray suchte nach seinen Klamotten und trocknete sich ab. Wir liefen zum Ausgang und bezahlten die zusätzliche Stunde nach. Dann gingen wir nach draußen. Etwas unsicher kam Ray ein Stück näher und suchte meine Hand. Ich ließ es geschehen und Händchen haltend schlenderten wir zurück zu unserer Wohnung. Ich sperrte die Tür auf und zwängte mich aus meiner Jacke. Ich schmiss sie wie immer über den Stuhl, in der Küche und brachte meine Sachen ins Bad. Meine Klamotten tat ich in die Wäsche und das Handtuch hängte ich über die Heizung. Dann griff ich nach meiner Zahnbürste und putzte mir schnell die Zähne. Ray kam herein und nahm sich ebenfalls seine Zahnbürste. Schrubbend ging er zurück in sein Zimmer und packte sein Zeug aus. Ich spuckte aus und spülte mir den Mund. Dann ging ich in mein Zimmer und zog mir eine bequemere Hose an. Im Wohnzimmer legte ich mich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Ich zappte durch die Programme und blieb schließlich bei einem Actionfilm hängen, den ich schon mal gesehen hatte. Ray kam ins Wohnzimmer und setzte sich ebenfalls auf die Couch. „Ich bin müde.“ Sagte er schließlich. Ich sah ihn kurz von der Seite an. „Du brauchst nicht hier mit mir zu sitzen. Geh schlafen, wenn du müde bist.“ Sagte ich. Er nickte leicht und stand auf. Etwas verunsichert ging er zur Tür. „Krieg ich keinen Kuss?“ fragte ich lächelnd. Überrascht drehte er sich wieder um. Dann lächelte er ebenfalls. „Sorry.“ sagte er leise, kam zu mir zurück und beugte sich über mich, um mir einen sanften Kuss auf die Lippen zu geben. Dann ging er in sein Zimmer. Nicht sehr viel später stand ich ebenfalls auf und schaltete den Fernseher aus. Ich ging in mein Zimmer und legte mich hin. Ich war müde...doch ich konnte nicht schlafen. Der heutige Tag spukte mir im Kopf herum. Oh Mann, dachte ich und seufzte. Ich war ganz schön verwirrt. Unruhig wälzte ich mich von einer Seite zur anderen. Als ich an Ray dachte, bekam ich starkes Herzklopfen. Mir kam unser Kuss im Schwimmbad in den Sinn und spürte, wie mir warm wurde. Wieder seufzte ich. Eine Stunde später stand ich schließlich auf. Ich konnte nicht schlafen. Ob ich vielleicht...oder doch nicht? Etwas sinnlos lief ich in der Wohnung umher. Ging aufs Klo, obwohl ich gar nicht musste. Trank einen Schluck, obwohl ich gar keinen Durst hatte. Schließlich nahm ich all meinen Mut zusammen und klopfte an Raymonds Tür. Erst nach dem dritten mal, hörte ich ein verschlafenes: „Ja?“ Ich biss die Zähne zusammen und öffnete die Tür einen Spaltbreit. „Was ist los? Alles okay?“ fragte er müde und rieb sich die Augen. „Ich...kann nicht schlafen. Darf ich...darf ich mich zu dir legen?“ fragte ich ihn leise. Er nickte und machte platz. Beruhigt schloss ich die Tür hinter mir und tappte zu seinem Bett. Ich schlug die Decke zurück und legte mich vorsichtig neben ihn. „Gute Nacht.“ Flüsterte Ray mir ins Ohr und ich lächelte breit. „Ja. Gute Nacht.“ Er rückte ein Stück näher und legte mir seinen Arm um den Bauch. Zufrieden schloss ich die Augen, und schlief kurze Zeit später ein. Engumschlungen erwachten wir am nächsten Morgen. Gerade als ich die Augen aufmachte, rührte sich Ray leicht und seufzte leise. Er kuschelte sich noch mehr an meinen Hals und seufzte erneut. Ich grinste breit und strich ihm sanft durchs Haar. „Morgen.“ Murmelte er leise und gähnte. „Guten Morgen.“ Entgegnete ich ihm. Schließlich befreite ich mich aus seiner Umarmung. „Ich geh duschen.“ Sagte ich leise und verschwand im Bad. Mir war heiß. Ich war ziemlich geladen. Und bevor mir noch ein kleiner Unfall, in seinem Bett passierte, wollte ich lieber unter die Dusche. Hoffentlich hat er nichts gemerkt, dachte ich und wurde rot. „Shit.“ Fluchte ich leise und belächelte mich selbst. Ziemlich leicht reizbar... Nach einer ausgiebigen Dusche zog ich mich an. Mein Körper hatte sich wieder relativ normalisiert. Kein Unfall mehr in Sicht. Ich rubbelte mir die Haare trocken und sah kurz in den Spiegel. Es sah lustig aus. Meine Haare standen in alle Richtungen ab. Kurz kämmte ich sie mir durch und schüttelte sie dann aus. Dann schloss ich die Tür auf. Ray wartete schon etwas ungeduldig. „Oh. Sorry. Wusste gar nicht dass du wartest, sonst hätte ich aufgeschlossen.“ Sagte ich etwas perplex. Er zuckte nur mit den Schultern und erwiderte: „Schon okay. Darf ich vorbei?“ Ich machte ihm Platz und schnell verschwand er im Bad. Er schloss ab. Verwundert starrte ich auf die Tür. Nee, oder? Hatte er etwa das gleiche Problem wie ich? Ich konnte mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Kopfschüttelnd ging ich in die Küche und machte Frühstück. Nach einer Viertelstunde kam Ray wieder aus dem Bad. Er wirkte erleichtert und ruhiger. Grinsend drückte ich ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. „Alles okay? Du bist so überstürzt raus gerannt“ Er nickte. „Ja...ich hatte es eilig. Doch wenn wir gerade beim Thema sind...du bist doch auch so überstürzt geflüchtet.“ Ein lüsternes Grinsen kam ihm über die Lippen. Ich grinste zurück und wandte mich dann wieder zum Backofen und die Semmel herauszuholen. Er trat hinter mich und umarmte mich liebevoll um den Bauch. „Wir sollten es einfach tun, weißt du? Ich glaube das ist besser, als das einer von uns dauernd ins Bad rennt.“ Ich grinste erneut und befreite mich aus seiner Umarmung. „Kann schon sein. Doch ich denke, es wäre besser, wenn wir es tun, weil wir es wollen, und nicht weil unsere Körper so verrückt spielen.“ Er lächelte warm. „Ich WILL es ja. Willst du es auch?“ „Ich...weiß es nicht. Vielleicht...denke schon...ach keine Ahnung. Jedenfalls will ich nicht das wir das beschließen. Es soll kommen, wenn es so weit ist.“ „Und wann ist das?“ „Ray...wir sind jetzt seit einem Tag ein Paar. Wir kennen uns gerade mal seit zwei Wochen. So etwas Intimes ist schon etwas anderes. Dazu muss ich erst das Gefühl haben, dass ich dir absolut vertrauen kann. Und das ist schwierig, nach zwei Wochen zu entscheiden. Ich brauche noch etwas Zeit.“ Er nickte etwas bedrückt. Wir schwiegen und setzten uns an den Esstisch. Ich nahm mir eine Semmel und schnitt sie auf. Auch Ray nahm sich etwas zu essen. Diese bedrückende Stimmung war heftig. Ziemlich heftig. Ich versuchte ihn in ein belangloses Gespräch zu verwickeln doch er zog nicht so richtig. Ich seufzte leise. „Ist es so schwer zu verstehen, dass ich einfach nicht auf Knopfdruck mit jedem ins Bett hüpfen will, der mir über den Weg läuft?“ „Bin ich vielleicht jeder? Willst du dass damit sagen?“ fragte er leise. Sein Blick wirkte kalt und unnahbar. „Nein. Du hast Recht. Dass war dumm.“ Sagte ich schließlich. Ich sah weg. Ich biss die Zähne zusammen. „Wollen wir uns dann jetzt den ganzen restlichen Tag so komisch anschweigen?“ „Vielleicht...aber du könntest ja auch einfach mal die Klappe halten, und aufhören solch verletzende Sachen zu sagen. Dann können wir auch darüber reden, ob unser Tag so komisch ablaufen soll oder nicht.“ „Du verstehst meine Worte falsch. Ich will dich nicht verletzen. Ich versuche nur meinen Standpunkt klar zu äußern. Und momentan will ich nicht mit dir schlafen.“ Er stand auf und wandte sich ab. „Gut. Das hast du ja dann hiermit getan.“ Dann ging er aus der Küche und verschwand in seinem Zimmer. Etwas verärgert sah ich ihm nach. Er hatte mich völlig falsch verstanden. Oder vielleicht hatte ich mich auch einfach unheimlich dämlich aufgeführt. Nervös saß ich in meinem Zimmer und versuchte zu lernen. Schon zweimal war ich aufgestanden und hatte mich direkt vor seine Tür gestellt. Doch jedes Mal hatte ich mich nicht getraut rein zugehen. Ich musste mich entschuldigen. Er war ziemlich verletzt, dass war nicht zu übersehen. Immerhin hatte er sich jetzt seit zwei Stunden nicht mehr blicken lassen. Musste der nicht auch mal aufs Klo? Ich verdrängte meine Gedanken und versuchte mich auf Mathe zu konzentrieren. Ging nicht. Shit! Schließlich stand ich zum dritten Mal vor seiner Tür. Wieder wäre ich beinah wieder umgekehrt, doch ich zwang mich zu bleiben und klopfte leise. Es kam keine Regung von drinnen. Ich öffnete die Tür und sah hinein. Er schlief. Wie konnte er jetzt nur schlafen???? Fragte ich mich. Mann, ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen, lungerte seit Stunden vor seiner Tür herum und er schlief seelenruhig. Der Hammer. Machte ihn das nichts aus? Langsam ging ich ins Zimmer und trat an sein Bett. Er sah ziemlich süß aus wenn er schlief. Plötzlich öffnete er die Augen und sah mich an. Verwirrt wandte er den Blick wieder ab. „Was machst du denn hier?“ fragte er leise und drehte mir den Rücken zu. Ich setzte mich an den Rand des Bettes und legte ihm meine Hand auf die Schulter. „Bitte sei nicht mehr böse. Tut mir leid, was ich vorher gesagt hab. Das war ziemlich dumm. Im Prinzip wollte ich wohl nur nicht zugeben, dass ich einfach Angst davor habe, mit dir zu schlafen.“ „Ich kann das ja irgendwo schon nachvollziehen, doch ich bin nicht dein Vater. Ich würde dir doch nie wehtun.“ Entgegnete er leise. Ich senkte die Augen und spürte, wie mir die Tränen kamen. „Das weiß ich doch...“ sagte ich ebenfalls leise. Niedergeschlagen stand ich auf und ging aus dem Zimmer. Er hielt mich nicht auf. In dieser Nacht schlief ich schlecht. Wir hatten nicht mehr mit einander geredet. Ich war nicht mehr aus meinem Zimmer gekommen. Irgendwann war er aufgestanden und hatte im Wohnzimmer ein bisschen in die Röhre geglotzt, doch ich war nicht zu ihm gegangen. Stattdessen hatte ich mich in meinem Zimmer verschanzt um zu grübeln. Viel kam dabei nicht raus. Ich war einfach noch nicht so weit. Ich wollte das noch nicht. Wir kannten uns noch nicht genug. Natürlich tat es mir leid, dass ich ihn damit verletzte. Doch verstand er nicht, worum es mir ging? Was es so schwer nachvollziehbar, dass ich einfach Angst davor hatte? Ich wälzte mich in meinem Bett hin und her, träumte schreckliche Sachen, von Tod und Verderben, wachte öfters schweißgebadet auf, und stand bestimmt dreimal auf, um in der Küche etwas zu trinken. Bis ich mir schließlich eine Flasche Wasser mit ins Zimmer nahm. Die Rennerei in die Küche wurde mir zu blöd. Am nächsten Morgen war ich unausgeschlafen und schlecht gelaunt. Ich hielt mir Ray auf Abstand, ging nicht zu ihm hin, versuchte ihn von mir fern zu halten. Wenn ich schlecht geschlafen hatte konnte ich keine Gesellschaft vertragen. Außerdem fühlte ich mich etwas kränklich. Ich hustete immer wieder und meine Nase war verstopft. Ich hatte Kopfschmerzen und fühlte mich irgendwie etwas schwach. Ich versuchte allerdings nichts darauf zu geben. Hatte keine Lust darauf den ganzen Tag daheim allein im Bett zu verbringen. Also zwang ich mich aufzustehen und etwas zum anziehen heraus zu suchen. Ich verschanzte mich im Bad und stellte mich unter die Dusche um wieder einen klaren Kopf zu kriegen. Erst eine viertel Stunde später machte ich das Bad frei, damit Ray duschen konnte. „Ist es unbedingt notwendig, das du zum duschen abschließt?“ fragte er etwas genervt, als ich aus dem Bad kam. „Ja. Schieb keinen Stress, war doch nur ne viertel Stunde.“ Er brummte nur und schloss ebenfalls hinter sich ab. Kopfschüttelnd ging ich in mein Zimmer und packte meine Schulsachen zusammen. Dann machte ich mir etwas zu essen für die Schule und zog mir meine Schuhe an. Nach einigen Minuten kam Ray aus dem Bad. Fertig angezogen und gestylt. Ich stand auf und griff nach meiner Jacke. „Gehen wir.“ Sagte ich leise und ging zur Tür um aufzusperren. Er folgte mir langsam und ich ließ ihm den Vortritt. Ich schloss die Tür sorgfältig ab und folgte ihm zum Aufzug. Schweigend fuhren wir nach unten. Schweigend gingen wir zum Bus. Diese bedrückende Stille war noch schlimmer als alles andere. Doch weder er, noch ich machten Anstalten, etwas daran zu verändern. Deshalb blieb es dabei. In der Schule setzte ich mich ruhig auf meinen Platz wie immer. Immer noch fühlte ich mich Krank. Es wurde schlimmer, vor allem die Kopfschmerzen und Schwindelgefühle machten mir zu schaffen. Tina kam zu uns. „Na, alles klar? Du siehst noch mürrischer aus als sonst, Alec. Alles in Ordnung?“ „Hab schlecht geschlafen.“ Erklärte ich wortkarg und wandte meinen Blick ab, zum Fenster. Tina verwickelte Ray in ein belangloses Gespräch. Ich war froh, dass dadurch die Stille endlich unterbrochen wurde. Er hörte sich an wie immer. Als sei alles bester Ordnung. Etwas verwundert warf ich ihm einen kurzen Blick zu. Ist das normal? Ging es mir durch den Kopf. Man streitet sich und benimmt sich danach, als wäre alles bester Ordnung... Als Tina endlich wieder zurück zu ihrem Platz ging, und der Lehrer mit seinem Unterricht begann, riss ich ein kleines Stück Papier aus meinem Block und schrieb: Du verwirrst mich... Dann legte ich es unauffällig auf Raymonds Tisch. Wieder hustete ich. Nach einem kurzen zögernd griff er danach und las sich meine Nachricht durch. Er griff nach einem Stift und beugte sich etwas vor. Tue ich das? Wie denn? Ich seufzte leise. Ganz einfach: Du machst mir den Eindruck, als wäre alles bester Ordnung. Ist es doch auch. Oder bist du da anderer Meinung? Wir hatten nur einen kleinen Streit. Doch das ist unter Mitbewohnern doch normal. Erschrocken starrte ich das kleine fett unterstrichene Wort an. Mitbewohner... Wow. Ich spürte wie sich meine Brust zusammen zog. Es schmerzte. Mein Herzschlag beschleunigte sich etwas. Schnell biss ich die Zähne zusammen, und versuchte mir meine Reaktion nicht anmerken zu lassen. Er schiebt mich ab, nur weil ich Angst davor habe mit ihm zu schlafen? Deshalb ignoriert er mich, und tut so, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen? Wow. Wirklich crazy. Oder lag es daran, dass ich gestern so abweisend gewesen war...vielleicht dachte er, das ganze ging von mir aus? Langsam verstand ich gar nichts mehr. Ich legte den Zettel in mein Mäppchen und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Ray sah mich kurz von der Seite her an, sagte allerdings nichts. Die Pause über saß ich auf der Fensterbank. Ich hustete und schnäuzte die ganze Zeit über. Ich versuchte etwas zu essen, bekam allerdings nichts runter. Ray unterhielt sich mit Martin und Tina über das Wetter, die Schule und die neuesten Talkshows im Fernsehen. Ich bekam nicht viel mit. Mir ging es immer dreckiger. Tina merkte das und kam schließlich zu mir an die Fensterbank. „Was ist los? Bist du krank, Alec?“ fragte sie etwas besorgt. „Ist nicht schlimm. Keine Sorge.“ Meinte ich. Sie legte mir mitfühlend die Hand auf die Schulter. „Hast du Fieber?“ fragte sie leise. Als sie mir die Stirn fühlte, weiteten sich ihre Augen etwas erschrocken. „Du glühst ja förmlich. Was tust du hier? Geh nach Hause und ruh dich aus. Oder geh zum Arzt und lass dir ein paar Medikamente verschreiben.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Die letzten zwei Stunden kann ich grad auch noch bleiben. Wir haben heute ja sowieso eine Stunde früher aus. So lang ist das ja nicht mehr.“ „Bist du dir sicher? Du siehst wirklich schlecht aus.“ Wieder legte sie mir die Hand auf die Stirn. Sie fühlte sich kühl an. Tinas Berührung tat gut. Lieber wäre es mir, wenn Ray sich um mich sorgen würde, kam es mir in den Sinn. Schnell verdrängte ich meine Gedanken und zuckte nur mit den Schultern. „Geht schon. Mach dir keine Sorgen.“ Sie nickte und ging schließlich zurück zu ihrem Platz. Ich schwang meine Beine runter und tappte vorsichtig zu meinem Platz zurück. Ray schwieg immer noch beharrlich. Doch ich hatte seine Blicke sehr wohl bemerkt, als Tina bei mir gestanden war. Er hatte uns genau beobachtet. Und vor allem hatte er genau gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung war mit mir. Doch wie es schien, interessierte ihn das nicht sonderlich. Schließlich sind wir ja nur „Mitbewohner“. Nach der Schule packte ich langsam mein Zeug zusammen. Mein Zustand verschlechterte sich mit jeder weiteren Stunde. Sieht aus, als hat es mich ganz schön erwischt, dachte ich und stöhnte innerlich. Eindeutig wollte ich nur noch nach Hause und schlafen. Morgen schaffe ich es sicher nicht hierher, ging es mir durch den Kopf. Etwas schleppend machte ich mich auf den Weg nach unten. Ray kam nicht mit. Er schien sich noch mit dem Lehrer unterhalten zu wollen. Ich checkte es gar nicht. Mir wurde schwindlig und ich stützte mich kurz an der Wand direkt neben mir ab. Reiß dich zusammen, dachte ich und biss die Zähne aufeinander. Nun komm schon.... Noch langsamer als vorher schleppte ich mich zur nächsten Bushaltestelle. Ich setzte mich in das Bushäuschen und wartete. Ray schaffte es gerade noch rechtzeitig. Gerade als der Bus vorgefahren kam, rannte er um die Ecke und winkte dem Busfahrer zu, um ihm zu signalisieren, dass er mitfahren wollte. Als er einstieg, sah er sich kurz um und entdeckte mich bei den Notsitzen. Doch er kam nicht zu mir. Dabei wäre es mir wirklich lieb gewesen, wenn er mir angeboten hätte, mir zu helfen. Ich verdrängte meine Gedanken und stand auf, als wir bei unserer Haltestelle angekommen waren. Langsam machte ich mich auf den Weg nach Hause. Gerade als ich in die Gasse einbog, in der mich damals dieser Mann angegrapscht hatte, wurde mir schwarz vor Augen. Ich stützte mich an der Hauswand ab und ging langsam auf die Knie. Ich schloss die Augen und rieb mir über die Stirn. Komm schon, sagte ich mir leise in Gedanken. Du schaffst das. Plötzlich spürte ich eine Hand auf der Schulter. „Was machst du denn da?“ fragte Ray leise. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Was geht dich das an? Du bist schließlich nur mein Mitbewohner.“ Die Art und Weise, wie ich das Wort „Mitbewohner“ betonte signalisierte eindeutig, was ich davon hielt. „Halt die Klappe. Natürlich geht mich das was an. Du bist Krank, komm ich helfe dir.“ Sagte er und half mir hoch. Er legte sich meinen Arm um die Schultern und zog mich mit sich. Wäre ich nicht so Krank gewesen, hätte ich mich sicher gewehrt. Doch dadurch, dass mir immer noch schwarz vor Augen war, war ich doch ganz froh, dass er mir half. Er schleppte mich zu unserem Haus und stützte mich den ganzen Weg über. Ich keuchte leicht, als wir endlich im Aufzug standen. Ich fühlte mich, als wäre ich um fünfzig Jahre gealtert. Ray half mir in die Wohnung und brachte mich in mein Zimmer. Ich schlüpfte schnell aus den Schuhen und ließ mich ins Bett fallen. „Danke.“ Presste ich heraus und wandte ihm dann den Rücken zu. „Ich bring dir nen Tee und hol ein paar Medikamente von der Apotheke. Hast du ein Fiebermessgerät?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Geh weg. Lass mich in Ruhe.“ Ich wollte nicht so viel Hilfe von ihm. Das er mich hergebracht hatte, reichte mir voll und ganz. Alles andere würde sich schon ergeben, sobald ich wieder alleine stehen konnte. Ray zögerte kurz. Dann sagte er: „Nein“ und drehte sich weg, um im Bad nach einem Thermometer zu suchen. Ich seufzte genervt und rollte mich ein. Mir war kalt, doch ich war zu schwach, um mir eine Wolldecke aus dem Wohnzimmer zu holen. Müde schloss ich die Augen. Ich gähnte. Schließlich kam Ray wieder ins Zimmer und kam zu mir ans Bett. Er setzte sich auf die Bettkante und steckte mir das Fieberthermometer in den Mund. „Hier hast du Kamillentee. Ich stell ihn dir aufs Nachtkästchen. Ist dir kalt?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Gut. Dann bring ich dir noch eine Decke.“ Entgegnete er und stand auf. Ich stöhnte innerlich. Warum konnte er mich nicht einfach in ruhe lassen. Ich wollte keine Hilfe von einem Mitbewohner. Wenn ich Hilfe wollte, dann von einem Freund. Ray brachte mir die Decke und verabschiedete sich dann, um in der Apotheke ein paar Sachen zu besorgen. Ich schloss erneut die Augen und versuchte ein bisschen zu schlafen. Im Nachhinein war ich froh, dass er mir noch eine Decke gebracht hatte. Mir war wirklich verdammt kalt. Schließlich kam er wieder zurück, doch ich schlief schon. Er kam ins Zimmer und bemerkte, dass ich den Tee noch nicht angerührt hatte. Er sah, wie ich fröstelte und ging in sein Zimmer um seine Decke zu holen. Schnell deckte er mich richtig zu. Davon wachte ich auf. Etwas perplex sah ich ihn an. Er lächelte leicht und zeigte mir seine Errungenschaften aus der Apotheke. „Hier habe ich ein Fiebersenkendes Mittel, extra gegen Erkältungen und Meditonsin, zur Stärkung der Abwehr. Und trink endlich etwas. Sonst brennt dich das Fieber noch vollkommen aus. Hier.“ Er hielt mir den Kamillentee und eine Tablette hin und ich schluckte gehorsam. „Warum tust du das?“ fragte ich leise und drehte mich zu ihm um, um ihn besser ansehen zu können. Nachdem ich die Tablette geschluckt hatte, und die Tasse zur hälfte geleert hatte, drückte er mir das Meditonsin in die Hand und ließ mich gleich mal zehn Tropfen nehmen. „Warum tue ich was?“ „Mir helfen. Obwohl ich es doch gar nicht will.“ Erklärte ich. „Du weißt doch genau warum. Also frag nicht so blöd.“ „Nein. Weiß ich nicht. Ich denke wir sind nur Mitbewohner. Dann brauchst du mir nicht zu helfen.“ „Halt die Klappe, Alec. Und schluck einfach.“ Sagte er unwirsch und drückte mir noch mal die Tasse in die Hand. Ich nahm ein paar Schlucke und stellte sie dann wieder zurück. Er stand auf und ging aus dem Zimmer. „Ich lasse die Tür offen, dann kannst du rufen, wenn etwas ist.“ Erklärte er und verschwand in der Küche. Ich schloss die Augen. Er brachte mich schier um den Verstand. Warum war er so nett, und gleichzeitig so abweisend? Merkte er nicht, dass mich das noch kränker machte als vorher. Dieser Zustand war schlimmer als alles andere... Ich schlief ein paar Stunden, wachte aber schnell wieder auf. Meine Träume waren noch schlimmer als sonst. Je mehr ich schlief, desto schlimmer fühlte ich mich, wenn ich aufwachte. Der Tee zeigte langsam seine Wirkung. Mir wurde wärmer, und gleichzeitig musste ich aufs Klo. Shit! Fuhr es mir durch den Kopf. Alleine schaffte ich den Weg wahrscheinlich nicht. Doch helfen lassen, wollte ich mir von ihm auch nicht. Shit! Es war schon spät. Halb zehn, laut meiner Uhr. Ich setzte mich langsam auf und wartete einen Moment, bis die schwarzen Pünktchen vor meinen Augen verschwanden. Dann stand ich auf und stützte mich an der Wand neben mir ab. Puh, ich war ganz schön fertig. Meine Beine zitterten stark und ich spürte wie mir der Schweiß ausbrach. Jetzt nur nicht hinfallen, dachte ich und tappte langsam Richtung Bad. Ray saß im Wohnzimmer auf der Couch. Er schien zu schlafen, und bemerkte mich deshalb nicht. Ich schaffte es bis zur Tür und drückte sie langsam auf. Die restlichen paar Schritte zum Klo waren ein Klacks. Ich war froh kurz sitzen zu können. Als ich fertig war spülte ich ab und wusch mir am Waschbecken kurz die Hände. Darauf wartete ich schon den ganzen Tag. Endlich Händewaschen. Nachdem ich mich an der Hauswand abgestützt hatte, hatte ich das auch bitter nötig. Das war echt eklig gewesen. Meine Hand war danach mehr grau gewesen. Schließlich machte ich mich auf den Rückweg. Langsam tappte ich zurück zu meinem Zimmer. Doch im Gang kam endlich dass, was ich schon die ganze Zeit erwartet hatte. Mir wurde schwarz vor Augen und ich schwankte leicht. Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten und viel der Länge nach hin. „Alec?“ kam es verschlafen aus dem Wohnzimmer. Ich schüttelte nur mit dem Kopf, merkte gar nicht, dass er das nicht sehen konnte. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch ich war zu blöd und scheinbar auch zu schwach. Ray kam aus dem Wohnzimmer und entdeckte mich auf dem Boden. „Was machst du denn? Du hättest mich doch rufen können“ tadelte er mich und wollte mir aufhelfen, doch ich riss mich los. Ich rollte mich ein und schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Lass mich. Will keine Hilfe von dir.“ Er zuckte zusammen. „Was soll der Unsinn? Du schaffst es doch eh nicht alleine in dein Zimmer. Du kannst ja noch nicht mal aufsetzen.“ Ich schüttelte erneut mit dem Kopf. „Geh weg.“ Sagte ich und vergrub das Gesicht unter meinem Arm. Ich schluchzte leise. „Was ist los?“ fragte er und fuhr mir leicht durchs Haar. „Nichts. Ich...du machst mich echt fertig. Lass mich einfach in Ruhe hier heulen okay? Lass mich einfach allein. Irgendwann schaffe ich es schon ins Zimmer.“ „Nix da. Ich helfe dir in dein Zimmer, und danach lasse ich dich von mir aus für immer allein. Doch wenn du hier liegen bleibst, wirst du nie gesund. Komm jetzt.“ Er zerrte grob an meinem Arm und ich wehrte mich nicht mehr. Ich konnte nicht mal stehen und schließlich gebot er mir, mich an ihm festzuhalten und er nahm mich Huckepack. Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter und ließ mich von ihm zurück in mein Zimmer tragen. Fest klammerte ich mich an seinen Rücken und sog seinen angenehmen Geruch in mich rein. Als wir an meinem Bett angekommen waren, ließ ich ihn nur zögernd los und legte mich wieder hin. Ich drehte ihm den Rücken zu und schloss die Augen. Er setzte sich an den Rand des Bettes und legte mir seine Hand auf die Schulter. Die Berührung beruhigte mich etwas. Ich hörte auf zu heulen und mein Atem wurde wieder ruhiger. „Was ist so schlimm daran, dass ich dir helfen will?“ Ich zögerte kurz und erklärte schließlich: „Ich...will mir nicht von meinem Mitbewohner helfen lassen. Ich will mir nur von meinem Freund helfen lassen. Doch der will mich nicht mehr...“ Kurz spürte ich noch seine Hand auf meiner Schulter. Dann stand er auf und ging schweigend aus dem Zimmer. Ich spürte wie mir erneut die Tränen kamen. Hemmungslos weinte ich mich in den Schlaf, und bemerkte nicht, dass Ray sich direkt vor meiner Zimmertür hinsetzte und meinem Schluchzen lauschte. Als Alec endlich schlief, stand Ray leise auf und kam etwas näher. Seine Augen waren ganz verquollen vor Tränen und sein Atem ging immer noch etwas abgehackt. Trotzdem schlief er endlich. Ray kniete sich an sein Bett und stützte sich an der Bettkante ab. Wie lange schaffe ich es wohl noch, mich so zurückzuhalten? Fragte sich Ray in Gedanken. Es kostete ihn ganz schön viel Überwindung Alec so auf Distanz zu halten. Doch er wollte nicht, dass es eines Tages einfach mit ihm durchging und er seinem Freund Dinge antat, die er selbst am eigenen Leib erfahren musste. Er wollte ihn zu nichts zwingen. Und er wusste genau, was passieren würde, wenn er ihn zu etwas drängte. Alec würde davon rennen. Und sich nie wieder zu ihm umdrehen. Als ich mitten in der Nacht aufwachte, bemerkte ich verwundert Ray, der neben mir an meinem Bett kniete und schlief. Er hatte die Arme auf der Kante verschränkt und sein Kopf lag darauf. Mir war zwar immer noch kalt, doch auch er fröstelte, dass sah ich ihm an. Also nahm ich meine Wolldecke vom Bett und hüllte meinen Freund damit ein. Er bewegte sich kurz, wachte allerdings nicht auf. Ich legte mich wieder hin und wickelte mich fester in meine zwei Decken. Dann schloss ich die Augen und schlief wieder ein. Am nächsten Tag fühlte ich mich schon wieder etwas besser. Ray machte blau um bei mir zu bleiben. Ich protestierte, als ich es bemerkte, doch er ignorierte mich und ging stattdessen in die Küche um neuen Kamillentee zu kochen. Was in dieser Nacht passiert war, erwähnte weder er noch ich. Dabei wusste er genau, was meine Geste bedeutet hatte. Und ich wusste genau, was es bedeutet hatte, dass er die ganze Nacht an meinem Bett gewacht hatte. Trotzdem kam es nicht zu Wort. Er machte mir neuen Tee und zwang mich eine weitere Tablette zu schlucken. Ich hasste Tabletten. Seit ich die Anti-Deprissiva abgesetzt hatte, versuchte ich mich immer davor zu drücken, Tabletten jeder Art einzunehmen. Doch er ließ nicht locker und schließlich schluckte ich das Ding. Er gab mir den Tee in die Hand und ich musste erneut in seiner Gegenwart zirka bis zur Hälfte die Tasse leeren. Er war wirklich nervig. Trotzdem beschwerte ich mich nicht. „Ray...“ fragte ich, als er mir die Tasse wieder aus der Hand nahm. „Was ist?“ entgegnete er und sah mich fragend an. Ich saß aufrecht in meinem Bett, mit drei Kissen im Rücken gestützt, während er auf der Bettkante saß und mir das Meditonsin auf einen Löffel gab. „Ist es nur, weil ich nicht mit dir Schlafen wollte? Willst du mich deshalb nicht mehr?“ Er zuckte leicht zusammen. Schweigen breitete sich aus. Schließlich schüttelte er mit dem Kopf. „Das ist es nicht. Ich habe Angst vor mir selbst. Deshalb halte ich mich von dir fern.“ Ich sah weg. „Das verstehe ich nicht.“ Meinte ich schließlich leise. „Hör zu. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann, zu warten. Ich habe Angst davor, das meine Gefühle mit mir durch gehen könnten, und ich dir Dinge antue, die du nicht willst.“ Erklärte er schließlich und drückte mir den Löffel in die Hand. Dann stand er auf und ließ mich allein. Etwas perplex und mit einen Schwall Meditonsin im Mund wollte ich ihn zurückhalten, doch er war schneller und verschwand aus dem Raum. Ich schluckte das Meditonsin runter und legte mich wieder hin. Ich versuchte noch ein bisschen zu schlafen, merkte allerdings schnell, dass an Schlafen im Moment nicht zu denken war. Seine Worte geisterten in meinem Kopf herum und ich dachte immer wieder darüber nach, wie ich ihn dazu bringen konnte, endlich diese blöden Sprüche, von wegen Mitbewohner, zu lassen. Wir waren schon lang keine Wohngemeinschaft mehr. Um es genau zu sagen: Bisher waren wir noch keine Minute lang einfach nur Mitbewohner gewesen. Die ganze Zeit über hatte unser Verhältnis immer mehr bedeutet, als das. Schließlich fasste ich einen Entschluss. Ich hatte nicht vor den braven Mitbewohner zu spielen. Ich würde lieber aufs Ganze gehen, statt zuzulassen, dass er mich einfach abschob, ohne meine Meinung dazu zu hören. Also setzte ich mich langsam auf und schwang meine Beine aus dem Bett. Vorher war er in der Küche verschwunden und müsste, soweit ich das mitgekriegt hatte, immer noch dort sein. Ich stellte mich langsam hin und griff nach meiner Jogginghose um nicht halbnackt vor ihm aufzutauchen. Dann tapste ich langsam zur Tür und wandte mich nach links. Kurz blieb ich im Türrahmen stehen und machte eine kleine Pause. Dann zwang ich mich dazu, weiter zu laufen und hielt mich am Türrahmen der Küche fest. Die Tür stand offen. Ray saß am Küchentisch und sah verwundert auf, als er meinen Schatten bemerkte. „Alec! Hast du sie noch alle. Geh wieder ins Bett.“ Meinte er und stand auf um zu mir zu laufen. Ich hob abwehrend die Hand und schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Lass mich. Ich habe dir was zu sagen.“ Etwas verwundert hielt er mitten in der Bewegung inne und ließ sich langsam wieder auf seinen Stuhl zurück sinken. „Um was geht es denn, dass du es mir nicht ganz normal vom Bett aus sagen kannst.“ „Halt die Klappe, okay? Das hier ist so schon schwierig genug.“ Etwas perplex wollte er zu einer Antwort ansetzen, hielt dann allerdings inne. Ich war leicht außer Atem und versuchte ruhig und gleichmäßig einzuatmen, um nicht mitten im Satz zu ersticken. „Also gut. Du sagst, du hast Angst davor, dass deine Gefühle mit dir durchgehen könnten. Ich habe Angst davor, dass du mich einfach allein lassen könntest. Das ist ziemlich scheiße. Deshalb wird wohl einer von uns auf den anderen zu gehen müssen. Und das bin ich. Ich habe keine Lust meine Gefühle verleugnen zu müssen, und den netten Mitbewohner zu spielen. Ich habe keine Lust Nächtelang wach zu liegen, und mich fragen zu müssen, ob du das alles wirklich ernst meinst. Ich will das nicht. Also gehe ich einen Schritt auf dich zu.“ „Ich glaube ich verstehe nicht ganz-,“ fing er an doch ich unterbrach ihn mit einem energischen Kopfschütteln. „Hör zu, Ray. Um Klartext zu reden. Vielleicht bereue ich meine Worte eines Tages, doch um ehrlich zu sein: Es ist mir lieber du zwingst mich, statt mich zu ignorieren und dich von mir fernzuhalten. Dieser zustand ist noch schlimmer als alles andere. Mach mit mir was du willst, aber lass mich nicht allein, klar? Ich will mit dir zusammen sein. Verstehst du das?“ Er zuckte erschrocken zusammen. Wie es schien, hatte er nicht damit gerechnet, dass ich meine Worte so ernst meinen würde. Dann schüttelte er mit dem Kopf. „Nein, Alec. Ich will dir nicht wehtun. Ich will dass du glücklich bist. Ich will dich nicht anrühren, wenn du es nicht willst. Deshalb geht es nicht.“ Er sah zu Boden. Ich schloss kurz die Augen. Eine Träne stahl sich durch meine Lieder. Ich atmete tief ein und entgegnete: „Es ist mir ernst, Ray. Mir ist es egal, ob du mir wehtust. Mir ist es egal, was du willst. Ich will dich. Hauptsache du bist bei mir. Momentan bin ich melancholisch und Krank. Da kann man nicht glücklich sein. Doch wenn du bei mir bist, dann geht’s mir sofort besser. Ich brauche dich, Ray. Lass mich jetzt nicht hängen.“ Wieder zuckte er leicht zusammen. Dann stand er auf. Ich zitterte und spürte, wie meine Beine nachgaben. Ich konnte mich nicht mehr aufrecht halten. Kurz bevor ich auf dem Boden ankam, fing Ray mich auf und hielt mich fest. Dankbar ließ ich mir von ihm aufhelfen. Er brachte mich zurück in mein Zimmer, doch ich riss mich los, als er mich wieder ins Bett drücken wollte. „Nein. Lass mich. Ich will erst eine Antwort.“ Er sah weg und biss die Zähne zusammen. Abwartend sah ich ihn an. Doch ich erkannte schon an seiner Haltung dass er nicht mit mir zusammen sein wollte. Ich sah zu Boden. Es machte mich traurig. Schließlich ging ich ein paar Schritte auf ihn zu und griff nach seiner Hand. Ich zog ihn etwas näher zu mir und vergrub meine Rechte in seinem Nacken. Dann zog ich ihn zu mir herunter und gab ihm einen heißen Zungenkuss. Seine Hand, die ich immer noch hielt führte ich langsam zu meinem Hosenbund. Ich drückte sie leicht gegen meinen Bauch und ließ sie dann los um meine andere Hand ebenfalls in seinem Nacken zu verschränken. Er ließ seine Hand dort liegen und zog mich ein Stück näher zu sich. Ich küsste ihn erneut und ließ meine Hände nach unten wandern. Langsam öffnete ich seinen Gürtel und öffnete den Knopf. Dann zog ich den Reisverschluss nach unten und ließ mich auf die Knie fallen. Ich zog seine Hose ein Stück runter und griff dann nach seinen Boxershorts. Er stöhnte leise als ich ihm sanft über sein Glied fuhr. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu sammeln. Wie oft hatte ich das bei meinem Vater tun müssen, kam es mir in den Sinn. Ich hatte sein Gesicht vor mir, spürte schon förmlich das Messer an meiner Kehle, um mich daran zu hindern, einfach rein zubeißen. Wie in Trance machte ich mich an Raymonds Boxershorts zu schaffen. Plötzlich spürte ich wie er seine Hände sanft auf meine legte und sie wegnahmen. Ich registrierte dass mir die Tränen die Wangen runter liefen. Er ließ sich ebenfalls auf die Knie fallen und küsste sanft meine zitternden Hände. Ich schloss die Augen und versuchte mein Zittern zu unterdrücken. Ich verkrampfte mich in seine Hände und wollte ihn nicht mehr loslassen. Wenn er jetzt gehen würde, würde er mich nie wieder anrühren, ging es mir durch den Kopf. Ich durfte ihn jetzt nicht gehen lassen. „Tut mir leid. Das war albern von mir. Einfach anzufangen zu heulen.“ Sagte ich und versuchte zu lächeln. Es misslang mir etwas und ich ließ seine linke Hand los und mir kurz über das Gesicht zu wischen. Er sah mich besorgt an. „Alec...ich.“ begann er doch ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein...ich will es nicht hören. Ich weiß schon...du willst mich nicht...stimmt´s?“ Er schloss die Augen. Nach einer kurzen Pause schüttelte er schließlich mit dem Kopf. „Nein Alec. Das stimmt nicht. Ich will bloß nicht, dass du Dinge tust, zu denen du dich zwingen musst. Ich will nicht, dass du es nur tust, weil ich es will...“ Ich hob den Kopf. „Es tut mir leid...ich...weiß auch nicht warum-.“ Begann ich, doch er legte mir seinen Finger auf die Lippen. „Halt die Klappe, Alec. Ist schon okay. Ich weiß, was du sagen willst.“ Wieder schwiegen wir. Er nahm seine Hand weg und ich starrte auf unsere Hände, die immer noch fest ineinander verschränkt zwischen uns baumelten. Schließlich hob ich den Kopf und sah ihn zögernd an. „Was jetzt?“ fragte ich leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)