Schwarzer Drache: Geisterdrache von abranka (Schwarzer Drache IV) ================================================================================ Kapitel 13: 13. Gefühle ----------------------- "Van, wie stellst du dir das mit Auriana eigentlich vor?" fragte Hitomi und funkelte ihren Mann wütend an. "Sollen wir ihr etwa vertrauen? Wie können wir das denn?" Van seufzte leise. "Glaub mir einfach, Hitomi, du kannst ihr trauen. Sie steht auf unserer Seite. In ihren Augen lag etwas... Sie hasst den Manticor, Hitomi." Hitomi schnaubte nur und schlug mit der Hand zornig gegen die Felswand. Van und sie standen in dem Sitzungssaal. Bald würden auch die anderen eintreffen und die Pläne für die heutige Nacht schmieden, doch noch war das Königspaar von Farnelia allein. "Hitomi, frag doch deine Tarotkarten," sagte Van plötzlich. "Zieh nur einen einzige Karte als Antwort auf die Frage, was Auriana für uns ist. Vielleicht verstehst du dann endlich!" Sie sah ihn überrascht an. Eigentlich war das ein ziemlich guter Vorschlag. Sie hatte die Karten zwar schon lange, sehr lange, nicht mehr gelegt, aber schaden konnte es ja nicht. Hitomi griff nach die kleine Tasche an ihrem Gürtel. Auch wenn sie ihre Tarotkarten lange nicht mehr benutzt hatte, trug sie sie doch immer bei sich. Fast waren sie zu einer Art Glückbringer geworden. Hitomi ließ sich an dem großen Tisch nieder und mischte die Karten. Schließlich formte sie einen ordentlichen Stapel und griff nach der obersten Karte. "Na los, Auriana, was bedeutest du für uns?" murmelte Hitomi leise, während sie die Karte umdrehte. "Das Gericht." Sie blickte die Karte nachdenklich an. "Und was heißt das?" fragte Van neugierig. "Dass eine tiefe innere Wandlung bevorsteht. Es gibt einen Neubeginn..." Nachdenklich fuhr sich Hitomi durch die kurzen Haare. "Also gut, sie bekommt eine Chance. Aber mehr auch nicht..." "Das ist doch schon etwas." Van lächelte sie liebevoll an und streichelte ihr zärtlich über die Wange. Auriana blickte das Bild in ihrer Kristallkugel nachdenklich an. Ihre Kinder. Laures und Lauria. Sie sollten noch nicht so erwachsen sein. Sie sollten noch nicht allein sein. Auriana seufzte leise auf. Eigentlich waren die beiden ja erst zweieinhalb Jahre alt, aber der Zauber des Manticor hatte alles verändert... Nun waren sie siebzehn. Siebzehn und hatten nie eine wahre Kindheit gehabt. Tränen traten der blonden Prinzessin in die Augen. "Du verdammter Mistkerl," murmelte sie leise. "Du hast sie einfach so auf deinem Altar geopfert. Nur ein paar weitere Schachfiguren in deinem Spiel... Aber damit ist jetzt Schluss, Manticor. Ein für alle Mal..." Zornig wischte sich Auriana die Tränen aus dem Gesicht. Nein, sie würde sich dem Manticor nicht noch einmal beugen. Da konnte er in ihren Träumen noch so laut nach ihr brüllen. Sie mochte zu seinem Volk gehören, seine Tochter sein, doch sie würde niemals wieder auf seiner Seite stehen... Milerna verarztete im Lazarett eine hässliche Wunde, die sich Alexander bei dem Kampf gegen die Greifen zugezogen hatte. "Schon wieder ein verdammter Greif," knurrte er, während Milerna seinen Oberarm langsam verband. "Wem sagst du das," murmelte Milerna. "Ich sehe genug von den Verletzungen, die diese Viecher reißen..." Alexander blickte Milerna an und lächelte vorsichtig. "Ich weiß gar nicht, was wir ohne dich machen würden..." "Wahrscheinlich an einer Blutvergiftung sterben," brummte die blonde Prinzessin und zog den Verband fest. "So, du bist dann fertig. Und pass das nächste Mal gefälligst besser auf." "Aye, aye, Sir!" Mit einem Lachen salutierte Alexander vor ihr. Nun musste Milerna auch grinsen. "Na los, hau schon ab!" lachte sie. "Bis nachher im Sitzungssaal!" rief Alexander noch, dann sprang er auf und ging aus dem Lazarett. Milerna sah ihm kopfschüttelnd nach. Anschließend kümmerte sie sich wieder um das Verpacken der Arzneimittel. Bis heute Abend musste sie diesen Raum geräumt haben, denn dann würden sie schließlich aufbrechen. Sie verpackte die Tinkturen und Verbände weiter in den Kisten. Schließlich hielt sie inne und wischte sich das verschwitze Haar aus der Stirn. Langsam sah sie sich in dem halbrunden Höhlenraum um. Das ganze letzte Jahr hatte sie hier drinnen gearbeitet, Menschen gerettet und sterben gesehen. Sie wollte es sich eigentlich nicht eingestehen, doch irgendwie war dieser Ort fast schon zu einer Art Heimat geworden. Obwohl Asturia und Freyd natürlich schöner waren... dachte sie. Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange. "Milerna?" Allen hatte unbemerkt das Lazarett betreten und ging nun langsam auf sie zu. "Ist alles in Ordnung?" Besorgt blickte er seine Frau an. "Ja, ja," erwiderte Milerna schnell und wischte sich die Träne aus dem Gesicht. "Ich habe nur etwas Staub im Auge..." Allen streckte sie Hand aus und fuhr ihr sanft über die Wange. Sie lächelte ihn traurig an. "Du denkst an Freyd und Asturia," stellte er fest. Sie nickte nur. Tröstend zog der Ritter des Himmels sie in seine Arme und streichelte ihr liebevoll über den Rücken. "Die Dinge werden sich wieder ändern, Milerna," flüsterte er leise. "Das verspreche ich dir..." Louvain wachte langsam auf. Merle hatte sich eng an seine Seite gekuschelt und er spürte seinen rechten Arm nicht mehr. Trotzdem bewegte er sich nicht, sondern starrte in die Dunkelheit. Das war eben die Sache mit diesen Höhlenzimmern. Es gab kein Tageslicht, sondern nur Kerzen, Fackeln und Petroleumlampen. Er spürte wieder, wie sehr er es vermisste, vom Tageslicht geweckt zu werden. "Du bist wach," stellte Merle verschlafen fest. "Hmhm," brummte Louvain leise und streichelte der Katzenfrau zärtlich über das Haar. In der Wiege neben ihrem Bett konnten sie beide nun hören, wie ihre Tochter Liona wach wurde und leise zu quengeln anfing. "Mach mal das Licht an," meinte Merle und setzte sich ruckartig auf. Der Löwenmann griff nach den Zündhölzern und der Kerze. Sekunden später erhellte ihr flackerndes Licht zumindest ein wenig den Raum. Anschließend griff Louvain nach der Petroleumlampe und zündete auch sie an. Nun konnten sie schon wesentlich mehr sehen. Merle stand auf und nahm Liona aus ihrem Bett. Liebevoll wiegte sie ihre Tochter im Arm. Das lange, rosafarbene Haar fiel ihr über die Schultern und kitzelte das Mädchen offenbar am Arm, denn das kleine Kind fing glucksend an zu lachen. Louvain betrachtete die Szene mit einem zärtlichen Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)