Schwarzer Drache: Geisterdrache von abranka (Schwarzer Drache IV) ================================================================================ Kapitel 45: 45. Hinter einem Schleier ------------------------------------- Für einen Sekundenbruchteil war Van versucht, Auriana nachzugeben, ihr, ihren fordernden Lippen und ihrem angenehm warmen Körper. Doch zeitgleich drängte sich ihm Hitomis Bild vor Augen und er schob Auriana rüde von sich. "Lass das..." Er wollte diese Worte hinausschreien, doch seine Stimme klang leise, rau und belegt. "Bist du sicher?" fragte Auriana und lächelte Van an. Gleichzeitig legte sie den Kopf auf kokette Art schief. Das lange, goldblonde Haar fiel ihr in leichten Wellen über die Schultern und es war auch in dem Dämmerlicht nicht zu übersehen, dass die saryanische Prinzessin nur einen Hauch von Nichts trug. "Ja, verdammt noch mal!" Van hatte seine Stimme endlich wieder in der Gewalt. Mit weichen Knien stand er auf und entfernte sich etwas von dem Bett. "Warum bleibst du denn dann noch hier?" raunte Auriana. "Warum gehst du dann nicht?" "Weil ich hergekommen bin, um mit dir zu reden! Was wir bis gerade ja auch getan haben, bis du auf irgendwelche komischen Ideen gekommen bist." Empört blickte der junge Krieger die Prinzessin an. "Jetzt tu mal nicht so..." murrte sie, griff hinter sich und zog sich eine Decke über die Schultern. Mit unverhohlener Erleichterung registrierte Van diese Geste. Sie ließ also von der ,Jagd' und ihren Verführungsversuchen ab. "Ich tu nicht nur so! Verdammt noch mal, Auriana! Ich bin glücklich verheiratet!" "Ja - oder mit ein wenig Pech verwitwet..." "Wie meinst du das?" Vans Gesicht war schlagartig aschfahl geworden und seine Knie begannen unkontrolliert zu zittern. "Was hast du gesehen?" "Nichts... Das ist es ja gerade! Ich sehe Hitomi nicht! Van, um mein Verhalten bei der Beschwörung wieder gut zu machen, habe ich versucht, deine Frau zu erreichen. Aber da ist nichts! Ein undurchdringlicher Schleier liegt über uns. Und nicht nur über uns, sondern über ganz Gaia! Das kann nicht mehr durch Drache oder Manticor bewirkt sein - etwas Größeres ist dem Spiel beigetreten..." In Aurianas Gesicht war die Verwirrung unübersehbar. Van überlegte einen Moment und wartete, bis er sich wieder gänzlich in der Gewalt hatte. Danach fragte er: "Und Hitomi? Lebt sie noch?" "Vielleicht, vielleicht auch nicht... Mir - uns! - ist der Weg über die Traumebene versperrt. Nur noch die Mächtigen können ihn beschreiten..." erwiderte die Prinzessin langsam. "Und das sind Drache und Manticor. Und dieses mysteriöse Wesen..." vervollständigte Van und sein Gesicht verfinsterte sich. "Es stellt sich nur die Frage, wer mächtiger als diese beiden Erzfeinde ist..." murmelte Auriana leise. Hitomis Schwert kam weniger zum Einsatz, um die beiden Frauen gegen wilde Tiere und arkadische Soldaten zu verteidigen, sondern es wurde vielmehr zweckentfremdet, um ihnen einen Weg durch das dichte und dornige Unterholz zu bahnen. Irgendwann war der Wildwechsel immer schmaler geworden und letztlich vollends von dichtem Gestrüpp überwuchert gewesen. Die ersten Stunden hieb Hitomi den Weg frei, danach überließ sie das Schwert für eine Weile Sayuri. Diese wog die Waffe prüfend in der Hand und meinte dann: "Das ist ganz schön schwer..." "Natürlich," brummte Hitomi und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Das ist ja auch nicht aus Plastik sondern aus Stahl..." Mit aller Kraft schlug Sayuri auf einige Dornenranken ein und murmelte: "In den Animes sieht das immer so leicht aus..." Hitomi musste lachen. "Ja! Die sind aber auch der Fantasie irgendwelcher Zeichner und Schreiberlinge entsprungen! Das hier ist nun einmal das wahre Leben..." Milerna fand Van schließlich grübelnd in dem Sitzungssaal, wohin er sich nach seinem Gespräch mit Auriana zurückgezogen hatte. "Van..." sagte sie leise. "Es ist etwas passiert..." Der König von Farnelia hob den Kopf und sah die asturianische Prinzessin mit sorgenvoller Miene an. "Wer ist verletzt?" fragte er. Aufgrund von Milernas Tätigkeit ging er davon aus, dass es nur um das Lazarett und damit verbunden um einen weiteren Verletzen gehen konnte. "Alex. Ich weiß nicht, ob er es schaffen wird..." Milerna ließ sich auf einem der Stühle nieder, Van schüttelte traurig den Kopf. "Weißt du, wie es passiert ist?" "Ich kann dir nur sagen, was mir seine zwei Freunde gesagt haben... Er ist ohnehin schon verletzt auf Patrouille gegangen und dann mit zwei Greifen zusammengestoßen. Den einen konnte er wohl töten, aber der andere... Nur seinen beiden Begleitern hat Alex zu verdanken, dass er noch lebt..." Van seufzte leise. "Alex und sein verdammter Übermut! Ich hätte besser auf ihn aufpassen sollen!" "Wie denn, Van? Er ist erwachsen! Und mindestens genauso stur wie du!" Langsam nickte der dunkelhaarige Krieger. Milerna hatte ja Recht. "Ich frage mich nur..." setzte sie an und brach dann doch ab. "Ja?" "Warum hat Folken ihn nicht beschützt?" Milerna sah Van nachdenklich an. "Auf dich hat er doch auch Acht gegeben - warum nicht auf Alex, seinen Sohn?" "Eine berechtigte Frage," erwiderte Van nachdenklich. "Vielleicht..." Er dachte an Aurianas Worte. "Vielleicht ist Folken dazu zu schwach... So oder so: Wir können uns nur noch auf uns selbst verlassen, nicht mehr auf irgendwelche Schutzengel oder mächtigen Wesen..." Der Manticor schlug unwirsch mit einer Tatze auf den Boden. Nicht, dass ihm die Traumebene die Befriedigung in Form einer aufwallenden Staubwolke oder brechende Steinen gegeben hätte, aber seine alten Gewohnheiten hatte das rotbemähnte Wesen noch lange nicht abgelegt. Er war bei seinem Versuch, Auriana erneut unter Druck zu setzen, an einer seltsame Barriere gescheitert. "Die Sicht ist versperrt..." murmelte er unwirsch. "Warum?" "Das fragst du noch?" Eine leise, spöttische Stimme in seinen Gedanken antwortete ihm. "Es ist genug... Hör jetzt auf, oder ich vernichte euch..." "Verschwinde und misch dich nicht ein!" fauchte der Manticor drohend zurück. "Du vergisst, mit wem du es zu tun hast... Lass ab! Dies ist meine letzte Warnung!" Der Manticor spürte, wie ihn die Stimme verließ, ohne dass er ihr noch eine Antwort hatte entgegen schleudern können. Wie kann sie es wagen, sich einzumischen! Er dachte gar nicht daran, aufzuhören. Er war der absoluten Macht und dem Tod seines verhassten Gegners so nahe, dass er gar nicht mehr aufhören konnte. "Du hast Recht, Mutter," sagte Laures langsam und öffnete die Augen. Er hatte sich bemüht, die Traumebene zu betreten, war jedoch ebenfalls an dem Schleier gescheitert. "Jemand schirmt alles ab. Die freien Wege sind unbetretbar geworden," fügte Lauria hinzu. Dem goldhaarigen Mädchen standen einige Schweißperlen auf der Stirn, die ihre Mutter liebevoll mit einem Taschentuch abtupfte. "Was meint ihr, wer dahinter steckt?" fragte Auriana schließlich. "Ich spüre weder die Kraft des Drachen," begann Laures. "Noch die Kraft des Manticors," vollendete seine Schwester. "Jemand anderes ist es." "Jemand, dem wir noch nie zuvor begegnet sind." "Obwohl seine Energie vertraut ist." Auriana lauschte dem abwechselnden Singsang ihrer Kinder und nickte dann. "Ja... Nur: Wer ist es?" fragte sie leise. "Das wird sich früher oder später noch herausstellen," meinte Laures trocken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)