Schwarzer Drache: Geisterdrache von abranka (Schwarzer Drache IV) ================================================================================ Kapitel 57: 57. Verhallende Warnung ----------------------------------- Schweigend stand Auriana in der Menschenmenge und sah zu, wie Van, Allen und Louvain begrüßt wurden. Als sie Vans Verletzungen sah, erschienen tiefe Sorgenfalten auf ihrer Stirn. Natürlich... Du hast wieder kein bisschen auf dich selbst geachtet, nicht wahr? Alles was für dich zählte, war Hitomi... Ein leiser Seufzer kam über ihre Lippen. Aber das ist gut so. Gut so. Gut so... Fast schien es ihr, als wenn sie sich selbst davon überzeugen wollte. Aufmerksam sah sie zu, wie Van von Milerna schließlich unter lautstarken Protesten ins Lazarett gebracht wurde. Nachdenklich glitt ihr Blick über die Rebellen und sie fragte sich auf einmal, wie lange es noch so ruhig bleiben würde. Wie lange es noch dauerte, bis der Sturm los ging. Dass dies hier alles die Ruhe vor dem Sturm war, daran zweifelte sie auf einmal kein bisschen. Etwas würde geschehen. Und zwar bald. Vielleicht konnte sie Schlimmeres verhindern, nur: Wer würde ihr glauben? Ihr Mund verzog sich zu einem traurigen Lächeln. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie es offenbar verdient hatte. "Beruhige dich, Mutter," sagte eine dunkle Stimme hinter ihr. Auriana musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es ihr Sohn Laures war, der sprach. Genauso wenig musste sie sich umdrehen, um zu wissen, dass seine Schwester neben ihm stand. "Die Dinge gehen den Lauf..." erklang auch schon Laurias helle Stimme. "...den sie gehen müssen," vervollständigte Laures. So langsam hatte sich die saryanische Prinzessin an den ewigen Wechselgesang ihrer Kinder gewöhnt, dennoch besaß er immer wieder etwas befremdliches. Er hatte den Klang einer Prophezeiung und das gefiel ihr nicht. "Vielleicht," gab sie brüsk zurück. "Aber man kann eine Änderung wenigstens versuchen!" Damit rauschte sie Richtung Lazarett davon. "Sie wird scheitern," stellte Lauria trocken fest und schmiegte sich enger in Laures' Arm. "Zweifellos." Auriana stand unschlüssig in der Tür zum Lazarett. Ivory saß dort drinnen an Alexanders Bett. Der junge Mann war immer noch nicht wieder zu Bewusstsein gekommen und Prinzessin Milerna konnte auch weiterhin nicht sagen, wann dies möglicherweise der Fall sein konnte. Ja, sie wusste immer noch nicht genau, ob Vans Neffe überhaupt überleben würde. Auf dem Lager neben Alexander lag König Van von Farnelia. Seine Augen waren geschlossen, die Stirn und sein nackter Oberkörper bandagiert. Das rechte Hosenbein war abgeschnitten und das Bein darunter ebenfalls von einem Verband bedeckt. Auriana musste unwillkürlich schlucken. "Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht," sagte Milerna hinter ihr plötzlich. "Es sind nur Schrammen und Prellungen. Nichts lebensgefährliches." Die Prinzessin mit den violetten Augen schenkte Auriana ein freundliches Lächeln. "Danke." Auriana lächelte unsicher zurück und trat dann schließlich zögernd an Vans Bett. Als sie sich auf der Bettkante niederließ, öffnete der junge Mann die Augen und sah sie an. "Hey..." sagte er leise und bemühte sich einigermaßen zuversichtlich zu lächeln. Er war müde und erschöpft, doch gleichzeitig interessierte es ihn auch, was Auriana zu ihm geführt haben mochte. In ihren Augen stand ein besorgter Ausdruck, den er von ihr nicht kannte. "Van... Etwas wird geschehen... Es ist... Die Ruhe vor dem Sturm sozusagen," begann Auriana langsam und brach schließlich wieder ab. Sie fand einfach nicht die richtigen Worte, um auszudrücken, was ihr im Kopf herumging, was sie spürte. "Was meinst du?" Stirnrunzelnd setzte sich Van auf. "Etwas wird geschehen. Ich weiß nicht genau was, aber ich spüre es. Etwas schreckliches." Auriana hielt inne und sammelte ihre Gedanken. Dann sprach sie weiter. "Als ich vorhin bei den anderen in der Eingangshalle stand, da habe ich es gespürt. Das Gefühl, als wenn ich viele nie wieder sehen würde. Als wenn es das letzte Mal war, dass sie so friedlich zusammen kamen. Etwas wird geschehen, Van. Wir sind hier in akuter Gefahr. Wir müssen fort!" Jetzt hatte sie ausgesprochen, was sie als einzige Lösung sah. Van ließ sich mit einem leisen Seufzer in das Kissen zurücksinken und starrte zur Decke empor. "Das können wir nicht, Auriana. Wo sollen wir denn hin? Wohin?" Er lachte heiser. "Was auch immer du spürst, was auch immer auf uns zukommen mag, wir müssen es wohl oder übel durchstehen. Aber du..." Er hob den Kopf wieder und sah ihr direkt in die Augen. "Du kannst gehen. Dies hier war" - mit einer Handbewegung umfasste er kurzerhand die Gesamtheit ihrer dürftigen Rebellion - "nie dein Plan und er ist es auch jetzt nicht. Es wird dich niemand aufhalten. Rette dich, Auriana. Das ist mein Ernst." Die blonde Prinzessin schwieg und lächelte Van schließlich schwach an. "Du hast Recht, es war nie mein Plan. Aber ich werde nicht davonlaufen. Ich werde an eurer Seite bleiben, an deiner Seite." Damit stand sie auf und verließ den Raum. Nachdenklich sah Van ihr nach. Sie hat sich verändert... Sie ist...gewachsen... "Glaubst du ihr?" Ivorys Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Die Wolfsfrau blickte zu Van hinüber und in ihren roten Augen stand tiefe Sorge. "Ja," antwortete er schlicht. "Aber wir können nichts tun. Eine Evakuierung würde zu lange dauern und uns zu einer leichten Beute machen. Wir können nicht fort. Wir können nur dem ins Gesicht sehen, was auf uns zukommt." Er musste husten und griff nach einem Glas Wasser. "Beruhige dich, Ivory. Wir werden es schaffen. Wir müssen einfach." Van versuchte zuversichtlich zu sein, doch er war sich nicht sicher, ob ihm das gelang, denn er war sich selbst viel zu unsicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)