Schwarzer Drache: Geisterdrache von abranka (Schwarzer Drache IV) ================================================================================ Kapitel 72: 72. Bald -------------------- Dast musterte die Gefangene über den Rand seiner Zeitung. Hitomi Farnel. Wenn es eine Frau gab, die es auf Gaia zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hatte, dann sie. Vom Mond der Illusionen stammend, alle Standesgrenzen überschreitend war sie Königin geworden – und kämpfte diesen ziemlich aussichtslosen Kampf. Der alternde Soldat musste sich eingestehen, dass er einen gewissen Respekt für sie hegte. Immerhin kämpfte sie. Nicht wie er, der er schon längst aufgegeben hatte... Er seufzte leise. Aber was konnte er schon tun? Er war nur hier und schob Wache. Als Kindermädchen sozusagen. Wie er das hasste! Wie er diesen verdammten arkadischen Idioten hasste, der sich Kaiser schimpfte! Hatte er das jetzt wirklich gedacht? Nun, es schien so – und beruhigenderweise konnte man ihn für Gedanken nicht bestrafen. Ansonsten säße er jetzt nicht mehr hier... Sein Blick wanderte wieder über Hitomi, die zusammengekauert auf der Pritsche hockte. Verdammt, er wünschte sich, dass sie gewann. Dann würde wenigstens dieses erbärmliche Kerkerdasein ein Ende haben. „Es wird Zeit...“ Tassilo hatte sich mittlerweile wieder gefangen. Sein Blut schien zu kochen, aber nach außen hin war er ruhig. Er würde dieses dumme Menschenmädchen bestrafen. Sie würde sie alle sterben sehen – und erst als Letzte würde sie ihren letzten Gang hinter sich bringen. Den auf seinen Altar, um ihm ihre besondere Kraft zu geben. Der rothaarige Mann lächelte leicht. Sayuri schenkte ihm einen unsicheren Blick. Seit sich ihr zukünftiger Gatte wieder in der Gewalt hatte, war er ihr unheimlicher als je zuvor. Er war still und brütete doch vor sich hin. Und wenn sie sich nicht sehr täuschte, dann waren das keine besonders positiven Gedanken. Eher das Gegenteil. Wahrscheinlich sann er darüber nach, wie er Hitomi umbringen würde... Verdammt! Sie ist meine einzige Chance! Ohne sie... Sayuri schluckte leicht. Sie hatte Angst. So große Angst, dass sich ihr die Kehle zuschnürte und sie nicht mehr klar denken konnte. Wenn diese verdammte Eheschließung nicht verhindert werden würde, dann würde sie Tassilos Spielzeug sein. Etwas, das ihr mittlerweile so absolut nicht mehr erstrebenswert erschien. Na gut, am Anfang, da war er verlockend. Ein Kaiser, ein erwachsener, mächtiger Mann und kein solch ein Bübchen, wie sie in ihrer Schule herumliefen. Und noch dazu schien er auf der richtigen Seite zu stehen – auf der Seite der Gewinner. Aber jetzt... Sie wollte kein verdammtes Wegwerfspielzeug sein – und keine Gebärmaschine! Gerade letzteres schien es doch zu sein, was er wollte... Sayuri strich sich die Haare aus dem Gesicht. Ein bohrender Blick richtete sich auf sie. „Es wird Zeit,“ wiederholte Tassilo ungeduldig. Sie blickte ihn fragend an. „Die Hochzeit – lass dich ankleiden.“ Mit einer leichten Handbewegung schickte er sie fort. Unsicheren Schrittes folgte sie den beiden Soldaten, die sie in ihr mittlerweile wieder hergerichtetes Quartier zurückführten. Es war also bald so weit. Und sie würde nicht entkommen können. Bisher hatte sie sich immer aus Schwierigkeiten herauswinden können, aber dieses Mal? Dieses Mal sah es ganz und gar nicht danach aus... Das Luftschiff legte an der fliegenden Festung an. „Los, aufstehen!“ Grobschlächtige Soldaten zerrten die Gefangenen aus dem Frachtraum heraus. „Hey!“ knurrte Van ungehalten, als jemand Alexander brutal hinter sich herschleifte. Der junge Mann konnte sich nicht auf den Beinen halten. Noch immer geschwächt konnte er nur darauf achten, so wenig von den Wänden, Türen und ähnlichem abzubekommen. Für seine vorlaute Bemerkung erhielt der König von Farnelia nur einen kurzen Schlag zwischen die Schulterblätter und wurde weiter vorwärts geschubst. Kaum waren sie auf dem Landedeck angekommen, wurden sie getrennt. Die Gruppe um Allen wurde sofort in die tiefen der Festung gebracht, während Van, Laures und Alexander zurückblieben. „Wo bringt Ihr sie hin?“ Van warf sich ungehalten gegen die Wächter, die ihn festhielten. „Weg – sie werden noch nicht gebraucht.“ Ein Soldat mit grau meliertem Haar antwortete ihm knapp und kurzangebunden. „Die Frauen da hinten noch,“ befahl der Mann noch im gleichen Atemzug und deutete auf Auriana und Lauria. „Und die Kinder.“ Die Zwillinge Vargas und Varie wurden den Frauen kurzerhand in die Arme gedrückt. Diese wurden daraufhin zu den anderen Gefangenen gebracht. „Wir haben keine Zeit zu verlieren – seine Majestät wartete bereits ungeduldig auf seine Gäste.“ Auriana drückte Vargas sanft an sich und schritt gehorsam aus. Sie passte sich dem Tempo an, um möglichst wenig von den Grobheiten der Soldaten zu spüren zu bekommen. Es war also so weit – sie würden ihm gegenüber treten müssen. Es war definitiv nicht Tassilo, der ihr Sorgen machte. Nein, dieser Mann machte ihr keine Angst. Höchstens etwas Sorge. Vor dem Manticor fürchtete sie sich. Und die Tatsache, dass die Verbliebenen um sie herum alle die Gene des Drachen oder des Manticor in sich trugen, sorgte nicht gerade dafür, dass sie sich wohler fühlte. Im Gegenteil. Sie hatte das Gefühl, dass ihnen schon sehr bald etwas Schreckliches bevor stand. Etwas Großes – und Schreckliches. „Los, beweg dich!“ Die Tür zu der Zelle wurde aufgestoßen und ehe Hitomi richtig begriff, was los war, hatten sie schon zwei Paar Hände gepackt, von der Pritsche hochgehoben und aus dem Kerker geschleift. Sie fing noch kurz einen Seitenblick des wachhabenden Soldaten Dast auf, in dem sie so etwas wie Hoffnung lesen konnte, dann war der Moment auch schon vorbei und sie fand sich auf dem Gang wieder. Beständig geschubst stolperte sie den düsteren Gang entlang. Wohin brachte man sie? Sie wollte nachfragen, doch als sie in die Gesichter der beiden Soldaten spähte, entschied sie sich doch lieber dagegen. Die beiden sahen bedingt gesprächig aus – und noch mehr Schubser brauchte sie wirklich nicht. Es war ja so schon schwierig genug für sie, auf den Beinen zu bleiben und das Tempo zu halten, das von ihr verlangt wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)