Celestin - Leid und Sinnlichkeit von LadyYazoo ================================================================================ Der Kuss des Vampirs -------------------- - Der Kuss des Vampirs - Er war so wunderbar! Oft liebte er mich mit all seiner Leidenschaft, und hin und wieder gab er mir einen seiner stechenden Küsse. Er tat das jedes Mal mit einer unglaublichen Verzückung. Mein Blut zu kosten war für ihn anscheinend die größte Befriedigung. Es gefiel mir, so wie mir alles an ihm gefiel. Es war auch nichts Schlimmes dabei, denn meine Bisswunden verheilten jedes Mal so unglaublich schnell. Irgendwann kam ich dahinter, wie er die Wunden verheilen ließ. Er tat es mit einer winzigen Menge seines eigenen Blutes. Es wirkte Wunder! Verstehen konnte ich es nicht. Wie auch, wenn es Magie war. So wie auch all die anderen Wunder Lafertés, nahm ich naiver Weise auch dieses als gegeben hin. Luise berichtete ich schon sehr bald nichts mehr von diesen Wundern, denn sie belächelte meine augenscheinlichen Phantastereien doch nur. „Kein Mensch kann das“, sagte sie. „Doch, Laferté kann es!“, beharrte ich. Luise war meine beste, weil einzige Freundin; ich liebte sie. Es muss für sie ein besonderes Vergnügen gewesen sein, wenn ich ihr zu Füssen lag, wenn ich ihr junger, naiver Geliebter war. Vormittags waren wir fromme Kirchengänger und nachmittags frönten wir der Lust, wann immer uns danach war. Wir hatten das ganze Haus nur für uns allein, denn der Hausherr war ja am Tage nicht anwesend. Nie war er es! Ich fand es unglaublich spannend, wenn wir zwei uns in Lafertés Schlafgemach zurück zogen – wir machten das nicht oft, denn es war ihr unheimlich – und uns auf seinen duftigen Decken austobten. Ich war ihr williger Schüler. Tatsächlich war sie um einiges älter als ich, aber was machte das? Sie konnte mir so einiges beibringen. Es kam jedoch, wie es wohl kommen musste, da wir uns so oft in Lafertés Zimmer liebten. Luise und ich schliefen ein. Wir lagen aneinander gekuschelt in seinem Bett und vergaßen die Zeit. Ich träumte von Laferté – wenn ich in seinem Bett schlief, tat ich das oft – denn sein erdiger Geruch steckte noch im Bettzeug. Ich erwachte, blickte benommen auf und sah zuerst auf die etwas unheimlichen Gemälde an der Wand. Es waren Portraits von drei jungen Menschen, einer Frau und zwei Männern. Alle bildschön und exotisch gekleidet. Mein Portrait, von Laferté persönlich gemalt, hing gleich daneben. Die anderen waren Geschöpfe über die Laferté nicht sprach; aber darüber später mehr. Luise schlief weiter; ihr nackter Körper schmiegte sich an mich und wärmte mich. Nur langsam wurde mir bewusst, dass es schon sehr spät war; es war dunkel geworden. Ich schreckte auf. Als ich zur Tür sah, stand Laferté dort, die Arme verschränkt, und sah mich mit geduldigem, jedoch hartem Blick an. Es hatte ganz den Anschein, als hätte er dort schon längere Zeit gestanden. Ich war ziemlich erschrocken über seine Anwesenheit. Ich rückte von Luise fort und plumpste dabei unsanft hinter das Bett, sprang aber wieder auf und fing an, etwas Unsinniges zu stammeln. Er hörte meinen sinnlosen Worten geduldig zu. Dann regte er sich endlich, ging zum Bett, um Luise mit einem Laken zu bedecken und sie nach unten zu tragen. Sie erwachte dabei nicht, so behutsam trug er sie. Als er zurückkam, stand ich noch wie zuvor da, ich hatte mir lediglich ein weißes Laken um die Lenden gebunden. Ich wusste noch immer nicht, was ich sagen sollte, es war mir so peinlich, was ich in seinem Bett getan hatte. Laferté sah mich nicht an. Er sagte nichts, sondern setzte sich auf einen Stuhl, nahm ein Buch und blätterte in den Seiten. Er ließ mir genügend Zeit, mir eine Ausrede einfallen zu lassen; doch wozu eine Ausrede, unsere Position war eindeutig. „Herr...“, begann ich fast flüsternd, „... bitte verzeiht mir.“ Mehr fiel mir einfach nicht ein. Laferté blickte zu mir auf, sein Blick war unverändert hart und tadelte mich zur Genüge. „Was soll ich dir verzeihen? Dass du ein unanständiger Engel bist?“, fragte er mich bitter. „Ich bin nur so, wie Ihr mich erzogen habt!“ Ich fiel in seinen Schoß. ‚Er würde mich jetzt prügeln, für meine frechen Worte’ dachte ich. Ich war bereit. Er war aufgestanden. Seine Hand kam auf mich zu. Dann begann er jedoch mein Haupt zu streicheln. Seine Berührungen waren zwar sanft, aber seine Stimme noch immer hart, als er sagte: „Nimm deine Bestrafung entgegen.“ Er zog mein Gesicht sanft zu seinem hinauf. Ich sah wie seine Lider sich genüsslich und langsam schlossen, dann neigte er seinen Kopf zur Seite und umfing mich mit beiden Armen. Ich spürte den mir schon so vertrauten Biss. Ich seufzte. Ah, welch eine köstliche Bestrafung war dies! Laferté hatte mich offenbar hochgehoben, denn ich spürte den Boden nicht mehr unter meinen Füßen. Ich hörte das Glucksen in seiner Kehle, als er von mir trank. Er hörte gar nicht mehr auf. „Ist das meine Strafe?“, fragte ich mit zitternder Stimme. „Nein.“ „Gut, denn ich sterbe gerade.“ Ich versuchte bei Bewusstsein zu bleiben und sammelte all meine Kräfte, um sprechen zu können. „Ich wusste, Ihr liebt mich so sehr, dass Ihr mich nicht zur Strafe tötet.“ Seine Antwort war: „Nur aus Liebe Celestin, nur aus Liebe.“ Ich glaubte zu schweben, als würde er mich mit sich hinauf ziehen. Das Zimmer entfernte sich immer weiter von mir. Der ganze Raum wurde hell und immer heller, bis er in einem gleißenden Licht erstrahlte, als würde er in Flammen stehen. Ich glaube, ich sagte zu Laferté: „Sieh nur! Wir brennen!“ Ich hatte einen grässlichen Ton im Ohr. Er war schrill, doch bei meinem Kampf, am Leben zu bleiben, bedeutungslos. In den Portraits an der Wand glaubte ich jetzt meine Eltern zu erkennen – mich neben meinen Eltern – und in dem vierten Portrait, ein unglaublich lebendig wirkender Laferté, der jetzt seine Arme nach mir ausstreckte und mich in das Gemälde locken wollte. Das alles waren die Symptome meines Blutverlustes. In Lafertés tödlicher Umarmung hatte ich das Gefühl, als würde ich mit ihm verschmelzen. Er war so viel wärmer als ich. Ich brauchte jetzt seine Wärme, um nicht zu erfrieren. Hätte er mich nicht so beharrlich gehalten, wäre ich einfach zu Boden gefallen und hätte mich nicht mehr aus eigener Kraft erheben können. „Ich sterbe“, ließ ich ihn noch einmal wissen. Ich weiß nicht, ob ich das tatsächlich sagte, oder nur dachte. Ich glaubte jetzt zu verstehen: Die fremden Personen auf den Gemälden, neben denen auch ich nun hing, waren seine Opfer. So wie ich nun sein Opfer sein würde! Ich konnte diesen plötzlichen Gedanken jedoch nicht festhalten. Mein Kopf ruhte auf seiner Schulter und meine Arme hingen schlaff herab. Ich vernahm Lafertés Stimme, aber sie war so weit entfernt, dass ich ihre Worte nicht verstand. Er schüttelte mich leicht, und dann fühlte ich seine warme Hand an meinem Kinn. ‚Es ist zu spät, mich zurück zu rufen. Ich sterbe schon’ dachte ich. Seine Entscheidung, mich nun doch nicht sterben lassen zu wollen, kam wahrlich zu spät für mich! Mit den Fingern an meinem Kinn, lenkte er meinen Mund gegen seinen Hals. Meine Lippen wurden gegen sein Fleisch gedrückt, oder vielleicht geschah es auch durch meinen eigenen Willen. Mit seinem Fingernagel, hatte er sich selbst eine tiefe Wunde zugefügt. Nichts fehlte mir mehr, als diese Flüssigkeit, die nun in meinen Mund floss. Ich hatte fast aufgegeben, doch dieser Strom hielt mich am Leben. Ich saugte an ihm, und Laferté streichelte leise stöhnend meinen Kopf, während er mich noch immer im Arm hielt. „Trink, soviel wie du kannst, das ist wichtig, und kümmere dich nicht um mich“, hörte ich ihn, mit meinen zurückkehrenden Sinnen. Ich hörte ihn erleichtert seufzen und, „haaa ja, ich liebe dich... mein Kind vom Himmel“, sagen. Seine Stimme zitterte, während er sprach, und dabei drückte er mich fest an sich. Er war so stark! Ich trank so viel von ihm, und obwohl er schon ganz kalt wurde, stand er noch immer und hielt mich. Er legte mich schließlich auf sein Bett nieder. Ich sah mit ungläubiger Faszination zu ihm auf, denn ich konnte kaum glauben, wie zauberkräftig sein Blut war. Es hatte mir meine ganze Kraft zurückgegeben. Laferté saß bei mir am Bett und küsste mich immer wieder. Völlig unvorbereitet traf mich plötzlich ein heftiger Schmerz. Es war, als würden meine Organe sich verkrampfen. Ich fühlte mich schlechter als je zuvor; unmöglich, solche Schmerzen zu überleben! Laferté hielt nur meine Hand fest und kümmerte sich nicht um meine Schmerzen; dabei lag ich gerade im Sterben! Aber auch das ging vorüber. Ich starb in jener Nacht, dort in Lafertés Bett, und dennoch lebte ich weiter. Mit diesem Ereignis wurde alles anders für mich, mir erschien alles klarer, alles schöner, alles bedeutungsvoller. Laferté bedeutete mir aufzustehen. Ich begab mich auf meine Füße, und sogleich musste ich Laferté fragen: „Was bedeutet das alles?“ Er reichte mir seine Hand, ohne ein Wort zu sagen. Wir gingen lautlos die Treppe hinab und sahen nach Luise, die noch immer friedlich auf einem Diwan schlief. Dann verließen wir das Haus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)