Schwarzer Drache: Geisterdrache von abranka (Schwarzer Drache IV) ================================================================================ Kapitel 35: 35. Freyd --------------------- Van träumte... In Freyd waren die Flüchtlinge gerade einmal eine Woche sicher gewesen. Zeit genug, um sich einigermaßen zu sammeln, die leichten Wunden heilen zu lassen und zu überlegen, was als Nächstes zu tun war... Van seufzte leise und blickte von dem Sitz des Herzogs aus über die Stadt. Auf dem Vorplatz war ein großes Flüchtlingslager aufgeschlagen worden. 300 Menschen hatten es aus Farnelia und Asturia her geschafft. 300. Das waren so unglaublich wenige... Van hoffte, dass sich noch einige abseits der Wege in der Wildnis befanden und anderswo Zuflucht gefunden hatten. Er hoffte es aus ganzem Herzen. "Van..." Der König von Farnelia drehte sich um und sah Allen Schezar an, der ihn gerade angesprochen hatte. "Ja, Allen?" "Die Späher berichten das Herannahen der arkadischen Armee... Sie werden in zwei Tagen hier sein." Allen setzte sich zu Van auf die Holzbank auf dem schmalen Balkon, auf dem sie sich befanden. "Zwei Tage... Das ist eine sehr kurze Galgenfrist..." Van seufzte erneut. "Was sollen wir nur tun, Allen?" "Nun, Shid hat die Evakuierung Freyds bereits beginnen lassen... Die Menschen verteilen sich in den angrenzenden Wäldern und in den Katakomben... Das ist das Beste, was wir tun können. Freyd besitzt keine Armee. Wir können nur fliehen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht..." Allen blickte nachdenklich über das Flüchtlingslager. "Das ist traurig..." Van sah den blonden Ritter an. "Freyd wird wohl auch brennen. Genau wie Farnelia und Asturia..." Vans Stimme wurde tonlos und in Gedanken sah er wieder die erschreckenden Bilder der brennenden Länder. "Ja..." Der Ritter des Himmels schloss sich Vans Seufzen an. "Wir müssen irgendwo einen Ort finden, wo wir uns gut verstecken können... Ich habe Gardes mit dem Crusado losgeschickt - Vielleicht findet er einen geeigneten Ort. Dort werden wir uns dann sammeln und überlegen, wie wir weiter vorgehen..." Van nickte. "Das scheint mir das Klügste zu sein..." "Wir werden uns alles genau überlegen müssen... Starten wir eine Rebellion oder ergeben wir uns? Das sind die beiden Optionen, die wir haben." "Du weißt, wie ich mich entscheiden werde." Van stand auf, nickte Allen noch einmal zu und ließ den Freund allein auf dem Balkon zurück. Gedankenverloren ging Van durch die Gänge der herzoglichen Residenz. Eine Rebellion... Aber wie sollen wir gegen einen übermächtigen Feind rebellieren? Wir können uns doch erst nur zurückziehen, Kräfte sammeln und warten... Nicht mehr und nicht weniger. Aber das ist immer noch besser, als sich einfach unterzuordnen... Noch am Abend verließen die letzten Einwohner Freyd. Der Crusado war glücklicherweise genau rechtzeitig eingetroffen, um die kleine Luftschiffflotte der künftigen Rebellen in ein sicheres Versteck zu führen. Van stand neben Hitomi auf der Brücke des Crusados und blickte über die langsam zurückbleibende Stadt. "Du bist gut in deinem Guymelef geworden..." "Ich weiß." Hitomi lächelte. Nachdem sie auch aus Asturia hatten fliehen müssen, hatte sie ihren Einfluss als Königin von Farnelia genutzt, um einen Guymelef zu erwerben und mit diesem lernte sie nun zu kämpfen. Bei einigen Scharmützeln mit den arkadischen Spähern war sie bereits dabei gewesen und hatte sich im Kampf bewiesen. Ebenso hatte sich Merle nicht davon abhalten lassen, an Louvains Seite gegen die Feinde zu kämpfen. "Ich hätte nie gedacht, dass du einmal kämpfen würdest..." sagte Van langsam und beobachtete Hitomi aus dem Augenwinkel. "Ich weiß..." Sie stützte das Kinn in die Hände und sah ihn unverwandt an. "Ich halte es nur für unausweichlich. Wir könnten nachgeben und uns Tassilo und seiner Armee unterordnen - ja... Aber was für eine Zukunft hätte Gaia dann noch? Was für eine Zukunft hätten unsere Kinder dann noch?" Sie hielt inne und wischte sich eine Träne aus den Augen. "Für sie kämpfe ich... Damit sie in einem friedlichen Gaia aufwachsen können. Und in einem Gaia, das nicht von einem Tyrannen beherrscht wird..." "Das ist ehrenhaft..." Van lächelte leicht. "Aber hast du nicht auch immer gesagt, dass Gewalt nur Gewalt bringt?" "Das ist wahr..." Hitomi grinste schief. "Ich wusste nur damals noch nicht, dass das so ein unglaubliches Dilemma geben kann... Es gibt auch das Sprichwort: Wer Wind säet, wird Sturm ernten. Und wir sollten für Tassilo der Sturm sein, uns als unbeugsam erweisen, ihn einfach stören und im Weg sein. Allein unsere Existenz dürfte ein Stachel in seinem Fleisch sein... Das heißt, dass wir die meiste Zeit doch friedlich sein können..." "Ja," Van nickte langsam. Ihre Gedanken leuchteten ihm ein. "Allerdings werden wir irgendwann kämpfen müssen und wenn uns nicht etwas wirklich Gutes einfällt, dann werden wir im Kampf untergehen..." Hitomi schwieg, aber Van wusste auch so, dass sie ihm nur zustimmen konnte. Van wachte auf und dachte noch benebelt von dem Traum daran, wie sie sich in den kommenden Wochen und Monaten in dem Höhlensystem verschanzt hatten, das Gardes und seine Crew entdeckt hatten, und die Truppenbewegungen der Arkadier beobachtet hatten. Die Armee war zwar hin und wieder näher gekommen, hatte sie aber nie entdeckt... Van seufzte leise und streckte sich. Und nun hatten wir den ersten bedeutsamen Kampf und Hitomi ist darin verloren gegangen... Plötzlich wurden ihm die Dunkelheit in seinem Schlafraum und die Leere zu drückend. Er stand auf, zog sich an und machte sich dann auf die Suche nach irgendetwas, wobei er nützlich sein konnte... Da das neue Versteck bei weitem noch nicht perfekt war, wurde er schnell fündig. An dem großen Höhleneingang rätselten Asha, Allen und Louvain, wie sie diesen Zugang am besten verstecken könnten. Van stieß dazu, hörte sich die Probleme an und meinte dann: "Lasst uns am besten die Idee mit der Holztür verfolgen... Wir fällen im Tal unten Bäume, binden die Stämme zusammen und machen eine provisorische Tür. Die kann man dann auch am Besten verstecken und tarnen..." Die anderen nickten zustimmend. Einige Minuten später brachen sie mit zwei Guymelefs und einem Luftschiff, das für den Transport der Bäume geeignet war, auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)