Schwarzer Drache: Geisterdrache von abranka (Schwarzer Drache IV) ================================================================================ Kapitel 67: 67. Unterwegs ------------------------- „Herr.“ Bayliss verneigte sich vor dem Thron und hielt den Kopf weiterhin gesenkt. „Berengar hat gemeldet, dass der Angriff ein voller Erfolg war. Es wurden alle Personen gefangen genommen, die Ihr hier zu sehen wünscht.“ Tassilo nickte nur stumm. Es war also bald so weit... Er konnte sich rächen – und die Kinder des Drachen endlich töten. „Und Herr... Eure Braut wünscht Euch zu sehen.“ sprach Bayliss langsam weiter. Tassilo hob den Kopf. Seine Augen leuchteten seltsam dunkel und schienen fast wie schwarze Löcher aus unendlicher Dunkelheit. „Meine... Braut.“ Tassilos Stimme klang dumpf und düster. Sie war deutlich tiefer als zuvor. Die Worte kamen ihm seltsam über die Lippen. Verwirrt sah Bayliss auf. Als ihn der Blick aus den bodenlosen Augen seines Kaisers traf, zuckte er zusammen. Ein Schauer rann ihm über den Rücken. Natürlich hatte er den Diktator vorher schon gefürchtet, aber jetzt... Jetzt umgab ihn eine Aura solcher Dunkelheit und Gefahr, dass Bayliss trocken schlucken musste. „Bring mich zu ihr.“ Der Kaiser stand von dem Thron auf und schritt die Treppen hinunter. Seine Bewegungen waren seltsam – meist ging er katzenhaft geschmeidig, doch manchmal schien er auch ins Stolpern zu kommen. Einen Moment lang war Bayliss versucht, sich nach dem Befinden seines Kaisers zu erkundigen, doch gerade rechtzeitig kam ihm in den Sinn, was Tassilo wohl mit ihm anstellen würde, wenn er dessen Gesundheitszustand anzweifeln würde. Der General schluckte hart. Er würde schweigen – aber seine Gedanken konnte ihm niemand nehmen. Das arkadische Luftschiff mit den Gefangenen näherte sich langsam aber sicher der fliegenden Festung ihres Kaisers, doch noch waren sie eine halbe Tagesreise entfernt. Die männlichen Gefangenen hatte man in einem separaten Teil des Frachtraums untergebracht. Man hatte Ketten an die Wände geschweißt und die männlichen Gefangenen damit gefesselt. Die Frauen und Kinder waren in anderen Quartieren untergebracht worden. Van hatte sich gegen die Wand gelehnt und brütete vor sich hin. Er machte sich Vorwürfe, nicht auf Aurianas Ratschläge gehört zu haben. Ja, wenn er die Rebellen hätte evakuieren lassen, dann könnten sie vielleicht noch leben... Ja, sie würden noch leben! „Van, hör auf,“ sagte Allen, der neben dem farnelianischen König angekettet war, leise. „Es bringt nichts, wenn du dir Vorwürfe machst.“ Van blickte den Freund verblüfft an. „Wie... Wie kommst du darauf?“ „Dein Gesicht ist ein offenes Buch,“ gab der blonde Ritter trocken zurück. „Oh...“ Der schwarzhaarige Mann senkte den Blick. „Es ist... Auriana hat mich gewarnt... Wenn ich auf sie gehört hätte, dann... Dann hätten wir fliehen können...“ „Wirklich?“ mischte sich nun Alexander ein, der mehr schlecht als recht an seinen Fesseln baumelte. Trotz aller Kraft, die ihm der schwarze Drache übertragen hatte, fühlte er sich müde und erschlagen. Dauernd dröhnte ihm der Kopf und er hatte das dumpfe Gefühl, dass er sich irgendetwas eingefangen hatte. Zumindest hatte er den Eindruck, dass er etwas in sich trug. Wie Recht er damit hatte, ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. „Wäre es uns möglich gewesen so schnell zu verschwinden? Wann hat dich Auriana gewarnt? Am frühen Abend?“ Er lachte spöttisch und musste einen Augenblick später husten. Seine Lungen brannten. „Beruhige dich, Alexander,“ meinte Laures bestimmt. Fast teilnahmslos hatte Vans Sohn die letzten Stunden an der Wand gelehnt und noch nicht einmal probeweise an seinen Ketten gezerrt. Seine schwarzen Augen wanderten von Alexander zur Van. „Vater, die Dinge mussten so kommen. Du trägst keine Schuld. Es ist geschehen, was geschehen musste. Und es wird weiterhin geschehen, was geschehen muss...“ Seine dunkle Stimme klang seltsam prophezeiend. „Du sprichst in Rätseln,“ knurrte Van ungehalten. „Das ist eben meine Art.“ Laures lächelte ihn sanft an. Sein Blick wurde leer, als er fortfuhr: „Wir sind unterwegs, um unsere Bestimmung zu erfüllen. Alles wird Sinn machen...“ Die anderen lauschten Laures’ dumpfer Stimme mit einem Gefühl der Verwirrung. Was für den jungen Mann mit den langen schwarzen Haaren eindeutig war, ergab für sie keinen Sinn. Tassilos Schritte wurden mit jedem Meter, den er zurücklegte, sicherer. Langsam gewann der Manticor ein besseres Gefühl für seinen neuen Körper. Wütend und unruhig durchwühlte er die menschlichen Synapsen nach verbliebenen Erinnerungen des rothaarigen Mannes. Die Worte von seinem Untergebenen über eine Braut hatten ihnen vollkommen überrascht. Ob er den Charakter Tassilos angemessen wiedergab oder nicht, war ihm herzlich egal. Aber jetzt, wo er an diese menschliche Gestalt gebunden war, waren einige seiner Fähigkeiten eingeschränkt. Er war verwundbar und seine Sinne waren deutlich schwächer geworden. Er schnaubte unwillig. Irgendwie waren bei der Übernahme des Körpers doch alle Erinnerungen des Menschen verloren gegangen. Nun gut, dann würde es eben so gehen. Tassilo hob stolz den Kopf und schenkte Bayliss, der ihn auf dem Augenwinkel beobachtete, einen herablassenden Blick. „Wir sind da, Herr.“ Bayliss verneigte sich und deutete auf die Tür, vor der sie nun angekommen waren. Zwei Wachen standen rechts und links neben der Tür. Tassilo nickte nur stumm. Die Tür sprang auf und er trat ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)